Zdirekt! 02-2020
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TITELTHEMA 13<br />
Conorakrise die Finanzkrise zumindest kurzfristig deutlich<br />
in den Schatten stellt. Zudem haben beide eine starke<br />
internationale Komponente, sprich es sind viele Länder<br />
gleichzeitig betroffen, sodass eine gegenseitige Stabilisierung<br />
kaum möglich ist. Ein wichtiger Unterschied ist,<br />
dass der Ursprung der Krise ein anderer ist, und dass<br />
die Coronakrise ein „Verfallsdatum“ hat. Vereinfacht<br />
gesprochen, könnte die Wirtschaft wieder durchstarten,<br />
wenn die Krankheit weg ist – vorausgesetzt natürlich,<br />
dass es zu keinen Komplikationen kommt.<br />
Welche Erfahrungen aus der Finanzkrise können<br />
uns heute helfen, die Coronakrise erfolgreich zu<br />
bestehen? Von welchen Entwicklungen profitiert<br />
die deutsche Wirtschaft noch – oder vielmehr gerade<br />
– heute?<br />
der Wirtschaft, der Arbeitsmarkt war aber kaum davon<br />
betroffen. Interessanterweise haben die geschnürten<br />
Konjunkturpakete hierzu wenig beigetragen – diese<br />
brauchen oft einfach zu lang, um ihre Wirkung zu entfalten.<br />
Hingegen hat der Einsatz von Kurzarbeit einen<br />
deutlichen Beitrag dazu geleistet, die Krise schnell zu<br />
überwinden.<br />
Welche weiteren Maßnahmen sind notwendig,<br />
um die Wirtschaft schnellstmöglich wieder in<br />
Schwung zu bringen?<br />
MH: In der deutschen Industrie ist am aktuellen Rand<br />
keine Aufhellung in Sicht. Sie befindet sich bereits seit<br />
Anfang 2018 in einer rezessiven Phase. Ein konjunktureller<br />
Impuls muss stark und zielgenau, schnell und<br />
befristet erfolgen. Das beschlossene Konjunkturpaket<br />
ist insgesamt zu begrüßen. Leider fehlt eine Kaufprämie<br />
für Automobile. Die Autoindustrie ist eine Schlüsselindustrie,<br />
die besonders stark unter den Folgen des<br />
Lockdowns gelitten hat und von der viele weitere Branchen<br />
und industrienahe Dienstleister abhängig sind.<br />
Hier geht es um die Stabilisierung von Wertschöpfungsverbünden,<br />
die einerseits eine hohe Innovationskraft<br />
aufweisen, andererseits eine positive Hebelwirkung auf<br />
andere Branchen erzeugen. Eine einseitige Förderung<br />
umweltfreundlicher Antriebe findet bereits unbefristet<br />
statt, zudem ist Konjunkturpolitik keine Strukturpolitik.<br />
Im Rahmen der Steuerpolitik ist es notwendig,<br />
»Die Idee der Kurzarbeit hat sich seit<br />
der Finanzkrise als Exportschlager in<br />
Europa durchgesetzt.« Michael Hüther<br />
MH: In Deutschland haben wir gute Erfahrungen mit<br />
den beiden Konjunkturpaketen zur Stabilisierung der<br />
Wirtschaft im Jahr 2008/09 gemacht. Sie waren insgesamt<br />
passend und zielführend. Die Abwrackprämie<br />
war dabei besser als ihr Ruf. Eine Stärkung das Inlandkonsums<br />
ist aufgrund von unweigerlich eintretenden<br />
Sickerverlusten ins Ausland zwar nur begrenzt möglich,<br />
grundsätzlich beschränkt sich der Nutzen solcher Pakete<br />
aber nicht nur auf direkte ökonomische Wirkung,<br />
sondern hat durch die hohe Signalwirkung auch einen<br />
Einfluss auf die Erwartungsbildung. Vor allem hat sich<br />
die Idee der Kurzarbeit seit der Finanzkrise als Exportschlager<br />
in Europa durchgesetzt. Man sollte nicht übersehen,<br />
dass wir uns in der Ausgangssituation heute mit<br />
Blick auf das Beschäftigungsniveau, die Arbeitslosigkeit<br />
und die Staatsfinanzen in Deutschland in einer relativ<br />
guten Position befinden. Darüber hinaus kann sich der<br />
deutsche Staat derzeit günstig am Kapitalmarkt refinanzieren.<br />
RB: Deutschland hat die Krise 2008/2009 sehr gut weggesteckt.<br />
Es kam zwar zu einem deutlichen Einbruch<br />
die coronabedingten Steuerausfälle von Kommunen<br />
auszugleichen. Wegen Steuerausfällen verfügte Haushaltssperren<br />
würden die aktuellen Bemühungen des<br />
Bundes und der Länder konterkarieren. Eine vorgezogene<br />
Soli-Abschaffung kann nur bedingt Auswirkungen<br />
auf den privaten Konsum zeitigen. Ein „Verlustrücktrag<br />
ohne Limit“ wäre angebracht, um eine Überschuldung<br />
der Unternehmen zu vermeiden und zukünftige Investitionstätigkeit<br />
zu stärken.