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Der Hunger des Staates nach Feinden. Die ... - Rote Hilfe e.V.

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wäre, sondern weil sie dem politischen Verfolgungswillen <strong>des</strong> <strong>Staates</strong> die rechtsstaatliche<br />

Legitimation <strong>nach</strong>lieferte?<br />

»Staaten sind rachsüchtig«<br />

Einen Einschnitt markiert § 129a StGB, indem er der Öffentlichkeit und der Justizmaschine<br />

signalisiert, daß eine neuartige Gefahr zu bekämpfen sei, nämlich »die terroristische<br />

Vereinigung«. Bis dahin war auch jede gemeine Mörderbande »nur« eine kriminelle Vereinigung.<br />

Durch die Nominierung eines neuen innerstaatlichen Gegners wurde signalisiert,<br />

daß man die bisherigen menschlichen Hemmungen fallen lassen müsse. <strong>Der</strong> § 129a<br />

StGB gehörte <strong>des</strong>halb auch zu den Anzeichen für den neuen Faschismus, der seitdem das<br />

Kapital wieder schützt. Tatsächlich benahmen Polizei, Justiz, Strafvollzug, Medien etc sich<br />

in der Verfolgung der SG-Gruppen und ihrer Anhänger schweinischer als in der Verfolgung<br />

»gewöhnlicher« Straftäter.<br />

Meinst Du wirklich, dass die gesellschaftliche Wirklichkeit in der BRD seit den 70er<br />

Jahren mit dem Begriff »neuer Faschismus« angemessen beschrieben ist?<br />

Ja. Nur über den Zeitraum und das Wörtchen »neu« können wir uns unterhalten. Viele<br />

Nazis konnten in der Bun<strong>des</strong>republik weitermachen – in der Justiz, Polizei, Wirtschaft,<br />

Politik. <strong>Die</strong> Bun<strong>des</strong>republik ist nie ordentlich entnazifiziert worden. <strong>Der</strong> Typ Helmut<br />

Schmidt wurde in der Nazizeit sozialisiert und hat nie Widerstand geleistet. Durch die Fixierung<br />

auf den Holocaust, das System Gestapo etc sind wichtige Merkmale der faschistischen<br />

Ideologie und Methodik, die der Aufrechterhaltung der bürgerlich-kapitalistischen<br />

Herrschaft dienen, in den Hintergrund getreten. Statt von einem »neuen« Faschismus zu<br />

sprechen, sollte man sich klarmachen, was Faschismus in voller Breite bedeutet, wie er<br />

funktioniert, welchem Zweck er dient. <strong>Die</strong> Staatstheorie hat sich nie mit den Transformationen<br />

<strong>des</strong> totalitären <strong>Staates</strong> befaßt. Sie hat nie untersucht, welche faschistischen Elemente<br />

in der formalen Demokratie weiter bestimmend sind. Zum Teil operiert der bürgerliche<br />

Staat rein nominalistisch. <strong>Die</strong> Abschiebe- und Auffanglager für unerwünschte Ausländer<br />

müßte man zum Beispiel »Konzentrationslager« nennen. Tut man aber nicht. Es ist<br />

wie mit den Kriegen, die die BRD führt. Sie heißen nun Friedensmissionen. <strong>Die</strong> Methoden,<br />

mit denen der Staat BRD der herrschenden Klasse und ihrer Verwaltung hilft, sich zu<br />

bereichern und mit denen er dafür sorgt, daß ein großer Teil der Gesellschaft verarmt, haben<br />

sich geändert. <strong>Der</strong> Erfolg der heutigen Methoden bleibt der gleiche wie vor 70 Jahren.<br />

Auffallend, wie stark noch immer oder wieder der alte Antisemitismus ist. Ich möchte<br />

nicht wissen, wie stark der Anhang <strong>des</strong> Iraners Ahmadineschad in der BRD ist. Seine<br />

Hauptthese, daß die Israelis Palästina zu räumen hätten, hat auch in meinem Bekanntenkreis<br />

viele Anhänger. Also noch ein Holocaust, für <strong>des</strong>sen Ausführung viele Deutsche sich<br />

der Araber bedienen möchten.<br />

In den letzten Jahren ist der §129a ja wieder verstärkt angewendet worden – gegen die<br />

Anti-G8-Proteste, gegen mutmaßliche Mitglieder der »militanten gruppe«, aber in der<br />

erweiterten Fassung als §129b auch gegen türkische Exillinke. Wür<strong>des</strong>t du sagen, dass<br />

sich der Charakter <strong>des</strong> §129a in seiner Anwendung gewandelt hat?<br />

<strong>Die</strong> Anwendung <strong>des</strong> § 129a StGB auf G8-Gegner, »militante Gruppe« etc entspricht der<br />

Logik <strong>des</strong> staatlichen Repressionswillens. <strong>Der</strong> Verfolger pickt sich aus dem Toolset der Repressionsmaßnahmen<br />

immer die §§ heraus, die ihm geeignet erscheinen. Ich bin 1978 vor<br />

der Großen Strafkammer zum Beispiel nicht, wie so viele andere, wegen »Unterstützung<br />

einer terroristischen Vereinigung« angeklagt worden, sondern wegen »Aufforderung zur<br />

Begehung von Straftaten«. Meine Anklageschrift liest sich, als hätte ich die RAF unterstützt,<br />

tatsächlich aber meinte der Oberstaatsanwalt offensichtlich, ich hätte nicht die RAF<br />

unterstützt, sondern andere aufgefordert, die gleichen Straftaten zu begehen, wie sie der<br />

RAF vorgeworfen wurden.<br />

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