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Das gelobte Land der Moderne

ISBN 978-3-86859-603-8

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Mitbewohnerin beim deutsche Propst Ernst Rhein, verschiedene Motive aus Jerusalem<br />

und von Ausflügen in die Umgebung. 313 Eine ganze Seite ist dem „Bad im toten Meer m.<br />

Alexandriner Schwestern u. Gen. Konsul [Ferdinand] Seilers” gewidmet. Die/<strong>der</strong> Fotografierende<br />

(möglicherweise teils Erika Lemcke selbst) muss dafür sehr nah am o<strong>der</strong> im<br />

Wasser gestanden haben. Eingefangen werden unbeschwerte Momente, wenn sich die<br />

kleine Reisegruppe auf dem Salzwasser treiben lässt. Einer <strong>der</strong> Badegäste macht in Richtung<br />

<strong>der</strong>/des Fotografierenden eine scherzhafte Geste, als hielte er ebenso eine Kamera<br />

in den Händen – klassische Schnappschüsse, ein wenig unscharf und vielleicht gerade<br />

deshalb so atmosphärisch dicht.<br />

In <strong>der</strong> rechten unteren Ecke <strong>der</strong> Albumseite fällt ein Motiv nicht nur wegen des schmaleren<br />

Weiß-Rahmens, son<strong>der</strong>n vor allem wegen <strong>der</strong> hohen handwerklichen Qualität ins Auge.<br />

Es handelt sich um eine Aufnahme <strong>der</strong> American Colony, eine Profi-Fotografie des Toten<br />

Meers, wie sie auch in <strong>der</strong> Greifswal<strong>der</strong> Dalman-Sammlung 314 zu finden ist. Wie in diesen<br />

beiden Album-Beispielen <strong>der</strong> 1920er und 1930er Jahre mischen sich in deutschen Reisefotografien<br />

<strong>der</strong> Kulturlandschaft Palästina auch nach 1948 noch private und öffentliche<br />

Momente, Amateur- und Profiaufnahmen. Und spätestens ab den 1960er Jahren sollten<br />

solche Schnappschüsse vom Toten Meer zum Mittelpunkt zahlloser bundesdeutscher Dia-<br />

Abende avancieren.<br />

Zusammenfassung<br />

In <strong>der</strong> Rückschau verstand Dalman sein Leben, Forschen und Sammeln als eine Reise, die<br />

mit dem Verlust <strong>der</strong> Mutter begonnen hatte. Denn „als sie 1870 aus <strong>der</strong> Zeit ging, war ich<br />

an ihrem Todestag damit beschäftigt, aufzuschreiben, was ich in Palästina sehen wollte.“ 315<br />

Entsprechend lässt sich auch sein Umgang mit Bil<strong>der</strong>n entlang <strong>der</strong> Biografie beschreiben:<br />

Schon <strong>der</strong> junge Gymnasiast, Student und Dozent vertiefte sich (nach zumeist druckgrafischen<br />

316 Vorlagen) zeichnend ins Heilige <strong>Land</strong>, um mit seinem ersten Besuch in <strong>der</strong> Region<br />

selbst zur Kamera zu greifen. Vom Jerusalemer Institut aus leitete er das Fotografieren <strong>der</strong><br />

Stipendiaten an, filterte die Ergebnisse, arbeitete eng mit Profifotografen zusammen und<br />

begründete auf dieser Grundlage in Greifswald eine umfangreiche Bildsammlung.<br />

Auch über Porträtaufnahmen wusste sich Dalman in Szene zu setzen – ob als aufstreben<strong>der</strong><br />

Judenmissionar, sprachkundiger Reisen<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Forscher im freien Feld. Zeitlebens verstand<br />

er es, aus scheinbar abseitigen und alltäglichen Bil<strong>der</strong>n einen hohen wissenschaftlichen<br />

Wert zu ziehen. Mit „Camera“ und „Bleife<strong>der</strong>“ reduzierte er jedes Motiv auf das für<br />

ihn Wesentliche. Er fügte und sortierte seine Sammlung dreifach: ethnologisch, realienkundlich<br />

und topografisch, wobei er das dritte Ordnungsprinzip teils auch auf die beiden<br />

an<strong>der</strong>en Bereiche ausweitete. Damit hob er individuelle Einzelaufnahmen als Teil einer<br />

größeren Gruppe und Struktur auf eine allgemeingültige Ebene. Letztlich reiste er durch<br />

die von ihm konstruierte Bildwelt wie durch die Kulturlandschaft Palästina, in <strong>der</strong> er sich<br />

1925 (möglicherweise von Lewis H. Larsson) auf dem Rās el-Mekabber noch ein letztes Mal<br />

ablichten 317 ließ: leichtfüßig, für alle Wetter gerüstet, kein Detail übersehend, doch mit<br />

Feldstecher und Notizbuch stets bereit für den Ausblick auf das große Ganze.<br />

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