Das gelobte Land der Moderne
ISBN 978-3-86859-603-8
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174 „Neuwa“, Bror Chail (wohl),<br />
Orangenpflücken, 1966/67<br />
eine entgleitende Bildlandschaft – eine imaginierte, auch geglaubte Ikonotopografie, die<br />
er immer wie<strong>der</strong> auf reale Orte rückbindet. Der sich dabei formende Deutungsraum ist<br />
nicht statisch, son<strong>der</strong>n muss unablässig reisend erschlossen werden. O<strong>der</strong>, um es mit dem<br />
Belting’schen Perpetuum mobile zu sagen: Ein inneres Bild wird veräußerlicht, um vom<br />
Betrachter verinnerlicht zu werden, um wie<strong>der</strong> zum Bildkörper zu geraten usw. An diesen<br />
Bedeutungsschüben haben die Bil<strong>der</strong> aktiv Anteil.<br />
Amateurfotografien sind unverfügbar | Wegen ihrer hohen Wirkmacht muss <strong>der</strong> wissenschaftliche<br />
Umgang mit diesen Bil<strong>der</strong>n – gerade in einer religiös wie kulturell über-bedeuteten<br />
Kulturlandschaft – äußerst behutsam und nüchtern beschreibend geschehen. Nimmt<br />
man Amateurfotografien ernst, dann taugen sie zum Dokument, nicht zur Mission. Reisebil<strong>der</strong><br />
lassen sich vermitteln, aber nicht vereinnahmen. Denn sie bleiben Flachware mit <strong>der</strong><br />
Chance auf Raum, mit <strong>der</strong> Option zum Kunstwerk. Diese letzte Unverfügbarkeit macht die<br />
subversive Sprengkraft von analogen Amateuraufnahmen aus. Es lohnt also, den privaten<br />
Diakoffer hervorzuholen, den Projektor anzuwerfen und auf eigene Bildreise(n) zu gehen.<br />
<strong>Das</strong> ist dann nicht immer Wissenschaft, aber vielleicht gerade deshalb so schön.<br />
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