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Aus dem Institut für Sportgeschichte der Deutschen ... - Rudern.de

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<strong>Aus</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Sportgeschichte</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Sporthochschule Köln<br />

Prof. Dr. Manfred Lämmer<br />

Die Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Sporthochschule Köln<br />

zur Erlangung <strong>de</strong>s aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ischen Gra<strong>de</strong>s<br />

Doktorin <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportwissenschaft<br />

genehmigte Dissertation<br />

vorgelegt<br />

von<br />

Anne Hutmacher<br />

aus<br />

Lingen/Ems<br />

Köln 2010


Erster Referent: Prof. Dr. Manfred Lämmer<br />

Zweiter Referent: Prof. Dr. Walter Schrö<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Promotionsausschusses: Prof. Dr. Ilse Hartmann-Tews<br />

Tag <strong><strong>de</strong>r</strong> mündlichen Prüfung: 13. Januar 2011<br />

Hierdurch versichere ich an Ei<strong>de</strong>s statt: Ich habe diese Dissertationsarbeit<br />

selbstständig und nur unter Benutzung <strong><strong>de</strong>r</strong> angegebenen Quellen angefertigt;<br />

sie hat noch keiner an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Stelle zur Prüfung vorgelegen. Wörtlich<br />

übernommene Textstellen, auch Einzelsätze o<strong><strong>de</strong>r</strong> Teile davon, sind als Zitate<br />

kenntlich gemacht wor<strong>de</strong>n.<br />

Köln, 24. Juni 2010 _____________________<br />

Anne Hutmacher


Danksagung<br />

Ein Gefühl <strong><strong>de</strong>r</strong> tiefen Dankbarkeit verbin<strong>de</strong>t mich mit all <strong>de</strong>nen, die mich auf<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> langen Weg dieser Arbeit begleitet, unterstützt und geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t haben.<br />

Mein erster Dank gilt Prof. Dr. Lämmer, <strong><strong>de</strong>r</strong> mich während meiner gesamten<br />

Promotionszeit unterstützt und geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t sowie diese Arbeit angeregt und als<br />

Doktorvater begleitet hat. Dr. Gabi Langen und Robin Streppelhoff aus <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Sportgeschichte</strong> danke ich herzlich da<strong>für</strong>, dass ich mich je<strong><strong>de</strong>r</strong>zeit<br />

auf ihren Rat in inhaltlichen und strukturellen Fragen verlassen konnte.<br />

Ein großes Dankeschön geht auch an Carolina van Hamont und Anja<br />

Steiling, die konsequent und erbarmungslos Korrektur gelesen haben.<br />

Dem „Kölner Kreis“, Bianca Biallas und Axel Kupfer, Frie<strong><strong>de</strong>r</strong>ike Schelling und<br />

Sebastian Gruber, Birgit Schiller, Anke und Holger Dahl, Anne und Dirk Stei-<br />

nes, Familie Meisch, Britta und Bruce Warner, Rebekka und Arnaud Azam,<br />

Barbara und Michael Ahlbach, Ellen Bertke sowie Phillis und David Fermer,<br />

danke ich <strong>für</strong> unzählige Gespräche über meine Arbeit, <strong>de</strong>n Sinn <strong>de</strong>s Lebens<br />

und so manche Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung. Ihr bereichert mein Leben je<strong>de</strong>n Tag: ohne<br />

euch wäre es nicht annähernd so spannend und aufregend.<br />

Nicht genug danken kann ich Dr. Evelyn Mertin, ohne <strong><strong>de</strong>r</strong>en Motivation und<br />

Unterstützung ich heute noch am Steg liegen wür<strong>de</strong>, anstatt durch das Ziel<br />

zu ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Das gemeinsame Arbeiten und die daraus entstan<strong>de</strong>ne Freund-<br />

schaft haben mich tief geprägt.<br />

In großer Dankbarkeit bin ich schließlich meiner Familie verbun<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Geduld ich in <strong>de</strong>n letzten drei Jahren oft strapaziert habe. Ohne eure Liebe,<br />

eure Unterstützung und euer bedingungsloses Verständnis wäre es mir nicht<br />

möglich gewesen, diesen Weg zu gehen.<br />

Anne Hutmacher<br />

Köln, im Juni 2010


Inhaltsverzeichnis i<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Abkürzungsverzeichnis vi<br />

Glossar ix<br />

1 Einleitung 1<br />

1.1 Forschungsstand und forschungsleiten<strong>de</strong> Fragestellung 2<br />

1.1.1 Zum Forschungsstand 2<br />

1.1.2 Thematische Annäherung 4<br />

1.2 Aufbau <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit 6<br />

1.3 Untersuchungsmethodik und Quellen 10<br />

1.3.1 Methodische Vorgehensweise 10<br />

1.3.2 Quellen 11<br />

2 Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland<br />

2.1 Alltagsrealitäten in West<strong>de</strong>utschland 15<br />

2.2 Alltagsrealitäten in Ost<strong>de</strong>utschland 19<br />

2.3 Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Weg zur Gleichberechtigung – Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland heute<br />

3 Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 26<br />

3.1 Mythologische Überlieferungen 26<br />

3.2 Die Leibesübungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t 30<br />

3.3 Die Zeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>twen<strong>de</strong> 31<br />

3.4 Die Zeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Weimarer Republik 34<br />

3.5 Mädchen- und Frauensport im Nationalozialismus 38<br />

3.6 Frauensport in Ost<strong>de</strong>utschland 40<br />

3.7 Frauensport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 45<br />

4 Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 50<br />

4.1 Die Anfänge <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in England 50<br />

4.2 Von <strong>de</strong>n Anfängen <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports bis 1945 52<br />

i<br />

14<br />

22


Inhaltsverzeichnis ii<br />

4.3 Exkurs: Die politische, wirtschaftliche und soziale Situation in<br />

Deutschland nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg<br />

4.4 Der Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland von<br />

1945 bis 1949<br />

4.5 Der Aufbau <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Ost<strong>de</strong>utschland 73<br />

4.6 „Kalter Krieg“ auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Regattabahn 82<br />

4.7 Schwerpunkte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsarbeit bis 1991 89<br />

4.7.1 Die Arbeit <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s 89<br />

4.7.2 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>entwicklung im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband 95<br />

4.7.3 Die Arbeit <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verban<strong>de</strong>s 96<br />

4.7.4 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>entwicklung im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verband 101<br />

4.8 Die Vereinigung <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong> 102<br />

4.9 Der Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband heute 111<br />

5 „Mit Rock und Riemen“: Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 114<br />

5.1 Erste Versuche 114<br />

5.1.1 Sommervergnügen in Stralau 115<br />

5.1.2 Deutsche Amazonenflotte 118<br />

5.1.3 „Lampion-Corso“ auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Alster 120<br />

5.2 Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten weiblichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportvereine 124<br />

5.2.1 Friedrichshagener Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club 124<br />

5.2.2 Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft 128<br />

5.2.3 Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub 130<br />

5.2.4 Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club 132<br />

5.2.5 Damenabteilungen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen 136<br />

5.3 „Krebse fangen“ in <strong>de</strong>n ersten Jahren 140<br />

5.3.1 Die Frauenfrage im <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 141<br />

5.3.2 Die Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bekleidung <strong>für</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen 146<br />

5.3.3 Bootsmaterial und Vermittlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik 151<br />

5.4 Deutscher Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband 161<br />

5.4.1 Konstituierung und Entwicklung 161<br />

5.4.2 „Auf Fahrt“ mit <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband 163<br />

5.4.3 „Unruhiges Fahrwasser“: Das Verhältnis zwischen Damen-<br />

und Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

62<br />

67<br />

167


Inhaltsverzeichnis iii<br />

5.4.4 Aufösung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verban<strong>de</strong>s 175<br />

5.5 Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Nationalsozialismus 176<br />

5.6 „Schön o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schnell?“ – Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns vor<br />

1945<br />

5.6.1 Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 190<br />

5.6.2 Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 202<br />

5.6.3 Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 211<br />

5.6.4 Schlagzahlru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 214<br />

5.6.5 Gleichschlagru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 216<br />

5.7 Regatten und Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 216<br />

5.8 Schul- und Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 224<br />

5.8.1 „Mädchen ins Boot“ – Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 224<br />

5.8.2 Organisation und Verbandswesen 230<br />

5.9 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an <strong>de</strong>n Universitäten bis 1945 234<br />

5.10 Exkurs: Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im <strong>Aus</strong>land 236<br />

6 Frauen als „Schlagmänner?“ Mitarbeit im Verband 248<br />

6.1 Mitarbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband 251<br />

6.1.1 Unterausschuß Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n von 1949 bis 1972 251<br />

6.1.2 Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen von 1972 bis 1986 263<br />

6.1.3 Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan 270<br />

6.1.4 <strong>Aus</strong>schuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n von 1990 bis heute 275<br />

6.2 Mitarbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verband 293<br />

6.3 Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen in bei<strong>de</strong>n<br />

Verbän<strong>de</strong>n<br />

7 „Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in<br />

bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten<br />

7.1 Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 298<br />

7.1.1 Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 299<br />

7.1.2 Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 310<br />

7.1.3 Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 327<br />

7.1.4 Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 335<br />

7.2 Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik 340<br />

7.2.1 Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 341<br />

181<br />

295<br />

298


Inhaltsverzeichnis iv<br />

7.2.2 DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften 352<br />

7.3 Gesamt<strong>de</strong>utsche Meisterschaften von 1954 bis 1957 358<br />

7.4 Internationale Meisterschaften 359<br />

7.4.1 Europameisterschaften 361<br />

7.4.2 Weltmeisterschaften 367<br />

7.4.3 Olympische Spiele 373<br />

7.4.4 Medaillenbilanz 376<br />

7.5 Exkurs: Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Verbän<strong>de</strong>n 380<br />

8 „Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland nach 1990<br />

8.1 Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 383<br />

8.2 Internationale Meisterschaften 391<br />

8.2.1 Europameisterschaften 391<br />

8.2.2 Weltmeisterschaften 392<br />

8.2.3 Olympische Spiele 394<br />

9 Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 399<br />

9.1 Schul- und Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD 399<br />

9.2 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an <strong>de</strong>n Universitäten in <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD 406<br />

9.3 Schul- und Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR 410<br />

9.4 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an <strong>de</strong>n Universitäten in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR 411<br />

10 „Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine<br />

heute<br />

10.1 Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft 417<br />

10.2 Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub 419<br />

10.3 Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club 421<br />

10.4 Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club-Wannsee 425<br />

11 Schlussbetrachtung 428<br />

11.1 Frauen als „Schlagmänner“ – Mitarbeit im Verband 429<br />

11.2 „Achtung – Los!“ – Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns 435<br />

12 Literaturverzeichnis 442<br />

382<br />

414


Inhaltsverzeichnis v<br />

13 Anhang 485<br />

Lebenslauf<br />

Abstract


Abkürzungsverzeichnis vi<br />

Verwen<strong>de</strong>te Abkürzungen:<br />

AAC Allgemeiner Alster-Club<br />

AAR Arbeitsausschuß Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

ADH Allgemeiner Deutscher Hochschulsportverband<br />

ADS Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sport<br />

AF <strong>Aus</strong>schuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

AfF Abteilung <strong>für</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

AGDS Arbeitsgemeinschaft Deutscher Stu<strong>de</strong>ntensport<br />

AHV Alt-Herren-Verband<br />

ARA [British] Amateur-Rowing-Association<br />

ATUS Arbeiter- Turn- und Sportbund<br />

AWB Allgemeine Wettfahrtbestimmungen<br />

BArch Bun<strong>de</strong>sarchiv<br />

BDM Bund Deutscher Mä<strong>de</strong>l<br />

BDSR Bund Deutscher Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong><br />

BF Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

BM Bestimmungen <strong>für</strong> das Mädchenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

BRD Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland<br />

BSG Betriebssportgemeinschaft<br />

CDU Christlich Demokratische Union<br />

DDR Deutsche Demokratische Republik<br />

DDRV Deutscher Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband<br />

DGB Deutscher Gewerkschaftsbund<br />

DGM Deutsche Großbootmeisterschaften<br />

DHfK Deutsche Hochschule <strong>für</strong> Körperkultur<br />

DHfL Deutsche Hochschule <strong>für</strong> Leibesübungen<br />

DKM Deutsche Kleinbootmeisterschaften<br />

DMR Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

DOSB Deutscher Olympischer Sportbund<br />

DRA Deutscher Reichsausschuß <strong>für</strong> Leibesübungen<br />

DRJ Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>jugend<br />

DRL Deutscher Reichsbund <strong>für</strong> Leibesübungen<br />

DRM DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften<br />

DRV Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband


Abkürzungsverzeichnis vii<br />

DRSV Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verband<br />

DSA Deutscher Sportausschuß<br />

DSB Deutscher Sportbund<br />

DSHS Deutsche Sporthochschule [Köln]<br />

DSM Deutsche Sprintmeisterschaften<br />

DT Deutsche Turnerschaft<br />

DTB Deutscher Turner-Bund<br />

DTSB Deutscher Turn- und Sportbund<br />

EM Europameisterschaften<br />

FDRC Friedrichshagener Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club<br />

FDGB Freier Deutscher Gewerkschaftsbund<br />

FDJ Freie Deutsche Jugend<br />

FISA Fé<strong><strong>de</strong>r</strong>ation Internationale <strong>de</strong>s Sociétés d’Aviron<br />

FRCW Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club-Wannsee<br />

GG Grundgesetz [<strong>de</strong>s DRV]<br />

HJ Hitlerjugend<br />

HAG Hochschulsportgemeinschaft<br />

HRC Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club<br />

IOC Internationales Olympisches Komitee<br />

JtfO Jugend trainiert <strong>für</strong> Olympia<br />

KJS Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Jugendsportschule<br />

KPD Kommunistische Partei Deutschlands<br />

LFRG Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft<br />

LRG Lübecker Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft<br />

LFRK Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub<br />

LRK Lübecker Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub<br />

LSRV Lan<strong>de</strong>sschülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

LRV Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

LSB Lan<strong>de</strong>ssportbund<br />

NOK Nationales Olympisches Komitee <strong>für</strong> Deutschland<br />

NOWM Nichtolympische Weltmeisterschaft<br />

NSRL Nationalsozialistischer Reichsbund <strong>für</strong> Leibes-<br />

übungen<br />

NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei


Abkürzungsverzeichnis viii<br />

OS Olympische Spiele<br />

Rgm. Renngemeinschaft<br />

RG Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gesellschft<br />

RR Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

RTP Rahmentrainingsplan<br />

RV Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein<br />

SAPMO-BArch Stiftung Archiv <strong><strong>de</strong>r</strong> Parteien und Massenorganisationen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DDR im Bun<strong>de</strong>sarchiv<br />

SED Sozialistische Einheitspartei Deutschland<br />

SBZ Sowjetische Besatzungszone<br />

SC Sportclub<br />

SG Sportgemeinschaft<br />

SKKS Staatliches Komitee <strong>für</strong> Körperkultur und Sport<br />

SMAD Sowjetische Militäradministration in Deutschland<br />

SPD Sozial<strong><strong>de</strong>m</strong>okratische Partei Deutschlands<br />

SRR Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege<br />

SRV Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein<br />

St. Steuer<br />

Stf. Steuerfrau<br />

Stm. Steuermann<br />

TZ Trainingszentrum<br />

UA Unterausschuss<br />

UAF Unterausschuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

VA Verbandsausschuss [im DRV]<br />

VEB Volkseigener Großbetrieb<br />

WARA Women’s Amateur Rowing Association<br />

WG Wettkampfgemeinschaft<br />

WM Weltmeisterschaften<br />

ZK Zentralkommission <strong>für</strong> Körperpflege und Arbeiter-<br />

sport


Glossar ix<br />

Aufsicht<br />

Querschnitt<br />

Skull<br />

Riemen


Einleitung 1<br />

1 Einleitung<br />

Das Jahr 2009 wur<strong>de</strong> vom <strong>Deutschen</strong> Olympischen Sportbund (DOSB) zum<br />

„Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im Sport“ unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Motto „Frauen Gewinnen!“ erklärt. Der<br />

Weg dahin war lang: 90 Jahre zuvor konnten Frauen erstmals aktiv und pas-<br />

siv an Wahlen teilnehmen. Vor 60 Jahren wur<strong>de</strong> im Grundgesetz <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun-<br />

<strong>de</strong>srepublik Deutschland (BRD) in Artikel 3 Absatz 2 bestimmt: „Männer und<br />

Frauen sind gleichberechtigt“. Damit wur<strong>de</strong> die tatsächliche Gleichstellung<br />

zur staatlichen Aufgabe gemacht. Dies wirkte sich auf alle gesellschaftlichen<br />

Bereiche aus und umfasste auch <strong>de</strong>n Sport. Das „Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im Sport“<br />

ist eine Folge <strong>de</strong>s jahrzehntelangen Kampfes um Gleichberechtigung und<br />

Anerkennung. Das Motto „Frauen Gewinnen!“ suggeriert <strong>de</strong>nnoch, dass die-<br />

ser Prozess auch heute noch nicht abgeschlossen ist.<br />

Dieser lange Weg wird auch am Beispiel <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s<br />

(DRV) <strong>de</strong>utlich. Der DRV ist <strong><strong>de</strong>r</strong> älteste Fachverband im DOSB. Er ist die<br />

Interessenvertretung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports, seiner Vereine und Ver-<br />

bän<strong>de</strong> sowie <strong><strong>de</strong>r</strong>en Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Das Selbstverständnis <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s ist im<br />

Amateursport begrün<strong>de</strong>t: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist eine <strong><strong>de</strong>r</strong> traditionsreichsten Sportarten in<br />

Deutschland und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen Bewegung. Bereits 1836 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

erste Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein in Hamburg gegrün<strong>de</strong>t.<br />

Die ersten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>versuche von Frauen können auf das Jahr 1884 datiert<br />

wer<strong>de</strong>n, als die Herren <strong>de</strong>s Berliner Touren Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>clubs Unterricht <strong>für</strong> Frauen<br />

erteilten. Zehn Jahre später wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein, Die Deut-<br />

sche Amazonenflotte, gegrün<strong>de</strong>t. Immer häufiger taten sich Frauen am En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts zusammen, um diesen Sport zu betreiben. Da ihnen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Zugang zu <strong>de</strong>n Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen lange verwehrt blieb, waren sie ge-<br />

zwungen, eigene Gemeinschaften zu grün<strong>de</strong>n. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n galt lange als „gent-<br />

lemen“-Sport, <strong><strong>de</strong>r</strong> mit Attributen wie Kraft, <strong>Aus</strong>dauer, Stärke und Männlichkeit<br />

assoziiert wur<strong>de</strong>. Der DRV hemmte durch seine Einstellung und das jahr-<br />

zehntelange Festhalten an tradierten Wertvorstellungen die Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland erheblich. Medizinische und ästhetische<br />

Vorurteile sowie gesellschaftliche Vorbehalte erschwerten <strong>de</strong>n Zugang <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauen zu dieser Sportart. So wur<strong>de</strong> <strong>für</strong> <strong>de</strong>n west<strong>de</strong>utschen Verband erst<br />

1971 die formale Gleichstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschlechter in <strong>de</strong>n Statuten erreicht.


Einleitung 2<br />

Am Beispiel von Körperkultur und Sport lassen sich soziale, wirtschaftliche<br />

und politische Aspekte und Wandlungen in einem gesamtgesellschaftlichen<br />

Kontext darstellen. Im Mittelpunkt dieser Arbeit soll die Geschichte <strong>de</strong>s Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns stehen. Im Laufe seiner Entwicklung war <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

mit vielen politischen Entwicklungen und Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen konfrontiert. Die<br />

staatliche Teilung nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg be<strong>de</strong>utete <strong>für</strong> die bei<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>utschen Verbän<strong>de</strong> eine Forcierung <strong>de</strong>s Leistungssports im Kampf <strong><strong>de</strong>r</strong> Sys-<br />

teme. Daher soll mit dieser Arbeit auch ein Beitrag zur Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>de</strong>utsch-<strong>de</strong>utschen Beziehungen geleistet wer<strong>de</strong>n. Der Blick auf die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauen im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport ver<strong>de</strong>utlicht die unterschiedliche Frauenpolitik im Be-<br />

reich <strong>de</strong>s Sports und fasst die sportlichen Ergebnisse bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Verbän<strong>de</strong> in<br />

einer vergleichen<strong>de</strong>n Leistungsbilanz zusammen. Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Untersuchung ist<br />

nicht die Darstellung sportlicher Leistungen und Rekor<strong>de</strong>. Vielmehr soll durch<br />

eine politik- und sozialgeschichtliche Analyse die Frage <strong>de</strong>s Selbstverständ-<br />

nisses <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports und die Partizipation von Frauen vor 1945<br />

sowie die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im jeweiligen Verband nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg<br />

aufgegriffen wer<strong>de</strong>n. Einzelne Vorgänge wer<strong>de</strong>n ausführlicher dargestellt, um<br />

auf diese Weise die jeweilige Verbandspolitik in Bezug auf die „Frauenfrage“<br />

nachzuvollziehen und <strong>de</strong>n Überlegenheitsanspruch <strong>de</strong>s einen o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Systems darstellen zu können.<br />

1.1 Forschungsstand und forschungsleiten<strong>de</strong> Fragestellung<br />

1.1.1 Zum Forschungsstand<br />

Die Geschichte und die Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns im <strong>Deutschen</strong> Reich,<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD und in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik (DDR) hat bisher<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Wissenschaft kaum Beachtung erfahren. Zwei Diplomarbeiten, die<br />

1950 1 respektive 1993 2 an <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Sporthochschule Köln (DSHS<br />

Köln) verfasst wur<strong>de</strong>n, gelten <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte einiger Teilbereiche <strong>de</strong>s Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports. Allerdings beschränken sich bei<strong>de</strong> Verfasser auf die Entwick-<br />

lung im <strong>Deutschen</strong> Reich und in <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD, ohne eine weitergehen<strong>de</strong><br />

gesellschaftliche Einordnung vorzunehmen. Auch die Arbeit von Ellen Becker<br />

1<br />

L. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, Diplomarbeit<br />

DSHS Köln, Köln 1950.<br />

2<br />

C. VIEZENZ, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland von <strong>de</strong>n Anfängen bis zum Jahr 1991, Diplomarbeit DSHS Köln, Köln 1993.


Einleitung 3<br />

ist rein <strong>de</strong>skriptiv 3 . Die Festschrift 4 zum 100-jährigen Jubiläum <strong>de</strong>s DRV ent-<br />

hält einen kurzen Überblick zum Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n von <strong>de</strong>n Anfängen am En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts bis 1983. Schließlich soll <strong><strong>de</strong>r</strong> Vollständigkeit halber<br />

auch die Arbeit über das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n von Jula Ziegler aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Jahre 1928<br />

genannt wer<strong>de</strong>n 5 .<br />

Ein erhebliches Forschungs<strong>de</strong>fizit besteht hingegen hinsichtlich <strong>de</strong>s Frauen-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. Der Frauensport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR ist Gegenstand einer<br />

Untersuchung von Gertrud Pfister, die allerdings ihre Ergebnisse explizit im<br />

Kontext <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschlechterforschung diskutiert. 6 In diesem Zusammenhang<br />

wur<strong>de</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Kontext zur Mitarbeit von Frauen auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Ver-<br />

bandsebene <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verban<strong>de</strong>s<br />

(DRSV) angesprochen.<br />

Die Geschichte <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports im <strong>Deutschen</strong> Reich vor 1945 und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

west<strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport sind gut dokumentiert. Es liegt nicht nur eine Viel-<br />

zahl von Monographien, Festschriften und Aufsatzsammlungen vor, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

auch Diplom- und Staatsexamensarbeiten, die verschie<strong>de</strong>nen Einzelfragen<br />

und Aspekten gelten. 7 Auch wenn diese allgemeinen Studien zum Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

sport in <strong>de</strong>n meisten Fällen die „Frauenfrage“ selbst nicht fokussieren, ent-<br />

hielten sie doch eine Reihe interessanter Hinweise und Informationen <strong>für</strong> die<br />

vorliegen<strong>de</strong> Untersuchung.<br />

Spezielle Aspekte <strong><strong>de</strong>r</strong> Strukturen und Zusammenhänge von Sport und Politik<br />

im ehemaligen SED-Staat wur<strong>de</strong>n ebenfalls gründlich analysiert, was die 350<br />

Titel umfassen<strong>de</strong> Bibliografie Zum aktuellen Forschungsstand <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschich-<br />

te von Körperkultur und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR 8 von Peiffer und Fink belegt. O<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

3<br />

E. BECKER, Mit Rock und Riemen. Die Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns im <strong>Deutschen</strong><br />

Reich und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik, Greven 1992.<br />

4<br />

H. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband. Eine historisch-kritische Würdigung<br />

von Horst Ueberhorst mit 30 Trainerportaits und einem vierfarbigen Kunstteil,<br />

Min<strong>de</strong>n 1983.<br />

5<br />

J. ZIEGLER, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland und im <strong>Aus</strong>land, Diplomarbeit DHfL Berlin, Berlin<br />

1928.<br />

6<br />

G. PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, (= Bun<strong>de</strong>sinstitut <strong>für</strong> Sportwissenschaft, Wissenschaftliche<br />

Berichte und Materialien, Bd. 1/2002), Köln 2002.<br />

7<br />

J. WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR von 1945 bis 1981, Dissertation Pädagogische Hochschule „Erich Weinert“ Mag<strong>de</strong>burg,<br />

Mag<strong>de</strong>burg 1988. H. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland<br />

nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg bis zu <strong>de</strong>n Olympischen Spielen 1976, Diplomarbeit<br />

DSHS Köln, Köln 1999. G. RECKENDORF, Entwicklungsgeschichte <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in England<br />

und Deutschland: Parallelen, Gegensätze und Inter<strong>de</strong>pen<strong>de</strong>nzen, Bochum 1991.<br />

8<br />

L. PEIFFER/M. FINK (Hrsg.), Zum aktuellen Forschungsstand <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte von Körperkultur<br />

und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. Eine kommentierte Bibliografie, Köln 2003.


Einleitung 4<br />

die Werke von Teichler 9 , Buss und Becker 10 . Die <strong>de</strong>utsch-<strong>de</strong>utsche Ge-<br />

schichte ist war ebenfalls Gegenstand von Untersuchungen. Exemplarisch ist<br />

Pabst 11 zu nennen, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport- und olympischen Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten beschäftigte. Gleiches gilt <strong>für</strong> Lämmer 12 , Blasius 13<br />

und Holzweißig 14 .<br />

Der allgemeine Frauensport und beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport in bei<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>utschen Staaten weisen jedoch <strong>de</strong>utliche Forschungs<strong>de</strong>fizite auf.<br />

1.1.2 Thematische Annäherung<br />

Anhand eines wie<strong><strong>de</strong>r</strong>kehren<strong>de</strong>n Phänomens lassen sich die Unterschie<strong>de</strong> im<br />

Männer- und Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aufzeigen. Bereits 1882, ein Jahr vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Grün-<br />

dung <strong>de</strong>s DRV, wur<strong>de</strong> in Frankfurt am Main <strong><strong>de</strong>r</strong> erste nationale Titel im Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootsklasse Männer-Einer, vergeben. Der Sieger hieß Achilles<br />

Wild von <strong><strong>de</strong>r</strong> Frankfurter Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gesellschaft „Germania“ 1869. Belohnt wur<strong>de</strong><br />

er mit einem mit Diamanten und Smarag<strong>de</strong>n besetzten Meisterstern. 15 Wild<br />

gelang es, dreimal die Trophäe zu gewinnen, die damit in seinen Besitz<br />

überging. Der DRV stiftete 1887 einen neuen Preis in Form einer Meisterket-<br />

te mit Stern, die bis heute <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Deutschen</strong> Meister im Einer verliehen wird. 16<br />

9 H. J. TEICHLER (Hrsg.), Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. Eigensinn, Konflikte, Trends, Köln 2003 ebenso<br />

wie die Dokumentation H. J. TEICHLER (Hrsg.), Die Sportbeschlüsse <strong>de</strong>s Politbüros, Köln<br />

2002, die als stark erweiterte Ergänzung <strong>de</strong>s Ban<strong>de</strong>s G. SPITZER/H. J. TEICHLER/K.<br />

REINARTZ (Hrsg.), Schlüsseldokumente zum DDR-Sport, Aachen 1998, herangezogen<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

10 Für die Anfangszeit <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR siehe die Standardwerke W. BUSS/C. BECKER (Hrsg.), Aktionsfel<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>de</strong>s DDR-Sports in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frühzeit 1945-1965 (= Bun<strong>de</strong>sinstitut <strong>für</strong> Sportwissenschaft<br />

– Wissenschaftliche Berichte und Materialien, Bd. 109), Köln 2001 und W. BUSS/C.<br />

BECKER (Hrsg.), Der Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ und frühen DDR. Genese – Strukturen – Bedingungen<br />

(= Schriftenreihe <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sinstituts <strong>für</strong> Sportwissenschaft, Bd. 109), Schorndorf<br />

2001. Einen guten Überblick bietet immer noch G. HOLZWEIßIG, Sport und Politik in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR, Berlin 1998.<br />

11 U. PABST, Sport – Medium <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik? Der Neuaufbau <strong>de</strong>s Sports in Deutschland nach<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> 2. Weltkrieg und die inner<strong>de</strong>utschen Sportbeziehungen bis 1961, Berlin/München/Frankfurt<br />

a.M. 1980.<br />

12 M. LÄMMER (Hrsg.), Deutschland in <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen Bewegung. Eine Zwischenbilanz,<br />

Frankfurt a.M. 1999.<br />

13 T. BLASIUS, Olympische Bewegung, Kalter Krieg und Deutschlandpolitik 1949-1972,<br />

Frankfurt a.M. u.a. 2001.<br />

14 G. HOLZWEIßIG, Diplomatie im Trainingsanzug. Sport als politisches Instrument <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR<br />

in <strong>de</strong>n inner<strong>de</strong>utschen und internationalen Beziehungen, München/Wien 1981.<br />

15 Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND/DEUTSCHES SPORT & OLYMPIA MUSEUM (Hrsg.), Der<br />

Glanz <strong>de</strong>s Sieges. Historische Regattapreise aus zwei Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ten, (= Katalog zur<br />

<strong>Aus</strong>stellung im <strong>Deutschen</strong> Sport & Olympia Museum anlässlich <strong>de</strong>s 125-jährigen Jubiläums<br />

<strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s), [o.O.] 2008, S. 56.<br />

16 Vgl. ebenda. Bei dreimaligem Gewinn sollte <strong><strong>de</strong>r</strong> Stern endgültig an <strong>de</strong>n Sieger gehen.<br />

Heute wird sie als Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>preis <strong><strong>de</strong>m</strong> Sieger nur bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Meisterehrung umgehängt und<br />

geht nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Veranstaltung wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zurück an <strong>de</strong>n DRV. Für seinen Besitz erhält <strong><strong>de</strong>r</strong>


Einleitung 5<br />

Die Bootsklasse Frauen-Einer ist seit 1939 Programmpunkt <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong><br />

Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns (DMR). Der Verband vergibt <strong>für</strong> die Siegerin dieses<br />

Rennens allerdings keine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong>Aus</strong>zeichnung. Diesen Umstand als<br />

charakteristisch <strong>für</strong> die Situation <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im DRV zu bezeichnen erscheint<br />

übertrieben, allerdings illustriert diese Ungleichbehandlung vieles.<br />

Die Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen wur<strong>de</strong> an vielen Stellen<br />

bewusst gehemmt. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong>de</strong>utlich wur<strong>de</strong> dies durch das Verbot <strong>de</strong>s<br />

Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, das bis En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre in <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD bestand. Aber auch<br />

strenge Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>vorschriften, medizinische Vorurteile und das Festhalten an<br />

herkömmlichen Wertvorstellungen verzögerten die Entwicklung.<br />

Während die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR bereits in <strong>de</strong>n 50er Jahren systema-<br />

tisch auf internationale Einsätze vorbereitet wur<strong>de</strong>n, behan<strong>de</strong>lte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV das<br />

Frauenleistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n lange als Stiefkind. Bis zur „Wen<strong>de</strong>“ wur<strong>de</strong>n Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

athletinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen benachteiligt. Dies<br />

äußerte sich beispielsweise in <strong><strong>de</strong>r</strong> Materialausstattung, in <strong><strong>de</strong>r</strong> medizinischen<br />

Versorgung und Betreuung sowie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bereitstellung von Trainern.<br />

Trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> mangeln<strong>de</strong>n Anerkennung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports im west<strong>de</strong>ut-<br />

schen Verband wur<strong>de</strong>n direkte Vergleiche im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport stellvertretend <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Systemkonflikt gewertet. Internationale Begegnungen, Meisterschaften<br />

und Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kämpfe waren mit staatlichem Protokoll verbun<strong>de</strong>n. Die Entsen-<br />

dung ihrer Athleten zu internationalen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatten war <strong>für</strong> die Sportfüh-<br />

rung <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR eine prestigeträchtige Angelegenheit. Die Teilnahme<br />

ermöglichte einen direkten Vergleich <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaftssysteme in Ost und<br />

West. Die Führung <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR nutze die Erfolge, um <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Bevölkerung und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> internationalen Öffentlichkeit die Überlegenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialistischen Ge-<br />

sellschaftsordnung zu <strong><strong>de</strong>m</strong>onstrieren. Dies gelang in vielen Bereichen, zum<br />

Beispiel im Schwimmen, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtathletik und eben auch im Frauenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n: die Erfolge <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Sportlerinnen sind bis heute unerreicht.<br />

Eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Herangehensweise bietet die Betrachtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Einbindung von<br />

Frauen in die Verbandsarbeit. Die Mitarbeit von Frauen im Vorstand <strong>de</strong>s<br />

DRV begann in <strong>de</strong>n 30er Jahren <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Auflösung<br />

<strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verban<strong>de</strong>s (DDRV) und setzte sich nach <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten Weltkriegs in verschie<strong>de</strong>nen Mo<strong>de</strong>llen fort. Dennoch ist<br />

Deutsche Meister ein Bild. Sein Name wird auf einer Plakette eingraviert, die in die Meisterkette<br />

eingelassen ist.


Einleitung 6<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DRV noch nie von einer Frau geführt wor<strong>de</strong>n. Aktuell (2010) gehören<br />

zwei Frauen <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorstand an, die vor zwei Jahren auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Köln<br />

gewählt wur<strong>de</strong>n. Insgesamt ist die Beteiligung von Frauen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbands-<br />

arbeit im Verhältnis zu <strong><strong>de</strong>r</strong> Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> gering. Die<br />

Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong> sind vielschichtig, allerdings muss angemerkt wer<strong>de</strong>n, dass<br />

nicht nur Männer <strong>für</strong> die schleppen<strong>de</strong> Entwicklung in diesem Bereich verant-<br />

wortlich gemacht wer<strong>de</strong>n können. Als Beispiel <strong>für</strong> eine solche mangeln<strong>de</strong><br />

Interessensvertretung kann <strong><strong>de</strong>r</strong> Antrag <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s <strong>Aus</strong>schuss<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (AF) im DRV an <strong>de</strong>n Außeror<strong>de</strong>ntlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 2009 gewer-<br />

tet wer<strong>de</strong>n. Sie versuchte, die Bestimmungen <strong>de</strong>s Grundgesetzes an die er-<br />

for<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen Bedingungen <strong>de</strong>s Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreaming Konzeptes <strong>de</strong>s DOSB<br />

anzupassen, scheiterte aber mit ihrem Vorhaben.<br />

1.2 Aufbau <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit<br />

Die thematische Annäherung hat bereits gezeigt, dass bei einer Betrachtung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland viele Facetten beachtet<br />

wer<strong>de</strong>n müssen, um ein Gesamtbild zeichnen zu können.<br />

Zunächst muss ein grundlegen<strong><strong>de</strong>r</strong> Überblick über die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gesellschaft gegeben wer<strong>de</strong>n. Das Kapitel „Ungleiche Schwestern – Frauen<br />

in West- und Ost<strong>de</strong>utschland“ greift die Unterschie<strong>de</strong> und die Gemeinsam-<br />

keiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensverhältnisse von Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland auf.<br />

Hierbei wer<strong>de</strong>n gesellschaftliche und kulturelle Wandlungsprozesse sowie<br />

politische und wirtschaftliche Entwicklungen dargestellt, die das Leben <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauen in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten nach 1945 beeinflusst haben.<br />

Es folgt mit Kapitel 3 eine Einführung in die Geschichte <strong>de</strong>s Frauensports.<br />

Die Synopsis zeigt Beispiele <strong>für</strong> <strong>de</strong>n steten Kampf um Anerkennung und<br />

Selbstständigkeit. Grundsätzlich müssen Fragen <strong>de</strong>s Sports beziehungswei-<br />

se seiner Entstehung und Erscheinung im Bedingungsgefüge <strong><strong>de</strong>r</strong> vorherr-<br />

schen<strong>de</strong>n sozial-ökonomischen und politischen Rahmenbedingungen<br />

betrachtet wer<strong>de</strong>n. Der historischen Einordnung schließt sich die Darstellung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Frauensports in <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD und <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR an. Hierbei wer-<br />

<strong>de</strong>n nicht nur Unterschie<strong>de</strong> aufgezeigt, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch Parallelen herausgear-<br />

beitet.


Einleitung 7<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> in Kapitel zwei und drei gebil<strong>de</strong>ten Grundlage wird die erste Phase<br />

<strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports thematisiert. Es gilt, das bürgerliche Image die-<br />

ser Sportart in Deutschland aufzuzeigen, das die Position <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gesellschaft wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spiegelt. Nach einer allgemeinen Darstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfänge<br />

<strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Hamburg im 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t liegt ein Schwerpunkt auf <strong>de</strong>n<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s west- und ost<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports nach <strong><strong>de</strong>m</strong> En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Zweiten Weltkrieges. Vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Hintergrund <strong><strong>de</strong>r</strong> verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Bedingungen<br />

und neu formulierter Ziele und Organisationsstrukturen wer<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong> Ent-<br />

wicklungslinien im Kontext sportpolitischer Beschlüsse und gesellschaftlicher<br />

Prozesse thematisiert. Den einzelnen Entwicklungslinien wird durch eine sy-<br />

noptische und periodisierte Darstellung Rechnung getragen. Diese wird dann<br />

im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang erklärt. Die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Abschluss.<br />

Mit diesen einführen<strong>de</strong>n Hinweisen zum politischen und sportpolitischen<br />

Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Untersuchung ist eine hinreichen<strong>de</strong> Verständnisgrundlage ge-<br />

schaffen, um nun die Geschichte und Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns <strong>de</strong>tail-<br />

lierter zu betrachten. Kapitel 5 thematisiert das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im <strong>Deutschen</strong><br />

Reich bis 1945. Exemplarisch wer<strong>de</strong>n Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine vorgestellt, die<br />

zum Teil bis heute noch existieren.<br />

Anfang bis Mitte <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts begeisterten sich immer mehr Frauen<br />

<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport. Trotz vieler Hin<strong><strong>de</strong>r</strong>nisse, wie die häufig fehlen<strong>de</strong> Unter-<br />

stützung und Anerkennung durch die Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er und <strong>de</strong>n DRV, gelang es<br />

einzelnen Gemeinschaften, ein unabhängiges Vereinsleben aufzubauen und<br />

entsprechend aufrechtzuerhalten. Hinzu kam die Problematik <strong><strong>de</strong>r</strong> Beklei-<br />

dung. Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> gesellschaftlichen Bestimmungen <strong><strong>de</strong>r</strong> damaligen Zeit,<br />

war eine zweckmäßig angezogene Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit nicht <strong>de</strong>nkbar.<br />

Die so genannte „Frauenfrage“ im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport wur<strong>de</strong> lange kontrovers von<br />

<strong>de</strong>n Vorstandsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n diskutiert. Der DRV hatte keine Möglichkeit, sich<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen anzunehmen, und so kam es 1919 zur Gründung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong><br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verban<strong>de</strong>s, <strong><strong>de</strong>r</strong> bis zu seiner Auflösung und <strong><strong>de</strong>m</strong> Eintritt in<br />

<strong>de</strong>n DRV (1933) eigenständig die Geschicke <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns<br />

koordinierte. Das Verhältnis <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong> ist ebenfalls Gegenstand<br />

dieses Kapitels.


Einleitung 8<br />

Die Konstituierung <strong>de</strong>s DDRV beeinflusste auch die Entwicklung <strong>de</strong>s Leis-<br />

tungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns vor 1945. Unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Titel „Schön o<strong><strong>de</strong>r</strong> schnell?“ wer<strong>de</strong>n die<br />

Disziplinen Stil- und Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Schlagzahlrennen sowie Gleichschlag-<br />

rennen vorgestellt, um dann <strong>de</strong>n Weg <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen zum Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aufzuzei-<br />

gen.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Übernahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Macht durch die Nationalsozialisten wur<strong>de</strong> das Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im <strong>Deutschen</strong> Reich verstärkt geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Die Charakter- und Kör-<br />

pereigenschaften, die vermeintlich einer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in zugeschrieben wur<strong>de</strong>n,<br />

entsprachen <strong><strong>de</strong>m</strong> propagierten I<strong>de</strong>albild einer <strong>de</strong>utschen Frau. So sind ver-<br />

mehrte Startmöglichkeiten auf Regatten <strong>für</strong> Frauen in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />

Disziplinen und Bootsgattungen <strong><strong>de</strong>r</strong> politisch i<strong>de</strong>ologischen Entwicklung zu-<br />

zuschreiben.<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Integration <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in <strong>de</strong>n DRV konnte auch eine systematische<br />

Nachwuchsarbeit in <strong>de</strong>n Bereichen Schule und Universität in Angriff genom-<br />

men wer<strong>de</strong>n. Das <strong>de</strong>utsche Schul- und Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sowie das Uni-<br />

versitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Stu<strong>de</strong>ntinnen weisen eine lange Tradition auf, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

ebenfalls Rechnung getragen wird. Auch dieser Bereich erfuhr in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit <strong>de</strong>s<br />

Nationalsozialismus eine kontinuierliche Weiterentwicklung, die sowohl unter<br />

inhaltlichen als auch unter organisatorischen Aspekten betrachtet wird.<br />

Das sechste Kapitel stellt die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Ver-<br />

bän<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Fokus. Im DRV existierte seit seiner Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>gründung durch-<br />

gängig bis 1990 ein Frauenausschuss unter wechseln<strong>de</strong>n Bezeichnungen,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> die Interessenvertretung <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> darstellt. Es galt, die<br />

zahlenmäßig unterlegenen Frauen auch im Vorstand zu vertreten. Einzelne<br />

Frauen arbeiten zwar im Verband mit, wur<strong>de</strong>n jedoch nicht Entscheidungs-<br />

träger. Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im DRSV hatten formal alle Möglichkeiten, sich in die<br />

Verbandsarbeit einzubringen. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Regelungen, zum Beispiel die Er-<br />

füllung einer Frauenquote, gab es zwar nicht, <strong>de</strong>nnoch nutzten vergleichs-<br />

weise nur wenige Frauen im ost<strong>de</strong>utschen Verband die Chance zur<br />

Mitgestaltung.<br />

Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg stan<strong>de</strong>n <strong>für</strong> viele Menschen zunächst an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Prioritäten im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund als <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport. Gera<strong>de</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen sahen<br />

sich organisatorischen Schwierigkeiten gegenüber. Der allgemeine Mangel


Einleitung 9<br />

an geeignetem Bootsmaterial traf sie beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s. Dennoch etablierte sich in<br />

bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten alsbald ein geregelter Regattabetrieb.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD und in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR zeigen<br />

sich große Unterschie<strong>de</strong>. Der DRV versuchte in <strong>de</strong>n 50er Jahren, das Stilru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu konservieren, und untersagte seinen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bis 1968 das Rie-<br />

menru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. An<strong><strong>de</strong>r</strong>s hingegen entschied <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV: Das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong><br />

bereits in <strong>de</strong>n 50er Jahren zu Gunsten <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns aufgegeben. Des<br />

Weiteren war die Trainingsplanung und -steuerung in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR bereits seit<br />

<strong>de</strong>n 50er Jahren „professionell“ aufgebaut. Dagegen erkannten die verant-<br />

wortlichen Leistungsdiagnostiker im DRV erst seit Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre die<br />

Möglichkeiten, die das Frauenrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit sich bringt. Nur langsam konnte<br />

eine mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne und gleichberechtigte Versorgung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>athletinnen ge-<br />

währleistet wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Bootsklassen, die im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> nationalen<br />

Titelkämpfe angeboten wur<strong>de</strong>n, wird ebenfalls im siebten Kapitel untersucht.<br />

Die Unterschie<strong>de</strong> im Grad <strong><strong>de</strong>r</strong> För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung lassen sich in <strong>de</strong>n 50er Jahren mit<br />

Hilfe <strong><strong>de</strong>r</strong> Ergebnisse <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamt<strong>de</strong>utschen Meisterschaften ausmachen, bei<br />

<strong>de</strong>nen es <strong><strong>de</strong>m</strong> DRSV bis auf wenige <strong>Aus</strong>nahmen gelang, die Qualifikations-<br />

plätze <strong>für</strong> internationale Aufgaben <strong>für</strong> sich zu beanspruchen.<br />

Das folgen<strong>de</strong> Kapitel befasst sich mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland<br />

nach 1990. Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Fusion <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong> waren beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s die<br />

Frauen bei Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen<br />

sehr erfolgreich. Sie gewannen einen Großteil aller DRV-Medaillen seit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wen<strong>de</strong>. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s erfolgreich waren die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in <strong>de</strong>n Skulldisziplinen.<br />

Ob dies auf Wirken <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> systematischen För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung noch<br />

zu DDR-Zeiten zurückzuführen ist, bleibt zu untersuchen.<br />

Kapitel neun stellt die Situation im Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in bei<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>utschen Staaten dar, das sich an unterschiedlichen Zielsetzungen orien-<br />

tierte. In <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR wur<strong>de</strong>n Schüler, die eine günstige körperliche Prognose<br />

aufwiesen, in Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Jugendsportschulen (KJS) zusammengefasst. Das<br />

System <strong><strong>de</strong>r</strong> KJS bedingte eine gezielte ru<strong><strong>de</strong>r</strong>spezifische <strong>Aus</strong>bildung. Der<br />

Vergleich <strong>de</strong>s Stu<strong>de</strong>ntinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zeigte ebenfalls Unterschie<strong>de</strong>, da in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR das aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an Betriebssportgemeinschaften (BSG) an-<br />

geschlossen war.


Einleitung 10<br />

Im zehnten Kapitel wer<strong>de</strong>n die vier <strong>de</strong>utschen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine vorge-<br />

stellt, die aktuell (2010) in Deutschland bestehen, und ein Überblick über<br />

weibliche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gemeinschaften gegeben, <strong><strong>de</strong>r</strong>en heutige Popularität sich in<br />

ihrer Geschichte begrün<strong>de</strong>t.<br />

1.3 Untersuchungsmethodik und Quellen<br />

1.3.1 Methodische Vorgehensweise<br />

Eine Untersuchung <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns stützt sich auf die<br />

<strong>Aus</strong>wertung von Primär- und Sekundärquellen. Sie wird mit Hilfe <strong><strong>de</strong>r</strong> Text-<br />

hermeneutik vorgenommen. Hierzu wer<strong>de</strong>n Artikel, Berichte, Manuskripte<br />

und Korrespon<strong>de</strong>nzen auf ihren Erkenntnisgehalt <strong>für</strong> die Fragestellung unter-<br />

sucht. Die hermeneutische Interpretation erweist sich als geeignete Metho<strong>de</strong>,<br />

da diese das Ziel verfolgt, „<strong>de</strong>n historisch, autobiografisch, soziologisch o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

in an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Weise geprägten Text zu verstehen und <strong>de</strong>ssen Sinngehalt [...] zu<br />

<strong>de</strong>uten“ 17 . Die Hermeneutik ist eine „allgemeine Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Verstehens“ 18<br />

und wird in <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutung und Interpretation von Texten o<strong><strong>de</strong>r</strong> sprachlichen Äu-<br />

ßerungen eingesetzt: „Texte interessieren nicht als Texte, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n allein ih-<br />

res Inhaltes wegen.“ 19<br />

Als Bedingung <strong>de</strong>s Verstehens muss ein gewisses „Vorverständnis“ 20 <strong>für</strong> die<br />

Interpretation vorhan<strong>de</strong>n sein. Um dies zu gewährleisten, ist zunächst die<br />

Stellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten, <strong><strong>de</strong>r</strong> allgemeine Frauen-<br />

sport sowie eine Darstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports zu<br />

beachten. Erst dieser gezeichnete „Horizont“ 21 ermöglicht im darauf folgen-<br />

<strong>de</strong>n Schritt die Untersuchung <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns.<br />

Vereinzelt konnten Zusammenhänge nur mit Hilfe von Zeitzeugenberichten<br />

erschlossen wer<strong>de</strong>n. <strong>Aus</strong>sagen, die aus informellen Gesprächen stammen,<br />

17<br />

W. FRÜH, Inhaltsanalyse. Theorie und Praxis, 5., überarbeitete Aufl., Konstanz 2001, S.<br />

65.<br />

18<br />

H. WAGNER, Verstehen<strong>de</strong> Metho<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommunikationswissenschaft, München 1999,<br />

S. 194.<br />

19<br />

E. MEINBERG, „Hermeneutische Methodik“, in: K.-H. BETTE/G. HOFFMANN/C. KRUSE/E.<br />

MEINBERG/J. THIELE (Hrsg.), Zwischen Verstehen und Beschreiben. Forschungsmethodologische<br />

Ansätze in <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportwissenschaft (= Berichte und Materialien <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sinstituts<br />

<strong>für</strong> Sportwissenschaft 1/1993), Köln 1993, S. 44.<br />

20<br />

J. GRONDIN, Einführung in die philosophische Hermeneutik, Darmstadt 1991, S. 144.<br />

Grondin weist bei seiner Betrachtung von Gadamers Universalhermeneutik auf das Vorverständnis<br />

als „Bedingung <strong>de</strong>s Verstehens“ hin.<br />

21<br />

M. JUNG, Hermeneutik zur Einführung, Hamburg 2001, S. 114.


Einleitung 11<br />

wur<strong>de</strong>n ergänzend verwen<strong>de</strong>t. Insgesamt dienten diese zur besseren Ein-<br />

schätzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bedingungen und Abläufe. Im Umgang mit <strong>Aus</strong>sagen von<br />

Zeitzeugen ist zu beachten, dass auch diese subjektiver Beeinflussung unter-<br />

liegen. 22 Dennoch haben sich die <strong>Aus</strong>sagen von Zeitzeugen an ausgewähl-<br />

ten Stellen zur Rekonstruktion von Zusammenhängen als hilfreich erwiesen.<br />

1.3.2 Quellen<br />

Eine wichtige Grundlage bil<strong>de</strong>t die vorhan<strong>de</strong>ne Literatur zum allgemeinen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Frauensport. Die unterschiedlichen Kategorien und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Ein-<br />

schätzung sind bereits benannt wor<strong>de</strong>n. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>wertung <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialisti-<br />

schen Literatur muss <strong><strong>de</strong>r</strong> zeitgenössische i<strong>de</strong>ologische Zusammenhang<br />

berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Von Interesse erschienen zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> Recherche<br />

<strong>für</strong> diese Arbeit Dissertationen 23 und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e wissenschaftliche Arbeiten aus<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. Allerdings erwiesen sich diese entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> als zu stark i<strong>de</strong>ologisch<br />

und propagandistisch gefärbt o<strong><strong>de</strong>r</strong> als überwiegend <strong>de</strong>skriptiv.<br />

Eine großen Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Quellen machen die Akten <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportorganisationen<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> politischen Instanzen aus. Neben Korrespon<strong>de</strong>nzen fin<strong>de</strong>n sich hier<br />

Protokolle, Berichte, Re<strong>de</strong>beiträge, Anträge, Vermerke, vorbereiten<strong>de</strong> Noti-<br />

zen und <strong>Aus</strong>arbeitungen <strong>für</strong> Gespräche, aus <strong>de</strong>nen sich Erkenntnisse zu <strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>utsch-<strong>de</strong>utschen Beziehungen gewinnen lassen. Hierzu wur<strong>de</strong>n Akten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

ost- und west<strong>de</strong>utschen Sportorganisationen im Bun<strong>de</strong>sarchiv in Berlin-<br />

Lichterfel<strong>de</strong> ausgewertet, wo die Bestän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Nationalen Olympischen Ko-<br />

mitees <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR sowie <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Turn- und Sportbun<strong>de</strong>s (DTSB) mit<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> ihm angeschlossenen DRSV in <strong><strong>de</strong>r</strong> Stiftung Archiv <strong><strong>de</strong>r</strong> Parteien und<br />

Massenorganisationen <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR im Bun<strong>de</strong>sarchiv (SAPMO BArch) lagern.<br />

Obwohl alle noch erhaltenen Akten <strong>de</strong>s DRSV und <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ge-<br />

sichtet wur<strong>de</strong>n, konnten nicht alle Forschungslücken geschlossen wer<strong>de</strong>n, da<br />

einzelne Blätter und häufig ganze Protokolle, Anweisungen und<br />

Kommuniques fehlen. Die vorhan<strong>de</strong>ne Aktenlage ermöglichte allerdings ei-<br />

nen Einblick in die i<strong>de</strong>ologische Unterweisung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>athleten, trainings-<br />

methodische Diskussionen und die Erstellung und <strong>Aus</strong>wertung von Jahres-<br />

22 Zur komplexen Problematik <strong><strong>de</strong>r</strong> „oral history“ siehe zum Beispiel J. FRIED, Der Schleier<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Erinnerung. Grundzüge einer historischen Memorik, München 2004.<br />

23 Zum Beispiel die Dissertation von WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR.


Einleitung 12<br />

und Mehrjahresplänen. In diesen wur<strong>de</strong>n genaue Zielvorgaben fixiert, die<br />

sich auf die so genannten Rahmentrainingspläne (RTP) auswirkten. Einige<br />

sind ebenfalls erhalten und konnten <strong>für</strong> die Untersuchung ausgewertet wer-<br />

<strong>de</strong>n. Ferner wur<strong>de</strong>n die Bestän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s DRV-Archivs in Hannover ausgewer-<br />

tet. Hier fan<strong>de</strong>n sich nicht nur viele Hinweise zur Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch Informationen zum Verhältnis und<br />

zur Fusion <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Verbän<strong>de</strong>. Ferner waren die Oskar-Ruperti-<br />

Bibliothek an <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Sporthochschule Köln, verschie<strong>de</strong>ne Bestän<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Carl und Lieselott Diem-Archivs in Köln sowie die Bibliothek <strong><strong>de</strong>r</strong> früheren<br />

<strong>Deutschen</strong> Hochschule <strong>für</strong> Körperkultur (DHfK) in Leipzig bei bestimmten<br />

Fragen und Aspekten hilfreich.<br />

Prinzipiell wur<strong>de</strong>n die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und kon-<br />

krete Daten und Ereignisse anhand <strong>de</strong>s Verbandsorgans <strong>de</strong>s DRV und <strong>de</strong>s<br />

DRSV sowie an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>fachzeitungen recherchiert. Hierzu erfolgte eine<br />

umfangreiche Sichtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschriften Wassersport, Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport, Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>sport sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> ost<strong>de</strong>utschen Magazine Der <strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport und<br />

Skull und Riemen. Vereinzelt konnten frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>spezifische Artikel in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zeitschrift Deutsches Sportecho gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

Unbestritten bieten diese Artikel die größte Sammlung an Daten, Fakten, In-<br />

formationen und Einschätzungen <strong>für</strong> die Entwicklung in <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD und in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR. Angesichts <strong><strong>de</strong>r</strong> staatlichen Einflussnahme in <strong>de</strong>n Bereichen Sport und<br />

Medien muss <strong><strong>de</strong>r</strong> Umgang mit <strong>de</strong>n ost<strong>de</strong>utschen Zeitschriften diesen Um-<br />

stand berücksichtigen.<br />

Als weitere Quellen dienten Festschriften und sonstige Publikationen von<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen aus Ost und West, die vor allem in die Entwicklungsgeschich-<br />

te und Darstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine eingeflossen sind. Erwähnens-<br />

wert sind auch die Son<strong><strong>de</strong>r</strong>hefte zum Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport, die 1959 und 1969 anlässlich <strong><strong>de</strong>r</strong> 40-jährigen respektive 50-<br />

jährigen Verbandsarbeit von Frauen herausgegeben wur<strong>de</strong>n.<br />

Zur Orientierung wur<strong>de</strong>n Gespräche mit Zeitzeugen geführt. Es waren keine<br />

strukturierten Interviews, da die Arbeit vornehmlich auf <strong>de</strong>n Quellen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ar-<br />

chive und Zeitschriften basiert. Allerdings waren die Gespräche mit Britta<br />

Warner (27. Juli 2008 in Hamburg) und Elfrie<strong>de</strong> Schumann (28. Juli 2008 in<br />

Hamburg) zur Klärung diverser Sachverhalte wertvoll. Dies gilt auch <strong>für</strong> die


Einleitung 13<br />

telefonischen Gespräche mit Heida Benecke (21. Oktober 2008), Kerstin<br />

Förster (29. Oktober 2008), Claudia Hassmann (1. November 2008) und In-<br />

grid Stahl-Dieterle (27. November 2008) zur Einschätzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Situation be-<br />

züglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitarbeit von Frauen im DRV.<br />

Die Kapitel 2 und 3 sind propä<strong>de</strong>utischer Natur und basieren hauptsächlich<br />

auf Sekundärliteratur. Ab Kapitel 4 konnten die im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Recherche in<br />

<strong>de</strong>n genannten Archiven gewonnen Informationen verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, die<br />

unterschiedlichen Strukturen im ost- und west<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport betra-<br />

fen. Die Protokolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Sitzungen <strong>de</strong>s Verbandsausschusses (VA) und über<br />

die Verhandlungen <strong>de</strong>s DRV mit <strong><strong>de</strong>r</strong> damaligen Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR<br />

kommen hinzu.<br />

Kapitel 5-10 zur Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports im <strong>Deutschen</strong> Reich, in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> BRD und in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR wur<strong>de</strong>n in erster Linie anhand <strong><strong>de</strong>r</strong> untersuchten<br />

Quellen erarbeitet. Schwierig gestaltete sich hingegen die Quellenlage be-<br />

züglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitarbeit von Frauen im DRSV. Da die Archive hier kaum weiter-<br />

halfen, musste auf die Darstellungen von Pfister und Zeitzeugen<br />

zurückgegriffen wer<strong>de</strong>n.<br />

Abschließend noch ein Hinweis: <strong>Aus</strong> Grün<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Lesefreundlichkeit wird im<br />

Folgen<strong>de</strong>n auf eine geschlechterdifferenzierte <strong>Aus</strong>drucksform in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel<br />

verzichtet. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> maskulinen Form wer<strong>de</strong>n Männer und Frauen angespro-<br />

chen.


Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland 14<br />

2 Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland<br />

In <strong>de</strong>n Lebensverhältnissen von Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland zeigen<br />

sich Unterschie<strong>de</strong> und Gemeinsamkeiten. Es wer<strong>de</strong>n politische und wirt-<br />

schaftliche Entwicklungen sowie gesellschaftliche und kulturelle Wandlungs-<br />

prozesse angesprochen, die das Leben <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />

Staaten nach 1945 geprägt haben. Dabei sind die diametralen Rahmenbe-<br />

dingungen <strong>für</strong> Frauen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>gangspunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Betrachtung. In <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong><br />

Demokratischen Republik erfasste und durchdrang die Politik <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialisti-<br />

schen Einheitspartei Deutschlands (SED) alle Lebensbereiche und ließ we-<br />

nig Raum <strong>für</strong> individuelle Lebensgestaltung, wohingegen die freiheitlich-<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong>okratische Grundordnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland die Plurali-<br />

sierung von Lebensformen ermöglichte. In <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD machte <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer-<br />

mangel nach En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges die Mitarbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in allen<br />

gesellschaftlichen Bereichen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich. Die Beschäftigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR basierte auf <strong><strong>de</strong>m</strong> gängigen Frauenbild im Sozialismus sowie auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ineffizienz <strong>de</strong>s Wirtschaftssystems und <strong><strong>de</strong>m</strong> wachsen<strong>de</strong>n technologischen<br />

Rückstand.<br />

Unumstritten ist, dass Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland unterschiedliche<br />

Erwartungen hinsichtlich ihrer Lebensplanung und Lebensgestaltung hatten.<br />

Der hohen Erwerbsorientierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR und ihrer nahezu<br />

vollständigen Integration in <strong><strong>de</strong>r</strong> Planwirtschaft stand <strong><strong>de</strong>r</strong> zunehmen<strong>de</strong> Rück-<br />

zug <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Erwerbsprozess in West<strong>de</strong>utschland gegenüber.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> Herrschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationalsozialisten am 30. Januar 1933<br />

waren viele Errungenschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenbewegungen 24 seit <strong><strong>de</strong>r</strong> zweiten<br />

Hälfte <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts zunichte gemacht wor<strong>de</strong>n. So erhielten sie zwar<br />

24 Frauenbewegungen haben zur Entwicklung und Demokratisierung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne wesentlich<br />

beigetragen. Sie bil<strong>de</strong>n sich in verschie<strong>de</strong>nen Klassen-, ethnischen und kulturellen<br />

Milieus heraus, wie die bürgerlichen und die proletarischen Frauenbewegungen, aber<br />

auch die antikolonialen in Afrika, Asien und Lateinamerika. Frauenbewegungen haben<br />

sich von Anfang an international ausgetauscht und vernetzt, aber bis zum späten 20.<br />

Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t vor allem auf nationaler und lokaler Ebene orientiert. Die ersten Wellen betrafen<br />

<strong>de</strong>n Nationalstaat und die Durchsetzung von Gleichheit und Bürgerrechten in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Nation. Seit <strong>de</strong>n 70er Jahren haben sich globale Frauenöffentlichkeiten und<br />

Netzwerke herausgebil<strong>de</strong>t, die sich auf die Globalisierung in Kultur und Kommunikation<br />

sowie auf die UN-Deka<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau und in Europa auf die EU-Gen<strong><strong>de</strong>r</strong>politik stützen. Vgl.<br />

I. LENZ, „Frauenbewegungen: Zu <strong>de</strong>n Anliegen und Verlaufsformen von Frauenbewegungen<br />

als sozialen Bewegungen“, in: R. BECKER/B. KORTENDIEK (Hrsg.), Handbuch Frauen-<br />

und Geschlechterforschung. Theorie, Metho<strong>de</strong>n, Empirie, Wiesba<strong>de</strong>n 2004, S. 665.


Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland 15<br />

erstmalig bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahl zur Weimarer Nationalversammlung 1919 das Wahl-<br />

recht, allerdings wur<strong>de</strong> ihnen das passive Wahlrecht 25 1933 wie<strong><strong>de</strong>r</strong> entzo-<br />

gen. Frauen wur<strong>de</strong>n nicht nur aus <strong><strong>de</strong>m</strong> politischen Leben, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch aus<br />

<strong>de</strong>n Betrieben hinausgedrängt. Ihre Interessenverbän<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n aufgelöst<br />

und somit blieb ihnen kaum etwas an<strong><strong>de</strong>r</strong>es übrig, als ihre angeblich natürli-<br />

che Rolle als Hausfrau und Mutter auszufüllen. 26 Während <strong>de</strong>s Zweiten<br />

Weltkriegs und nach <strong>de</strong>ssen En<strong>de</strong> än<strong><strong>de</strong>r</strong>te sich diese Situation. Den „Trüm-<br />

merfrauen“ wur<strong>de</strong> viel Verantwortung in traditionell von Männern dominierten<br />

Bereichen übertragen. Später mussten sie die ihnen anvertrauten Aufgaben<br />

oft wie<strong><strong>de</strong>r</strong> abgeben.<br />

Die rechtliche <strong>Aus</strong>gangslage <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen nach En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges<br />

war in bei<strong>de</strong>n Staaten gleich. Dennoch haben Frauen das gesellschaftliche<br />

und politische Leben auf unterschiedliche Weise in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staa-<br />

ten geprägt.<br />

2.1 Alltagsrealitäten in West<strong>de</strong>utschland<br />

In <strong>de</strong>n ersten Nachkriegsjahren oblag es vor allem <strong>de</strong>n Frauen, sich um die<br />

täglichen Dinge <strong>de</strong>s Lebens zu kümmern, <strong>de</strong>nn viele Männer waren gefallen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> noch in Gefangenschaft. Beschaffung von Nahrung und Kleidung,<br />

Trümmerbeseitigung und die Herstellung dringend benötigter Güter waren<br />

zum großen Teil Sache <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen. Bis Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre leisteten viele<br />

neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>erziehung und -verpflegung Schwerstarbeit in allen Berei-<br />

chen <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaft. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit wur<strong>de</strong>n die meisten Frauen aus <strong>de</strong>n<br />

traditionellen Männerberufen durch Heimkehrer, Flüchtlinge und Vertriebene<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> hinausgedrängt und waren dadurch gezwungen, in ihre alten Berufe<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> in die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Hausfrau und Mutter zurückzukehren. 27<br />

Auf diese Weise „normalisierten“ sich in <strong>de</strong>n 50er Jahren in dieser Hinsicht<br />

die Lebensverhältnisse, was vor allem auf <strong>de</strong>n Einfluss <strong><strong>de</strong>r</strong> katholischen Kir-<br />

25<br />

Das passive Wahlrecht (auch Wählbarkeit) ist das Recht, von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Wahlberechtigten<br />

gewählt zu wer<strong>de</strong>n.<br />

26<br />

Vgl. G. HELWIG/H. M. NICKEL, Frauen in Deutschland 1945-1992, Berlin 1993, S. 15. Ferner<br />

G. HELWIG, „Die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im gesellschaftlichen Leben Deutschlands“, in: H.<br />

UEBERHORST (Hrsg.), Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibesübungen, Bd. 3/2, Leibesübungen und Sport<br />

in Deutschland vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart, Berlin/München/Frankfurt a.M.<br />

1982, S. 944.<br />

27<br />

Vgl. G. HELWIG, „Bun<strong>de</strong>srepublik – Fünfziger und Sechziger Jahre. Leitbil<strong><strong>de</strong>r</strong> und Alltagsrealität“,<br />

in: HAUS DER GESCHICHTE DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND (Hrsg.), Ungleiche<br />

Schwestern? Frauen in Ost- und West<strong>de</strong>utschland, [o.O. o.J.], S. 43.


Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland 16<br />

che und die ihr nahe stehen<strong>de</strong>n Parteien und <strong>Institut</strong>ionen zurückzuführen<br />

war, die nach <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>nahmesituation <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachkriegszeit einen moralischen<br />

Neubeginn einfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ten. Durch die Rückbesinnung auf alte Tugen<strong>de</strong>n sollte<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> „selbstverständlichen Opferbereitschaft“ 28 <strong><strong>de</strong>r</strong> Ehefrau und Mutter<br />

abgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Dieses Leitbild stand allerdings immer noch im Ge-<br />

gensatz zur <strong><strong>de</strong>m</strong>ographischen Realität. Krieg und Kriegsgefangenschaft hat-<br />

ten einen <strong>de</strong>utlichen Männermangel hinterlassen. Es galt, einen Mann „ab-<br />

„abzubekommen“, um nicht als Unverheiratete und damit „übrig“ zu bleiben.<br />

Das I<strong>de</strong>al sah eine modisch geklei<strong>de</strong>te, gepflegt und gut aussehen<strong>de</strong> Haus-<br />

frau und Mutter vor, die in einem technisch perfekt ausgestatteten Haushalt<br />

Mann und Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> liebevoll umsorgte.<br />

Dieses Leitbild und die soziale Wirklichkeit von Frauen blieben in <strong>de</strong>n 50er<br />

Jahren wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprüchlich. Auch wenn es mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne und progressive Ansätze<br />

gab, die vor allem aus <strong>de</strong>n Erfahrungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in <strong>de</strong>n unmittelbaren<br />

Nachkriegsjahren resultierten, dominierte das konservative Frauenbild. Das<br />

Gleichstellungsgesetz von 1957/58 verbesserte zwar insgesamt die gesell-<br />

schaftliche Stellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau, allerdings blieb <strong><strong>de</strong>r</strong> Mann grundsätzlich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Erhalter und Ernährer <strong><strong>de</strong>r</strong> Familie, „während die Frau es als ihre vornehmste<br />

Aufgabe ansehen musste, das Herz <strong><strong>de</strong>r</strong> Familie zu sein.“ 29 Die Erwerbstätig-<br />

keit verheirateter Frauen wur<strong>de</strong> weiterhin als <strong>Aus</strong>nahme behan<strong>de</strong>lt. Mit <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Inkrafttreten dieses Gesetzes konnte von wirklicher Gleichberechtigung keine<br />

Re<strong>de</strong> sein, da beispielsweise Frauen <strong>für</strong> die gleiche Arbeit einen geringeren<br />

Lohn erhielten und zu<strong><strong>de</strong>m</strong> weniger Lehrstellen <strong>für</strong> Mädchen als <strong>für</strong> Jungen<br />

zur Verfügung stan<strong>de</strong>n. Es gab weiterhin frauentypische Berufe wie <strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Reinigungskraft, Kassiererin o<strong><strong>de</strong>r</strong> Stenotypistin. Berufe wie Abgeordneter,<br />

Manager und Diplomat dagegen wur<strong>de</strong>n als typisch männlich angesehen. 30<br />

Die Neue Frauenbewegung formierte sich in Deutschland im Zusammen-<br />

hang <strong><strong>de</strong>r</strong> antiautoritären Stu<strong>de</strong>nten- und Jugendbewegung nach 1965. Ins-<br />

beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Zirkel von sozialistischen Stu<strong>de</strong>ntinnen begannen mit ersten<br />

Aktionen und Diskussionen. Sie hatten durch die „Bildungsrevolution“ und<br />

28 Ebenda.<br />

29 Ebenda.<br />

30 Vgl. R. WIGGERSHAUS, Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenbewegung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland und in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik nach 1945, Wuppertal<br />

1979, S. 25.


Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland 17<br />

Stu<strong>de</strong>ntenbewegung einen gestiegenen Anspruch auf „gesellschaftliche Par-<br />

tizipation und individuelle Selbstbestimmung“. 31<br />

Eine erste Massenbewegung formierte sich 1971 in <strong><strong>de</strong>m</strong> Protest gegen <strong>de</strong>n<br />

§ 218. 32 In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahren kam eine Initiative auf, die sich unter an<strong>de</strong>-<br />

rem gegen die Reduzierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau zum „Lustobjekt“ wandte. Im Mittel-<br />

punkt stand die For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung: „Schluß mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevormundung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau!“ 33 Die<br />

Anhänger dieser Bewegung richteten sich eigene männerfreie Zonen ein, so<br />

dass eine Subkultur entstand. Die Lebensform brachte, im Nachhinein be-<br />

trachtet, die Gefahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbst-Gettoisierung mit sich, da es <strong>de</strong>n Frauen vor<br />

allem an Toleranz gegenüber an<strong><strong>de</strong>r</strong>en gesellschaftlichen Gruppen mangelte.<br />

1972 entstand in West-Berlin das erste Frauenzentrum, 1974 wur<strong>de</strong> in Mün-<br />

chen unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Titel Frauenoffensive <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Frauenverlag gegrün<strong>de</strong>t. Nur<br />

ein Jahr später öffnete <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Frauenbuchla<strong>de</strong>n in München. 1976 fand an<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Freien Universität Berlin erstmalig eine Sommeruniversität <strong>für</strong> Frauen<br />

statt. Im selben Jahr erschien überregional die erste <strong>Aus</strong>gabe <strong><strong>de</strong>r</strong> feministi-<br />

schen Zeitschrift Courage. Die Zeitschrift Emma kam 1977 in <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>l.<br />

Ein Meilenstein <strong>de</strong>s Feminismus war die Eröffnung <strong>de</strong>s ersten Frauenhauses<br />

<strong>für</strong> misshan<strong>de</strong>lte Frauen und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> in West-Berlin (1977). Diese<br />

„Frauenpower“-Bewegung mit <strong><strong>de</strong>m</strong> äußerlichen Erkennungszeichen einer<br />

lilafarbenen Latzhose hatte großen Anteil an einer wachsen<strong>de</strong>n weiblichen<br />

Selbstbestimmung. 34 So wur<strong>de</strong>n Denkmuster in Frage gestellt und Themen<br />

öffentlich diskutiert, die zuvor nie in einer breiten Öffentlichkeit erörtert wor-<br />

<strong>de</strong>n waren. Hier sind vor allem sexuelle Selbstbestimmung und Gewalt ge-<br />

gen Frauen zu nennen.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Gesetz zur Reform <strong>de</strong>s Ehe- und Familienrechts vom 1. Juli 1977<br />

wur<strong>de</strong> die freie Entscheidung über die Aufgabenverteilung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ehe festge-<br />

31<br />

I. LENZ, „Frauenbewegungen: Zu <strong>de</strong>n Anliegen und Verlaufsformen von Frauenbewegungen<br />

als sozialen Bewegungen“, S. 671.<br />

32<br />

Vgl. K. SCHULTZ, Der lange Atem <strong><strong>de</strong>r</strong> Provokation. Die Frauenbewegung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

und in Frankreich 1968-1976, Wiesba<strong>de</strong>n 2002, S. 134.<br />

33<br />

H. GIRMOND, „Schluß mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevormundung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau!“, in: HAUS DER GESCHICHTE DER<br />

BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND (Hrsg.), Ungleiche Schwestern? Frauen in Ost- und<br />

West<strong>de</strong>utschland, [o.O. o.J.], S. 66.<br />

34<br />

Vgl. G. HELWIG, „Bun<strong>de</strong>srepublik – Siebziger und Achtziger Jahre. Leitbil<strong><strong>de</strong>r</strong> und Alltagsrealität“,<br />

in: HAUS DER GESCHICHTE DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND (Hrsg.), Ungleiche<br />

Schwestern? Frauen in Ost- und West<strong>de</strong>utschland, [o.O. o.J.], S. 73.


Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland 18<br />

schrieben, was Gisela Helwig als eine unserer Demokratie angemessene<br />

Form eines Familienleitbilds wertet. 35<br />

Die Mitwirkung von Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik setzte in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik nur<br />

zögerlich ein. Als <strong><strong>de</strong>r</strong> Parlamentarische Rat 1948 seine Arbeit in <strong>de</strong>n drei<br />

westlichen Besatzungszonen aufnahm, waren unter <strong>de</strong>n 65 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur<br />

vier Frauen. 36 Eine von ihnen war Elisabeth Selbert, die die Ansicht vertrat,<br />

dass die Benachteilung von Frauen – insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Familie –<br />

unzeitgemäß sei. 37 Ihr ist <strong><strong>de</strong>r</strong> in Artikel 3, Absatz 2 <strong>de</strong>s Grundgesetzes ent-<br />

haltene Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ 38 zu verdanken. An-<br />

fang <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre waren 20% <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Christlich Demokratischen<br />

Union (CDU) und <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozial<strong><strong>de</strong>m</strong>okratischen Partei Deutschlands (SPD)<br />

weiblich, und auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenanteil im Bun<strong>de</strong>stag stieg langsam an. Den-<br />

noch kam es parallel zum wirtschaftlichen Aufschwung zum Rückzug, res-<br />

pektive zur Zurückdrängung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik, was sich auf die<br />

Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Parteimitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> auswirkte. Gleichzeitig vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>te<br />

sich <strong><strong>de</strong>r</strong> gesellschaftliche Druck, Frauen <strong>für</strong> innerparteiliche Funktionen und<br />

<strong>für</strong> Parlamentswahlen zu nominieren. 39 1972 wur<strong>de</strong> im Bun<strong>de</strong>stag mit einer<br />

Frauenquote von 5,8% <strong><strong>de</strong>r</strong> bisherige Tiefstand erreicht.<br />

Resümierend kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass die For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen<br />

nach Emanzipation nicht mit <strong><strong>de</strong>r</strong> gesellschaftlichen Entwicklung Schritt gehal-<br />

ten hat. Es mangelte nicht nur an <strong>de</strong>n geistigen Voraussetzungen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

auch an <strong>de</strong>n praktischen Rahmenbedingungen. Politik und Wirtschaft waren<br />

bis in die 80er Jahre hinein männlich dominiert. Die Aufgabenteilung in Beruf<br />

und Familie funktionierte, so dass das herkömmliche Männerbild nie nach-<br />

haltig und ernsthaft in Frage gestellt wur<strong>de</strong>. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits lieferten die Kon-<br />

zepte <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenbewegung keine Lösungen <strong>für</strong> die Überwindung dieser<br />

Missstän<strong>de</strong>.<br />

35 Vgl. G. HELWIG, Frau und Familie. Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland – DDR, Köln 1987, S. 11.<br />

36 Diese waren: Helene Weber (CDU), Helene Wessel (Zentrum), Frie<strong><strong>de</strong>r</strong>ike Nadig und<br />

Elisabeth Selbert (bei<strong>de</strong> SPD). Vgl. G. HELWIG, „Bun<strong>de</strong>srepublik – Fünfziger und Sechziger<br />

Jahre“, S. 42.<br />

37 Vgl. ebenda.<br />

38 Ebenda.<br />

39 Vgl. ebenda, S. 45.


Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland 19<br />

2.2 Alltagsrealitäten in Ost<strong>de</strong>utschland<br />

Die gesellschaftliche Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR war klar <strong>de</strong>finiert und zuge-<br />

wiesen. Bebel beschrieb in seinem Buch Die Frau und <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialismus die<br />

Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> „neuen Gesellschaft“ als sozial und ökonomisch un-<br />

abhängig sowie als Welt, in <strong><strong>de</strong>r</strong> sie <strong><strong>de</strong>m</strong> „Mann als Freie, Gleiche gegen-<br />

über“ 40 steht.<br />

Die rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau wur<strong>de</strong> schon in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verfas-<br />

sung <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR von 1994 gesetzlich festgeschrieben. Dennoch erwies sich die<br />

Durchsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gleichberechtigung als schwierig. 41 Durch die Befreiung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeiterklasse schien die erste Hür<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> „Lösung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenfrage“<br />

überwun<strong>de</strong>n 42 . Unbestritten ist, dass Frauen – respektive <strong><strong>de</strong>r</strong>en Arbeitskraft<br />

– von Anfang an in die Aufbauarbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR einbezogen waren, wie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

folgen<strong>de</strong> Grundsatz <strong><strong>de</strong>r</strong> SED-Frauenpolitik belegt:<br />

„Eine wirkliche Gleichberechtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau ist erst dann vorhan<strong>de</strong>n,<br />

wenn sie einen Beruf erlernt hat und imstan<strong>de</strong> ist, eine gesellschaftlich<br />

wirklich nützliche Arbeit zu leisten.“ 43<br />

Neben diesen i<strong>de</strong>ologischen Grün<strong>de</strong>n lagen <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Erwerbstätigkeit<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR in erster Linie wirtschaftliche Notwendigkeiten zu Grun<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>n<br />

50er Jahren hatten Frauen daher vermehrt die Möglichkeit, männertypische<br />

Berufe auszuüben. Diese Kampagne orientierte sich am sowjetischen Frau-<br />

enleitbild <strong><strong>de</strong>r</strong> Traktoristin, die jung und gut ausgebil<strong>de</strong>t war und optimistisch<br />

in die Zukunft schaut. 44<br />

Neben <strong><strong>de</strong>m</strong> Recht <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau auf Entfaltung ihrer Fähigkeiten und Talente<br />

wur<strong>de</strong> zunehmend auch die positive <strong>Aus</strong>wirkung ihrer beruflichen Integration<br />

auf die innerfamiliären Beziehungen und das Verhältnis zwischen Familie<br />

und Gesellschaft propagiert. Die schlechte Versorgungslage in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR ver-<br />

langte von <strong>de</strong>n Frauen in ihrer Doppelrolle als Berufstätige und Hausfrau<br />

und/o<strong><strong>de</strong>r</strong> Mutter einen enormen Einsatz. En<strong>de</strong> 1957 waren bereits 65 Pro-<br />

40 HELWIG, „Die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im gesellschaftlichen Leben Deutschlands“, S. 944.<br />

41 Vgl. zu <strong>de</strong>n Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenpolitik in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR die Chronik von U. HEL-<br />

WERTH/G. SCHWARZ, Von Muttis und Emanzen. Feministinnen in Ost- und West<strong>de</strong>utschland,<br />

Frankfurt a.M. 1995.<br />

42 Vgl. PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 26.<br />

43 V. DIDCZUNEIT, „Für <strong>de</strong>n Sieg <strong>de</strong>s Sozialismus – Ran an die Arbeit!“, in: HAUS DER GE-<br />

SCHICHTE DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND (Hrsg.), Ungleiche Schwestern? Frauen in<br />

Ost- und West<strong>de</strong>utschland, [o.O. o.J.], S. 17.<br />

44 Vgl. ebenda.


Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland 20<br />

zent aller Frauen und Mädchen im arbeitsfähigen Alter berufstätig o<strong><strong>de</strong>r</strong> be-<br />

fan<strong>de</strong>n sich in einer <strong>Aus</strong>bildung. Dennoch arbeitete die Mehrzahl immer noch<br />

in frauentypischen Berufen wie beispielsweise im Fernmel<strong>de</strong>wesen o<strong><strong>de</strong>r</strong> in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Textilindustrie. 45 In <strong>de</strong>n 70er Jahren setzte sich allerdings die Erkenntnis<br />

durch, dass eine kontinuierliche Erwerbsarbeit möglichst vieler Frauen und<br />

eine steigen<strong>de</strong> Geburtenrate nicht ohne Abstriche zu verwirklichen waren, da<br />

„die Frau – bedingt durch die historische Entwicklung – nach wie vor in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Regel <strong>de</strong>n größten Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> familiären Aufgaben trage“. 46 Zu dieser Zeit gal-<br />

ten <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend Haushaltsführung und Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>erziehung immer noch<br />

als Domäne <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau.<br />

Festzuhalten bleibt, dass Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR zwar als berufstätige Mütter<br />

gepriesen wur<strong>de</strong>n, im Alltag und Beruf aber als zweitrangig eingestuft wur-<br />

<strong>de</strong>n. Nickel weist ihnen <strong>de</strong>n Titel als „Mitgestalterinnen <strong>de</strong>s Sozialismus“ 47<br />

zu.<br />

Frauen blieben <strong><strong>de</strong>m</strong>zufolge sozial benachteiligt, und vor allem Männer hiel-<br />

ten bereitwillig an <strong>de</strong>n stereotypen Arbeitseinteilungen fest. Der Maßstab <strong>für</strong><br />

die Persönlichkeitsentwicklung war männlich geprägt und orientierte sich<br />

hauptsächlich an beruflichen Leistungen und Karrieren. Letztlich gilt, dass<br />

Frauen nicht nur das Recht, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor allem auch die Pflicht zur Erwerbs-<br />

tätigkeit hatten. 48<br />

Langsam etablierte sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR ein neues Fraueni<strong>de</strong>al, was das Image<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> „Aufbauhelferin“ aus <strong>de</strong>n 50er Jahren ablöste. Die Bemühungen <strong>de</strong>s<br />

Staates erfassten auch verheiratete Frauen, was mit einem Verschwin<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s „Hausfrauenmo<strong>de</strong>lls“ verbun<strong>de</strong>n war. Trappe bezeichnet dies als<br />

„Frauenarbeitspolitik“. 49 Zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre setzte mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Kommuni-<br />

qué <strong>de</strong>s Politbüros „Die Frau – <strong><strong>de</strong>r</strong> Frie<strong>de</strong>n und <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialismus“ eine Kam-<br />

pagne zur Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung ein, die unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em auf eine<br />

45 Vgl. DIDCZUNEIT, „Für <strong>de</strong>n Sieg <strong>de</strong>s Sozialismus – Ran an die Arbeit!“, S. 18.<br />

46 Vgl. HELWIG, „Die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im gesellschaftlichen Leben Deutschlands“, S. 946.<br />

47 H. M. NICKEL, „DDR – Fünfziger und Sechziger Jahre. Leitbil<strong><strong>de</strong>r</strong> und Alltagsrealität“, in:<br />

HAUS DER GESCHICHTE DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND (Hrsg.), Ungleiche Schwestern?<br />

Frauen in Ost- und West<strong>de</strong>utschland, [o.O. o.J.], S. 28.<br />

48 Vgl. ebenda.<br />

49 Vgl. H. TRAPPE, „Handlungsstrategien von Frauen unterschiedlicher Generationen zur<br />

Vereinbarkeit von Familie und Beruf und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Beeinflussung durch sozialpolitische<br />

Rahmenbedingungen“, in: ZENTRUM FÜR INTERDISZIPLINÄRE FRAUENFORSCHUNG DER<br />

HUBMOLDT-UNIVERSITÄT (Hrsg.), Unter Hammer und Sichel. Frauenbiographien vor <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Hintergrund ost<strong>de</strong>utscher Sozialisationserfahrungen, Pfaffenweiler 1995, S. 115-137.


Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland 21<br />

Höherqualifizierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen und ihren Einsatz in Führungspositionen ab-<br />

zielte. 50<br />

In <strong>de</strong>n 70er Jahren hatte sich das Frauenbild geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Die Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong><br />

waren vielschichtig: Zum einen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ten die Verhältnisse in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-<br />

Planwirtschaft die Mobilisierung aller Arbeitsreserven. So wur<strong>de</strong>n beispiels-<br />

weise Schüler und Stu<strong>de</strong>nten zur Feldarbeit abgestellt, um kostengünstig die<br />

Ernte einzubringen. Die Erwerbstätigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Bevölkerung war aus<br />

ökonomischen Grün<strong>de</strong>n unverzichtbar. Trotz<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> die hohe Erwerbs-<br />

quote <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen als großer Erfolg und als Zeichen <strong><strong>de</strong>r</strong> Emanzipation gewer-<br />

tet. 51 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> muss <strong><strong>de</strong>r</strong> hohe Prozentsatz männlicher Beschäftigter bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Nationalen Volksarmee, <strong><strong>de</strong>r</strong> Polizei sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Staatssicherheit und an<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

Organe genannt wer<strong>de</strong>n. Wichtigste Ursache war allerdings das „<strong><strong>de</strong>m</strong>ogra-<br />

phische Loch“, das durch die vorherige Flucht von 3 Millionen Menschen in<br />

<strong>de</strong>n Westen entstan<strong>de</strong>n war. Es han<strong>de</strong>lte sich hierbei in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mehrheit um gut<br />

ausgebil<strong>de</strong>te, motivierte Arbeiter. 52<br />

Die „neue Frau“ trug ihr Kind auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Arm, bewältigte Fachbücher ebenso<br />

wie <strong>de</strong>n täglichen Einkauf und war trotz<strong><strong>de</strong>m</strong> attraktiv und modisch geklei-<br />

<strong>de</strong>t. 53 Dieses verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Frauenbild – von <strong><strong>de</strong>r</strong> „Heldin <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit“ zur berufs-<br />

tätigen, qualifizierten und gesellschaftlich aktiven Ehefrau und Mutter –<br />

basierte auf <strong>de</strong>n wachsen<strong>de</strong>n Erwartungen <strong><strong>de</strong>r</strong> SED-Führung bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Erfüllung <strong><strong>de</strong>r</strong> Planwirtschaft.<br />

Um die eigenen hohen Maßstäbe zu realisieren, musste ein <strong>Aus</strong>bau <strong><strong>de</strong>r</strong> So-<br />

zialpolitik erfolgen. Ab 1972 erhielten Frauen die „Wunschkindpille“ kostenlos<br />

auf Rezept. Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> SED war es, mit dieser familienpolitischen Maßnahme<br />

die kontinuierliche Erwerbsarbeit möglichst vieler aufrecht zu erhalten. 54 Ob-<br />

wohl man immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> verkün<strong>de</strong>te, dass in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR die Gleichberechtigung<br />

verwirklicht sei, sah sich die Parteispitze zu weiteren sozialpolitischen Maß-<br />

nahmen veranlasst, die hauptsächlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Entlastung <strong><strong>de</strong>r</strong> arbeiten<strong>de</strong>n Frauen<br />

50 Vgl. ebenda.<br />

51 Vgl. A. HAMPELE, „‘Arbeite mit, plane mit, regiere mit’ – Zur politischen Partizipation von<br />

Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR“, in: G. HELWIG/H. M. NICKEL, Frauen in Deutschland 1945-1992, Berlin<br />

1993, S. 290.<br />

52 Vgl. PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 27.<br />

53 Vgl. A. MORK/P. RÖSGEN, „Sie stehen ihren Mann“, in: HAUS DER GESCHICHTE DER BUN-<br />

DESREPUBLIK DEUTSCHLAND (Hrsg.), Ungleiche Schwestern? Frauen in Ost- und West<strong>de</strong>utschland,<br />

[o.O. o.J.], S. 49.<br />

54 Vgl. NICKEL, „DDR – Siebziger und Achtziger Jahre. Leitbil<strong><strong>de</strong>r</strong> und Alltagsrealitäten“, S.<br />

54.


Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland 22<br />

dienten. Derartige Initiativen zur besseren Vereinbarung von Beruf und Fami-<br />

lie richteten sich trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> familienrechtlichen Verantwortung bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Elterntei-<br />

le hauptsächlich an die Frau. Inoffiziell wur<strong>de</strong> dies als „Muttipolitik“ 55<br />

bezeichnet.<br />

Der Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch in dieser emanzipatorisch geprägten Propaganda und <strong>de</strong>n<br />

tatsächlichen Verhältnissen zeigte sich sehr <strong>de</strong>utlich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik. Der De-<br />

mokratische Frauenbund Deutschland mit seinen 1,4 Millionen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

trug bis zum En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR zur Legitimation <strong><strong>de</strong>r</strong> SED-Gesetzgebung und<br />

Politik bei. 56 Das galt auch <strong>für</strong> die Frauenabteilung <strong>de</strong>s Zentralkomitees und<br />

die Frauenkommission <strong>de</strong>s Politbüros, die nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Interessenvertretung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwirklichung einer Frauenpolitik im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> Partei<br />

dienten. 57<br />

Frauen waren auf politischer Ebene unterrepräsentiert, was sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Tat-<br />

sache manifestierte, dass stimmberechtigte Vollmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> im Politbüro stets<br />

ausschließlich männlich waren.<br />

Die Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR haben, ähnlich wie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik, in <strong>de</strong>n Be-<br />

reichen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik nie die volle Gleichberechtigung<br />

erhalten. In dieser Hinsicht waren sie „gleiche Schwestern“.<br />

2.3 Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Weg zur Gleichberechtigung – Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland heute<br />

60 Jahre nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Verabschiedung <strong>de</strong>s Grundgesetzes <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland, das in Artikel 3 die Gleichberechtigung garantiert, ist diese<br />

noch nicht in allen Lebensbereichen verwirklicht. Theoretisch kann hierzu-<br />

lan<strong>de</strong> eine Frau je<strong>de</strong> berufliche o<strong><strong>de</strong>r</strong> politische Position erreichen. Leicht wird<br />

vergessen, dass die heute als selbstverständlich angesehenen Rechte und<br />

Möglichkeiten über die letzten 100 Jahre hart erkämpft wur<strong>de</strong>n. Die noch<br />

immer bestehen<strong>de</strong>n Hin<strong><strong>de</strong>r</strong>nisse wirken im historischen Vergleich daher ba-<br />

nal. Alice Schwarzer merkte 2007 dazu an: „Erstmals in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte sei-<br />

55 Ebenda, S. 55.<br />

56 Vgl. ebenda, S. 57.<br />

57 Vgl. ebenda.


Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland 23<br />

en die Frauen in Deutschland uneingeschränkt gleichberechtigt, je<strong>de</strong>nfalls<br />

auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Papier.“ 58<br />

Zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> bürgerlichen Frauenbewegung stand zunächst das Recht auf<br />

Bildung im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund. Führen<strong>de</strong> Vertreterinnen dieses frühen Feminismus<br />

waren Helene Lange und Gertrud Bäumer. Diese setzten sich <strong>für</strong> gleiche<br />

Bildungschancen, <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Zugang zu bestimmten <strong>de</strong>n Männern vorbehalte-<br />

nen Berufen und <strong>für</strong> eine allgemeine Gleichberechtigung ein. Heute ist das<br />

Recht auf Bildung in Deutschland und in vielen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Staaten und Län-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n unabhängig vom Geschlecht <strong>de</strong>s Menschen anerkannt. Dabei kristalli-<br />

siert sich sogar zunehmend eine Dominanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Mädchen heraus. Drei<br />

Jahrzehnte nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenbewegung <strong><strong>de</strong>r</strong> siebziger Jahre absolvieren viele<br />

Mädchen und Frauen ehrgeizig und anscheinend zielbewusst ihre <strong>Aus</strong>bil-<br />

dung und lassen dabei zumin<strong>de</strong>st zahlenmäßig Jungen und Männer hinter<br />

sich. Auch auf <strong><strong>de</strong>m</strong> höheren Bildungsweg setzt sich dieser Trend fort. Der<br />

Frauenanteil bei schulischen und aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ischen Abschlüssen wie Hoch-<br />

schulstudium und Abitur liegt bei über 50%, <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Promovierten und<br />

Habilitierten hat sich in <strong>de</strong>n letzten Jahren auf 39,5% in <strong><strong>de</strong>r</strong> Promotion bezie-<br />

hungsweise 23% in <strong><strong>de</strong>r</strong> Habilitation gesteigert. 14,3% <strong><strong>de</strong>r</strong> Professuren an<br />

<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Universitäten und Fachhochschulen sind mit Frauen be-<br />

setzt. 59 Trotz<strong><strong>de</strong>m</strong> gelten Frauen in ihrer Bildungsbeteiligung nicht mehr als<br />

benachteiligt. 60<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaft sind Frauen immer noch stark unterrepräsentiert. Deutsch-<br />

land rangiert mit einem Anteil von elf Prozent Frauen in <strong>de</strong>n höchsten Ent-<br />

scheidungsgremien <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweils 50 größten börsennotierten Unternehmen im<br />

Mittelfeld knapp über <strong><strong>de</strong>m</strong> EU-Durchschnitt. 61<br />

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass viele Frauen nach wie vor in schlechter<br />

bezahlten Berufen arbeiten o<strong><strong>de</strong>r</strong> aber <strong>für</strong> die gleiche Arbeit einen geringeren<br />

Lohn als Männer erhalten. Für Frauen ist es schwieriger als <strong>für</strong> Männer, Fa-<br />

58 A. SCHWARZER, [persönliche Äußerung], zitiert nach: B. SUPP/J. BONSTEIN/A. DÜRR/D.<br />

KRAHE/M. THEILE/C. VOIGT/K. WERNER, „Mein Kopf gehört mir“, in: Der Spiegel<br />

60(2007)24, S. 57.<br />

59 Vgl. A. MAJCHER/A. ZIMMER, „Hochschule und Wissenschaft: Karrierechancen und -<br />

hin<strong><strong>de</strong>r</strong>nisse <strong>für</strong> Frauen“, in: R. BECKER/B. KORTENDIEK (Hrsg.), Handbuch Frauen- und<br />

Geschlechterforschung. Theorie, Metho<strong>de</strong>n, Empirie, Wiesba<strong>de</strong>n 2004, S. 590. Ferner<br />

SUPP/BONSTEIN/DÜRR/KRAHE/THEILE/VOIGT/WERNER, „Mein Kopf gehört mir“, S. 62.<br />

60 Vgl. S. METZ-GÖCKEL, „Eliten: Eine Frage von Herkunft, Geschlecht und Leistung“, in: R.<br />

BECKER/B. KORTENDIEK (Hrsg.), Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung. Theorie,<br />

Metho<strong>de</strong>n, Empirie, Wiesba<strong>de</strong>n 2004, S. 608.<br />

61 Vgl. Supp/Bonstein/Dürr/Krahe/Theile/Voigt/Werner, „Mein Kopf gehört mir“, S. 62.


Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland 24<br />

milie und Beruf zu vereinbaren. In unserer heutigen leistungsorientierten Ge-<br />

sellschaft hat die Frau allerdings zumin<strong>de</strong>st die gesetzliche und theoretische<br />

Möglichkeit, ihre eigene Karriere trotz familiärer Verpflichtungen voranzutrei-<br />

ben. Häufig gehen Frauen hierbei Kompromisse ein, in<strong><strong>de</strong>m</strong> sie die Arbeits-<br />

zeit beschränken o<strong><strong>de</strong>r</strong> sich Tätigkeiten suchen, die unter ihrem<br />

<strong>Aus</strong>bildungsniveau liegen. 62 Obwohl die Politik zur Gleichberechtigung in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gesellschaft beitragen will, sind Frauen in Politik und Wirtschaft unterreprä-<br />

sentiert. Allerdings schafft die Politik Bedingungen, in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Einzelne sein<br />

Leben im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemeinschaft weitestgehend nach seinen Vorstellun-<br />

gen gestalten kann.<br />

Immerhin ist seit 1990 ein <strong>de</strong>utlicher Aufwärtstrend in <strong><strong>de</strong>r</strong> Besetzung von po-<br />

litischen Ämtern mit Frauen zu verzeichnen. Die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Frakti-<br />

onsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> in Bun<strong>de</strong>stagsfraktionen hat in allen Parteien zugenommen,<br />

die Steigerungsraten sind jedoch sehr unterschiedlich. Diese Entwicklungen<br />

hingen und hängen auch heute noch davon ab, ob Frauen überhaupt und<br />

wenn ja, wie verbindlich bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergabe von öffentlichen Ämtern unterstützt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Seit September 2005 ist Angela Merkel (CDU) Bun<strong>de</strong>skanzlerin <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>s-<br />

republik Deutschland. <strong>Aus</strong> feministischer Sicht ist dies sicherlich <strong><strong>de</strong>r</strong> vorläufi-<br />

ge Höhepunkt eines langen Weges, <strong><strong>de</strong>r</strong> 1961 mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereidigung von<br />

Elisabeth Schwarzhaupt (CDU) als Bun<strong>de</strong>sministerin <strong>für</strong> Gesundheitswesen<br />

begann. Die Mitwirkung von Frauen hat sich heute nicht nur quantitativ, son-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch qualitativ ausgewirkt. Allerdings dominieren immer noch Männer<br />

politische Bereiche wie Wirtschaft und Militär. Vor allem in Führungspositio-<br />

nen ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil weiblicher Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> immer noch gering. Die Grün<strong>de</strong> da<strong>für</strong><br />

sind vielschichtig. So antwortete Ursula Engelen-Kefer auf die Frage, warum<br />

sie nie als Chefin <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Gewerkschaftsbun<strong>de</strong>s (DGB) angetreten<br />

sei:<br />

„Bei ver.di wäre eine Vorsitzen<strong>de</strong> vielleicht <strong>de</strong>nkbar, [...] aber <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DGB wird immer noch dominiert von <strong>de</strong>n großen Industriegewerkschaften.<br />

Die IG Metall hat nicht einmal 30% weibliche<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Eine Frau, noch dazu Aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ikerin, an <strong><strong>de</strong>r</strong> Spitze<br />

62 Vgl. HELWIG/NICKEL, Frauen in Deutschland 1945-1992, S. 9.


Ungleiche Schwestern – Frauen in West- und Ost<strong>de</strong>utschland 25<br />

<strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Gewerkschaftsbun<strong>de</strong>s? Das ist selbst in einem<br />

Land mit Bun<strong>de</strong>skanzlerin absolut unmöglich.“ 63<br />

Die Rolle, die Frauen in Deutschland einnehmen, <strong>de</strong>finiert sich immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

neu, da diese <strong>de</strong>n temporären Einflüssen und Strömungen <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen<br />

Gesellschaft unterliegt. Die <strong>Aus</strong>gangslage ist heute günstig wie nie zuvor,<br />

allerdings wird es noch längere Zeit in Anspruch nehmen, um gängige<br />

Rollenklischées mit großer Breitenwirkung abzubauen. Der Weg in die<br />

Gleichberechtigung ist heute mehr als nur bereitet: Frauen schicken sich an,<br />

Männer in vielen Bereichen zu überholen.<br />

63 Vgl. S. GASCHKE, „Die Frauen und die Macht“, in: Die Zeit 60(2006)47, S. 34.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 26<br />

3 Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports<br />

Seit <strong><strong>de</strong>m</strong> 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t hat sich ein leistungs- und wettkampforientierter<br />

Sport 64 herausgebil<strong>de</strong>t und als universelle Bewegungskultur im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

weltweiten Globalisierungsprozesse durchgesetzt. 65 Der mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Sport zielt<br />

im Gegensatz zu <strong><strong>de</strong>r</strong> Athletik in <strong><strong>de</strong>r</strong> griechischen Antike auf <strong>de</strong>n Rekord, also<br />

auf ein exakt gemessenes Ergebnis, das in keiner Relation zu <strong>de</strong>n körperli-<br />

chen o<strong><strong>de</strong>r</strong> sonstigen Voraussetzungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontrahenten steht.<br />

3.1 Mythologische Überlieferungen<br />

Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> vorherrschen<strong>de</strong>n gesellschaftlichen Bedingungen war <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport<br />

lange eine Domäne <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer. So hatten die Frauen im archaischen Grie-<br />

chenland eine klar <strong>de</strong>finierte Rolle inne, die sich auf Familie und Haus be-<br />

schränkte. Politisch waren sie machtlos, da sie keinen Sitz in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Volksversammlung hatten. 66 Durch diese Rollenzuteilung war es Frauen<br />

nicht möglich, am öffentlichen Leben teilzunehmen.<br />

Dennoch wird über körperliche Betätigung von Frauen, zum Beispiel im My-<br />

thos, berichtet, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen vermeintlich männliche Tugen<strong>de</strong>n wie Mut und<br />

Kraft aufwiesen. Exemplarisch sei die Sage von Atalante erwähnt, ein Sinn-<br />

bild <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Anfang <strong>de</strong>s Frauensports. 67<br />

Die einzigen Zeugnisse weiblicher „sportlicher Erziehung“ fin<strong>de</strong>n sich in<br />

Sparta:<br />

64 Auf die Entstehung und Entwicklung <strong>de</strong>s mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Sports wird hier nicht weiter eingegangen.<br />

Einen Überblick gibt A. GUTTMANN, From Ritual to Record, New York 1978. Ferner<br />

M. KRÜGER, Einführung in die Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibeserziehung und <strong>de</strong>s Sports. Teil 1:<br />

Von <strong>de</strong>n Anfängen bis ins 18. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t (= Sport und Sportunterricht, Bd. 8), Schorndorf<br />

2004. Ebenso M. KRÜGER, Einführung in die Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibeserziehung und<br />

<strong>de</strong>s Sports. Teil 2: Leibeserziehung im 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Turnen <strong>für</strong>s Vaterland (= Sport<br />

und Sportunterricht, Bd. 9), Schorndorf 1993. Der Begriff Sport wird hier als übergeordneter<br />

Grundbegriff <strong>für</strong> menschliche Bewegungsübungen verstan<strong>de</strong>n. Eine terminologische<br />

Differenzierung in Leibesübungen, Turnen, Spiel und Gymnastik sowie ein Bezug zum<br />

weiblichen Geschlecht wird an dieser Stelle nicht vorgenommen. Zu dieser Problematik<br />

vgl. A. GUTTMANN, Women’s Sport, New York 1991. Ferner A. TSCHAP-BOCK, Frauensport<br />

und Gesellschaft. Der Frauensport in seinen historischen und gegenwärtigen Formen.<br />

Eine historische und empirische Untersuchung, Ahrensburg bei Hamburg 1983, S. 77-<br />

144. Ferner A. HOFFMANN, Frau und Leibesübungen im Wan<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit (= Beiträge zur<br />

Forschung <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibeserziehung, Bd. 24), Schorndorf 1965, S. 7-64.<br />

65 Vgl. PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 11.<br />

66 Vgl. TSCHAP-BOCK, Frauensport und Gesellschaft, S. 40.<br />

67 Atalante ist in <strong><strong>de</strong>r</strong> griechischen Mythologie eine jungfräuliche Jägerin. Sie wur<strong>de</strong> von<br />

ihrem Vater ausgesetzt und von einer Bärin genährt. Atalante besiegte alle Freier im<br />

Wettlauf, bis sie von Hippomenes überlistet und besiegt wur<strong>de</strong>. Vgl. F.K. MATHYS, „Die<br />

Frauen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport“, in: Leibesübungen 23(1972)8, S. 6.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 27<br />

“Sparta, then, seems to have been the only place in ancient<br />

Greece where an ascertainable and notable attempt was ma<strong>de</strong> to<br />

introduce physical exercises for women. It seems certain that<br />

Spartan girls between the ages of 6 and 13 (like the boys but not<br />

with them!) received physical training that was <strong>de</strong>signed to foster<br />

toughness, discipline, renunciation, subordination and willingness<br />

to make sacrifices.” 68<br />

Die Spartanerinnen wur<strong>de</strong>n als gleichwertig angesehen, nahmen politischen<br />

Einfluss, verwalteten das Sippenvermögen, waren prozess- und ei<strong>de</strong>sfähig<br />

und unterstan<strong>de</strong>n keiner sie einschränken<strong>de</strong>n Sexualmoral. Die Mutterschaft<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Spartanerinnen wur<strong>de</strong> mit <strong><strong>de</strong>r</strong> männlichen Pflicht <strong>de</strong>s Kriegsdienstes<br />

gleichgesetzt. Das be<strong>de</strong>utet, dass die Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> ab <strong><strong>de</strong>m</strong> siebten Lebensjahr un-<br />

ter <strong><strong>de</strong>r</strong> Verfügungsgewalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Polis stan<strong>de</strong>n. 69 Die Spartanerinnen betrieben<br />

die Übungen <strong>de</strong>s klassischen Pentathlon 70 sowie Schwimmen und Tanzen.<br />

Dazu zählte ebenfalls die so genannte „Bibasis“, eine Art kontinuierlicher<br />

Fersensprung. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> sind Erzählungen von Läufen überliefert, die an-<br />

lässlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Heraia, einem Fest zu Ehren <strong><strong>de</strong>r</strong> Göttin Hera, durchgeführt wur-<br />

<strong>de</strong>n. 71<br />

Die Leibesübungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in Sparta sollten in erster Linie dazu führen,<br />

körperlich gesund zu sein, um kräftige und gesun<strong>de</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> zur Welt zu brin-<br />

gen. Sie wur<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> griechischen Staatenwelt als Vorbild angesehen und<br />

bewun<strong><strong>de</strong>r</strong>t. 72 Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> körperlichen Verfassung waren Ruhm und Tapfer-<br />

keit wichtige Charaktereigenschaften.<br />

Die Darstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> körperlichen Tätigkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Germanen reduziert sich in<br />

vielen Werken auf draufgängerische und waffengewaltige Hel<strong>de</strong>n. 73 Häufig<br />

wur<strong>de</strong>n Bewegungsaktivitäten als Leibesübung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Sport verstan<strong>de</strong>n. Der<br />

Alltag <strong><strong>de</strong>r</strong> germanischen Frau umfasste neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Feld- und Hauswirtschaft<br />

68 Lämmer betont allerdings, dass es sich um eine absolute <strong>Aus</strong>nahme han<strong>de</strong>lt. Antike<br />

Nachrichten müssen teilweise als mythologisch klassifiziert wer<strong>de</strong>n. M. LÄMMER, „Women<br />

and Sport in Ancient Greece. A Plea for a Critical and Objective Approach”, in: J.<br />

BORMS/M. HEBBELINCK/A. VENERANDO (Hrsg.), Women and Sport. An Historical, Biological,<br />

Physiological and Sportsmedical Approach (= Medicine and Sport, Bd. 14), Basel/München/New<br />

York 1981, S. 21.<br />

69 Die Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> wur<strong>de</strong>n in einem militärischen <strong>Aus</strong>bildungslager erzogen (sieben bis 19 Jahre).<br />

Die Ehe war institutionalisiert, <strong>de</strong>nnoch wur<strong>de</strong> Ehelosigkeit ab <strong><strong>de</strong>m</strong> 35. Lebensjahr<br />

missachtet.<br />

70 Das klassische Pentathlon bestand aus <strong>de</strong>n Disziplinen Diskuswurf, Weitsprung, Speer-<br />

wurf, Lauf und Ringen.<br />

71 Vgl. TSCHAP-BOCK, Frauensport und Gesellschaft, S. 50.<br />

72 Vgl. ebenda, S. 46.<br />

73 Vgl. B. WISCHMANN, Leibesübungen und Sport <strong><strong>de</strong>r</strong> Germanen, Hochheim am Main 1980,<br />

S. 14.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 28<br />

sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>erziehung auch <strong>de</strong>n Einsatz im Kriegsfall als moralische<br />

Verstärkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wehrgemeinschaft in kritischen Situationen. Mädchen und<br />

Jungen wur<strong>de</strong>n nicht getrennt erzogen, und obwohl man nicht von systema-<br />

tischer körperlicher Erziehung sprechen kann, musste die Germanin die ent-<br />

sprechen<strong>de</strong>n körperlichen Voraussetzungen mitbringen, um im Einbaum zu<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Haus und Gut zu verteidigen und einen Speer o<strong><strong>de</strong>r</strong> Stein schleu<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

zu können. 74 Neben <strong><strong>de</strong>m</strong> Tanzen und Kämpfen fin<strong>de</strong>n auch das Bergsteigen<br />

sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Eis- und Schneelauf <strong><strong>de</strong>r</strong> Nordgermanen bei Saurbier und Weinhold<br />

Erwähnung. 75 Die nordgermanischen Frauen sollen es im Schneelauf, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> heutigen Skilauf ähnelte, zu beachtlichen Leistungen gebracht haben. 76<br />

Durch die Staatengründungen unter Königen und Herzogen kam es zu er-<br />

heblichen Verschiebungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> germanischen Welt. Bildung wur<strong>de</strong> als be-<br />

<strong>de</strong>utend angesehen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Einfluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche, die zusammen mit <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

männlichem A<strong>de</strong>l politisch dominierte, weitete sich aus. Der Klerus verleug-<br />

nete die allgemeine Körperlichkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau und folgte streng <strong><strong>de</strong>m</strong> Diktat<br />

Tertullians, das implizierte, dass Leib und Seele eben nicht gleichberechtigt<br />

sind. 77<br />

Die Landbevölkerung betrieb weiterhin Wettkämpfe im Lauf, Wurf und<br />

Sprung. Vor allem aber <strong><strong>de</strong>r</strong> traditionelle Tanz wur<strong>de</strong> weiterhin gepflegt, bei<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Frauen und Männer sich gemeinsam auf Erntefesten, Hochzeiten und<br />

Volksfesten amüsierten. Diese gehüpften o<strong><strong>de</strong>r</strong> gesprungenen Tänze wur<strong>de</strong>n<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche als „körperliche Raserei“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> „Tanzwut“ strikt abgelehnt. 78<br />

Zeitliche Einflüsse wirkten sich auf die Entwicklung <strong>de</strong>s mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Sports<br />

aus. Den Tänzen entgegengesetzt waren Florettfechten, Reiten o<strong><strong>de</strong>r</strong> tennis-<br />

ähnliche Spiele, die nur von Frauen <strong><strong>de</strong>r</strong> oberen Schicht betrieben wur<strong>de</strong>n. 79<br />

Die weibliche Landbevölkerung widmete sich dagegen Wettläufen, die <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Volksbelustigung dienten und im Rahmen von Schützenfesten, Jahrmärkten<br />

und Volksfesten abgehalten wur<strong>de</strong>n. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Erwähnung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Literatur<br />

74<br />

Vgl. A. BLUEMCKE, Die Körperschule <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Frau im Wan<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>te,<br />

Dres<strong>de</strong>n 1928, S. 11.<br />

75<br />

Vgl. B. SAURBIER, Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibesübungen, 8., erweiterte Auflage, Frankfurt a.M.<br />

1965, S. 68. Ferner K. WEINHOLD, Die <strong>de</strong>utschen Frauen im Mittelalter, Bd. I und II, Amsterdam<br />

1968, S. 45.<br />

76<br />

Vgl. BLUEMCKE, Die Körperschule <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Frau, S. 14.<br />

77<br />

Vgl. ebenda, S. 16.<br />

78<br />

TSCHAP-BOCK, Frauensport und Gesellschaft, S. 67.<br />

79<br />

Vgl. G. PILZ, Wandlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gewalt im Sport: Eine entwicklungssoziologische Analyse<br />

unter beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Berücksichtigung <strong>de</strong>s Frauensports, Ahrensburg bei Hamburg 1982, S.<br />

22.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 29<br />

fin<strong>de</strong>t noch das Ballspiel <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen, das häufig in <strong>de</strong>n Tanz übertragen wur-<br />

<strong>de</strong>:<br />

„Das Ballspiel erfreute sich sowohl in bürgerlichen als auch in höfischen<br />

Kreisen einer großen Beliebtheit und wur<strong>de</strong> somit über alle<br />

Stän<strong>de</strong>- und Gesellschaftsklassen hinweg praktiziert.“ 80<br />

Die Zeit vom ausgehen<strong>de</strong>n Mittelalter um 1500 bis zur Neuzeit um 1800 war<br />

geprägt von großen gesellschaftlichen und politischen Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. Es<br />

war <strong><strong>de</strong>r</strong> Beginn einer neuen geistigen Einstellung. Anstelle <strong><strong>de</strong>r</strong> erstarrten<br />

scholastischen Wissenschaft legte man mehr Wert auf eine menschliche,<br />

humane Bildung nach antikem Vorbild. 81 Dieses ging aus von einem Dualis-<br />

mus von Körper und Geist, aus <strong><strong>de</strong>m</strong> eine harmonische Erziehung in körperli-<br />

cher und geistiger Hinsicht resultieren sollte. Die geistigen Strömungen <strong>de</strong>s<br />

Humanismus und <strong><strong>de</strong>r</strong> Renaissance ermöglichten <strong>de</strong>n a<strong>de</strong>ligen Frauen, sich<br />

vermehrt an sportlichen Aktivitäten wie beispielsweise <strong><strong>de</strong>m</strong> Ba<strong>de</strong>n, Fechten<br />

und Jagen zu beteiligen. 82 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> gab es Stimmen, die sich <strong>für</strong> weibliche<br />

Leibesübungen einsetzten. 83 Die gängige Vorstellung von <strong><strong>de</strong>r</strong> weibIichen<br />

Körperlichkeit in <strong><strong>de</strong>r</strong> damaligen Zeit war gekennzeichnet von Attributen wie<br />

Schwäche, Zartheit und Empfindsamkeit, allerdings immer mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Prämisse,<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Mann gesun<strong>de</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> zu schenken. So widmete sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Turn- und Re-<br />

formpädagoge J.C.F. GutsMuths En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Erzie-<br />

hung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mädchen. Allerdings vertrat er die Ansicht, dass „Spaziergänge in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> freien Natur und muntere und bewegen<strong>de</strong> häusliche Verrichtungen und<br />

kleine Fußreisen“ 84 <strong>für</strong> Mädchen ausreichend seien. Diese reservierte <strong>Aus</strong>-<br />

gangsposition verschlechterte sich zusätzlich durch <strong>de</strong>n Einfluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche,<br />

die eine körperliche Betätigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau weiterhin strikt ablehnte. Demnach<br />

sollte die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau die <strong><strong>de</strong>r</strong> Hausfrau und Mutter sein und <strong><strong>de</strong>r</strong> von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Natur vorgeschriebenen untergeordneten Position folgen.<br />

80<br />

D. STEINHEISSER, Frauen im Sport. Eine historische und gegenwartsbezogene Analyse<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Sportbeteiligung im Kontext zeitgeschichtlicher gesellschaftlicher Entwicklungen,<br />

Dissertation Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Darmstadt<br />

2004, S. 69.<br />

81<br />

Vgl. ebenda, S. 72.<br />

82<br />

Vgl. B. PHILIPPI‚ „Frau und Sport vom Altertum bis zur Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne“, in: Hochschulsport<br />

9(1982)9/10, S. 22-25.<br />

83<br />

Hier ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Arzt und Philosoph John Locke zu nennen, <strong><strong>de</strong>r</strong> for<strong><strong>de</strong>r</strong>te, Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> (Mädchen<br />

eingeschlossen) häufig an die frische Luft zu bringen.<br />

84<br />

J.C.F. GUTSMUTHS, Gymnastik <strong>für</strong> die Jugend, Frankfurt a.M. 1970, S. 470.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 30<br />

3.2 Die Leibesübungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

Die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau und <strong><strong>de</strong>r</strong> daraus resultieren<strong>de</strong> Lebensbereich „Haus“ führte<br />

zu einem erheblichen Bewegungsmangel, <strong><strong>de</strong>r</strong> wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um eine Vielzahl von<br />

„Frauenkrankheiten“ mit sich brachte. 85 Die For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nach Leibesübungen<br />

<strong>für</strong> Mädchen und Frauen war damit auch eine Folge sich mehren<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gesundheitsschä<strong>de</strong>n (Rückgratverkrümmung, Kurzatmigkeit, Bleichsucht<br />

und Nervenschwäche), die durch überwiegend sitzen<strong>de</strong> Tätigkeiten im Haus<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> das Tragen eines einschnüren<strong>de</strong>n Korsetts ausgelöst wur<strong>de</strong>n.<br />

Als Wegbereiter <strong>für</strong> die Leibesübungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mädchen sei hier <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweizer<br />

P.H. Clias genannt, <strong>de</strong>ssen Buch Kallisthenie o<strong><strong>de</strong>r</strong> Übungen zur Schönheit<br />

und Kraft <strong>für</strong> Mädchen bereits 1829 erschien. Auch Adolf Ludwig Werner, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

1834 das Werk Gymnastik <strong>für</strong> die weibliche Jugend o<strong><strong>de</strong>r</strong> weibliche Körper-<br />

bildung <strong>für</strong> Gesundheit, Kraft und Anmut veröffentlichte, trug zur Entwicklung<br />

<strong>de</strong>s Frauensports bei. F.L. Jahn „be<strong>für</strong>wortete <strong>für</strong> das weibliche Geschlecht<br />

zwar mäßige Leibesübungen, nicht aber sein Turnen“. 86 Lediglich J. Pesta-<br />

lozzi widmete sich in seinen Überlegungen bei<strong>de</strong>n Geschlechtern, dabei be-<br />

schränkte er sich allerdings auf die Armenerziehung. 87<br />

1842 wur<strong>de</strong>n in Preußen die Leibesübungen durch „Allerhöchste Cabinets-<br />

Ordre“ als notwendiger und unentbehrlicher Bestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong> „männlichen Er-<br />

ziehung förmlich anerkannt.“ 88 F. Klumpp beschrieb <strong>de</strong>n Turnunterricht zwar<br />

hauptsächlich <strong>für</strong> die männliche Jugend, be<strong>für</strong>wortete aber aus medizini-<br />

schen und ästhetischen Grün<strong>de</strong>n Leibesübungen <strong>für</strong> Mädchen.<br />

Pfister und Langenfeld bezeichnen Adolf Spieß als „Turnvater“ 89 <strong><strong>de</strong>r</strong> Mäd-<br />

chen. 90 Er konzipierte seine Übungen grundsätzlich <strong>für</strong> bei<strong>de</strong> Geschlechter<br />

und distanzierte sich nur von Bewegungsabfolgen, „die nach seiner Ansicht<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Schicklichkeit und <strong>de</strong>n Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Erziehung nicht<br />

85<br />

Vgl. G. PFISTER/H. LANGENFELD, „Die Leibesübungen <strong>für</strong> das weibliche Geschlecht – ein<br />

Mittel zur Emanzipation <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau?“, in: H. UEBERHORST (Hrsg.), Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibesübungen,<br />

Bd. 3/1, Leibesübungen und Sport in Deutschland von <strong>de</strong>n Anfängen bis zum<br />

Ersten Weltkrieg, Berlin/München/Frankfurt a.M. 1980, S. 489.<br />

86<br />

Ebenda, S. 491.<br />

87<br />

Vgl. ebenda.<br />

88<br />

Ebenda, S. 492.<br />

89<br />

Ebenda.<br />

90<br />

Vgl. KRÜGER, Einführung in die Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibeserziehung und <strong>de</strong>s Sports, Bd. 1, S.<br />

98-104.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 31<br />

entsprachen.“ 91 Seine Werke waren bis zum Ersten Weltkrieg richtungswei-<br />

send <strong>für</strong> das Mädchenturnen. 92<br />

Allgemein wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>nnoch die „Vermännlichung“ <strong>de</strong>s weiblichen Geschlechts<br />

be<strong>für</strong>chtet. 93 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> die Herausbildung von Eigenschaften wie<br />

Mut, <strong>Aus</strong>dauer, Aktivität o<strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstständigkeit bei Mädchen und Frauen<br />

nicht be<strong>für</strong>wortet. Das Grätschen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Spreizen, respektive das Heben <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Beine über <strong>de</strong>n Körperschwerpunkt wur<strong>de</strong> als sittliche Gefährdung angese-<br />

hen. An Reck und Barren durften Frauen nur Hang- und Stützübungen tur-<br />

nen, das Pferd als Turngerät war <strong>für</strong> Frauen verboten. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s gut<br />

geeignet <strong>für</strong> das Mädchenturnen erschienen <strong>de</strong>n Lehrern Schwebestangen<br />

und Pfahl sowie Leitern und Schaukelringe. Als weitere Geräte stan<strong>de</strong>n Han-<br />

teln, Stäbe, Seile, Reifen, Handklapper, Keulen und Bälle zur Verfügung. 94<br />

3.3 Die Zeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>twen<strong>de</strong><br />

Während die Frauen <strong>de</strong>s Bürgertums versuchten, in die bestehen<strong>de</strong>n Män-<br />

nersportarten, wie Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Radfahren, Tennis und Fechten einzudringen,<br />

traten die Turnerinnen trotz aller Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stän<strong>de</strong> und Vorbehalte immer mehr in<br />

<strong>de</strong>n Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund. Die schwedische Gymnastik 95 fand in Deutschland ver-<br />

stärkt Anwendung und Anerkennung. Auf Kreis- und Gauebene zeigten<br />

Frauen und Mädchen zu Beginn <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts, dass auch sie – nicht<br />

zuletzt durch die nun erlaubte Turnkleidung – zu beachtlichten Leistungen<br />

fähig waren. „Schnürleiber, Stehkragenblusen mit ‘Schinkenärmeln’, fußlan-<br />

ge Röcke und Absatzstiefel wur<strong>de</strong>n durch ein praktisches kurzes Turnkleid,<br />

das keinen Staub aufwirbeln konnte, ersetzt.“ 96 Die verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Kleidung ließ<br />

91<br />

PFISTER/LANGENFELD, „Die Leibesübungen <strong>für</strong> das weibliche Geschlecht“, S. 492.<br />

92<br />

In seinen Werken Die Lehrer <strong><strong>de</strong>r</strong> Turnkunst und Turnbuch <strong>für</strong> Schulen empfahl Spieß vor<br />

allem Frei- und Ordnungsübungen. Er entwickelte auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis <strong><strong>de</strong>r</strong> Rhythmisierung die<br />

sogenannten „Turnreigen“, die allerdings mehr das Erinnerungsvermögen als <strong>de</strong>n Körper<br />

for<strong><strong>de</strong>r</strong>ten.<br />

93<br />

Vgl. ebenda, S. 494.<br />

94<br />

Vgl. ebenda, S. 496.<br />

95<br />

Die Prinzipien <strong><strong>de</strong>r</strong> schwedischen Gymnastik sahen eine Ablehnung <strong>de</strong>s Wettkampfsports<br />

vor, da hierin eine Überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Turner gesehen wur<strong>de</strong>. Der Turnunterricht wur<strong>de</strong><br />

bis in die 1950er Jahre fast ausschließlich in Schulen erteilt, es gab nur wenig Vereine.<br />

Oberstes Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> schwedischen Gymnastik war die Gesun<strong><strong>de</strong>r</strong>haltung. Zunächst wur<strong>de</strong>n<br />

nur Schüler unterrichtet, En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong> diese Form <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibesertüchtigung<br />

auch <strong>für</strong> Mädchen angewandt. Die Übungen waren konstruiert. Nur langsam setzten<br />

sich Spielformen durch, die in die bestehen<strong>de</strong>n Systeme aufgenommen wur<strong>de</strong>n. Die<br />

schwedische Gymnastik <strong>für</strong> Mädchen orientierte sich an ästhetischen Aspekten wohingegen<br />

die Übungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Jungen auf Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wehrhaftigkeit abzielte.<br />

96<br />

TSCHAP-BOCK, Frauensport und Gesellschaft, S. 90.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 32<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>e und komplexere Übungen zu. Bedingt durch diese verbesserten Um-<br />

stän<strong>de</strong> glich sich das Frauenturnen immer mehr <strong><strong>de</strong>m</strong> Männerturnen an und<br />

nahm damit auch Einfluss auf die Spielbewegung und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Sportformen:<br />

„Vorangetrieben wur<strong>de</strong> die ‘Bewegung’ nach BRAUNGARDT von<br />

jungen Vorturnerinnen, die in <strong>de</strong>n Turnabteilungen von Jugend auf<br />

geturnt hatten. [...] Die Reigen verschwan<strong>de</strong>n. Kräftiges Turnen,<br />

Volksturnen und Spiele traten an ihre Stelle, auch Mehrkämpfe.<br />

[...] Der Stafettenlauf als Pen<strong>de</strong>lstaffel leitete <strong>de</strong>n Wettkampf ein.<br />

Tamburinball, Faustball, Grenzball und vor allem Korbball fan<strong>de</strong>n<br />

kampffrohe Gefolgschaft. Prächtige Turnfahrten schufen unvergängliche<br />

Erinnerungen.“ 97<br />

1905 wur<strong>de</strong> dieser Entwicklung Rechnung getragen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Turnunterricht<br />

an <strong>de</strong>n Mädchenvolksschulen in Städten und größeren Orten als Pflichtfach<br />

eingeführt. Inhaltlich erfolgte eine Einschränkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Reigen, mittlerweile als<br />

„unnütze Tän<strong>de</strong>lei“ bezeichnet, zugunsten <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewegungs- und Laufspiele. 98<br />

Dennoch sollte es bis 1913 dauern, bis <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Leitfa<strong>de</strong>n <strong>für</strong> das Mädchen-<br />

turnen, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>für</strong> alle Mädchenschulen und Lehrerinnenbildungsanstalten gültig<br />

war, herausgegeben wur<strong>de</strong>. 99 Dabei orientierten sich die Verfasser an Wer-<br />

ten und Zielen wie Gesundheit, Kraft, Charakterbildung, Frische <strong>de</strong>s Geistes,<br />

<strong>Aus</strong>dauer und Frohsinn. 100 Dieser Ansatz lässt sich auf <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>s<br />

Frauenbil<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> damaligen Zeit zurückführen. Die traditionellen „weiblichen“<br />

Charaktereigenschaften wie Anmut und Hilfsbereitschaft wur<strong>de</strong>n nun durch<br />

„die im Hinblick auf die gesellschaftlichen Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen notwendigen Ver-<br />

haltensweisen wie Kraft, <strong>Aus</strong>dauer, Selbstständigkeit und Geistesgegen-<br />

wart“ 101 ergänzt.<br />

Die Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lage Deutschlands im Ersten Weltkrieg führte zu erheblichen poli-<br />

tischen, sozialen und wirtschaftlichen Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. Die Umbruchsituation<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> frühen 20er Jahre brachte es mit sich, dass die herkömmliche Frauenrol-<br />

le kritisiert und neu diskutiert wur<strong>de</strong>. 102 Eine Berufstätigkeit galt nicht mehr<br />

97<br />

L. SCHELLER, Schritte – Die Entwicklung <strong>de</strong>s Frauen- und Mädchenturnens im nordwest<strong>de</strong>utschen<br />

Raum, Celle 1979, S. 17-18.<br />

98<br />

Vgl. PFISTER/LANGENFELD, „Die Leibesübungen <strong>für</strong> das weibliche Geschlecht“, S. 512.<br />

99<br />

Vgl. ebenda.<br />

100<br />

Vgl. ebenda.<br />

101<br />

Ebenda.<br />

102<br />

G. PFISTER/H. LANGENFELD, „Vom Frauenturnen zum mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Sport – Die Entwicklung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Leibesübungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen und Mädchen seit <strong><strong>de</strong>m</strong> Ersten Weltkrieg“, in: H.<br />

UEBERHORST (Hrsg.), Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibesübungen, Bd. 3/2, Leibesübungen und Sport<br />

in Deutschland vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart, Berlin/München/Frankfurt a.M.<br />

1982, S. 977.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 33<br />

generell als unvereinbar mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau, und auch im Alltag erfolgte<br />

eine Art Befreiung:<br />

„Korsetts und lange Röcke gehörten <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergangenheit an, und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bubikopf, ja sogar die Hose, galten als modische Attribute <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Emanzipation.“ 103<br />

Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport 104 erfuhr nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Zäsur <strong>de</strong>s Ersten Weltkrieges einen uner-<br />

warteten Aufschwung. Wesp hielt dazu fest: „Nach <strong>de</strong>n schlimmen Kriegser-<br />

lebnissen bil<strong>de</strong>te er eine willkommene Ablenkung, brachte Spaß und Le-<br />

Lebensfreu<strong>de</strong> zurück.“ 105 Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Orientierung an angelsächsischen<br />

Vorbil<strong><strong>de</strong>r</strong>n hinsichtlich <strong>de</strong>s Aufbaus eines systematischen Trainingsbetriebs<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchsetzung <strong>de</strong>s Leistungs- und Rekordprinzips, das bereits im<br />

wilhelminischen Deutschland vom englischen Sport adaptiert wur<strong>de</strong>, erfolgte<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Weimarer Republik eine regelrechte <strong>Institut</strong>ionalisierung <strong>de</strong>s Sports. 106<br />

Es war<br />

„eine Zeit <strong>de</strong>s Aufbruchs und <strong>de</strong>s Neubeginns, eine kurze Epoche<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Pluralisierung und <strong>Aus</strong>differenzierung, <strong><strong>de</strong>r</strong> Experimente und<br />

Utopien, die nicht folgenlos <strong>für</strong> die Gesellschaft bleiben konnte<br />

und zu einer Auflockerung patriarchaler Strukturen führte.“ 107<br />

Parallel zur Popularisierung <strong>de</strong>s Sports drängten Frauen in dieser Zeit ver-<br />

mehrt in mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Sportarten wie Leichtathletik, Schwimmen sowie zahlrei-<br />

che Ballspiele ein. Durch die so genannte Gymnastikbewegung entstand<br />

eine<br />

„Frauendomäne, die sich als eine neue Körperbildungsform gegen<br />

<strong>de</strong>n männlich geprägten Leistungssport wandte und die <strong><strong>de</strong>m</strong> We-<br />

103 Ebenda.<br />

104 Im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> 20er Jahre entwickelten sich die Leibesübungen zu einem Massenphänomen.<br />

Bis 1930 hatten sich etwa 10 Millionen <strong><strong>de</strong>r</strong> 65 Millionen <strong>Deutschen</strong> einem Sport-<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Turnverein angeschlossen. Der bürgerliche Dachverband, <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Reichsausschuß<br />

<strong>für</strong> Leibesübungen (DRA) war mit rund sieben Millionen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> größte,<br />

davon waren 800.000 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> weiblich. Es folgte die Zentralkommission <strong>für</strong> Arbeitersport<br />

und Körperpflege (ZK) mit mehr als 1,2 Millionen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n. An <strong>de</strong>n Veranstaltungen<br />

<strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Gymnastik-Bun<strong>de</strong>s nahmen 90000 Personen – vorwiegend Frauen –<br />

teil. Die meisten Frauen waren in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Turnerschaft (DT) organisiert. 1927 kam<br />

es zur Gründung eines Frauenauschusses im DRA, <strong><strong>de</strong>r</strong> nur aus Frauen bestand und sich<br />

aus rund 100 Vertreterinnen aus Verbän<strong>de</strong>n, Behör<strong>de</strong>n sowie Berufs- und Hausfrauenorganisationen<br />

zusammensetzte.<br />

105 WESP, Frisch, Fromm, Fröhlich, Frau. Frauen und Sport zur Zeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Weimarer Republik,<br />

Königstein/Taunus 1998, S. 26.<br />

106 Vgl. ebenda.<br />

107 Ebenda, S. 103.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 34<br />

sen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau, <strong>de</strong>n Eigentümlichkeiten <strong>de</strong>s weiblichen Organismus<br />

gerecht wer<strong>de</strong>n wollte“. 108<br />

Damals wur<strong>de</strong>, an<strong><strong>de</strong>r</strong>s als heute, nicht jegliche Art von körperlicher Aktivität<br />

unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Begriff Sport zusammengefasst. Als Sport galten die auf Leistung<br />

und Wettkampf ausgerichteten Sportarten wie Handball, Fußball, Radfahren,<br />

Hockey, Skilaufen, Tennis, Leichtathletik, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Schwimmen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Eislau-<br />

fen. Unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Terminus Leibesübungen wur<strong>de</strong>n vornehmlich die Bereiche<br />

Turnen und Gymnastik zusammengefasst. 109<br />

In dieser Zeit war die Be<strong>de</strong>utung von körperlichen Aktivitäten, sofern diese in<br />

Maßen betrieben wur<strong>de</strong>n, allgemein anerkannt. Als Frauen aber an Wett-<br />

kämpfen teilnehmen wollten, löste dies hitzige Diskussionen über die physi-<br />

sche und psychische Eignung <strong>de</strong>s weiblichen Geschlechts, über die<br />

ästhetische Wertung und über die moralischen Folgen aus. 110 Zu dieser Zeit<br />

wur<strong>de</strong>n Frauen nach wie vor nach ihrer Schönheit, Anmut und weiblichen<br />

Wür<strong>de</strong> beurteilt. Die Warnung vor <strong><strong>de</strong>r</strong> „Vermännlichung“ <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau stieß auch<br />

bei einer Mehrzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Ärzte auf Zustimmung:<br />

„Durch zuviel Sport nach männlichem Muster wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenkörper<br />

direkt vermännlicht [...]. Die weiblichen Unterleibsorgane verwelken<br />

und das künstlich gezüchtete Mannweib ist fertig.“ 111<br />

3.4 Die Zeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Weimarer Republik<br />

Bis zum Ersten Weltkrieg nahmen Frauen vornehmlich auf lokaler Ebene an<br />

Wettkämpfen im Schwimmen, Eiskunstlauf, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtathletik o<strong><strong>de</strong>r</strong> in ver-<br />

schie<strong>de</strong>nen Ballspielen teil. Auf die Begeisterung vieler Frauen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Wett-<br />

kampfsport konnte jedoch von höherer Ebene nur bedingt Einfluss<br />

genommen wer<strong>de</strong>n, und so fand bereits 1920 das erste reine Frauensport-<br />

fest statt. Ab 1921 konnten Frauen das Deutsche Sportabzeichen ablegen,<br />

ab 1927 wur<strong>de</strong> selbiges <strong>für</strong> die weibliche Jugend eingeführt. An <strong>de</strong>n Deut-<br />

schen Kampfspielen 1922 in Berlin beteiligten sich 600 Turnerinnen. 112 Auch<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Spielbewegung suchten die Frauen immer mehr <strong>de</strong>n Wettkampf. Be-<br />

108 Ebenda, S. 27.<br />

109 Vgl. ebenda, S. 10.<br />

110 Vgl. G. PFISTER/H. LANGENFELD, „Vom Frauenturnen zum mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Sport“, S. 979.<br />

111 H. SELLHEIM, Vier neuzeitliche Frauenfragen. Gymnastik und Frauenkun<strong>de</strong>, Eheberatung,<br />

Beratung überhaupt, Wirtschaft und Fortpflanzung, Die Frau als Kamerad, Leipzig 1928,<br />

S. 24.<br />

112 Vgl. TSCHAP-BOCK, Frauensport und Gesellschaft, S. 107.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 35<br />

reits 1918 existierten Spielrun<strong>de</strong>n im Berliner Turngau, 1923 wur<strong>de</strong> erstmalig<br />

eine Deutsche Handballmeisterschaft <strong>für</strong> Frauen ausgetragen.<br />

Boxen und Ringen scheinen in <strong><strong>de</strong>r</strong> damaligen Zeit die einzigen Männersport-<br />

arten geblieben zu sein. So gab es neben Auto- und Motorradrennfahrerin-<br />

nen, Gewichtheberinnen und Sportschützinnen, Jiu-Jitsu Kämpferinnen,<br />

Bergsteigerinnen weibliche Jockeys, Motor- und Segelfliegerinnen, und Fall-<br />

schirmspringerinnen. 113 Auch in <strong>de</strong>n als männlich etikettierten Sportarten wie<br />

Stabhochsprung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Hammerwerfen versuchten sich immer mehr Frauen.<br />

Die Teilnahme von Frauen an <strong>de</strong>n Olympischen Spielen be<strong>de</strong>utete einen<br />

weiteren Aufschwung <strong>für</strong> das Sport- und Wettkampfwesen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen. Pierre<br />

Baron <strong>de</strong> Coubertin hatte 1894 die ersten Olympischen Spiele <strong><strong>de</strong>r</strong> Neuzeit in<br />

Athen (1896) unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Motto „höher, schneller, weiter“ ins Leben gerufen.<br />

Er selbst sprach sich gegen eine Teilnahme von Frauen aus, da er die Sport-<br />

ler als Ritter verstand, „[...] vor allem Waffenbrü<strong><strong>de</strong>r</strong>, tapfere, energische<br />

Männer“. 114 Demzufolge konnte nach Coubertin <strong><strong>de</strong>r</strong> wirkliche olympische<br />

Held nur <strong><strong>de</strong>r</strong> erwachsene männliche Einzelkämpfer sein. 115 Frauen sollten<br />

die Sieger bekränzen. Bei <strong>de</strong>n Olympischen Spielen 1900 in Paris waren<br />

unter <strong>de</strong>n 1.600 Sportlern <strong>de</strong>nnoch 20 Teilnehmerinnen. Kluge listet Wett-<br />

kämpfe im Tennis auf. 116 Bei <strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Olympischen Spielen in St.<br />

Louis 1904 wur<strong>de</strong> lediglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettbewerb im Bogenschießen ergänzt. Nur<br />

langsam wur<strong>de</strong>n Sportarten, die mit <strong><strong>de</strong>m</strong> gängigen Frauenbild in Einklang zu<br />

bringen waren, ins Programm aufgenommen: Schwimmen 1912, Leichtathle-<br />

tik und Turnen 1928. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Folge blieb die Teilnehmerzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen zu-<br />

nächst gering. 117 Frauen waren darüber hinaus bei <strong>de</strong>n vier Olympischen<br />

Spielen zwischen 1920 und 1932 nicht im Olympischen Dorf zugelassen.<br />

Auch dies zeigt die Problematik <strong>de</strong>s Frauensports, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s im Wett-<br />

kampfwesen.<br />

113<br />

Vgl. G. PFISTER, Fit und gesund mit Sport. Frauen in Bewegung, Berlin 1996, S. 73.<br />

114<br />

WESP, Frisch, Fromm, Fröhlich, Frau, S. 156.<br />

115<br />

Vgl. ebenda.<br />

116<br />

Vgl. V. KLUGE, Olympische Sommerspiele. Die Chronik I, Athen 1896-Berlin 1936, Berlin<br />

1997, S. 85.<br />

117<br />

Vgl. U. SIMRI, A Historical Analysis of the Role of Women on the Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>n Olympic Games,<br />

Netanya 1977, S. 42.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 36<br />

Zu dieser Zeit gewann <strong><strong>de</strong>r</strong> Internationale Frauensportverband 118 , <strong><strong>de</strong>r</strong> 1921<br />

aus einer französischen Frauensportorganisation hervorgegangen war, an<br />

Einfluss. Dieser Verband trug so genannte „Frauenweltspiele“ aus, die eige-<br />

nen Regeln und Gesetzmäßigkeiten unterlagen. Sie fan<strong>de</strong>n 1922 in Monte<br />

Carlo, 1926 in Göteborg, 1930 in Prag und 1934 in London statt. 119 Neben<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>richtung von Wettkämpfen waren die Anerkennung und Dokumenta-<br />

tion <strong><strong>de</strong>r</strong> von Frauen aufgestellten Rekor<strong>de</strong>, die Zulassungen bestimmter Dis-<br />

ziplinen, die Normierung von Sportgeräten und die Festlegung von Strecken<br />

weitere Arbeitsschwerpunkte <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s.<br />

„Als sich die Frauenleichtathletik im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> dreißiger Jahre<br />

etabliert zu haben schien, hielt <strong><strong>de</strong>r</strong> [Internationale Frauensportverband]<br />

seine Arbeit <strong>für</strong> been<strong>de</strong>t und löste sich 1938 auf.“ 120<br />

Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Ersten Weltkrieg begannen Frauen in größerem Umfang als zuvor<br />

Sport zu treiben und sich körperlich zu betätigen. Ihnen stan<strong>de</strong>n mehr ge-<br />

sellschaftliche Bereiche offen. „Der Sport spiegelte die Stellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaft wi<strong><strong>de</strong>r</strong>, die Entwicklung <strong>de</strong>s Frauensports stand charakteris-<br />

tisch <strong>für</strong> die sich wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau.“ 121 Offensichtlich wur<strong>de</strong>n die<br />

Sportlerinnen anerkannt, allerdings sahen sie sich massiven Vorwürfen und<br />

Vorurteilen ausgesetzt. So war die Meinung verbreitet, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampf-<br />

sport die Frauen unweiblich und unattraktiv mache und <strong><strong>de</strong>m</strong>nach die Ge-<br />

sundheit <strong>de</strong>s Nachwuchses gefähr<strong>de</strong>. Sinn und Zweck <strong>de</strong>s Frauensports<br />

sollte aber genau das Gegenteil sein, da nur gesun<strong>de</strong> Mütter gesun<strong>de</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

zur Welt bringen könnten. 122 Es überrascht <strong>de</strong>shalb nicht, dass die Be<strong>de</strong>u-<br />

tung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in einzelnen Sportarten wie<strong><strong>de</strong>r</strong> abnahm. Grün<strong>de</strong> da<strong>für</strong> könnten<br />

die Reglementierung, Normierung und zunehmen<strong>de</strong> Leistungsorientierung<br />

sowie die <strong>Institut</strong>ionalisierung <strong>de</strong>s Sports sein. „Was <strong>de</strong>n Weiblichkeitsvor-<br />

stellungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit am wenigstens entsprach, geriet auf diese Weise allmäh-<br />

lich aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Übung.“ 123<br />

118<br />

Der Verband fungierte unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Titel Fé<strong><strong>de</strong>r</strong>ation Sportive Féminine Internationale. Wesp<br />

spricht von einem Frauensportverband, während Pfister/Langenfeld die Bezeichnung<br />

Damensportverband verwen<strong>de</strong>n.<br />

119<br />

Vgl. WESP, Frisch, Fromm, Fröhlich, Frau, S. 157. Ferner vgl. PFISTER/LANGENFELD, „Vom<br />

Frauenturnen zum mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Sport“, S. 981.<br />

120<br />

WESP, Frisch, Fromm, Fröhlich, Frau, S. 158.<br />

121<br />

Ebenda, S. 13.<br />

122<br />

Vgl. ebenda, S. 158. Ferner vgl. PFISTER/LANGENFELD, „Vom Frauenturnen zum mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen<br />

Sport“, S. 982.<br />

123<br />

PFISTER/LANGENFELD, „Vom Frauenturnen zum mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Sport“, S. 983.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 37<br />

Die Stellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitersportbewegung stellte sich an<strong><strong>de</strong>r</strong>s dar.<br />

Die klar <strong>de</strong>finierte Rollenverteilung zwischen Mann und Frau ließ sich in <strong>de</strong>n<br />

Proletarierfamilien häufig nicht aufrechterhalten, <strong>de</strong>nn die Haushalte waren in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Regel auf <strong>de</strong>n Lohn <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen angewiesen. In dieser Lebensform konn-<br />

te das Weiblichkeitsi<strong>de</strong>al <strong>de</strong>s zarten, hilflosen Geschöpfes nicht durchgesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n. Damit hatten die Frauen zwar einen vermeintlichen Freiraum, konn-<br />

ten diesen aber aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> hohen körperlichen und zeitlichen Belastung<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit nicht <strong>für</strong> sportliche Aktivitäten nutzen. 124 Sowohl im öffentlichen<br />

Leben als auch in <strong>de</strong>n meisten bürgerlichen Turn- und Sportorganisationen<br />

hatten Frauen zwar Pflichten, aber keine Rechte. Auch hier stellte die Arbei-<br />

ter-sportbewegung eine <strong>Aus</strong>nahme dar. Der bereits 1893 gegrün<strong>de</strong>te Arbei-<br />

ter-Turnerbund – 1919 umbenannt in Arbeiter-Turn- und Sportbund (ATUS) –<br />

bekannte sich seit seiner Gründung zur politischen und rechtlichen Gleich-<br />

stellung bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Geschlechter. 125 Im ATUS war <strong>de</strong>s Weiteren die adäquate<br />

Vertretung <strong><strong>de</strong>r</strong> Turnerinnen bei so genannten Bun<strong>de</strong>stagen durch eine Quo-<br />

tenregelung gesichert. 126 Anzumerken bleibt, dass die Frau trotz aller Pro-<br />

gression auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitersportbewegung nicht sofortigen Zugang zu allen<br />

Sportarten erhielt. Typische Männersportarten wie Fußball und Boxen waren<br />

auch hier lange <strong>de</strong>n „Genossen“ vorbehalten, da „auch die Arbeiterin auf<br />

Anmut und Grazie in ihren Bewegungen zu achten hatte“. 127<br />

Insgesamt lassen sich also in <strong><strong>de</strong>r</strong> Weimarer Zeit zwei Entwicklungslinien<br />

ausmachen: zum einen <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufschwung <strong>de</strong>s Frauensports allgemein und<br />

zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufschwung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gymnastik. Das gestiegene Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauen an Bewegung und Sport sowie ihr zunehmen<strong>de</strong>s Engagement ent-<br />

sprach <strong>de</strong>n gesellschaftlichen Ten<strong>de</strong>nzen dieser Zeit. 128<br />

124<br />

Vgl. G. PFISTER, „Die Frau im Arbeiter-Turn- und Sportbund“, in: D. BLECKING (Hrsg.),<br />

Arbeitersport in Deutschland 1893-1933, Dokumentation und Analysen, Köln 1983, S. 35.<br />

125<br />

Vgl. PFISTER, ebenda, S. 37.<br />

126<br />

Vgl. ebenda.<br />

127<br />

TSCHAP-BOCK, Frauensport und Gesellschaft, S. 103.<br />

128<br />

Vgl. G. PFISTER, „Weiblichkeitsmythen, Frauenrolle und Frauensport; Im gesellschaftlichen<br />

Wan<strong>de</strong>l vom <strong>Deutschen</strong> Bund zur Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland“, in: S. SCHENK<br />

(Hrsg.), Frauen Bewegung Sport, Hamburg 1986, S. 68.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 38<br />

3.5 Mädchen- und Frauensport im Nationalsozialismus<br />

Das Fraueni<strong>de</strong>al in <strong><strong>de</strong>r</strong> nationalsozialistischen I<strong>de</strong>ologie lässt sich unter <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Terminus „Hüterin <strong>de</strong>s Lebens“ zusammenfassen. Pfister und Langenfeld<br />

bemerken hierzu:<br />

„I<strong>de</strong>en, die schon in <strong><strong>de</strong>r</strong> Weimarer Republik in konservativen und<br />

völkisch-nationalen Kreisen viele Anhänger gefun<strong>de</strong>n hatten (Mutterschaft),<br />

wur<strong>de</strong>n durch neue – u.a. sozialdarwinistische – Aspekte<br />

ergänzt und fügten sich zu einem sehr vielschichtigen<br />

Frauenbild, das sich an <strong>de</strong>n im Dritten Reich zentralen Begriffen<br />

Rasse und Volk orientierte.“ 129<br />

Als oberstes Ziel wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>reichtum angesehen und in<br />

diesem Zusammenhang die Frau als „ewige Mutter <strong>de</strong>s Volkes“ 130 mystifi-<br />

ziert. Es galt, möglichst viele reinrassige Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> zu gebären und Nachkom-<br />

men von kranken und damit min<strong><strong>de</strong>r</strong>wertigen Frauen auszuschließen. Kern<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenpolitik war die Emanzipation <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau von <strong><strong>de</strong>r</strong> Emanzipation. Die-<br />

se, so die damalige Meinung, war <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>de</strong>utschen Geist fremd und eine Ent-<br />

artung <strong>de</strong>s weiblichen Wesens. Die Unterordnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau wur<strong>de</strong> gemeinhin<br />

als Naturgesetzlichkeit dargestellt und wur<strong>de</strong>, was heute verwun<strong><strong>de</strong>r</strong>lich er-<br />

scheinen mag, von <strong>de</strong>n meisten Frauen wohl akzeptiert. 131 Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong><br />

sind in <strong><strong>de</strong>r</strong> unsicheren sozialen und ökonomischen Lage auszumachen, da<br />

Frauen bei Scheidung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Tod <strong>de</strong>s Hauptverdieners meistens nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Lage gewesen wären, die eigene Familie zu ernähren. Der Konkurrenzkampf<br />

mit <strong>de</strong>n Männern erschien außer<strong><strong>de</strong>m</strong> so aussichtslos, dass viele sich in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Rolle als Frau und Mutter gefielen. Dies trug sicherlich auch zur Durchset-<br />

zung <strong><strong>de</strong>r</strong> NS-I<strong>de</strong>ologie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaft bei. 132<br />

Im Zuge dieser Entwicklung traten konkrete Diskriminierungen vor allem im<br />

Berufs- und Bildungswesen auf. Hohe Parteiämter gab es <strong>für</strong> Frauen nur in<br />

<strong>de</strong>n Frauenorganisationen wie <strong><strong>de</strong>m</strong> Bund Deutscher Mä<strong>de</strong>l (BDM) und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Nachfolgeorganisation Nationalsozialistische Frauenschaft. Diese hatten je-<br />

doch so gut wie keinen Einfluss auf politische o<strong><strong>de</strong>r</strong> ökonomische Vorgänge.<br />

129<br />

PFISTER/LANGENFELD, „Vom Frauenturnen zum mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Sport“, S. 986.<br />

130<br />

Ebenda, S. 987.<br />

131<br />

Vgl. TSCHAP-BOCK, Frauensport und Gesellschaft, S. 115. Ferner vgl. M. CZECH, Frauen<br />

und Sport im nationalsozialistischen Deutschland. Eine Untersuchung zur weiblichen<br />

Sportrealität in einem patriarchalen Herrschaftssystem, Berlin 1994, S. 23.<br />

132<br />

Vgl. PFISTER/LANGENFELD, „Vom Frauenturnen zum mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Sport“, S. 987.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 39<br />

Die Funktionalisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibesübungen im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> NS-I<strong>de</strong>ologie führte<br />

bei <strong>de</strong>n Männern und Jungen zu einer Erweiterung, bei <strong>de</strong>n Frauen und<br />

Mädchen zu einer Verengung ihrer Erfahrungsmöglichkeiten. Aktivitäten wie<br />

beispielsweise Schießen, Boxen und Reiten wur<strong>de</strong>n <strong>für</strong> die Männer unter<br />

großem finanziellem Aufwand intensiviert, immer mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Prämisse, die<br />

Wehrkraft zu erhöhen. Den Frauen und Mädchen hingegen wur<strong>de</strong>n Sportar-<br />

ten angeboten, von <strong>de</strong>nen man sich Anmut und Gesundheit versprach:<br />

Schwimmen, Leichtathletik und die „Deutsche Gymnastik“. 133<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis <strong><strong>de</strong>r</strong> Gleichschaltung wur<strong>de</strong> 1934 <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Reichsbund <strong>für</strong><br />

Leibesübungen (DRL) – 1938 umbenannt in Nationalsozialistischer Reichs-<br />

bund <strong>für</strong> Leibesübungen – gegrün<strong>de</strong>t. Der Frauensport lag in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verantwor-<br />

tung <strong>de</strong>s Reichsfrauenausschusses, 134 <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>für</strong> alle Frauen ab <strong><strong>de</strong>m</strong> 21.<br />

Lebensjahr zuständig war. Die Leitung dieses <strong>Aus</strong>schusses übernahm Henni<br />

Warninghoff, die Führerin <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen und Mädchen in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Tur-<br />

nerschaft. Als Hauptarbeitsgebiete dieser Organisation wur<strong>de</strong>n zunächst die<br />

folgen<strong>de</strong>n Bereiche genannt, die sich auch später inhaltlich nicht wesentlich<br />

än<strong><strong>de</strong>r</strong>ten:<br />

„1. Gestaltung einer Leibesübung, die <strong>für</strong> die Entwicklung eines gesun<strong>de</strong>n<br />

Frauengeschlechtes Grundlage ist. Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung aller Übertreibungen,<br />

die sich als schädlich <strong>für</strong> <strong>de</strong>n fraulichen Körper<br />

herausgestellt haben.<br />

2. Großzügige Werbung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Gedanken ‘Gesun<strong>de</strong> Frau durch Leibesübung’<br />

durch Werbewoche, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ausstellung, Film, Rundfunk,<br />

Presse.<br />

3. Fühlungnahme mit <strong>de</strong>n nationalsozialistischen Frauen- und Mädchenbün<strong>de</strong>n,<br />

um die Einheitlichkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibesübungen zu gewährleisten.<br />

4. Mitarbeit an <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen Spiele, soweit Frauen<br />

da<strong>für</strong> in Frage kommen.“ 135<br />

Bedingt durch das Organisations- und Verwaltungsmonopol sollten und<br />

konnten alle Frauen und Mädchen erreicht wer<strong>de</strong>n. 136 Die Erziehung begann<br />

133 Vgl. ebenda, S. 989.<br />

134 Vgl. ebenda, S. 992.<br />

135 M. GÜSSOW, „Frauenausschuß <strong>für</strong> Leibesübungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mädchen und Frauen“, in: Was-<br />

sersport 52(1934)7, S. 93.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 40<br />

im BDM und zog sich durch die gesamte Entwicklungsphase <strong><strong>de</strong>r</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>. Ne-<br />

ben <strong><strong>de</strong>m</strong> obligatorischen Heimabend hatten sich die Mädchen auch einmal<br />

wöchentlich zu sportlicher Betätigung einzufin<strong>de</strong>n. Auf dieser Ebene wur<strong>de</strong><br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Wettkampfsport weniger Be<strong>de</strong>utung eingeräumt. Es galt viel mehr, <strong>de</strong>n<br />

Gemeinschaftsgedanken bei <strong>de</strong>n Mädchen zu wecken, was sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> För-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Breitensports spiegelte. Sportliche Inhalte waren Laufschulung,<br />

Gymnastik/Körperschule, Leichtathletik und Spiele und je nach <strong>Aus</strong>stattung<br />

auch Turnen und Schwimmen. 137 In <strong>de</strong>n jeweiligen Altersklassen <strong>de</strong>s BDM<br />

gab es Leistungsprüfungen und -abzeichen, die von allen Mädchen abgelegt<br />

wer<strong>de</strong>n mussten. Ab 1936 wur<strong>de</strong>n zur För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Leistungssports<br />

Reichssportwettkämpfe in <strong>de</strong>n Disziplinen Schwimmen, Leichtathletik, Roll-<br />

schuhlauf, Tennis, Skilauf und Eislauf veranstaltet. 138<br />

Diese eigentlich progressive Einstellung im Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Jugendbereich fand<br />

im Frauensport keine Fortsetzung. Hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Eignung einzelner Sport-<br />

arten <strong>für</strong> Frauen wur<strong>de</strong>n Einschränkungen festgelegt. Resümierend kann<br />

festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass we<strong><strong>de</strong>r</strong> typisch männliche Sportarten betrieben<br />

wer<strong>de</strong>n sollten noch solche, die eine Übertreibung <strong>de</strong>s „Männlichen“ mit sich<br />

brachten. Toleriert waren Gymnastik, Tanz, Spiele und volkstümliche Übun-<br />

gen, Schwimmen, Wasserspringen, Eislauf, Pad<strong>de</strong>ln, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Segeln und<br />

Sportarten, die <strong><strong>de</strong>m</strong> „körperlich-seelischen Wesen“ und <strong><strong>de</strong>r</strong> Physiologie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frau angemessen waren. Dazu kamen <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Konstitution ange-<br />

passte und „richtig“ angewandte Ballspiele, zum Beispiel Tennis. Florettfech-<br />

ten blieb <strong>de</strong>n Frauen als einzige „Kampfsportart“ erlaubt. 139<br />

3.6 Frauensport in Ost<strong>de</strong>utschland<br />

Es ist unbestritten, dass Frauen am „Sportwun<strong><strong>de</strong>r</strong>“ DDR entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n An-<br />

teil hatten. Die „Diplomatinnen im Trainingsanzug“ gewannen beispielsweise<br />

in nur 56 Frauendisziplinen mehr Medaillen als die Männer in 157 Diszipli-<br />

nen. 140 Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtathletik und im Schwimmen erzielten die<br />

136<br />

Vgl. CZECH, Frauen und Sport im nationalsozialistischen Deutschland, S. 44.<br />

137<br />

Vgl. ebenda, S. 51. Ferner vgl. PFISTER/LANGENFELD, „Vom Frauenturnen zum mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen<br />

Sport“, S. 991.<br />

138<br />

Vgl. ebenda, S. 991.<br />

139<br />

Vgl. TSCHAP-BOCK, Frauensport und Gesellschaft, S. 117.<br />

140<br />

Die erzielten Erfolge wur<strong>de</strong>n in Punkte umgewan<strong>de</strong>lt und dann vom Politbüro ausgewertet<br />

und veröffentlicht. Vgl. H. J. TEICHLER, „Trainer und Training“, in: H. J. TEICHLER/K.<br />

REINARTZ, Das Leistungssportsystem <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR in <strong>de</strong>n 80er Jahren und im Prozeß <strong><strong>de</strong>r</strong>


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 41<br />

DDR-Sportlerinnen herausragen<strong>de</strong> Erfolge. Stellvertretend hier<strong>für</strong> sei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

bereits 1985 von Marita Koch aufgestellte Weltrekord über 400m in 47,60<br />

Sekun<strong>de</strong>n genannt, <strong><strong>de</strong>r</strong> heute immer noch Bestand hat. Unerreicht ist eben-<br />

falls die Leistung von Kristin Otto, die bei <strong>de</strong>n Olympischen Spielen 1988 in<br />

Seoul sechs Goldmedaillen im Schwimmen erreichte. Der hohe Standard im<br />

Hochleistungssport wur<strong>de</strong> zum einen auf die Effektivität <strong>de</strong>s politischen Sys-<br />

tems zurückgeführt, zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en auf die „Emanzipation <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau“ 141 im So-<br />

zialismus. Sportliche Aktivität, sei es im Leistungs-, Freizeit- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Breitensport, gehörte zur entwickelten sozialistischen Persönlichkeit, was<br />

Margitta Gummel 142 kommentierte:<br />

„Nach meiner Meinung gehört aktive sportliche Tätigkeit zur Sinnerfüllung<br />

<strong>de</strong>s Lebens <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in unserer Zeit. Diese Tätigkeit trägt<br />

dazu bei, Persönlichkeitsqualitäten herauszubil<strong>de</strong>n, die <strong>für</strong> die<br />

Emanzipation <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau unerlässlich sind. Sportliche Betätigung<br />

unterstützt und för<strong><strong>de</strong>r</strong>t bei je<strong><strong>de</strong>r</strong> Frau das Bewusstsein ihrer geachteten<br />

gesellschaftlichen Stellung in unserer Gesellschaft sowie<br />

ihres gesellschaftlichen Wertes.“ 143<br />

In einem an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Beitrag konstatierte die gleiche Autorin:<br />

„Dabei kommt <strong>de</strong>n Leistungssportlerinnen zugute, dass unsere<br />

sozialistische Gesellschaft in immer stärkerem Umfang all jene<br />

Bedingungen und Voraussetzungen schafft, die es <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau generell<br />

ermöglichen, von ihren gleichen Rechten auch in vollem Umfang<br />

Gebrauch zu machen und ihre Aufgaben im Beruf, im<br />

gesellschaftlichen Leben, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Familie und im Sport zu erfüllen.“<br />

144<br />

Es waren <strong>de</strong>finitiv nicht nur die <strong>Aus</strong>wirkungen <strong>de</strong>s Sozialismus, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

vielmehr die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingspraktiken seit <strong>de</strong>n 50er Jahren, die<br />

<strong>de</strong>n DDR-Sport so erfolgreich machten. Mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Abschied von traditionellen<br />

Weiblichkeitsi<strong>de</strong>alen wur<strong>de</strong>n vor allem in <strong>de</strong>n sozialistischen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n die<br />

Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Schwierigkeiten in Training und Wettkampf erhöht und<br />

das Trainingspensum bis an die Grenzen <strong><strong>de</strong>r</strong> Leistungsfähigkeit gestei-<br />

Wen<strong>de</strong>, (= Schriftenreihe <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sinstituts <strong>für</strong> Sportwissenschaft, Bd. 96), Schorndorf<br />

1999, S. 299.<br />

141<br />

PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 13.<br />

142<br />

Dr. Margitta Gummel war 1968 Olympiasiegerin im Kugelstoßen, später Sportfunktionärin<br />

und Wissenschaftlerin.<br />

143<br />

Zitiert nach: PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 96.<br />

144<br />

M. GUMMEL, „Ursachen und Zusammenhänge <strong>für</strong> die erfolgreiche Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenleistungssports<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR“, in: Theorie und Praxis <strong><strong>de</strong>r</strong> Körperkultur 30(1981)1, S. 35.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 42<br />

gert. 145 Eine weitere Maßnahme war die Verlagerung <strong>de</strong>s Leistungshöhe-<br />

punktes in das Kin<strong>de</strong>salter, was sich beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in Sportarten mit hohen<br />

koordinativen Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen wie beispielsweise <strong><strong>de</strong>m</strong> Turnen, <strong><strong>de</strong>r</strong> Rhythmi-<br />

schen Sportgymnastik, <strong><strong>de</strong>m</strong> Eiskunstlauf und Wasserspringen bezahlt mach-<br />

te. Höchstleistungen wur<strong>de</strong>n in diesen Bereichen bereits im Alter von 14<br />

Jahren erbracht. Gera<strong>de</strong> das führte beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong>de</strong>n westlichen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu<br />

Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stän<strong>de</strong>n, da diese sich entschie<strong>de</strong>n gegen „Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>hochleistungs-<br />

sport“ 146 formierten. In diesem Zusammenhang muss auf die systematische<br />

Überprüfung von körperlichen Voraussetzungen eingegangen wer<strong>de</strong>n, da in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DDR die Körperbaumerkmale und Leistungskriterien <strong>für</strong> je<strong>de</strong> Sportart<br />

festgelegt wur<strong>de</strong>n.<br />

„So wur<strong>de</strong> beispielsweise anhand <strong><strong>de</strong>r</strong> Hypophysenfugen festgestellt,<br />

wie groß die untersuchten Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> wer<strong>de</strong>n, und wer nicht<br />

min<strong>de</strong>stens eine Prognose von 1.80 aufweisen kann, hat beispielsweise<br />

im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nichts zu suchen.“ 147<br />

Zusammenfassend kann <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungssport festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass<br />

sich die <strong>Aus</strong>wahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportlerinnen an genau festgelegten Effektivitätskriteri-<br />

en messen ließ. Der Sport hatte eine große politische Be<strong>de</strong>utung, da interna-<br />

tionale Erfolge die Überlegenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialistischen Gesellschaftsordnung<br />

gegenüber an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Formen <strong><strong>de</strong>m</strong>onstrieren sollten. Die Dominanz <strong>de</strong>s Frau-<br />

enhochleistungssports in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR basierte aber auch auf <strong>de</strong>n so genannten<br />

„unterstützen<strong>de</strong>n Maßnahmen“ 148 , da das Rekordprinzip <strong>de</strong>s mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen<br />

Sports die optimale <strong>Aus</strong>nutzung aller Ressourcen und medizinischer Unter-<br />

stützungsmaßnahmen gera<strong>de</strong>zu herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>te.<br />

Es muss auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage nach breitensportlichen Aktivitäten und in diesem<br />

Zusammenhang nach <strong>de</strong>n Möglichkeiten von Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR zur sportli-<br />

chen Betätigung nachgegangen wer<strong>de</strong>n. Diese wur<strong>de</strong>n nicht nur von <strong><strong>de</strong>r</strong> Po-<br />

litik beeinflusst, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch von <strong>de</strong>n konkreten Bedingungen und<br />

145<br />

Vgl. PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 96.<br />

146<br />

Ebenda, S. 97.<br />

147<br />

Ebenda, S. 98.<br />

148<br />

Der DDR-Frauensport war auch <strong>de</strong>shalb so erfolgreich, weil sich manche <strong><strong>de</strong>r</strong> „unterstützen<strong>de</strong>n<br />

Maßnahmen“ viel stärker auf <strong>de</strong>n weiblichen als auf <strong>de</strong>n männlichen Körper auswirkten.<br />

Allerdings wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfolg auch nicht um je<strong>de</strong>n Preis angestrebt. Politische<br />

Zuverlässigkeit und Systemkonformität waren Grundvoraussetzung. Zum Themenkomplex<br />

Doping in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR siehe G. SPITZER, Doping in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. Ein historischer Überblick<br />

zu einer konspirativen Praxis, Köln 1998. Ferner vgl. PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR, S. 99.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 43<br />

Angeboten in diesem Bereich. Für <strong>de</strong>n Freizeit- und Erholungssport wur<strong>de</strong><br />

als Ziel die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit ausgegeben.<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> sollten sich Körperkultur und Sport <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen anregend auf die<br />

Beziehungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ehepartner auswirken und bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung sozialisti-<br />

scher Familienbeziehungen helfen. 149 Nicht zuletzt galt es, das Bedürfnis <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Frau nach einem gepflegten, ästhetisch wohl gebil<strong>de</strong>ten und trai-<br />

nierten Körper zu befriedigen.<br />

Pfister stellte fest, dass die Einstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen zum Freizeitsport sehr<br />

positiv war. 78% <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen gaben 1965 in einer Umfrage an, dass „eine<br />

aktive körperliche Erholung durch Sport, Spiel und Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>n“ zu einer ge-<br />

sun<strong>de</strong>n Lebensführung gehöre. 150 Allerdings waren Frauen und Mädchen im<br />

organisierten Sport verhältnismäßig wenig engagiert. Die veröffentlichten<br />

Zahlen <strong>de</strong>s DTSB <strong>de</strong>ckten sich nicht mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität. Der Verband legte in<br />

seinen Jahresplänen Zuwachsraten fest, die zwar immer erreicht wur<strong>de</strong>n,<br />

aber rückblickend <strong>de</strong>n Anschein erwecken, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfolgsdruck eine Mit-<br />

glie<strong><strong>de</strong>r</strong>manipulation bedingte. 151 Dies belegen auch die von Pfister ausge-<br />

werteten Zahlen zur Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik im DTSB von 1958 bis 1988.<br />

Demnach lag <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil weiblicher Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> 1958 bei 22,5%, 1988 bei<br />

29,4%. Über diesen Zeitraum von 30 Jahren ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil weiblicher Mitglie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> im DTSB nie über die 30%-Marke gestiegen, die Zahlen erhöhten sich<br />

entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> nur sehr langsam o<strong><strong>de</strong>r</strong> stagnierten sogar.<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong>de</strong>n Sportarten Turnen, Basketball, Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>ball, Schwimmen,<br />

Tennis sowie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtathletik und im Schwimmen waren Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR organisiert. Die Sportarten Billard, Fußball, Gewichtheben und Ringen<br />

dagegen betrieben Frauen, wenn überhaupt, nur selten in Vereinen. 152 Hoch<br />

waren die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen beim Kegeln, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Angeln und Volleyball. 153<br />

149 Vgl. I. WONNEBERGER, Körperkultur und Sport <strong>für</strong> die Frau und ihre Familie. Eine Studie<br />

zum Freizeitverhalten und zu <strong>de</strong>n Freizeitwünschen <strong><strong>de</strong>r</strong> männlichen und weiblichen Bevölkerung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DDR vom 16. bis 75. Lebensjahr und <strong><strong>de</strong>r</strong> Familien – unter beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Berücksichtigung<br />

körperlich-kultureller Erholungsformen, Leipzig 1969, S. 20.<br />

150 Vgl. PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 146.<br />

151 In ihrem Buch berichten Huhn/Fuchs, dass sich die Funktionäre lediglich auf Erfolgsmeldungen<br />

spezialisierten und Missstän<strong>de</strong> nicht zur Kenntnis nahmen. Vgl. K. HUHN/R.<br />

FUCHS, Aufstieg und ‘Untergang’ <strong>de</strong>s Sportwun<strong><strong>de</strong>r</strong>s DDR, [o.O.] 1990, S. 117, 149.<br />

152 Vgl. ebenda, S. 151.<br />

153 Eine Interpretation <strong>de</strong>s vorliegen<strong>de</strong>n Quellenmaterials ist nach Pfister schwierig, da häufig<br />

keine altersspezifischen Differenzierungen vorgenommen wur<strong>de</strong>n und die erwähnten<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen und -entwicklungen nicht ein<strong>de</strong>utig Frauen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Mädchen zugeordnet<br />

wer<strong>de</strong>n können. In <strong>de</strong>n 80er Jahren stellten Hennig/Kuhle in <strong>de</strong>n Sportarten Basketball,<br />

Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>ball, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Bergsteigen, Orientierungslauf, Leichtathletik, Tennis, Handball,


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 44<br />

Einen beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Einblick in das Sportengagement <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Bevölkerung<br />

bieten die so genannten „Zeitbudgetuntersuchungen“, die zwischen 1974<br />

und 1990 regelmäßig durchgeführt wur<strong>de</strong>n. Die Daten belegen ein<strong>de</strong>utig,<br />

dass Frauen insgesamt in geringerem Maße sportlich aktiv waren als Män-<br />

ner. 154<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage nach <strong>de</strong>n Wunschsportarten überwogen bei <strong>de</strong>n Frauen vor<br />

allem alltagsnahe Bewegungsaktivitäten mit geringer Leistungsorientierung<br />

und hohem Erholungswert wie Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Schwimmen, Kegeln, Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>ball und<br />

Tischtennis. Frauen und Männer nannten gleichermaßen Gesundheit, Fit-<br />

ness und Entspannung als Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> ihr Sportengagement. 155 Dieser<br />

Wunsch nach sportlicher Betätigung abseits von <strong><strong>de</strong>r</strong> Leistungsorientierung<br />

wur<strong>de</strong> meistens von einer Sportgemeinschaft betreut, die einen Übungs-,<br />

aber auch Trainings- und Wettkampfbetrieb anbot.<br />

Bei Betrachtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportarten, in <strong>de</strong>nen Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR vorwiegend<br />

aktiv waren, lässt sich feststellen, dass alternative o<strong><strong>de</strong>r</strong> „neue“ Sportarten<br />

sowie Trend- und Funsportarten nicht vertreten waren. Dies waren Faktoren,<br />

die sportliche Betätigungen von Frauen erschwerten. Asiatische Kampfsport-<br />

arten, Bodybuilding und vor allem Aerobic galten als zu westlich und ließen<br />

sich nicht in das allgemeine Sportsystem einbin<strong>de</strong>n. Allerdings beeinflusste<br />

die westliche Fitness- und Aerobicwelle <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre auch <strong>de</strong>n Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR, und so galt es, Sportarten neu zu <strong>de</strong>finieren und diese systemkonform<br />

umzubenennen. <strong>Aus</strong> Aerobic wur<strong>de</strong> Popgymnastik, aus Yoga Yoganistik und<br />

aus Bodybuilding Kulturistik. Die Verantwortlichen betonten zwar immer wie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>, dass sich Popgymnastik vom westlichen Vorbild explizit unterschei<strong>de</strong>,<br />

allerdings war vor allem in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bekleidungsfrage eine <strong>de</strong>utliche Anlehnung an<br />

eben dieses Vorbild unübersehbar. Gestrickte Pulswärmer, Stulpen und<br />

Stirnbän<strong><strong>de</strong>r</strong> gehörten zum Outfit <strong><strong>de</strong>r</strong> Popgymnastinnen. 156<br />

Pfer<strong>de</strong>sport und Volleyball einen Zuwachs fest. Bei diesen Sportarten, die einen größeren<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zuwachs erzielen konnten, ist dieser vermutlich überwiegend <strong>de</strong>n Mädchen<br />

zu verdanken, da es laut Hennig/Kuhle nicht gelungen sei, die Mehrzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in eine<br />

regelmäßige sportliche Betätigung einzubeziehen. Vgl. K. HENNIG/K. KUHL, „Entwicklungsten<strong>de</strong>nzen,<br />

Probleme und Aufgaben im Frauen- und Familiensport“, in: Theorie und<br />

Praxis <strong><strong>de</strong>r</strong> Körperkultur 33(1984)1, S. 12. Ferner vgl. PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR, S. 151.<br />

154 Vgl. PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 156.<br />

155 Vgl. ebenda, S. 157.<br />

156 Vgl. ebenda, S. 159.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 45<br />

Zusammenfassend kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass es <strong>de</strong>n Sport <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR wie überall auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt nicht gab. 157 Die Ziele <strong>de</strong>s Sports und<br />

vor allem die konkrete Umsetzung nahmen nicht nur Einfluss auf <strong>de</strong>n Leis-<br />

tungssport, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch auf <strong>de</strong>n Breiten- und Freizeitsport. Die Abkehr von<br />

<strong>de</strong>n traditionellen Weiblichkeitsi<strong>de</strong>alen und die systematische Talentsichtung,<br />

-auswahl und -för<strong><strong>de</strong>r</strong>ung gera<strong>de</strong> im Frauensport schien bis 1989 uneinhol-<br />

bar. Das Hauptaugenmerk lag immer auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Spitzen- und Hochleistungs-<br />

sport, wohingegen Frauen in <strong>de</strong>n meisten Bewegungsfel<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Breitensport<br />

chronisch unterrepräsentiert waren. 158 Sie widmeten sich traditionell weiblich<br />

konnotierten Sportarten. Eine Abkehr von dieser Situation wur<strong>de</strong> auch nicht<br />

intendiert, da die beschränkten materiellen und finanziellen Ressourcen <strong>für</strong><br />

die olympischen Kernsportarten verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n. Natürlich gab es Frauen,<br />

die männerdominierte Aktivitäten betrieben, allerdings blieben sie immer in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit. So gaben Frauen in <strong>de</strong>n 80er Jahren in einer Umfrage Reiten<br />

und Popgymnastik als Traumsportarten an, welche damals wie heute welt-<br />

weit als klassische „Mädchensportarten“ galten und gelten.<br />

3.7 Frauensport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland<br />

Beim Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s Sports nach 1945 blieben die Frauen zunächst völlig<br />

im Hintergrund. So waren es ausschließlich Männer, die auf <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Inter-<br />

zonenkonferenz im Sport 1946 die neuen Richtlinien <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Frauensport<br />

bestimmten. Dabei wur<strong>de</strong> generell eine Verschmelzung sportlicher und gym-<br />

nastischer Übungsweisen propagiert. Der Fußball war die Sportart, die in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

direkten Nachkriegszeit sofort wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Massen mobilisieren konnte. Frauen<br />

waren allerdings nur passiv involviert: 1955 verbot <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Fußball-<br />

bund sogar offiziell seinen Vereinen, Spielfel<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>für</strong> Frauenfußball zur Verfü-<br />

gung zu stellen. 159 Sportarten wie Leichtathletik und Handball dagegen<br />

stan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Frauen offen. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>es Interesse galt weiterhin <strong><strong>de</strong>r</strong> Gymnas-<br />

tik und <strong><strong>de</strong>m</strong> Turnen. Die örtlichen Vereine stan<strong>de</strong>n vor großen Nutzerbarrie-<br />

ren und Problemen, da zahlreiche Turnhallen und Übungssäle zerstört o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

zweckentfrem<strong>de</strong>t waren.<br />

157 Vgl. ebenda, S. 248.<br />

158 Vgl. ebenda.<br />

159 Vgl. G. PFISTER, „Wie alles begann.... Frauen und Sport in <strong>de</strong>n ersten 20 Jahren <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik“,<br />

in: DEUTSCHER SPORTBUND (Hrsg.), Mitmachen. Mit<strong>de</strong>nken. Mitlenken! 50<br />

Jahre Frauen im <strong>Deutschen</strong> Sportbund, Frankfurt a.M. 2001, S. 5.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 46<br />

Anerkannte Wissenschaftler wie Möckelmann und Medau, die schon im Drit-<br />

ten Reich <strong>de</strong>n Frauensport beeinflussten, modifizierten nach 1945 ihre Theo-<br />

rien nur oberflächlich, so dass als Konsens festgehalten wer<strong>de</strong>n kann, dass<br />

Sport auf keinen Fall bis zur Erschöpfung betrieben wer<strong>de</strong>n durfte. Zu<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

wur<strong>de</strong> weiterhin davon ausgegangen, dass sich Frauen nur <strong>für</strong> geschmeidi-<br />

ge, harmonische und rhythmische Bewegungen eigneten. 160 Primäre Ziele<br />

waren nach wie vor Gesundheit, Schönheit und Anmut. Erste zaghafte Ver-<br />

suche, das Leistungsprinzip im Frauensport zu etablieren, führten zu Kontro-<br />

versen, da diese <strong>Aus</strong>richtung im klaren Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch zur gesellschaftlichen<br />

Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau stand. Leistungssport <strong>für</strong> Frauen wur<strong>de</strong> mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Hinweis auf<br />

die „natürliche“ Bestimmung und „Wesensart“ abgelehnt. Erschwerend ka-<br />

men ästhetische Vorurteile hinzu, die die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>s „Mannweibs“ verurteilten.<br />

Viele Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Sportbun<strong>de</strong>s (DSB) teilten bis in die 60er<br />

Jahre diese Vorbehalte, wie folgen<strong>de</strong> <strong>Aus</strong>sage belegt:<br />

„Sehen wir uns doch die verkrampften, verzerrten und grimmigen<br />

Gesichter unserer Läuferinnen und Weitspringerinnen an! Es wird<br />

doch niemand behaupten können, daß das noch schön und ästhetisch<br />

sei.“ 161<br />

Diese Ansichten gerieten erst im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> Liberalisierungsten<strong>de</strong>nzen zu<br />

Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre ins Wanken. Die Zeit davor war geprägt von einem<br />

stereotypen Rollenverständnis. Weibliches Sportengagement wur<strong>de</strong> auch<br />

von Seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Ärzte eingeschränkt. Dies beruhte meistens auf einseitigen,<br />

unbewiesenen und vermeintlich wissenschaftlichen Begründungen hinsicht-<br />

lich <strong><strong>de</strong>r</strong> Eignung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Nichteignung von Frauen <strong>für</strong> diverse Sportarten. Eine<br />

angeblich geringere Leistungsfähigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen führte zu Be<strong>de</strong>nken ge-<br />

genüber <strong>Aus</strong>dauer- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Hochleistungssport. Nicht selten wur<strong>de</strong>n biologi-<br />

sche Unterschie<strong>de</strong> als Beleg <strong>für</strong> eine generelle physische und psychische<br />

Verschie<strong>de</strong>nheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschlechter beziehungsweise <strong>für</strong> die „Unterlegenheit“<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frau herangezogen. 162 Häufig warnten Ärzte vor <strong>de</strong>n „Folgen <strong><strong>de</strong>r</strong> Re-<br />

kordjagd“, die ein „disharmonisches Altern“ und eine „verlorene Mutterschaft“<br />

mit sich brächten. 163 Frauen waren gezwungen, „typisch weibliche“ Sportar-<br />

ten zu betreiben, die sich mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Bild und <strong><strong>de</strong>r</strong> Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesell-<br />

160 Vgl. PFISTER/LANGENFELD, „Vom Frauenturnen zum mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Sport“, S. 995.<br />

161 H. MÖCKELMANN, Leibeserziehung und jugendliche Entwicklung, Schorndorf 1964, S. 180.<br />

162 Vgl. STEINHEISSER, Frauen im Sport, S. 106.<br />

163 Vgl. PFISTER/LANGENFELD, „Vom Frauenturnen zum mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Sport“, S. 998.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 47<br />

schaft <strong>de</strong>ckten. Als <strong>für</strong> die soziale Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau und ihre Weiblichkeit schä-<br />

digend wur<strong>de</strong>n vor allem die Sportarten angesehen, die männliche Eigen-<br />

schaften wie Härte, Dominanz, Risiko und körperlichen Einsatz verlangten.<br />

Auch Bewegungen, die Körperverän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen wie einen breiten Rücken be-<br />

wirkten, wur<strong>de</strong>n bis in die späten 70er Jahre abgelehnt, 164 „<strong><strong>de</strong>r</strong> Kampf ge-<br />

bührt <strong><strong>de</strong>m</strong> Mann, <strong><strong>de</strong>r</strong> Natur <strong>de</strong>s Weibes ist er wesensfremd“. 165 Keine<br />

Be<strong>de</strong>nken gab es gegenüber Tanz und Gymnastik, die sich seit <strong>de</strong>n 20er<br />

Jahren als typische Leibesübung <strong>für</strong> das weibliche Geschlecht herauskristal-<br />

lisiert hatten. Turnen dagegen hatte anfänglich einen schweren Stand, da die<br />

von allen Seiten geför<strong><strong>de</strong>r</strong>te Fraulichkeit als gefähr<strong>de</strong>t angesehen wur<strong>de</strong>.<br />

Zwar vertraten die verantwortlichen Frauen und Männer im <strong>Deutschen</strong> Tur-<br />

ner-Bund (DTB) die Ansicht, „daß die Frau in ihrer Art und mit ihren körperli-<br />

chen Voraussetzungen an <strong>de</strong>n Geräten mit Schneid und Mut turnen kann“ 166 ,<br />

aber „ohne <strong>de</strong>n von <strong><strong>de</strong>r</strong> Natur vorgegebenen Rahmen <strong>de</strong>s weiblichen Bewe-<br />

gens zu verlassen“. 167 Problematisch wur<strong>de</strong> diese Einstellung allerdings bei<br />

internationalen Wettkämpfen. Diese Szene wur<strong>de</strong> nämlich geprägt von<br />

Sportlerinnen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetunion und an<strong><strong>de</strong>r</strong>en sozialistischen Staaten, die<br />

akrobatische Elemente und Posen aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Ballett miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong> kombinierten.<br />

Das <strong>Aus</strong>maß <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsintensität war ein weiterer Ablehnungsgrund. Da<br />

dieser Stil von <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenführung im DTB als zu wenig weiblich erachtet<br />

wur<strong>de</strong>, boykottierte <strong><strong>de</strong>r</strong> DTB von 1954 bis 1960 alle Wettkämpfe nach inter-<br />

nationalen Richtlinien, vor allem die Olympischen Spiele, was zu einem Kon-<br />

flikt mit <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR führte. 168<br />

In <strong>de</strong>n 60er Jahren wur<strong>de</strong>n die ersten repräsentativen Umfragen zum Sport-<br />

engagement <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sbürger durchgeführt. Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland waren in <strong>de</strong>n 50er und 60er Jahren überwiegend in <strong>de</strong>n als<br />

„klassisch weiblich“ etikettierten Sportarten aktiv und organisiert. Dabei blieb<br />

Turnen trotz aller Kritik die beliebteste Sportart bei Frauen. 1959 waren etwa<br />

80% <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> DSB angehören<strong>de</strong>n Frauen in <strong>de</strong>n Sportarten Turnen, Leicht-<br />

athletik, Schwimmen und Tennis aktiv. 169 So waren beispielsweise noch<br />

164 Vgl. TSCHAP-BOCK, Frauensport und Gesellschaft, S. 136.<br />

165 PFISTER, „Wie alles begann...“, S. 8.<br />

166 Ebenda, S. 9.<br />

167 Ebenda.<br />

168 Vgl. ebenda, S. 10.<br />

169 Vgl. ebenda.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 48<br />

1980 weibliche Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>de</strong>n Sparten Rollsport/Eislauf in <strong><strong>de</strong>r</strong> Überzahl.<br />

Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen war in Sportarten wie<br />

Schwimmen, Reiten und Tanzen zu diesem Zeitpunkt ungefähr ausgegli-<br />

chen. Im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> Emanzipation <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre drangen Frauen langsam in<br />

die Männerdomänen Fußball und Radrennsport ein, allerdings bevorzugten<br />

sie Aktivitäten in einem eher informellen Rahmen, wie er beim Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Ke-<br />

geln, Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>ball o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch Tanzen gegeben ist. In diesem Jahrzehnt wur<strong>de</strong>n<br />

viele – wenn auch nicht alle – Vorurteile gegenüber <strong><strong>de</strong>m</strong> so genannten<br />

„schwachen Geschlecht“ abgebaut, vor allem, da wissenschaftlich bewiesen<br />

wur<strong>de</strong>, dass Frauen sehr wohl zu <strong>Aus</strong>dauerleistungen fähig sind.<br />

Obwohl Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit nach und nach zu fast allen Sportarten zuge-<br />

lassen wur<strong>de</strong>n, dominierten weiterhin die so genannten „weichen Sportarten“<br />

wie Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Schwimmen, Radfahren, Gymnastik, Aerobic und Gesund-<br />

heits- und Fitnesssport. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass<br />

sich die Schulbildung als entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Kriterium <strong>für</strong> sportliches Engage-<br />

ment herausstellte. Je länger sie dauerte, umso mehr Sport trieben bei<strong>de</strong><br />

Geschlechter in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel auch im Erwachsenenalter. Dabei wer<strong>de</strong>n Sport-<br />

arten wie Aerobic/Fitness, Jogging, Skifahren, Leichtathletik, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Reiten<br />

und Tennis überwiegend von Frauen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mittel- und Oberschicht betrieben.<br />

Frauen <strong><strong>de</strong>r</strong> unteren Einkommensklasse fahren nach wie vor kaum Ski o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

gehen joggen. 170 Da es seit En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre mehr weibliche als männli-<br />

che Abiturienten gibt, ist es nicht verwun<strong><strong>de</strong>r</strong>lich, dass vor allem <strong><strong>de</strong>r</strong> Aerobic-<br />

und Fitnesssport immer beliebter wird. Gera<strong>de</strong> diese Bewegungsfel<strong><strong>de</strong>r</strong> wer-<br />

<strong>de</strong>n häufig von Aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ikerinnen besetzt. Des Weiteren versuchen sich im-<br />

mer mehr Frauen erfolgreich in <strong>de</strong>n bisher als „harte Sportarten“<br />

bezeichneten Bereichen, im Kampfsport und in Mannschaftssportarten wie<br />

beispielsweise Fußball. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Weltmeistertitel <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen-<br />

Fußball-Nationalmannschaft sollte unbedingt erwähnt wer<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DFB-<br />

Bun<strong>de</strong>stag erst 1970 das Verbot <strong>de</strong>s Frauenfußballs von 1955 aufgehoben<br />

hat.<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung 1989 gewann <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport – im Wesentlichen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Freizeit- und Breitensport – von Mädchen und Frauen zunehmend an Be<strong>de</strong>u-<br />

tung. Der weibliche Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>anteil stieg seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s DSB 1950<br />

170 Vgl. M.-L. KLEIN, „Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik“, in: C. PEYTON/G. PFISTER<br />

(Hrsg.), Frauensport in Europa, Ahrensburg 1989, S. 17.


Historische Formen <strong>de</strong>s Frauensports 49<br />

von 10% auf 39% im Jahr 2000 an. 171 Diese Zuwachsrate kann zum einen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> progressiven medizinischen Einstellung gegenüber Sport im Allgemeinen<br />

und Leistungssport im Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en sowie mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Liberalisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sexuali-<br />

tät in dieser Zeit begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Frauen war es fortan möglich, selbstbe-<br />

stimmt über ihren Körper zu entschei<strong>de</strong>n. 2008 sind zehn Millionen Frauen<br />

und Mädchen im DOSB organisiert, <strong><strong>de</strong>r</strong> über insgesamt 27 Millionen Mitglie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> verfügt. Immer noch stellen Frauen im Tanzen, Rollsport und Turnen die<br />

Mehrheit. 172 Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong>de</strong>n 90er Jahren nahm die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen, die<br />

Mannschaftssportarten betreiben, überdurchschnittlich zu. Vermehrt interes-<br />

sierten sie sich auch <strong>für</strong> Wasserball, Eishockey und Gewichtheben. 173 Heute<br />

sind Tanzen, Turnen, Tennis und Reiten die beliebtesten Sportarten von<br />

Mädchen und Frauen. Die von <strong>de</strong>n USA ausgehen<strong>de</strong> Fitness- und<br />

Aerobicwelle sprach Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre überwiegend Frauen an. Heute<br />

besuchen Männer und Frauen gleichermaßen Fitnessstudios und nehmen an<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Bewegungsangeboten gemeinsam teil.<br />

Frauen sind <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend in allen Sportarten aktiv. Zu <strong>de</strong>n klassischen<br />

Sportarten, die Frauen „seit jeher“ betreiben, sind olympische und nicht-<br />

olympische, sowie Trend- und Funsportarten wie Inline-Skating o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Kitesurfing hinzugekommen. Auch <strong>für</strong> <strong>de</strong>n heutigen Frauensport gilt die For-<br />

mel „höher, schneller, weiter“. Längst ist festgestellt wor<strong>de</strong>n, dass Frauen<br />

sich <strong>für</strong> <strong>Aus</strong>dauerdisziplinen wie beispielsweise Ultra Triathlon gera<strong>de</strong> wegen<br />

ihrer Körperkonstitution theoretisch sogar besser eignen als Männer. Sport-<br />

vereine und Organisationen wer<strong>de</strong>n von Frauen geleitet und entschei<strong>de</strong>nd<br />

geprägt. Es gibt selbstverständlich Fußballerinnen und Läuferinnen, aber<br />

auch Eiskletterinnen und Drachenfliegerinnen.<br />

171 Vgl. PFISTER, „Wie alles begann...“, S. 11.<br />

172 Vgl. BUNDESMINISTERIUM FÜR FRAUEN UND JUGEND (Hrsg.), Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland, [o.O.] 1992, S. 116.<br />

173 Vgl. ebenda.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 50<br />

4 Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland<br />

4.1 Die Anfänge <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in England<br />

Der Ursprung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns im Sinne einer Fortbewegung auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Wasser<br />

reicht bis in frühe Epochen <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschheit zurück. Bereits in <strong>de</strong>n ersten<br />

Hochkulturen hatte es sich über <strong>de</strong>n gesamten Mittelmeerraum verbreitet<br />

und diente vorrangig kriegerischen und merkantilen Zwecken. 174 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war<br />

in erster Linie eine Notwendigkeit <strong>de</strong>s Alltags: Es diente <strong><strong>de</strong>m</strong> Transport von<br />

Baustoffen, <strong><strong>de</strong>m</strong> Han<strong>de</strong>l, <strong><strong>de</strong>r</strong> Jagd o<strong><strong>de</strong>r</strong> militärischen Aktionen, war aber<br />

auch Teil kultischer Handlungen, wie zum Beispiel die Bootsfahrten zu <strong>de</strong>n<br />

großen Tempeln und Pyrami<strong>de</strong>n in Ägypten. Im Mittelalter kam es in Europa<br />

erstmals zu Wettbewerben in stehend geru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Gon<strong>de</strong>ln. Von diesen Wett-<br />

fahrten, die in Italien stattfan<strong>de</strong>n, stammt die noch heute gebräuchliche Be-<br />

zeichnung „Regatta“ ab. 175<br />

Der mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport mit seiner ihm eigenen Struktur und seinen Wett-<br />

kampfformen ist allerdings erst im frühen 18. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t in England ent-<br />

stan<strong>de</strong>n 176 .<br />

Es wer<strong>de</strong>n zwei Ansätze unterschie<strong>de</strong>n. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> einen Seite steht die profes-<br />

sionelle Entwicklungslinie, die von <strong>de</strong>n watermen 177 ausgeht. Für diese war<br />

das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Themse Teil ihres Berufes. Es galt, bestimmte Zeitvor-<br />

gaben einzuhalten o<strong><strong>de</strong>r</strong> sogar zu übertreffen und am En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Lehrzeit als<br />

Sieger <strong>de</strong>s Wettru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns die <strong>Aus</strong>bildung abzuschließen. Letztendlich führten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> enorme Konkurrenzdruck und die Angewohnheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Fahrgäste, <strong>für</strong> einen<br />

schnellen Transport <strong>de</strong>n Fahrpreis zu erhöhen, zu Wettfahrten, bei <strong>de</strong>nen<br />

meist a<strong>de</strong>lige Bootsbesitzer nicht selten hohe Wetten abschlossen. 178 <strong>Aus</strong><br />

<strong>de</strong>n eher zufälligen Wettfahrten entwickelten sich im 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t nach<br />

und nach organisierte Veranstaltungen. Die Waterman’s Company – die<br />

Zunft <strong><strong>de</strong>r</strong> Fährleute – achtete auf Regelungen bezüglich Alter, <strong>Aus</strong>bildung<br />

und Bootsmaterial. Dies wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um animierte das englische Wettpublikum zur<br />

174 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 10.<br />

175 Vgl. H. ALTROCK, „Geschichte <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports“, in: G.A.E. BOGENG, Geschichte <strong>de</strong>s<br />

Sports aller Völker und Zeiten, Bd. 2, Leipzig 1926, S. 444.<br />

176 Vgl. C. DODD, The Story of World Rowing, London 1991, S. 217.<br />

177 Als watermen wur<strong>de</strong>n die Fährleute und Wassertaxifahrer Londons bezeichnet. Der Terminus<br />

gentlemen umfasste die organisierten Amateurru<strong><strong>de</strong>r</strong>er.<br />

178 Vgl. RECKENDORF, Entwicklungsgeschichte <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in England und Deutschland, S.<br />

33-38.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 51<br />

<strong>Aus</strong>schreibung von Preisen. Neben <strong>de</strong>n privaten Rennen entwickelten sich<br />

darüber hinaus die von <strong>de</strong>n Zünften als Leistungsanreiz ausgeschriebenen<br />

Wettfahrten. Zu diesen zählten jährliche Regatten und die so genannten<br />

water frolics: „fröhliche Wasserfeste mit sportlichen Anteilen“ 179 . Neben die-<br />

sen Wettfahrten fan<strong>de</strong>n auch die Söhne <strong>de</strong>s A<strong>de</strong>ls und <strong>de</strong>s gehobenen Bür-<br />

gertums immer mehr Freu<strong>de</strong> an Bootsfahrten im Rahmen von Vergnügungs-<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Picknicktouren. Hieraus entwickelte sich das organisierte Amateurru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> gentlemen 180 , die zunächst nur um ihrer Ehre willen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten. 181<br />

Hier liegen die Wurzeln <strong>de</strong>s mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports. 182 Eine <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten aus-<br />

geschriebenen Regatten war das Doggett’s Coat and Badge Race, das bis<br />

heute ein fester Bestandteil <strong>de</strong>s britischen Sportkalen<strong><strong>de</strong>r</strong>s ist. 183<br />

Eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Seite <strong><strong>de</strong>r</strong> amateurhaften Entwicklungslinie ging von <strong>de</strong>n engli-<br />

schen Public Schools und <strong>de</strong>n Universitäten aus. 184 Das Eton College besaß<br />

schon vor 1800 drei Langboote, 1811 einen Zehner, je drei Achter und Sech-<br />

ser. Das erste Boot <strong>de</strong>s Westminster College 1813 war ebenfalls ein Sech-<br />

ser. Bereits 1811 fan<strong>de</strong>n Rennen zwischen <strong>de</strong>n <strong>Institut</strong>ionen statt. 185<br />

<strong>Aus</strong>gehend von <strong>de</strong>n Schulen etablierte sich das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch an <strong>de</strong>n Univer-<br />

sitäten, vor allem in Cambridge und Oxford. 186 Die Amateurru<strong><strong>de</strong>r</strong>er waren bei<br />

179<br />

Ebenda, S. 40.<br />

180<br />

Zur Regulierung und Organisation <strong>de</strong>s „gentlemen sports“ vgl. C. EISENBERG, „English<br />

Sports“ und Deutsche Bürger. Eine Gesellschaftsgeschichte 1800-1839, Pa<strong><strong>de</strong>r</strong>born 1999,<br />

S. 24.<br />

181<br />

Vgl. I. BÖSEMEYER, Sponsoring im Leistungssport <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, Diplomarbeit<br />

DSHS Köln, Köln 2003, S. 5.<br />

182<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 10.<br />

183<br />

Zur Erinnerung an <strong>de</strong>n Übergang <strong><strong>de</strong>r</strong> englischen Krone an <strong>de</strong>n Kur<strong>für</strong>sten von Hannover<br />

stiftete <strong><strong>de</strong>r</strong> englische Schauspieler Doggett 1715 im Rahmen einer Wettfahrt <strong>für</strong> gelernte<br />

junge Fährleute einen Preis, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich aus einem Rock (coat) und einem am Arm zu tragen<strong>de</strong>n<br />

silbernen Ehrenabzeichen (badge) zusammensetzte. Später kam ein Geldpreis<br />

hinzu. Vgl. ALTROCK, „Geschichte <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports“, S. 444. Ferner vgl. RECKENDORF,<br />

Entwicklungsgeschichte <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in England und Deutschland, S. 40.<br />

184<br />

Der Terminus Public School bezeichnet eine englische, höhere Privatschule mit angeschlossenem<br />

Internat, die früher ausschließlich und heute überwiegend von Angehörigen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> wohlhaben<strong>de</strong>n Klasse besucht wur<strong>de</strong> respektive wird und damals vor allem <strong><strong>de</strong>r</strong> Erziehung<br />

<strong>de</strong>s gesellschaftlich führen<strong>de</strong>n Nachwuchses diente. Diese Schulen blicken auf<br />

eine lange Tradition zurück und besitzen meist ein be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>s Vermögen, das ihnen,<br />

zusammen mit <strong>de</strong>n hohen Schulgebühren, eine von staatlichen Zuschüssen unabhängige<br />

Gestaltung <strong>de</strong>s Schullebens ermöglicht. Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermittlung <strong>de</strong>s allgemeinen Bildungsgutes<br />

wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Persönlichkeitsentwicklung <strong>de</strong>s Schülers beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Be<strong>de</strong>utung beigemessen.<br />

Mittel hierzu sind die Selbstverwaltung <strong>de</strong>s Internatslebens, Sport und <strong>de</strong>n<br />

Gemeinschaftsgeist för<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Spiele (Rugby, Fußball und Hockey). Zu <strong>de</strong>n be<strong>de</strong>utendsten<br />

Public Schools gehören Eton, Harrow, Rugby, Westminster und Winchester.<br />

185<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 24.<br />

186<br />

Bereits 1829 wur<strong>de</strong> erstmalig das heute immer noch bestehen<strong>de</strong> boatsrace zwischen <strong>de</strong>n<br />

bei<strong>de</strong>n Universitäten in Henley ausgetragen. Seit 1939 fin<strong>de</strong>t es auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Strecke <strong>de</strong>s


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 52<br />

<strong>de</strong>n Gründungen <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>clubs und Bootsriegen an Schulen und<br />

Universitäten anfangs noch auf die Erfahrungen <strong><strong>de</strong>r</strong> professionellen<br />

watermen angewiesen: Sie fungierten als Trainer, Steuermänner, Bootsver-<br />

leiher und zeitweise sogar als Schlagmänner. So nahmen watermen als<br />

Steuer- und Schlagmann an <strong>de</strong>n ersten inoffiziellen Bootsrennen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ama-<br />

teure teil. Erst im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit wur<strong>de</strong> auf sie verzichtet, so dass sich nach<br />

einigen Jahren <strong><strong>de</strong>r</strong> Amateurgedanke uneingeschränkt durchsetzte. 187<br />

Unumstritten ist, dass Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als ein finanziell aufwendiger Sport galt, <strong>de</strong>s-<br />

sen <strong>Aus</strong>übung zu<strong><strong>de</strong>m</strong> viel Zeit in Anspruch nahm. Viele Jahre war es daher<br />

nur College- und Universitätsstu<strong>de</strong>nten möglich, diesen Sport auszuüben.<br />

Vor allem die soziale Herkunft entschied über eine aktive Teilnahme am Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>sport. Bis zum Ersten Weltkrieg beschränkte sich das englische Spitzen-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf die Universitäten Cambridge und Oxford sowie einige<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine im Großraum London. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> Amateur-Rowing-<br />

Association (ARA) im April 1882 kam es zur strikten Trennung zwischen<br />

amateurs und professionals. Bereits acht Jahre später wur<strong>de</strong> mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Natio-<br />

nal Amateur Rowing Association eine Gegenorganisation ins Leben gerufen,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> vorwiegend die durch die Amateur-Definition ausgeschlos-<br />

senen berufstätigen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er waren. Erst 1956 schlossen sich bei<strong>de</strong> Verbän-<br />

<strong>de</strong> zusammen. Es entwickelte sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folge ein mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ner, vom<br />

Leistungsgedanken getragener Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport, <strong><strong>de</strong>r</strong> schnelle Verbreitung in Eng-<br />

land fand.<br />

4.2 Von <strong>de</strong>n Anfängen <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports bis 1945<br />

Zu Beginn <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport von jungen Englän-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach Deutschland getragen, die sich aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> guten Han<strong>de</strong>lsbezie-<br />

hungen in Hamburg nie<strong><strong>de</strong>r</strong>gelassen hatten. Bereits 1830 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> English<br />

Rowing Club – später unbenannt in Union Boat Club – in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hansestadt ins<br />

Leben gerufen. Animiert durch das Verhalten <strong><strong>de</strong>r</strong> Englän<strong><strong>de</strong>r</strong> bei <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>-<br />

übung <strong>de</strong>s Sports und die vielen gesellschaftlichen und verwandtschaftlichen<br />

Beziehungen zwischen englischen Vereinsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n und ansässigen<br />

Kaufmannsfamilien führten 1836 zur Gründung <strong>de</strong>s ersten <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

ti<strong>de</strong>ways <strong><strong>de</strong>r</strong> Themse zwischen Putney und Mortlake statt. Die Streckenlänge beträgt<br />

4,25 Meilen, also 6,74 km.<br />

187 Vgl. ebenda, S. 15-17.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 53<br />

vereins: Der Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong> Club. 188 Die von ihm ausgerichteten Wettfahr-<br />

ten verschafften <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport wachsen<strong>de</strong> Aufmerksamkeit. Hamburg<br />

blieb allerdings über einen längeren Zeitraum die einzige Stadt in Deutsch-<br />

land, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport betrieben wer<strong>de</strong>n konnte. Es folgten weitere Vereins-<br />

gründungen, wie RC Mathil<strong>de</strong> Hamburg (1840), Germania Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club<br />

(1853) 189 , Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club Favorite Hammonia (1854) und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club<br />

Allemannia (1866) 190 . Immer häufiger wur<strong>de</strong>n Wett- und Vergnügungsfahrten<br />

ausgetragen, <strong>für</strong> die es allerdings noch keine einheitlichen Regeln gab. Um<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> entgegenzuwirken, wur<strong>de</strong> 1844 mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Allgemeinen Alster-Club (AAC)<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> erste <strong>de</strong>utsche Regattaverein gegrün<strong>de</strong>t. Er war Zentralinstanz und unter<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>em verantwortlich <strong>für</strong> die Vereinheitlichung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampfbedingun-<br />

gen. 191 1868 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Nord<strong>de</strong>utsche Regattaverein ins Leben gerufen, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>de</strong>n Volksfestcharakter <strong><strong>de</strong>r</strong> bisherigen Veranstaltungen ablehnte und stärker<br />

<strong>de</strong>n Leistungsgedanken propagierte. Auf jegliches Beiprogramm wie Enten-<br />

jagen und Fischerstechen wur<strong>de</strong> dabei bewusst verzichtet. Der Regattaver-<br />

ein führte auch entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen bei Wettkämpfen ein: Ab<br />

1875 durften die Mannschaften ausschließlich in Rennbooten antreten, drei<br />

Jahre später wur<strong>de</strong>n die Rennen nur noch auf einer 2.000m Strecke ohne<br />

Wen<strong>de</strong>punkt ausgetragen, wie es heute üblich ist. 192<br />

Mitte <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts begeisterten sich auch Menschen in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Städten <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport, so dass es zwischen 1860 und 1880 zu weiteren<br />

Vereinsgründungen kam. Exemplarisch seien hier <strong><strong>de</strong>r</strong> Frankfurter Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ver-<br />

ein (1865), die Frankfurter Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gesellschaft Germania (1869) und <strong><strong>de</strong>r</strong> Berli-<br />

ner-Regatta-Verein (1878) genannt. 193 Im Jahre 1882 existierten bereits 95<br />

Vereine 194 im <strong>Deutschen</strong> Reich, so dass auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Wunsch nach einem über-<br />

geordneten Verband entstand:<br />

188 Vgl. ebenda, S. 24.<br />

189 Der Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong> Club und Germania Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club fusionierten 1934 zum Der Ham-<br />

burger und Germania Ru<strong><strong>de</strong>r</strong> Club.<br />

190 Vgl. [ohne Verfasser], „80 Jahre“, in: Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 10(1921)6, S. [344].<br />

191 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 25.<br />

192 Vgl. ebenda, S. 25-26. Bis zu diesem Zeitpunkt variierte die Länge <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennstrecken<br />

zwischen 3.000m und 7.000m Länge.<br />

193 Vgl. ebenda, S. 28.<br />

194 Vgl. H. PAULI, „Gründung und zahlenmäßige Entwicklung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s“,<br />

in: DEUTSCHER RUDERVERBAND (Hrsg.), 50 Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, Berlin<br />

1933, S. 3.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 54<br />

„Mit <strong><strong>de</strong>m</strong> zunehmen<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb in Deutschland und <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

sich daraus ergeben<strong>de</strong>n Wettkampfru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> es immer dringlicher,<br />

allgemeingültige und <strong>für</strong> alle <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine verbindliche<br />

Wettkampfregeln sowie eine Ordnung im Regattawesen<br />

einzuführen.“ 195<br />

Angesichts dieser Entwicklung kam es auf Einladung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frankfurter Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

gesellschaft Germania im August 1882 zum ersten <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in<br />

Frankfurt, auf <strong><strong>de</strong>m</strong> die Vertreter <strong><strong>de</strong>r</strong> anwesen<strong>de</strong>n Vereine die Gründung einer<br />

Dachorganisation beschlossen. 196 Ebenfalls eingerichtet wur<strong>de</strong> ein Arbeits-<br />

kreis, <strong><strong>de</strong>r</strong> die <strong>Aus</strong>arbeitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Allgemeinen Wettfahrtbestimmungen (AWB)<br />

koordinieren sollte.<br />

Am 18. März 1883 trafen sich die Vertreter von 34 Vereinen mit insgesamt<br />

1166 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Saal <strong>de</strong>s „Gürzenich“ in Köln zum zweiten <strong>de</strong>utschen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Verabschiedung <strong>de</strong>s vorbereiteten Grundgesetzes 197 und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Allgemeinen Wettfahrtbestimmungen wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

gegrün<strong>de</strong>t. Ihm gehörten – wie auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Turnerschaft – die<br />

österreichischen Vereine an. Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine waren ausschließ-<br />

lich Angehörige <strong>de</strong>s Bürgertums, da <strong><strong>de</strong>r</strong> Amateurparagraph <strong><strong>de</strong>r</strong> Allgemeinen<br />

Wettfahrtbestimmungen Arbeiter prinzipiell ausschloss:<br />

„Amateur ist je<strong><strong>de</strong>r</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong> das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur aus Liebhaberei mit eigenen<br />

Mitteln betreibt o<strong><strong>de</strong>r</strong> betrieben hat und da<strong>für</strong> keinerlei Vermögensvorteile<br />

in <strong>Aus</strong>sicht hat o<strong><strong>de</strong>r</strong> hatte, we<strong><strong>de</strong>r</strong> als Arbeiter seinen<br />

Lebensunterhalt mit seiner Hän<strong>de</strong> Arbeit verdient, noch in irgen<strong>de</strong>iner<br />

Weise beim Bootsbau beschäftigt ist.“ 198<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität be<strong>de</strong>utete dies, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialen Oberschicht<br />

vorbehalten war, da Arbeiter bereits an <strong>de</strong>n Aufnahmekriterien scheiterten.<br />

Ein Argument, das <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Amateurparagraphen anführte, wa-<br />

ren angebliche Vorteile, die Arbeiter durch tägliche körperliche Tätigkeiten<br />

und beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s durch <strong>de</strong>n Umgang mit <strong>de</strong>n Booten hätten.<br />

Gemeinhin wur<strong>de</strong> versucht, die Gebil<strong>de</strong>ten und Wohlhaben<strong>de</strong>n <strong>für</strong> die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei zu begeistern, um auf diese Weise ein gewisses gesellschaftliches<br />

195<br />

T. KÖRNER/P. SCHWANITZ, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Ein Lehrbuch <strong>für</strong> Trainer, Übungsleiter und Aktive, 2.<br />

Aufl., Berlin (Ost) 1987, S. 12.<br />

196<br />

Vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 4.<br />

197<br />

Die Satzung <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s wird bis heute als Grundgesetz bezeichnet.<br />

198<br />

UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 31. Ferner vgl. H. PAULI, „Der<br />

Amateurstandpunkt <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s“, in: DEUTSCHER RUDERVERBAND<br />

(Hrsg.), 50 Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, Berlin 1933, S. 4.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 55<br />

Niveau zu bewahren. Zu diesem Zeitpunkt bestimmten vor allem bürgerliche<br />

Kräfte die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Die <strong>de</strong>utliche Leistungsorientierung 199<br />

und das Festhalten am Amateurprinzip führten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit zu <strong>Aus</strong>tritten<br />

und zur Gründung eigener Verbän<strong>de</strong>. So verließen die österreichischen<br />

Gründungsvereine 1891 <strong>de</strong>n DRV, da zu <strong><strong>de</strong>r</strong>en Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch Hand-<br />

werksgesellen zählten, die sich nicht grundsätzlich von Fabrikarbeitern un-<br />

terschie<strong>de</strong>n. 200 1896 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Nord<strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er-Bund gegrün<strong>de</strong>t,<br />

1905 <strong><strong>de</strong>r</strong> Süd<strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband und 1909 <strong><strong>de</strong>r</strong> Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

Groß-Berlin sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Freie Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund. 201 In diesen Organisationen schlos-<br />

sen sich all jene Vereine zusammen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> die Ama-<br />

teurbestimmungen ablehnten, sie nicht erfüllten o<strong><strong>de</strong>r</strong> lediglich das<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n betreiben wollten. 202<br />

Die Diskussion über <strong>de</strong>n Amateurparagraphen zog sich bis zum Ersten Welt-<br />

krieg hin. Der Krieg und die daraus resultieren<strong>de</strong>n wirtschaftlichen und ge-<br />

sellschaftlichen Folgen erzwangen eine Lockerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zulassungsregel. Die<br />

relevante Passage wur<strong>de</strong> aber lediglich durch die Formulierung „[...] wer<br />

nach seiner gesellschaftlichen Stellung und Art seiner Tätigkeit als Herrenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>er anzusehen ist [...]“ ersetzt. Im Zweifelsfall entschied ein <strong>Aus</strong>schuss<br />

darüber, ob <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewerber <strong>de</strong>n Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen genügte. 203 Unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>t blieb,<br />

dass durch diesen Paragraphen einige ausländische Mannschaften von<br />

<strong>de</strong>utschen Regatten ausgeschlossen waren. Die Haltung <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s war<br />

auch einer <strong><strong>de</strong>r</strong> Grün<strong>de</strong>, warum Deutschland erst 1912 <strong><strong>de</strong>r</strong> 1892 gegrün<strong>de</strong>ten<br />

Fé<strong><strong>de</strong>r</strong>ation Internationale <strong>de</strong>s Sociétés d’Aviron (FISA) beitrat sowie <strong>für</strong> das<br />

Fernbleiben <strong>de</strong>utscher Mannschaften auf internationalen Regatten. 204<br />

199 <strong>Aus</strong> damaliger Sicht passte das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht in das Bild <strong>de</strong>s am Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und<br />

Leistungsvergleich orientierten Vereinsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ers. Bis 1908 untersagte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband <strong>de</strong>n<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern jegliche Unterstützung. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufnahme <strong>de</strong>s Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns be<strong>für</strong>chtete<br />

man eine „Proletarisierung“ <strong>de</strong>s Sports, was nicht mit <strong>de</strong>n Statuten und <strong><strong>de</strong>r</strong> allgemeinen<br />

Haltung <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s zu vereinbaren war.<br />

200 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 32.<br />

201 Angehörige <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeiterschicht, die aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> rigi<strong>de</strong>n Amateurbestimmungen nicht<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> DRV beitreten konnten, hatten sich bereits 1897 im Arbeiter-Wassersportverband<br />

zusammengeschlossen. Diese Organisation und <strong><strong>de</strong>r</strong> Freie Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund waren an <strong>de</strong>n Arbeiter-Turn-<br />

und Sportbund angeschlossen. Vgl. ebenda.<br />

202 Vgl. ebenda.<br />

203 In <strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong>zeit gültigen Allgemeinen Wettkampf-Bestimmungen <strong>de</strong>s DRV ist dieser Paragraph<br />

zwar noch existent, allerdings an die Leistungssportentwicklung angepasst und<br />

durch eine zeitgemäße Formulierung ersetzt. Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND, Allgemeine<br />

Wettkampf-Bestimmungen, §36: „Amateureigenschaft/Werbung“, Hannover 2003, S.<br />

11. Vgl. ferner UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 33.<br />

204 Vgl. ebenda, S. 42.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 56<br />

Die gesellschaftlichen Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen am Anfang <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts, die<br />

auf <strong>de</strong>n I<strong>de</strong>alen <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendbewegung und Prinzipien <strong><strong>de</strong>r</strong> Reformpädagogik<br />

basierten, hatten be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> <strong>Aus</strong>wirkungen auf die Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung.<br />

„Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n entsprach <strong><strong>de</strong>m</strong> Sehnen nach Gemeinschafts- und Naturer-<br />

lebnis.“ 205 Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n be<strong>de</strong>utete <strong>für</strong> seine damaligen Anhänger Schönheit<br />

und <strong>Aus</strong>druckskraft körperlicher Bewegung. Es richtete sich vor allem gegen<br />

die Leistungsorientierung in einer industriellen Welt. Der DRV wi<strong><strong>de</strong>r</strong>setzte<br />

sich lange dieser Entwicklung. Erst 1911 wur<strong>de</strong> eine bis dahin eingesetzte<br />

Kommission in <strong>de</strong>n Unterausschuss <strong>für</strong> Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n umgewan<strong>de</strong>lt. 206 Die<br />

Aufnahme von Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen in <strong>de</strong>n DRV erfolgte erst ab 1919. 207<br />

Parallel zu dieser Entwicklung zu Beginn <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts erfuhr auch<br />

das Jugend- und Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n einen Aufschwung. Allerdings liegen die An-<br />

fänge <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns im Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und rei-<br />

chen bis vor die Gründung <strong>de</strong>s DRV zurück. Um 1850 erfolgte <strong><strong>de</strong>r</strong> lose<br />

Zusammenschluss einer Bootsgemeinschaft <strong>de</strong>s Stettiner Marienstiftgymna-<br />

siums zum Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club Asträä. Deren Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorbild<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> preußischen Matrosen und trugen einheitliche Kleidung aus roten Woll-<br />

hem<strong>de</strong>n und schwarz lackierten Mützen, die Zusammengehörigkeit ausdrü-<br />

cken sollte. In Süd<strong>de</strong>utschland entstand ein Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein sogar<br />

unabhängig von <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Institut</strong>ion Schule. Stu<strong>de</strong>nten grün<strong>de</strong>ten <strong>de</strong>n Hei<strong>de</strong>lber-<br />

ger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>klub, <strong><strong>de</strong>r</strong> im Wesentlichen einen Zusammenschluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>er darstellte. Bereits 1880 entstan<strong>de</strong>n mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Rendsburger Primaner<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club und <strong><strong>de</strong>r</strong> Olavia in Ohlau die ersten Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in<br />

Deutschland. Weitere schulunabhängige Vereine waren beispielsweise die<br />

Bootsmannschaft an <strong><strong>de</strong>r</strong> Gelehrtenschule <strong>de</strong>s Johanneums in Hamburg<br />

(1887) und <strong><strong>de</strong>r</strong> Thomaner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein am Thomas-Gymnasium in Leipzig<br />

(1890). 208 Meistens waren die Schüler bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung eines Vereins auf<br />

sich allein gestellt: in einzelnen Fällen wur<strong>de</strong> auch von <strong><strong>de</strong>r</strong> Schulleitung o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

einzelnen Lehrern die Initiative ergriffen. Das Prinzip, die Selbstständigkeit<br />

und Unabhängigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule zu bewahren, ließ sich nicht immer durch-<br />

205 Ebenda, S. 43.<br />

206 Vgl. ebenda, S. 44.<br />

207 Vgl. H. PAULI, „Zweck und Aufgabe <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s“, in: DEUTSCHER<br />

RUDERVERBAND (Hrsg.), 50 Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, Berlin, S. 7.<br />

208 Vgl. ebenda, S.11. Ferner E. BIENIEK, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und seine<br />

Be<strong>de</strong>utung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Schulsport, Diplomarbeit DSHS Köln, Köln 1972, S. 13-21.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 57<br />

setzen. Erst als die Schulen das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in ihren Unterrichtsplan aufgenom-<br />

men hatten, kam es zum entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Durchbruch. Denn vielerorts führ-<br />

ten die Schüler, angeregt durch das Vorbild <strong><strong>de</strong>r</strong> Stu<strong>de</strong>ntenverbindungen, ein<br />

reges und ausschweifen<strong>de</strong>s Kneipen- und Nachtleben. Dieses sollte durch<br />

<strong>de</strong>n positiven Einfluss <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports unterbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

Viele <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>er nahmen nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Abitur ein Studium auf. Umso<br />

erstaunlicher ist es, dass das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Universitäten keine<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle in <strong><strong>de</strong>r</strong> Weiterentwicklung dieser Sportart spielte. Die<br />

<strong>de</strong>utschen Stu<strong>de</strong>nten waren primär in Burschenschaften organisiert und dort<br />

waren aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ische Turnvereine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s populär. Dennoch wur<strong>de</strong>n En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts in verschie<strong>de</strong>nen Universitätsstädten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine<br />

gegrün<strong>de</strong>t, die sich 1904 im Aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund zusammenschlos-<br />

sen.<br />

Starken Auftrieb erfuhr das Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n durch eine Kabinetts-<br />

or<strong><strong>de</strong>r</strong> Kaiser Wilhelms II. vom 27. Januar 1885. Das schulunabhängige Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> per Erlass in die Höhere Schule eingeglie<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> stiftete<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Kaiser <strong>de</strong>n höheren Lehranstalten einen Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>preis. In dieser Zeit<br />

nahm die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine zu. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> fusionierten in <strong>de</strong>n<br />

Jahren zwischen 1895 und 1897 häufig Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verei-<br />

ne, um gemeinsam Boote und Bootshäuser zu benutzen.<br />

Gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts stand ein<strong>de</strong>utig das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Vor-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>grund. Allerdings gab es Lehrer, die Be<strong>de</strong>nken gegen das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

hegten. Sie sahen das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als Belohnung <strong>für</strong> gute Leistungen im Diszip-<br />

lin erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Gerätturnen an. Die hier<strong>für</strong> ausgewählte Bezeichnung laute-<br />

te „Wasserturnen“ 209 . Ihnen ging es darum, Parallelen zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />

Sportarten zu stärken, die im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht zu erreichen waren. Beson-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>s kritisch stand <strong><strong>de</strong>m</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Oberlehrer Wagner gegen-<br />

über, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Sport 1884 am Königlichen Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in<br />

Berlin eingeführt hatte. Er vertrat die Meinung, dass Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur sport-<br />

lichen Zwecken dienen sollte, ein übertriebenes Training hielt er <strong>für</strong> gefähr-<br />

lich. Primär wollte er aber wohl die Schüler vor <strong><strong>de</strong>m</strong> schlechten Einfluss <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er schützen. Er war <strong><strong>de</strong>r</strong> Auffassung, dass durch die enge Bin-<br />

dung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports an die Schule auch ein Schulterschluss <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns<br />

209 Vgl. [ohne Verfasser], 70 Jahre Schüler-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 1899-1969, Max-Planck-Gymnasium –<br />

ehemals Bismarck-Realgymnasium, Dortmund 1969, S. 27.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 58<br />

mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Turnen erfolge. Dieser Meinung schlossen sich Eltern, Lehrer und<br />

Behör<strong>de</strong>n an, die in übermäßigem Training ebenfalls eine Gefahr sahen.<br />

Kaiser Wilhelm II. reagierte 1898 auf die zunehmen<strong>de</strong>n Be<strong>de</strong>nken mit <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

zweiten kaiserlichen Erlass, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich als richtungweisend <strong>für</strong> die Zukunft <strong>de</strong>s<br />

Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns erweisen sollte und <strong>de</strong>ssen Bestimmungen bis heute Gültig-<br />

keit haben. So bestand Wilhelm II. auf die strikte Trennung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerru<strong>de</strong>-<br />

rer von <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gemeinschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwachsenen und auf die Betreuung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Schüler durch einen fachlich ausgebil<strong>de</strong>ten Lehrer, <strong>de</strong>n Protektor 210 , so-<br />

wie einen Arzt. Der Kaiser be<strong>für</strong>wortete zwar die Durchführung von Wett-<br />

kämpfen <strong>für</strong> die zwei ältesten Schulklassen, machte jedoch<br />

Einschränkungen, in<strong><strong>de</strong>m</strong> er die Streckenlänge auf 1200m festlegte und die<br />

Benutzung von Rennbooten untersagte. Bis heute wer<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>n Schüler-<br />

regatten <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> Wettbewerbe im Gig- und<br />

Rennboot ausgetragen.<br />

Das Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n erfuhr einen weiteren Aufschwung mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Berufung <strong>de</strong>s<br />

ehemaligen Protektors <strong>de</strong>s Rendsburger Primaner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>clubs Hermann<br />

Wickenhagen ins Kultusministerium nach Berlin. Wickenhagens Ziele waren<br />

klar gesteckt. Er for<strong><strong>de</strong>r</strong>te die Beseitigung <strong>de</strong>s Missverhältnisses zwischen<br />

geistiger und körperlicher Bildung, die Bekämpfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verödung Jugendli-<br />

cher in <strong>de</strong>n Städten und setzte sich vehement <strong>für</strong> die Verbreitung <strong>de</strong>s Schü-<br />

lerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns ein. Nichtzuletzt sorgte die kaiserliche Marinepolitik in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>de</strong>utschen Bevölkerung <strong>für</strong> ein gesteigertes Interesse an Wassersportarten<br />

wie Segeln, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Kanusport. Wickenhagens Einsatz lässt sich auch<br />

an <strong><strong>de</strong>r</strong> Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinsgründungen ablesen.<br />

„Der Aufstieg <strong>de</strong>s Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zwischen 1903 und 1912 ist in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache erkennbar, daß in diesem Jahrzehnt nahezu 300<br />

Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine- und abteilungen ins Leben gerufen wur<strong>de</strong>n.“<br />

211<br />

210 Ein Protektor ist ein von <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule eingesetzter Betreuer, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich um die Belange <strong>de</strong>s<br />

Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in <strong>de</strong>n Vereinen, Riegen und Schulen kümmert. Häufig gehört<br />

dieser zum Lehrpersonal <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen <strong>Institut</strong>ion.<br />

211 F. DRESCHER, 50 Jahre Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Festschrift <strong>de</strong>s Preußischen<br />

Protektorenverban<strong>de</strong>s. Jahrbuch 1930/1931, Kiel 1931, S. 25.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 59<br />

Das Werben Wickenhagens schloss auch die höheren Mädchenschulen mit<br />

ein. Bereits 1912 wur<strong>de</strong> in Kassel <strong><strong>de</strong>r</strong> Erste Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein 212<br />

gegrün<strong>de</strong>t.<br />

Während <strong>de</strong>s Ersten Weltkrieges wur<strong>de</strong> in Berlin <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

ins Leben gerufen, da <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV keine Möglichkeit sah, sich <strong><strong>de</strong>r</strong> jugendlichen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er anzunehmen. Der neue Verband bezeichnete seinen Sport als „Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Schulentlassenen“. Er war die erste Vereinigung selbstständiger<br />

Jugendabteilungen im <strong>Deutschen</strong> Reich. In all diesen Jahren unterstützten<br />

vor allem Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine <strong>de</strong>n Nachwuchs. Diese Hilfeleistungen wur<strong>de</strong>n<br />

allerdings erst 1922 durch die amtliche Aufhebung <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n kaiserlichen<br />

Erlasse legalisiert, <strong>de</strong>nen zufolge <strong>de</strong>n Schülern und Jugendlichen das Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit Erwachsenen verboten gewesen war. 1926 wur<strong>de</strong> die Aufnahme<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Schüler- und Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n DRV beschlossen, was zuvor<br />

aufgrund <strong>de</strong>s immer noch gültigen Amateurparagraphen nicht möglich gewe-<br />

sen wäre. 213<br />

Zuvor wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Jugend- und Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Unterstützung bewusst ver-<br />

sagt. Erst die Gründung eigener Dachorganisationen, wie <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Jungru<strong><strong>de</strong>r</strong>erverband 1912 und <strong><strong>de</strong>m</strong> DDRV 1919, führte zu Umstrukturierun-<br />

gen innerhalb <strong>de</strong>s DRV und damit zur Einrichtung <strong>de</strong>s Unterausschusses <strong>für</strong><br />

Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 1926 sowie kurze Zeit später <strong><strong>de</strong>r</strong> Einrichtung <strong>de</strong>s Unteraus-<br />

schusses <strong>für</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (UAF). Bis 1933 waren auch die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en <strong>de</strong>ut-<br />

schen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> im DRV organisiert. Er fungierte damit als<br />

Dachverband von 51 Regattavereinen und 507 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen mit mehr als<br />

10.0000 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 214<br />

Die Zusammenfassung <strong><strong>de</strong>r</strong> ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportlichen Organisationen im DRV kann<br />

als erstes Anzeichen <strong>für</strong> die Zentralisierungsprozesse im Sport gewertet<br />

wer<strong>de</strong>n, die nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Regierungsantritt Adolf Hitlers im Januar 1933 einge-<br />

leitet wur<strong>de</strong>n. Das Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationalsozialisten war <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufbau eines totalitä-<br />

ren Führerstaates, <strong><strong>de</strong>r</strong> auch <strong>de</strong>n Sport in all seinen Erscheinungsformen<br />

miteinbezog und eine konsequente i<strong>de</strong>ologische Einbettung erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>te. Das<br />

Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 leitete auch die Gleichschaltung<br />

212 Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen in Kap. 5.8 zum Schul- und Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

213 Vgl. A. HUTMACHER, <strong>Aus</strong>bildung im Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. <strong>Aus</strong>bildung im Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Entwicklung,<br />

Standortbestimmung und Perspektiven, Staatsexamensarbeit DSHS Köln, Köln<br />

2001, S. 17.<br />

214 Vgl. ebenda.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 60<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Sportverbän<strong>de</strong> ein. Zum „Reichssportkommissar“ wur<strong>de</strong> Hans<br />

von Tschammer und Osten ernannt, <strong><strong>de</strong>r</strong> mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Neu- beziehungsweise Um-<br />

gestaltung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Sports beauftragt wur<strong>de</strong>. 215 Dies führte zunächst<br />

zur Gründung <strong>de</strong>s Reichsführerrings, <strong><strong>de</strong>m</strong> die Vertreter von 16 Fachämtern<br />

unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorsitz <strong>de</strong>s Reichssportführers angehörten. Es wur<strong>de</strong>n innerhalb<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Fachorganisationen jeweils 16 Gaue geschaffen, die <strong><strong>de</strong>r</strong> politi-<br />

schen Einteilung Deutschlands entsprachen und in Bezirke und Kreise unter-<br />

teilt waren. 216 Der Reichsführerring wur<strong>de</strong> im Januar 1934 in <strong>de</strong>n DRL<br />

eingeglie<strong><strong>de</strong>r</strong>t, <strong><strong>de</strong>r</strong> nun die Dachorganisation von 21 Fachämtern darstellte. 217<br />

Die Bindung <strong>de</strong>s Sports an die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei<br />

(NSDAP) erfolgte durch die Gründung <strong>de</strong>s Reichssportamtes, das als „Orga-<br />

nisations- und Machtzentrale“ 218 <strong>de</strong>s DRL die vollständige Gleichschaltung<br />

<strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Sports sicherte. Hierzu wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> DRL im Dezember 1938 in<br />

<strong>de</strong>n Nationalsozialistischen Reichsbund <strong>für</strong> Leibesübungen (NSRL) überführt<br />

und somit direkt <strong><strong>de</strong>r</strong> NSDAP angeglie<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Die Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Umstrukturierung<br />

und Gleichschaltung war im Frühjahr 1939 abgeschlossen, nach<strong><strong>de</strong>m</strong> von<br />

Tschammer und Osten als „Beauftragter <strong>für</strong> Leibesübungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> NSDAP in<br />

<strong>de</strong>n Stab <strong>de</strong>s Führerstellvertreters berufen wur<strong>de</strong>.“ 219<br />

Die nationalpatriotischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er i<strong>de</strong>ntifizierten sich offen mit <strong>de</strong>n Zielset-<br />

zungen <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Machthaber. Noch bevor die Umgestaltung <strong>de</strong>s Sports<br />

eingeleitet wur<strong>de</strong>, baten <strong><strong>de</strong>r</strong> damalige Verbandsvorsitzen<strong>de</strong> Heinrich Pauli<br />

und Vorsitzen<strong>de</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Fachverbän<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Reichssportführer von<br />

Tschammer und Osten, <strong>de</strong>n <strong>Deutschen</strong> Reichsausschuss <strong>für</strong> Leibesübungen<br />

aufzulösen, <strong><strong>de</strong>r</strong> bis 1933 eine <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Dachorganisationen in Deutschland<br />

gewesen war. 220 Der DRV sah seine Interessen im neuen Verband gut ver-<br />

215<br />

Vgl. W. JOCH, „Sport und Leibeserziehung im Dritten Reich“, in: H. UEBERHORST (Hrsg.),<br />

Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibesübungen, Bd. 3/2, Leibesübungen und Sport in Deutschland vom<br />

Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart, Berlin/München/Frankfurt a.M. 1981, S. 721.<br />

216<br />

Vgl. ebenda.<br />

217<br />

Vgl. ebenda.<br />

218<br />

Ebenda.<br />

219<br />

Ebenda, S. 723.<br />

220<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 102. Im <strong>Deutschen</strong><br />

Reichsausschuß <strong>für</strong> Leibesübungen waren die parteipolitisch neutralen bzw. religiösen<br />

Sportorganisationen versammelt. Hierzu zählten die Deutsche Jugendkraft, Deutsche<br />

Turnerschaft, das Eichenkreuz sowie die Sportfachverbän<strong>de</strong>. Als zweiter Verband existierte<br />

bis 1933 die Zentralkommission <strong>für</strong> Arbeitersport und Körperpflege als Dachorganisation<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen Arbeitersportverbän<strong>de</strong>. Hier war <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeiter Turn- und<br />

Sportbund organisiert, <strong><strong>de</strong>r</strong> eine marxistische Grundhaltung vertrat. Arbeiter, die aufgrund<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bestimmungen <strong>de</strong>s Amateurparagraphen <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV nicht beitreten konnten, hatten


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 61<br />

treten. Die Neuorganisation <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Sports im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationalso-<br />

zialisten wur<strong>de</strong> somit von <strong>de</strong>n DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern nicht nur unterstützt, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

sogar vorangetrieben. 221<br />

100 Jahre nach seiner Entstehung wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport in Deutschland als<br />

Teil eines i<strong>de</strong>ologischen Konzeptes schlichtweg instrumentalisiert und<br />

gleichgeschaltet. Die Jugendabteilungen wur<strong>de</strong>n in die Hitlerjugend (HJ) und<br />

<strong>de</strong>n BDM überführt und damit ganz in <strong>de</strong>n Dienst <strong>de</strong>s nationalsozialistischen<br />

Regimes gestellt. Das Training umfasste im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> Wehrertüchtigung ne-<br />

ben <strong><strong>de</strong>r</strong> allgemeinen Körperkräftigung auch Gelän<strong>de</strong>übungen, Kleinkaliber-<br />

schießen und i<strong>de</strong>ologische Schulungen 222 .<br />

Die Gleichschaltung be<strong>de</strong>utete <strong>für</strong> die Vereine <strong>de</strong>s DRV nicht gleichzeitig das<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, da die nationalsozialistische I<strong>de</strong>ologie Erziehungsziele<br />

wie Willensstärke, Entschlusskraft und Selbstbeherrschung propagierte und<br />

daher bestimmte Sportarten bevorzugt för<strong><strong>de</strong>r</strong>te. Letztlich kam das <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>sport zugute. Das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>n Nationalsozialisten<br />

ebenfalls aufgewertet. Es folgten massive Werbemaßnahmen <strong>für</strong> diese<br />

Sportart, die sich gut in das NS-Gesamtkonzept einbin<strong>de</strong>n ließ. Allerdings<br />

kam es beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s im Bereich <strong>de</strong>s Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zu erheblichen<br />

Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Einschränkungen. Alle selbstverwalteten Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

vereine und -riegen sollten sich 1933 <strong><strong>de</strong>r</strong> HJ anschließen, da diese als einzi-<br />

ge Jugendorganisation bestehen durfte.<br />

Das Jahr 1935 markierte daher einen Einschnitt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte <strong>de</strong>s Schul-<br />

und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Der Nationalsozialistische Lehrerbund zwang <strong>de</strong>n<br />

Preußischen Protektorenverband zur Auflösung. Vorausgegangen waren<br />

immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Streitereien zwischen Protektoren und HJ-Führern um das<br />

Bootsmaterial. Damit verloren die Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>er ihre Dachorganisation und<br />

ihre Protektoren. Der Preußische Protektorenverband hatte sich vor allem<br />

sich bereits 1897 im Arbeiter-Wassersportverband zusammengeschlossen, <strong><strong>de</strong>r</strong> auch im<br />

ATUS organisiert war. Ab 1933 wur<strong>de</strong>n die Vereine <strong>de</strong>s ATUS mit einem Sportverbot belegt.<br />

Vgl. JOCH, „Sport und Leibeserziehung im Dritten Reich“, S. 723. Ferner E. STRYCH,<br />

Der west<strong>de</strong>utsche Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung 1945-1950, (= Beiträge zur Lehre<br />

und Forschung <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibeserziehung, Bd. 58), Schorndorf 1975, S. 13-14.<br />

221 Vgl. JOCH, „Sport und Leibeserziehung im Dritten Reich“, S. 721.<br />

222 Vgl. H. BERNETT, Der Weg <strong>de</strong>s Sports in die nationalsozialistische Diktatur, (= Beiträge<br />

zur Lehre und Forschung <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibeserziehung, Bd. 87) Schorndorf 1983, S. 13. Die weltanschauliche,<br />

politische und rassenkundliche Schulung oblag <strong><strong>de</strong>m</strong> Dietwart, <strong><strong>de</strong>r</strong> die I<strong>de</strong>ologie<br />

in <strong>de</strong>n Vereinen zu verbreiten hatte. Vgl. D. TESFAMARIAM, Die Rolle <strong>de</strong>s Dietwesens<br />

im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Neuordnung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Sports im Nationalsozialismus, Schriftliche<br />

Hausarbeit im Fach Sportwissenschaft, Deutsche Sporthochschule Köln, Köln 2005.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 62<br />

um die <strong>Aus</strong>bildung neuer Protektoren an <strong><strong>de</strong>r</strong> Preußischen Hochschule <strong>für</strong><br />

Leibesübungen in Spandau eingesetzt. Trotz all dieser Probleme bestan<strong>de</strong>n<br />

1937 immer noch 15 Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> und 367 selbstständige Schüler-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine. 223 Diese trotzten <strong>de</strong>n Schikanen <strong><strong>de</strong>r</strong> HJ noch bis 1938, bis das<br />

endgültige Verbot und die Auflösung aller Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine und -riegen<br />

befohlen wur<strong>de</strong>. Das Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>n Erlass <strong>de</strong>s Reichser-<br />

ziehungsministeriums im Curriculum verankert. Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utlich an<br />

Be<strong>de</strong>utung gestiegenen Leibeserziehung an <strong>de</strong>n Schulen waren die erziehe-<br />

rischen und charakterbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Möglichkeiten <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports erkannt wor-<br />

<strong>de</strong>n. Dennoch konnten Jugendliche nur noch im Rahmen <strong>de</strong>s normalen<br />

Sportunterrichts ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Aus</strong>bruch <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 än<strong><strong>de</strong>r</strong>te<br />

sich die Lage <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports schlagartig. Viele Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er aus al-<br />

len Schichten und Altersklassen wur<strong>de</strong>n einberufen o<strong><strong>de</strong>r</strong> mel<strong>de</strong>ten sich frei-<br />

willig zum Dienst an <strong><strong>de</strong>r</strong> Front. Dennoch gelang es in eingeschränktem<br />

Rahmen, Wettkämpfe und Regatten durchzuführen. Noch bis 1943 wur<strong>de</strong>n in<br />

Berlin Kriegsmeisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer ausgetragen, bei <strong>de</strong>nen sämtliche<br />

Rennbeschränkungen bis auf die Altersgrenze, wegfielen. Schließlich wur<strong>de</strong><br />

das Versehrten- und Verwun<strong>de</strong>tenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n eingeführt. Mit <strong>de</strong>n verheeren<strong>de</strong>n<br />

Luftangriffen <strong><strong>de</strong>r</strong> Alliierten kam auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport in Deutschland gegen<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges zum Erliegen. In <strong><strong>de</strong>r</strong> so genannten „Stun<strong>de</strong><br />

Null“ gab es wichtigeres, als sich um Sport zu kümmern.<br />

4.3 Exkurs: Die politische, wirtschaftliche und soziale Situation in<br />

Deutschland nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> bedingungslosen Kapitulation <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Wehrmacht am 7./8.<br />

Mai 1945 hatte das Deutsche Reich aufgehört, politisch zu existieren. Sein<br />

Gebiet in <strong>de</strong>n Grenzen von 1937 wur<strong>de</strong> in vier Besatzungszonen, Berlin als<br />

Reichshauptstadt in drei westliche und einen östlichen Sektor, aufgeteilt. 224<br />

Das Saargebiet erhielt einen Son<strong><strong>de</strong>r</strong>status und wur<strong>de</strong> aus <strong><strong>de</strong>r</strong> französischen<br />

223 Vgl. HUTMACHER, <strong>Aus</strong>bildung im Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, S. 18. Ferner vgl. DEUTSCHE RUDERJU-<br />

GEND (Hrsg.), Die Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>jugend – Gestern Heute Morgen, Hannover 1983, S.<br />

34.<br />

224 Es gab vier Besatzungszonen: Sowjetische Besatzungszone (SBZ), Britische Besatzungszone,<br />

Amerikanische Besatzungszone, Französische Besatzungszone und Saargebiet<br />

mit Son<strong><strong>de</strong>r</strong>status.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 63<br />

Zone herausgelöst. Der Alliierte Kontrollrat stellte das höchste Kontrollorgan<br />

und die oberste Rechtsinstanz dar:<br />

„Die Besatzungsmächte übernehmen die Funktionen <strong><strong>de</strong>r</strong> Behör<strong>de</strong>n,<br />

lenken das öffentliche Leben und bemühen sich – zumin<strong>de</strong>st<br />

in <strong>de</strong>n Westzonen – <strong><strong>de</strong>m</strong>okratischen Geist nach Deutschland hineinzutragen.“<br />

225<br />

Obwohl die Alliierten bereits in einer zwei Jahre vor Kriegsen<strong>de</strong> geschlosse-<br />

nen Anti-Hitler-Koalition begonnen hatten, die Verwaltung und politische<br />

Neugestaltung Deutschlands zu planen, existierte zum Kriegsen<strong>de</strong> da<strong>für</strong> kein<br />

umfassen<strong>de</strong>s und einheitliches Konzept. Vom 17. Juli bis 2. August 1945<br />

trafen sich Vertreter <strong><strong>de</strong>r</strong> Siegermächte zur Erstellung eines Gesamtkonzep-<br />

tes, das im Potsdamer Abkommen zusammengefasst wur<strong>de</strong>. 226 Die Umset-<br />

zung dieser Beschlüsse erfolgte in <strong>de</strong>n einzelnen Zonen jedoch in<br />

unterschiedlicher Weise. So verstießen die bereits Mitte 1945 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjeti-<br />

schen Besatzungszone durchgeführte Bo<strong>de</strong>nreform und die Verstaatlichung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> größten Industriebetriebe gegen die Richtlinie, Deutschland wirtschaftlich<br />

als Einheit zu betrachten.<br />

„Auch <strong>de</strong>utete die Errichtung von elf kommunistisch geleiteten,<br />

zentralen Verwaltungen sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> erzwungene Zusammenschluss<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> SPD mit <strong><strong>de</strong>r</strong> KPD zur ‘Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands’<br />

auf eine fortschreiten<strong>de</strong> Bolschewisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> sowjetischen<br />

Besatzungszone hin." 227<br />

Im Juni 1947 schlossen die USA und Großbritannien unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Protest <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sowjetunion und Frankreichs ihre Besatzungszonen zu einer „Bizone“ zu-<br />

sammen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Verwaltung <strong><strong>de</strong>m</strong> Frankfurter Wirtschaftsrat oblag. Dieser war<br />

unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>führung <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Besatzungsmächte mit regierungsähnli-<br />

chen Befugnissen ausgestattet wor<strong>de</strong>n.<br />

225 STRYCH, Der west<strong>de</strong>utsche Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung, S. 15.<br />

226 Vgl. E. DEUERLEIN, Die Einheit Deutschlands. Ihre Erörterung und Behandlung auf <strong>de</strong>n<br />

Kriegs- und Nachkriegskonferenzen 1941-1949. Darstellung und Dokumentation, Frankfurt<br />

a.M./Berlin 1957, S. 246-255. Als relevante Ergebnisse im Kontext dieser Arbeit und<br />

<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Sport im Allgemeinen gelten: 1. Die Regierungsgewalt blieb beim Alliierten Kontrollrat;<br />

Selbstverwaltung auf lokaler Ebene unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufsicht <strong>de</strong>s Kontrollrats wur<strong>de</strong> genehmigt<br />

und geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t. 2. Vollständige Entnazifizierung in allen Bereichen und<br />

Verurteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kriegsverbrecher. 3. Während die Verwaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Zonen bei<br />

<strong>de</strong>n Besatzungsmächten lag, sollte Deutschland aus wirtschaftlicher Sicht als Einheit betrachtet<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Kontrolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Industrie unterlag <strong>de</strong>n Alliierten. 4. Deutschland wur<strong>de</strong><br />

verpflichtet, Reparationen an die Siegermächte zu zahlen.<br />

227 Vgl. ebenda, S. 249. Ferner R. SPREE, Deutsche Wirtschaftsgeschichte seit 1945, Mün-<br />

chen 2004.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 64<br />

Am 20. Juni 1948 wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n drei Westzonen eine Währungsreform<br />

durchgeführt, die als Beendigung <strong><strong>de</strong>r</strong> gemeinsamen alliierten Besatzungspo-<br />

litik angesehen wer<strong>de</strong>n kann. Das neue Zahlungsmittel, die Deutsche Mark,<br />

trug wesentlich zum Aufschwung West<strong>de</strong>utschlands bei. <strong>Aus</strong> wirtschaftlicher<br />

Sicht entschei<strong>de</strong>nd war aber nicht nur die Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Währung, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

vor allem die Hilfeleistungen aus <strong>de</strong>n USA im Rahmen <strong>de</strong>s im Juni 1947 ver-<br />

abschie<strong>de</strong>ten Marshall-Plans. 228 Allerdings wur<strong>de</strong>n die Berliner Westsektoren<br />

nicht wie von <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetunion gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t als Ost-Währungsgebiet anerkannt.<br />

Der Streit um die Währungsreform und die Absicht, eine west<strong>de</strong>utsche Re-<br />

gierung zu etablieren, beantwortete die Sowjetunion mit einer Blocka<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zufahrtswege. 229 Die Blocka<strong>de</strong> im Mai 1949 kann rückwirkend als <strong>Aus</strong>löser<br />

und Beginn <strong>de</strong>s „Kalten Krieges“ bezeichnet wer<strong>de</strong>n.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Verabschiedung <strong>de</strong>s Grundgesetzes am 8. Mai 1949 durch <strong>de</strong>n Par-<br />

lamentarischen Rat wur<strong>de</strong> die Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland<br />

am 23. Mai 1949 vollzogen. Am 7. Oktober 1949 verkün<strong>de</strong>te <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche<br />

Volksrat in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ eine eigenständige Verfassung. Die Deutsche Demokra-<br />

tische Republik war gegrün<strong>de</strong>t und besiegelte die Teilung Deutschlands.<br />

Die allgemeine Situation im Nachkriegs<strong>de</strong>utschland war <strong>de</strong>solat. 230 Nach<br />

zwölf Jahren unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Schreckensherrschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationalsozialisten befand<br />

sich die Gesellschaft an einem Tiefpunkt. Millionen Deutsche waren verwit-<br />

wet, verwaist o<strong><strong>de</strong>r</strong> kriegsversehrt, 3,5 Millionen <strong>de</strong>utsche Soldaten waren im<br />

Krieg gefallen und mehr als 3 Millionen Zivilisten bei <strong>de</strong>n Bombenangriffen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Alliierten ums Leben gekommen. Die Zerstörung <strong><strong>de</strong>r</strong> Städte sowie die im<br />

Potsdamer Abkommen beschlossene Umsiedlung <strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>de</strong>n ehemaligen<br />

Ostgebieten leben<strong>de</strong>n <strong>Deutschen</strong> verursachte eine akute Wohnungsnot. Des<br />

Weiteren konnte die Ernährung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung nicht mehr sichergestellt<br />

228 Vgl. C. BUCHHEIM, „Marshall Plan and Currency Reform“, in: J. M. DIEFENDORF, u. A.<br />

(Hrsg.), American Policy and the Reconstruction of West Germany 1945-1955, Washington/London<br />

1993, S. 45-49. Die Zulieferungen aus Mitteln <strong>de</strong>s Marshall-Plans beliefen<br />

sich insgesamt auf 1,5 Milliar<strong>de</strong>n Dollar (1948-1951). Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Annahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Gel<strong><strong>de</strong>r</strong> verpflichteten<br />

sich die Staaten zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Die Sowjetunion lehnte<br />

das Hilfsprogramm ab, das Sachlieferungen, vor allem Lebensmittel, Rohstoffe und Kredite<br />

umfasste.<br />

229 Die Alliierten hielten jedoch mit einer Luftbrücke die Versorgung <strong><strong>de</strong>r</strong> West-Berliner Bevölkerung<br />

aufrecht. Diese Maßnahme dauerte elf Monate und führte faktisch zur Teilung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Stadt, da die während <strong><strong>de</strong>r</strong> Blocka<strong>de</strong>zeit eingerichtete kommunistische Verwaltung im<br />

sowjetischen Sektor weiterhin bestehen blieb.<br />

230 Vgl. A. SCHILDT, Die Sozialgeschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland bis 1989/90,<br />

München 2007.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 65<br />

wer<strong>de</strong>n, so dass Lebensmittel rationiert wur<strong>de</strong>n. Zeitweilig mussten die<br />

<strong>Deutschen</strong> mit einem Drittel <strong>de</strong>s normalen Kalorienbedarfs auskommen, also<br />

mit 800 Kalorien pro Tag. Die zerstörten Industrieanlagen wur<strong>de</strong>n nur lang-<br />

sam ersetzt, Gas und Strom gab es nur stun<strong>de</strong>nweise. Erschwerend kam<br />

hinzu, dass die noch betriebsfähigen Industrieanlagen im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> Reparati-<br />

onszahlungen <strong><strong>de</strong>m</strong>ontiert wur<strong>de</strong>n. Ungeachtet all dieser Probleme setzte ab<br />

1949 das so genannte „Wirtschaftswun<strong><strong>de</strong>r</strong>“ ein, das die Notlage in West-<br />

<strong>de</strong>utschland relativ schnell beseitigte. In <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR dagegen blieb <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebens-<br />

standard <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> massiven Reparationen und<br />

Demontagen durch die Sowjets sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> frühen Verstaatlichung <strong><strong>de</strong>r</strong> Betrie-<br />

be weit hinter West<strong>de</strong>utschland zurück. 231<br />

Die vom Alliierten Kontrollrat in Deutschland erlassenen Gesetze, Direktiven<br />

und Verordnungen galten <strong>für</strong> alle Zonen und beeinflussten auch <strong>de</strong>n<br />

Sport 232 .<br />

„Ihre Handhabe divergiert in <strong>de</strong>n einzelnen Zonen jedoch stark. So<br />

wird <strong>de</strong>n Sportlern schnell klar, daß sie von <strong>de</strong>n Sowjets und<br />

Franzosen wenig Verständnis zu erwarten haben, während Englän<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

und Amerikaner sich wesentlich toleranter zeigen.“ 233<br />

Diese unterschiedlichen Verhaltensweisen wirkten sich zum einen för<strong><strong>de</strong>r</strong>nd,<br />

zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en hemmend auf die Entwicklung <strong>de</strong>s Sports aus. 234 Die Verord-<br />

nungen 8-13 235 vom 15. September 1945 gaben <strong>de</strong>n Rahmen vor, in <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

sportlichen Aktivitäten nachgegangen wer<strong>de</strong>n konnte. Wichtig war in diesem<br />

Zusammenhang, dass Artikel 1 <strong><strong>de</strong>r</strong> Verordnung 9 öffentliche Versammlun-<br />

gen zu sportlichen Zwecken beziehungsweise unpolitischen Zwecken ermög-<br />

lichte. Durch die Anweisung 17, die die <strong>Aus</strong>führungsbestimmungen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

231<br />

Vgl. H. KAELBLE/J. KOCKA/H. ZWAHR, Sozialgeschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, Göttingen 1994, S. 152.<br />

232<br />

H. DICHTER, „‘Strict measures must be taken’: Wartime Planning and the Allied Control of<br />

Sport in Occupied Germany”, in: STADION 34(2008)2, S. 193.<br />

233<br />

STRYCH, Der west<strong>de</strong>utsche Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung, S. 15.<br />

234<br />

G. WEIßPFENNING, „Der Neuaufbau <strong>de</strong>s Sports in West<strong>de</strong>utschland bis zur Gründung <strong>de</strong>s<br />

<strong>Deutschen</strong> Sportbun<strong>de</strong>s“, in: H. UEBERHORST (Hrsg.), Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibesübungen, Bd.<br />

3/2, Leibesübungen und Sport in Deutschland vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart,<br />

Berlin/München/Frankfurt a.M. 1981, S. 760.<br />

235<br />

Vgl. STRYCH, Der west<strong>de</strong>utsche Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung, S. 15. Die Verordnungen<br />

betreffen als<br />

Nr. 8 die Regelung öffentlicher <strong>Aus</strong>sprachen und an<strong><strong>de</strong>r</strong>er öffentlicher Tätigkeiten,<br />

Nr. 9 öffentliche unpolitische Versammlungen,<br />

Nr. 10 politische Versammlungen,<br />

Nr. 11 öffentliche Umzüge,<br />

Nr. 12 Bildung von politischen Parteien,<br />

Nr. 13 Militärische Uniformen und Abzeichen.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 66<br />

Verordnungen 8-13 enthielt, waren Gründungen von Sportvereinen ohne<br />

Genehmigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Besatzungsmächte erlaubt. 236 Allerdings war das Führen<br />

alter Vereinsnamen, die Nennung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründungsdaten sowie Übungen mit<br />

militärischem Einschlag untersagt. Hierzu zählten beispielsweise Schießen<br />

und Fechten. Auch Para<strong>de</strong>n, Exerzierübungen sowie Manöver o<strong><strong>de</strong>r</strong> Spiele,<br />

die militärischen Zwecken dienten, wur<strong>de</strong>n verboten. 237<br />

Gleichzeitig lief <strong><strong>de</strong>r</strong> Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Entnazifizierung an. Die Direktive Nr. 24<br />

vom 12. Januar 1946 ordnete die Entfernung aller aktiven NSDAP-Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

aus Ämtern an, die schon vor 1937 ein öffentliches o<strong><strong>de</strong>r</strong> halböffentliches Amt<br />

beklei<strong>de</strong>t hatten o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Partei beigetreten waren. 238 Ab 1946 war es <strong><strong>de</strong>m</strong>-<br />

nach nur noch politisch unbelasteten Personen möglich, die Leitung von<br />

Sportvereinen zu übernehmen, da auch eine Vorstandstätigkeit in <strong><strong>de</strong>r</strong> NS-<br />

Zeit als „halböffentliches Amt“ 239 galt. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> sah Gesetz Nr. 2 <strong>de</strong>s Pots-<br />

damer Abkommens die Auflösung aller NS-Organisationen vor. Alle Vereine,<br />

die von 1933 bis 1945 <strong><strong>de</strong>m</strong> NSRL angehört hatten, galten als ungesetzlich<br />

und waren aufzulösen. Da in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit <strong>de</strong>s Hitler-Regimes häufig Parteifunkti-<br />

onäre die Vereinsgeschicke bestimmten, war eine erweiterte Reinigung <strong>de</strong>s<br />

Sports erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich.<br />

Die am 17. Dezember 1945 erlassene Direktive Nr. 23 240 <strong><strong>de</strong>m</strong>okratisierte und<br />

begrün<strong>de</strong>te <strong>de</strong>n neuen <strong>de</strong>utschen Sport. Sie war das wichtigste Dokument<br />

<strong>für</strong> die Neugründung und Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine und be<strong>de</strong>utete das En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s bisherigen Sportbetriebs in Deutschland. 241 Der Alliierte Kontrollrat be-<br />

236 Vgl. ebenda, S. 15-16.<br />

237 Vgl. PABST, Sport – Medium <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik?, S. 50. Ferner STRYCH, Der west<strong>de</strong>utsche Sport<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung, S. 76.<br />

238 Vgl. JOCH, „Sport und Leibeserziehung im Dritten Reich“, S. 701-736.<br />

239 WEIßPFENNING, „Der Neuaufbau <strong>de</strong>s Sports in West<strong>de</strong>utschland bis zur Gründung <strong>de</strong>s<br />

<strong>Deutschen</strong> Sportbun<strong>de</strong>s“, S. 762-764.<br />

240 Vgl. C. TIEDEMANN, „Zur Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Sport relevanten alliierten Rechtsvorschriften<br />

im besetzten Deutschland (1944-1950)“, in: L. PFEIFFER, Die erstrittene Einheit –<br />

Von <strong><strong>de</strong>r</strong> ADS zum DSB (1948-1950). Bericht <strong><strong>de</strong>r</strong> 2. Hoyaer Tagung zur Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

Nachkriegssports in Deutschland (= Schriftenreihe <strong>de</strong>s Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>sächsischen <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong><br />

<strong>Sportgeschichte</strong> Hoya e. V., Bd. 7), Du<strong><strong>de</strong>r</strong>stadt 1989, S. 69. Sportlichen Organisationen<br />

wur<strong>de</strong> unter folgen<strong>de</strong>n Bedingungen das Bestehen erlaubt: Sie mussten öffentlichen<br />

Charakter haben, allerdings durften sie das Niveau <strong>de</strong>s Kreises nicht überschreiten. Je<strong>de</strong><br />

neu gegrün<strong>de</strong>te Organisation bedurfte <strong><strong>de</strong>r</strong> Genehmigung <strong><strong>de</strong>r</strong> alliierten Besatzungsbehör<strong>de</strong><br />

und unterstand ihrer Aufsicht. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> mussten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugen<strong><strong>de</strong>r</strong>ziehung Aspekte<br />

wie Gesundheit, Hygiene und Erholung thematisiert wer<strong>de</strong>n. Für <strong>de</strong>n vollständigen Wortlaut<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Direktive Nr. 23 vgl. STRYCH, Der west<strong>de</strong>utsche Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung,<br />

S. 76-77. Ferner WEIßPFENNING, „Der Neuaufbau <strong>de</strong>s Sports in West<strong>de</strong>utschland<br />

bis zur Gründung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Sportbun<strong>de</strong>s“, S. 761-762.<br />

241 Vgl. ebenda, S. 761. Ferner DICHTER, „‘Strict Measures must be taken’: Wartime Planning<br />

and the Allied Control of Sport in Occupied Germany”, S. 194.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 67<br />

stimmte, dass sich alle bestehen<strong>de</strong>n sportlichen, militärischen o<strong><strong>de</strong>r</strong> paramili-<br />

tärischen Organisationen bis zum 1. Januar 1946 aufzulösen hatten. Da Or-<br />

ganisationen nicht über das Kreisniveau hinausgehen durften, musste <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sport mühsam von <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgebaut wer<strong>de</strong>n.<br />

4.4 Der Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland von<br />

1945 bis 1949<br />

Durch die Erkenntnis, dass eine Erneuerung <strong>de</strong>s Sports nach <strong><strong>de</strong>r</strong> nationalso-<br />

zialistischen Zeit nur durch eine Bün<strong>de</strong>lung aller Kräfte gelingen konnte,<br />

schlossen sich überall in Deutschland Sportler unabhängig von ihrer politi-<br />

schen o<strong><strong>de</strong>r</strong> i<strong>de</strong>ologischen Haltung zusammen, um Verbän<strong>de</strong> und Vereine<br />

gemeinsam wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufzubauen. Dabei orientierten sie sich am Vorbild <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

früheren Arbeitersportvereine, stellten jedoch aufgrund ihrer politischen Neut-<br />

ralität etwas völlig Neues dar. 242 Dabei orientierten sich an <strong>de</strong>n Strukturen<br />

von Parteien und Gewerkschaften und zeigten damit eine Reaktion auf<br />

„Weimarer Verhältnisse“.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Genehmigung <strong><strong>de</strong>r</strong> amerikanischen Sportoffiziere fand am 27./28. No-<br />

vember 1946 in Frankfurt eine erste Interzonenkonferenz im Sport statt. Ver-<br />

treter <strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>ssportbün<strong>de</strong> (LSB) und führen<strong>de</strong> Persönlichkeiten <strong>de</strong>s<br />

Sports trafen sich, um eine einheitliche Sportorganisation in ganz Deutsch-<br />

land zu grün<strong>de</strong>n. Insgesamt konnten sechs Leitsätze verabschie<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n,<br />

die allerdings unverbindlich waren und damit keinen großen Einfluss auf die<br />

weitere Aufbauarbeit nahmen. 243<br />

Als 1945 <strong><strong>de</strong>r</strong> Krieg zu En<strong>de</strong> ging, war Deutschlands Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport vernichtet.<br />

Was in jahrzehntelanger Aufbauarbeit geschaffen wor<strong>de</strong>n war, existierte<br />

nicht mehr. 244<br />

Die ersten offiziellen Zahlen aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Jahr 1947 belegen, dass nur 220 Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine und 12 Regattavereine in <strong>de</strong>n drei Westzonen und West-Berlin<br />

242<br />

Vgl. PABST, Sport – Medium <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik?, S. 51-52.<br />

243<br />

Vgl. STRYCH, Der west<strong>de</strong>utsche Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung, S. 84-85.<br />

Die sechs Leitsätze waren:<br />

- Die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s olympischen Gedankens durch <strong>de</strong>n Sport.<br />

- Das Bekenntnis <strong>de</strong>s Sports zur Demokratie.<br />

- Das Bekenntnis <strong>de</strong>s Sports zum Amateurismus.<br />

- Die Aufgabe <strong>de</strong>s Sports in <strong><strong>de</strong>r</strong> schulischen <strong>Aus</strong>bildung.<br />

- Die Erziehung <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugend durch <strong>de</strong>n Sport.<br />

- Die Bestimmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenrolle im Sport.<br />

244<br />

Vgl. O. RUPERTI/W. WÜLFING, Für Deutschland geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t, Min<strong>de</strong>n 1958, S. 124.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 68<br />

<strong>de</strong>n Krieg überstan<strong>de</strong>n hatten. Die geschätzte Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl zwischen<br />

34.000 und 40.000 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern entsprach ungefähr <strong><strong>de</strong>m</strong> Stand<br />

von 1907 245 . Die materielle Situation war ähnlich <strong>de</strong>solat, da mehr als die<br />

Hälfte <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootshäuser und Boote im Krieg zerstört wor<strong>de</strong>n waren. Häufig<br />

wur<strong>de</strong>n die Sportgeräte auch von Notlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n als Heizstoff zweckentfrem-<br />

<strong>de</strong>t 246 . Vieles war <strong><strong>de</strong>r</strong> Initiative Einzelner überlassen, die häufig in ihren Be-<br />

mühungen und Bestrebungen von <strong>de</strong>n Besatzungsmächten gehemmt<br />

wur<strong>de</strong>n. Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport hatte mit <strong><strong>de</strong>r</strong> im Jahr 1936 befohlenen Auflösung<br />

<strong>de</strong>s DRV seine Dachorganisation verloren. Noch schwerwiegen<strong><strong>de</strong>r</strong> war die in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Direktive Nr. 23 angeordnete Auflösung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine bis zum 1. Januar<br />

1946, die sehr aufwendige Verfahren mit sich zog. Das erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Formu-<br />

lar <strong>für</strong> eine Neugründung enthielt insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Erklärung, dass alle Mit-<br />

glie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Vorstands politisch unbelastet waren. Da viele <strong><strong>de</strong>r</strong> ehemaligen<br />

Führungskräfte <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine <strong><strong>de</strong>r</strong> NSDAP angehört o<strong><strong>de</strong>r</strong> mit<br />

<strong>de</strong>n Nationalsozialisten kooperiert hatten, wur<strong>de</strong> ihnen zumin<strong>de</strong>st in <strong>de</strong>n ers-<br />

ten Jahren je<strong>de</strong> weitere Vereinsarbeit untersagt. 247 So entwickelte sich in <strong>de</strong>n<br />

Nachkriegsjahren nur zögerlich ein geregelter Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb. Material und<br />

Bootshäuser wur<strong>de</strong>n nach und nach instand gesetzt, immer mehr beschlag-<br />

nahmte Geräte wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Alliierten zurückgegeben. „Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Anord-<br />

nung Nr. 104 vom 18. Juli 1946 genehmigte <strong><strong>de</strong>r</strong> Alliierte Kontrollrat die<br />

Veranstaltung von Wettkämpfen.“ 248 Die erste Regatta <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachkriegszeit<br />

fand im Juni 1946 in Homberg am Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>rhein statt. Diese Veranstaltung<br />

zeigt, dass zahlreiche Vereine wie<strong><strong>de</strong>r</strong> einen geregelten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb aufge-<br />

nommen hatten und motivierte die Sportler zum Training, obwohl die Versor-<br />

gungslage <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung immer noch sehr angespannt war. 249<br />

Schwierigkeiten ergaben sich vor allem durch <strong>de</strong>n generellen Mangel an<br />

Rennbooten und fehlen<strong>de</strong>n Transportmöglichkeiten. Insgesamt konnte in <strong>de</strong>n<br />

ersten Nachkriegsjahren nur ein Drittel <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettbewerbe in Rennbooten ge-<br />

245 Die Zahlen wer<strong>de</strong>n unterschiedlich interpretiert. Ueberhorst geht von 33.514 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

aus, wobei beachtet wer<strong>de</strong>n muss, dass hier nur die Zahlen aus 193 Mitgliedsvereinen<br />

vorlagen. Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 126. Ferner [ohne<br />

Verfasser], „Zahlen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Marburger Tagung“, in: Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 1(1948)5, S. 1.<br />

246 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 126. Ferner F. HALLER,<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports, (= Klasings kleine Wassersport-Bücherei,<br />

Heft 1), Berlin/Bielefeld [o.J.], S. 1.<br />

247 Vgl. ebenda, S. 4-5. Ferner PABST, Sport – Medium <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik?, S. 56.<br />

248 Vgl. STRYCH, Der west<strong>de</strong>utsche Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung, S. 77-80.<br />

249 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 126.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 69<br />

fahren wer<strong>de</strong>n. Aber auch hier wussten sich die Organisatoren zu helfen. Die<br />

Streckenlänge wur<strong>de</strong> je nach Bootstyp angepasst, so dass im Gigboot eine<br />

Strecke von 800 bis 1.000m geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong> und im Rennboot eine Distanz<br />

von 1.200 bis 1.500m. Häufig wur<strong>de</strong>n die Boote unter <strong>de</strong>n Vereinen ge-<br />

tauscht. 250 Trotz aller Schwierigkeiten war <strong><strong>de</strong>r</strong> Wille zum Aufbau unerschüt-<br />

terlich. 251<br />

Das Scheitern <strong><strong>de</strong>r</strong> Interzonenkonferenz im Sport und das positive Beispiel<br />

<strong>de</strong>s Organisationsmo<strong>de</strong>lls in Nordrhein-Westfalen 252 veranlasste die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

zu <strong><strong>de</strong>r</strong> Überlegung, ihren Sport nach <strong><strong>de</strong>m</strong> herkömmlichen Fachverbandsprin-<br />

zip zu reorganisieren. So erfolgte am 12. März 1947 die Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ar-<br />

beitsgemeinschaft Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> US-Zone. Faktisch han<strong>de</strong>lte es sich bereits<br />

um <strong>de</strong>n Zusammenschluss aller Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>fachgruppen <strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>ssportbün<strong>de</strong> in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> amerikanischen Besatzungszone. Zehn Tage später folgten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Britischen Zone diesem Beispiel durch Gründung <strong>de</strong>s Zonen-<br />

<strong>Aus</strong>schusses Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Daraus folgend grün<strong>de</strong>ten am 28. November 1947 29 Vertreter <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

sports aus <strong>de</strong>n drei Westzonen <strong>de</strong>n Arbeitsaussschuß Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (AAR). Zum<br />

ersten Vorsitzen<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> Rolf Lingnau gewählt, Walter Wülfing zu seinem<br />

Stellvertreter. Es galt, die organisatorischen Rahmenbedingungen <strong>für</strong> eine<br />

später folgen<strong>de</strong> Fachverbandsgründung zu schaffen. Dazu wur<strong>de</strong>n, wie beim<br />

früheren DRV, Unterausschüsse <strong>für</strong> verschie<strong>de</strong>ne Fachgebiete gebil<strong>de</strong>t.<br />

Folglich existierten neben <strong><strong>de</strong>m</strong> Hauptausschuss ebenfalls <strong><strong>de</strong>r</strong> Technische<br />

<strong>Aus</strong>schuss, <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtsausschuss und die <strong>Aus</strong>schüsse <strong>für</strong> Regattawesen,<br />

Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 253<br />

250 Vgl. HALLER, Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports, S. 4-5. Ferner UEBERHORST,<br />

Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 126.<br />

251 Vgl. G. VON OPEL, Wir ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n durch die Zeit. Ein Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>buch <strong>für</strong> alle Freun<strong>de</strong> dieses<br />

Sports und solche, die es wer<strong>de</strong>n wollen, Flörsheim/Main 1951, S. 74.<br />

252 Im süd<strong>de</strong>utschen Raum entwickelte sich schnell <strong><strong>de</strong>r</strong> politisch neutrale Einheitssport, was<br />

vor allem <strong><strong>de</strong>r</strong> Toleranz <strong><strong>de</strong>r</strong> amerikanischen Besatzungsoffiziere zugeschrieben wer<strong>de</strong>n<br />

muss. Die Vereine waren überregional in Lan<strong>de</strong>ssportbün<strong>de</strong>n organisiert. Auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Britischen<br />

Zone kam es zur Gründung von Lan<strong>de</strong>ssportbün<strong>de</strong>n. Die Sportvereine bil<strong>de</strong>ten<br />

zunächst Kreissportbün<strong>de</strong>, die dann die Interessen im Lan<strong>de</strong>ssportbund vertraten. In<br />

Nordrhein-Westfalen hingegen bil<strong>de</strong>ten sich ohne Erlaubnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Besatzungsmacht Lan<strong>de</strong>sfachverbän<strong>de</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen Sportarten. Der Lan<strong>de</strong>ssportbund Nordrhein-<br />

Westfalen wur<strong>de</strong> nach großen <strong>Aus</strong>einan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzungen am 6. Mai 1947 als Dachorganisation<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>sfachverbän<strong>de</strong> gegrün<strong>de</strong>t, was ein ein<strong>de</strong>utiger Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch zur Organisationsstruktur<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Lan<strong>de</strong>ssportbün<strong>de</strong> war. Vgl. PABST, Sport –Medium <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Politik?, S. 55-59. Ferner STRYCH, Der west<strong>de</strong>utsche Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung,<br />

S. 39-48.<br />

253 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 127.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 70<br />

Der AAR forcierte von Beginn an das einheitliche Regattawesen im Rahmen<br />

einer regulären Verbandsarbeit. Die Überarbeitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettfahrtsregeln, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bestimmungen <strong>für</strong> das Jugend- und Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> bootstechni-<br />

schen Richtlinien schuf die Voraussetzung <strong>für</strong> sportlich faire Wettkämpfe bei<br />

<strong>de</strong>n 50 Regatten <strong>de</strong>s Jahres 1948. Mehr als bewährt hat sich in diesem Zu-<br />

sammenhang die Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>passpflicht zur ausgeglichenen Wett-<br />

bewerbsgestaltung, in <strong><strong>de</strong>r</strong> die Leistungsklasse <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ers eingetragen<br />

ist. 254 Neben <strong>de</strong>n organisatorischen Problemen hatte <strong><strong>de</strong>r</strong> AAR auch wirt-<br />

schaftliche Schwierigkeiten, da die Geschäftsstelle vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Währungsreform<br />

zeitweilig ohne finanzielle Mittel weiterarbeiten musste.<br />

Es bleibt festzuhalten, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> AAR trotz aller Schwierigkeiten seine Ziele<br />

konsequent verfolgte und „[...] in mühevoller Aufbauarbeit [...] als Treuhän-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports die feste Plattform zur Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>erstarkung<br />

[...]“ 255 baute. Dennoch sollte es noch bis zum 12. Dezember 1949 dauern,<br />

bis <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband neu gegrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n konnte. Externe Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> die Ver-<br />

zögerung war beispielsweise das Ziel, auf nationaler Ebene eine Dachorga-<br />

nisation aufzubauen, die von <strong>de</strong>n Alliierten genehmigt und mitgetragen<br />

wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. Intern scheiterte <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufbau einer nationalen und überfachli-<br />

chen Dachorganisation anfänglich an <strong>de</strong>n kontroversen Einstellungen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vertreter <strong><strong>de</strong>r</strong> Einheits- und Fachverbandsi<strong>de</strong>e. 256<br />

Am 17./18. April 1948 fand die Münchner Sportkonferenz statt, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> erst-<br />

mals die Delegierten <strong><strong>de</strong>r</strong> LSB <strong><strong>de</strong>r</strong> Amerikanischen und Britischen Zone mit<br />

<strong>de</strong>n Vertretern von elf Fach-Arbeitsgemeinschaften zusammentrafen. Beim<br />

Abschluss dieses Treffens konnte eine acht Punkte umfassen<strong>de</strong> Resolution<br />

verabschie<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, die <strong>de</strong>n Weg zur Neustrukturierung eines <strong>de</strong>utschen<br />

Sport-Dachverban<strong>de</strong>s aufzeigte. Unter Punkt acht hieß es:<br />

„All diese Leitsätze rechtfertigen folgerichtig in je<strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>de</strong>utschen<br />

Land Fachverbän<strong>de</strong> in einem Lan<strong>de</strong>ssportverband, weiterhin die<br />

254<br />

Je<strong>de</strong> Altersklasse wur<strong>de</strong> nach Leistungsgruppen differenziert. Die Leistungsgruppe wird<br />

aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> gewonnen Rennen ermittelt. Auf diese Weise wird verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t, dass<br />

leistungsstärkere Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er bei Rennen niedriger Klassen zugelassen wer<strong>de</strong>n. Die Passpflicht<br />

besteht <strong>für</strong> Frauen, Männer, Jugendliche und Schüler.<br />

255<br />

P. ELSCHNER, „Zum <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1949 in Wetzlar“, in: Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

2(1949)18/19, S. 1.<br />

256<br />

Bis 1947 hatte sich neben <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>ssportbün<strong>de</strong>n eine zweite Sparte gebil<strong>de</strong>t, die <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

I<strong>de</strong>e von sportfachlichen Arbeitsgemeinschaften entsprach und in ihrer Organisation <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Einheitsprinzip <strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>ssportbün<strong>de</strong> wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprach. Der Arbeitsausschuss Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist ein<br />

gutes Beispiel <strong>für</strong> diese an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Organisationsform.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 71<br />

Zusammenarbeit dieser Fachverbän<strong>de</strong> sämtlicher Län<strong><strong>de</strong>r</strong> in fö<strong><strong>de</strong>r</strong>alistisch-<strong><strong>de</strong>m</strong>okratisch<br />

aufgebauten Fachverbän<strong>de</strong>n über <strong>de</strong>n<br />

Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n und eine ebenso aufgebaute überfachliche Dachorganisation.“<br />

257<br />

Die Leitsätze <strong><strong>de</strong>r</strong> Münchner Sportkonferenz wur<strong>de</strong>n vom Lan<strong>de</strong>ssportbund<br />

Nordrhein-Westfalen und seinem Vertreter Peco Bauwens 258 allerdings nicht<br />

akzeptiert. Daraufhin folgte ein Treffen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Sportfachausschüsse<br />

und Fach-Arbeitsgemeinschaften mit <strong>de</strong>n Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>s Münchner <strong>Aus</strong>-<br />

schusses im Rahmen einer Interzonenkonferenz in Köln. Bauwens propa-<br />

gierte weiterhin die I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>s reinen Fachverban<strong>de</strong>s und lehnte eine<br />

übergeordnete Dachorganisation ab. Schließlich wur<strong>de</strong> die Bildung eines<br />

Arbeitsausschusses <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Sportfachausschüsse beschlossen, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

mit <strong>de</strong>n Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>s Münchner <strong>Aus</strong>schusses einen Plan ausarbeiten soll-<br />

te. Parallel schlossen sich die Fachverbän<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsgemeinschaft<br />

Deutscher Sportfachverbän<strong>de</strong> unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Leitung von Bauwens zusammen. 259<br />

Am 28. August 1948 trafen sich die Vertreter <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>schüsse in<br />

Schöneberg im Taunus und einigten sich auf ein 18-Punkte-Programm <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Aufbau einer <strong>de</strong>utschen Dachorganisation. Sie beschlossen, dass Fach-<br />

verbän<strong>de</strong> und LSB gemeinsam die Dachorganisation bil<strong>de</strong>n sollten. Das Prä-<br />

sidium sollte von einem Plenum gewählt wer<strong>de</strong>n, in <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>de</strong>n<br />

Lan<strong>de</strong>ssportbün<strong>de</strong>n je zwei und <strong>de</strong>n Fachverbän<strong>de</strong>n je eine Stimme zuge-<br />

sprochen wur<strong>de</strong>. <strong>Aus</strong> diesem Plenum setzte sich auch das Nationale Olym-<br />

pische Komitee <strong>für</strong> Deutschland (NOK) zusammen. 260<br />

Nach langen Diskussionen wur<strong>de</strong> am 23./24. Oktober 1948 in Bad Homburg<br />

die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sport (ADS) gegrün<strong>de</strong>t, die im Wesentli-<br />

chen <strong>de</strong>n Schöneberger Grundsätzen folgte. Damit war die Bildung einer<br />

ersten, zunächst vorläufigen, Dachorganisation in <strong>de</strong>n drei Westzonen ge-<br />

lungen. Die ADS stellte die Basis <strong>für</strong> die Gründung <strong>de</strong>s DSB dar. Bis zur<br />

Konstituierung sollten allerdings noch zwei weitere Jahre vergehen, da es<br />

immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zu Unstimmigkeiten zwischen Bauwens und seinen Gegen-<br />

spielern kam. Ein weiterer Grund <strong>für</strong> die Verzögerung war die Ablehnung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gründung und Anerkennung eigenständiger Fachverbän<strong>de</strong>, im Speziellen <strong>für</strong><br />

257 STRYCH, Der west<strong>de</strong>utsche Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung, S. 53.<br />

258 Dr. Peter Josef Bauwens wur<strong>de</strong> 1949 zum ersten Präsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>s wie<strong><strong>de</strong>r</strong>gegrün<strong>de</strong>ten<br />

<strong>Deutschen</strong> Fußball-Bun<strong>de</strong>s nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg gewählt.<br />

259 Vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 44.<br />

260 Vgl. STRYCH, Der west<strong>de</strong>utsche Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung, S. 85-86.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 72<br />

Turnen und Fechten durch die Alliierten, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s durch Russen und Fran-<br />

zosen. Dabei beriefen sie sich auf die Bestimmungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Direktive Nr. 23,<br />

die einen entmilitarisierten Sport vorsah. Daran scheiterte auch die Konstitu-<br />

ierung <strong>de</strong>s NOK, <strong>de</strong>ssen Träger die Fachverbän<strong>de</strong> respektive die Arbeits-<br />

ausschüsse gewesen wären. Die Gründung <strong>de</strong>s NOK musste daher auf <strong>de</strong>n<br />

24. September 1949 verschoben wer<strong>de</strong>n. 261 Bauwens stand weiterhin <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gründung eines <strong>de</strong>utschen Dachverban<strong>de</strong>s ablehnend gegenüber. Erst im<br />

Mai 1950 konnte die Kontroverse zwischen ihm als Repräsentanten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Fachverbän<strong>de</strong> und <strong><strong>de</strong>m</strong> ADS-Präsidium in Frankfurt beigelegt wer<strong>de</strong>n. Mit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Verabschiedung <strong><strong>de</strong>r</strong> Satzung wur<strong>de</strong> am 10. Dezember 1950 in Hannover<br />

die Gründung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Sportbun<strong>de</strong>s vollzogen. Zum ersten Präsi<strong>de</strong>n-<br />

ten wur<strong>de</strong> Willi Daume gewählt. Walter Wülfing vertrat als Beisitzer die Inte-<br />

ressen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er. 262<br />

Ein Jahr davor versammelten sich auf <strong><strong>de</strong>m</strong> ersten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag nach Kriegsen<strong>de</strong><br />

am 11. Dezember 1949 in Wetzlar etwa 100 Delegierte <strong><strong>de</strong>r</strong> 218 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>- und<br />

16 Regattavereine, um <strong>de</strong>n neuen <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband zu grün<strong>de</strong>n. 263<br />

Erster Vorsitzen<strong><strong>de</strong>r</strong> wur<strong>de</strong> Walter Wülfing, sein Stellvertreter Georg von Opel<br />

und zum Schatzmeister Heinz Loosen 264 .<br />

261<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Bun<strong>de</strong>sregierung am 14. August 1949 ergab sich die<br />

Möglichkeit zur Konstituierung <strong>de</strong>s NOK durch die „Bun<strong>de</strong>sfeier“ und wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend<br />

in das „Programm integriert“. Vgl. G. SPITZER, „Zwischen 1945 und 1952: Drei<br />

NOKs <strong>für</strong> Deutschland“, in: M. LÄMMER, (Hrsg.), Deutschland in <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen Bewegung.<br />

Eine Zwischenbilanz, Frankfurt a.M. 1999, S. 181. Ferner PABST, Sport – Medium<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Politik?, S. 62-63.<br />

262<br />

Vgl. ebenda. Ferner STRYCH, Der west<strong>de</strong>utsche Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung, S.<br />

54-68.<br />

263<br />

Das neue Grundgesetz war in seiner <strong>Aus</strong>sage eng an die alten Statuten gelehnt. Der<br />

Amateurparagraph fand wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Aufnahme, allerdings in verän<strong><strong>de</strong>r</strong>tem Wortlaut. Danach<br />

war zu allen offenen Regatten <strong>de</strong>s DRV zugelassen, wer das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als Amateur betrieb,<br />

und aus <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>übung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports keine Vermögensvorteile zog, zu ziehen<br />

beabsichtigt o<strong><strong>de</strong>r</strong> gezogen hat. Vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in<br />

West<strong>de</strong>utschland, S. 40.<br />

264<br />

Die weiteren Unterausschüsse (UA) wur<strong>de</strong>n wie folgt besetzt: Lotte Clos (Vorsitzen<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s UA Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n); Dr. Herbert Buhtz (Mitglied <strong>de</strong>s UA Regattawesen); Georg Haas<br />

(Vorsitzen<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s UA Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n); Carl Schütte (Vorsitzen<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Technischen <strong>Aus</strong>schusses);<br />

Balthasar Schlienbecker (Vorsitzen<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s UA Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n); Wilhelm Reichert<br />

(Vorsitzen<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s UA Regattawesen); Dr. Werner Heerwagen (Mitglied <strong>de</strong>s<br />

Rechtsausschusses/UA Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n); Oscar Cor<strong>de</strong>s (Vorsitzen<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Rechtsauschusses).<br />

Vgl. [P. ELSCHNER], „Der Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1949 in Wetzlar“, in: Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

2(1949)20, S. 1.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 73<br />

Primäres Ziel <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s war <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau und die Fortsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kultur. Es galt, „[...] <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zu<br />

altem Ansehen und zu alter Geltung zu bringen“. 265<br />

4.5 Der Aufbau <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Ost<strong>de</strong>utschland<br />

Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges war die <strong>de</strong>utsche Sportbewegung auch<br />

auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Gebiet <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetisch Besetzen Zone völlig zum Erliegen gekom-<br />

men und musste vollkommen neu aufgebaut wer<strong>de</strong>n. Während die Bestim-<br />

mungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontrollratsdirektive Nr. 23 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Britischen und US-<br />

amerikanischen Zone relativ tolerant ausgelegt wur<strong>de</strong>n und somit schnell mit<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau begonnen wer<strong>de</strong>n konnte, gingen die Verantwortlichen in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Wege. Die sowjetischen Sportoffiziere achteten streng auf<br />

die Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> gesetzlichen Vorgaben, die die Auflösung aller bestehen-<br />

<strong>de</strong>n Sportvereine und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Überführung in kommunale Sportorganisationen<br />

zur Folge hatten. 266 In <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ waren alle bürgerlichen Vereine, die vor 1945<br />

im NSRL organisiert waren, noch vor Inkrafttreten <strong><strong>de</strong>r</strong> Direktive Nr. 23 durch<br />

die Bestimmungen <strong>de</strong>s Gesetzes Nr. 2 von <strong><strong>de</strong>r</strong> sowjetischen Kommandantur<br />

aufgelöst und verboten wor<strong>de</strong>n. 267 Am 30. Oktober 1945 wur<strong>de</strong> durch <strong>de</strong>n<br />

Befehl Nr. 124 die Beschlagnahme <strong>de</strong>s gesamten Vereinseigentums ange-<br />

ordnet.<br />

265<br />

W. WÜLFING, „Nun wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband“, in: Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 2(1949)20,<br />

S. 1.<br />

266<br />

Vgl. G. HOLZWEIßIG, „Sport als Instrument <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR in <strong>de</strong>n inner<strong>de</strong>utschen und internationalen<br />

Beziehungen“, in: H. UEBERHORST (Hrsg.), Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibesübungen, Bd. 3/2,<br />

Leibesübungen in Deutschland vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart, Berlin/München/Frankfurt<br />

a.M. 1981, S. 917. Ferner DICHTER, „‘Strict measures must be<br />

taken’: Wartime Planning and the Allied Control of Sport in Occupied Germany”, S. 199.<br />

Die Kontrollratsdirektive Nr. 23 ist von <strong><strong>de</strong>m</strong> sowjetischen General Sokolowski initiiert<br />

wor<strong>de</strong>n. Hieraus erklärt sich die Tatsache, dass die Umsetzung dieser Bestimmungen in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s strikt verfolgt wur<strong>de</strong>.<br />

267<br />

„Verwaltungsrechtliche Eckpositionen und politische Zielorientierungen waren durch <strong>de</strong>n<br />

SMAD-Befehl Nr. 2 vom 10. 6. 1945 und <strong>de</strong>n KPD-Aufruf vom 11. 6. 1945 vorgegeben.<br />

[...] Das Potsdamer Abkommen (2. 8. 1945), das Kontrollratsgesetz Nr. 2 (10. 10. 1945)<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Festlegung zur „Liquidierung aller faschistischen Organisationen und Einrichtungen“...<br />

und die Kontrollratsdirektive Nr. 23 (17. 12. 1945) über die „Beschränkung und<br />

Entmilitarisierung <strong>de</strong>s Sportwesens in Deutschland“ bil<strong>de</strong>ten <strong>de</strong>n Rahmen <strong>für</strong> die schwere<br />

Arbeit <strong>de</strong>s Neuaufbaus. [...].“ N. HEISE, „Zum Neuaufbau <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong>okratischen Sportbewegung<br />

in Mag<strong>de</strong>burg als Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> antifaschistisch-<strong><strong>de</strong>m</strong>okratischen Umwälzung 1945-<br />

1949“, in: [Mag<strong>de</strong>burger Blätter], Mag<strong>de</strong>burg 1984, S. 15, zitiert nach: WINKLER, Die geschichtliche<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 6-7.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 74<br />

„Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Beschlagnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinsvermögen und generell mit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Beseitigung <strong><strong>de</strong>r</strong> kapitalistischen Wirtschaftsordnung wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

bürgerliche Sport seiner materiellen Basis beraubt.“ 268<br />

Damit war die Möglichkeit einer Reorganisation <strong><strong>de</strong>r</strong> bürgerlichen Vereine<br />

ausgeschlossen. 269 Die Direktive diente <strong>de</strong>n kommunistischen Funktionären<br />

als erwünschtes Mittel <strong>für</strong> die Auflösung vieler Traditionen. 270 Ihre <strong>Aus</strong>legung<br />

war gleichzeitig <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Schritt zum zentralistisch geleiteten Staatssport. Es<br />

gab allerdings auch <strong>Aus</strong>nahmen, wie G. Wonneberger anmerkt:<br />

„Wohl aber entstan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>zentralisiert sehr unterschiedliche Organisationsformen<br />

– <strong>de</strong>n jeweiligen örtlichen personellen und materiellen<br />

Gegebenheiten entsprechend: Von <strong><strong>de</strong>r</strong> einfachen<br />

Weiterführung ehemaliger NSRL-Vereine (o<strong><strong>de</strong>r</strong> einzelner Abteilungen)<br />

unter neuer Führung, über die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>gründung von 1933<br />

verbotenen Arbeitersportvereinen, bis zur Bildung neuer Formen<br />

in Gestalt von selbständigen Sportgruppen, meist in Verbindung<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Aktivität antifaschistischer Jugendausschüsse.“ 271<br />

Stellenweise entstan<strong>de</strong>n dabei sehr früh auch überregionale informelle Ver-<br />

bindungen einzelner Sportarten, die allerdings aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Direktive Nr. 23<br />

nur auf Kreisebene aktiv wer<strong>de</strong>n konnten.<br />

Da <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport im NSRL organisiert war, blieb das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n unter Anwen-<br />

dung <strong><strong>de</strong>r</strong> genannten Direktiven bis 1948 in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ offiziell verboten. Doch<br />

nicht nur aus diesem Grund war die Situation <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ<br />

noch schlechter als in <strong>de</strong>n westlichen Zonen. Kurz vor En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Krieges hat-<br />

te die Deutsche Wehrmacht nämlich befohlen, alle Sportboote zwischen<br />

O<strong><strong>de</strong>r</strong> und Elbe zu zerstören. Dieser Befehl erwies sich später als unsinnig<br />

und nutzlos, da das Vorrücken <strong><strong>de</strong>r</strong> Roten Armee in keinster Weise verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n konnte. 272 Nach Kriegsen<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>, genau wie im Westen auch in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ das Bootsmaterial gestohlen und zweckentfrem<strong>de</strong>t. „In <strong><strong>de</strong>r</strong> gesam-<br />

268<br />

PABST, Sport – Medium <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik?, S. 74.<br />

269<br />

Vgl. H. J. TEICHLER, „Die schwierigen Anfänge <strong>de</strong>s Sports unter <strong><strong>de</strong>m</strong> SED-Regime 1945-<br />

1957“, in: STADION 34(2008)2, S. 245. Die Richtlinien zum Aufbau einer einheitlichen<br />

Sportbewegung untersagten eine Namensgebung entsprechend <strong><strong>de</strong>r</strong> alten Traditionen.<br />

Bezeichnungen wie „Neptun“, „Werner Seelenbin<strong><strong>de</strong>r</strong>“ und „Einheit“ wur<strong>de</strong>n von <strong><strong>de</strong>r</strong> SED<br />

empfohlen.<br />

270<br />

Vgl. DICHTER, „‘Strict measures must be taken’: Wartime Planning and the Allied Control<br />

of Sport in Occupied Germany”, S. 202.<br />

271<br />

G. WONNEBERGER, „Studie zur Struktur und Leitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportbewegung in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ/DDR<br />

(1945-1961)“, in: W. BUSS/C. BECKER (Hrsg.) Der Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ und frühen DDR. Genese<br />

– Strukturen – Bedingungen (= Schriftenreihe <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sinstituts <strong>für</strong> Sportwissenschaft<br />

Bd. 109), Schorndorf 2001, S. 194.<br />

272<br />

Vgl. A. FREYEISEN, „Diplomaten im Trainingsanzug. Die Geschichte <strong>de</strong>s DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports,<br />

Teil 1: Auferstan<strong>de</strong>n aus Ruinen“, in: ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 4(1998)2, S. 19.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 75<br />

ten sowjetischen Besatzungszone verblieben lediglich 875 Boote, von <strong>de</strong>nen<br />

nur 134 als Rennboote bezeichnet wer<strong>de</strong>n konnten“. 273 Die übrigen Boote<br />

wur<strong>de</strong>n als Reparationsleistungen eingezogen.<br />

Versuche zum Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports fan<strong>de</strong>n trotz <strong>de</strong>s allgemeinen<br />

Verbots schon zu Beginn <strong>de</strong>s Jahres 1946 statt. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Genehmigung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>de</strong>utschen Selbstverwaltungsorgane sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetischen Militäradminist-<br />

ration in Deutschland (SMAD) wur<strong>de</strong>n auf Initiative ehemaliger Arbeitersport-<br />

ler Sportvereine auf kommunaler Ebene ins Leben gerufen. Exemplarisch<br />

seien hier die Wasserfahrer Prenzlauer Berg/Erkner genannt. 274 Da keine<br />

Boote vorhan<strong>de</strong>n waren, begnügte man sich vorläufig mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Training in<br />

einem Trockenru<strong><strong>de</strong>r</strong>apparat.<br />

Um einen kommunalen Wettkampfbetrieb zu organisieren, musste <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport<br />

neu strukturiert wer<strong>de</strong>n:<br />

„Auf örtlicher Ebene wur<strong>de</strong>n Sportorganisationen zugelassen, in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Trägerschaft sich die Freie Deutsche Jugend und <strong><strong>de</strong>r</strong> Freie<br />

Deutsche Gewerkschaftsbund teilten. Im Regelfall wur<strong>de</strong> die ‘Betriebssportgemeinschaft’,<br />

die an die Stelle <strong><strong>de</strong>r</strong> früheren Sportvereine<br />

trat, die Grundorganisation <strong>de</strong>s Sports.“ 275<br />

Die bestehen<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gruppen wur<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> am 7. März 1946 gegrün<strong>de</strong>ten<br />

Freien <strong>Deutschen</strong> Jugend (FDJ) angeschlossen. Am 22. September 1946<br />

fand unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Fahne <strong><strong>de</strong>r</strong> FDJ die erste regionale Nachkriegsregatta in Ber-<br />

lin-Grünau statt. 276 <strong>Aus</strong>geschrieben waren elf Rennen, es konnten aber nicht<br />

alle Mannschaften anreisen, da keine Genehmigung durch die SMAD erteilt<br />

273<br />

WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR,<br />

S. 3-7.<br />

274<br />

Trotz <strong>de</strong>s zunächst bestehen<strong>de</strong>n Verbots gab es in vielen Städten ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportliche Aktivitäten,<br />

vor allem in Berlin, Mag<strong>de</strong>burg, Greifswald, Torgau, Dres<strong>de</strong>n, Meißen, Weißenfels,<br />

Wurzen, Leipzig, Potsdam, Bran<strong>de</strong>nburg, Frankfurt/O<strong><strong>de</strong>r</strong> und Cottbus. Um <strong>de</strong>n Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau<br />

bemühten sich vor allem ältere Sportler, die froh waren, <strong>de</strong>n Krieg überstan<strong>de</strong>n zu<br />

haben und wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ihrem Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport nachgehen wollten. Vgl. ebenda, S. 4-7.<br />

275<br />

FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG (Hrsg.) Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik,<br />

Bonn 1975, S. 9.<br />

276<br />

Winkler berichtet von einer Regatta in Greifswald am 4. August 1946, an <strong><strong>de</strong>r</strong> allerdings<br />

nur Sportler aus eben dieser Stadt teilnahmen, da an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Athleten aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> kommunalen<br />

Restriktionen nicht anreisen konnten. Insgesamt waren sieben Rennen ausgeschrieben,<br />

davon zwei <strong>für</strong> Frauen. Die Streckenlänge variierte zwischen 500m und<br />

1000m. „Als Abschluß <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkämpfe fand aus Mangel an Booten eine kombinierte Staffel<br />

als Ergänzung statt, wobei je drei Sportler 50m Schwimmen, 500m Laufen und 500m<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Einer zu bewältigen hatten.“ WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports<br />

auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 11.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 76<br />

wor<strong>de</strong>n war. 277 In <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Städten ging <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufbau nicht so zielstrebig<br />

und schnell voran wie in Berlin. Prinzipiell war es auch hier entschei<strong>de</strong>nd,<br />

gute Kontakte zu <strong>de</strong>n sowjetischen Kultur- und Sportoffizieren herzustellen<br />

und das zum Teil bei Privatleuten versteckte Bootsmaterial ausfindig und <strong>de</strong>n<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gruppen zugänglich zu machen. Die sichergestellten Boote wur<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>n neu gegrün<strong>de</strong>ten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gruppen <strong><strong>de</strong>r</strong> FDJ übergeben und bekamen ganz<br />

im Sinne <strong>de</strong>s Staatssports Namen, die <strong>de</strong>n Geist <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen antifaschistisch-<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong>okratischen Sportbewegung zum <strong>Aus</strong>druck bringen sollten. 278 Vereine,<br />

die sich nicht <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gruppen <strong><strong>de</strong>r</strong> FDJ anschlossen, wur<strong>de</strong>n verboten. Sie<br />

galten als reaktionär, da sie mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Festhalten an Traditionen <strong>de</strong>n Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

aufbau im Sinne eines zentralistischen Staatssports konterkariert hätten.<br />

Die erste überregionale Regatta, an <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaften aus Greifswald,<br />

Bernburg, Merseburg, Weißenfels und Meißen antraten, fand am 26. Mai<br />

1947 im Rahmen <strong>de</strong>s 2. Parlaments <strong><strong>de</strong>r</strong> FDJ auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Elbe statt. 279 Am 8. Juni<br />

folgte die Berliner Frühjahrsregatta in Berlin, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> weitere Regatten ange-<br />

kündigt wur<strong>de</strong>n, wie die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatta in Wannsee am 6. Juli 1947, die Große<br />

Grünauer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatta am 20. Juli 1947, die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Regatta in Gatow am 3.<br />

August 1947 und die Herbstregatta in Grünau am 21. September 1947. Ver-<br />

anstalter dieser Wettkämpfe war <strong><strong>de</strong>r</strong> unter FDJ-Schirmherrschaft agieren<strong>de</strong><br />

Berliner-Regatta-<strong>Aus</strong>schuß. 280 Die gestiegenen Teilnehmerzahlen 281 waren<br />

richtungweisend <strong>für</strong> das erklärte Ziel, <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> Allgemeinheit zu-<br />

gänglich zu machen und ihm <strong>de</strong>n Charakter eines Volkssports zu geben. Das<br />

elitäre Denken <strong><strong>de</strong>r</strong> „Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine“ sollte endgültig <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergangenheit<br />

angehören.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ mangelte es trotz aller Entbehrungen nicht an Begeisterung und<br />

Enthusiasmus <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport. Fehlen<strong>de</strong>s Bootsmaterial wur<strong>de</strong> auf ein-<br />

fallsreiche Weise kompensiert. In <strong><strong>de</strong>m</strong> Programmheft <strong><strong>de</strong>r</strong> 1. Mecklenburgi-<br />

schen Nachkriegs-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Kanuregatta am 24. August 1947 in Schwerin<br />

wur<strong>de</strong> um Materialspen<strong>de</strong>n gebeten:<br />

277<br />

Die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennen variiert bei Winkler zwischen zehn und elf. Insgesamt waren nach<br />

Winkler 39 Boote, 196 Männer und 35 Frauen am Start. Vgl. ebenda, S. 19.<br />

278<br />

Vgl. ebenda, S. 15.<br />

279<br />

Vgl. G. BEYER, „Der an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Weg. Skizzen zur Geschichte <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR<br />

von 1945-1990,“ in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 108(1990)27, S. 665.<br />

280<br />

Vgl. WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR, S. 19.<br />

281<br />

Vgl. ebenda. Für die Regatta am 20. Juli 1947 waren 16 Rennen mit 40 Booten ausgeschrieben.<br />

Es nahmen 246 Männer und 130 Frauen teil.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 77<br />

„Sportfreun<strong>de</strong>, för<strong><strong>de</strong>r</strong>t die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>belebung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in<br />

Schwerin! Spen<strong>de</strong>t Lacke, Holz und Kupfernägel, je<strong>de</strong> Menge wird<br />

angenommen [...].“ 282<br />

Neue Boote konnten <strong>de</strong>nnoch zunächst nicht angeschafft wer<strong>de</strong>n, da die<br />

Grundmaterialien wie Mahagoni o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ze<strong><strong>de</strong>r</strong>nholz und Messing <strong>für</strong> Dollen und<br />

<strong>Aus</strong>leger nicht erhältlich waren. Deshalb wur<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ die meisten<br />

Rennen in dieser Zeit in Gigs ausgetragen.<br />

In <strong>de</strong>n ersten bei<strong>de</strong>n Nachkriegsjahren war die FDJ Hauptträger <strong>de</strong>s Sports<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> 11. Tagung <strong>de</strong>s Parteivorstan<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> SED am 30. Juni<br />

1948 wur<strong>de</strong> auch über die Entwicklung von Körperkultur und Sport beraten.<br />

Der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB), die Volkseigenen Großbe-<br />

triebe (VEB) und die Kommunen wur<strong>de</strong>n aufgerufen, sich an <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen<br />

Sportbewegung zu beteiligen:<br />

„[...] in allen Dörfern, Städten und Großbetrieben sind Sportgemeinschaften<br />

ins Leben zu rufen, an <strong><strong>de</strong>r</strong>en Spitze die besten und<br />

bewährtesten antifaschistischen Sportler treten sollen. Hierbei soll<br />

gera<strong>de</strong> die Jugend tatkräftig vorangehen, <strong>de</strong>nn es gilt, eine <strong>de</strong>n<br />

wahrhaften Interessen unseres Volkes dienen<strong>de</strong> Sportbewegung<br />

aufzubauen.“ 283<br />

Zur Umsetzung dieses Beschlusses wur<strong>de</strong>n im August und September durch<br />

die FDJ, <strong>de</strong>n FDGB sowie die Sportämter Stadt-, Kreis- und Lan<strong>de</strong>ssport-<br />

ausschüsse gebil<strong>de</strong>t, <strong><strong>de</strong>r</strong>en zentrale Leitung <strong><strong>de</strong>r</strong> am 1. Oktober 1948 ge-<br />

grün<strong>de</strong>te Deutsche Sportausschuß (DSA) übernahm. 284 Die FDJ-<br />

Ostzonenmeisterschaften im Frühjahr 1948 hatten <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendorganisation<br />

die Grenzen ihrer organisatorischen Leistungsfähigkeit und Beliebtheit bei<br />

<strong>de</strong>n Sportlern aufgezeigt. 285 Daher waren FDJ und FDGB gemeinsamer Trä-<br />

ger <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportgemeinschaften.<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> konstituieren<strong>de</strong>n Sitzung wur<strong>de</strong>n die Ziele und Aufgaben <strong><strong>de</strong>r</strong> ‘<strong><strong>de</strong>m</strong>o-<br />

kratischen’ Sportbewegung beschlossen:<br />

„Die <strong><strong>de</strong>m</strong>okratische Sportbewegung will <strong>de</strong>n körperlichen, geistigen<br />

und sittlichen Aufstieg <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Volkes för<strong><strong>de</strong>r</strong>n und an<br />

282 Ebenda, S. 20.<br />

283 [ohne Verfasser], „Aufruf <strong><strong>de</strong>r</strong> FDJ und <strong>de</strong>s FDGB vom 1. August 1948“, in: Deutsches<br />

Sportecho 2(1948)59, S. 1.<br />

284 Vgl. WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR, S. 21-22.<br />

285 Vgl. TEICHLER, „Die schwierigen Anfänge <strong>de</strong>s Sports unter <strong><strong>de</strong>m</strong> SED-Regime 1945-<br />

1957“, S. 245.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 78<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Schaffung einer neuen Kultur mitarbeiten. [...] Sie dient <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Hebung <strong><strong>de</strong>r</strong> Volksgesundheit und damit <strong><strong>de</strong>r</strong> Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Leistungsfähigkeit,<br />

beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> jungen Generation.“ 286<br />

Je<strong>de</strong> einzelne Sportart wur<strong>de</strong> in Anlehnung an alte Arbeitersport-Traditionen<br />

in einer geson<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Sparte zusammengefasst. So entstand die erste über-<br />

regionale Organisation <strong>de</strong>s Sports in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ. Im Zuge <strong>de</strong>ssen stieg die An-<br />

zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettbewerbe <strong>de</strong>utlich an. Dies machte sich auch im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

bemerkbar. Die Vielzahl an Regatten machte es erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich, eine neue Sat-<br />

zung zu schaffen. Anfang <strong>de</strong>s Jahres 1949 wur<strong>de</strong> vom DSA die Sportord-<br />

nung Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n herausgegeben, die in elf Abschnitte 287 unterteilt war, wobei<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampfdurchführung die größte Aufmerksamkeit geschenkt wur<strong>de</strong>.<br />

Erster Höhepunkt dieser Bemühungen war die Ostzonen-Meisterschaft am<br />

17. Juli 1949 in Berlin-Grünau. Vorgesehen waren 19 Rennen, von <strong>de</strong>nen<br />

zwölf als Meisterschaftsrennen gewertet wer<strong>de</strong>n sollten. Unter großem Auf-<br />

wand konnten schließlich neun Rennen in Rennbooten ausgetragen wer-<br />

<strong>de</strong>n. 288 Um dieses zu ermöglichen, wur<strong>de</strong>n wie in West<strong>de</strong>utschland Boote<br />

ausgeliehen o<strong><strong>de</strong>r</strong> getauscht. Im Rahmen dieser Entwicklung konnten in je-<br />

nem Jahr noch weitere größere Regatten abgehalten wer<strong>de</strong>n, beispielsweise<br />

die Grünauer Frühjahrsregatta am 28./29. Mai, die Wannsee-Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Regatta am 12. Juni, die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Regatta auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Havel am 18./19. Juni, die<br />

Grünauer Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Regatta am 26. Juni, die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Regatta auf <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Tegeler See am 2./3. Juli, die Große Grünauer Regatta am 9./10. Juli und die<br />

Wannsee-Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Regatta am 24. Juli. 289<br />

Das Jahr 1949 war richtungweisend <strong>für</strong> die Neuorganisation <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

sports. Der DSA begann schon En<strong>de</strong> 1948 mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Verlagerung <strong>de</strong>s Sports<br />

von <strong>de</strong>n Kommunen in die Betriebe. Hieraus entstan<strong>de</strong>n die Betriebssport-<br />

gemeinschaften, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Aufgabe die sozialistische Gestaltung von Körperkul-<br />

tur und Sport war. Bis zur Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR am 7. Oktober 1949 waren<br />

286 Ebenda, S. 23.<br />

287 Die elf Abschnitte wur<strong>de</strong>n wie folgt bezeichnet: Veranstaltungen und Berichterstattungen;<br />

Teilnahmeberechtigungen an Wettkämpfen; Zusammensetzung <strong>de</strong>s Kampfgerichtes;<br />

Durchführung von Veranstaltungen; Klasseneinteilungen; Wettkampfru<strong><strong>de</strong>r</strong>n; Meisterschaften;<br />

Frauenwettbewerbe; Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n; kulturelle Erziehung; Erläuterung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bootstypen, Richtlinien <strong>für</strong> Bootsabmessungen. Vgl. DEUTSCHER SPORTAUSSCHUß (Hrsg.),<br />

Sportordnung Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Berlin (Ost) 1949, S. 1.<br />

288 Vgl. WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR, S. 25-26.<br />

289 Vgl. ebenda, S. 27.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 79<br />

etwa 800 dieser Gemeinschaften entstan<strong>de</strong>n. 290 Dem Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ<br />

haftete noch lange ein „bürgerlicher Ruf“ an. Durch die Einrichtung <strong><strong>de</strong>r</strong> BSG<br />

gelang es allerdings, tiefer in die vermeintliche Domäne <strong><strong>de</strong>r</strong> bürgerlichen Eli-<br />

te einzudringen und <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong>für</strong> breitere Bevölkerungskreise zu öff-<br />

nen.<br />

Am 29./30. Juli 1950 wur<strong>de</strong>n die ersten offenen DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Meisterschaften<br />

in Berlin-Grünau abgehalten. Insgesamt kämpften 666 291 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er aus 36 Sportgemeinschaften um 16 zu vergebene Meistertitel. Im<br />

Zuge dieser Entwicklung grün<strong>de</strong>ten bewährte Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportfunktionäre in Leip-<br />

zig die Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR als nationalen Fachverband. 292 Ähnlich wie<br />

beim DRV wur<strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>schüsse <strong>für</strong> die verschie<strong>de</strong>nen Fachbereiche formiert,<br />

die allerdings „Kommissionen“ genannt wur<strong>de</strong>n. 293 Diese Sektion hatte sich<br />

zur Aufgabe gemacht, „die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR zu för-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n und dabei das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung zu verbreiten, um somit<br />

zur Volksgesundheit einen Beitrag zu leisten.“ 294 Am 29. März 1952 setzte<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Sportausschuß das Präsidium <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein. Heinz<br />

Dose wur<strong>de</strong> zum ersten Vorsitzen<strong>de</strong>n bestimmt, sein Stellvertreter war Rolf<br />

Mrusek. 295<br />

Wichtige Impulse <strong>für</strong> die Arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong>n durch <strong>de</strong>n Minis-<br />

terialbeschluss „Über die weitere Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Körperkultur und <strong>de</strong>s<br />

Sports in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR“ 296 gesetzt. Dieser Beschluss betraf alle Teilgebiete <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Körperkultur und <strong>de</strong>s Sports. Die strategische Aufgabenstellung war folgen-<br />

290 Vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 51.<br />

291 Zeitgleich zur Meisterschaft wur<strong>de</strong> auch die Bestenermittlung <strong>für</strong> Junioren durchgeführt,<br />

so dass davon ausgegangen wer<strong>de</strong>n muss, dass die Teilnehmer dieser Veranstaltung<br />

zur Gesamtteilnehmerzahl hinzugerechnet wur<strong>de</strong>n. Vgl. WINKLER, Die geschichtliche<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 33.<br />

292 Vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 51.<br />

293 Es gab Kommissionen <strong>für</strong> folgen<strong>de</strong> Zuständigkeitsbereiche: Veranstaltung, Regatten,<br />

Finanzen und Planung; Rechts-, Schieds- und Kampfrichterwesen; Training und Lehrgänge;<br />

Jugend- und Hochschulsport; Frauen- und Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n; Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n; <strong>Aus</strong>gleichssport;<br />

Bootsbau- und Vermessung; Presse. Vgl. WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung<br />

<strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 35-36.<br />

294 Ebenda, S. 37.<br />

295 Bereits 1950 war Kurt Kaczkowiak zum Generalsekretär ernannt wor<strong>de</strong>n. Präsi<strong>de</strong>nt und<br />

Vizepräsi<strong>de</strong>nt wur<strong>de</strong>n erst 1952 gewählt. Kaczkowiak verstarb bereits 1951, sein Nachfolger<br />

wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> aus Greifswald stammen<strong>de</strong> Trainer Franz Klattkowski. Dieser wird von<br />

Winkler als „republikflüchtig“ bezeichnet, ebenso wie Mrusek, <strong><strong>de</strong>r</strong> später im Unterausschuß<br />

Regattawesen <strong>de</strong>s DRV aufgeführt wird. Vgl. ebenda, S. 38. Ferner DEUTSCHER<br />

RUDERVERBAND (Hrsg.), Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport Almanach 1970. Jahrbuch und Adreßbuch <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, Min<strong>de</strong>n 1971, S. 103.<br />

296 WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR,<br />

S. 44.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 80<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>maßen formuliert: die Entwicklung <strong>de</strong>s Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>- Jugend- sowie <strong>de</strong>s Mas-<br />

sensports, die Erziehung aller Sportler zur Liebe zur Heimat, die Optimierung<br />

<strong>de</strong>s Leistungssports und die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Sportabzeichens. 297 Diese<br />

Arbeitsrichtlinien und Handlungsorientierungen waren selbstverständlich<br />

auch <strong>für</strong> die Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n verbindlich.<br />

Im April 1957 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> DSA in <strong>de</strong>n <strong>Deutschen</strong> Turn- und Sportbund über-<br />

führt. Dieser Dachorganisation kamen weit reichen<strong>de</strong> politische und i<strong>de</strong>ologi-<br />

sche Aufgaben und Befugnisse zu. Im Gründungsstatut wur<strong>de</strong> die aktive<br />

Teilnahme am Sozialismus verankert und <strong><strong>de</strong>r</strong> „Kampf gegen <strong>de</strong>n Mißbrauch<br />

<strong>de</strong>s Sports in West<strong>de</strong>utschland“ propagiert. 298 Insgesamt zeigte sich eine<br />

<strong>de</strong>utliche Verschärfung <strong><strong>de</strong>r</strong> politischen Aufgabenstellung <strong>de</strong>s DTSB:<br />

„Passagen, in <strong>de</strong>nen ‘Liebe und Treue zur Arbeiter- und Bauernmacht’,<br />

die Verteidigung ‘sozialistischer Errungenschaften’ sowie<br />

die Erziehung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> ‘zu sozialistischem Denken und Han<strong>de</strong>ln’<br />

als Ziele <strong>de</strong>s DTSB [genannt wur<strong>de</strong>n] waren im ursprünglichen<br />

Entwurf nicht enthalten und wur<strong>de</strong>n, nach<strong><strong>de</strong>m</strong> sie sich schon<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Anerkennung <strong>de</strong>s NOK durch das IOC als hin<strong><strong>de</strong>r</strong>lich herausstellten,<br />

in einer geglätteten Neufassung 1961 fallen gelassen.“<br />

299<br />

Am 12. April 1958 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend die Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR in<br />

<strong>de</strong>n <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verband umbenannt. Vorangegangen war <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Beschluss vom 9. November 1957, in <strong><strong>de</strong>m</strong> das erweiterte Präsidium <strong><strong>de</strong>r</strong> Sek-<br />

tion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Bildung <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s durch die Wahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Organe in <strong>de</strong>n<br />

Kreisen, Bezirken sowie <strong>de</strong>s Präsidiums beschlossen hatte.<br />

Für das Amt <strong>de</strong>s Präsi<strong>de</strong>nten gab es 19 Bewerber, darunter mit Ingeborg<br />

Schlicke, Hella Schulz und Johanna Sperling auch drei Frauen. Mit Annema-<br />

rie Westphal bewarb sich auch eine Frau um einen Platz in <strong><strong>de</strong>r</strong> Revisions-<br />

kommission. Heinz Dose wur<strong>de</strong> als Präsi<strong>de</strong>nt gewählt und stand somit<br />

10.200 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor. 300 Unter <strong>de</strong>n 91 Delegierten <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Kreise wa-<br />

297 Vgl. ebenda.<br />

298 Vgl. M. KRÜGER, Einführung in die Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibeserziehung und <strong>de</strong>s Sports, Teil<br />

3: Leibesübungen im 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Sport <strong>für</strong> alle (= Sport und Sportunterricht, Bd. 10),<br />

Schorndorf 1993, S. 176.<br />

299 Beschluss <strong>de</strong>s Sekretariats <strong>de</strong>s Zentralkomitees <strong><strong>de</strong>r</strong> SED vom 6. April 1961, zitiert nach:<br />

TEICHLER, „Die schwierigen Anfänge <strong>de</strong>s Sports unter <strong><strong>de</strong>m</strong> SED-Regime 1945-1957“, S.<br />

255<br />

300 Vgl. STIFTUNG ARCHIV DER PARTEIEN UND MASSENORGANISATIONEN DER DDR IM BUNDESAR-<br />

CHIV (SAPMO-BARCH), DY 12/2967, Fiche 1, Bl. 15. Ferner vgl. WINKLER, Die geschichtliche<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 47-48. Als


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 81<br />

ren sechs Frauen vertreten. Es galt, <strong>de</strong>n Ministerialbeschluss umzusetzen,<br />

was unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em die systematische För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s talentierten Nach-<br />

wuchses, planmäßige Qualifizierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainer, Übungsleiter, Kampfrichter<br />

und Funktionäre sowie die Aufnahme von internationalen Sportbeziehungen<br />

und Mitarbeit in <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA beinhaltete. Hierzu hieß es unter Punkt II. in <strong>de</strong>n<br />

Aufgaben <strong>de</strong>s DRSV:<br />

„Der DRSV setzt sich zum Ziel, <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung<br />

zu verbreiten und insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Jugend <strong>für</strong> die <strong>Aus</strong>übung<br />

<strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports zu gewinnen. Er sieht seine vornehmste Aufgabe<br />

darin, <strong>de</strong>n Sportlern entsprechend <strong>de</strong>n Grundsätzen und Zielen<br />

<strong>de</strong>s DTSB hohe sportliche, moralische und sittliche Eigenschaften<br />

anzuerziehen.“ 301<br />

Der erste Präsi<strong>de</strong>nt schloss die Gründungssitzung <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s mit <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Wunsch, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Organisation einer glücklichen<br />

und erfolgreichen Zukunft im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialistischen Körperkultur entgegen<br />

gehen möge. 302<br />

Gemäß sozialistischer Arbeitsweise, stellte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV einen Perspektivplan<br />

<strong>für</strong> die kommen<strong>de</strong>n Jahre auf. Dieser umfasste <strong>für</strong> das Jahr 1958 als ersten<br />

Punkt die Verstärkung <strong><strong>de</strong>r</strong> politischen Indoktrination.<br />

„Der Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verband erzieht seine Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> zu<br />

hoher sozialistischer Moral, zur Treue und zu bewußten Kämpfern<br />

unseres Arbeiter- und Bauernstaates.“ 303<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> galt es, die Entwicklung <strong>de</strong>s Massensports voranzutreiben. Für<br />

das Jahr 1958 waren 1500 neue Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> zu gewinnen, wobei sich <strong><strong>de</strong>r</strong> pro-<br />

zentuale Anteil von weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n um 15% erhöhen sollte.<br />

Die Entstehungsgeschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> unabhängigen Dachor-<br />

ganisationen im Westen und Osten Deutschlands ver<strong>de</strong>utlicht die unter-<br />

schiedliche Grundausrichtung. Der Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in <strong>de</strong>n<br />

Westzonen basierte auf einer Reorganisation <strong><strong>de</strong>r</strong> alten Strukturen in einem<br />

neuen, durchweg unpolitischen Selbstverständnis, wohingegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufbau in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ ganz <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialistischen Zielsetzung untergeordnet war. Die DRV-<br />

Vizepräsi<strong>de</strong>nten wur<strong>de</strong>n Theodor Körner, Hans Lemberg und Gerhard Beyer gewählt.<br />

Bruno Bürger übernahm das Amt <strong>de</strong>s Generalsekretärs.<br />

301<br />

„Anlage zum Präsidiumsbeschluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR Nr. 24 vom 9. November<br />

1957“, in: SAPMO-BARCH, DY 12/2967‚ Fiche 1, Bl. 44.<br />

302<br />

Vgl. WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR, S. 52.<br />

303<br />

SAPMO-BARCH, DY 12/2967, Fiche 1, Bl. 74.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 82<br />

Vereine als Mitglied <strong>de</strong>s DSB verpflichteten sich zu parteipolitischer, konfes-<br />

sioneller und ethischer Neutralität unter Ablehnung jeglicher militärischer In-<br />

strumentalisierung <strong>de</strong>s Sports. 304 In <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ beziehungsweise DDR sah man<br />

die Neugründung auf alter Basis und im alten Geist als unheilvolle Tradition,<br />

die unbedingt vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n musste. 305 Der Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s Sports im<br />

Allgemeinen und <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports im Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en war in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ an die Par-<br />

teiorganisationen FDJ und FDGB gebun<strong>de</strong>n. Diese leiteten und gestalteten<br />

<strong>de</strong>n Neuaufbau ganz im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialistischen Weltanschauung. Beyer<br />

merkt an, dass in <strong>de</strong>n Anfangsjahren die spätere politische <strong>Aus</strong>richtung nicht<br />

erkennbar gewesen sei. Durch die Gründung <strong>de</strong>s DSA wur<strong>de</strong>n jedoch die<br />

i<strong>de</strong>ologisch-politischen Elemente verstärkt und mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Überführung dieses<br />

<strong>Aus</strong>schusses in <strong>de</strong>n DTSB 306 konsolidiert.<br />

„Von <strong><strong>de</strong>r</strong> ursprünglichen Maxime <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitersportler in <strong><strong>de</strong>r</strong> SED:<br />

Der Sport soll und darf nicht parteigebun<strong>de</strong>n sein, er muss sich<br />

frei und <strong><strong>de</strong>m</strong>okratisch entwickeln“ war nicht mehr die Re<strong>de</strong>.“ 307<br />

4.6 „Kalter Krieg“ auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Regattabahn<br />

Zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> fünfziger Jahre spitzte sich die Situation <strong>de</strong>s Sports zu, da die<br />

politischen Differenzen <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utsch-<strong>de</strong>utschen Sportverkehr beeinflussten.<br />

Im Mai 1951 hatte <strong><strong>de</strong>r</strong> DSB in seinen Stuttgarter Beschlüssen die Verbän<strong>de</strong><br />

aufgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, Sportveranstaltungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR nur dann zu besuchen, wenn<br />

dort auf propagandistische Aktivitäten verzichtet wür<strong>de</strong>. Dies stand im klaren<br />

Gegensatz zu <strong><strong>de</strong>m</strong> damaligen Sportverständnis in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR:<br />

„Wir treiben nicht Sport um <strong>de</strong>s Sportes willen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n um unseren<br />

Körper gesund, wi<strong><strong>de</strong>r</strong>standsfähig und leistungsstark zu machen,<br />

und um unsere Menschen zu befähigen, unseren<br />

Fünfjahresplan vorfristig zu erfüllen, um die Aufbauerfolge unserer<br />

DDR gegen Sabotagemaßnahmen und Anschläge <strong><strong>de</strong>r</strong> USA-<br />

Imperialisten zu schützen. Unser Sport ist daher bewusst politisch.“<br />

308<br />

304 Vgl. [ohne Verfasser], „DSB Satzung 1950“, in: DEUTSCHER SPORTBUND (Hrsg.), Die<br />

Grün<strong><strong>de</strong>r</strong>jahre <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Sportbun<strong>de</strong>s. Wege aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Not zur Einheit, Bd. 1, Schorndorf<br />

1990, S. 71.<br />

305 Vgl. ebenda, S. 21-22.<br />

306 Vgl. BEYER, „Der an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Weg“, S. 666. Ferner PABST, Sport – Medium <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik?,<br />

S. 207-209.<br />

307 TEICHLER, „Die schwierigen Anfänge <strong>de</strong>s Sports unter <strong><strong>de</strong>m</strong> SED-Regime 1945-1957“,<br />

S. 245.<br />

308 C. DIEM, Weltgeschichte <strong>de</strong>s Sports. Der mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Sport, Bd. 2, 2. Aufl., Stuttgart 1967,<br />

S. 1048.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 83<br />

So wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR immer häufiger <strong>für</strong> politische Propaganda<br />

eingesetzt „[...] um die Überlegenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialistischen Welt gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

kapitalistischen nachzuweisen“. 309 West-Berliner Sportler wur<strong>de</strong>n abge-<br />

schreckt, in<strong><strong>de</strong>m</strong> sie beispielsweise gezwungen wer<strong>de</strong>n sollten, Erklärungen<br />

gegen die Politik <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland zu unterschreiben. 310 Der<br />

Sportverband Berlin stellte daraufhin <strong>de</strong>n Sportverkehr mit <strong>de</strong>n DDR-<br />

Verbän<strong>de</strong>n ein. „Der DSB solidarisierte sich in <strong>de</strong>n Oberweseler Beschlüssen<br />

vom 21. September 1952 mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Berliner Verband und verfügte ebenfalls<br />

einen sofortigen Abbruch <strong>de</strong>s inner<strong>de</strong>utschen Sportverkehrs.“ 311<br />

Walter Wülfing unterstützte zwar <strong>de</strong>n Beschluss <strong>de</strong>s DSB, allerdings ver-<br />

suchte er unter Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> vom DSB vorgegeben Richtlinien wei-<br />

terhin einen gesamt<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport aufrechtzuerhalten. 312<br />

Gemeinsam mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Präsi<strong>de</strong>nten <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, Heinz Dose,<br />

hatte sich Wülfing auf die <strong>Aus</strong>tragung von gesamt<strong>de</strong>utschen Meisterschaften<br />

einigen können. Diese wur<strong>de</strong>n von 1954 bis 1957 erfolgreich durchgeführt. In<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DDR verfolgten die Verantwortlichen jedoch mit <strong>de</strong>n gesamt<strong>de</strong>utschen<br />

Meisterschaften ganz an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Ziele. In einer Vorlage <strong>de</strong>s stellvertreten<strong>de</strong>n<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>n Weissig, mitverantwortlich <strong>für</strong> die Abteilung Wasserfahrsport im<br />

Staatlichen Komitee <strong>für</strong> Körperkultur und Sport (SKKS), heißt es:<br />

„Die Durchführung Deutscher Meisterschaften und die Erringung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Titel <strong>für</strong> die Deutsche Demokratische Republik ist ein Beitrag<br />

<strong>für</strong> die Einheit unseres Vaterlan<strong>de</strong>s und die Anerkennung unserer<br />

Republik.“ 313<br />

Es galt, die Überlegenheit <strong>de</strong>s Systems darzustellen. Nicht individuelle Erfol-<br />

ge, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n das Kollektiv zählten. Dabei war es egal, in welchen Bootsklas-<br />

sen und von wem die Titel gewonnen wur<strong>de</strong>n. Dennoch belegen die<br />

Ergebnisse <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamt<strong>de</strong>utschen Meisterschaften anfänglich eine Dominanz<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> west<strong>de</strong>utschen Sportler. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten <strong>Aus</strong>tragung in Hannover am<br />

309 DIEM, ebenda, S. 1050.<br />

310 Vgl. HOLZWEIßIG, „Sport als Instrument <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR“, S. 922. Dem Sportverband Berlin wur<strong>de</strong><br />

auf Rückfrage bestätigt, dass man erstens nicht auf politische Aktionen bei sportlichen<br />

Veranstaltungen verzichten wolle und zweitens, „daß West-Berlin auch auf sportlichem<br />

Gebiet verschwin<strong>de</strong>n“ müsse.<br />

311 Ebenda.<br />

312 Vgl. W. WÜLFING, „Sportverkehr Ost-West unterbrochen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 2(1952)31, S. U<br />

II. Ferner W. WÜLFING, „Gesamt<strong>de</strong>utscher Sportverkehr wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgenommen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

3(1953)1, S. 3-4.<br />

313 MICHAEL/WEISSIG, „Sekretariatsvorlage Nr. 45/7/54“, in: SAPMO-BARCH, DR 5/135, Bl. 1.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 84<br />

14./15. August 1954 wur<strong>de</strong>n alle Titel vom DRV gewonnen, was die DDR wie<br />

folgt kommentierte:<br />

„Diese erste Deutsche Meisterschaft im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ergab eine katastrophale<br />

Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lage im Männerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> die DDR. Es ist nicht<br />

nur eine Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lage <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gewesen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein<br />

Schlag gegen unsere Arbeiter- und Bauernmacht, ein Schlag gegen<br />

die DDR und die progressiven Kräfte in West<strong>de</strong>utschland.“ 314<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> darauf folgen<strong>de</strong>n akribischen <strong>Aus</strong>wertung stellten die Verantwortlichen<br />

fest, dass die Trainingszeit von vier Wochen zu kurz gewesen war. Außer-<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> kritisiert, dass sich die Mehrzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainer lediglich auf die<br />

technische Vorbereitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaften stützte und die politische Motiva-<br />

tion völlig in <strong>de</strong>n Hintergrund gerückt war. Dies hätte dazu geführt, dass sich<br />

ein Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportler <strong><strong>de</strong>r</strong> i<strong>de</strong>ologischen Vorbereitung mit Desinteresse ge-<br />

widmet habe. 315<br />

„Das krasseste Beispiel <strong><strong>de</strong>r</strong> mangeln<strong>de</strong>n Erziehung war die Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Sportfreun<strong>de</strong> Raddatz, Niebann, Bassus, Gärtner,<br />

Filter und Weissig gegen die Anordnungen <strong>de</strong>s Trainerrates. Diese<br />

Sportfreun<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Lehrganges verwiesen und von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Teilnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Meisterschaften ausgeschlossen.“ 316<br />

Diese Art <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen stalinistischen Kritik und Selbstkritik führte zur Ver-<br />

abschiedung eines Maßnahmenpaketes mit neun Punkten, das einerseits<br />

eine konstante und konsequente Umsetzung von Trainings- und Leistungs-<br />

kontrollen vorsah und an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits eine Überschätzung <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Leis-<br />

tungsstärke verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n sollte. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong>n die Mannschaften bereits<br />

zu diesem Zeitpunkt <strong>für</strong> die <strong>Deutschen</strong> Meisterschaften nominiert. Das Ziel<br />

war einzig und allein <strong><strong>de</strong>r</strong> Gewinn von Titeln. 317 Wegen ihrer fachlich falschen<br />

Einschätzung und nicht ausreichend verantwortungsbewussten Haltung wur-<br />

<strong>de</strong>n außer<strong><strong>de</strong>m</strong> die betroffenen „Sportfreun<strong>de</strong>“ zur Verantwortung gezogen:<br />

Der Präsi<strong>de</strong>nt Heinz Dose und <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainerratvorsitzen<strong>de</strong> Bergemann erhiel-<br />

ten eine „ernsthafte Ermahnung“. 318<br />

314 Ebenda.<br />

315 Ebenda, Bl. 7.<br />

316 Ebenda, Bl. 5.<br />

317 Vgl. ebenda, Bl. 6.<br />

318 Vgl. ebenda, Bl. 7. Ursprünglich war <strong>für</strong> <strong>de</strong>n verantwortlichen Abteilungsleiter Michael ein<br />

Verweis vorgesehen, <strong><strong>de</strong>r</strong> allerdings an <strong><strong>de</strong>r</strong> entsprechen<strong>de</strong>n Stelle mit Bleistift durchgestrichen<br />

wur<strong>de</strong>. Eine weitere Recherche ergab keine Klarheit.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 85<br />

Trotz aller Maßnahmen und Planungen gelang es 1955 lediglich <strong><strong>de</strong>m</strong> zuvor<br />

noch ausgeschlossenen Klaus Filter vom SC Dynamo Berlin, <strong>de</strong>n Titel im<br />

Leichtgewichtseiner zu gewinnen. 1956 konnte die Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n drei Meis-<br />

tertitel erreichen, 1957 war mit vier Titeln das erfolgreichste Jahr <strong>für</strong> die ost-<br />

<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er. 319 Bei <strong>de</strong>n Verhandlungen <strong>für</strong> die kommen<strong>de</strong> Saison im<br />

Dezember 1957 erklärte <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Verbandspräsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>n Verantwortlichen<br />

<strong>de</strong>s DRV, dass die DDR von nun an ost<strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften ab-<br />

halten wer<strong>de</strong>. Begrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong> dies folgen<strong><strong>de</strong>r</strong>maßen:<br />

„[...] die DDR sei ein starker selbständiger Staat und wer<strong>de</strong> seine<br />

Selbständigkeit nicht nur beibehalten, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n noch verstärken.<br />

Die Folge davon sei <strong><strong>de</strong>r</strong> Beschluß <strong>de</strong>s Turn- und Sportbun<strong>de</strong>s,<br />

[...], eigene Deutsche Meisterschaften <strong>für</strong> alle Sportarten durchzuführen."<br />

320<br />

Wülfing versuchte mehrfach erfolglos, <strong>de</strong>n Präsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>s DTSB, Rudi Rei-<br />

chert, umzustimmen, um die gesamt<strong>de</strong>utschen Meisterschaften zu erhalten.<br />

Reichert berief sich in seiner Ablehnung klar auf die politische Funktion <strong>de</strong>s<br />

Sports in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. Der Sportverkehr Ost-West solle dazu dienen, politischen<br />

Einfluss auf die Bevölkerung <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR zu nehmen. Die DDR habe als selbst-<br />

ständiger Staat einen Anspruch darauf, von <strong>de</strong>n internationalen Fachverbän-<br />

<strong>de</strong>n in voller Selbstständigkeit aufgenommen zu wer<strong>de</strong>n. Eine<br />

Aufrechterhaltung gemeinsamer Meisterschaften wür<strong>de</strong> diesem Ziel entge-<br />

genstehen. Eine Son<strong><strong>de</strong>r</strong>regelung <strong>für</strong> die Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sei aus Grün<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Kameradschaftlichkeit gegenüber an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Sektionen nicht möglich. Solange<br />

gegensätzliche politische Auffassungen in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten be-<br />

stün<strong>de</strong>n, sei auch eine Zusammenarbeit zwischen Sportverbän<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun-<br />

<strong>de</strong>srepublik und <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR nicht möglich. 321<br />

Auf nationaler Ebene war die Zusammenarbeit zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Ver-<br />

bän<strong>de</strong>n damit been<strong>de</strong>t. Auf internationaler Ebene waren <strong><strong>de</strong>r</strong> DTSB und die<br />

ihm unterstellte Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, ab 1958 Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verband,<br />

allerdings zunächst aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Beschlüsse <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA zur Kooperation mit<br />

319 Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND (Hrsg.), Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport Almanach 1993. Jahrbuch und Adressbuch<br />

<strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, Min<strong>de</strong>n 1994, S. 141-152. Ferner WINKLER,<br />

Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 65-66.<br />

Vgl. auch FREYEISEN, „Diplomaten im Trainingsanzug“, S. 22.<br />

320 W. WÜLFING, „Ost-West immer schwieriger“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 75(1957)34, S. 617.<br />

321 Vgl. W. WÜLFING, „Endgültig: Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ohne Sektion“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

76(1958)5, S. 75. Ferner HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland,<br />

S. 56-57.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 86<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> DRV gezwungen. Der DRV hatte bereits 1951 erfolgreich <strong>de</strong>n Antrag<br />

auf Aufnahme als außeror<strong>de</strong>ntliches Mitglied in die FISA gestellt. Die dama-<br />

lige Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n konnte ihre Aufnahme als außeror<strong>de</strong>ntliches Mitglied<br />

erst 1955 realisieren. 322 Die Mitgliedschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war allerdings<br />

an die Auflage gebun<strong>de</strong>n, dass bei internationalen Meisterschaften nur eine<br />

gesamt<strong>de</strong>utsche Mannschaft startberechtigt war. Mit dieser Entscheidung<br />

folgte die FISA <strong>de</strong>n Beschlüssen <strong>de</strong>s Internationalen Olympischen Komitees<br />

(IOC), in <strong>de</strong>nen die Teilnahme einer gesamt<strong>de</strong>utschen Mannschaft an <strong>de</strong>n<br />

Olympischen Spielen festgelegt wur<strong>de</strong>. 323 Die gesamt<strong>de</strong>utschen Meister-<br />

schaften von 1955-1957 galten damit als Qualifikation <strong>für</strong> die internationalen<br />

Wettbewerbe. Neben diesen <strong>Aus</strong>scheidungsrennen gab es Probleme ganz<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Art. So fin<strong>de</strong>t sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Korrespon<strong>de</strong>nz 324 <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Verbandsprä-<br />

si<strong>de</strong>nten ein Brief von Wülfing an Dose zur „geflissentlichen“ Kenntnisnahme<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bitte um Rückgabe geliehener Kleidungsstücke. Laut Beleg seien<br />

zehn Trainingshosen und elf Pullover bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Europameisterschaft 1956 in<br />

Bled ausgeliehen wor<strong>de</strong>n. Es fehle jetzt noch ein vollständiger Anzug plus<br />

neun Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>hem<strong>de</strong>n, neun Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>hosen, ein Racetrikot Größe 6 sowie 6<br />

Racetrikots Größe 5. Ferner bedankt sich <strong><strong>de</strong>r</strong> west<strong>de</strong>utsche Präsi<strong>de</strong>nt <strong>für</strong> die<br />

Überweisung <strong><strong>de</strong>r</strong> 20 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>hem<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenmannschaft. 325 Trotz diverser<br />

Verzögerungen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Regelung finanzieller Fragen von Seiten <strong>de</strong>s ost<strong>de</strong>ut-<br />

schen Verban<strong>de</strong>s war das Verhältnis zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong>n ein<br />

gutes, was auch Wülfing in seinem Brief an Dose zum <strong>Aus</strong>druck brachte:<br />

„Ich möchte noch einmal meiner Freu<strong>de</strong> darüber <strong>Aus</strong>druck geben,<br />

daß die Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband so ka-<br />

322 Die DDR hatte bereits 1951 <strong>de</strong>n ersten Antrag auf Aufnahme als außeror<strong>de</strong>ntliches Mitglied<br />

in die FISA gestellt. Der genehmigte Antrag auf Aufnahme war insgesamt <strong><strong>de</strong>r</strong> fünfte,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> von Seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR gestellt wur<strong>de</strong>. In <strong><strong>de</strong>m</strong> letzten Antrag wur<strong>de</strong> vor allem darauf<br />

hingewiesen, [...] „daß die DDR ein souveräner Staat ist, <strong><strong>de</strong>r</strong> 1954 zu mehr als zehn<br />

Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n diplomatische Beziehungen unterhält.“ Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> bekräftigte das Präsidium <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR <strong>de</strong>n Standpunkt, dass „<strong><strong>de</strong>r</strong> DRV <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD nicht das Recht hat,<br />

<strong>de</strong>n DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport auf internationaler Ebene zu vertreten.“ WINKLER, Die geschichtliche<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 59. Die FISA konnte<br />

<strong>de</strong>n Antrag auf außeror<strong>de</strong>ntliche Mitgliedschaft nicht ein weiteres Mal negativ beschei<strong>de</strong>n,<br />

da das IOC auf seiner 50. Session im Juni 1955 in Paris das Nationale Olympische<br />

Komitee <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR anerkannt hatte.<br />

323 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 139.<br />

324 Vgl. W. WÜLFING, „Schriftwechsel mit <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband“, in: SAPMO-<br />

BARCH, DY 12/332, Fiche 1, Bl. 6.<br />

325 Vgl. ebenda.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 87<br />

meradschaftlich und reibungslos bei <strong>de</strong>n Europameisterschaften<br />

zusammengearbeitet haben.“ 326<br />

Wülfing versuchte außer<strong><strong>de</strong>m</strong> das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in bei<strong>de</strong>n Staaten zusam-<br />

menzuführen, da er davon ausging, dass es sehr viele junge Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er gab,<br />

die gern auf <strong>de</strong>n Gewässern <strong>de</strong>s an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Verban<strong>de</strong>s ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wür<strong>de</strong>n. Der<br />

DRV hatte genau hier<strong>für</strong> lange Zeit einen stabilen, kurzen Doppelzweier <strong>für</strong><br />

Fahrten durch <strong>de</strong>n Spreewald in Lübbenau positioniert. 327 Offensichtlich<br />

scheiterte das Vorhaben an <strong>de</strong>n fehlen<strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>weisen, da es in <strong><strong>de</strong>r</strong> weiteren<br />

Korrespon<strong>de</strong>nz von Wülfing nicht mehr angesprochen wur<strong>de</strong>.<br />

Seit 1958 mussten <strong>Aus</strong>scheidungsrennen zwischen <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV und <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

DRSV durchgeführt wer<strong>de</strong>n, um die Vertreter in <strong>de</strong>n einzelnen Bootsklassen<br />

bei internationalen Wettbewerben zu ermitteln. Diese Rennen wur<strong>de</strong>n bis<br />

1964 abgehalten und galten <strong>für</strong> Europa- und Weltmeisterschaften sowie<br />

Olympische Spiele. Zumin<strong>de</strong>st in <strong>de</strong>n Anfangsjahren zeigte sich eine Überle-<br />

genheit <strong><strong>de</strong>r</strong> west<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er. So gelang es <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV drei Mal, in al-<br />

len Bootsklassen <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer zu gewinnen.<br />

Jahr Qualifikation <strong>für</strong> DRV DRSV<br />

1958 EM 7 -<br />

1959 EM 6 328 -<br />

1960 OS 5 2<br />

1961 WM 7 -<br />

1962 EM 6 1<br />

1963 EM 7 -<br />

1964 EM 4 3<br />

1964 OS 5 2<br />

Tab. 1: <strong>Aus</strong>scheidungsrennen zwischen <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV und <strong><strong>de</strong>m</strong> DRSV in <strong>de</strong>n damaligen sieben<br />

olympischen Bootsklassen 329<br />

Die immer größer wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n politischen Differenzen zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />

Staaten übertrugen sich auch auf die <strong>de</strong>utsch-<strong>de</strong>utschen Sportbeziehungen.<br />

326 Ebenda, Bl. 18.<br />

327 Ebenda, Bl. 63.<br />

328 Die reduzierte Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennen erklärt sich aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache, dass im Vierer mit Steuermann<br />

<strong>de</strong>s DRV ein „Republikflüchtling“ saß, <strong><strong>de</strong>r</strong> bei Betreten <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s verhaftet<br />

wer<strong>de</strong>n sollte. Da <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV einem <strong>Aus</strong>scheidungsrennen auf neutralem Bo<strong>de</strong>n nicht zustimmte,<br />

fiel diese Bootsklasse <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV zu.<br />

329 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 140.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 88<br />

Die Sportverbän<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n beschuldigt, <strong>de</strong>n Sportverkehr zu Agenten- und<br />

Spionagezwecken zu missbrauchen. Häufig wur<strong>de</strong>n lange vorher vereinbarte<br />

Sportveranstaltungen von DDR-Seite kurzfristig abgesagt. Der DRSV ver-<br />

suchte, die vollwertige Mitgliedschaft in <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA zu erzwingen, um eine ei-<br />

gene Mannschaft zu internationalen Meisterschaften entsen<strong>de</strong>n zu<br />

können. 330<br />

Im März 1961 erreichte <strong><strong>de</strong>r</strong> „Kalte Krieg“ zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />

Staaten auf sportpolitischer Ebene einen neuen Höhepunkt. Der Bun<strong>de</strong>sge-<br />

richtshof <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland erklärte <strong>de</strong>n DTSB und alle ihm<br />

angeschlossenen Verbän<strong>de</strong> und Sektionen als verfassungsfeindliche Orga-<br />

nisationen. Auf politischer und damit zwangsläufig auch auf sportlicher Ebe-<br />

ne manifestierte sich die Abgrenzung von West<strong>de</strong>utschland durch <strong>de</strong>n Bau<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Mauer, <strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nacht zum 13. August 1961 begann. Die<br />

west<strong>de</strong>utschen Sportverbän<strong>de</strong> DSB und NOK verfügten nur drei Tage später<br />

in <strong>de</strong>n Düsseldorfer Beschlüssen <strong>de</strong>n Abbruch <strong>de</strong>s inner<strong>de</strong>utschen Sportver-<br />

kehrs, 331 <strong><strong>de</strong>r</strong> damit praktisch zum Erliegen kam. Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA-<br />

Bestimmungen waren DRV und DRSV jedoch weiterhin verpflichtet, die <strong>Aus</strong>-<br />

scheidungsrennen <strong>für</strong> die internationalen Regatten durchzuführen. Der<br />

DRSV verzichtete ab 1965 nicht nur auf die Teilnahme an <strong><strong>de</strong>r</strong> Qualifikation,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n lehnte darüber hinaus jegliche Verhandlung ab. Die Haltung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

ost<strong>de</strong>utschen Funktionäre führte dazu, dass die <strong>de</strong>utsche Mannschaft <strong>für</strong> die<br />

Europameisterschaften 1965 in Duisburg nur aus DRV-Sportlern bestand. Im<br />

selben Jahr wur<strong>de</strong> von Seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA und <strong>de</strong>s IOC die Verpflichtung zu<br />

einer gesamt<strong>de</strong>utschen Mannschaft endgültig aufgehoben. Als Folge <strong>de</strong>ssen<br />

wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> achten Antrag <strong>de</strong>s DRSV über die Anerkennung als eigenständi-<br />

ges Mitglied <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA stattgegeben. 332 Im September 1967 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV<br />

schließlich zum or<strong>de</strong>ntlichen FISA-Mitglied erhoben und besaß danach das<br />

Recht auf drei Kongressstimmen.<br />

330 Vgl. R. ZIEL, „Sie scheuten <strong>de</strong>n Wortbruch nicht“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 79(1961)24, S. 565. Ferner<br />

W. DAUME, „Zur Lage im gesamt<strong>de</strong>utschen Turn- und Sportverkehr“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

79(1961)27, S. 613.<br />

331 Vgl. HOLZWEIßIG, „Sport als Instrument <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR“, S. 924. Ferner H.-D. KREBS, „Von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Einheit zur Gemeinsamkeit. Eine Annäherung an das Jahrzehnt 1989 bis 1998“, in: M.<br />

LÄMMER, (Hrsg.), Deutschland in <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen Bewegung. Eine Zwischenbilanz,<br />

Frankfurt a.M. 1999, S. 327.<br />

332 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 140-141.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 89<br />

Betrachtet man die inner<strong>de</strong>utschen Sportbeziehungen zusammenfassend, so<br />

muss konstatiert wer<strong>de</strong>n, dass Sport und Politik nicht voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> zu tren-<br />

nen waren. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> offensiv und intensiv betriebenen För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Spitzen-<br />

sports verfolgte die Regierung <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR die volle Anerkennung ihres Staates.<br />

Politische Agitation und Indoktrination stellten sich nicht nur als äußerst wir-<br />

kungsvoll in <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchsetzung politischer Ansprüche und Ziele heraus, son-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n wirkten sowohl systemstabilisierend nach innen als auch prestigebrin-<br />

gend nach außen.<br />

4.7 Schwerpunkte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsarbeit bis 1991<br />

Es ist unbestritten, dass die <strong>Aus</strong>richtung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />

Verbän<strong>de</strong> in Abhängigkeit zum jeweiligen politischen System stand. Trotz <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

politischen Unterschie<strong>de</strong> gab es <strong>de</strong>nnoch Gemeinsamkeiten, wie die konse-<br />

quente, anfängliche <strong>Aus</strong>richtung auf <strong>de</strong>n Spitzen- und Leistungssport. <strong>Aus</strong><br />

politischer Sicht unterschie<strong>de</strong>n sich diese Motive jedoch erheblich, da <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR die Überlegenheit <strong>de</strong>s Sozialismus propagieren sollte.<br />

4.7.1 Die Arbeit <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s<br />

Den Verantwortlichen <strong>de</strong>s DRV war es ein Anliegen, <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport zu al-<br />

tem Ansehen und zu alter Geltung zu verhelfen. Da das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und die<br />

Regatten immer als „Krone <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports“ bezeichnet wur<strong>de</strong>n, galt es,<br />

<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport in Zukunft weiterhin großen Erfolgen entgegenzuführen. 333<br />

Ein wichtiger Schritt auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Weg zu diesem Ziel war <strong><strong>de</strong>r</strong> Gewinn <strong><strong>de</strong>r</strong> Gold-<br />

medaille im Achter bei <strong>de</strong>n Olympischen Spielen 1960 in Rom. Die von Karl<br />

Adam trainierte Renngemeinschaft ATV Ditmarsia Kiel/Ratzeburger RC ge-<br />

wann das Rennen in <strong><strong>de</strong>r</strong> schnellsten jemals gefahrenen Zeit auf einer olym-<br />

pischen Regattastrecke in 5:57:18 Minuten.<br />

Walter Wülfing bezeichnete <strong>de</strong>n 3. September 1960 als einen „<strong>de</strong>nkwürdigen<br />

Tag in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports“ 334 und Erich Maak hielt<br />

dazu fest:<br />

333 RUPERTI/WÜLFING, Für Deutschland geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t, S. 134.<br />

334 HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 78.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 90<br />

„‘Wir haben es geschafft!’ Das können wir mit Stolz auf unsere eigene<br />

Kraft sagen. Was haben wir geschafft? Wir haben auch <strong>de</strong>n<br />

Achter auf <strong>de</strong>n olympischen Spielen gewonnen. Auch gegen Amerika,<br />

das seit 1920 in allen olympischen Achter-Rennen siegte.<br />

Das war seit Jahrzehnten <strong><strong>de</strong>r</strong> Wunsch <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports<br />

[...]. Nicht nur <strong>de</strong>s flüchtigen Ruhmes wegen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n weil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sieg im olympischen Achter das höchste Ziel je<strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>nation<br />

ist.“ 335<br />

Dieser Erfolg sei exemplarisch genannt, <strong>de</strong>nn in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit kam es zu<br />

weiteren Siegen bei Welt- und Europameisterschaften sowie bei Olympi-<br />

schen Spielen. Die Konzentration auf die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Eliteru<strong><strong>de</strong>r</strong>er führte in<br />

<strong>de</strong>n sechziger Jahren allerdings dazu, dass <strong>für</strong> die <strong>Aus</strong>bildung im Anfänger-<br />

bereich kaum Mittel vorhan<strong>de</strong>n waren. Nur langsam wur<strong>de</strong> damit begonnen,<br />

<strong>de</strong>n Nachwuchs in planmäßigen Schulungen zu sichten und Trainer <strong>für</strong> Ver-<br />

bands- und Vereinsarbeit auszubil<strong>de</strong>n. Dennoch hatte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV in dieser Zeit<br />

mit einem Rückgang <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl zu kämpfen. Die Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong> wa-<br />

ren vielschichtig. Zum einen ging von <strong>de</strong>n ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportlichen Erfolgen nicht die<br />

gewünschte Werbewirkung aus und zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en war Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong>de</strong>n Köpfen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendlichen „nicht lohnenswert“ 336 genug. Sobald dieses Problem er-<br />

kannt wor<strong>de</strong>n war, bemühten sich die Verbandsfunktionäre dieser Entwick-<br />

lung durch eine breit gefächerte <strong>Aus</strong>bildung in <strong>de</strong>n Vereinen<br />

entgegenzusteuern. Richtungweisend war dabei die Einführung <strong>de</strong>s Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Alarmiert durch die geringe Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachwuchsru<strong><strong>de</strong>r</strong>er setzte<br />

sich vor allem <strong><strong>de</strong>r</strong> RV Bochum in diesem Bereich ein. Der DRV stand sich<br />

dagegen selbst im Weg, da er das Min<strong>de</strong>stalter <strong>für</strong> eine Regattateilnahme<br />

auf 15 Jahre festgelegt hatte. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Bochum-Wittener Regatta wur<strong>de</strong>n Kin-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>-Einlagerennen <strong>für</strong> Jungen und Mädchen angeboten. Der DRV strich die<br />

<strong>Aus</strong>schreibung dieser Rennen im Rahmen von Jugendregatten allerdings<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Programm. 337<br />

Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1966 in Lübeck gab Walter Wülfing sein Amt an Claus<br />

Heß ab. Primäre Ziele <strong>de</strong>s neuen Vorsitzen<strong>de</strong>n waren die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> ju-<br />

gendlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er. Heß vertrat die Meinung, dass das erreichte Leistungs-<br />

niveau Erfolge nur über eine breitensportliche <strong>Aus</strong>weitung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports<br />

335 E. MAAK, „Wir haben es geschafft“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 78(1960)29, S. 633.<br />

336 UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 144.<br />

337 Vgl. ebenda, S. 145.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 91<br />

bewahrt wer<strong>de</strong>n könne, da die bisherigen Erfolge nur „auf einer schmalen<br />

Basis und mit Hilfe revolutionärer Trainingsmetho<strong>de</strong>n entstan<strong>de</strong>n“ 338 seien.<br />

Bei dieser Initiative orientierte sich Heß an <strong><strong>de</strong>r</strong> Konzeption <strong>de</strong>s Zweiten We-<br />

ges. 339 Es wur<strong>de</strong> ein <strong>Aus</strong>schuss gebil<strong>de</strong>t, <strong><strong>de</strong>r</strong> in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n<br />

Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong>n einen Rahmenlehrplan entwickelte, <strong><strong>de</strong>r</strong> in seinen<br />

Inhalten beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s die Kriterien dieser Kampagne berücksichtigte. Der dies-<br />

bezügliche Lehrplan wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit fester Bestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>bildung<br />

von Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Sportwarten, Fach-Übungsleitern, Jugendleitern und Ju-<br />

gendru<strong><strong>de</strong>r</strong>warten sowie Frauenwarten. Auch die Lehrgänge <strong>für</strong> Schülerru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>warte, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>warte und Fahrtleiter, Steuerleute und Bootswarte<br />

waren unter diesen breitensportlichen Aspekten maßgeblicher Bestandteil<br />

<strong>de</strong>s neuen <strong>Aus</strong>bildungskonzeptes im DRV. Heß konnte allerdings auch die<br />

Probleme <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine nachvollziehen, die kaum Unterstützung durch <strong>de</strong>n<br />

Verband bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewältigung <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Aufgaben erhielten. Ihm war es<br />

wichtig, nicht nur die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen zu erhöhen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor allem die Ak-<br />

tivierung <strong><strong>de</strong>r</strong> nicht rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n – also <strong><strong>de</strong>r</strong> Breitensportler – voranzutreiben.<br />

„Unser Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein wird uns erst dann ‘mo<strong><strong>de</strong>r</strong>n’ und ‘attraktiv’ erscheinen,<br />

338 Mit „revolutionären Trainingsmetho<strong>de</strong>n“ sind hier die von Karl Adam entwickelten Mo<strong>de</strong>lle<br />

gemeint. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit Adams kann man vier verschie<strong>de</strong>ne Bereiche erkennen, die er entschei<strong>de</strong>nd<br />

geprägt hat: die Anfängerausbildung, die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik, die Trainingsmetho<strong>de</strong>n<br />

sowie bootsbautechnische Entwicklungen. Adam baute sein Mo<strong>de</strong>ll auf <strong>de</strong>n<br />

Erkenntnissen von Fairbairn und <strong>de</strong>n Lehrmetho<strong>de</strong>n von Borrmann/Feige auf. Seiner Methodik<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Anfängerschulung liegt die Theorie <strong><strong>de</strong>r</strong> Kybernetik zugrun<strong>de</strong>, die sich auf <strong>de</strong>n<br />

Schlüsselsatz reduzieren lässt: „Ein zweckgerichteter Bewegungsablauf gehorcht keiner<br />

linearen Steuerung durch eine Bewegungsvorstellung (diese Hypothese steckt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bezeichnung<br />

Koordination), son<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Regelung durch ein System von lernfähigen Regelkreisen.“<br />

K. ADAM, „Die Entstehung <strong><strong>de</strong>r</strong> mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Trainingsformen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

80(1962)3, S. 1-3. Ferner UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 146.<br />

339 Die Deutsche Olympische Gesellschaft hatte bereits 1960 in ihrem Gol<strong>de</strong>nen Plan die<br />

För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Übungsstättenbaus beschlossen, um über einen erweiterten Sportbetrieb<br />

<strong>de</strong>n Vereinen zu mehr Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu verhelfen. Der DRV war aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> genannten<br />

Probleme, wie <strong><strong>de</strong>m</strong> Fehlen ausgebil<strong>de</strong>ter Lehr- und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>warte, zunächst nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Lage, diesen Ansatz ernsthaft zu verfolgen. Der Zweite Weg wur<strong>de</strong> vom DSB propagiert<br />

und sah eine gleichberechtigte För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Breitensports und <strong>de</strong>s Leistungssports vor.<br />

Hiermit sollte <strong>de</strong>n Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong><strong>de</strong>r</strong> mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Gesellschaft Rechnung getragen wer<strong>de</strong>n.<br />

Der DSB gab die Empfehlung an seine Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> heraus, neben <strong>de</strong>n bewährten<br />

Trainings- und Übungsformen <strong>de</strong>s Alltags einen Zweiten Weg aufzubauen, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Erholungs-,<br />

Spiel- und Sportbedürfnis breiterer Volksschichten entspräche. Vgl. P. MIKAT,<br />

„Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ner Sport im Dienste <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschenbildung“, in: SPORTBEIRAT DES DSB (Hrsg.),<br />

Charta <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Sports. Bun<strong>de</strong>stag 1966 in München, Frankfurt a.M. 1968, S. 26-<br />

27. Ferner W. BOKLER, „Breitensport“, in: SPORTBEIRAT DES DSB (Hrsg.), Charta <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen<br />

Sports. Bun<strong>de</strong>stag 1966 in München, Frankfurt/Main 1968, S. 45. Vgl. auch F.<br />

LOTZ, „Zur Charta <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Sports“, in: SPORTBEIRAT DES DSB (Hrsg.), Charta <strong>de</strong>s<br />

<strong>de</strong>utschen Sports. Bun<strong>de</strong>stag 1966 in München, Frankfurt a.M. 1968, S. 8-12.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 92<br />

wenn wir über die 10-Prozent-Hür<strong>de</strong> sportlicher Betätigung hinausgekommen<br />

sind.“ 340<br />

Obwohl viele Vereine über eine befriedigen<strong>de</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl verfügten, be-<br />

stand das Problem <strong><strong>de</strong>r</strong> „passiven“ Mitgliedschaft. Dies be<strong>de</strong>utete, dass zwar<br />

die Mitgliedsbeiträge eingingen, die Personen sich aber nicht an <strong>de</strong>n sportli-<br />

chen Aktivitäten beteiligten. Damit bezog sich Heß auf die Tatsache, dass<br />

die Intensivierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Breitensportarbeit „[...] als Basis <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei und<br />

als Beitrag zum allgemeinen Vereinsleben“ 341 verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n müsse.<br />

Die Umsetzung <strong>de</strong>s Zweiten Weges beinhaltete vor allem die Erweiterung<br />

<strong>de</strong>s regulären Übungsbetriebes durch „ru<strong><strong>de</strong>r</strong>frem<strong>de</strong>“ Aktivitäten, 342 um <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nach Gleichbewertung von Breitensport und Spitzensport mehr<br />

Gewicht zu verleihen. Hier waren zum Beispiel kleine Gymnastikübungen,<br />

lustige Ballspiele, Geschicklichkeitsübungen, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Radtouren,<br />

Raufball und Minihockey sowie Schwimmwettkämpfe und Wasserballspiele<br />

vorgesehen. Die Aufbauarbeit wur<strong>de</strong> im Februar 1973 durch die Konstituie-<br />

rung eines Arbeitskreises Breitensport abgeschlossen, <strong><strong>de</strong>r</strong> ein Jahr später in<br />

einen eigenständigen <strong>Aus</strong>schuss umgewan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>. Es galt, Aktionspla-<br />

nungen zur För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Breitensports aufzustellen, Arbeitsmittel und Ma-<br />

terialien zu entwickeln, die geeignet waren, <strong>de</strong>n Breitensport im DRV zu<br />

för<strong><strong>de</strong>r</strong>n, die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Nebensportarten voranzutreiben sowie die<br />

Trimmwettbewerbe durchzuführen und zu überwachen. 343 Infolge<strong>de</strong>ssen ge-<br />

lang es auch, <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong>für</strong> neue Zielgruppen zu erschließen. Erstmalig<br />

wur<strong>de</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch von behin<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Menschen und sozial Schwächeren<br />

ausgeübt. Medizinische, soziale und pädagogische Aspekte waren wesentli-<br />

che Bestandteile <strong><strong>de</strong>r</strong> breitensportlichen Orientierung im Rahmen <strong>de</strong>s Kon-<br />

zeptes Zweiter Weg.<br />

Seit <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>weltmeisterschaften 1966 in Bled/Jugoslawien sah sich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DRV allerdings mit neuen Problemen im Leistungssport konfrontiert. Bislang<br />

zeigte sich eine Dominanz <strong><strong>de</strong>r</strong> west<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er im direkten Vergleich<br />

340<br />

C. HEß, „Das Programm <strong>de</strong>s ersten Vorsitzen<strong>de</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 84(1966)7, S. 189.<br />

341<br />

Ebenda.<br />

342<br />

Folgen<strong>de</strong> ru<strong><strong>de</strong>r</strong>frem<strong>de</strong> Aktivitäten waren vorgesehen: kleine Gymnastik, lustige Ballspiele,<br />

Übungen mit Geräten, Körperschule, Waldlauf mit kleinen Zwischenspielen, Tischtennis-Wettkämpfe,<br />

Geschicklichkeitsübungen, Training <strong>für</strong> das Sportabzeichen, Leichtathletik,<br />

Kegeln, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Radtouren, Schwimm-Wettkämpfe und Wasserballspiele,<br />

Fußball-Tennis, Minihockey, Raufball, Volleyball und Circuittraining. Vgl. A.<br />

SCHÖNDORF, „Schritte auf <strong><strong>de</strong>m</strong> ‘Zweiten Weg’“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 85(1967)4, S. 59.<br />

343<br />

Vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 93.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 93<br />

mit <strong>de</strong>n Athleten <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. Bei dieser Weltmeisterschaft gewann <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV<br />

erstmals mehr Titel als <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV. Der DRV konnte eine Gold- und eine Bron-<br />

zemedaille gewinnen, <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV kam jedoch auf drei Gold- sowie zwei Bron-<br />

zemedaillen. Die Ursachen <strong>für</strong> diese Verschiebung waren vielfältig. Zum<br />

einen hatte Karl Adam seine erfolgreichen Trainingsmetho<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlich-<br />

keit vorgestellt und damit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Nationen die Möglichkeit eröffnet, Trai-<br />

ningsrückstän<strong>de</strong> aufzuarbeiten. Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en erwies sich im Nachhinein <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Beschluss <strong>de</strong>s west<strong>de</strong>utschen Verban<strong>de</strong>s, ab 1969 keine Renngemeinschaf-<br />

ten mehr zur Teilnahme an <strong>Deutschen</strong> Meisterschaften zuzulassen, als „<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

ganz große Fehler“ 344 . Entschei<strong>de</strong>nd jedoch war die Tatsache, dass es bis<br />

En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> sechziger Jahre in <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD kein differenziertes Programm zur ge-<br />

zielten Talentsuche gab. Eine <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Maßnahmen nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Weltmeister-<br />

schaft in Bled war darum die Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ie Ratzeburg 1965,<br />

die bis heute eine zentrale Einrichtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Talentsichtung und Spitzenför<strong>de</strong>-<br />

rung im <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport ist. Die Hauptaufgaben <strong><strong>de</strong>r</strong> Aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ie waren:<br />

Die <strong>Aus</strong>- und Fortbildung von Trainern, die Talentsuche und Koordination<br />

<strong>de</strong>s Trainings im gesamten Bun<strong>de</strong>sgebiet, die <strong>Aus</strong>richtung von Lehrgängen<br />

<strong>für</strong> Sportlehrer und Sportstu<strong>de</strong>nten, die Entwicklung neuer Metho<strong>de</strong>n im<br />

Training und Bootsbau, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenarbeit mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Sportarten und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Sportmedizin und die Entwicklung starker Mannschaften <strong>für</strong> internationa-<br />

le Aufgaben sowie die Intensivierung internationaler Kontakte. 345<br />

Im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>- und Fortbildung von Trainern wur<strong>de</strong>n drei Arten von<br />

Lehrgängen angeboten: Trainerlehrgänge <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundstufe, Trainerlehrgänge<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Aufbaustufe und Lehrgänge <strong>für</strong> Mannschaften und ihre Trainer mit<br />

Schwerpunkten in Trimmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Boote, Erfolgskontrolle durch Filmaufnah-<br />

men und Durchführung von Testfahrten.<br />

Die Talentsuche und Koordination <strong>de</strong>s Trainings bezog sich auf die Durch-<br />

führung von Sichtungslehrgängen, <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinheitlichung von Technik und<br />

Training sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Talente in Renngemeinschaf-<br />

ten. 346 Eine <strong><strong>de</strong>r</strong> wichtigsten Entscheidungen im Hinblick auf die Talentsuche<br />

war die Herabsetzung <strong>de</strong>s Aufnahmealters in <strong>de</strong>n Vereinen. Konzentrierten<br />

344 Vgl. K. ADAM, „Der ganz große Fehler“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 89(1971)27, S. 609.<br />

345 Vgl. K. ADAM, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ie Ratzeburg“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 88(1970)4, S. 87.<br />

346 Vgl. P. VOIGT, Talentsuche und Spitzenför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung – Darstellung unter beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Berücksichtigung<br />

<strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports im Vergleich zu <strong>de</strong>n politischen Systemen, Diplomarbeit<br />

DSHS Köln, Köln 1970, S. 45.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 94<br />

sich die bisherigen Umstrukturierungsprozesse auf die Verbesserung <strong>de</strong>s<br />

Spitzensports, so wur<strong>de</strong> durch die Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>jugend<br />

(DRJ) im März 1968 auch dieser Bereich explizit geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t, da die Schülerru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in <strong>de</strong>n DRV eingeglie<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>n.<br />

Weitere Schwerpunkte in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsarbeit wur<strong>de</strong>n durch eine verbesserte<br />

Zusammenarbeit zwischen Schule und Verein gesetzt. Wesentliche Neue-<br />

rungen waren zum einen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swettbewerb <strong><strong>de</strong>r</strong> Schulen Jugend trai-<br />

niert <strong>für</strong> Olympia (JtfO) und die Einrichtung von Sportför<strong><strong>de</strong>r</strong>gruppen an <strong>de</strong>n<br />

Schulen sowie überschulischen Leistungsgruppen. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gehört seit 1971<br />

zu <strong>de</strong>n Sportarten <strong>de</strong>s Schulwettbewerbs. Die Nähe zur Olympischen I<strong>de</strong>e<br />

und die Verbreitung <strong>de</strong>s Fairplay-Prinzips stellten seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung eine<br />

große Motivation <strong>für</strong> die Schüler dar, was sich in einer vermehrten Schul-<br />

und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Aktivität zeigte. Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> siebziger Jahre bot sich erst-<br />

malig die Gelegenheit zur intensiven Zusammenarbeit zwischen <strong><strong>de</strong>m</strong> Bund<br />

Deutscher Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> (BDSR) und <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV, die in einer intensi-<br />

vierten Talentsichtung auf <strong>de</strong>n Regatten ihren <strong>Aus</strong>druck fand. Diese Talente<br />

galt es im Rahmen einer Kooperation zwischen Schule und Verein zu för-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 347<br />

An <strong>de</strong>n Universitäten war eine Sportlehrerkurzausbildung vorgesehen, die<br />

Lehrer einerseits dazu befähigen sollte, das Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Schüler an dieser<br />

Sportart zu wecken und an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits das Lehrpersonal methodisch-<br />

didaktisch <strong>für</strong> erste Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>versuche zu schulen.<br />

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt lag auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Bootsbau. Durch die Entwick-<br />

lung neuer Bootsbaumaterialien wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ie Ratzeburg eine<br />

wichtige Rolle zuteil. Ebenso wur<strong>de</strong>n neue Trainingsmetho<strong>de</strong>n getestet, die<br />

in Zusammenarbeit mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Medizinischen Aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ie Lübeck wissenschaft-<br />

lich ausgewertet wur<strong>de</strong>n. Geforscht wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Bereichen Höhentraining,<br />

Intervallmetho<strong>de</strong> und Tempoarbeit. 348<br />

Neben <strong><strong>de</strong>m</strong> Leistungs- und Breitensport etablierte sich mehr und mehr das<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im DRV. Bereits 1955 erschien erstmalig das Handbuch <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er, das vom Unterausschuß Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n herausgegeben<br />

347 Vgl. J. SCHULTZ, „‘Jugend trainiert <strong>für</strong> Olympia’ – Aufgabe und Verpflichtung“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

95(1977)29, S. 685. Ferner vgl. [ohne Verfasser], „Das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport Gespräch mit<br />

Dr. Claus Heß und Jürgen Bentlage. „‘Jugend trainiert <strong>für</strong> Olympia’“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

95(1977)29, S. 686.<br />

348 Vgl. ADAM, „Die Entstehung <strong><strong>de</strong>r</strong> mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Trainingsformen“, S. 1-10.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 95<br />

wur<strong>de</strong>. Dieses Buch enthielt eine <strong>de</strong>taillierte Beschreibung und kartographi-<br />

sche Darstellung <strong>de</strong>utscher und ausländischer Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gebiete, die eine<br />

unverzichtbare Hilfe zur Planung und Durchführung von Fahrten waren. Bis<br />

heute wur<strong>de</strong> das Handbuch mehrfach überarbeitet und ergänzt und gilt im-<br />

mer noch als Standardwerk. 349 Bereits ab 1950 hatte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV zur För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

<strong>de</strong>s Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und zur Motivationssteigerung das „Fahrtenabzeichen“<br />

ausgeschrieben. Das regelmäßige Fahrten- und Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sollte ausge-<br />

zeichnet wer<strong>de</strong>n, wobei eine „Kilometerfresserei“ nicht beabsichtigt war. Die<br />

zu erru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Gesamtkilometerleistung in einem Kalen<strong><strong>de</strong>r</strong>jahr betrug zwi-<br />

schen 800 km <strong>für</strong> Jungru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und 1500 km <strong>für</strong> Männer bis 40 Jahre.<br />

Noch heute gehört dieses Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>abzeichen zu <strong>de</strong>n Leistungsaus-<br />

zeichnungen im DRV. 350<br />

4.7.2 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>entwicklung im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

Seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s DRV entwickelte sich die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine ungefähr<br />

proportional zur Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl. Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg kam es zu zahl-<br />

reichen Neugründungen von Vereinen. Allerdings muss hier berücksichtigt<br />

wer<strong>de</strong>n, dass dies aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Bestimmungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Alliierten auch unum-<br />

gänglich war, da das Führen vieler alter Traditionsnamen nicht mehr erlaubt<br />

war. 351 Die Stagnation <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen in <strong>de</strong>n 70er bis 90er Jahren ist<br />

auf viele Grün<strong>de</strong> zurückzuführen. Nie zuvor gab es bun<strong>de</strong>sweite Kampag-<br />

nen, die große Bevölkerungskreise ansprachen, <strong><strong>de</strong>r</strong> Breitensport erfuhr eine<br />

bis dato nicht bekannte För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung. Vor allem aber kam hinzu, dass gera<strong>de</strong> in<br />

<strong>de</strong>n 80er Jahren Trendsportarten Einzug gehalten haben, die <strong>de</strong>n Zeitgeist<br />

und das Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> und Jugendlichen mehr ansprachen als die<br />

Vermittlung einer traditionellen Sportart wie das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Häufig können<br />

Übungsstätten o<strong><strong>de</strong>r</strong> Material zur <strong>Aus</strong>übung einer Trendsportart wie Inline<br />

Skaten o<strong><strong>de</strong>r</strong> Kitesport gemietet wer<strong>de</strong>n. Diese Möglichkeit besteht beim Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht.<br />

349 Vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 179.<br />

350 Vgl. M. GANZER, „Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 88(1978)1, S. 12-13. Ferner vgl. G.<br />

WINSAUER, „Das Fahrtenabzeichen <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s“, in: DEUTSCHER RU-<br />

DERVERBAND (Hrsg.), Handbuch <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er, 3. Aufl., Min<strong>de</strong>n 1964, S. 34.<br />

Ebenso vgl. E. MAAK, „50 Jahre Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

79(1961)9, S. 232-234.<br />

351 Zur politischen, wirtschaftlichen und sozialen Situation in Deutschland nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten<br />

Weltkrieg vgl. Kap. 4.3.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 96<br />

Das Betreiben <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports war und ist zeitintensiv. Darüber hinaus un-<br />

terliegt es materiellen Nutzerbarrieren, die in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Sportarten leichter<br />

überwun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n können. Ein Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>boot ist im Vergleich zu einem Ball<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Tennisschläger um ein Vielfaches teurer. In <strong><strong>de</strong>r</strong> folgen<strong>de</strong>n Tabelle ist<br />

die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> im DRV dargestellt.<br />

Jahr Anzahl Vereine Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

1883 34 1.166<br />

1884 66 1.199<br />

1914 327 57.600<br />

1926 502 89.999<br />

1936 507 Ca. 100.000 352<br />

1948 220 33.514<br />

1955 307 59.493<br />

1964 356 66.941<br />

1973 381 70.868<br />

1981 379 69.746<br />

1988 386 66.848<br />

1990 388 67.881<br />

1991 388 68.181<br />

Tab. 2: Vereins- und Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik <strong>de</strong>s DRV von 1883 bis 1991 353<br />

4.7.3 Die Arbeit <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verban<strong>de</strong>s<br />

Seit Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre gab es eine <strong>de</strong>utliche Leistungssteigerung in fast<br />

allen Sportarten. Dies belegen die Erfolge <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Sportler bei Olympischen<br />

Spielen und Welt- und Europameisterschaften. Die Frage, wie ein kleines<br />

Land so viele Medaillen erringen konnte, erscheint berechtigt. Die häufig zi-<br />

tierten „unterstützen<strong>de</strong>n Mittel“ reichen als alleinige Erklärung nicht aus. 354<br />

Die Erfolge basierten auch auf <strong><strong>de</strong>r</strong> gezielten und zentralistisch strukturierten<br />

Talentsuche und Spitzensportför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung. Die SED-Parteispitze hatte frühzei-<br />

352<br />

Laut <strong>Aus</strong>kunft <strong>de</strong>s DRV ist die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl von 100.000 großzügig aufgerun<strong>de</strong>t, genauere<br />

Daten liegen nicht vor.<br />

353<br />

Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND, Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik, Hannover 2007, Privatbesitz Hutmacher.<br />

Die Statistik ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit auf CD-Rom beigelegt.<br />

354<br />

Zum Themenkomplex Doping in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR siehe G SPITZER, Doping in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. Ein historischer<br />

Überblick zu einer konspirativen Praxis, Köln 1998.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 97<br />

tig <strong>de</strong>n Nutzen <strong>de</strong>s Sports erkannt und nutzte diesen zur Unterstützung <strong>de</strong>s<br />

Systems und als Mittel im Ringen um internationale Anerkennung. „Der Spit-<br />

zensport <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR wur<strong>de</strong> zum wertvollsten und auch international vorzeigba-<br />

ren Produkt <strong>de</strong>s DDR-Sozialismus.“ 355 Obwohl die Arbeit <strong>de</strong>s DRSV auch die<br />

För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Breiten- und Jugendsports beinhaltete, ist die <strong>de</strong>utliche <strong>Aus</strong>-<br />

richtung auf <strong>de</strong>n Spitzensport nicht zu übersehen. Winkler nennt in seiner<br />

Arbeit fünf Punkte, die die erfolgreiche Basis <strong>de</strong>s DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports aus-<br />

machten:<br />

„Die straffe kollektive Leitung und Kontrolle <strong>de</strong>s Leistungsbereiches,<br />

vor allem die zielstrebige Anwendung neuer Erkenntnisse im<br />

Trainingsprozess, die planmäßigen, schöpferischen Weiterentwicklungen<br />

<strong>de</strong>s Trainingssystems durch die Kooperation von Trainern<br />

und Wissenschaftlern, die hohe Leistungsbereitschaft <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sportlerinnen und Sportler, die kontinuierliche Vorbereitung eines<br />

leistungsfähigen Nachwuchses im weiblichen und männlichen Bereich<br />

und die koordinierte Tätigkeit aller Funktionäre, Trainer, Wissenschaftler,<br />

Ärzte und Übungsleiter.“ 356<br />

Durch die Bildung von Sportclubs entstan<strong>de</strong>n zentrale Einrichtungen zur<br />

För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Spitzensportler. Diese waren an Betriebe gebun<strong>de</strong>n, die<br />

<strong>de</strong>n Sportlern so genannte „Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>stellen“ anboten. Obwohl diese einem Ar-<br />

beitsplatz gleichgestellt waren, wur<strong>de</strong>n die Sportler <strong>für</strong> Training und Wett-<br />

kämpfe freigestellt. Der DTSB übernahm hierbei die<br />

Lohnausgleichszahlungen. Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport wur<strong>de</strong> in acht dieser Sportclubs<br />

systematisch betrieben.<br />

Koordiniert wur<strong>de</strong> das Training in <strong>de</strong>n Forschungs- und Trainingszentren an<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Hochschule <strong>für</strong> Körperkultur, die bereits 1950 in Leipzig ge-<br />

grün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Dieser Hochschule war auch das Forschungsinstitut <strong>für</strong> Kör-<br />

perkultur und Sport angeschlossen. Bei<strong>de</strong> Einrichtungen waren an <strong>de</strong>n<br />

Erfolgen <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er maßgeblich beteiligt. Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>bildung von<br />

Trainern und Sportlehrern optimierten sie vor allem die Prozesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Trai-<br />

ningsplanung und -steuerung. 357<br />

Über die BSG wur<strong>de</strong>n zwar Breitensportangebote gemacht, allerdings muss<br />

angemerkt wer<strong>de</strong>n, dass die finanziellen Mittel <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s stellenweise<br />

355<br />

KRÜGER, Einführung in die Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibeserziehung und <strong>de</strong>s Sports, Bd. 3, S. 18.<br />

356<br />

WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR,<br />

S. 127.<br />

357<br />

Vgl. VOIGT, Talentsuche und Spitzenför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung, S. 111-112. Ferner vgl. WINKLER, Die<br />

geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 42.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 98<br />

eine bessere För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Bereiche als <strong>de</strong>s Spitzensports am Anfang<br />

nicht zuließen. 358 Die Grundlage <strong>für</strong> die internationalen Erfolge <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>er bil<strong>de</strong>te <strong>de</strong>nnoch die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Breiten- und Massensports. Die<br />

Erweiterung <strong>de</strong>s Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns als Form <strong>de</strong>s Freizeit- und Erholungssports<br />

war ebenfalls fest im Perspektivplan verankert und wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend<br />

umgesetzt. 359<br />

Winkler bewertete das erste Verbandstreffen <strong>de</strong>s DRSV in Bran<strong>de</strong>nburg<br />

1969 als Meilenstein in <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. Dieses<br />

Treffen war <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Versuch, eine sportartspezifische Großveranstaltung<br />

durchzuführen. Im Mittelpunkt stand die <strong>Aus</strong>richtung <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-<br />

Meisterschaften aller Altersklassen. Ergänzt wur<strong>de</strong> diese Regatta von Nach-<br />

wuchswettkämpfen, Staffelwettbewerben, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>-fahrten, Altersklassenren-<br />

nen, Volkssportwettbewerben in <strong>de</strong>n Sparten Fußball, Handball, Tischtennis<br />

und Kegeln sowie von kulturellen Zusatzveranstaltungen, wie einem<br />

Lampionkorso mit 30 Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>booten unter Einbeziehung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bran<strong>de</strong>n-<br />

burger Bevölkerung und einer abschließen<strong>de</strong>n Veranstaltung innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bezirks<strong>de</strong>legation mit eigenen Kulturbeiträgen. 360 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> gab es die Mög-<br />

lichkeit, die Lauf dich gesund Meile und das Sportabzeichen 361 abzulegen. 362<br />

Insgesamt nahmen 4000 Teilnehmer an <strong><strong>de</strong>r</strong> Veranstaltung teil, 2200 Leis-<br />

tungssportler, 1000 Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er und 800 ehemalige Aktive und Funktio-<br />

näre. Das entsprach 40% aller zu <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit organisierten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er. 363 Die Stadt<br />

Berlin stellte mit 920 Aktiven das größte Kontingent.<br />

358<br />

Erschwerend kam die <strong>de</strong>solate materielle Situation nach Kriegsen<strong>de</strong> hinzu. Vgl. ebenda,<br />

S. 88.<br />

359<br />

Vgl. ebenda, S. 92.<br />

360<br />

Vgl. SAPMO-BARCH, DY 12/2984, Fiche 2, Bl. 109.<br />

361<br />

Das Sportabzeichen <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR wur<strong>de</strong> 1950 erstmals eingeführt. Das erste Abzeichen Bereit<br />

zur Arbeit und zur Verteidigung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns war <strong>für</strong> Erwachsene gedacht. Daneben<br />

gab es zusätzlich das Sportleistungsabzeichen <strong>für</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> und Jugendliche. Von 1956 bis<br />

1964 wur<strong>de</strong> das Sportabzeichen Bereit zur Arbeit und zur Verteidigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Heimat abgenommen,<br />

daneben existierte auch noch das Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holungsabzeichen, das zum mehrmaligen<br />

Erwerb <strong>de</strong>s Sportabzeichens anregen sollte. Ab 1965 wur<strong>de</strong> das Sportabzeichen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DDR angeboten. Dieses sollte in theoretischer, methodischer und organisatorischer<br />

Hinsicht als Grundprogramm <strong>für</strong> die körperliche Erziehung und Bildung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung<br />

wirken. Inhaltlich war eine vielseitige und interessante Übungsgestaltung vorgesehen, die<br />

einen hohen sportlichen Wert besaß und sich durch einfachere Verfahrensweisen im<br />

Prüfwesen auszeichnete. Vgl. G. ERBACH u. A. (Herausgeberkollegium), Kleine Enzyklopädie<br />

Körperkultur und Sport, vierte, neubearbeitete Auflage, Leipzig 1972, S. 675.<br />

362<br />

Vgl. WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR, S. 97.<br />

363<br />

Vgl. SAPMO-BARCH, DY 12/2972, Fiche 2, Bl. 108.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 99<br />

Auch die i<strong>de</strong>ologische Erziehung war fester Bestandteil jeglicher sportlichen<br />

Aktivität in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. So durfte auch zum ersten Verbandstreffen <strong>de</strong>s DRSV<br />

ein feierliches Gelöbnis nicht fehlen:<br />

„Wir, Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verban<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR,<br />

wir, Angehörige unserer großen, sozialistischen Sportbewegung,<br />

wir, die wir im fairen Wettkampf unser Können gemessen haben,<br />

hingegeben <strong><strong>de</strong>m</strong> Spiel <strong>de</strong>s Willens, <strong><strong>de</strong>r</strong> Kraft und <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewährung<br />

in echter Gemeinschaft und friedlichem Kampf um <strong>de</strong>n Lorbeer,<br />

wir Töchter und Söhne <strong>de</strong>s Staates <strong><strong>de</strong>r</strong> schaffen<strong>de</strong>n Menschen,<br />

erzogen in Freundschaft zu an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Völkern und Rassen, geloben,<br />

das beste tagtäglich zu geben <strong><strong>de</strong>m</strong> Ganzen als Sportler und<br />

Bürger <strong>de</strong>s Staates <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeiter, Bauern und aller die eins sind im<br />

Wirken zum Wohl <strong>de</strong>s Ganzen, geloben zu lernen das Heute zu<br />

meistern mit Kühnheit, damit uns <strong><strong>de</strong>r</strong> Tag und die locken<strong>de</strong> Zukunft<br />

gehören, geloben durch Schrittmachertaten <strong><strong>de</strong>r</strong> Wissenschaft<br />

Wege zu bahnen, zu nützen die Technik im Dienste <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

neuen Gesellschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschen, die frei sich verbun<strong>de</strong>n im zielklaren<br />

Streben in unserer sozialistischen Menschengemeinschaft,<br />

die stets wir zu stärken, die stets wir zu schützen bereit sind. Dies<br />

unser Gelöbnis zur Ehre <strong>de</strong>s Sports und <strong><strong>de</strong>r</strong> Heimat!“ 364<br />

Der Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s DTSB Manfred Ewald beurteilte die Veranstaltung als<br />

„gelungene Verwirklichung <strong><strong>de</strong>r</strong> Synthese von Leistungssport und<br />

Freizeit- und Erholungssport im Sinne <strong>de</strong>s [...] Staatsratsbeschluß<br />

über die ’Aufgaben <strong><strong>de</strong>r</strong> Körperkultur und <strong>de</strong>s Sports bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Gestaltung<br />

<strong>de</strong>s entwickelten gesellschaftlichen Systems <strong>de</strong>s Sozialismus<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR’[...]“. 365<br />

Die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Freizeit- und Breitensports war allerdings häufig durch<br />

Diskontinuität gekennzeichnet, da sich <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV zunächst auf <strong>de</strong>n Leis-<br />

tungssport konzentrierte, weil internationale Erfolge mehr Anerkennung ein-<br />

brachten. 366 Nicht selten wur<strong>de</strong>n die DDR-Sportler daher in <strong><strong>de</strong>r</strong> Literatur<br />

auch als „Diplomaten im Trainingsanzug“ bezeichnet.<br />

Die Parteispitze versprach sich von <strong><strong>de</strong>r</strong>artigen Großveranstaltungen große<br />

Werbewirksamkeit, um sportinteressierte Jugendliche zum aktiven Sport an-<br />

zuregen. Analysen zeigten, dass die Grundlage <strong>für</strong> eine erfolgreiche leis-<br />

tungssportliche Entwicklung einer Sportart immer <strong><strong>de</strong>r</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>- und<br />

Jugendsport bil<strong>de</strong>te. 367<br />

364 SAPMO-BARCH, DY 12/2972, Fiche 3, Bl. 192.<br />

365 WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR,<br />

S. 99.<br />

366 Vgl. ebenda.<br />

367 Vgl. ebenda.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 100<br />

Vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Verbandstreffen 1969 erfuhr die Verbreitung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports im<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Jugendbereich eine gewisse Stagnation. Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong> waren<br />

zum einen fehlen<strong>de</strong>s Bootsmaterial und zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en die Tatsache, dass in<br />

<strong>de</strong>n Jahren davor nur 3% aller Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> unter 14 Jahre alt waren. Die in<br />

diesem Themenkomplex diskutierten Fragestellungen waren beispielsweise<br />

„Wie wirkt sich das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf <strong>de</strong>n jugendlichen Organismus aus?“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> „Ab<br />

wann ist eine Spezialisierung auf Skullen, o<strong><strong>de</strong>r</strong> Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n möglich be-<br />

ziehungsweise sinnvoll?“ Es wird <strong>de</strong>utlich, dass leistungssportliche Aspekte<br />

im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund stan<strong>de</strong>n. 368 Es galt, einen leistungsfähigen Nachwuchs her-<br />

auszufiltern. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb festgelegt, dass die Jugend-<br />

kommission <strong>de</strong>s DRSV ein geregeltes Wettkampfsystem ausarbeiten sollte,<br />

das Streckenlänge und Altersbegrenzung regulierte. Die gestiegenen Zahlen<br />

im Schüler- und Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n waren das Ergebnis systematischer Breiten-<br />

sportarbeit. Trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> positiven Entwicklung konnten jedoch bis En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

60er Jahre nicht genügend geeignete Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>sportler in die Sportclubs über-<br />

führt wer<strong>de</strong>n. 369 Darum wur<strong>de</strong> eine Art Zwischenstufe, nämlich das so ge-<br />

nannte Trainingszentrum (TZ), in <strong><strong>de</strong>r</strong> planmäßigen Leistungssportent-<br />

wicklung entwickelt. Für <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport konnten allein 1970 35 dieser neuen<br />

Strukturformen geschaffen wer<strong>de</strong>n, En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre gab es bereits 61<br />

dieser Trainingszentren. 370<br />

Das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als Freizeit- und Erholungssport im DRSV wur<strong>de</strong> vor al-<br />

lem <strong>für</strong> die Berufstätigen als Möglichkeit regelmäßiger sportlicher Betätigung<br />

angeboten. Seit 1952 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Fahrtenwettbewerb durchgeführt, bei <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

die Teilnehmer entsprechend ihrer Altersklasse eine vorgegebene Kilome-<br />

ternorm erfüllen mussten. Im Vergleich mit <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Bereichen kann <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n keine positive Entwicklung bescheinigt wer<strong>de</strong>n. Die Teilneh-<br />

merzahlen waren eher rückläufig o<strong><strong>de</strong>r</strong> stagnierten und bis 1974 konnte trotz<br />

aller Bemühungen <strong><strong>de</strong>m</strong> nicht entgegengewirkt wer<strong>de</strong>n. 371 Als Ursachen wur-<br />

<strong>de</strong>n bis in die 80er Jahre die zu geringe Werbung <strong>für</strong> das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, das<br />

unzureichen<strong>de</strong> Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportfunktionäre, das Fehlen von Über-<br />

368 Vgl. ebenda, S. 101.<br />

369 Vgl. ebenda, S. 104.<br />

370 Vgl. ebenda, S. 106.<br />

371 Vgl. ebenda, S. 118.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 101<br />

nachtungsmöglichkeiten und <strong><strong>de</strong>r</strong> Mangel an Räumlichkeiten <strong>für</strong> das gesellige<br />

Beisammensein ausgemacht. 372<br />

Dennoch entwickelte sich das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Gefüge <strong>de</strong>s DRSV zu einem<br />

integrierten Bestandteil, <strong><strong>de</strong>r</strong> neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachwuchsentwicklung und <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Leistungssport ein<br />

„wesentliches Kettenglied bei <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>strahlung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong>-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verban<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR innerhalb <strong>de</strong>s eigenen Lan<strong>de</strong>s<br />

und gleichzeitig im internationalen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportgeschehen wur<strong>de</strong>.“<br />

373<br />

4.7.4 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>entwicklung im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verband<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> folgen<strong>de</strong>n Tabelle wer<strong>de</strong>n die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen <strong>de</strong>s DRSV dargestellt.<br />

Jahr Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

1951 6.883<br />

1952 8936<br />

1953 11.230<br />

1954 11.946<br />

1955 10.881<br />

1956 11.409<br />

1957 11.026<br />

1958 10.193<br />

1959 10.314<br />

1960 10.303<br />

1965 9.711<br />

1969 10.345<br />

1973 12.766<br />

1977 14.025<br />

1978 14.325<br />

1990/1991 8.320 374<br />

Tab. 3: Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verband 375<br />

372 Vgl. ebenda, S. 122.<br />

373 Ebenda.<br />

374 Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahre 1990/1991 ergibt sich aus <strong>de</strong>n Angaben <strong>de</strong>s DRV nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong>. Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND, Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik,<br />

Hannover 2007, Privatbesitz Hutmacher.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 102<br />

Die Mitgliedzahlen blieben zunächst weitgehend konstant. Die Werbemaß-<br />

nahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre brachten <strong>de</strong>n angestrebten Zuwachs. Bis zur Wie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung waren durchschnittlich 10.000 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er im DRSV organisiert.<br />

4.8 Vereinigung <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong><br />

Nach öffentlichen Protesten von Bürgerrechtsgruppen gegen die Wahlfäl-<br />

schungen bei <strong>de</strong>n Kommunalwahlen in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR am 7. Mai 1989 begann ei-<br />

ne friedliche Revolution, die die Öffnung <strong><strong>de</strong>r</strong> ungarischen Grenze nach<br />

Westen zur Folge hatte. Dies war seit <strong><strong>de</strong>m</strong> Bau <strong><strong>de</strong>r</strong> Mauer 1961 die erste<br />

Möglichkeit <strong>für</strong> DDR-Bürger, ohne Einverständnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Behör<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Wes-<br />

ten zu gelangen. 376 In Massen<strong><strong>de</strong>m</strong>onstrationen wur<strong>de</strong> die Opposition gegen<br />

die politische Führung immer größer, so dass es schließlich am 18. Oktober<br />

1989 zur Ablösung <strong>de</strong>s Generalsekretärs <strong><strong>de</strong>r</strong> SED, Erich Honecker, kam.<br />

Sechs Tage später wur<strong>de</strong> er als Staatsratsvorsitzen<strong><strong>de</strong>r</strong> von Egon Krenz ab-<br />

gelöst. Der rapi<strong>de</strong> Machtverlust gipfelte am 8. November 1989 im Rücktritt<br />

<strong>de</strong>s gesamten Zentralkomitees <strong><strong>de</strong>r</strong> SED. 377 Nur einen Tag später befahl die<br />

DDR-Führung die Öffnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Grenze.<br />

Die For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nach einem vereinigten Deutschland wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />

Wochen immer lauter und so legte <strong><strong>de</strong>r</strong> damalige Bun<strong>de</strong>skanzler, Helmut<br />

Kohl, <strong><strong>de</strong>m</strong> Bun<strong>de</strong>stag einen Zehnpunkteplan vor, „<strong><strong>de</strong>r</strong> über einzelne, zeitlich<br />

nicht bestimmte Stufen einer Vertragsgemeinschaft und konfö<strong><strong>de</strong>r</strong>ativer<br />

(staatenbundlicher) Strukturen auf die Einheit Deutschlands in einer bun<strong>de</strong>s-<br />

staatlichen Ordnung zielte.“ 378 Nach <strong>de</strong>n so genannten 2+4-Gesprächen 379<br />

wur<strong>de</strong> am 31. August 1990 <strong><strong>de</strong>r</strong> Einigungsvertrag unterzeichnet und die<br />

375<br />

Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen <strong>für</strong> die Jahre 1951-1955 und 1957-1960 sind entnommen aus:<br />

SAPMO-BArch, DY 12/3823, Fiche 1, Bl. 36/37. Ferner H. KOCH/A. KISSLING/D. WALES,<br />

GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNG DES OLYMPISCHEN GEDANKENS IN DER DEUTSCHEN DEMO-<br />

KRATISCHEN REPUBLIK [Hrsg.], „30. Jahrestag <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. Blickpunkt Sport. Dokumentarische<br />

Betrachtung über <strong>de</strong>n erfolgreichen Weg <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Turn- und Sportbun<strong>de</strong>s,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> sozialistischen Sportorganisationen <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR“ (= aktuelle Schriftenreihe Nr. 7), Berlin<br />

1979, zitiert nach: G. WONNEBERGER, „Studie zur Struktur und Leitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportbewegung<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ/DDR (1945-1961)“, in: W. BUSS/C. BECKER (Hrsg.), Der Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ<br />

und frühen DDR. Genese – Strukturen – Bedingungen, S. 177.<br />

376<br />

Vgl. H. MÜLLER, Schlaglichter <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Geschichte, zweite, aktualisierte Auflage (=<br />

Schriftenreihe <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>szentrale <strong>für</strong> politische Bildung, Bd. 402), 2. akt. Aufl., Bonn<br />

2003, S. 432.<br />

377<br />

Vgl. ebenda, S. 433.<br />

378<br />

Ebenda, S. 433.<br />

379<br />

Die bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Außenminister berieten mit <strong>de</strong>n Außenminister <strong><strong>de</strong>r</strong> vier Sieger-<br />

mächte über die <strong>Deutschen</strong> Einheit.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 103<br />

Volkskammer beschloss <strong>de</strong>n Beitritt <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR zur Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland zum 3. Oktober 1990. 380<br />

Für <strong>de</strong>n Sport hatte dieser Prozess große Konsequenzen:<br />

„Wie Politik und Wirtschaft war auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport im geteilten<br />

Deutschland nicht auf diese Ereignisse vorbereitet, obwohl die<br />

Sportführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik gut informiert war über die DDR-<br />

Sportstrukturen. Die erzwungene politische Dynamik beschleunigte<br />

zwangsläufig auch <strong>de</strong>n ursprünglich langsamer angesetzten<br />

Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> sportlichen Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung.“ 381<br />

Bereits am 17. November 1989 einigten sich <strong><strong>de</strong>r</strong> damalige DSB-Vorsitzen<strong>de</strong><br />

Hans Hansen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s DTSB, Klaus Eichler, <strong>de</strong>n inner<strong>de</strong>ut-<br />

schen Sportverkehr „freizugeben“. 382 Auf zentraler und regionaler Ebene<br />

wur<strong>de</strong>n „Run<strong>de</strong> Tische <strong>de</strong>s Sports“ gebil<strong>de</strong>t, die bis zur Volkskammerwahl<br />

1990 richtungweisend <strong>für</strong> die Zukunft <strong>de</strong>s DDR-Sports sein sollten. 383<br />

Die wichtigsten Stationen auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Weg zur <strong>de</strong>utschen Einheit im Sport wa-<br />

ren <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenschluss <strong>de</strong>s DSB und <strong>de</strong>s DTSB sowie die Vereinigung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n NOK. Mitte Dezember 1989 herrschte eine bizarre Personalkons-<br />

tellation im DTSB, da altgediente Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> aus <strong><strong>de</strong>r</strong> zweiten Reihe an die<br />

Macht kamen und die Ära Ewald ein En<strong>de</strong> fand. 384 Anfang März 1990 fand in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Ostberliner Dynamohalle <strong><strong>de</strong>r</strong> Außeror<strong>de</strong>ntliche Turn- und Sporttag statt.<br />

Die 1067 Delegierten repräsentierten weitgehend <strong>de</strong>n alten DTSB. Braun<br />

resümierte:<br />

„Doch hatten die ersten freien Wahlen im DTSB von Beginn an einen<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Geburtsfehler: Die Delegierten <strong>de</strong>s Turn- und<br />

Sporttages selbst waren nicht aus einem <strong><strong>de</strong>m</strong>okratischen Wahlverfahren<br />

hervorgegangen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach altbekannter zentralistischer<br />

Manier <strong>de</strong>legiert wor<strong>de</strong>n; <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahl eines neuen DTSB-<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>n fehlte damit von vornherein eine überzeugen<strong>de</strong> Legitimation.“<br />

385<br />

380 Vgl. ebenda, S. 446.<br />

381 Vgl. KREBS, „Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Einheit zur Gemeinsamkeit“, S. 327.<br />

382 Vgl. J. BRAUN, „Sport frei – Der Weg in die Sporteinheit“, in: J. BRAUN/H. J. TEICHLER<br />

(Hrsg.), Sportstadt Berlin im Kalten Krieg. Prestigekämpfe und Systemwettstreit, Berlin<br />

2006, S. 351.<br />

383 Vgl. ebenda, S. 356.<br />

384 Teichler merkt an, dass im Wen<strong>de</strong>prozess <strong>de</strong>s Sports anfänglich nicht die ‘revolutionären’,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die ‘restaurativen’ Kräfte dominierten. Vgl. H. J. TEICHLER, „Sportpolitik im<br />

Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Wen<strong>de</strong>“, in: H. J. TEICHLER/K. REINARTZ, Das Leistungssportsystem <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR<br />

in <strong>de</strong>n 80er Jahren und im Prozeß <strong><strong>de</strong>r</strong> Wen<strong>de</strong> (= Schriftenreihe <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sinstituts <strong>für</strong><br />

Sportwissenschaft, Bd. 96), Schorndorf 1999, S. 458.<br />

385 BRAUN, „Sport frei – Der Weg in die Sporteinheit“, S. 358.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 104<br />

Als einziger Kandidat <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Vorsitz stellte sich Martin Killian <strong>de</strong>n Delegier-<br />

ten zur Wahl. Der neue Vorsitzen<strong>de</strong> ließ ein Arbeitssekretariat einrichten, das<br />

sich vor allem mit <strong>de</strong>n finanziellen Unregelmäßigkeiten und <strong><strong>de</strong>r</strong> da<strong>für</strong> verant-<br />

wortlichen Person, Manfred Ewald, befasste. 386<br />

Bei<strong>de</strong> Seiten wollten <strong>de</strong>n Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinigung so schnell wie möglich<br />

abschließen, was Willi Daume im März 1990 wie folgt kommentierte:<br />

„Der Parallelität <strong><strong>de</strong>r</strong> atemberauben<strong>de</strong>n politischen Entwicklungen<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> sportpolitischen Entwicklung kann <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport nicht entkommen.“<br />

387<br />

In <strong>de</strong>n ersten Monaten <strong>de</strong>s Jahres 1990 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> DTSB mit weiteren Prob-<br />

lemen konfrontiert. Gemeinsame Wettkämpfe wur<strong>de</strong>n durchgeführt und Ver-<br />

bän<strong>de</strong> gegrün<strong>de</strong>t, alles ohne Zustimmung <strong>de</strong>s DTSB. 388 Der<br />

Vereinigungsprozess im Sport schritt schnell voran, was Hansen kommen-<br />

tierte: „Wir wollen die Politik nicht überholen, aber wir betrachten <strong>de</strong>n Sport<br />

als völlig unabhängig“. 389 Überall grün<strong>de</strong>ten sich Vereinigungen und Sport-<br />

vereine. Regional schlossen sich die Sportarten in Lan<strong>de</strong>sfachverbän<strong>de</strong>n<br />

zusammen. 390 Sie bil<strong>de</strong>ten die Basis <strong>für</strong> die im September 1990 neu konstitu-<br />

ierten Lan<strong>de</strong>ssportbün<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Dabei verliefen die Verhandlungen in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Sportarten höchst<br />

unterschiedlich. Kleinere Verbän<strong>de</strong>, wie beispielsweise <strong><strong>de</strong>r</strong> Versehrtensport-<br />

Verband in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, hegten große Erwartungen an die Vereinigung, wohin-<br />

gegen die Leichtathleten um <strong>de</strong>n Erhalt <strong><strong>de</strong>r</strong> vorhan<strong>de</strong>nen Privilegien bang-<br />

ten. 391<br />

Am 5. Dezember 1990 beschloss <strong><strong>de</strong>r</strong> DTSB seine Selbstauflösung. Zehn<br />

Tage später traten die fünf Lan<strong>de</strong>ssportbün<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

DSB bei. Damit war die <strong>de</strong>utsche Einheit im Sport vollzogen. Erster Präsi-<br />

<strong>de</strong>nt <strong><strong>de</strong>r</strong> fusionierten Dachorganisation war <strong><strong>de</strong>r</strong> alte DSB-Vorsitzen<strong>de</strong> Hans<br />

386 Bei <strong>de</strong>n finanziellen Unregelmäßigkeiten han<strong>de</strong>lte es sich um das Vorhan<strong>de</strong>nsein <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

geheimen Valutakasse <strong>de</strong>s DTSB und <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>zahlung von „Forumchecks“ in Höhe von<br />

6.000 Mark an Olympiasieger. Ewald beharrte darauf, seinen Nachfolger als Präsi<strong>de</strong>nt<br />

<strong>de</strong>s NOK <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR über diese Tatbestän<strong>de</strong> informiert zu haben. Vgl. TEICHLER, „Sportpolitik<br />

im Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Wen<strong>de</strong>“, S. 461.<br />

387 KREBS, „Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Einheit zur Gemeinsamkeit“, S. 327.<br />

388 Vgl. TEICHLER, „Sportpolitik im Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Wen<strong>de</strong>“, S. 470.<br />

389 Zitiert nach: BRAUN, „Sport frei – Der Weg in die Sporteinheit“, S. 360.<br />

390 Vgl. ebenda, S. 361.<br />

391 Vgl. ebenda, S. 362.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 105<br />

Hansen, <strong><strong>de</strong>r</strong> als Integrationsfigur mit Behutsamkeit und Fingerspitzengefühl<br />

<strong>de</strong>n schwierigen Prozess <strong>de</strong>s Zusammenwachsens leitete.<br />

Auf olympischer Ebene stimmte das NOK <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Auflösung<br />

und damit verbun<strong>de</strong>nen Vereinigung mit <strong><strong>de</strong>m</strong> NOK <strong>für</strong> Deutschland zum 31.<br />

Dezember 1990 zu, doch Willi Daume konnte <strong>de</strong>n Vollzug schon früher ver-<br />

kün<strong>de</strong>n:<br />

„Am 17. November 1990 um 15.19 hat das Nationale Olympische<br />

Komitee in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zuständigkeit <strong>für</strong> ganz Deutschland, verpflichtet<br />

<strong>de</strong>n olympischen Prinzipien, seine Arbeit aufgenommen.“ 392<br />

Die Vereinigung im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport zwischen DRV und DRSV beschrieb <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

ehemalige DRV-Vorsitzen<strong>de</strong> Henrik Lotz:<br />

„Wer einmal nasses Holz und Lack und all das riecht, <strong><strong>de</strong>r</strong> kommt<br />

vom Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht mehr los und das ist eine Eigenschaft, die sich<br />

nicht nach Ost und West aufteilt, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n das ist vorhan<strong>de</strong>n und<br />

<strong>de</strong>shalb ging vieles auch so glatt.“ 393<br />

Der langjährige DRV-Vorsitzen<strong>de</strong> Claus Heß äußerte sich 1989 ähnlich:<br />

„Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er haben dabei beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s gute <strong>Aus</strong>gangspositionen: Die<br />

Beziehungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbän<strong>de</strong> DRV und DRSV wur<strong>de</strong>n selbst in<br />

Boykottzeiten 1980 und 1984 positiv entwickelt. [...] An Verständnis<br />

<strong>für</strong> die jeweils an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Situation hat es nie gemangelt. Die guten<br />

menschlichen Kontakte <strong><strong>de</strong>r</strong> Aktiven, <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainer und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Verbandsoffiziellen sind nie abgerissen.“ 394<br />

Das erste Treffen zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong>n fand am 9. Dezember<br />

1989 in Berlin statt. Lotz vermerkte in einem Schreiben an <strong>de</strong>n DRSV:<br />

„Es freut uns, daß wir im Einvernehmen mit <strong><strong>de</strong>m</strong> DRSV diesen<br />

unkomplizierten Weg zur Organisation <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports im vereinten<br />

Deutschland gefun<strong>de</strong>n haben. Wir sind uns bewußt, erst am<br />

Anfang einer schwierigen Phase <strong>de</strong>s Aufbaus zu stehen.“ 395<br />

Auf dieser Veranstaltung wur<strong>de</strong>n grundsätzliche Fragen einer zukünftigen<br />

Zusammenarbeit diskutiert, schwerpunktmäßig aber die Themenbereiche<br />

392 KREBS, „Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Einheit zur Gemeinsamkeit“, S. 330.<br />

393 H. LOTZ, [persönliche Äußerung auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Konferenz zur] „Vereinigung im Sport“ am 21. 11.<br />

2005 in Potsdam, zitiert nach: BRAUN, „Sport frei – Der Weg in die Sporteinheit“, S. 361.<br />

394 C. HEß, „Aufbruch im inner<strong>de</strong>utschen Sportverkehr“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 107(1989)32, S. 762.<br />

395 H. LOTZ, Korrespon<strong>de</strong>nz an das DRSV-Präsidium am 5. 10. 1990, Privatbesitz Hutma-<br />

cher.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 106<br />

Wettkampfsport und Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 396 Ebenfalls Beachtung fand <strong><strong>de</strong>r</strong> Brei-<br />

tensport. Im Bereich <strong>de</strong>s Leistungssports wur<strong>de</strong>n bereits auf diesem Treffen<br />

konkrete Regattateilnahmen sowie <strong>für</strong> das Jahr 1990 <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>tausch <strong><strong>de</strong>r</strong> Re-<br />

gattakalen<strong><strong>de</strong>r</strong> vereinbart. In einer gemeinsamen Kommission <strong><strong>de</strong>r</strong> Fachver-<br />

bän<strong>de</strong> sollten klärungsbedürftige Fragen hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong> unterschiedlichen<br />

Wettkampfbestimmungen, <strong>de</strong>s Schiedsrichterwesens und <strong>de</strong>s <strong>Aus</strong>tauschs<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampfrichtlinien zeitnah besprochen wer<strong>de</strong>n, um möglichst zügig<br />

sportlich aktiv wer<strong>de</strong>n zu können. 397 Diese Absprachen betrafen 1989 ca.<br />

10.000 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>, davon zwei Drittel Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> und Jugendliche bis 18 Jahre,<br />

die in 123 Sektionen organisiert waren. Laut Horst Ahlgrimm, Geschäftsfüh-<br />

rer <strong>de</strong>s DRSV, waren 60% <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootshäuser in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR in einem guten Zu-<br />

stand und 40% in einem schlechten bis sehr schlechten. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

beschrieb er in <strong><strong>de</strong>r</strong> vorliegen<strong>de</strong>n Korrespon<strong>de</strong>nz starke Ten<strong>de</strong>nzen, Boots-<br />

häuser zu verkaufen und daraus beispielsweise Gaststätten zu machen. 398<br />

Auf ihrem zweiten Treffen am 24. Februar 1990 in Potsdam verabschie<strong>de</strong>ten<br />

die Verbandsspitzen ein Kommuniqué, das die Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> erarbeiteten<br />

Maßnahmen in <strong>de</strong>n Bereichen Leistungssport, Regattawesen und Breiten-<br />

sport vorsah. Fixiert wur<strong>de</strong> außer<strong><strong>de</strong>m</strong> eine Teilnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er an<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frühjahrsregatta Bran<strong>de</strong>nburg und an <strong><strong>de</strong>r</strong> Großen Grünauer Regatta<br />

ebenfalls in Bran<strong>de</strong>nburg. Daneben stand die Teilnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> ost<strong>de</strong>utschen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er an <strong>de</strong>n internationalen Regatten in Mannheim, Essen, Köln und<br />

Ratzeburg. Des Weiteren war eine Beteiligung am Tag <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports im<br />

April 1990 in Berlin (West) beabsichtigt, wo erstmals die bei<strong>de</strong>n Präsi<strong>de</strong>nten<br />

in einem Boot sitzen wür<strong>de</strong>n. 399 Im Regattawesen wur<strong>de</strong> vereinbart, Schieds-<br />

richterlizenzen gegenseitig anzuerkennen. Für die Altersklassen im Nach-<br />

wuchsbereich wur<strong>de</strong> <strong>für</strong> das Jahr 1990 an <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Einteilung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong> festgehalten: <strong>für</strong> 1991 wur<strong>de</strong> eine gemeinsame Regelung<br />

angestrebt. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Sparte Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n konnten direkt gemeinsame Veran-<br />

staltungen angeboten wer<strong>de</strong>n. Vereinbart wur<strong>de</strong> eine gegenseitige Teilnah-<br />

396<br />

Vgl. R. ZIEL, „DRV und DRSV – erste Schritte zu vermehrten Begegnungen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

107(1989)33, S. 781.<br />

397<br />

Vgl. ebenda.<br />

398<br />

Vgl. [ohne Verfasser], Notiz Besprechung Bittner/Ahlgrimm am 9. 7. 1990, (= Vorstandsinfo),<br />

Privatbesitz Hutmacher.<br />

399<br />

Dies ist durchaus wörtlich zu verstehen, da ein gemeinsames Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Verbandspräsi<strong>de</strong>nten<br />

angedacht war. Vgl. M. GENTSCH, „DRV und DRSV beschlossen sportliche<br />

Maßnahmen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 108(1990)5, S. 120.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 107<br />

me am Anru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Ost in Berlin (Ost) am 7. April sowie am bereits erwähnten<br />

Tag <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports am 15. April in Berlin (West). Weiterhin sollten Vertreter<br />

<strong>de</strong>s DRSV am 49. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Düsseldorf teilnehmen, sowie Vertreter <strong>de</strong>s<br />

DRV am VIII. Verbandstag in Schwerin. 400<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> über <strong>de</strong>n Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s 1974 abgerissenen Sportler-<br />

<strong>de</strong>nkmals in Berlin-Grünau nachgedacht sowie über <strong>de</strong>n Bau einer Regatta-<br />

strecke im Raum Berlin <strong>für</strong> die Olympia-Bewerbung <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt Berlin <strong>für</strong> die<br />

Jahre 2000 und 2004. Wichtig erschien auch eine Regelung bei Vereins-<br />

wechseln zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Verbän<strong>de</strong>n. 401<br />

Zu weitergehen<strong>de</strong>n Fragestellungen wur<strong>de</strong>n abschließend sechs Kommissi-<br />

onen gegrün<strong>de</strong>t: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>reviere/Umwelt, Jugendfragen, Wissenschaft, Lehre,<br />

<strong>Aus</strong>bildung und Verbandsstrukturen, Wettkampfsport, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/ Brei-<br />

tensport sowie Olympia Berlin 2000 und 2004. 402<br />

Der Tag <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports wur<strong>de</strong> zu einem ersten großen Erfolg, bei <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

mehr als 200 Boote mit 1000 Aktiven am Start waren. 403 Ziel äußerte dazu:<br />

„Es war <strong><strong>de</strong>r</strong> schönste Tag <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports seit Kriegsen<strong>de</strong>, es<br />

war ein Tag <strong><strong>de</strong>r</strong> ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ischen Einheit, <strong>de</strong>n Tausen<strong>de</strong> an <strong><strong>de</strong>r</strong> Uferpromena<strong>de</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Scharfen Lanke in Berlin-Schönau bei schönem<br />

Wetter erlebten. [...] Aber nicht nur das Geschehen auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Wasser<br />

[...] faszinierte, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch die kameradschaftliche Verbun<strong>de</strong>nheit<br />

aller Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er. Freundschaften wur<strong>de</strong>n gepflegt, erneuert<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> geschlossen.“ 404<br />

Der DRSV beschloss auf <strong><strong>de</strong>m</strong> VIII. Verbandstag am 28. April 1990 seine Auf-<br />

lösung zum Jahresen<strong>de</strong>. Angenommen wur<strong>de</strong> diese von <strong>de</strong>n 93 Delegierten<br />

ohne Gegenstimme bei einer Enthaltung. 405 Für die Übergangsphase musste<br />

<strong>de</strong>nnoch ein Präsi<strong>de</strong>nt gewählt wer<strong>de</strong>n. Der langjährige Präsi<strong>de</strong>nt Wilfried<br />

Hofmann erkannte die entstan<strong>de</strong>ne Kluft zwischen Leistungs- und Breiten-<br />

400<br />

Vgl. ebenda.<br />

401<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Vereinbarung <strong>für</strong> eine Zusammenarbeit zwischen DRV und<br />

DRSV“, [unveröffentlichtes Manuskript], Privatbesitz Hutmacher<br />

402<br />

Unterschie<strong>de</strong> gab es vor allem im Wettkampfwesen, da <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV grundsätzlich nur Altersklassen<br />

und keine Leistungsklassen kannte. Bei <strong>de</strong>n Regatten <strong>de</strong>s DRSV wur<strong>de</strong>n<br />

keine Mel<strong>de</strong>gel<strong><strong>de</strong>r</strong> von Teilnehmern aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Verbandsgebiet <strong>de</strong>s DRV erhoben, was<br />

ebenfalls <strong>für</strong> Meldungen von DRSV-Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf DRV-Regatten galt. Vgl. ebenda.<br />

Ferner vgl. K.-H. BECKER, „DRSV-Regatten 1990 – Offen <strong>für</strong> DRV-Mannschaften“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

108(1990)6, S. 200.<br />

403<br />

Vgl. R. ZIEL, „Wir sitzen endlich wie<strong><strong>de</strong>r</strong> alle in einem Boot“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 108(1990)9, S.<br />

253.<br />

404<br />

Ebenda.<br />

405<br />

Vgl. V. RUSSEK, „Neuorientierung und Kurs auf Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung von DRV und DRSV“,<br />

in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 108(1990)11, S. 337.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 108<br />

sport und bekannte sich zur Verantwortung <strong>de</strong>s obersten Gremiums <strong>für</strong> diese<br />

Seite <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklungen. Er zog daraus die persönliche Konsequenz, nicht<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zu kandidieren. Als neuer Präsi<strong>de</strong>nt wur<strong>de</strong> Alfred B. Neumann ge-<br />

wählt, <strong><strong>de</strong>r</strong> bereits von 1964 bis 1974 dieses Amt innehatte. 406 Hinsichtlich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

bevorstehen<strong>de</strong>n Reformen mussten das Für und Wi<strong><strong>de</strong>r</strong> zu Vereinsgründun-<br />

gen sowie die Neustrukturierung auf Län<strong><strong>de</strong>r</strong>ebene im Gegensatz zu <strong><strong>de</strong>r</strong> bis-<br />

herigen Bezirkseinteilung diskutiert wer<strong>de</strong>n. Neumann vertrat die Ansicht,<br />

dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband bei<strong>de</strong> Organisationsformen, also Vereine und Betriebs-<br />

sportgemeinschaften, brauche. Einigkeit bestand in <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nach<br />

staatlicher Unterstützung, da durch die neue fö<strong><strong>de</strong>r</strong>ale Ordnung auf regionaler<br />

Ebene finanzielle Hilfen zugesagt wur<strong>de</strong>n. Neumann betonte außer<strong><strong>de</strong>m</strong> die<br />

Achtung vor <strong>de</strong>n Leistungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Spitzenathleten, „die jetzt nicht zu Buhmän-<br />

nern gemacht wer<strong>de</strong>n dürften.“ 407 Leistungssport sei wichtig und notwendig<br />

<strong>für</strong> eine starke Basis, bei<strong>de</strong>s wollte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV in <strong>de</strong>n künftigen gemeinsamen<br />

Verband einbringen, so Neumann.<br />

Bis zur Auflösung <strong>de</strong>s DRSV vollzog sich vielerorts bereits eine Art „informel-<br />

le“ Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung. Es trafen sich Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportfreun<strong>de</strong> aus Ost und West,<br />

um gemeinsame Bootspartien zu unternehmen. Exemplarisch sei hier die<br />

Begegnung zwischen Achim Hill und Jochen Meißner genannt, die in <strong>de</strong>n<br />

60er Jahren etliche Rennen gegeneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> gefahren waren. <strong>Aus</strong> <strong>de</strong>n einsti-<br />

gen Gegnern wur<strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong>. 408 In Leipzig fand unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Titel „Wir ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> gemeinsam“ eine Veranstaltung statt, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> offiziell das 100jährige<br />

Bestehen <strong>de</strong>s Universitätsbootshauses <strong><strong>de</strong>r</strong> DHfK gefeiert wur<strong>de</strong>. Eine gut<br />

besetzte Regatta und ein buntes Rahmenprogramm ließ „die Wogen unter<br />

<strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong>n aus Ost und West höher schlagen“. 409<br />

Mit <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong><strong>de</strong>r</strong> vorausgegangenen Gespräche zwischen <strong>de</strong>n bei-<br />

<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong>n befasste sich die Verbandsspitze <strong>de</strong>s DRV auf einer Tagung<br />

in Frankfurt am Main am 25. August 1990. Dabei wur<strong>de</strong> festgestellt, dass<br />

sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Informationsaustausch und die Zusammenarbeit erfreulich entwi-<br />

406 Vgl. ebenda.<br />

407 Ebenda, S. 337.<br />

408 Vgl. K. NEUFERT, „<strong>Aus</strong> einstigen Gegnern wur<strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong>“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 108(1990)15,<br />

S. 428. Hill gewann die olympische Silbermedaille 1964 in Tokio, Jochen Meißner vier<br />

Jahre später in Mexiko-Stadt. Gegeneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> hatten sie insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e bei <strong><strong>de</strong>r</strong> EM in Vichy<br />

1967 gekämpft, als Hill <strong>de</strong>n Titel gewann.<br />

409 R. ZIEL, „Wir ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wie<strong><strong>de</strong>r</strong> gemeinsam“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 108(1990)11, S. 337.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 109<br />

ckelt hatten. Es galt, weitere notwendige Schritte einzuleiten, die wie folgt<br />

formuliert wur<strong>de</strong>n:<br />

• „Der DRSV wird sich bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres auflösen.<br />

• Der DRV arbeitet auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage seiner bisherigen Satzung<br />

(Grundgesetz) weiter und er behält seinen Namen, seine Flagge so-<br />

wie seinen Sitz in Hannover.<br />

• Die Vereine und Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong>, die sich bereits gebil<strong>de</strong>t ha-<br />

ben o<strong><strong>de</strong>r</strong> bil<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, treten nach Auflösung <strong>de</strong>s DRSV <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV<br />

bei.<br />

• Die hierzu notwendigen Entscheidungen wird ein Außeror<strong>de</strong>ntlicher<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag treffen.“ 410<br />

Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Außeror<strong>de</strong>ntlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag am 1. Dezember 1990 in Essen be-<br />

grüßte <strong><strong>de</strong>r</strong> damalige Vorsitzen<strong>de</strong> Henrik Lotz die Anwesen<strong>de</strong>n aus Ost und<br />

West mit <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Worten: „Es gibt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports keine entsprechen<strong>de</strong> Veranstaltung zu diesem Tag.“ 411 Es war<br />

kein „Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag“, da <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV zu diesem Zeitpunkt noch<br />

existierte und <strong>de</strong>ssen Auflösung erst am 8. Dezember vollzogen wur<strong>de</strong>. 412<br />

Ziel stellte fest, dass, obwohl es we<strong><strong>de</strong>r</strong> einen symbolischen Handschlag noch<br />

eine Übergabe von Beitrittserklärungen gab, „allen klar war, daß man einer<br />

Geschichtsstun<strong>de</strong> <strong>de</strong>utscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>einheit beiwohnte.“ 413 Lotz berichtete al-<br />

lerdings 2005 von einem Handschlag, <strong><strong>de</strong>r</strong> alles besiegelte und von <strong><strong>de</strong>r</strong> Tat-<br />

sache, dass dies überhaupt nur <strong>de</strong>shalb gelingen konnte, weil <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport das<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Verständnis <strong>für</strong>einan<strong><strong>de</strong>r</strong> herstellte. 414 Rein formal han<strong>de</strong>lte es<br />

sich um die Schaffung <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlagen zur Aufnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>ver-<br />

bän<strong>de</strong> und <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong> zum 1. Januar 1991 in <strong>de</strong>n<br />

DRV. 415 Die fünf neu gegrün<strong>de</strong>ten Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> Mecklenburg-<br />

Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Bran<strong>de</strong>nburg traten<br />

einzeln <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV bei.<br />

410<br />

H. LOTZ, „Wir müssen uns um ein zügiges Zusammenwachsen bemühen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

108 (1990)24, S. 598.<br />

411<br />

R. ZIEL, „Gesetze zur <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>einheit beschlossen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 108(1990)32,<br />

S. 797.<br />

412<br />

Vgl. ebenda.<br />

413<br />

Ebenda.<br />

414<br />

H. LOTZ [persönliche Äußerung auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Konferenz zur] „Vereinigung im Sport“ am 21. 11.<br />

2005 in Potsdam, zitiert nach: BRAUN, „Sport frei – Der Weg in die Sporteinheit“, S. 361.<br />

415<br />

Vgl. ZIEL, „Gesetze zur <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>einheit beschlossen“ S. 797.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 110<br />

Am 1. Januar wur<strong>de</strong> das klare Bekenntnis zu <strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis bereits umge-<br />

setzten Einheit offiziell und <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport war wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereint.<br />

Obwohl <strong><strong>de</strong>r</strong> Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinigung heute schnell und unbürokratisch er-<br />

scheinen mag, gab es auch sportliche Probleme, an die sich die DDR-<br />

Olympiasiegerin Kathrin Boron erinnerte:<br />

Es gab<br />

„[...] zwei verschie<strong>de</strong>ne Techniken. Die Ost<strong>de</strong>utschen, die ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten<br />

so, rechts vor links; und die West<strong>de</strong>utschen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten links vor<br />

rechts. Wenn man dann zusammen im Boot saß, musste man sich<br />

ja irgendwie angleichen. Na ja, und dann wur<strong>de</strong> halt festgelegt, die<br />

Ost<strong>de</strong>utschen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n so wie die West<strong>de</strong>utschen irgendwann. Das<br />

fand ich damals nicht so gut“. 416<br />

Insgesamt gab es zwischen <strong>de</strong>n ost- und west<strong>de</strong>utschen Athleten einen un-<br />

komplizierten Prozess <strong>de</strong>s Aufeinan<strong><strong>de</strong>r</strong>zugehens. Man saß im wahrsten Sin-<br />

ne <strong>de</strong>s Wortes wie<strong><strong>de</strong>r</strong> in einem Boot. Der west<strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er Carsten<br />

Finger erinnert sich an keinerlei Berührungsängste, <strong>de</strong>nn bereits vor <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Mauerfall habe er Kontakt zu <strong>de</strong>n DDR-Sportlern gehabt:<br />

„Die ost<strong>de</strong>utsche Mannschaft war eine Mannschaft wie je<strong>de</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

auch [...]. Also uns war das damals im Juniorenbereich nicht so<br />

bewusst diese Trennung. Wir haben sicherlich auch da schon öfters<br />

mal zusammen gesessen mit <strong>de</strong>n Sportlern, uns unterhalten,<br />

vielleicht auch weil die Englischkenntnisse damals noch nicht so<br />

berauschend waren, und man sich natürlich <strong>de</strong>n gesucht hat, mit<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> man sich austauschen konnte.“ 417<br />

Für die Trainer <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong> konnte Ralf Holtmeyer dieses allerdings<br />

nicht bestätigen:<br />

„Wir haben eigentlich kaum miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong> gesprochen. Höchstens<br />

an <strong><strong>de</strong>r</strong> Strecke dann, wenn man <strong>de</strong>n Trainer mal so traf und keiner<br />

dabei war, dann hat man gegrüßt. Man sollte sich noch mal die<br />

Vorwen<strong>de</strong>zeit wirklich absolut <strong>de</strong>utlich machen. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> mittleren<br />

Ebene war die Kommunikation eigentlich gegen null.“ 418<br />

416 K. BORON [persönliche Äußerung auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Konferenz zur] „Vereinigung im Sport“, am 21.<br />

11. 2005 in Potsdam, zitiert nach: BRAUN, „Sport frei – Der Weg in die Sporteinheit“, S.<br />

362.<br />

417 C. FINGER, [persönliche Äußerung auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Konferenz] „Die Vereinigung im Sport<br />

1989/1990“, zitiert nach: M BARSUHN, [Tagesbericht <strong><strong>de</strong>r</strong> Erinnerungskonferenz] „Die Vereinigung<br />

im Sport 1989/1990“, Universität Potsdam, Potsdam [o.J.], S. 15.<br />

418 R. HOLTMEYER, persönliche auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Konferenz Die Vereinigung im Sport 1989/1990“,<br />

zitiert nach: M. BARSUHN, [Tagesbericht <strong><strong>de</strong>r</strong> Erinnerungskonferenz] „Die Vereinigung im<br />

Sport 1989/1990“, S. 15.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 111<br />

Bei <strong>de</strong>n Weltmeisterschaften 1990 in Tasmanien/<strong>Aus</strong>tralien gab es noch<br />

zwei <strong>de</strong>utsche Mannschaften. Die erste gemeinsame Nationalmannschaft<br />

trat 1991 in Wien bei <strong>de</strong>n Weltmeisterschaften an. 1992 folgte die erste Teil-<br />

nahme an <strong>de</strong>n Olympischen Spielen in Barcelona/Spanien. Der DRV war mit<br />

insgesamt vier Goldmedaillen, vier Silbermedaillen und zwei Bronzemedail-<br />

len erfolgreich. 419<br />

4.9 Der Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband heute<br />

Die <strong><strong>de</strong>r</strong>zeitige Situation im <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n lässt sich folgen<strong><strong>de</strong>r</strong>maßen zu-<br />

sammenfassen: Der DRV als Zusammenschluss <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verei-<br />

ne und -verbän<strong>de</strong> sowie Regattavereine und -verbän<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bun<strong>de</strong>srepublik ist Mitglied im DOSB und <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA. 420 Mit seinen knapp<br />

80.000 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n gehört er zu <strong>de</strong>n kleineren Verbän<strong>de</strong>n in Deutschland, ist<br />

aber weltweit <strong><strong>de</strong>r</strong> mitgliedsstärkste Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportverband. 421 Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Übernah-<br />

me <strong><strong>de</strong>r</strong> knapp 100 Vereine aus <strong>de</strong>n neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Jahr 1992 ist<br />

ein <strong>de</strong>utlicher Anstieg <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinszahlen zu erkennen.<br />

Jahr Vereine Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

1990 404 67.818<br />

1991 403 68.181<br />

1992 490 76.501<br />

1993 486 77.212<br />

1998 483 78.681<br />

1999 484 78.776<br />

2000 483 79.344<br />

2001 482 78.750<br />

2002 473 78.754<br />

2003 477 78.754<br />

2004 485 78.233<br />

419 Die Männer gewannen zwei Gold- und drei Silbermedaillen, die restlichen Medaillen wur<strong>de</strong>n<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenmannschaft erru<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Vgl. V. KLUGE, Olympische Sommerspiele, Die<br />

Chronik IV. Seoul 1988-Atlanta 1996, Berlin 2001, S. 500-510.<br />

420 Im Mai 2006 wur<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Sportbund und das Nationale Olympische Komitee <strong>für</strong><br />

Deutschland im <strong>Deutschen</strong> Olympischen Sportbund zusammengeführt. Davor war <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DRV Mitglied im <strong>Deutschen</strong> Sportbund und Mitglied im Nationalen Olympischen Komitee<br />

<strong>für</strong> Deutschland.<br />

421 Vgl. BÖSEMEYER, Sponsoring im Leistungssport <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, S. 14.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 112<br />

2005 486 78.378<br />

2006 486 78.339<br />

2007 481 78.380<br />

2008 480 79.260<br />

Tab. 4: Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s von 1992 bis 2008 422<br />

Interessant ist in diesem Kontext die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. 423 1949 konn-<br />

ten 7398 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen verzeichnet wer<strong>de</strong>n, 2007 stehen <strong>de</strong>n Männern 25.173<br />

Frauen gegenüber.<br />

Die Athleten <strong>de</strong>s DRV sind innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine in 24 Bootsklassen aktiv.<br />

Nahezu 10.000 ehrenamtliche Mitarbeiter sind in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Funkti-<br />

onsstellen sowie als Bootswarte, Trainer und Übungsleiter in <strong>de</strong>n Vereinen<br />

und Lan<strong>de</strong>sverbän<strong>de</strong>n tätig.<br />

„Der DRV ist ein Verband <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine. Er ist die Interessenvertretung<br />

<strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports, seiner Vereine und Verbän<strong>de</strong><br />

sowie <strong><strong>de</strong>r</strong>en Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Er verfolgt langfristige sportliche und gesellschaftliche<br />

Ziele und <strong>de</strong>finiert <strong>de</strong>shalb ein Leitbild mit verbindlichen<br />

Grundsätzen und entsprechen<strong>de</strong>n Folgerungen <strong>für</strong> seine<br />

Arbeit:<br />

• „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist eine <strong><strong>de</strong>r</strong> traditionsreichsten Sportarten und ein konstituti-<br />

ver Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> olympischen Bewegung.<br />

• Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport ist frei, unabhängig und gemeinnützig. Er steht in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Tradition <strong>de</strong>s Amateursports.<br />

• Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist ein fairer Sport.<br />

• Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist ein typischer Mannschaftsport.<br />

• Im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport kommt <strong><strong>de</strong>r</strong> erzieherischen und bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Aufgabe <strong>de</strong>s<br />

Sports hohe Be<strong>de</strong>utung zu.<br />

• Im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport wird gesellschafts- und sozialpolitische Verantwortung<br />

übernommen.<br />

• Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist ein i<strong>de</strong>aler Lifetime-Sport.<br />

• Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist ein Sport in freier Natur und befin<strong>de</strong>t sich mit ihr im Ein-<br />

klang.“ 424<br />

422 Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND, Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik, Privatbesitz Hutmacher.<br />

423 Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen in Kap. 6.3 S. zur Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>sta-<br />

tistik im DRV.


Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in Deutschland 113<br />

Im Laufe seiner Entwicklung hat sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport auf viele politische Ent-<br />

wicklungen und Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen einstellen müssen. Insofern betont <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV,<br />

dass nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zusammenwachsen von Ost und West die Geschichte <strong>de</strong>s<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR ein Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> historischen Entwicklung <strong>de</strong>s vereinten<br />

DRV ist.<br />

424 [ohne Verfasser], „Leitbild <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s“, in: www.ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<strong>de</strong>, Zugriff<br />

am 16. 5. 2007.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 114<br />

5 „Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945<br />

Vom ‘Blumen-Corso bis nach Olympia’ war es ein langer und beschwerlicher<br />

Weg <strong>für</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. 425 Zwar versuchten sich Frauen ebenso wie Männer<br />

im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, allerdings mussten sie dabei weitaus mehr gesellschaftliche Bar-<br />

rieren überwin<strong>de</strong>n. Es galt aber vor allem auch, Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n eigenen<br />

Reihen zu überbrücken.<br />

Die in Kapitel 3 thematisierte grundlegen<strong>de</strong> Problematik <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Lei-<br />

besübungen betraf die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in beson<strong><strong>de</strong>r</strong>em Maße. Vorurteile wie<br />

Vermännlichung, Gesundheitsgefährdung, nicht stan<strong>de</strong>sgemäße Betätigung<br />

und vor allem unsittliche Bewegungsformen stellten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen vor gro-<br />

ße Probleme, die sie – wie aufgezeigt wird – erfolgreich gemeistert haben.<br />

Exemplarisch soll im Folgen<strong>de</strong>n die Entwicklung einzelner Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verei-<br />

ne dargestellt wer<strong>de</strong>n, die heute noch existieren.<br />

1909 entstand mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s Freien <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bun<strong>de</strong>s Berlin<br />

eine alternative Struktur, die sich als klasseneigene Organisation verstand<br />

und das Ziel hatte, bürgerliche Privilegien zu überwin<strong>de</strong>n. Die tragen<strong>de</strong> Säu-<br />

le dieses Verban<strong>de</strong>s „[war] das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>breitung ei-<br />

nes vaterländischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports“ 426 , Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> nicht betrieben. Der<br />

weibliche Sport in <strong>de</strong>n Arbeiter-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen und seine politischen Ziele<br />

wer<strong>de</strong>n daher weitgehend nicht behan<strong>de</strong>lt, da sich das gegenwärtige Renn-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aus <strong>de</strong>n bürgerlichen Vereinen entwickelt hat und weibliche Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

in sportlichen und vereinsinternen Aktivitäten prinzipiell gleichberechtigt 427<br />

waren.<br />

5.1 Erste Versuche<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte <strong>de</strong>s Wassersports fin<strong>de</strong>n Frauen schon in früheren Jahr-<br />

hun<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Erwähnung. Seit 942 wur<strong>de</strong>n in Venedig am Tage <strong>de</strong>s heiligen<br />

Markus Regatten abgehalten, auf <strong>de</strong>nen die jungverheirateten Gondolieri mit<br />

ihren Bräuten in einer Prozession zur Kirche fuhren. Als dabei einmal See-<br />

425<br />

Vgl. E. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia. Streiflichter aus 92 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innenjahren“,<br />

in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 94(1976)21, S. 521-523; Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 94(1976)22, S. 552, U III; Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

94(1976)24, S. 590; Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 94(1976)26, S. U II – U III.<br />

426<br />

N. HEISE, „Berlin als Keimzelle <strong><strong>de</strong>r</strong> proletarischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportentwicklung“, in: Körpererziehung<br />

37(1987)11, S. 453.<br />

427<br />

Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen zur sportlichen Betätigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitersportbe-<br />

wegung in Kap. 3.4.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 115<br />

räuber die Regatta überfielen und die Mädchen raubten, gelang es, diese zu<br />

befreien. 428 So wur<strong>de</strong> es üblich, am 2. Februar eines je<strong>de</strong>n Jahres eine Re-<br />

gatta zu veranstalten, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> zwölf Venezianerinnen die Geraubten darstell-<br />

ten. Später wur<strong>de</strong>n diese durch Holzpuppen ersetzt, die in Barkenrennen<br />

mitgeführt wur<strong>de</strong>n.<br />

Bereits 1493 fand zu Ehren von Lodovico Sforza eine Frauenregatta statt.<br />

Diese wur<strong>de</strong> in ähnlicher Art mehrere Male von <strong>de</strong>n Venezianerinnen wie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>holt. 429 Allen Guttmann nennt zwei Grün<strong>de</strong>, <strong>für</strong> die große Beliebtheit die-<br />

ser Regatten:<br />

„Un<strong><strong>de</strong>r</strong>standably, the women’s regatta enjoyed special popularity.<br />

The participants were peasant women of the area – especially<br />

from Pellestrina – who had plenty of practice thanks to weekly<br />

boat trips to the market in Venice. [...] It is probably that the spectators<br />

were more attracted by the charming country costumes than<br />

by the performance.“ 430<br />

Wiggleworth berichtet außer<strong><strong>de</strong>m</strong> von Rennen <strong>für</strong> Fischerinnen im Rahmen<br />

einer Fischerregatta in Chester im Jahr 1733, die allerdings ebenfalls ledig-<br />

lich zur Unterhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer durchgeführt wur<strong>de</strong>. 431 Bei diesen Teilneh-<br />

merinnen dürfte es sich nicht um „ladies“ gehan<strong>de</strong>lt haben, <strong>de</strong>nn in England<br />

wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport durch die gesellschaftliche Schichtzugehörigkeit bestimmt<br />

und <strong>de</strong>finiert.<br />

Berühmt wur<strong>de</strong>n die Triestiner Frauenregatten, von <strong>de</strong>nen die letzte 1871 mit<br />

sieben Booten stattfand. Der Preis <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Sieg betrug zehn Dukaten. 432<br />

5.1.1 Sommervergnügen in Stralau<br />

In Deutschland lässt sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Beginn <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns auf das Jahr 1884<br />

datieren. Ein Jahr nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s DRV wur<strong>de</strong> vom Berliner Touren-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club in Stralau erstmals Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>unterricht <strong>für</strong> Frauen erteilt. 433 Paul<br />

Salbach berichtet, dass zu dieser Zeit Stralau Zentralpunkt <strong>de</strong>s Wassersport-<br />

Zentrums Berlins war. Be<strong>de</strong>nken o<strong><strong>de</strong>r</strong> Stan<strong>de</strong>sdünkel gegen diese weibliche<br />

428<br />

Vgl. MATHYS, Die Frau im Sport, S. 43.<br />

429<br />

Vgl. ebenda.<br />

430<br />

GUTTMANN, Women’s Sports, S. 65-66.<br />

431<br />

N. WIGGLEWORTH, A Social History of English Rowing, S. 78.<br />

432<br />

Vgl. ebenda.<br />

433<br />

Vgl. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 521.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 116<br />

Form <strong><strong>de</strong>r</strong> Ertüchtigung hegte offensichtlich kaum jemand, wie das folgen<strong>de</strong><br />

Zitat belegt:<br />

„Obgleich sich die Segler, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er, Angler und eine große Zahl<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Stralauer Sommergäste aus allen Gesellschaftskreisen zusammensetzten,<br />

war doch <strong><strong>de</strong>r</strong> Verkehr unter einan<strong><strong>de</strong>r</strong> ein sehr<br />

angenehmer, ja gera<strong>de</strong> zu ein familiärer, und da lag dann nichts<br />

näher, als daß die jungen Damen auch einmal mitgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n wollten und sich auch sportlich zu betätigen wünschten.“<br />

434<br />

Salbach ließ zu <strong>de</strong>n bereits vorhan<strong>de</strong>nen Privatru<strong><strong>de</strong>r</strong>jollen eine leichte<br />

Doppelskuller-Jolle bei Korff in Hamburg bauen, so dass <strong><strong>de</strong>r</strong> sportlichen Be-<br />

tätigung nichts mehr im Wege stand. Er selbst erteilte als erster <strong>de</strong>n Frauen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>unterricht. Diese waren allerdings nicht bereit, das schönste Sonntags-<br />

kleid und <strong>de</strong>n Hut mit <strong><strong>de</strong>r</strong> wallen<strong>de</strong>n Fe<strong><strong>de</strong>r</strong> wegzulassen, <strong>de</strong>nn „das wäre<br />

nicht fein gewesen“. 435 Der Hut wur<strong>de</strong> bald durch einen sehr weichen weißen<br />

Filzhut ersetzt, <strong><strong>de</strong>r</strong> „gleich kleidsam <strong>für</strong> Männlein und Weiblein war“. 436 Die<br />

lang geschnürten Klei<strong><strong>de</strong>r</strong> und Röcke wur<strong>de</strong>n hochgebun<strong>de</strong>n. In Kombination<br />

mit einem passen<strong>de</strong>n Sportgerät machte dies einen durchaus sportlichen<br />

Eindruck, wie Salbach beschreibt. 437 Die Zuschauer wussten nicht viel mit<br />

diesem Anblick anzufangen und äußerten sich unsicher:<br />

„Nein, <strong>für</strong> Damen doch nicht passend, steuern ja, waren nicht selten,<br />

und halbwüchsige Vorlaute glaubten dann auch witzig sein<br />

sollen<strong>de</strong> Bemerkungen machen zu müssen, auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Steuermann<br />

kam nicht zu kurz mit einer Bemerkung: Na <strong><strong>de</strong>r</strong> läßt sich ja von<br />

Damen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n usw.“ 438<br />

Die Fortschritte im Bootsbau und die Entscheidung <strong><strong>de</strong>r</strong> Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er, sich<br />

leichtere und mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Boote mit Rollsitz anzuschaffen, be<strong>de</strong>utete das En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Stralau. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf festem Sitz wur<strong>de</strong> großzügig tole-<br />

riert, aber „[...] es erschien uns nicht angängig, daß eine Dame einen Gleit-<br />

sitz benutzen durfte“. 439<br />

Anfang 1886 wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Praktisches Wochenblatt <strong>für</strong> Hausfrau-<br />

en: Für’s Haus <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufruf einer Deutsch-Dänin veröffentlicht, die alle <strong>de</strong>ut-<br />

434<br />

SALBACH, „Der ‘<strong>Deutschen</strong> Amazonenflotte’ Glück und En<strong>de</strong>. Heitere Erinnerungen eines<br />

Achtzigjährigen an die Anfänge <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns“, in: Wassersport 54(1936)9, S. 146.<br />

435<br />

Ebenda.<br />

436<br />

Ebenda.<br />

437<br />

Vgl. ebenda, S. 143.<br />

438<br />

Ebenda.<br />

439<br />

Ebenda. Vgl. ALTROCK, „Geschichte <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports“, S. 463.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 117<br />

schen Frauen auffor<strong><strong>de</strong>r</strong>te, ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu lernen und somit <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorbild <strong><strong>de</strong>r</strong> Eng-<br />

län<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Däninnen 440 zu folgen: 441<br />

„Warum sollen die <strong>de</strong>utschen Damen nicht ebenso gut ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

können wie ihre Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>? Die englische weibliche Jugend huldigt<br />

schon längst diesem gesun<strong>de</strong>n Sport. Die Däninnen sind allen europäischen<br />

Schwestern schon einen Schritt voraus, in<strong><strong>de</strong>m</strong> sie im<br />

Frühjahr in einer Provinzialstadt und vor wenigen Wochen einen<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club in Kopenhagen gegrün<strong>de</strong>t haben.“ 442<br />

Ob Frauen diesem Aufruf folgten, konnte nicht geklärt wer<strong>de</strong>n. Becker be-<br />

richtet allerdings von einem Verein, <strong><strong>de</strong>r</strong> 1887 in Berlin <strong>für</strong> die ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportliche<br />

Betätigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Damen warb. Ebenso wur<strong>de</strong>n dort sonntägliche Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>- und<br />

Werbefahrten veranstaltet. Moralische Be<strong>de</strong>nken schien auch hier niemand<br />

zu haben, <strong>de</strong>nn „die Benutzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gleitsitze war nicht weiter hin<strong><strong>de</strong>r</strong>lich –<br />

man band die Röcke kurzerhand mit Riemen zusammen“. 443<br />

Der Berliner Touren-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club errichtete in <strong>de</strong>n Folgejahren ein neues<br />

Bootshaus in Treptow und im Rahmen <strong>de</strong>s Stiftungsfestes 1894 wur<strong>de</strong> <strong>für</strong><br />

die Damen eine Wettfahrt in Pad<strong>de</strong>lbooten ausgeschrieben. Salbach merkte<br />

an, dass diese Boote ähnlich wie die Kanus <strong><strong>de</strong>r</strong> Indianer und Kajaks <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Grönlän<strong><strong>de</strong>r</strong> gebaut waren und sich beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s als Einru<strong><strong>de</strong>r</strong>er <strong>für</strong> Damen eig-<br />

neten, weil das Steuern darin leichter war als das bei <strong>de</strong>n Einskullern ohne<br />

Steuermann. 444 Diese Art von Frauenrennen war damals neu und weckte<br />

das Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Zuschauer. Folgleich waren bei <strong>de</strong>n Rennen die Stralauer<br />

Lokale bis auf <strong>de</strong>n letzten Platz belegt sowie die Wiesen- und Uferpromena-<br />

<strong>de</strong>n dicht besetzt.<br />

Die große Zuschauermenge erscheint aus heutiger Sicht nachvollziehbar,<br />

<strong>de</strong>nn nirgendwo hatte es zuvor die Gelegenheit gegeben, ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> und vor<br />

allem wettkämpfen<strong>de</strong> Frauen zu sehen. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten die drei Teil-<br />

nehmerinnen bis zum Ziel im zügigen Tempo. Als Anerkennung ihrer Leis-<br />

tung erhielt die Siegerin einen Preis. 445<br />

440<br />

Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen zum Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im <strong>Aus</strong>land in Kap. 5.10.<br />

441<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 21.<br />

442<br />

MATHYS, Die Frau im Sport, S. 47.<br />

443<br />

BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 22. Ferner vgl. E. ALTROCK, Probleme <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns,<br />

[o.O.] 1944, S. 3.<br />

444<br />

Vgl. SALBACH, „Der ‘<strong>Deutschen</strong> Amazonenflotte’ Glück und En<strong>de</strong>“, S. 144.<br />

445 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 118<br />

Das Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen am Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport während dieser Zeit schien zumin-<br />

<strong>de</strong>st in Berlin und Umgebung geweckt wor<strong>de</strong>n zu sein, was schließlich zur<br />

Konstituierung <strong>de</strong>s ersten Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereins führte.<br />

5.1.2 „Deutsche Amazonenflotte“<br />

Im August 1894 wur<strong>de</strong> die Gründung eines neuen Vereins bekannt gegeben.<br />

Mit tatkräftiger Unterstützung <strong>de</strong>s Buchhändlers We<strong>de</strong>kind konnte in Berlin<br />

die Deutsche Amazonenflotte (DAF) gegrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Hierzu hieß es in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

lokalen Presse:<br />

„Der Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>club DAF hat in Steins Festsälen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Rosenthaler<br />

Straße seine constituieren<strong>de</strong> Versammlung abgehalten. Der<br />

Vorsitzen<strong>de</strong> wies mit Genugtuung auf die bisherigen Resultate<br />

hin, auf die ansehnliche Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl, die Anschaffung eines eigenen<br />

Sportbootes u.s.w. und überreichte dann <strong>de</strong>n ältesten Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

die weiße Amazonenschärpe. Schließlich wur<strong>de</strong><br />

beschlossen, im Lauf <strong>de</strong>s Winters mehrere Kränzchen und einen<br />

Ball abzuhalten.“ 446<br />

In <strong>de</strong>n örtlichen Zeitungen wur<strong>de</strong> das Geschehen rund um die DAF sehr kri-<br />

tisch beobachtet und kommentiert. In Berichten wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich, dass sich die<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> durch eine kräftige und gesun<strong>de</strong> Konstitution ausgezeichneten.<br />

Zwar sei eine Flagge noch nie so ehrlos geweiht wor<strong>de</strong>n, aber da<strong>für</strong> hätten<br />

die Amazonen ein ganzes Glas in einem Zuge leeren können. 447<br />

Das <strong>Aus</strong>sehen und die gesellschaftliche Reputation schien <strong>de</strong>n Amazonen<br />

wichtiger als das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in seiner gesundheitlichen Be<strong>de</strong>utung. Die eigens<br />

kreierte Flagge, ein gol<strong>de</strong>nes Amazonenschild im blau-weißen Feld, sowie<br />

die Kleidung, bestehend aus einem blauen Kostüm mit weißem Matrosen-<br />

kragen und weißer Schärpe mit Vereinsabzeichen sowie Matrosenmütze war<br />

je<strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit zu tragen. 448<br />

Um auf sich aufmerksam zu machen, verfasste das „Kommando <strong><strong>de</strong>r</strong> Deut-<br />

schen Amazonenflotte“ ein Schreiben. In diesem baten die Frauen die umlie-<br />

gen<strong>de</strong>n Vereine zum einen um die freundliche Angabe <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen<br />

Flaggenabzeichen und gute Kameradschaft auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Wasser und zum an<strong>de</strong>-<br />

ren darum, ihre Leistungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu kritisch zu beur-<br />

teilen, immer einge<strong>de</strong>nk <strong>de</strong>s Spruches „ut <strong>de</strong>sint vires, tamen est laudanda<br />

446<br />

Ebenda. Der erwähnte Vorsitzen<strong>de</strong> war <strong><strong>de</strong>r</strong> Buchhändler We<strong>de</strong>king.<br />

447<br />

Vgl. ebenda, S. 146.<br />

448<br />

Vgl. ebenda. Ferner SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 552.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 119<br />

voluntas“. 449 Diesem Brief wur<strong>de</strong> außer<strong><strong>de</strong>m</strong> eine Einladung zum ersten<br />

„Kränzchen“ beigelegt, was die gesellschaftliche Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Vereins be-<br />

legt.<br />

Schon nach kurzer Zeit konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein das erste Boot anschaffen. Die<br />

schlanke „Vierer-Wherry“ stellte die Damen allerdings in <strong><strong>de</strong>r</strong> Handhabung vor<br />

Probleme, da sie bislang nur in <strong>de</strong>n schwerfälligen Mietbooten gesessen hat-<br />

ten. Nichts<strong>de</strong>stotrotz wur<strong>de</strong> mit diesem Boot die offizielle Antrittsvisite bei<br />

<strong>de</strong>n größeren Vereinen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberspree abgehalten und ein Wettru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in<br />

Grünau gemeistert. Auch wenn die vielen mitgebrachten Taschen, Tücher<br />

und Körbe <strong>für</strong> mehr Aufsehen sorgten als die sportliche Leistung, wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n<br />

Amazonen doch eine gewisse Sportlichkeit beschie<strong>de</strong>n, da die Strecke vom<br />

Treffpunkt bis nach Grünau in <strong>de</strong>n schweren Kähnen doch anspruchsvoll<br />

war. Hierzu äußerte ein Zeitungsreporter: „Und wenn die Damen zielbewußt<br />

weiterübten und die schwere Klippe <strong>de</strong>s Auffälligen mie<strong>de</strong>n, dürfte <strong><strong>de</strong>r</strong> Klub<br />

auch bald sportliche Anerkennung fin<strong>de</strong>n“. 450<br />

Trotz aller Bemühungen fehlte es <strong><strong>de</strong>m</strong> Verein an Zulauf von „anständigen,<br />

jungen Damen“. 451 Als Folge löste er sich nach <strong><strong>de</strong>m</strong> gut besuchten ersten<br />

„Kränzchen“ wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf. Die Zeit <strong>für</strong> einen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein war noch nicht<br />

gekommen. Laut Schumann fehlte <strong>de</strong>n Frauen eine echte sportliche Haltung,<br />

da sie <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer nur nachgeahmt hätten, aber nicht über<br />

Äußerlichkeiten hinausgekommen waren: „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur so zum Spaß war un-<br />

vorstellbar. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war Lebensernst und diente <strong><strong>de</strong>r</strong> Ertüchtigung <strong>de</strong>s jungen<br />

Mannes im körperlichen und geistigen Sinne.“ 452<br />

Ungefähr zur gleichen Zeit machte ein Verein unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Namen Spreeklub<br />

auf sich aufmerksam. Die DAF muss diesen Verein als Konkurrenz angese-<br />

hen haben, da sie in einer Zeitung mitteilen ließ, in keinerlei Verbindung zu<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> neu gegrün<strong>de</strong>ten Spreeklub zu stehen. Da <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein in <strong><strong>de</strong>r</strong> Literatur<br />

keine weitere Erwähnung fin<strong>de</strong>t, liegt die Vermutung nahe, dass er kurz nach<br />

seiner Gründung wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgelöst wur<strong>de</strong>. 453<br />

449<br />

„Auch wenn die Kräfte fehlen, muss <strong><strong>de</strong>r</strong> Wille <strong>de</strong>nnoch gelobt wer<strong>de</strong>n.“ SALBACH, „Der<br />

‘<strong>Deutschen</strong> Amazonenflotte’ Glück und En<strong>de</strong>“, S. 146.<br />

450<br />

Ebenda, S. 144.<br />

451<br />

Ebenda, S. 146.<br />

452<br />

SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 522.<br />

453<br />

SALBACH, „Der ‘<strong>Deutschen</strong> Amazonenflotte’ Glück und En<strong>de</strong>“, S. 146.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 120<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Betrachtung <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>versuche <strong><strong>de</strong>r</strong> DAF kann festgehalten<br />

wer<strong>de</strong>n, dass die Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> ihr Scheitern vielseitig waren. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> einen Sei-<br />

te fehlte es <strong>de</strong>n „Amazonen“ an Motivation, das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n primär aus gesund-<br />

heitlichen Grün<strong>de</strong>n zu betreiben. Sie nutzen die Strukturen eines solchen<br />

Vereins vielmehr, um gesellschaftliche Festivitäten zu initiieren. Becker ver-<br />

wies in ihrer Abhandlung auf die <strong>für</strong> sportliche Betätigung unpraktische Klei-<br />

dung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Die aufwendige und auffällige „Uniform“ sei zu warm<br />

gewesen und hätte nur wenig Spielraum gegeben. 454 Weiter führt sie an,<br />

„daß Schwitzen sich nicht schickte und außer<strong><strong>de</strong>m</strong> meist Umklei<strong>de</strong>-<br />

und Duschmöglichkeiten fehlten. Die Frauen waren <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend<br />

bedacht, nicht ins Schwitzen zu kommen und paßten ihre<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei diesem Wunsch an, in<strong><strong>de</strong>m</strong> sie mit ruhiger Schlagzahl und<br />

geringem Krafteinsatz ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten.“ 455<br />

Erschwerend kam die Geringschätzung seitens <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer hinzu, sowie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Umstand, dass die Frauen meistens auf geliehene und schwerfällige Boote<br />

angewiesen waren.<br />

Das Gesamtbild einer nahezu verklei<strong>de</strong>t wirken<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in mit Schärpe und<br />

Hut, die langsam und ohne Kraftanstrengung über das Wasser „dümpelte“,<br />

passte nicht in das damalige Bild <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n karikierte es.<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n blieb ein reiner Männersport, <strong><strong>de</strong>r</strong> mit Werten wie Körperlichkeit,<br />

Sport, Natur und Gemeinschaftssinn assoziiert wur<strong>de</strong>.<br />

5.1.3 „Lampion-Corso“ auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Alster<br />

Nicht nur <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport hat vieles in Hamburg begonnen. Auch<br />

die Frauen betätigten sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hansestadt um die Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>twen<strong>de</strong> ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>sportlich in vielfältiger Weise.<br />

Unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Namen Verein Hamburger Touren-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er hatte sich 1900 ein<br />

neuer Verein konstituiert. Dessen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> waren Männer und Frauen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

lokalen Oberschicht, die das Ziel verfolgten, kleinere Bootstouren auf Alster,<br />

Bille und Elbe und eventuell an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Gewässern zu unternehmen. „Ziel die-<br />

ser Gemeinschaft war es, <strong>de</strong>n Geist und Körper durch solche Fahrten zu<br />

stärken sowie die Geselligkeit zu pflegen.“ 456<br />

454<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 24.<br />

455<br />

Ebenda.<br />

456<br />

[ohne Verfasser],[ohne Titel], in: Wassersport 18(1900)19, S. 212.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 121<br />

Die Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine hatten sich verpflichtet, gewisse öffentliche<br />

Aufgaben zu übernehmen. Eine solche war die Durchführung eines Blumen-<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Lampion-Corso zu Ehren eines hohen Gastes <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt. 457 1898 rief <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Allgemeine Alster-Club <strong>de</strong>shalb zu einem „Blumen-Corso“ auf, bei <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

RC Allemannia von 1866 auch einen Damenzweier stellte. Nur zwei Jahre<br />

später hielt <strong><strong>de</strong>r</strong> AAC unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Protektorat Sr. Magnifizenz Herrn Bürger-<br />

meister Dr. Mönckeberg am 19. August einen „Blumen-Corso“ auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Alster<br />

ab. In diesem Schauru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war nicht nur „Damensteuerung“ erlaubt, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

unter Punkt 4 <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootseinteilung fin<strong>de</strong>t sich explizit <strong><strong>de</strong>r</strong> Hinweis auf weibli-<br />

che Aktive: „Damenboote 4er, 2er, 1er mit Steuerung (Damensteuerung er-<br />

laubt).“ 458 Die Teilnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen am „Blumen-Corso“ in Hamburg wird in<br />

<strong>de</strong>n Folgejahren immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Wassersport erwähnt, <strong>de</strong>s-<br />

sen Autoren das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit Wohlwollen kommentieren: „Viel Aufse-<br />

hen erregten auch in letzter Zeit die verschie<strong>de</strong>nen mit Damen besetzten<br />

Bootsgattungen, worin fleißige Übungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n [...] Blumen-Corso stattfin-<br />

<strong>de</strong>n.“ 459 Beim Blumen-Corso 1904 ist die Besetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Boote schon weiter<br />

vorangeschritten. Hier fin<strong>de</strong>t sich unter Punkt 4, ‘Damenboote’, <strong><strong>de</strong>r</strong> Eintrag<br />

„nur von Damen zu ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu steuern“. 460<br />

Im selben Jahr veranstaltete <strong><strong>de</strong>r</strong> RC Allemannia von 1866 Hamburg eine<br />

interne Regatta auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Alster. Es fan<strong>de</strong>n insgesamt acht Rennen mit 106<br />

Teilnehmern (85 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> und 21 Damen) statt 461 ,wobei die Damen nicht<br />

als Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> eines Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereins geführt wur<strong>de</strong>n. Der Artikel belegt<br />

allerdings, dass die Damen auf dieser Regatta in verschie<strong>de</strong>nen Bootsklas-<br />

sen antraten. Diese waren „Boot Allemannia“ (Vierer), „Boot Allemannia“<br />

(Zehner) und „Boot Annemarie“ (Vierer). 462 Das am schönsten geru<strong><strong>de</strong>r</strong>te<br />

Boot sollte einen Preis erhalten, doch war es <strong>de</strong>n Schiedsrichtern nicht mög-<br />

lich, irgendwelche Unterschie<strong>de</strong> beim Stil festzustellen. Dies war wohl darauf<br />

zurückzuführen, dass alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen seit Wochen von Herrn Storm trainiert<br />

wor<strong>de</strong>n waren und außer<strong><strong>de</strong>m</strong> einheitliche weiße Kostüme trugen. Schließlich<br />

457 SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 522.<br />

458 [ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Wassersport 18(1900)33, S. 404.<br />

459 [ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Wassersport 19(1901)37, S. 445-446.<br />

460 [ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Wassersport 12(1904)31, S. 468.<br />

461 Vgl. [ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Wassersport 22(1904)35, S. 523-524.<br />

462 Ebenda, S. 523.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 122<br />

wur<strong>de</strong> je<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 19 Teilnehmerinnen eine kleine Erinnerung überreicht. 463<br />

Zusätzlich zu diesen Rennen gab es noch eine Wertung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kategorie Pri-<br />

vat- und Familienboote, in <strong><strong>de</strong>r</strong> eine Damensteuerung ausdrücklich erlaubt<br />

war. Frau B. Meyer und Fräulein Lütje wer<strong>de</strong>n als Steuerleute in <strong>de</strong>n Listen<br />

namentlich geführt. 464<br />

Auch beim „Blumen-Corso“ wur<strong>de</strong>n Preise ausgeschrieben und das Boot<br />

„Annemarie“ <strong>de</strong>s RC Allemannia von 1866, das ausschließlich mit Damen<br />

besetzt war, gewann <strong>de</strong>n vom Bürgermeister <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt Hamburg gestifteten<br />

Ehrenpreis bestehend aus einem „prachtvollen“ Bowleglas mit Gläsern. Al-<br />

lerdings wur<strong>de</strong> dieser Preis nicht etwa <strong>für</strong> anspruchsvolles Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vergeben,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> die Verzierung <strong>de</strong>s Bootes, <strong>für</strong> die Herr J. Martensen aus Altona<br />

verantwortlich war. 465 Ob <strong><strong>de</strong>r</strong> Ehrenpreis in Form eines Bowleglases explizit<br />

an Frauenmannschaften vergeben wur<strong>de</strong>, ist anhand <strong><strong>de</strong>r</strong> Aktenlage nicht<br />

nachvollziehbar.<br />

1906 und 1907 schrieb <strong><strong>de</strong>r</strong> AAC gemeinsam mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Nord<strong>de</strong>utschen Regat-<br />

ta-Verein einen Wettbewerb zur För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Tourenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns aus. Die Ka-<br />

tegorien umfassten Männer, Jugendliche, Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> und Damen. Es wur<strong>de</strong> ein<br />

Preis <strong>für</strong> diejenige ausgeschrieben, die die größte Kilometerzahl pro Jahr<br />

zurückgelegt hatte. 466 Gewonnen wur<strong>de</strong> dieser Preis 1906 von Frau W. v.<br />

Holten aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Verein Der Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club mit einer Gesamtleistung<br />

von 137,1 km. Der zweite Platz ging an Fräulein Lisbeth Mohr von Favorite<br />

Hammonia, die es auf 94 km brachte. 467 Schumann berichtete, dass Frau<br />

Blunk vom Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein <strong><strong>de</strong>r</strong> Siegespreis <strong>für</strong> das Tourenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

1905 zuerkannt wur<strong>de</strong>, während Frau W. v. Holten vom Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Club in diesem Jahr einen Extrapreis erhielt. 468 Im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahre gewan-<br />

nen die Frauen immer mehr an <strong>Aus</strong>dauer. So legte 1908 Frau Korn vom Als-<br />

ter Canoe-Club bereits 263 km zurück. Auch in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahren<br />

stieg die Höchstkilometerzahl: 1909 gewann Frau Stü<strong><strong>de</strong>m</strong>ann von Favorite<br />

Hammonia die Wertung mit 618,3 km, 1910 wur<strong>de</strong>n von ihr 914,6 km zu-<br />

463<br />

Vgl. ebenda, S. 524<br />

464<br />

Vgl. ebenda.<br />

465<br />

Vgl. ebenda.<br />

466<br />

Vgl. [ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Wassersport 25(1907)6, S. 64.<br />

467<br />

Vgl. ebenda, S. 65.<br />

468<br />

SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 522.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 123<br />

rückgelegt. Die Fachzeitschrift Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport widmete ihr 1912 sogar einen<br />

Leitartikel:<br />

„Frau Irma Stü<strong><strong>de</strong>m</strong>ann ist eine <strong><strong>de</strong>r</strong> eifrigsten Hamburgerinnenn,<br />

die <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport huldigen. Seit sieben Jahren betreibt sie ihn<br />

mit gleichem Interesse und gleicher Freu<strong>de</strong>. Sie hat mit ihrem<br />

Gemahl unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Flagge <strong>de</strong>s R.C. Favorite Hammonia verschie<strong>de</strong>ne<br />

größere Bootsreisen gemacht.“ 469<br />

Im Jahresbericht <strong>de</strong>s Germania Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Clubs von 1906 ist ein Rennen doku-<br />

mentiert: „Da das Fischerstechen nicht stattfand, wur<strong>de</strong> ein Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit<br />

Herrensteuerung in unseren Vergnügungsbooten eingelegt, das von Fräulein<br />

Dahlström und Fräulein Todtmann, gesteuert von Walther Droege, gewon-<br />

nen wur<strong>de</strong>.“ 470 Bei Favorite Hammonia wur<strong>de</strong> 1913 extra ein geson<strong><strong>de</strong>r</strong>ter<br />

Steg <strong>für</strong> Damenboote angelegt.<br />

Auch außerhalb von Hamburg entwickelte sich das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Außerhalb<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Hansestadt fin<strong>de</strong>t sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Hinweis auf ein Anru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 471 in Berlin, dass<br />

eine gemeinschaftliche Fahrt mit Frauen, zwangloses Mittagessen und spä-<br />

ter Spaziergang nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Wal<strong>de</strong> vorsah. Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückfahrt wur<strong>de</strong> zum<br />

gemeinsamen Aben<strong>de</strong>ssen und nachher zum Tanz gebeten. 472<br />

Beim Vergleich <strong><strong>de</strong>r</strong> Ansätze in Hamburg mit <strong>de</strong>n ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportlichen Bemühun-<br />

gen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Amazonenflotte fällt auf, dass die Hanseatinnen aus ei-<br />

ner primär sportlichen und nicht unbedingt gesellschaftlichen Motivation<br />

heraus ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten. Auch wenn die Anfänge im „Blumen-Corso“ zu fin<strong>de</strong>n sind,<br />

haben sich Frauen schon früh an Rennen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hansestadt beteiligt. Die<br />

genannten Regatten und <strong>Aus</strong>zeichnungen, beispielsweise <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwerb eines<br />

Abzeichens im Tourenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, sind weitere Belege <strong>für</strong> erste ernsthafte Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>versuche. Dabei müssen auch diesen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gewisse gesellschaftli-<br />

che Ambitionen zugewiesen wer<strong>de</strong>n, da es vor allem Frauen <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberschicht<br />

waren, die durch ihre Ehemänner zum Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport gebracht wur<strong>de</strong>n.<br />

469<br />

H. BORRMANN, [ohne Titel], in: Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 1(1912)14, zitiert nach: HAMBURGER RUDE-<br />

RINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik. 75 Jahre Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club von 1925 e. V.,<br />

Hamburg 2000, S. 1.<br />

470<br />

Ebenda.<br />

471<br />

Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>saison wird je<strong>de</strong>s Jahr offiziell mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Anru<strong><strong>de</strong>r</strong>n eröffnet und mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Abru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

been<strong>de</strong>t.<br />

472<br />

Vgl. [ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Wassersport 18(1900)15, S. 151.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 124<br />

5.2 Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten weiblichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportvereine<br />

5.2.1 Friedrichshagener Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club<br />

Die gesellschaftliche Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau um 1900 verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te sich langsam. Ge-<br />

lockerte Konventionen und die Zunahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Berufstätigkeit führten bei Frau-<br />

en zu einem gesteigerten Interesse an körperlicher Betätigung im Sinne von<br />

Erholung und Entspannung. Mediziner be<strong>für</strong>worteten gemäßigte körperliche<br />

Betätigung und <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Anatomie angepasste Leibesübungen. Be-<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>s Bewegung im Freien wur<strong>de</strong> empfohlen und propagiert, wodurch<br />

auch die Wassersportarten in das Blickfeld rückten.<br />

1901 fan<strong>de</strong>n sich in Berlin-Friedrichshagen vier Frauen zusammen, die über<br />

zwei eigene Boote verfügten und zum Zusammenschluss gewillt waren:<br />

„Es waren Fräulein Behr, Erdmann, Klaus und Noack, die kameradschaftlich<br />

geeint durch viele Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten, <strong>de</strong>n mutigen Entschluß<br />

zur ‘Vereinsgründung’ fassten.“ 473<br />

Am 10. März 1901 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Friedrichshagener Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club (FDRC)<br />

ins Leben gerufen. Dieser Tag wur<strong>de</strong> bewusst ausgewählt, da es <strong><strong>de</strong>r</strong> Ge-<br />

burtstag <strong><strong>de</strong>r</strong> Königin Luise war und<br />

„[...] weil diese <strong>für</strong> uns das Vorbild echter <strong>de</strong>utscher Fraulichkeit<br />

war – und diese wollten wir uns trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> schlechten Meinung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

fluß- und seenbeherrschen<strong>de</strong>n Männlichkeit erhalten.“ 474<br />

Eine <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen schrieb zur 40. Jahresfeier über Beweggrün<strong>de</strong> und<br />

Probleme <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit:<br />

„Wir vier Kameradinnen hielten wacker zusammen und ertrugen<br />

geduldig und gemeinsam allen Spott ob unseres ‘männlichen Getues’.<br />

Der Ehre, einmal Deutschlands erster Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein zu<br />

sein, waren wir uns natürlich nicht bewußt, als uns <strong><strong>de</strong>r</strong> Ehrgeiz<br />

packte, es <strong>de</strong>n Friedrichshagener Herren gleichzutun und einen<br />

Verein zu grün<strong>de</strong>n.“ 475<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Festschrift zu diesem Jubiläum hieß es dann auch:<br />

473 [S. F.], „Die ersten Vier von Friedrichshagen“, in: Wassersport 59(1941)14, S. 166. Das<br />

Boot „Ägir“ war ein stabiler Doppelzweier mit festen Sitzen. Der Doppeldreier<br />

„Rauthgundis“ gehörte <strong><strong>de</strong>r</strong> damaligen Vereinsführerin Betty Behr. Vgl. SCHUMANN, „Lang<br />

ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 522.<br />

474 Ebenda.<br />

475 Ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 125<br />

„Diese vier Damen waren sich sicherlich damals nicht bewußt,<br />

daß sie so die Vorkämpferinnen einer heute nicht mehr wegzu<strong>de</strong>nken<strong>de</strong>n<br />

Sportbewegung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Frauen wur<strong>de</strong>n und<br />

haben zunächst an eine reine Stätte ihres Vergnügens und ihrer<br />

persönlichen Erholung gedacht.“ 476<br />

Auch wenn sie sich nicht als Vorreiterinnen fühlten, so war ihnen doch wich-<br />

tig, eine eigene Flagge auf <strong>de</strong>n Gewässern Berlins zu präsentieren. Hierzu<br />

kehrten sie die Vereinsfahne <strong><strong>de</strong>r</strong> Friedrichshagener Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er um. So<br />

entstand ein Wappen mit dünnen weißen Diagonalstreifen auf dunkelblauem<br />

Grund, „weil diese Farbenwahl weniger – schmutzempfindlich (!) war“. 477<br />

Zunächst bestimmten ruhige Sonntagsfahrten und Feste das Vereinsleben.<br />

Das erste Winterfest wur<strong>de</strong> ein voller Erfolg, so dass ein <strong>de</strong>utlicher Gewinn<br />

erzielt wer<strong>de</strong>n konnte. 478 Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> folgen<strong>de</strong>n Sommerfest verfügte <strong><strong>de</strong>r</strong> Ver-<br />

ein über so viel Geld, dass ein neuer Einer bestellt wur<strong>de</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Namen<br />

„Es ist erreicht!“ erhielt. 479<br />

Die ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Damen machten Eindruck auf <strong>de</strong>n Gewässern, was vor allem<br />

auch darin begrün<strong>de</strong>t war, dass sie alle Probleme mit Einfallsreichsreichtum<br />

selbst zu lösen wussten. 480 So mussten sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit häufiger das<br />

Bootshaus wechseln. Dabei verlu<strong>de</strong>n sie die Stärkekisten, die als Umklei<strong>de</strong>-<br />

schränke dienten, in die Boote und transportierten sie von einem Boots-<br />

schuppen zum nächsten.<br />

Obwohl es in dieser Zeit viele Aufnahmeanträge gab, nahmen die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

nur Damen <strong><strong>de</strong>r</strong> Friedrichshagener Gesellschaft auf. Erst drei Jahre nach<br />

Vereinsgründung durfte die erste Berlinerin eintreten. „Man wollte unter sich<br />

bleiben, wo<strong>für</strong> auch die Eintrittsgel<strong><strong>de</strong>r</strong> von drei Mark und die Monatsbeiträge<br />

von einer Mark sprachen.“ 481 1907 wur<strong>de</strong> die Beiträge sogar auf 20 Mark <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Beitritt und zwei Mark im Monat angehoben. Damit waren Frauen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Unterschicht, die um 1900 durchschnittlich 11,36 Mark in <strong><strong>de</strong>r</strong> Woche verdien-<br />

476<br />

[ohne Verfasser], 40 Jahre Friedrichshagener Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Bund, [Berlin] 1941, S. 13.<br />

477<br />

[S. F.], „Die ersten Vier von Friedrichshagen“, S. 167.<br />

478<br />

Vgl. ebenda. Nur acht Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> empfingen damals Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>te von Besuchern zu <strong>de</strong>n<br />

Festen. Manchmal war <strong><strong>de</strong>r</strong> Andrang so groß, dass trotz aller Behelfsmittel die Stege nicht<br />

ausreichten.<br />

479<br />

Vgl. ebenda, S. 167. Ferner [ohne Verfasser], „Chronik“, in: www.frcw.<strong>de</strong>/chronik, Zugriff<br />

am 1. 10. 2007.<br />

480<br />

Vgl. ebenda, S. 167.<br />

481<br />

M. STOCKFISCH, 25 Jahre Friedrichshagener Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club, [o.O.] 1926, S. 27.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 126<br />

ten, prinzipiell ausgeschlossen. 482 Philipp berichtete sogar von 50 Mark Auf-<br />

nahmegebühr. 483 Nach einjähriger Kandidatenzeit entschied dann eine spe-<br />

zielle Versammlung über die endgültige Mitgliedschaft. Wer aufgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n wollte, brauchte außer<strong><strong>de</strong>m</strong> eine Fürsprecherin im Verein. 484<br />

Ein weiterer Grund <strong>für</strong> die geringe Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl mag in <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache gele-<br />

gen haben, dass in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit nur ledige, respektive aktive Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

aufgenommen wur<strong>de</strong>n. Diejenige, die heiratete, musste aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Verein aus-<br />

schei<strong>de</strong>n. 485 In <strong><strong>de</strong>r</strong> Festschrift 40 Jahre Friedrichshagener Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Club von 1941 fin<strong>de</strong>t sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Hinweis, dass erst ab 1910 die passive Mit-<br />

gliedschaft eingeführt wur<strong>de</strong>. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s bewährten Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> beim<br />

<strong>Aus</strong>schei<strong>de</strong>n aus <strong><strong>de</strong>m</strong> aktiven Vereinsleben die Ehrenmitgliedschaft verlie-<br />

hen. 486<br />

Geschickt aufgezogene Feste und <strong><strong>de</strong>r</strong> erwirtschaftete Gewinn ermöglichten<br />

1912 <strong>de</strong>n Kauf eines eigenen Bootshauses, <strong><strong>de</strong>r</strong> mit einer Vergrößerung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bootsflotte einherging. Parallel dazu wur<strong>de</strong>n weitere Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgenom-<br />

men: Zählte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein 1908 lediglich 17 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>, so stieg die Zahl 1926<br />

auf 69 und 1931 auf 89 an. 487<br />

Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s FDRC beschränkten sich auf das Skullen. Sie waren be-<br />

geisterte Verfechterinnen <strong>de</strong>s Touren- und Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und wagten be-<br />

reits in <strong>de</strong>n ersten Jahren längere Touren auch außerhalb <strong>de</strong>s Großraums<br />

Berlin. 488 Der erste Sieg auf einer Regatta datiert aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Jahr 1921, als die<br />

Meisterschaft im Stil-Einer errungen wer<strong>de</strong>n konnte. 489 Der FDRC konzen-<br />

trierte sich auf das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, was vor allem darin begrün<strong>de</strong>t lag, dass das<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als <strong>Aus</strong>gleich zum beruflichen Alltag angesehen wur<strong>de</strong>. Ein Rennru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>training erschien vielen als zu anstrengend. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> waren die Frauen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Meinung, dass Renntraining nur von wenigen zu leisten sei, ein Verein<br />

482 Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen zur Benachteiligung von Arbeiterinnen in Kap. 3.4. Ferner<br />

G. PFISTER/H. LANGENFELD, „Die Leibesübungen <strong>für</strong> das weibliche Geschlecht“, S. 505.<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 96.<br />

483 Vgl. W. PHILIPP, „Mit Plu<strong><strong>de</strong>r</strong>hosen, Matrosenblusen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kappen aufs Wasser“, in:<br />

[ohne Verfasser], Treptow-Köpenick 2002, ein Jahr- und Lesebuch, [o.O. O.J.], S. 120.<br />

484 Vgl. ebenda.<br />

485 Vgl. [ohne Verfasser], „Chronik“, Zugriff am 1. 10. 2007.<br />

486 SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 522.<br />

487 Vgl. [ohne Verfasser], 40 Jahre Friedrichshagener Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Bund, S. 3.<br />

488 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 27.<br />

489 Vgl. [S. F.] „ Die ersten Vier von Friedrichshagen“, S. 167.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 127<br />

sich aber <strong>de</strong>n Leibesübungen vieler widmen müsse. 490 Den Damen <strong>de</strong>s<br />

FDRC erschien es darüber hinaus angebrachter, ihr Augenmerk auf eine<br />

gute Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik zu legen und auch im Boot nicht die Grazie und Anmut zu<br />

verlieren, die zu jener Zeit als die beste Zier<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau galt. 491 Dennoch<br />

muss festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass die sportliche Aktivität gekennzeichnet war<br />

durch eine sehr sorgfältige <strong>Aus</strong>bildung, die mit allem Ernst betrieben wur<strong>de</strong>.<br />

Sportmäßiges Schwimmen war verpflichtend <strong>für</strong> alle Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> und im Winter<br />

verabre<strong>de</strong>ten sich die Frauen zum Eislaufen. 492<br />

Die ‘Ersten Vier von Friedrichshagen’ waren Vorkämpferinnen <strong>für</strong> einen<br />

gleichberechtigten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport. Auch wenn es an Spott nicht mangelte, wuss-<br />

ten die Frauen sich sowohl auf <strong>de</strong>n Gewässern Berlins als auch im gesell-<br />

schaftlichen Leben gegen die Männer zu behaupten. Darüber hinaus hat <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Verein auf die ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportliche Entwicklung in Deutschland großen Einfluss<br />

ausgeübt. So wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 1919 in Berlin gegrün<strong>de</strong>te Deutsche Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Verband von <strong>de</strong>n Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>s FDRC unterstützt. 493<br />

Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> FDRC wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aktiviert, zumal das<br />

Bootshaus einigermaßen unbeschädigt geblieben war. Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Be-<br />

stimmungen <strong>de</strong>s Gesetzes Nr. 2 <strong>de</strong>s Potsdamer Abkommens waren aller-<br />

dings alle Vereine aufzulösen. Auch das Führen <strong><strong>de</strong>r</strong> alten Vereinsnamen<br />

wur<strong>de</strong> verboten. 494 Der FDRC än<strong><strong>de</strong>r</strong>te seinen Namen und nahm unter <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bezeichnung Köpenick II o<strong><strong>de</strong>r</strong> Fraternitas erfolgreich an Regatten in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Nachkriegszeit teil. 495<br />

Das alte Bootshaus in Grünau musste nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg aufgege-<br />

ben wer<strong>de</strong>n. Erschwerend kam hinzu, dass Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Westteil Ber-<br />

lins in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ostzone unerwünscht waren. Am 10. Mai 1950 wagte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein<br />

in einer Holzbaracke in Spandau <strong>de</strong>n Neuanfang und konstituierte sich unter<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> alten Namen Friedrichshagener Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club von 1901. 496 1977<br />

führten Nachwuchssorgen und ein überholungsbedürftiges Bootshaus zu<br />

490 Vgl. M. SCHNEIDER, [ohne Titel], in: Wassersport 49(1931)48, S. 900.<br />

491 Vgl. M. GLOBIG, „Die Frauenfrage im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport“, in: Wassersport 29(1911)17, S. 235.<br />

492 SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 522.<br />

493 Die Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s FDRC (1917-1920), Margarete Schnei<strong><strong>de</strong>r</strong>, war Mitbegrün<strong><strong>de</strong>r</strong>in <strong>de</strong>s<br />

<strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verban<strong>de</strong>s. Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 29.<br />

494 Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen in Kap. 4.3 zur politischen, wirtschaftlichen und sozialen<br />

Situation in Deutschland nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg.<br />

495 Vgl. [ohne Verfasser], „Chronik“, Zugriff am 1. 10. 2007.<br />

496 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 128<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> schweren Entschluss, <strong>de</strong>n FDRC aufzulösen. Die ca. 30 Vereinsmitglie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> schlossen sich <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club-Wannsee (FRCW) an. 497<br />

2001 erinnerte <strong><strong>de</strong>r</strong> FRCW als Nachfolgerin <strong>de</strong>s FDRC an die „Ersten Vier<br />

von Friedrichshagen“ und 100 Jahre Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland. 498<br />

5.2.2 Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft<br />

Sechs Jahre blieb <strong><strong>de</strong>r</strong> FDRC <strong><strong>de</strong>r</strong> einzige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein. Durch die Initia-<br />

tive von Fräulein Mieze Ritter und Dora Peckelhoff grün<strong>de</strong>ten am 19. Juni<br />

1907 acht Damen die Lübecker Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft, die 1933 per<br />

Anordnung in Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft (LFRG) unbenannt wur-<br />

<strong>de</strong>. 499 An ein eigenes Bootshaus war nicht zu <strong>de</strong>nken, so dass sich die Frau-<br />

en zunächst bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Lübecker Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft (LRG) einmieteten. Bis<br />

1911 wur<strong>de</strong> aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> mangeln<strong>de</strong>n finanziellen Mittel ausschließlich in<br />

LRG-Booten geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Als 1910 ein kleines Bootshaus neben das alte ge-<br />

setzt wur<strong>de</strong>, erhielten die Damen in diesem Domizil einen Umklei<strong><strong>de</strong>r</strong>aum mit<br />

Duschraum zur Miete – <strong>für</strong> die damalige Zeit keine Selbstverständlichkeit. 500<br />

Langsam entwickelte sich das Vereinsleben und nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Flaggenweihe<br />

1908 konnte 1912 das erste eigene Boot angeschafft wer<strong>de</strong>n. Da die <strong>Aus</strong>bil-<br />

dung <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG-Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> bislang Männer <strong><strong>de</strong>r</strong> LRG übernommen hatten,<br />

wur<strong>de</strong> ausschließlich in Riemenbooten geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t, so dass mit <strong><strong>de</strong>r</strong> „Undine“<br />

ebenfalls ein Riemenvierer angeschafft wur<strong>de</strong>. 501<br />

Trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> guten Beziehungen <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Vereine war das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n streng<br />

voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> getrennt. Dies belegt <strong><strong>de</strong>r</strong> Eintrag aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Chronik von 1924, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

eine 14-tägige Bootssperre bei gemischtem Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vorsah. 502<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit unternahmen die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG ausge<strong>de</strong>hnte Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

fahrten, traten aber überregional nicht auf Regatten in Erscheinung. Erst<br />

497<br />

Vgl. ebenda. Ursprünglich sollten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gruppe Wannsee aufgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n. Dieser Plan wur<strong>de</strong> allerdings verworfen, so dass fünf Frauen am 8. Mai<br />

1947 <strong>de</strong>n Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club-Wannsee grün<strong>de</strong>ten. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit besaß <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein<br />

we<strong><strong>de</strong>r</strong> Boote noch finanzielle Mittel, so dass man auf Leihboote angewiesen war. 1948<br />

gab die Militärregierung die beschlagnahmten Bootshäuser zurück und <strong><strong>de</strong>r</strong> FRCW wur<strong>de</strong><br />

in einem völlig leer stehen<strong>de</strong>n Bootshaus am großen Wannsee untergebracht.<br />

498<br />

Vgl. ebenda.<br />

499<br />

Vgl. [ohne Verfasser], Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft 1907-2007, [o.O.] 2007, S.<br />

22.<br />

500<br />

Vgl. ebenda.<br />

501<br />

Vgl. ebenda, S. 23.<br />

502<br />

Vgl. [ohne Verfasser], 75 Jahre Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft, Lübeck 1982, S.<br />

30.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 129<br />

1927 trat <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein <strong><strong>de</strong>m</strong> DDRV bei. Im Jahr darauf konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Sieg im<br />

Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gefeiert wer<strong>de</strong>n, wo<strong>für</strong> zuvor erstmalig ein Trainer engagiert wor-<br />

<strong>de</strong>n war. 503 Nach vielen Be<strong>de</strong>nken beteiligte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein ab 1932 auch<br />

am Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Im Juni 1932 konnte passend zum Stiftungsfest <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

erste Sieg in Hamburg eingefahren wer<strong>de</strong>n, nach<strong><strong>de</strong>m</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein auf Skullen<br />

umgestellt hatte. 504 1937 wur<strong>de</strong> <strong>für</strong> Inge Oehlenschläger ein Skiff ange-<br />

schafft, womit sie viele Siege <strong>für</strong> die LFRG erringen konnte. Erwähnenswert<br />

ist auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Gewinn <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten <strong>Deutschen</strong> Meisterschaft 1939 durch Inge<br />

Oehlenschläger und Frie<strong>de</strong>l Schneegaß im Doppelzweier.<br />

Die LFRG pflegte immer die Beziehungen zu ihrem Nachbarverein LRG. Als<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein professionelle Trainer einstellte, waren diese auch <strong>für</strong><br />

die Rennmannschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG zuständig, was während <strong>de</strong>s Zweiten<br />

Weltkrieges noch zu 60 Siegen im Renn- und Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n führte. 505<br />

Ebenfalls 1927 grün<strong>de</strong>te die LFRG die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege <strong><strong>de</strong>r</strong> Ernestinenschule; die<br />

damalige Vorsitzen<strong>de</strong> Käthe Hey<strong>de</strong>l und Protektor Abel übernahmen die Lei-<br />

tung. Der Verein unterstützte die Riege bei <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>bildung <strong>de</strong>s Nachwuch-<br />

ses, beim Training und auf Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten. Bis die Riege eigene Boote<br />

anschaffen konnte, wur<strong>de</strong>n die Boote <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule zur Verfügung<br />

gestellt. Als die Riege im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> Gleichschaltung nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Machtergrei-<br />

fung <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationalsozialisten aufgelöst wer<strong>de</strong>n musste, kaufte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein die<br />

Boote <strong><strong>de</strong>r</strong> Riege am Falkenplatz, die zwischenzeitlich begonnen hatten, das<br />

Bootshaus <strong>de</strong>s Vereines zu nutzen. Die Boote <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ernestinenschule wur<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG als Dank <strong>für</strong> geleistete Arbeit übereig-<br />

net. 506<br />

Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl stieg nur langsam, da Anwärterinnen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit<br />

erst nach Vollendung <strong>de</strong>s 16. Lebensjahres aufgenommen wur<strong>de</strong>n. Aber sie<br />

nahm stetig zu, so dass 1982 126 507 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und 2006 151 gezählt wur-<br />

<strong>de</strong>n. 508 2007 konnte das 100-jährige Vereinsjubiläum gefeiert wer<strong>de</strong>n.<br />

503<br />

Vgl. ebenda. Ferner vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 31.<br />

504<br />

Vgl. [ohne Verfasser], Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft 1907-2007, S. 25.<br />

505<br />

Vgl. ebenda, S. 26.<br />

506<br />

Vgl. ebenda.<br />

507<br />

Vgl. ebenda, S. 30.<br />

508<br />

Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND, Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik, Privatbesitz Hutmacher.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 130<br />

5.2.3 Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub<br />

Am 24. April 1919 beschlossen die Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er <strong>de</strong>s Lübecker Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klubs<br />

(LRK) eine Damenabteilung ins Leben zu rufen. Einige Ehefrauen gingen<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Sport regelmäßig nach, die Statuten <strong>de</strong>s Vereins erlaubten allerdings<br />

nicht die Aufnahme von Frauen als vollwertige Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Noch am selben<br />

Tag fand die Gründungsversammlung statt, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> 36 Damen ihren Beitritt<br />

erklärten. 509 Die erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Satzungsän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung wur<strong>de</strong> gegen <strong>de</strong>n Willen<br />

vieler Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er durchgesetzt, was dazu führte, dass die Damenabteilung in<br />

<strong>de</strong>n ersten Jahren nicht mehr als 30 aktive und 20 passive Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> haben<br />

durfte. 510 1920 wur<strong>de</strong> sogar <strong><strong>de</strong>r</strong> Antrag gestellt, dass Aufnahmen neuer<br />

Frauen nur dann erfolgen dürften, wenn es sich um Ehefrauen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schwes-<br />

tern ausüben<strong><strong>de</strong>r</strong> Herrenmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> han<strong>de</strong>lte. Des Weiteren sollten Frauen<br />

nicht berechtigt sein, an <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwaltung, an <strong>de</strong>n Morgensitzungen, an <strong>de</strong>n<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>versammlungen und an <strong>de</strong>n Klubaben<strong>de</strong>n teilzunehmen. Außer-<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> von einigen Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n die For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung gestellt, dass es Frauen<br />

nicht gestattet sein sollte, während <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingszeiten, abends nach 18 Uhr<br />

und sonntags von 10 bis 12 Uhr zu ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 511 Diese Anträge fan<strong>de</strong>n im Vor-<br />

stand nicht die erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Mehrheit, was dazu führte, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründungs-<br />

vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s LRK, Hans A. Hanson, seine Ämter nie<strong><strong>de</strong>r</strong>legte. Diesen<br />

Entschluss nahm er jedoch später zurück.<br />

Die ersten zwei Jahre <strong>de</strong>s LFRK waren gekennzeichnet von Enttäuschungen<br />

und Entbehrungen. <strong>Aus</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Bootshaus waren die Frauen fast verdrängt<br />

wor<strong>de</strong>n und das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war durch <strong>de</strong>n Trainingsbetrieb <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer stark<br />

eingeschränkt. In einem Artikel in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinszeitung vom Januar 1921 hieß<br />

es hierzu:<br />

„Unser Verkehrston war aus diesen Grün<strong>de</strong>n lange nicht so frisch<br />

und fröhlich, vor allem nicht so ungezwungen wie im Vorjahre. Wir<br />

kamen <strong>de</strong>shalb auch nicht mit Freu<strong>de</strong> ins Bootshaus. Die Kilometerzahlen<br />

unserer Fahrten beweisen es. [...] Aber lasst uns im Eifer<br />

<strong>de</strong>s Gefechtes nicht vergessen, daß wir nur zweimal im Monat<br />

bei <strong>de</strong>n abendlichen Zusammenkünften gedul<strong>de</strong>t sind. Wehe <strong><strong>de</strong>m</strong>,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> am verkehrten Abend erscheint.“ 512<br />

509 Vgl. [ohne Verfasser], 50 Jahre lübecker frauen-ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-klub, [o.O.] 1969, S. 8.<br />

510 Vgl. [ohne Verfasser], 70 Jahre LFRK – 1919-1989, [o.O.] 1989, S. 10.<br />

511 Ebenda.<br />

512 Ebenda, S. 11.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 131<br />

Aller Anfeindungen und Schwierigkeiten zum Trotz konnte bereits 1920 das<br />

erste eigene Boot <strong><strong>de</strong>r</strong> Damenabteilung, ein Riemenvierer, auf <strong>de</strong>n Namen<br />

„Schwartau“ getauft wer<strong>de</strong>n. Vier Jahre später entschlossen sich die Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen, <strong><strong>de</strong>m</strong> DDRV beizutreten. Ein erster Versuch in die Selbstständigkeit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Damenabteilung scheiterte jedoch. 513<br />

Das Jahr 1925 brachte neben <strong><strong>de</strong>m</strong> neuen Doppelzweier „Hohemeile“ auch<br />

erstmalig eine Trennung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kassengeschäfte zwischen LRK und <strong><strong>de</strong>r</strong> Da-<br />

menabteilung.<br />

Im Frühjahr 1926 wur<strong>de</strong>n Konsequenzen gezogen. Die Zugehörigkeit zu ei-<br />

nem Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein hatte sich als schwierig herausgestellt, und so ent-<br />

stand aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Damenabteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> selbstständige Lübecker Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Klub, <strong><strong>de</strong>r</strong> 1936 in Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub (LFRK) umbenannt wur<strong>de</strong>.<br />

1927 entschloss sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein zur Gründung einer Jugendabteilung. Unter<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Namen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund Jung-Volk wur<strong>de</strong> so Schülerinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Höheren<br />

Schulen ab <strong><strong>de</strong>r</strong> Untersekunda und jungen Mädchen bis 18 Jahre das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

ermöglicht. 514 Die Jugendabteilung bestand bis 1935 und musste dann auf-<br />

gelöst wer<strong>de</strong>n. 515 Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> gingen in <strong>de</strong>n BDM über.<br />

Von 1927 bis 1936 konnten insgesamt 39 Siege, darunter 14 in unbe-<br />

schränkten Wettbewerben erru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n. 516 Zunächst versuchten sich die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ausschließlich im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, erst nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg<br />

starteten die Sportlerinnen bei Rennen. 517<br />

Das Jahr 1933 führte zu neuerlichen Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen, da <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein gemeinsam<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG und <strong>de</strong>n Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus <strong><strong>de</strong>m</strong> DDRV austrat. Noch<br />

im selben Jahr wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRK in <strong>de</strong>n DRV aufgenommen.<br />

Nach einer letzten Regatta 1940 in Rendsburg beschränkte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

betrieb kriegsbedingt auf Kurzfahrten. Immerhin konnten <strong>für</strong> die Jahre 1941<br />

und 1942 noch 411 Fahrten mit 6820 km verzeichnet wer<strong>de</strong>n. 518 Bei <strong>de</strong>n<br />

Bombenangriffen auf Lübeck wur<strong>de</strong>n sämtliche Klubunterlagen vernichtet,<br />

lediglich das Bootshaus blieb verschont. Nach Kriegsen<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> es von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

britischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n verboten. Erst ab<br />

513<br />

Vgl. [ohne Verfasser], 75 Jahre Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub, [ o.O.], 1994, S. 13.<br />

514<br />

Vgl. ebenda.<br />

515<br />

Vgl. ebenda, S. 15.<br />

516<br />

Vgl. [ohne Verfasser], 50 Jahre lübecker frauen-ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-klub, S. 11.<br />

517 Vgl. ebenda.<br />

518 Vgl. ebenda, S. 12.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 132<br />

1946 konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> Betrieb, wenn auch stark eingeschränkt, wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgenom-<br />

men wer<strong>de</strong>n. 519<br />

5.2.4 Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club von 1925<br />

Pally erwähnt, dass bereits im Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s FDRC <strong><strong>de</strong>r</strong> Allgemeine<br />

Alster-Club in Hamburg eine Damenabteilung grün<strong>de</strong>te. 520 Dies wird von<br />

Schumann wi<strong><strong>de</strong>r</strong>legt, die Kopal zitiert: „1901 – Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n angeregt – je-<br />

doch ohne Erfolg.“ 521<br />

Am 3. Dezember 1925 fand ein erstes Treffen <strong>de</strong>s AAC mit ru<strong><strong>de</strong>r</strong>begeister-<br />

ten Frauen in <strong>de</strong>n Clubräumen <strong>de</strong>s RC Allemannia von 1866 statt. Am 15.<br />

Dezember wur<strong>de</strong> die vorgelegte Satzung genehmigt, zehn Damen und drei<br />

Schülerinnen grün<strong>de</strong>ten die Riege. 522 Erste Vorsitzen<strong>de</strong> war Martha Marcus,<br />

als Vertreterin <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugend wur<strong>de</strong> Dr. Sophie Barrelet gewählt. Die Frauen<br />

waren allerdings nicht auf sich allein gestellt. Durch die Anbindung an <strong>de</strong>n<br />

AAC wur<strong>de</strong> festgelegt, dass jeweils ein männliches AAC-Vorstandsmitglied<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Riege angehören musste. Erster Vertreter war Paul<br />

Puhlmann vom RC Favorite Hammonia. Bis En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres zählte <strong><strong>de</strong>r</strong> Ver-<br />

ein bereits 50 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>. 523<br />

Im Januar 1926 begann die <strong>Aus</strong>bildung auf <strong><strong>de</strong>r</strong> „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>maschine“ im Boots-<br />

haus Uhlenhorst. Puhlmann erteilte <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zwei Mal wöchentlich<br />

Unterricht. Geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n zwei gebrauchten Riemenvierern „Hansa“<br />

und „Lübeck“, die mit festen Sitzen und festen Dollen ausgestattet waren.<br />

Des Weiteren stellten <strong><strong>de</strong>r</strong> RC Favorite Hammonia und die RG Hansa Ham-<br />

burg ihre Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>becken <strong>für</strong> weitere Übungszwecke zur Verfügung. Bereits im<br />

Juni 1926 veranstaltete <strong><strong>de</strong>r</strong> AAC ein Prüfungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> die Frauen. Es mel-<br />

<strong>de</strong>ten sich neun Vierermannschaften, je<strong>de</strong> einzelne Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in bestand die Prü-<br />

fung.<br />

519 Vgl. [ohne Verfasser], 75 Jahre Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub, S. 15.<br />

520 Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 5.<br />

521 In <strong><strong>de</strong>r</strong> Literatur sowie im Staatsarchiv Hamburg fin<strong>de</strong>t sich kein Hinweis auf die Gründung<br />

dieser Riege. Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Elfrie<strong>de</strong> Schumann am 24. Juni 2008. Ferner HAM-<br />

BURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 1. Gustav Kopal war Redakteur <strong>de</strong>s Magazins<br />

Hamburger Wassersport.<br />

522 Vgl. ebenda, S. 5.<br />

523 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 133<br />

Insgesamt war es ein erfolgreiches erstes Vereinsjahr. Das Fahrtenbuch<br />

weist <strong>für</strong> die erste Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>saison über 400 Fahrten aus. Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl er-<br />

höhte sich auf 66 Frauen und 33 Schülerinnen. 524<br />

Da <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV nur Rennen in Skullbooten ausschrieb, wur<strong>de</strong> 1927 <strong><strong>de</strong>r</strong> erste<br />

Gig-Doppelvierer bestellt. Das Boot wur<strong>de</strong> zu Ehren <strong>de</strong>s verstorbenen AAC-<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>n Alfred Hafels auf <strong>de</strong>ssen Namen getauft. Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> zweiten Stif-<br />

tungsfest konnte ein Gewinn von 450 Reichsmark erwirtschaftet wer<strong>de</strong>n, mit<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> drei Doppelzweier bestellt wer<strong>de</strong>n sollten. Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres hatte<br />

sich die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl verdoppelt. Es waren 197 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> aktiv, darunter 60<br />

Jugendliche und 42 Stu<strong>de</strong>ntinnen. 525<br />

1928 bil<strong>de</strong>te die Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Riege <strong>de</strong>s AAC mit 241 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n die größ-<br />

te geschlossene Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innengruppe in Deutschland. 526 Ebenfalls in diesem<br />

Jahr konnten auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Regatta in Lübeck die ersten „<strong>Aus</strong>wärtssiege“ gefeiert<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Zuge dieser Entwicklung erfolgte am 5. Juni 1929 in vollem Einverneh-<br />

men mit <strong><strong>de</strong>m</strong> AAC die Gründung <strong>de</strong>s eigenständigen Vereins Hamburger<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club. Dieser wur<strong>de</strong> 1937 umbenannt in Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen-Club (HRC) 527 , das Wort „Dame“ entsprach nicht mehr <strong><strong>de</strong>m</strong> Zeitgeist.<br />

Der neue Verein setzte seine Mitgliedschaft im DDRV zunächst fort. 528 Laut<br />

Schumann war die Damen-Riege <strong>de</strong>s AAC bereits 1926 <strong><strong>de</strong>m</strong> DDRV beige-<br />

treten. Der AAC gehörte <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV an, damit hätte auch die ihm angeschlos-<br />

sene Damenabteilung Mitglied <strong>de</strong>s DRV sein müssen. Schumann geht davon<br />

aus, dass sich die Verantwortlichen bewusst <strong>für</strong> die Mitgliedschaft im DDRV<br />

entschie<strong>de</strong>n haben, da <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n weniger för<strong><strong>de</strong>r</strong>te als <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDRV. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> Sophie Barrelet 1927 als Beisitzerin in <strong>de</strong>n Vor-<br />

stand <strong>de</strong>s DDRV gewählt. 1932 trat <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Verband aus, „da<br />

ein ge<strong>de</strong>ihliches Zusammenarbeiten nicht erreicht wer<strong>de</strong>n konnte“. 529<br />

524<br />

Vgl. ebenda, S. 7.<br />

525<br />

Vgl. ebenda.<br />

526<br />

HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), 75 Jahre Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club von 1925<br />

e. V., Hamburg 2000, S. 30.<br />

527<br />

Im Folgen<strong>de</strong>n wird die Bezeichnung Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club verwen<strong>de</strong>t.<br />

528<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Elfrie<strong>de</strong> Schumann am 24. Juni 2008. Vgl. HAMBURGER RUDERIN-<br />

NEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 5.<br />

529 Ebenda, S. 16.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 134<br />

Im selben Jahr stellte <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC erstmals eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>lehrerin fest ein. Ursula<br />

Sauerlandt war „die erste hauptamtliche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>lehrerin überhaupt“. 530 Den-<br />

noch konnten auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Jubiläumsregatta <strong>de</strong>s DDRV in Berlin und wenig später<br />

auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Regatta in Lübeck keine Siege errungen wer<strong>de</strong>n. Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl<br />

erreichte mit 309, davon 132 Jugendliche und 45 Stu<strong>de</strong>ntinnen, ihren vorläu-<br />

figen Höhepunkt.<br />

Zu wenige Boote, schlechte <strong>Aus</strong>stattung und unzureichen<strong>de</strong> Räumlichkeiten<br />

erschwerten ab 1930 <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb. Die hohe Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerinnen ver-<br />

anlasste <strong>de</strong>n Verein, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Hamburger Schulbehör<strong>de</strong> die Gründung eines<br />

selbstständigen Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereins anzuregen. Schumann erklärte,<br />

dass 138 Schülerinnen an <strong>de</strong>n neuen Verein überwiesen wur<strong>de</strong>n. Jula Zieg-<br />

ler wur<strong>de</strong> als Trainerin vom HRC eingestellt.<br />

Das Clubleben war in <strong>de</strong>n ersten Jahren wesentlich vom Sport bestimmt.<br />

Gesellige Veranstaltungen stan<strong>de</strong>n, mit <strong>Aus</strong>nahme <strong>de</strong>s Stiftungsfestes, im<br />

Hintergrund. 1931 bestand die Bootsflotte aus zwei Doppelvierern, vier Dop-<br />

pelzweiern sowie zwei Einern. Trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> Überweisung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerinnen war<br />

Ziegler nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage, allen Wünschen gerecht zu wer<strong>de</strong>n. Zu viele Frau-<br />

en wollten beim HRC <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport nachgehen.<br />

Erschwerend kam hinzu, dass in diesem Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Pachtvertrag mit <strong><strong>de</strong>m</strong> AAC<br />

über das Bootshaus nicht verlängert wur<strong>de</strong>. Ein an<strong><strong>de</strong>r</strong>es Bootshaus in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Canalstraße war prinzipiell <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>boote ungeeignet, da die Materialien per<br />

Flaschenzug aus <strong>de</strong>n oberen Stockwerken herunter gelassen wer<strong>de</strong>n muss-<br />

ten und <strong><strong>de</strong>r</strong> Uhlenhorster Kanal <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>manöver eigentlich nicht breit ge-<br />

nug war. Allerdings konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC in jenem Jahr ein neues Domizil an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

oberen Alster in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootswerft Hartje beziehen.<br />

Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Umzug erschwerten neue Probleme das Vereinsleben. 1932<br />

musste <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>tritt von 100 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n verkraften. Der Monats-<br />

beitrag wur<strong>de</strong> zwar von fünf auf vier Reichsmark gesenkt, <strong>de</strong>nnoch war die<br />

finanzielle Belastung in <strong><strong>de</strong>r</strong> damaligen Zeit <strong>für</strong> viele Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zu groß. 531<br />

Trotz dieser Schwierigkeiten blieb <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufnahme neuer Mit-<br />

glie<strong><strong>de</strong>r</strong> wählerisch. Die Gemeinschaft basierte auf festen Prinzipien. Wer<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> HRC beitreten wollte, musste zwei Bürgen nachweisen. Darüber hinaus<br />

hatte je<strong>de</strong>s Mitglied eine Probezeit zu absolvieren. War diese überstan<strong>de</strong>n,<br />

530 Ebenda, S. 10.<br />

531 Vgl. ebenda, S. 17.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 135<br />

musste die vorgeschriebene Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kleidung sofort beschafft und getragen<br />

wer<strong>de</strong>n. Selbstverständlich wur<strong>de</strong> nach <strong><strong>de</strong>r</strong> endgültigen Aufnahme auch die<br />

Aufnahmegebühr fällig. Die Vorstandsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s HRC achteten auf die<br />

Wahrung <strong><strong>de</strong>r</strong> Etikette. Bis 1937/38 siezten sich die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Als das „du“<br />

eingeführt wur<strong>de</strong>, gab es erhebliche Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stän<strong>de</strong> und sogar <strong>Aus</strong>trittsdrohun-<br />

gen. Erst 1939 wur<strong>de</strong>n Bürgen und Probezeit endgültig abgeschafft. 532<br />

1934 verlegte <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC sein Bootshaus erneut. Die neue Adresse lautete<br />

Lombardsbrücke, Hamburg. Die zentrale Lage ermöglichte ein Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor<br />

Dienstbeginn, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mittagspause und nach Geschäftsschluss.<br />

Das Jahr 1936 ist <strong>für</strong> <strong>de</strong>n HRC <strong><strong>de</strong>r</strong> Beginn <strong>de</strong>s Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Der Verein hat-<br />

te bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootswerft Pirsch <strong>de</strong>n ersten frauengerechten Renndoppelvierer<br />

gekauft, <strong><strong>de</strong>r</strong> unter <strong>de</strong>n Vorgaben von Hugo Borrmann sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufsicht Jula<br />

Zieglers gebaut wor<strong>de</strong>n war. Adi Döpke taufte das Boot beim Anru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf<br />

<strong>de</strong>n Namen „Hamburger Deern“. 533 In dieser Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>saison konnte auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Regatta in Hamburg <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Sieg in einem Rennbootrennen errungen wer-<br />

<strong>de</strong>n.<br />

1939 musste <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein sein Bootshaus erneut verlegen. Die „Alsterlust“ an<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Lombardsbrücke wur<strong>de</strong> von <strong><strong>de</strong>r</strong> Baupolizei als baufällig erklärt. Der HRC<br />

mietete sich erneut im Bootshaus <strong>de</strong>s AAC ein. Hier stan<strong>de</strong>n ausreichend<br />

Bootslagerplätze, ein Umklei<strong><strong>de</strong>r</strong>aum sowie ein Clubraum zur Verfügung.<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Saison 1940 verließ Ziegler <strong>de</strong>n HRC und zog nach München.<br />

Über zehn Jahre hatte sie die Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen erfolgreich auf die Re-<br />

gatten vorbereitet. Erwähnenswert ist in diesem Jahr die Gesamtkilometer-<br />

zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s HRC von 26.500 km. Durchschnittlich kam je<strong>de</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in auf 182 km.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlagzahlrennen 1941 bil<strong>de</strong>te auch <strong><strong>de</strong>r</strong> damalige<br />

Vorstand einen Vierer. Sophie Barrelet war zu diesem Zeitpunkt 48 Jahre alt,<br />

<strong>de</strong>nnoch gewann das Boot <strong>de</strong>s HRC auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Regatta im Juli 1941.<br />

Von 1942 an leitete Hanne Wurtmann das Training. Die Begeisterung war<br />

ungebrochen, <strong>für</strong> jenes Jahr konnten 13 Siege verzeichnet wer<strong>de</strong>n. Trotz <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

532 Vgl. ebenda, S. 18.<br />

533 Die „Hamburger Deern“ war <strong><strong>de</strong>r</strong> erste „maßgeschnei<strong><strong>de</strong>r</strong>te“ Renndoppelvierer <strong>für</strong> Frauen.<br />

Das Boot hat <strong>de</strong>n Zweiten Weltkrieg schadlos überstan<strong>de</strong>n. In diesem Boot wur<strong>de</strong>n von<br />

verschie<strong>de</strong>nen Mannschaften sechs Deutsche Meisterschaften errungen (1951-1953,<br />

1961, 1962 und 1965). Seit 1990 liegt die „Hamburger Deern“ im Museum <strong>für</strong> Hamburgische<br />

Geschichte.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 136<br />

schwierigen wirtschaftlichen und politischen Lage veranstaltete <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein<br />

eine einwöchige Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Kriegsmeisterschaft in Berlin erreich-<br />

ten Ellen Kranich und Charlotte Eißner einen dritten Platz im Doppelzweier.<br />

1943 gelang es, <strong>de</strong>n Renndoppelvierer „Hamburger Deern“ sowie das Skiff<br />

„Waterküken“ vor <strong>de</strong>n Luftangriffen zu retten.<br />

Während <strong><strong>de</strong>r</strong> letzten zwei Kriegsjahre versuchten die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s HRC,<br />

<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb aufrechtzuerhalten. Bei <strong>de</strong>n letzten Kriegsmeisterschaften<br />

in Wien 1944 erreichten Ellen Kranich und Rose Renk in einem geliehenen,<br />

viel zu schmalen Boot einen dritten Platz.<br />

Am 5. Dezember 1945 ließen es sich die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen nicht nehmen, <strong>de</strong>n 20.<br />

Stiftungstag <strong>de</strong>s HRC zu begehen. Bereits im Februar 1946 wur<strong>de</strong> die neue<br />

Satzung <strong>de</strong>s Vereins beim Amtsgericht eingereicht. Martha Marcus erklärte<br />

sich bereit, <strong>de</strong>n Vorsitz zu übernehmen. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Freigabe <strong><strong>de</strong>r</strong> Alster am 1.<br />

Juni 1946 durch die Besatzungsmächte konnten die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s HRC das<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufnehmen. Alle ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Frauen in Hamburg teilten sich zu<br />

dieser Zeit eine behelfsmäßige Bleibe, die auf einem Teil <strong>de</strong>s heutigen HRC-<br />

Grundstücks am Isekai stand.<br />

5.2.5 Damenabteilungen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen und weitere Vereinsgründungen<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit gab es außerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Reichshauptstadt nur wenige ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Frauen. Man sagte „Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und legte Wert auf gesellschaftli-<br />

che Reputation“. 534<br />

Noch im Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s FDRC 1901 richteten <strong><strong>de</strong>r</strong> Märkische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

verein und <strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein „Vorwärts“ Damenabteilungen ein. 535<br />

1904 ermöglichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Germania Leitmeritz <strong>de</strong>n Frau-<br />

en das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 536<br />

„In jenem Jahr wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> erste ‘Damenvierer’ zu Wasser gebracht,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> allen kleinstädtischen Anfeindungen zum Trotz, durch<br />

ebenmäßige Körperhaltung und gleichmäßige Riemenführung<br />

selbst <strong>de</strong>n Gegnern <strong>de</strong>s Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns Anerkennung abzwang.“<br />

537<br />

534 F. BALDUS, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 20 Jahren“, in: Wassersport 51(1933)48, S. 947.<br />

535 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 92.<br />

536 Vgl. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 523.<br />

537 [ohne Verfasser],[ohne Titel], in: Wassersport 43(1925)5, S. 93.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 137<br />

Es wird außer<strong><strong>de</strong>m</strong> erwähnt, dass diese Abteilung sich sehr gut ent-wickelte.<br />

Eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in namens Elfrie<strong>de</strong> Glaube soll sogar einen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er in einem<br />

Achterrennen über 2.000m würdig vertreten haben. 538 Die aus Kriegsnot ent-<br />

stan<strong>de</strong>ne Damenabteilung <strong>de</strong>s RG „Wiking“ Leipzig wur<strong>de</strong> sogar zu einer<br />

Hochburg im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n respektive Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Damenabteilungen konnten prinzipiell nur in Vereinen gegrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, die<br />

nicht Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> im DRV waren, da <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband sich weigerte, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

vereine und Damenabteilungen in seine Organisation einzubin<strong>de</strong>n. Der 1909<br />

gegrün<strong>de</strong>te Berliner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club „Frigga“ ist aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Damenabteilung <strong>de</strong>s<br />

Märkischen RV entstan<strong>de</strong>n, da <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV beitreten wollte und die<br />

Damenabteilung ihn daran hin<strong><strong>de</strong>r</strong>te.<br />

Bis 1918 entstan<strong>de</strong>n vor allem im Großraum Berlin weitere Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ver-<br />

eine und Damenabteilungen. Genannt seien hier <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Damen-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub in Potsdam (1909), <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund Berliner Lehrerinnen (1909),<br />

Berliner Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club (1912) mit Berta Pally als Mitbegrün<strong><strong>de</strong>r</strong>in und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Stu<strong>de</strong>ntinnen-Sport-Verein in Berlin (1915). Des Weiteren sind zu nen-<br />

nen <strong><strong>de</strong>r</strong> Hamburger Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund ebenfalls von 1909, <strong><strong>de</strong>r</strong> Casseler<br />

Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein und Em<strong><strong>de</strong>r</strong> Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein, bei<strong>de</strong> von 1913, Mäd-<br />

chen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Berlin von 1915, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund „Froh Volk“ in Berlin von<br />

1917, von <strong><strong>de</strong>m</strong> später durch <strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n Prof. Altrock starke Impulse<br />

ausgehen sollten, und schließlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Dresdner Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club von<br />

1918. 539<br />

Damenabteilungen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen erscheinen rückwirkend betrach-<br />

tet sehr progressiv. Es entsteht <strong><strong>de</strong>r</strong> Eindruck, dass sich die Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

bewusst gegenüber <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n öffneten, was allerdings nur <strong>für</strong> weni-<br />

ge Vereine tatsächlich zutraf. Häufig be<strong>für</strong>chteten die Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er <strong>de</strong>n Ver-<br />

fall „ihres“ Sports und dass ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Frauen ihn in Misskredit bringen<br />

könnten. Im Fachjournal Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport war zu lesen:<br />

„Und jenen Standpunkt, daß auch die Damen in ihrem Sport ganz<br />

aufgehen sollen, können wir in diesem Sinne nicht einnehmen;<br />

<strong>de</strong>nn Sport im Sinne von Höchstleistung und Wettkampf ist das<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Damen grundsätzlich nicht zu nennen. Immerhin bleibt<br />

die Tatsache bestehen, daß schon durch das Vorhan<strong>de</strong>nsein ei-<br />

538 Vgl. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 523.<br />

539 Eine Liste fin<strong>de</strong>t sich im Anhang. Vgl. L. CLOS, „50 Jahre Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

69(1951)6, S. III. Ferner vgl. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 523.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 138<br />

ner Damenriege <strong><strong>de</strong>r</strong> sportliche Gedanke getrübt wird, daß er lei<strong>de</strong>t<br />

und daß <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n davon hat!“ 540<br />

Auch wenn die ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n „Damen und Herren“ aus <strong><strong>de</strong>m</strong> gleichen Milieu<br />

stammten, so waren ihre gesellschaftlichen Aufgaben und ihr geschlechts-<br />

spezifisches Rollenverständnis doch unterschiedlich. So hielt das Bildungs-<br />

und Besitzbürgertum bis zum Ersten Weltkrieg an <strong>de</strong>n konventionellen Nor-<br />

men und Leitbil<strong><strong>de</strong>r</strong>n fest. 541 Dem Mann wur<strong>de</strong>n Durchsetzungskraft, feste<br />

Haltung, Wille und Disziplin zugeschrieben, die Frau verkörperte Anmut und<br />

Schönheit. Letztere sollte neben ihren Repräsentationspflichten auch „mit<br />

Liebe“ ihren häuslich-familiären Aufgaben nachkommen.<br />

Die bewusste Propagierung weiblicher Leibesübungen vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Ersten Welt-<br />

krieg führte dazu, dass <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport eine neue Be<strong>de</strong>utung zuge-<br />

teilt wur<strong>de</strong>. 542 Gleichzeitig sank die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Abmeldungen in <strong>de</strong>n<br />

Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen, da zum einen verheiratete Männer aktive Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> in<br />

ihren Vereinen bleiben konnten und zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en die Möglichkeit geboten<br />

war, <strong>de</strong>n Sport gemeinsam mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ehefrau auszuüben.<br />

Allen Argumenten zum Trotz müssen heute vor allem wirtschaftliche Überle-<br />

gungen angeführt wer<strong>de</strong>n, die Frauen das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n während <strong>de</strong>s Ersten Welt-<br />

krieges in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen ermöglichten. Da viele Männer als Soldaten<br />

dienten o<strong><strong>de</strong>r</strong> gefallen waren, mussten die Vereine Frauen aufnehmen, um<br />

<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb überhaupt fortführen zu können. Entgegen kam ihnen die<br />

wachsen<strong>de</strong> Anzahl berufstätiger Frauen. Der Wunsch nach sportlichem <strong>Aus</strong>-<br />

gleich stand im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund, <strong><strong>de</strong>r</strong> von ihnen aufgrund ihres Lohnes auch ei-<br />

genständig finanziert wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

Diese Entwicklung auf <strong><strong>de</strong>m</strong> langen Weg zur Gleichberechtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen<br />

im <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport nahm nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Ersten Weltkrieg ein schnelles<br />

En<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>n 20er Jahren schlossen viele Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine die Frauen<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aus, da die Soldaten zurückkehrten und die Vereine es sich nun wie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> finanziell leisten konnten, auf die Mitgliedschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen zu verzich-<br />

ten. 543<br />

540 [HARALD], „Über Damenriegen und Jugendpflege, in: Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 10(1929)17, S. 433.<br />

541 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 96.<br />

542 Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führung in Kap. 3.3 und 3.4 zum Sport um die Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>twen<strong>de</strong> und<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Weimarer Republik.<br />

543 Ebenda, S. 32.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 139<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s DDRV, <strong><strong>de</strong>r</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als Dachverband koor-<br />

dinierte, ebbte die Diskussion bezüglich Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen<br />

langsam ab, allerdings entbrannte sie anfangs <strong><strong>de</strong>r</strong> 30er Jahre aufs neue, als<br />

die Nationalsozialisten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als unerlässlich im Sinne nationalsozialisti-<br />

scher Jugendpflege und Volksertüchtigung proklamierten. 544<br />

Dr. Margarete Güssow vom <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub Berlin kann aus<br />

heutiger Sicht als „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in <strong><strong>de</strong>r</strong> alten Gar<strong>de</strong>“ bezeichnet wer<strong>de</strong>n. Sie vertrat<br />

vehement die Position, dass Männer und Frauen prinzipiell in getrennten Or-<br />

ganisationen ihren Sport ausüben sollten. Sie war <strong><strong>de</strong>r</strong> Ansicht, dass nicht die<br />

Geselligkeit zwischen Frauen und Männern Hauptaufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine mit<br />

angeschlossenen Damenabteilungen sei, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n diese sich primär um die<br />

Herausbildung eines harten und wehrhaften Geschlechts zu kümmern hat-<br />

ten. 545<br />

Sie stellte heraus, dass selbstständige Frauenvereine und nicht Damenabtei-<br />

lungen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen zur Entwicklung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Frauenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ns beigetragen hätten. Die Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong> seien vielschichtig gewesen.<br />

Zum einen hätten die Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n erst ablehnend und<br />

dann gleichgültig gegenüber gestan<strong>de</strong>n. Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en sollten sich Frauen<br />

auch <strong>de</strong>shalb in eigenen Vereinen betätigen, weil die immer stärker wer<strong>de</strong>n-<br />

<strong>de</strong> Liebe <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen zu allen ihrer Eigenart entsprechen<strong>de</strong>n Sportarten sich<br />

immer weiter entwickelt hätte. Denn<br />

„wäre das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n eine reine Leibesübung wür<strong>de</strong> ich die Frauenabteilungen<br />

in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen noch gelten lassen. Aber es<br />

ist eine altbekannte Tatsache, daß unser Sport mehr als je<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

an das Vorhan<strong>de</strong>nsein bestimmter seelischer Eigenschaften<br />

gebun<strong>de</strong>n ist. [...] Die Frauen sind die Seele eines Volkes, die<br />

Männer seine Kämpfer“. 546<br />

Viele „Stimmen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Provinz“ teilten diese Ansichten nicht. Im Gegenteil,<br />

sie genossen die Situation, „sich um nichts kümmern zu müssen und einfach<br />

ins gemachte Nest zu fallen“. 547 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> trügen Frauen ihrer Ansicht nach<br />

in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen einen Willen zur Gemeinschaft in sich. Dieser Willen<br />

544 Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen zum Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Nationalsozialismus, Kap. 4.9.<br />

545 Vgl. M. GÜSSOW, „Selbständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine o<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenabteilungen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen?“,<br />

in: Wassersport 52(1934)2, S. 17.<br />

546 Ebenda, S. 18.<br />

547 E. STREICHHAHN, „Nochmals: Frauenabteilungen in Männerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen“, in: Wasser-<br />

sport 52(1934)5, S. 66.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 140<br />

führe nicht nur zur Kameradschaft unter Kameradinnen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch zu<br />

<strong>de</strong>n Kamera<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Stammklubs und letztlich zur wahren „Volksgemein-<br />

schaft“.<br />

Güssow liege in ihrer Annahme falsch, so die Meinung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kritiker. An<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

sei es schließlich nicht zu erklären, dass Damenabteilungen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

vereinen Zuwachs und viele reine Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine rückläufige Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

zahlen hätten.<br />

Auch wur<strong>de</strong> kritisch angemerkt, dass die Anfänge <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns nur bei<br />

wenigen Vereinen lägen. Diese könnten aber mit <strong><strong>de</strong>m</strong> inneren Wan<strong>de</strong>l nicht<br />

Schritt halten, <strong>de</strong>n die Kriegs- und Nachkriegsjahre mit sich gebracht hät-<br />

ten. 548<br />

Die Bonner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er versuchten, diese Diskussion durch einen Kompromiss<br />

zu umgehen. Die Bonner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gesellschaft grün<strong>de</strong>te 1923 eine Damenab-<br />

teilung. Selbstverständlich wur<strong>de</strong> diese von <strong>de</strong>n Männern getrennt, <strong>de</strong>nn<br />

„Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>versammlungen in bunter Reihe sind nicht sehr ersprießlich“. 549 In<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bonner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gesellschaft aber wur<strong>de</strong> die Damenabteilung zu einem be-<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>en „Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein“ erhoben, <strong><strong>de</strong>r</strong> dann körperschaftliches Mitglied<br />

<strong>de</strong>s Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereins wur<strong>de</strong>. Dadurch verfügte die Damenabteilung zwar<br />

über eine Satzung, unterstand aber weiterhin <strong><strong>de</strong>m</strong> Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein.<br />

Güssow konnte sich mit einem <strong><strong>de</strong>r</strong>artigen Kompromiss nicht anfreun<strong>de</strong>n und<br />

argumentierte, dass Frauen unbedingt eigene Bootshäuser und Selbstver-<br />

waltung bräuchten, „<strong>de</strong>nn nur hier fühlen wir uns wie kleine Könige“. 550 Das<br />

eigene Bootshaus biete <strong>für</strong> die jahrelang im Berufsleben stehen<strong>de</strong>n Groß-<br />

städterinnen eine Zufluchtsstätte, und <strong><strong>de</strong>r</strong> ungenierte Aufenthalt be<strong>de</strong>ute<br />

Frie<strong>de</strong>n, Entspannung und Erholung. All dieses wäre in <strong><strong>de</strong>r</strong> Damenabteilung<br />

nicht möglich. 551<br />

5.3 „Krebse fangen“ 552 in <strong>de</strong>n ersten Jahren<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Betrachtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfänge <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports kann<br />

festgestellt wer<strong>de</strong>n, dass neben einer gehörigen Portion Zuversicht auch Mut<br />

548<br />

Vgl. ebenda.<br />

549<br />

L. HEYDT, „Damenabteilungen“, in: Wassersport 47(1929)8, S. 120.<br />

550<br />

M. GÜSSOW, „Zur Lage im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 50(1932)47, S. 914.<br />

551<br />

Vgl. ebenda, S. 915.<br />

552<br />

Mit <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Aus</strong>druck „einen Krebs fangen“ wird beim Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein technischer Fehler beim<br />

Durchzug <strong><strong>de</strong>r</strong> Skulls o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Riemens bezeichnet, <strong><strong>de</strong>r</strong> vor allem in Mannschaftsbooten<br />

zu größeren Problemen führt und im Skiff meistens mit Kentern en<strong>de</strong>t.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 141<br />

und <strong>Aus</strong>dauer erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich waren. Der DRV und die ihm angeschlossenen<br />

Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine stan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel ablehnend gegen-<br />

über; sie wollten „unter sich bleiben“. Lediglich wirtschaftliche Engpässe<br />

zwangen die traditionellen Vereine, vorübergehend Frauen aufzunehmen.<br />

Doch war die finanzielle Notlage einmal gemeistert, waren die Männer froh,<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> unter sich zu sein.<br />

Die ablehnen<strong>de</strong> Haltung <strong><strong>de</strong>r</strong> traditionellen Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er sowie die gesell-<br />

schaftlichen Konventionen erschwerten und verlangsamten die Entwicklung<br />

<strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland.<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s die <strong>Aus</strong>wahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Kleidung, die eng an die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau gebun-<br />

<strong>de</strong>n war, machte <strong>de</strong>utlich, wie schwer es <strong>für</strong> sportinteressierte und ru<strong><strong>de</strong>r</strong>be-<br />

geisterte Frauen war, ihrem Hobby nachzugehen.<br />

Dazu kam <strong><strong>de</strong>r</strong> Mangel an Bootsmaterial, ein Umstand, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Bemühungen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen häufig im Keim erstickte. Nicht zuletzt müssen die Fortschritte in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik und -vermittlung genannt wer<strong>de</strong>n, da <strong><strong>de</strong>r</strong> Rollsitz anfäng-<br />

lich als nicht geeignet und moralisch vertretbar angesehen wur<strong>de</strong>. Auch das<br />

verzögerte die Entwicklung erheblich.<br />

5.3.1 Die Frauenfrage im <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

Neben allen „Krebsen“ wur<strong>de</strong> vor allem intensiv über die Frage diskutiert, ob<br />

Frauen überhaupt ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n respektive sich sportlich betätigten sollten. 553<br />

In <strong>de</strong>n Fachzeitungen Wassersport und Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n 20er<br />

und 30er Jahren etliche Artikel zur Frauenfrage im <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

veröffentlicht. Neben <strong>de</strong>n durch nichts zur Umkehr zu bewegen<strong>de</strong>n Kritikern<br />

gab es auch Be<strong>für</strong>worter, die versuchten, Lösungen <strong>für</strong> die unbefriedigen<strong>de</strong><br />

Situation <strong><strong>de</strong>r</strong> sich sportlich betätigen<strong>de</strong>n Frauen zu fin<strong>de</strong>n. 554 Allerdings wa-<br />

ren auch sie gezwungen, sich gegenüber ihren Vereinen und Traditionen<br />

loyal zu verhalten.<br />

Diejenigen, die akzeptierten, dass Frauen sich sportlich betätigten, attestier-<br />

ten ihnen gleichzeitig ein Desinteresse am Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport, nämlich, „daß die<br />

553 Die Frage „Sollen Frauen Rennen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n?“ wird in Kap. 5.6 unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Aspekt <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung<br />

<strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns thematisiert. Zum Für und Wi<strong><strong>de</strong>r</strong> weiblicher Leibesübungen<br />

allgemein vgl. die <strong>Aus</strong>führungen in Kap. 3.3 bis Kap. 3.5.<br />

554 Die Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland in <strong>de</strong>n 20er und 30er Jahren wur<strong>de</strong><br />

von Männern wie Paul Salbach, Ernst Gerson, Hugo Borrmann, Karl Feige, Hermann<br />

Altrock und Heinrich Pauli geprägt.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 142<br />

Frauen in überwiegen<strong><strong>de</strong>r</strong> Majorität heute <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport feindlich, im bes-<br />

ten Falle gleichgültig gegen überstehen“. 555 Die Sportarten Turnen und<br />

Schwimmen zogen in dieser Zeit die meisten Frauen an, auch Golf und<br />

Lawn-Tennis waren bei <strong>de</strong>n Sportlerinnen beliebt. 556 Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport dage-<br />

gen war bis auf einige wenige Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in Berlin und einzelne<br />

Damenabteilungen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen in dieser Hinsicht als rückständig<br />

zu betrachten. „Der Grund liegt wohl in erster Linie in <strong><strong>de</strong>m</strong> Mangel an Ener-<br />

gie bei <strong>de</strong>n Frauen selber [...]“, 557 da die <strong>de</strong>utsche Erziehung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau die<br />

körperliche <strong>Aus</strong>bildung vollkommen vernachlässigte. Erschwerend kämen<br />

tief wurzeln<strong>de</strong> Vorurteile hinzu, die<br />

„[...] je<strong>de</strong>s Heraustreten <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Häuslichkeit verdammen,<br />

und so die Scheu <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau vor neuen Verhältnissen und<br />

Aufgaben, die ihr bereits angeboren durch unsere Erziehung gera<strong>de</strong>zu<br />

ausgebil<strong>de</strong>t wird, noch weiter vermehren und ihrer Beteiligung<br />

am Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein schweres Hin<strong><strong>de</strong>r</strong>nis in <strong>de</strong>n Weg stellen“. 558<br />

Be<strong>für</strong>worter <strong>de</strong>s Frauensports for<strong><strong>de</strong>r</strong>ten explizit die Öffnung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns,<br />

<strong>de</strong>nn neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbesserung <strong>de</strong>s körperlichen Wohlbefin<strong>de</strong>ns wur<strong>de</strong> diese<br />

Bewegungsform nicht zuletzt als charakterbil<strong>de</strong>nd angesehen:<br />

„Und wenn wir auf die im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport liegen<strong>de</strong> Charakterausbildung<br />

zu sprechen kommen, so bil<strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>dauer und Willenskraft,<br />

Schneid und Kameradschaftlichkeit, Disziplin und Arbeitsfreudigkeit<br />

<strong>für</strong> die Allgemeinheit Eigenschaften, die in <strong><strong>de</strong>r</strong> allgemeinen<br />

Erziehung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau wenig geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n, so daß gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>swegen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport die beste Ergänzung bil<strong>de</strong>n dürfte.“ 559<br />

In einem Artikel in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Wassersport hieß es, dass es keinen er-<br />

sichtlichen Grund gäbe, <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport nicht zu betreiben, <strong>de</strong>nn durch eine<br />

sorgfältige körperliche Erziehung sei die Züchtung von „Mannsweibern“ nicht<br />

zu be<strong>für</strong>chten. 560 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

„gibt es keinen Sport, <strong><strong>de</strong>r</strong> so wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport eine Gelegenheit<br />

zu so durchgreifen<strong><strong>de</strong>r</strong> dauern<strong><strong>de</strong>r</strong> körperlicher Betätigung in staubfreier<br />

Luft bietet und <strong><strong>de</strong>r</strong> die in ihren mannigfachen Berufen mehr<br />

555<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Die Frauenfrage im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport“, in: Wassersport 29(1911)3, S.<br />

29.<br />

556<br />

Vgl. ebenda.<br />

557<br />

Ebenda.<br />

558<br />

Ebenda.<br />

559<br />

Vgl. ebenda, S. 30.<br />

560<br />

Vgl. R. RAUSCHER, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Volksgesundheit“, in: Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 5(1916)9, S. 68.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 143<br />

<strong>de</strong>nn je angestrengten Frauen in die freie Gottesnatur hinausführt“.<br />

561<br />

Ein Sportmediziner attestierte <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 1934 nicht nur einen gesun-<br />

<strong>de</strong>n Einfluss auf Körper und Geist, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch eine Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ge-<br />

sichtsfarbe, Abhärtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Haut durch <strong>de</strong>n Wind, bessere<br />

Muskeldurchblutung und Durchlüftung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lungen und damit verbun<strong>de</strong>n eine<br />

schnellere Durchströmung <strong>de</strong>s Blutkreislaufes. Maßvolles Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n könne und<br />

wer<strong>de</strong> nie schädlich sein, allerdings solle die Frau sich auf das Skullen und<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n beschränken, da es sonst doch zur ihrer Vermännlichung<br />

kommen wür<strong>de</strong>. 562<br />

Doch nicht alle Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er teilten diese Ansichten und kommentierten die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bemühungen mit Spott. Nichts<strong>de</strong>stotrotz gab es auch viele Be<strong>für</strong>worter<br />

<strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, die mit allen Mitteln versuchten, Frauen und Mädchen<br />

<strong>für</strong> diesen Sport zu gewinnen.<br />

Der Verfasser 563 eines Artikels in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Wassersport schrieb:<br />

„Über die Damen und ihre Leistung zu spötteln, sollten wir uns<br />

endlich abgewöhnen und statt <strong>de</strong>ssen ihre Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bestrebungen mit<br />

allen Kräften unterstützen.“ 564<br />

Dem hält die Schriftleitung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Clubs entgegen:<br />

„Wir gehen ja vorläufig noch garnicht [sic!] einmal so weit, Unterstützung<br />

von unseren männlichen Sportkollegen zu erwarten, aber<br />

eine ruhige Duldung und Achtung unserer Bestrebungen müssen<br />

und können wir verlangen. Statt <strong>de</strong>ssen begegnet man gera<strong>de</strong> bei<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern in <strong>de</strong>n meisten Fällen einer spöttischen Nichtachtung<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> einer scharfen vernichten<strong>de</strong>n Kritik unserer Bestrebungen.“<br />

565<br />

Diese Haltung wur<strong>de</strong> insgeheim von <strong>de</strong>n Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern bestätigt, nämlich<br />

„dass ihnen auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Wasser das gleiche Recht zukommt wie allen Kamera-<br />

561<br />

R. RAUSCHER, „Vom Berliner Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n während <strong>de</strong>s Krieges.“, in: Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

6(1917)44, S. 368.<br />

562<br />

Vgl. A. LESSING, „Der Frauen- und Sportarzt hat das Wort! Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau“, in:<br />

Wassersport 52(1934)39, S. 918.<br />

563<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Erwi<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Wassersport 29(1911)3 gehen die Autorinnen Plischka/Rötscher<br />

davon aus, dass es sich um einen Mann han<strong>de</strong>lt: „[...] wir müssen nach <strong><strong>de</strong>r</strong> ganzen Art<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Abfassung annehmen, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> Artikel von einem Mann herrührt [...]“. Vgl. E.<br />

PLISCHKA/A. RÖTSCHER, „Die Frauenfrage im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport“, in: Wassersport 29(1911)11, S.<br />

138.<br />

564<br />

Ebenda.<br />

565 Ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 144<br />

<strong>de</strong>n, d. h. nicht in unanständiger Weise angeö<strong>de</strong>t zu wer<strong>de</strong>n“. 566 Abwerten-<br />

<strong>de</strong>s Benehmen wäre ein Verstoß gegen die Anstandsregeln gewesen, galten<br />

und sahen sich doch die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er als Kavaliere und Gentlemen.<br />

Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s FDRC, die sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Wassersport äußeren,<br />

konnten diese Be<strong>de</strong>nken nicht teilen, <strong>de</strong>nn wenn bemängelt wird, dass<br />

„[...] <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen eine Nichtachtung und spöttische Kritik ihrer<br />

Bestrebungen seitens <strong><strong>de</strong>r</strong> Herren Sportkollegen entgegengebracht<br />

wird, so können wir nur konstatieren, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> weitaus größte Teil<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er uns als Kamerad betrachtet und uns die Achtung entgegenbringt,<br />

die ein <strong>de</strong>utscher Mann einer Dame gegenüber zu<br />

erweisen hat“. 567<br />

Offensichtlich konnten sich viele Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er nicht mit <strong><strong>de</strong>m</strong> neuen Anblick<br />

auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Wasser anfreun<strong>de</strong>n. Viele vertraten die Meinung, dass Frauen<br />

selbst schuld seien, wenn sie von <strong>de</strong>n männlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern verspottet wer-<br />

<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n. Schließlich wür<strong>de</strong> die schlechte Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik dieses Verhalten<br />

herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Den Frauen selbst war von Anfang an klar, dass es Jahre dauern wür<strong>de</strong>, die<br />

Versäumnisse aufzuholen und die Nachteile zu kompensieren:<br />

„Es mag sein, daß die Leistung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport noch nicht<br />

allzu glänzend sind [sic!]. Aber daran trägt doch nur <strong><strong>de</strong>r</strong> Umstand<br />

schuld, daß erst in <strong><strong>de</strong>r</strong> allerletzten Zeit überhaupt Frauen zur <strong>Aus</strong>übung<br />

<strong>de</strong>s Sports gelangt sind. Es fehlt da natürlich an geschulten<br />

Kräften.“ 568<br />

Hier wird ein zentraler Punkt angesprochen. Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> geringen Koopera-<br />

tionsbereitschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in Bezug auf Materialausleihe, Un-<br />

terricht und Lagerung dauerte es viel länger <strong>für</strong> selbstständige Frauenvereine<br />

sich zu etablieren. Boote, Skulls und Riemen waren teuer, und wenn ein<br />

Verein nicht über außeror<strong>de</strong>ntlich hohe finanzielle Mittel verfügte, konnten<br />

nötige Anschaffungen häufig jahrelang nicht getätigt wer<strong>de</strong>n. Das Beispiel<br />

<strong>de</strong>s FDRC beweist zwar das Gegenteil, aber hier darf nicht vergessen wer-<br />

<strong>de</strong>n, dass zum einen die Gründungsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> wohlhabend waren und zum<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en die Geldmittel durch gesellschaftliche Aktivitäten erwirtschaftet wur-<br />

<strong>de</strong>n. Ebenfalls problematisch war es, geeignete Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>lehrer zu fin<strong>de</strong>n, da<br />

566<br />

W. SCHÄNKER, [ohne Titel], in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 1(1912)o.A., S. 212, zitiert nach: BECKER, Mit<br />

Rock und Riemen, S. 43.<br />

567<br />

M. GLOBIG, „Die Frauenfrage im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport“, in: Wassersport 29(1911)17, S. 235.<br />

568<br />

Vgl. PLISCHKA/RÖTSCHER, „Die Frauenfrage im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport“, S. 138.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 145<br />

auch diese <strong>de</strong>n gängigen Vorurteilen ausgesetzt waren. Als positives Ge-<br />

genbeispiel sei hier die LFRG genannt, die in <strong>de</strong>n Jahren nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung<br />

von <strong>de</strong>n Herren <strong><strong>de</strong>r</strong> Lübecker Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft unterrichtet und unterstützt<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

Die <strong>Aus</strong>führungen machen <strong>de</strong>utlich, dass Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen nicht zum zeitgenössi-<br />

schen Frauenbild <strong><strong>de</strong>r</strong> dienen<strong>de</strong>n Ehefrau passten. In dieses, <strong>de</strong>n freien Akti-<br />

onsraum doch sehr einschränken<strong>de</strong> Handlungsmuster ließ sich nur schwer<br />

die Vorstellung einer ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Frau integrieren. Die traditionellen Herrenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>er gewöhnten sich daher nur langsam an die forschen und selbstständi-<br />

gen Frauen auf <strong>de</strong>n Seen und Flüssen.<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s die Diskrepanz zwischen körperlicher Betätigung und <strong><strong>de</strong>m</strong> Verlust<br />

von Weiblichkeitsattributen wur<strong>de</strong> immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> kontrovers diskutiert. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

einen Seite sollten Frauen stark und kräftig sein, um gesun<strong>de</strong>n Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n das<br />

Leben zu schenken, an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits wur<strong>de</strong> von ihnen auch immer ein gewisses<br />

Maß an Grazie und Anmut verlangt. Gera<strong>de</strong> letzteres vermissten viele Her-<br />

renru<strong><strong>de</strong>r</strong>er an ihren weiblichen Sportkolleginnen:<br />

„Das Weib soll vor allen Dingen aber stets seine Anmut bewahren,<br />

sonst wird’s zur Vogelscheuche. Sie soll eleganten Schneid besitzen,<br />

sich aber nie zur Karikatur herabwürdigen. [...] wenn sie ihre<br />

Anmut und ihren natürlichen Charme bewahren, wird sie kein anständiger<br />

Kamerad anpöbeln. [...], sie bleiben schöner und bekommen<br />

leichter einen Mann.“ 569<br />

Die Frauen selber maßen diesen Behauptungen weniger Gewicht zu und<br />

verwiesen lediglich auf fehlen<strong>de</strong> Trainingsjahre, <strong>de</strong>nn<br />

„wenn die Frau erst, wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Mann, durch jahrzehntelange Übung<br />

ihren Körper gestählt hat, wenn aus ihren Reihen erst Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>lehrerinnen<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> schönsten Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Wortes hervorgegangen<br />

sein wer<strong>de</strong>n, dann wird die Frau auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Wasser im Sportboot ein<br />

Bild <strong><strong>de</strong>r</strong> Anmut und <strong><strong>de</strong>r</strong> Kraft geben, wie es schöner nicht gedacht<br />

wer<strong>de</strong>n kann. An Kraft fehlt es ihr nicht“. 570<br />

Ein häufig verwen<strong>de</strong>tes Argument zielte auf die Leistungsfähigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau-<br />

en ab.<br />

569<br />

[ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 2(1913)o.A., S. 596, zitiert nach BECKER,<br />

Mit Rock und Riemen, S. 32.<br />

570<br />

PLISCHKA/A. RÖTSCHER, „Die Frauenfrage im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport“, S. 138.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 146<br />

Daher<br />

„sollte [man] doch nicht vergessen, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> weibliche Körper von<br />

schwächerer Konstitution ist als <strong><strong>de</strong>r</strong> männliche und gar nicht dazu<br />

prä<strong>de</strong>stiniert ist, es <strong>de</strong>n männlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern gleich zu tun“. 571<br />

Diesen Grundsätzen folgend legte <strong><strong>de</strong>r</strong> FDRC sein Hauptaugenmerk auf eine<br />

gute Technik. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> sollte auch im Boot nicht Grazie und Anmut verlo-<br />

ren gehen, „die <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Frauen beste Zier<strong>de</strong> ist“. 572 Dennoch war das<br />

Bekenntnis zu einem gesundheitsorientierten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport ein<strong>de</strong>utig:<br />

„Wir Frauen sollen immer einge<strong>de</strong>nk bleiben, daß wir <strong>de</strong>n Sport zu<br />

unserer Erholung ausüben und nicht durch übermäßige Anstrengung<br />

<strong>de</strong>s Körpers, um <strong>de</strong>n Wettkampf mit <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern zu ringen,<br />

unsere Gesundheit opfern wollen.“ 573<br />

Medizinische Vorbehalte wur<strong>de</strong>n lange Zeit dazu benutzt, das gesellschaft-<br />

lich fixierte Rollenbild <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau zu untermauern. „Leistung äußerster Kraft,<br />

Aufbringung zäher Energie und Entschlossenheit machen <strong><strong>de</strong>m</strong> Mann alle<br />

Ehre“ 574 heißt es bei Ueberhorst. Nicht zuletzt darum konnten sich die Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen nur langsam aus <strong><strong>de</strong>r</strong> ihnen zugewiesen Rolle lösen.<br />

5.3.2 Die Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bekleidung <strong>für</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

Schon das äußere Erscheinungsbild <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Amazonenflotte, beste-<br />

hend aus einem blauen Kostüm mit weißem Matrosenkragen und weißer<br />

Schärpe mit Vereinsabzeichen und abgerun<strong>de</strong>t durch einen Matrosenhut,<br />

zeigt <strong>de</strong>utlich, dass die Bekleidung einen hemmen<strong>de</strong>n Faktor in <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwick-<br />

lung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns darstellte. Bereits 1887 wur<strong>de</strong> von <strong><strong>de</strong>m</strong> Marine-<br />

Maler Hans Bohrdt ein Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kostüm entworfen, das sich aber, da<br />

eng anliegend und kurzärmelig, nicht durchsetzen konnte.<br />

Anfangs ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten die Frauen im Korsett, im langen und hochgeschlossenen<br />

Kleid und mit Zwirnhandschuhen und Filzhut. 575 Eine erste Erleichterung<br />

wur<strong>de</strong> dadurch geschaffen, dass man die Röcke einfach hochband, um nicht<br />

im Rollsitz hängen zu bleiben. Die Handschuhe waren allerdings ein Muss,<br />

571<br />

GLOBIG, „Die Frauenfrage im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport“, in: Wassersport 29(1911)17, S. 235.<br />

572<br />

Ebenda.<br />

573<br />

Ebenda.<br />

574<br />

UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 96.<br />

575<br />

Vgl. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 552, S. U III.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 147<br />

<strong>de</strong>nn sonnengebräunte Hän<strong>de</strong> galten als unfein, da mit ihnen körperliche<br />

Arbeit assoziiert wur<strong>de</strong>.<br />

Obwohl die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s FDRC nicht mehr in Sonntagsklei<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Kor-<br />

setts ins Boot stiegen, war ihre Bekleidung zwar fortschrittlicher, gesund und<br />

praktisch war aber auch diese nicht. Die erste Garnitur bestand aus Leinen-<br />

bluse, Cheviot-Reformbeinkleid o<strong><strong>de</strong>r</strong> Tuchhose, die mit einem Tuchrock ver-<br />

vollständigt wur<strong>de</strong>. 576 Dazu wur<strong>de</strong> eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>mütze mit <strong>de</strong>n Initialen FDRC<br />

getragen. „Dieses war <strong><strong>de</strong>r</strong> Promena<strong>de</strong>anzug“. 577 Auch die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s<br />

FDRC waren mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Problem <strong>de</strong>s Verhakens im Rollsitz konfrontiert, was<br />

sie mit einer Cheviot-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>schürze lösten, die über einen vor<strong><strong>de</strong>r</strong>en vierfa-<br />

chen Gummibandverschluss verfügte. So praktisch diese Bekleidung auch<br />

anfangs erscheinen mochte, barg sie doch Risiken, da beim Kentern die Be-<br />

wegung <strong><strong>de</strong>r</strong> Beine eingeschränkt war. Allerdings versprach <strong><strong>de</strong>r</strong> Hersteller,<br />

dass beim Fall ins Wasser ein Ruck am Gummiband <strong><strong>de</strong>r</strong> Schürze reichen<br />

wür<strong>de</strong>, um sich aus dieser Fesselung zu befreien.<br />

Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tracht <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG bestand in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit ebenfalls aus einem<br />

blauen Cheviot-Rock, dazu wur<strong>de</strong>n eine weiße Bluse und blaue Sportmütze<br />

getragen. Bis 1911 ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten die Damen in dieser Kleidung, dann wur<strong>de</strong>n so<br />

genannte „Buschmannklei<strong><strong>de</strong>r</strong>“ Vorschrift, die Röcke und Blusen ablösten.<br />

Dabei wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> übermäßige Stoff unten mit einer Sicherheitsna<strong>de</strong>l zusam-<br />

mengesteckt, um nicht immer in <strong>de</strong>n Rollsitzen hängen zu bleiben. Erstaunli-<br />

cherweise, da sonst nicht üblich, verfügten diese Klei<strong><strong>de</strong>r</strong> über kurze Ärmel.<br />

Vervollständigt wur<strong>de</strong> diese Tracht durch lange schwarze Strümpfe. Die<br />

langjährige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG, Käthe Hey<strong>de</strong>l, klassifizierte die „Busch-<br />

mannklei<strong><strong>de</strong>r</strong>“ als „Nachthemd mit kurzen Ärmeln!, viereckigem <strong>Aus</strong>schnitt<br />

und Gürtel.“ 578 Allerdings blieb auch diese Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kleidung aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Län-<br />

ge meistens in <strong>de</strong>n Rollsitzen hängen und musste <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend mit<br />

Sicherheitsna<strong>de</strong>ln zusammengesteckt wer<strong>de</strong>n.<br />

Nur vor<strong><strong>de</strong>r</strong>gründig wur<strong>de</strong> über die Beinbekleidung diskutiert, welche die Be-<br />

wegungsfreiheit stark einschränkte. Ohne lange und meistens schwarze<br />

576 Vgl. ebenda. Cheviot war zu jener Zeit ein hochmodischer englischer Wollstoff von langer<br />

Dauerhaftigkeit und Strapazierfähigkeit und wur<strong>de</strong> meistens über drei Generationen vererbt.<br />

Es war ein Stoff, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich drehen und wen<strong>de</strong>n und immer noch einmal wie<strong><strong>de</strong>r</strong> verarbeiten<br />

ließ.<br />

577 M. STOCKFISCH, 25 Jahre Friedrichshagener Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club, S. 4.<br />

578 SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. U III. „Buschmann“ war im nord<strong>de</strong>utschen<br />

Raum ein feststehen<strong><strong>de</strong>r</strong> Begriff <strong>für</strong> Klei<strong><strong>de</strong>r</strong> dieser Art.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 148<br />

Strümpfe stieg keine Frau ins Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>boot. Ein Artikel von Herms in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit-<br />

schrift Wassersport brachte dieses Problem auf <strong>de</strong>n Punkt, <strong>de</strong>nn <strong>für</strong> die<br />

Frauen galt: „Das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ohne Strümpfe ist nicht för<strong><strong>de</strong>r</strong>lich, weil wir das Bein<br />

in seiner nackten Fleischheit sehen“. 579<br />

Selbst die als durchaus notwendig angesehene Durchlüftung <strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Großstadt verstaubten Poren zählte nicht als Argument. Im Gegenteil, hygie-<br />

nische o<strong><strong>de</strong>r</strong> ästhetische Be<strong>de</strong>nken verschleierten die wahren Beweggrün<strong>de</strong>,<br />

welche sich ausschließlich auf starre moralische Normen stützten. 580 Am<br />

Beispiel <strong><strong>de</strong>r</strong> Bekleidung wird <strong>de</strong>utlich, dass die Frau nicht als ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Ka-<br />

meradin, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n als beschauungswürdiges Objekt wahrgenommen wur<strong>de</strong>.<br />

Ueberhorst attestierte <strong>de</strong>n Männern eine gewisse „Reizempfindlichkeit“ 581 .<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> Damenabteilung <strong>de</strong>s LRK 1919 war eine weiße Bluse<br />

mit langen Ärmeln, dazu ein langer rot-weiß gestreifter Schlips und ein langer<br />

dunkelblauer Rock, <strong><strong>de</strong>r</strong> im Rücken mit großer, silberner Rockna<strong>de</strong>l sowie an<br />

<strong>de</strong>n Seiten mit unsichtbar gesteckten Sicherheitsna<strong>de</strong>ln gehalten wur<strong>de</strong>, ob-<br />

ligatorisch <strong>für</strong> alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Rock und Bluse waren fest miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong> ver-<br />

bun<strong>de</strong>n. Ergänzt wur<strong>de</strong> diese Bekleidungsvariante durch lange schwarze<br />

Strümpfe und schwarze Schuhe. 582 Die Lübeckerinnen führten auch ein „Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>kissen“ aus fester Pappe mit sich, damit sich die langen Röcke nicht in<br />

<strong>de</strong>n Rollschienen einklemmten. Ab 1925 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Rock durch eine weite<br />

Rockhose ersetzt, die durch eine weiße Überbluse mit kurzen Ärmeln aus<br />

dichtem Stoff ergänzt wur<strong>de</strong>. Die Oberbekleidung konnten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Ullstein Schnittmuster K 2591 selbst anfertigen. 583<br />

Ab 1927 wur<strong>de</strong> unter <strong><strong>de</strong>r</strong> unförmigen Rockhose eine schwarze kurze Hose<br />

getragen. Jenseits <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadtgrenze zogen die Frauen die Rockhose aus und<br />

„es wur<strong>de</strong> Licht, Luft und Sonne getankt“. 584 In <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit musterten die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen die Rockhose endgültig aus, bei offiziellen Fahrten mussten ein<br />

dunkelblauer Rock und eine dunkelblaue Strickjacke mitgenommen wer<strong>de</strong>n,<br />

später kamen dunkelblaue Trainingshosen mit Baskenmützen gegen Regen<br />

und Kälte hinzu. Für Veranstaltungen außerhalb <strong>de</strong>s Wassers traten die Mit-<br />

579<br />

O. HERMS, „Die ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Frau. Kein Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ohne Strümpfe <strong>für</strong> Frauen“, in: Wassersport<br />

42(1924)47, S. 970.<br />

580<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 96.<br />

581<br />

Ebenda, S. 97.<br />

582<br />

Vgl. [ohne Verfasser], 50 Jahre lübecker frauen-ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-klub, S. 18.<br />

583 Vgl. ebenda.<br />

584 Ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 149<br />

glie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRK mit einem weißen Leinenkleid und mit rotem Wildle<strong><strong>de</strong>r</strong>gür-<br />

tel auf, das später durch ein silbergraues Kleid und Jacken mit roten Knöpfen<br />

ersetzt wur<strong>de</strong>. 585 Sehr sportlich und locker wur<strong>de</strong> es ab 1937, als ein weißes<br />

Polohemd zur Gar<strong><strong>de</strong>r</strong>obe <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gehörte. Die schwarzen Hosen<br />

waren nun kürzer und „weiße Söckchen guckten aus <strong>de</strong>n Schuhen.“ 586 Im<br />

LFRK wur<strong>de</strong> darauf geachtet, dass die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen die Kleidungsvorschriften<br />

einhielten. Vorstand und Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>versammlung mussten fortlaufend auf die<br />

Bestimmungen hinweisen: „manchmal musste zu wenig gerügt wer<strong>de</strong>n,<br />

manchmal aber zu viel entfernt wer<strong>de</strong>n. Ja, ja – : Auffallen wollen ist eine<br />

weibliche Tugend“. 587<br />

Der Casseler Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein ging in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bekleidungsfrage neue Wege<br />

und beschloss, „statt langer Klei<strong><strong>de</strong>r</strong> lieber lange, gestrickte Strümpfe und<br />

Pumphosen zu tragen“ 588 . Dies sorgte <strong>für</strong> Unmut innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> städtischen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gemein<strong>de</strong> und es wur<strong>de</strong> strengstens darauf geachtet, dass nicht auch<br />

noch die Strümpfe heruntergerollt wur<strong>de</strong>n: „Bis zur neuen Mühle und Wehr<br />

wird mit Strümpfen geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t, darüber hinaus entschei<strong>de</strong>t <strong><strong>de</strong>r</strong> eigene Takt“. 589<br />

Dem voraus gegangen war ein an<strong><strong>de</strong>r</strong>es Erscheinungsbild. Sie wollten im<br />

„Training weiße Blusen mit grünem Matrosenschlips, auf <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Kopf ein kleines weißes Käppchen, mit grüner Litze, lange, gestrickte<br />

schwarze Strümpfe und Pumphosen tragen“. 590<br />

1938 schien eine neue Zeit in Kassel angebrochen:<br />

„Heute klettern gut gewachsene, braun gebrannte Sportsmä<strong>de</strong>l in<br />

knappem schmuckem Dreß ins Boot, zäh, ausdauernd, ein Bild<br />

von sportlicher Kraft und Schönheit.“ 591<br />

Doch nicht nur <strong>für</strong> die weiblichen, auch <strong>für</strong> die männlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er gab es<br />

Vorschriften zu beachten, falls sie mit einer „Dame“ im Boot saßen. Noch<br />

1936 fin<strong>de</strong>t sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-, Bekleidungs- und Bootshausordnung <strong>de</strong>s LRK<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Eintrag: „Wird ein Boot von einer Dame gesteuert, so haben die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

585<br />

Vgl. ebenda.<br />

586<br />

Ebenda.<br />

587<br />

Ebenda, S. 19.<br />

588<br />

Vgl. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. U III.<br />

589<br />

L. CLOS, „Vom „Wasserrührkränzchen“ zum C.F.R.V.“, in: Wassersport 56(1938)21, S.<br />

454.<br />

590<br />

[ohne Verfasser], 75 Jahre Casseler Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein e. V., [o.O.] 1988, S. 16.<br />

591 Ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 150<br />

Leinenhosen zu tragen.“ 592 Sehr bezeichnend ist auch folgen<strong>de</strong> Vorschrift:<br />

„Soweit Damen im Bootshause anwesend o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu erwarten sind, darf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zugangsraum zur westlichen Veranda von Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>zeug nicht be-<br />

treten wer<strong>de</strong>n.“ 593<br />

Wie sehr die Bekleidung die gesellschaftliche Reputation beeinflusste, zeigt<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Eintrag aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Chronik <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG von 1916, wo angemerkt wur<strong>de</strong>, dass<br />

„das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kleid bei Tagesfahrten in <strong>de</strong>n seltenen Fällen so zu halten [ist],<br />

daß man mit Anstand ans Land unter Menschen gehen kann“. 594 Vier Jahre<br />

später wird berichtet, dass „<strong><strong>de</strong>r</strong> Vorhang fällt! – Neuer abknöpfbarer Rock“ 595<br />

eingeführt. Hinter dieser Beschreibung verbirgt sich eine Art Reithose, die<br />

über einen Rock geknüpft wur<strong>de</strong>. Anfänglich legten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>n Rock<br />

im Boot ab, später ließen sie ihn ganz weg. Sehr progressiv wur<strong>de</strong> es 1927,<br />

als die Lübeckerinnen sich ein zusammenhängen<strong>de</strong>s blaues Trikot zur Ver-<br />

einstracht auserkoren, welches durch Söckchen ergänzt wur<strong>de</strong>. Ein Jahr<br />

später hielt die kurze Hose Einzug in <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG.<br />

Es sollte allerdings bis zum En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 20er Jahre dauern, bis sich schließlich<br />

die Pumphose mitsamt <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bluse durchsetzte. Unnötige Kopfbe<strong>de</strong>-<br />

ckungen gehörten von diesem Zeitpunkt an ebenso <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergangenheit an.<br />

Im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen war es selbstver-<br />

ständlich und schließlich auch gesellschaftlich toleriert, in angemessener<br />

Bekleidung in Form von kurzen Hosen und Sporthem<strong>de</strong>n zu ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Ab 1930<br />

schrieb <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV ein schwarzes Beinkleid und weißes ärmelloses Trikot-<br />

hemd vor, um eine objektive Wertung auf <strong>de</strong>n Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Regatten zu gewähr-<br />

leisten. 596<br />

Obwohl die Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen lange <strong>für</strong> eben diese sportliche Beklei-<br />

dung gekämpft hatte, gab es innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Reihen auch Ablehnung.<br />

In <strong>de</strong>n einzelnen Vereinen gab es interne Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>vorschriften, die streng be-<br />

folgt wer<strong>de</strong>n mussten. Auch hier galt es, die gesellschaftliche Stellung und<br />

Reputation zu wahren. Nicht stan<strong>de</strong>sgemäße Bekleidung war inakzeptabel.<br />

592<br />

[ohne Verfasser], 70 Jahre LFRK – 1919-1989, S. 11.<br />

593<br />

Ebenda, S. 12.<br />

594<br />

Vgl. [ohne Verfasser], 75 Jahre Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft, S. 30.<br />

595<br />

Ebenda.<br />

596<br />

Diese Bestimmung ist auf einen Antrag <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG zurückzuführen. Vgl. F. BALDUS, „Jahresversammlung<br />

<strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verban<strong>de</strong>s“, in: Wassersport 48(1930)6,<br />

S. 93.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 151<br />

Um je<strong>de</strong>n Preis sollte vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, dass die „Damen“ aus besseren<br />

Kreisen als nicht stan<strong>de</strong>sgemäß angesehen wur<strong>de</strong>n.<br />

So wird von einem Verein berichtet, <strong><strong>de</strong>r</strong> die kurze Hose nur bis maximal zehn<br />

Zentimeter über <strong><strong>de</strong>m</strong> Knie erlaubt. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wird darum gebeten, die neu-<br />

zeitlichen ärmellosen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>hem<strong>de</strong>n nicht in <strong>de</strong>n Hosenbund zu stecken, da<br />

es unvorteilhaft wäre, die weiblichen Rundungen noch stärker zu betonen.<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Seite wer<strong>de</strong>n weiße Stirnbin<strong>de</strong>n empfohlen, die einfach, nett<br />

und verbindlich wirken. Es wird auch von einer Para<strong>de</strong>bluse berichtet, die bei<br />

festlichen Anlässen und Regatten getragen wird. Die blaue Trainingsjacke<br />

dagegen sollte unter keinen Umstän<strong>de</strong>n zur Para<strong>de</strong>fahrt o<strong><strong>de</strong>r</strong> am Steuer ge-<br />

tragen wer<strong>de</strong>n. 597<br />

Der <strong>de</strong>utlichste Hinweis richtet sich aber an zu füllige Steuerleute in kurzen<br />

Hosen, die doch bitte auch in <strong>de</strong>n Spiegel schauen mögen, „<strong>de</strong>nn mit sol-<br />

chen massigen Schenkeln sollte man sich nicht auf <strong>de</strong>n Präsentierteller set-<br />

zen, auch an einem heißen Tage nicht“. 598<br />

5.3.3 Bootsmaterial und Vermittlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik<br />

Der Aspekt Bootsmaterial steht grundsätzlich in enger Wechselbeziehung<br />

zur Technik. Erst durch die Weiterentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Boote, <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfindung <strong>de</strong>s<br />

<strong>Aus</strong>legers und <strong>de</strong>s Rollsitzes sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwendung von Drehdollen konnten<br />

bessere und effizientere Techniken ermöglicht wer<strong>de</strong>n. Hierzu äußerte sich<br />

Reuß:<br />

„Der Bau von Sportru<strong><strong>de</strong>r</strong>booten begann zu Anfang <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts,<br />

als aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als Mittel zum Zweck, [...], das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

zum Selbstzweck, zum Sport, wur<strong>de</strong>, geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t in erster Linie<br />

von <strong>de</strong>n englischen Universitäten, die diesen Sport begeistert aufgegriffen<br />

hatten.“ 599<br />

Die ersten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Literatur beschriebenen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>boote waren breit, schwer<br />

und hochbordig. Dies diente nicht nur <strong><strong>de</strong>r</strong> Stabilität, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n war aufgrund<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Länge <strong>de</strong>s Innenhebels auch unerlässlich. Erst durch die Erfindung <strong>de</strong>s<br />

<strong>Aus</strong>legers gelang es, die Breite <strong><strong>de</strong>r</strong> Boote zu vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 600<br />

597<br />

Vgl. G. HARTRECHT, „Eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in geht zur Regatta. Kleine Mo<strong>de</strong>plau<strong><strong>de</strong>r</strong>ei“, in: Wassersport<br />

(1933)48, S. 948.<br />

598<br />

Ebenda.<br />

599<br />

W. REUSS, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>, Boot und Bootshaus, Min<strong>de</strong>n 1964, S. 1.<br />

600<br />

Den ersten Versuch, ein Boot mit <strong>Aus</strong>legern zu bestücken, unternahm 1828 <strong><strong>de</strong>r</strong> englische<br />

Bootsbauer Ridley, <strong><strong>de</strong>r</strong> ein Skullboot mit ca. 20 cm langen hölzernen Gestellen ver-


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 152<br />

„Der <strong>Aus</strong>leger bezweckt eine günstigere Kraftübertragung auf die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>blätter und erlaubt insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e eine Verjüngung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bootsbreite im Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Verringerung <strong>de</strong>s Wasser- bzw. Reibungswi<strong><strong>de</strong>r</strong>stan<strong>de</strong>s.“<br />

601<br />

Ab 1851 wur<strong>de</strong> auch in Deutschland in <strong>Aus</strong>legerbooten geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t, die aus<br />

England importiert wur<strong>de</strong>n. 602<br />

Um die Boote noch leichter zu machen, gingen die Bootsbauer von <strong><strong>de</strong>r</strong> Klin-<br />

kerbauweise zum „Karweelbau“ über, welcher sich durch stumpf aneinan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

verleimte Planken auszeichnet. Hierzu musste allerdings Holz von min<strong>de</strong>s-<br />

tens zehn Millimeter Stärke verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, was die Boote sehr schwer<br />

und damit <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Sportbootbereich unattraktiv machte. 1856 konstruierte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Englän<strong><strong>de</strong>r</strong> Taylor das erste Boot in „Schalenbauweise“: Durch die Erfindung<br />

<strong>de</strong>s <strong>Aus</strong>legers, respektive Verringerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootsbreite, war es möglich, die<br />

Plankendicke auf drei bis vier Millimeter zu reduzieren und je<strong>de</strong> Bootshälfte<br />

aus einer einzigen Massivholzplatte herzustellen. Hierzu wur<strong>de</strong> das Holz von<br />

außen angefeuchtet und gleichzeitig von innen erwärmt, damit es zu einer<br />

Halbschale gebogen wer<strong>de</strong>n konnte. 603<br />

Neben einer Kastendolle waren die ersten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>boote mit festen Sitzen<br />

ausgestattet. Das führte dazu, dass die Beine nur Haltearbeit leisten konn-<br />

ten, da <strong><strong>de</strong>r</strong> Antrieb allein aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Körperschwung und <strong><strong>de</strong>m</strong> Armzug resul-<br />

tierte. Durch eine weite Vor- und Rücklage sollte ein größtmöglicher Antrieb<br />

erzielt wer<strong>de</strong>n. Allerdings konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> schwingen<strong>de</strong> Hebel <strong>de</strong>s Oberkörpers<br />

nur durch die kerzengera<strong>de</strong> Haltung <strong>de</strong>s Oberkörpers optimal gestaltet wer-<br />

<strong>de</strong>n. 604 Kurzner vermutet, dass bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermittlung dieser Technik das Prin-<br />

sah. Zwei Jahre später fertigte er das erste Boot mit eisernen <strong>Aus</strong>legern an, das die erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche<br />

Festigkeit beim Durchzug im Wasser herstellte. Da Boote mit <strong>Aus</strong>legern<br />

schneller waren als solche ohne, setze sich <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>leger in England allmählich durch.<br />

1848 schien <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchbruch geschafft, als erstmalig die Mannschaften aus Oxford und<br />

Cambridge in <strong>Aus</strong>legerbooten gegeneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> antraten.<br />

601 M. NETTERSHEIM, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>boot und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>material im Wan<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit. Detaillierte Darstellung<br />

unter beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklungsten<strong>de</strong>nzen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Neuerungen<br />

zwischen 1883 und 1920, Diplomarbeit DSHS Köln, Köln 1987, S. 85.<br />

602 Vgl. A. SCHUSTER, Geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports seit 1836 unter<br />

beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Berücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> sportlichen Technik und <strong>de</strong>s Bootsmaterials – eine<br />

fachgeschichtliche Untersuchung Diplomarbeit, DSHS Köln, Köln 1970, S. 10.<br />

603 Vgl. NETTERSHEIM, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>boot und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>material im Wan<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit, S. 25. Ferner vgl.<br />

HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 192.<br />

604 Vgl. W. SCHRÖDER, „Geschichte <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>trainings“, in: K. ADAM/H. LENK/P. NOWACKI/M.<br />

RULLFS/W. SCHRÖDER (Hrsg.), Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>training, Bad Homburg 1977, S. 21.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 153<br />

zip „Vormachen – Nachmachen – Korrigieren“ 605 Anwendung fand. Dem<br />

Vorbild <strong><strong>de</strong>r</strong> Englän<strong><strong>de</strong>r</strong> folgend wur<strong>de</strong> auch in Deutschland zunächst „ortho-<br />

dox“ 606 geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t.<br />

Der entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Durchbruch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik ist auf die Erfindung und<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Rollsitzes zurückzuführen. Dieser war die Erkenntnis vo-<br />

rausgegangen, dass durch die Verlängerung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>schlages ein effekti-<br />

ver Vortrieb erzielt wer<strong>de</strong>n konnte. So wur<strong>de</strong>n die Beine bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung eingesetzt, um die Kraft beim Durchzug zu erhöhen. Hierzu<br />

rutschten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er auf <strong>de</strong>n Duchten, <strong>de</strong>n Sitzbrettern, hin und her. Zur<br />

Erleichterung wur<strong>de</strong>n Le<strong><strong>de</strong>r</strong>hosen getragen, Felle umgeschnürt und die Sitze<br />

eingefettet. 607<br />

1857 erfand <strong><strong>de</strong>r</strong> Amerikaner Babcock <strong>de</strong>n Gleitsitz. Dieser auf zwei Schienen<br />

gelagerte und verschiebbare Sitz fand zunächst keine Verbreitung. Es dauer-<br />

te bis 1870, bis <strong><strong>de</strong>r</strong> Gleitsitz zum Patent angemel<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, was wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um<br />

zur allgemeinen Einführung <strong>de</strong>s Gleitsitzes in <strong>de</strong>n USA führte. 608<br />

Basierend auf <strong><strong>de</strong>r</strong> I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>s Gleitsitzes stellte Dr. Erich Schiller 1883 <strong>de</strong>n von<br />

ihm entwickelten Rollsitz vor. Ihm gelang es, <strong>de</strong>n Reibungswi<strong><strong>de</strong>r</strong>stand <strong>de</strong>s<br />

Gleitsitzes durch Verlagerung <strong>de</strong>s Gewichtes auf vier Rollen zu vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n,<br />

was nach diversen Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen und Weiterentwicklungen einen hohen Zu-<br />

gewinn <strong>für</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung be<strong>de</strong>utete. 609<br />

Der Rollsitz wur<strong>de</strong> in die bisherige Bewegung <strong>de</strong>s Beinstoßes integriert. Kör-<br />

perschwung, Bein- und Armarbeit sollten zeitgleich ausgeführt wer<strong>de</strong>n; in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Praxis „führte das aber zu einem Nacheinan<strong><strong>de</strong>r</strong>-Einsatz <strong><strong>de</strong>r</strong> drei Kräfte, wo-<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Körperschwung meist zu sehr ausge<strong>de</strong>hnt wur<strong>de</strong> [...]“. 610 Deutlich<br />

605 H. KURZNER, Die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lehrweise im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n unter beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Berücksichtigung<br />

technischer Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung an <strong>de</strong>n Booten, Staatsexamensarbeit DSHS Köln, Köln<br />

1986, S. 20.<br />

606 Der aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Religion stammen<strong>de</strong>, griechische Begriff „orthodox“ lässt eine limitierte und<br />

rigi<strong>de</strong> Technikvorstellung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>schlags vermuten.<br />

607 Vgl. SCHUSTER, Geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports, S. 11. Vgl.<br />

HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 192.<br />

608 1873 wur<strong>de</strong> dieser Gleitsitz erstmalig von <strong>de</strong>n Universitätsmannschaften Oxford und<br />

Cambridge verwen<strong>de</strong>t. In Deutschland wur<strong>de</strong> diese Erfindung zwei Jahre später populär.<br />

Vgl. HOFFMANN, ebenda, S. 192.<br />

609 Das hohe Gewicht <strong>de</strong>s Rollsitzes machte ihn zunächst uninteressant <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport.<br />

Dennoch erkannten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er die Vorzüge gegenüber <strong><strong>de</strong>m</strong> Gleitsitz und reduzierten<br />

das Anfangsgewicht von 1,2 kg stetig. Interessanterweise nennt Hänel in seinem<br />

Buch <strong>de</strong>n Bootsbauer Wilhelm Rettig als Erfin<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Rollsitzes. Vgl. H. HÄNEL, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n –<br />

vom Skull zum Riemen. Ein Lehrbuch <strong>für</strong> Lehren<strong>de</strong> und Lernen<strong>de</strong>, <strong>für</strong> <strong>Aus</strong>bil<strong><strong>de</strong>r</strong> und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er,<br />

Frankfurt a.M. 1963, S. 17.<br />

610 E. MAAK, „Zur Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 81(1963)19, S. 462.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 154<br />

lassen sich die Phasen Anschwung – Beinstoß – Rückschwung – Armzug<br />

unterschei<strong>de</strong>n, wobei, wie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Festsitztechnik, <strong><strong>de</strong>r</strong> Rücken gera<strong>de</strong> gehal-<br />

ten wur<strong>de</strong>. 611<br />

Das Prinzip, <strong>de</strong>n Rollsitz zur Verbesserung <strong>de</strong>s Antriebs zu nutzen, wur<strong>de</strong><br />

beim „orthodoxen“ Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>schlag nicht angewandt. Dies hatte zur Folge, dass<br />

diese Technik doch langsamer als erwartet an Be<strong>de</strong>utung verlor.<br />

Die Unterweisung in <strong>de</strong>n Grundhaltungen und Teilbewegungen begann in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Regel auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bock. Dieser stand an Land und ermöglichte <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

<strong>Aus</strong>bil<strong><strong>de</strong>r</strong> ein sofortiges Eingreifen bei Abweichungen von <strong><strong>de</strong>r</strong> I<strong>de</strong>albewe-<br />

gung. Hatte <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfänger sich bewährt, durfte er im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kasten üben. Dies<br />

ist ein Wasserbassin, in welchem sich ein fest gemauerter Sockel mit auf-<br />

montiertem Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>werk befin<strong>de</strong>t. 612 Hatte <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfänger diese Trainingsschrit-<br />

te erfolgreich gemeistert, durfte er im Regelfall in eine lagesichere Gig mit<br />

festen Sitzen aufs Wasser. Durch die Erfindung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>leger wur<strong>de</strong>n die<br />

Boote schmaler gebaut, was zu größeren Balance-Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen führte.<br />

Diese bootsbautechnische Entwicklung wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermittlung <strong><strong>de</strong>r</strong> „ortho-<br />

doxen“ Technik nicht berücksichtigt, so dass die eingesetzten Hilfsmittel <strong>de</strong>n<br />

Trainingsfortschritt eher behin<strong><strong>de</strong>r</strong>ten.<br />

Ästhetische Bewegungsmotive stan<strong>de</strong>n im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermittlung<br />

dieser Methodik. Grundsätzlich galt, dass eine optimale Bootsgeschwindig-<br />

keit nur durch einheitliche Körper- und Wasserarbeit 613 erreicht wer<strong>de</strong>n konn-<br />

te. Als Maßstab galten hierbei die „Schwarzen Männer“ 614 , die als Lehrtafeln<br />

zur Veranschaulichung eben dieser Einheitlichkeit verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n.<br />

Vor allem die Frauen mussten zunächst am Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bock und im Kasten üben.<br />

Hatten sie es endlich ins Boot geschafft, mussten sie häufig mit sehr breiten<br />

und schwerfälligen Booten vorlieb nehmen. Ebenso wie ihre männlichen Kol-<br />

legen zogen auch die Frauen <strong>de</strong>n Rollsitz <strong><strong>de</strong>m</strong> Festsitz vor. Dies wur<strong>de</strong> al-<br />

lerdings von <strong>de</strong>n Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern nicht toleriert, <strong>de</strong>nn<br />

„wir müssen sagen, dass uns das graziöse schwungvolle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Englän<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in <strong>de</strong>n breiten Themsebooten auf festen Sitzen<br />

nicht nur als die <strong>für</strong> Damen geeignetere Art <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns er-<br />

611<br />

Vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 142.<br />

612<br />

Vgl. ebenda, S. 143.<br />

613<br />

Unter Wasserverarbeit versteht man das gemeinsame Setzen <strong><strong>de</strong>r</strong> Riemen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Skulls,<br />

<strong>de</strong>n Durchzug und das <strong>Aus</strong>heben am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Schlages.<br />

614<br />

SCHRÖDER, „Geschichte <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>trainings“, S. 27.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 155<br />

scheint, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n uns auch entschie<strong>de</strong>n besser gefallen hat, als<br />

das Bild <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeit, welches unsere Damen auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Rollsitz<br />

bieten“. 615<br />

Diese Schematisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung, die eine Unterdrückung jegli-<br />

cher individueller <strong>Aus</strong>prägung mit sich brachte, veranlasste <strong>de</strong>n in England<br />

leben<strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>tralier Steve Fairbairn, eine neue Methodik zu entwickeln. Un-<br />

ter <strong><strong>de</strong>m</strong> Motto „I coach for win, and not for show!“ trainierte er von 1900 bis<br />

1930 erfolgreich englische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>mannschaften. 616 Fairbairns Metho<strong>de</strong> ba-<br />

sierte auf einer einheitlichen Wasserarbeit anstatt einheitlicher Körperarbeit,<br />

um auf diese Weise die maximale Geschwindigkeit <strong>für</strong> das Boot zu erzie-<br />

len. 617 „Training auf Körperhaltung heißt, fortlaufend anormale Körperbewe-<br />

gungen lehren“. 618 Er for<strong><strong>de</strong>r</strong>te eine ganzheitliche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik, die eine<br />

ungezwungene und natürliche Körperbewegung beinhaltete. Der Beinschub,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>Aus</strong>lage und Endzug lediglich durch <strong>de</strong>n Körperschwung unterstützt<br />

wur<strong>de</strong>, war das Kernstück <strong><strong>de</strong>r</strong> Technik nach Fairbairn. Es gelang erstmals,<br />

<strong>de</strong>n Rollsitz effektiv zum Vortrieb <strong>de</strong>s Bootes zu nutzen. 619<br />

Damit ist belegt, dass die Vermittlung und <strong>Aus</strong>übung <strong><strong>de</strong>r</strong> orthodoxen Technik<br />

passen<strong><strong>de</strong>r</strong> erschien als die „natürliche“ Lehrweise nach Fairbairn. Der Körper<br />

war bei Fairbairn weniger geschlossen, was dazu führte, dass die <strong>Aus</strong>lage-<br />

stellung auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Rollsitz „womöglich mit weitgespreizten Knien als eine <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

weiblichen Anmut mehr als feindliche Körperstellung [empfun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>]“. 620<br />

Vor allem aber wur<strong>de</strong>n physiologische Argumente angeführt, warum Frauen<br />

nicht „natürlich“ ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sollten und keinen Bedarf an leichteren Booten o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

gar Rennbooten hatten. Durch <strong>de</strong>n Rollsitz wür<strong>de</strong> die Beinarbeit verlängert,<br />

die damit verbun<strong>de</strong>ne verlängerte Wasserarbeit sei <strong>für</strong> <strong>de</strong>n schwächeren<br />

weiblichen Körper nicht geeignet und diene damit nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesun<strong><strong>de</strong>r</strong>haltung<br />

und Kräftigung <strong>de</strong>s Körpers. Rauscher führte hierzu an:<br />

„Die Damen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Oberkörpermuskulatur im Vergleich zu <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s<br />

Mannes ziemlich schwach entwickelt ist, haben ganz beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Grund, alle zwecklosen, schnell ermü<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n, die Entwicklung und<br />

Kräftigung ihrer Oberkörpermuskulatur hintenhalten<strong>de</strong>n und aus-<br />

615<br />

R. RAUSCHER, [ohne Titel], in: Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 2(1913)o.A., S. 581, zitiert nach: BECKER,<br />

Mit Rock und Riemen, S. 37.<br />

616<br />

Vgl. ebenda, S. 24.<br />

617<br />

Vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 144.<br />

618<br />

S. FAIRBAIRN, zitiert nach: KURZNER, Die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lehrweise im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, S. 33.<br />

619<br />

Vgl. SCHRÖDER, „Geschichte <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>trainings“, S. 25.<br />

620 Ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 156<br />

ser<strong><strong>de</strong>m</strong> die Anmut ihrer Körperhaltung gefähr<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Bewegungen,<br />

wie es das Rollen auf beweglichem Sitz ist, zu vermei<strong>de</strong>n.“ 621<br />

Frauen sollten in breiten und hochbordigen Booten ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, die aufgrund ihres<br />

tiefen Schwerpunkts eine gewisse Lagesicherheit versprächen und damit die<br />

Ängste <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen minimieren könnten. Das Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n könne nur dann<br />

ein Volkssport wer<strong>de</strong>n, wenn sich nicht nur jüngere und unternehmungslusti-<br />

ge Frauen aufs Wasser wagten, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Boote auch bei Laien ein Gefühl<br />

von Sicherheit auslösten. 622<br />

Der Berliner Arzt Dr. Martin Brustmann untersuchte das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n unter<br />

gesundheitlichen und „schönheitlichen“ Aspekten. Er kam zu <strong><strong>de</strong>m</strong> Ergebnis,<br />

dass das Vorrollen aus gesundheitlichen Grün<strong>de</strong>n unerlässlich sei, da durch<br />

diese Bewegung das flüssige Blut und sonstige Säfte aus <strong>de</strong>n Bauchorganen<br />

herausgedrückt wür<strong>de</strong>n, wie die Flüssigkeit aus einem voll gesogenen<br />

Schwamm. Da mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Frauen ihrer beruflichen Tätigkeit häufig im Sitzen<br />

nachgingen, sei dieser Bewegungsablauf ein <strong>Aus</strong>gleich, da starres Sitzen<br />

eine Stockung <strong><strong>de</strong>r</strong> Säfte in Leber, Nieren und <strong>de</strong>n Geschlechtsorganen so-<br />

wie eine Gasauftreibung <strong>de</strong>s Leibes infolge schlecht verdauter Nahrung mit<br />

sich brächte. 623 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wer<strong>de</strong> auf diese Weise zu starken o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu<br />

schwachen Menstruationsblutungen Vorschub geleistet. 624 Ein weiteres Ar-<br />

gument war auch noch, dass durch die Benutzung eines Rollsitzes die durch<br />

das Tragen hochhackiger Schuhe verkürzten Wa<strong>de</strong>nmuskeln in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorlage<br />

stark ge<strong>de</strong>hnt wür<strong>de</strong>n. 625<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Kritikern die hin<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Kleidung angeführt, die<br />

ein Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in schmalen Booten mit Rollsitz und <strong>Aus</strong>legern ausschloss. Hier<br />

wur<strong>de</strong>n allerdings nicht moralische Be<strong>de</strong>nken geäußert, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n eher die<br />

Problematik <strong>de</strong>s Ertrinkens, sobald die Boote vollschlagen o<strong><strong>de</strong>r</strong> kentern wür-<br />

<strong>de</strong>n. Die Gefahr, in einem Boot mit Rollsitz und <strong>Aus</strong>legern zu kentern, wur<strong>de</strong><br />

<strong>für</strong> Frauen viel höher eingeschätzt als <strong>für</strong> Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er. Demnach gäbe es<br />

<strong>für</strong> die Damen nur ein Boot – eine breite Gig ohne Rollsitz und <strong>Aus</strong>leger.<br />

621<br />

R. RAUSCHER, [ohne Titel], S. 626, zitiert nach: BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 37.<br />

622<br />

Vgl. ebenda.<br />

623<br />

Vgl. M. BRUSTMANN, „Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als Leibesübung und Sport“ in: Wassersport<br />

43(1925)8, S. 153-154.<br />

624 Vgl. ebenda.<br />

625 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 157<br />

Becker geht davon aus, dass die Frauen sich von diesen Be<strong>de</strong>nken nicht<br />

allzu sehr beeindrucken ließen. Die meisten Fotos aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit zei-<br />

gen <strong>Aus</strong>legerboote mit Rollsitzen. 626<br />

Einen großen Schritt nach vorne machte das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland<br />

durch das Wirken von Hugo Borrmann, <strong><strong>de</strong>r</strong> als wichtiger För<strong><strong>de</strong>r</strong>er viele Neu-<br />

erungen initiierte und begleitete. An <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Hochschule <strong>für</strong> Leibes-<br />

übungen in Berlin wur<strong>de</strong> unter seiner Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>führung erstmals eine<br />

ganzheitliche und natürliche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung erprobt. 627 Er hatte diese Me-<br />

thodik, welche später durch seinen Schüler Karl Feige überarbeitet und in<br />

<strong>de</strong>ssen Büchern Riemen, Skull und Pad<strong>de</strong>l sowie Natürliches Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n thema-<br />

tisiert wur<strong>de</strong>, unabhängig von Fairbairn entwickelt. 628 Borrmann belegte au-<br />

ßer<strong><strong>de</strong>m</strong>, dass das natürliche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nichts Neues <strong>für</strong> die Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei war,<br />

<strong>de</strong>nn<br />

„auf Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten wird seit ewigen Zeiten natürlich geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t, weil<br />

unnatürliches Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>n Körper vorzeitig ermü<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. Da<br />

man aber von einer Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt ‘recht viel’ und recht großen Genuß<br />

haben will, so vermei<strong>de</strong>t <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er rein instinktiv alle unnatürlichen<br />

Bewegungen – eben weil sie ermü<strong>de</strong>n – und <strong>de</strong>shalb<br />

erscheint das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im Skullboot we<strong><strong>de</strong>r</strong> gequält<br />

noch gekünstelt, we<strong><strong>de</strong>r</strong> versteinert in <strong><strong>de</strong>r</strong> Haltung, noch<br />

übersteigert in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kunstform, vielmehr, rund, weich, leicht und gefällig,<br />

kurz: natürlich und einfach“. 629<br />

Borrmann analysierte die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegungen und kam zu <strong><strong>de</strong>m</strong> Schluss, dass<br />

starre Bewegungen, die lediglich Kräfte beanspruchten ohne <strong><strong>de</strong>m</strong> Fortgang<br />

<strong>de</strong>s Bootes zu nutzen, unnatürlich und unökonomisch waren. Hierzu zählte<br />

er auch die Kopfhaltung. Demnach galt es nach Borrmann als unnatürlich,<br />

<strong>de</strong>n Kopf gegen die Fortsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirbelsäule zu halten o<strong><strong>de</strong>r</strong> ihn in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Rückenlage hochzuhalten, wie es beim Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>. Borrmann<br />

for<strong><strong>de</strong>r</strong>te auch, dass wenn überhaupt Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n betrieben wer<strong>de</strong>n müsste,<br />

dieses nur in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gig sein dürfte, da es eine Kunst sei, im Rennboot langsam<br />

zu ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits gab er zu, dass eben diese Fähigkeit die Grundvo-<br />

626 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 37.<br />

627 Die Methodik <strong><strong>de</strong>r</strong> natürlichen und ganzheitlichen Lehrweise steht im Zusammenhang mit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Reformpädagogik <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>twen<strong>de</strong>. Zurückbesinnung auf die Werte <strong><strong>de</strong>r</strong> Natur<br />

und Natürlichkeit waren die zentralen Ziele dieser Bewegung, die sich in Vereinen wie<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>vogel institutionalisierte.<br />

628 Vgl. KURZNER, Die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lehrweise im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, S. 33.<br />

629 H. BORRMANN, „Ketzerische Gedanken zur Entwicklung im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wasser-<br />

sport 54(1936)50, S. 1108.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 158<br />

raussetzung <strong>für</strong> Schnelligkeit sei, da diese nur durch Beherrschung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ba-<br />

lance im Rennboot zu erreichen sei.<br />

Der wesentliche Unterschied in Borrmanns Methodik bestand allerdings da-<br />

rin, dass die Anfänger direkt im Boot begannen. Sein Lehrplan sah keinen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bock und -kasten vor und das drillartige Einüben und Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holen los-<br />

gelöster Bewegungsmuster lehnte er strikt ab. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Be<strong>de</strong>utung maßen<br />

Borrmann und auch Feige <strong><strong>de</strong>r</strong> Schulung <strong>de</strong>s Bewegungsgefühls und <strong><strong>de</strong>r</strong> Ba-<br />

lance zu. Obwohl sie die Eignung <strong>de</strong>s Skiffs in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfängerschulung erkann-<br />

ten, begann auch bei ihnen zunächst <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterricht in <strong><strong>de</strong>r</strong> breiten Gig. 630<br />

Viele <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>wartinnen-Lehrgänge leitete Borrmann selbst. Seine Schüle-<br />

rinnen hatten so von Anfang Zugang zu allen Bootsgattungen. Dies ist auch<br />

darauf zurückzuführen, dass Borrmann beim Umbau alter Boote darauf ach-<br />

tete, dass diese an die weibliche Anatomie angepasst wur<strong>de</strong>n. So stellte er<br />

beispielsweise fest, dass eine zu hohe Dolle zum so genannten Wasserwer-<br />

fen am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Durchzuges verleitete. Daher müsse, so Borrmann, die<br />

Dolle so stehen, dass die Hän<strong>de</strong> an <strong><strong>de</strong>r</strong> schmalsten Stelle <strong>de</strong>s Rumpfes zwi-<br />

schen Brust und Hüfte ziehen konnten. 631 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> empfahl er, Frauenboo-<br />

te grundsätzlich kielunten zu lagern, damit sie nicht gedreht wer<strong>de</strong>n müssen.<br />

Hermann Altrock 632 teilte Borrmanns Ansichten zur Vermittlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

technik und zur Öffnung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns im Rennbootbereich nicht, aller-<br />

dings sah er das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sowieso auf das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

beschränkt: „Die <strong>Aus</strong>bildung <strong><strong>de</strong>r</strong> in Frage kommen<strong>de</strong>n Muskelgruppen zu<br />

Höchstleistungen im Kampf muß unter allen Umstän<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>m</strong> Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

630 Vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 145.<br />

631 Vgl. H. BORRMANN, „Das zweckmäßige Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gerät“, in: Wassersport 53(1935)40, S. 942.<br />

632 Hermann Altrock wur<strong>de</strong> am 2. Januar 1887 geboren. Mit 17 Jahren schloss er sich <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Deutschland in Berlin-Stralau an. Er war ein großer Be<strong>für</strong>worter und För<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

<strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Vor seiner Tätigkeit <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DDRV hatte er <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund<br />

„Froh Volk“ mitgegrün<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>ssen Vorsitz er ebenfalls innehatte. Sein<br />

Engagement rührte aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Überzeugung, dass Leibesübungen <strong>für</strong> Frauen wichtig sind.<br />

Seiner Meinung nach hatten sie nicht nur ein Recht auf körperliche Betätigung, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

waren faktisch dazu verpflichtet, da ihre körperliche Aktivität <strong>für</strong> ihn im nationalen Interesse<br />

stand. Allerdings lehnte er einen wettkampfbetonten Sport und die damit seiner Meinung<br />

nach verbun<strong>de</strong>ne <strong>Aus</strong>bildung <strong><strong>de</strong>r</strong> in Frage kommen<strong>de</strong>n Muskelgruppen strikt ab.<br />

Altrock wur<strong>de</strong> mit <strong>Aus</strong>nahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahre 1920/1921 bis zur Auflösung <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s zum<br />

ersten Vorsitzen<strong>de</strong>n gewählt, obwohl die Satzung eine jährliche Neubesetzung vorsah.<br />

Warum nicht <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend rotiert wur<strong>de</strong>, konnte nicht geklärt wer<strong>de</strong>n. Zu dieser<br />

Überzeugung gelangt auch BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 47. Eine <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Maßnahmen,<br />

die er ergriff, war die Einführung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns an <strong>de</strong>n Universitäten. Zur Bewältigung<br />

<strong>de</strong>s großen Andrangs baute er mit Per<strong>de</strong>ß <strong>de</strong>n ersten 16-sitzigen fahrbaren Ru<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

-kasten, („die Galeere“). Vgl. G. LEHMANN, „Chronik“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 77(1959)3, S. 43.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 159<br />

fern gehalten wer<strong>de</strong>n“. 633 Den bei Fairbairns Metho<strong>de</strong> gebogenen Rücken<br />

sah Altrock als Gefahr, <strong>de</strong>nn die aufrechte Haltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirbelsäule sei not-<br />

wendig, um einen schöneren Eindruck beim Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu erwecken. „Des<br />

Weibes Leibesübungen aber unterliegen in erster Linie <strong><strong>de</strong>r</strong> ästhetischen For-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ung“. 634 Obwohl Hermann Altrock als ein För<strong><strong>de</strong>r</strong>er <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns<br />

anzusehen ist, verrät seine Haltung zur Technikschulung seine konservative<br />

Grun<strong>de</strong>instellung. Durch die Reglementierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Betätigungs- und Vermitt-<br />

lungsformen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Orientierung an männlichen Maßstäben hemmte er die<br />

Entwicklung. Er wollte die Gründung selbstständiger Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine<br />

lenken, um ein gewisses Niveau aufrechtzuerhalten.<br />

Die Ärztin Margarete Güssow und langjährige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong><br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub Berlin kann als Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Stun<strong>de</strong> bezeichnet<br />

wer<strong>de</strong>n. Obwohl sie aus heutiger Sicht als konservativ in Moral- und Wett-<br />

kampffragen bezeichnet wer<strong>de</strong>n muss, erkannte auch sie <strong>de</strong>n Vorteil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Fairbairn-Methodik gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong> „orthodoxen“ Lehr- und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>weise. Al-<br />

lerdings stellte sie klar, dass<br />

„die Fairbairn-Methodik keine große Umwälzung <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

mit sich gebracht habe, da wir dank <strong><strong>de</strong>r</strong> größeren Beweglichkeit<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> geringeren Kraft unseres Körpers, die mit einer<br />

sich in starren Formen bewegen<strong>de</strong>n Leibesübung auf die Dauer<br />

unvereinbar sind, gar nicht ‘orthodox’ geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t haben“. 635<br />

Güssow entwickelte ihre eigene Lehrmethodik. Ihre Schülerinnen begannen<br />

grundsätzlich an Land mit gymnastischen Schulungen und Entspannungs-<br />

übungen. So sollte die richtige Körperhaltung – senkrechter Aufbau <strong>de</strong>s Kör-<br />

pers, parallel stehen<strong>de</strong> Füße etc. – „trocken“ erlernt wer<strong>de</strong>n. Um die Arbeit<br />

mit <strong>de</strong>n Skulls zu simulieren, gab sie ihren Schülerinnen Tennisbälle, um die<br />

richtige Finger- und Handhaltung zu erreichen. Alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten zu-<br />

nächst in Booten mit festen Sitzen, da eine Anfängerschulung mit Rollsitzen<br />

zu komplex <strong>für</strong> Anfängerinnen sei und damit längere Zeit in Anspruch neh-<br />

men wür<strong>de</strong>. Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Wasser wur<strong>de</strong>n die Skulls und Rollsitze zunächst fest-<br />

gebun<strong>de</strong>n. Nach weiteren zehn Minuten Gymnastik im Boot, konnte langsam<br />

633 [ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Damen-Sport und Damen-Turnen 2(1919)o.A., S. 2,<br />

zitiert nach: BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 46.<br />

634 Ebenda, S. 47.<br />

635 M. GÜSSOW, „Anmerkungen wie man natürlich zu ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n lehrt“, in: Wassersport<br />

54(1936)21, S. 395.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 160<br />

die Gesamtbewegung eingeführt und je nach Entwicklungsstand von Rhyth-<br />

mus und Harmonie verfeinert wer<strong>de</strong>n. Diese Didaktik <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung<br />

nahm viel Zeit in Anspruch und war sehr theoretisch, entsprach aber <strong>de</strong>n<br />

Vorstellungen <strong>de</strong>s Vereins, <strong><strong>de</strong>m</strong> Güssow angehörte. Dieser war sehr wähle-<br />

risch in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>wahl seiner Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> und lehnte jegliche Form von Wett-<br />

kampf ab.<br />

In <strong>de</strong>n Richtlinien zum <strong>Deutschen</strong> Mädchenturnen orientierten sich Erich<br />

Klinge und Sophie Dapper ein<strong>de</strong>utig an Borrmanns Vorstellungen. Das Rie-<br />

menru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> Mädchen an <strong>de</strong>n Schulen und Frauen an <strong>de</strong>n Universitäten<br />

wur<strong>de</strong> rigoros abgelehnt und das Skullen als die einzig richtige Art zu Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

festgeschrieben. Die Begründung lautete wie folgt:<br />

„Es ist nicht nur eine unsymmetrische, also einseitige, kraftrauben<strong>de</strong><br />

und daher leicht ermü<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Arbeit, die die Schülerin hierbei<br />

vollziehen muß und bei <strong><strong>de</strong>r</strong> sie Gefahr läuft, durch schiefes<br />

Schwingen die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>skoliose zu bekommen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Umstellung<br />

vom Riemen zum Skullen fällt meist sehr schwer.“ 636<br />

Diese Auffassung basierte auf <strong>de</strong>n Beobachtungen Borrmanns, <strong><strong>de</strong>r</strong> das Skul-<br />

len in <strong>de</strong>n Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund stellte. Die Verfasser <strong><strong>de</strong>r</strong> Richtlinien empfahlen be-<br />

wusst die ganzheitliche Metho<strong>de</strong>, da sie die Vermittlung <strong>de</strong>s „alten Stils“<br />

ablehnten. Zur Leistungsüberprüfung sollten sich die Mädchen nach einer<br />

I<strong>de</strong>e von Feige im Geschicklichkeitsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n beweisen. 637<br />

Eingeengt durch die gesellschaftlichen Wert- und Moralvorstellungen wur<strong>de</strong><br />

die Entwicklung auch hier bewusst gehemmt. Geeignetes Bootsmaterial und<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> weiblichen Körper angepasste Lehrweisen in Verbindung mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Benut-<br />

zung <strong>de</strong>s Rollsitzes und zweckmäßiger Kleidung blieben <strong>de</strong>n Frauen lange<br />

vorenthalten.<br />

Ein Beispiel illustriert die Misslage <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei: In <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Was-<br />

sersport aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Jahre 1916 wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage nachgegangen, welches Boot<br />

am besten <strong>für</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen sei. Beantwortet wird diese mit offenen<br />

Dollengigs, so genannten Wherries. 638 Eigentlich aber kämen ihre Fähigkei-<br />

636 E. KLINGE/S. DAPPER, Deutsches Mädchenturnen, 9.-12. Schuljahr <strong>für</strong> Haupt-, Mittel-,<br />

Berufs- und Oberschulen, Hochschulen <strong>für</strong> Lehrerinnenbildung und Hochschulinstitute <strong>für</strong><br />

Leibesübungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Universitäten, Berlin 1941, S. 240.<br />

637 Vgl. ebenda, S.256.<br />

638 Wherries waren ursprünglich die Boote <strong><strong>de</strong>r</strong> englischen Fährleute, die ursprünglich mit vier<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>plätzen gebaut wur<strong>de</strong>n. Bedingt durch die bootsbautechnische Weiterentwicklung<br />

und die Fokussierung auf leichtere Boote wur<strong>de</strong> die Produktion ab etwa 1900 eingestellt.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 161<br />

ten am besten als Bootsführerinnen zur Geltung, da sie meistens eine leich-<br />

tere Hand hätten, die sich zur Bedienung <strong><strong>de</strong>r</strong> Steuerleinen besser eigne als<br />

die <strong>de</strong>s Mannes. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> käme noch <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorzug <strong>de</strong>s geringeren Gewich-<br />

tes hinzu. 639<br />

5.4 Deutscher Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband<br />

Nach <strong>de</strong>n Gründungen <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine entstan<strong>de</strong>n überall in<br />

Deutschland weitere Vereine, wobei Berlin zunächst das Zentrum <strong>de</strong>s Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns blieb. Im Zuge dieser Entwicklung wuchs <strong><strong>de</strong>r</strong> Wunsch nach einem<br />

überregionalen, strukturellen Zusammenschluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine und<br />

einer organisatorischen Einbindung in <strong>de</strong>n DRV. 640<br />

5.4.1 Konstituierung und Entwicklung<br />

Im Januar 1919 trafen sich Vertreterinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> bestehen<strong>de</strong>n Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ver-<br />

eine, um über die Zukunft <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zu beraten. Einig<br />

waren sich die Anwesen<strong>de</strong>n, dass ein Zusammenschluss aller Vereine das<br />

Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n för<strong><strong>de</strong>r</strong>n wür<strong>de</strong>. <strong>Aus</strong> diesem Grund wur<strong>de</strong> Hermann Altrock<br />

vom Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund „Froh Volk“ mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufgabe betraut, die organisatorischen<br />

Probleme eines Anschlusses an <strong>de</strong>n DRV zu klären. 641 Für diese Aufgabe<br />

wählten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bewusst einen Mann, da es galt, die konservativ ge-<br />

sinnten Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s DRV von <strong><strong>de</strong>r</strong> Zweckmäßigkeit <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zu<br />

überzeugen. Eine Frau in dieser Position hätte in jenem männerorientierten<br />

und patriarchalisch strukturierten Verband wenig bewegen können. 642<br />

Da sich <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV weigerte, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in seine Organisation einzu-<br />

bin<strong>de</strong>n, grün<strong>de</strong>ten sieben Vereine unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Leitung von Hermann Altrock am<br />

19. Februar 1919 in Berlin <strong>de</strong>n <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband. 643 Grün-<br />

dungsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> waren FDRC, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund Berliner Lehrerinnen, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund<br />

„Froh Volk“, Berliner Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club, Berliner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gesellschaft „Undine“<br />

(Damenabteilung), Mädchen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Berlin, Berliner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club 1910<br />

(Damenabteilung). Einige Wochen später traten <strong><strong>de</strong>m</strong> Verband noch die Ber-<br />

liner Turnerschaft, Mädchen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Riege <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt Schöneberg und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

639<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Weibliche Steuerleute“, in: Wassersport 34(1916)21, S. 203.<br />

640<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 92.<br />

641<br />

Vgl. ebenda, S. 93.<br />

642<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 46.<br />

643 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 162<br />

Riege <strong><strong>de</strong>r</strong> Nord<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bei. 644 Lehmann nannte außer<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

noch die Berliner Turnerschaft als Gründungsmitglied. 645<br />

Buerstätte berichtet in ihrer Arbeit 646 , dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Hamburger Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ver-<br />

band 647 , <strong><strong>de</strong>m</strong> unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>en fünf Berliner Vereine angehörten, als Vorläufer<br />

<strong>de</strong>s DDRV angesehen wur<strong>de</strong>. Dieser entwickelte sich allerdings nicht über-<br />

mäßig und ging bald im DDRV auf.<br />

Im Festlied <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s klang <strong><strong>de</strong>r</strong> Stolz auf das Erreichte an. So hieß es<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> zweiten Strophe:<br />

„Der Herr <strong><strong>de</strong>r</strong> Schöpfung mag es nicht, daß Mädchen wir und<br />

Frau’n uns Gottes schöne Wun<strong><strong>de</strong>r</strong>welt im schnellen Boot beschau’n.<br />

Wir lachen laut und lassen keck die weißen Zähne sehn<br />

und wohlgemut vom blinken Heck stolz uns’re Fahne wehn.“ 648<br />

Hermann Altrock wur<strong>de</strong> 1919 zum ersten Vorsitzen<strong>de</strong>n gewählt, alle weiteren<br />

Vorstandsposten wur<strong>de</strong>n mit Frauen besetzt. 649 Zwei Jahre später wur<strong>de</strong><br />

Berta Pally als Erste Schriftführerin gewählt. Diese kann als eine <strong><strong>de</strong>r</strong> Gali-<br />

onsfiguren <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns bezeichnet wer<strong>de</strong>n, da sie sich in<br />

<strong>de</strong>n Folgejahren unermüdlich um ihren Sport verdient machte. 650 Hermann<br />

Altrock selbst begrün<strong>de</strong>te sein Engagement damit, „daß das Jahr 1919 [...]<br />

nun <strong>für</strong> die gesamte <strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei eine Neuorientierung be<strong>de</strong>utete“. 651<br />

Der DDRV musste ohne Hilfe <strong>de</strong>s DRV seine umfangreichen Zielsetzungen<br />

realisieren:<br />

644<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Wassersport“, in: Damen-Sport und Damen-Turnen 2(1919)5/6,<br />

S. 71.<br />

645<br />

Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 35.<br />

646<br />

Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 10.<br />

647<br />

Der Verband wird in <strong><strong>de</strong>r</strong> Literatur auch unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Bezeichnung Hamburger Frauen-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund erwähnt.<br />

648<br />

PHILIPP, „Mit Plu<strong><strong>de</strong>r</strong>hosen, Matrosenblusen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kappen aufs Wasser“, S. 1201.<br />

649<br />

Diese waren Fräulein Schulz vom FDRC als zweite Vorsitzen<strong>de</strong>, Fräulein Röhn vom<br />

Bund Berliner Lehrerinnen als Schriftführerin und Fräulein Haas vom Berliner Damen-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club.<br />

650<br />

Berta Pally war 1912 Mitbegrün<strong><strong>de</strong>r</strong>in <strong>de</strong>s Berliner Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Clubs. Sie zog das<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor, beteiligte sich aber auch bis 1924 an Regatten im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, bis sie<br />

selbst zur Regattaleitung gehörte. 1925 wur<strong>de</strong> ihr vom DDRV die erste Ehrenna<strong>de</strong>l <strong>für</strong> ihre<br />

werben<strong>de</strong> Tätigkeit in Anerkennung ihrer Leistung verliehen. 1933 übernahm sie <strong>de</strong>n<br />

Vorsitz in <strong><strong>de</strong>r</strong> Abteilung <strong>für</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Bis heute nachwirken<strong>de</strong> Ergebnisse ihrer Arbeit<br />

sind beispielsweise die Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Meisterschaften und die Teilnahme<br />

<strong>de</strong>utscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an internationalen Regatten. Vgl. G. LEHMANN, „Chronik“, S.<br />

43.<br />

651<br />

ALTROCK, „Geschichte <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports“, S. 463.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 163<br />

„Laut Satzung verpflichtet <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV sich u. a. <strong>für</strong> die <strong>Aus</strong>breitung<br />

<strong>de</strong>s Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, die Heranziehung <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Jugend, die<br />

Veranstaltung von Wettbewerben und die Erlangung von staatlichen<br />

und behördlichen Unterstützungen zur För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns<br />

einzutreten.“ 652<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> unter Punkt 4 die Anknüpfung sportlicher und gesellschaft-<br />

licher Beziehungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsvereine aufgeführt. Des Weiteren verpflich-<br />

ten sich alle Vereine zur jährlichen Zahlung einer Kopfsteuer von drei Mark<br />

pro Mitglied. Sie konnten aber auch noch entsprechend ihrer Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl<br />

zur Deckung <strong><strong>de</strong>r</strong> Unkosten herangezogen wer<strong>de</strong>n. 653<br />

Laut Ueberhorst fand das erste offizielle Anru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>s DDRV im April 1919<br />

statt. 654 Lehmann datierte das Anru<strong><strong>de</strong>r</strong>n dagegen auf <strong>de</strong>n 4. Mai 1919. 655<br />

Bei<strong>de</strong> beschreiben das Ereignis als gelungene Veranstaltung mit 50 Booten<br />

und 200 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Der Tag wur<strong>de</strong> mit Rennen <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund<br />

Berliner Lehrerinnen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund „Froh Volk“ gestaltet. Daneben gab es<br />

Gruppenspiele, <strong><strong>de</strong>r</strong> geplante Wettbewerb im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n musste aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

zu schwierigen Wasserverhältnisse ausfallen. 656<br />

Die stetig ansteigen<strong>de</strong> Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in dieser Dachorganisa-<br />

tion belegt, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV die Interessen <strong><strong>de</strong>r</strong> Damen erfolgreich vertrat. Bis<br />

1930 traten <strong>de</strong>n sieben Gründungsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n 43 weitere Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verei-<br />

ne bei. Analog entstan<strong>de</strong>n viele Damenabteilungen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verei-<br />

nen. 657<br />

5.4.2 „Auf Fahrt“ mit <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsgründung gelang es <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zunehmend besser,<br />

ihre persönlichen Interessen und Vorstellungen in <strong>de</strong>n Bereichen Regatta-<br />

wesen, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Skullen und Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, sowie Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n durch-<br />

zusetzen. 658 Das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> von vielen Verbandsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n als<br />

die wahre und vor allem angemessene Betätigungsform empfun<strong>de</strong>n. Den-<br />

652<br />

SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 521.<br />

653<br />

Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 35.<br />

654<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 93.<br />

655<br />

Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 35.<br />

656<br />

Vgl. ebenda. Welche Art von Rennen Lehmann erwähnt, gibt die Aktenlage nicht her.<br />

657<br />

Vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 95.<br />

658<br />

Zwar stand zunächst das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund, allerdings wuchs langsam ein<br />

verstärktes Interesse am Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n respektive direktem Leistungsvergleich. Vgl. hierzu<br />

die <strong>Aus</strong>führungen zur Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Kap. 5.6.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 164<br />

noch wur<strong>de</strong> anfänglich primär das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t, in <strong><strong>de</strong>m</strong> immer häufi-<br />

ger Wettbewerbe durchgeführt wur<strong>de</strong>n. 659<br />

Darüber hinaus veranstaltete <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband regelmäßig Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten. Zu-<br />

nächst beschränkten sich die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen dabei auf die Gewässer von Berlin<br />

und Mecklenburg. Im Jubiläumsjahr 1929 wur<strong>de</strong> vom Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ausschuss eine<br />

elftägige Weserfahrt organisiert, die von 14 Verbandsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n gemeistert<br />

wur<strong>de</strong>. Neben <strong>de</strong>n Vereinen aus Königsberg und Hamburg nahmen noch<br />

vier Berliner Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine teil. 660 Die erru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Kilometer waren be-<br />

achtlich. So wird über einzelne Tagesetappen von 65 und sogar 71 km be-<br />

richtet. Trotz<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht übertrieben. War es zu heiß o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

waren die Damen „nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Stimmung“, wur<strong>de</strong> das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n unterbrochen<br />

und ein Ruhetag eingelegt, „<strong>de</strong>n je<strong>de</strong> nach ihrem Geschmack durch Schla-<br />

fen, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ba<strong>de</strong>n auszuwerten versuchte“ 661 . Neben <strong>de</strong>n langen<br />

Strecken war auch das Schleusen o<strong><strong>de</strong>r</strong> ein Transport <strong><strong>de</strong>r</strong> Boote an schwieri-<br />

gen Wasserstellen <strong>für</strong> Frauen kein Problem. Die Aben<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n stets in<br />

„geselliger Run<strong>de</strong>“ verbracht. Dabei gab es nicht nur ein lustiges und ge-<br />

meinsames „Kochen und Brutzeln“, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch Singen, Lesen und Bei-<br />

sammensein. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s das erfolgreiche Schleusen wur<strong>de</strong> je<strong>de</strong>s Mal mit<br />

einem Lied gefeiert: „Es ist ja alles gut gegangen, hip hip hurra!“ 662 Neben<br />

diesen Vergnügungstouren gab es Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten, die als Wettbewerbe an-<br />

gesetzt wur<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>nen beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s eifrige Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen mit einem silbernen<br />

Anhänger mit Wimpel ausgezeichnet wur<strong>de</strong>n. 663<br />

Verbandswan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten sind bis heute fester Bestandteil im DRV. Darunter<br />

gibt es explizit ausgewiesene Frauen-Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten, die sich großer Be-<br />

liebtheit erfreuen.<br />

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt <strong>de</strong>s DDRV lag darin, <strong>de</strong>n Bekanntheitsgrad<br />

<strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zu erhöhen. Hierzu wur<strong>de</strong> in langwieriger Arbeitsdauer<br />

Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 30er Jahre ein Werbefilm produziert, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Titel „Auf Fahrt<br />

gehn!“ trug. 664 Ziel war es, <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport in seiner ganzen Natürlichkeit<br />

659<br />

Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 36.<br />

660<br />

Vgl. CH. WENDT, „Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-Rvb. auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Weser im Juli 1929“,<br />

in: Wassersport 48(1930)5, S. 75.<br />

661<br />

Ebenda.<br />

662<br />

Ebenda, S. 76.<br />

663<br />

Vgl. B. PALLY, „Vom <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband“, in: Wassersport 41(1923)36, S.<br />

702.<br />

664<br />

Vgl. F. BALDUS, „Auf Fahrt gehn!“, in: Wassersport 48(1930)49, S. 1147.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 165<br />

darzustellen. Der Film gab das „sonnige, lachen<strong>de</strong> Leben <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong>“ und [war] „von schönen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>artigen und wirksamen Heimatbil<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

umrahmt“. 665 In vielen Szenen kam das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zum <strong>Aus</strong>druck, aller-<br />

dings wur<strong>de</strong> auch das rege Treiben auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Regattaplatz dargestellt. Vor<br />

allem aber porträtierte <strong><strong>de</strong>r</strong> Film das freundschaftliche Element innerhalb <strong>de</strong>s<br />

Verban<strong>de</strong>s, und so gab es viele Aufnahmen von Lagerfahrten, Bootshaus-<br />

weihen, Bootstaufen und <strong><strong>de</strong>r</strong>gleichen mehr. En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 30er Jahre gab <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband einen zweiten Film mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Titel „Sonntags bei Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“ in<br />

Auftrag. Darin wur<strong>de</strong>n Mädchen und Frauen gezeigt, die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bislang nur<br />

vom Hörensagen kannten. Diese gehen sonntags früh in ein Bootshaus und<br />

sehen anschließend <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bei ihrer Morgenwäsche am Brunnen<br />

und beim folgen<strong>de</strong>n fröhlichen Kaffeetrinken zu. 666 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> zeigte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Film, wie Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen unterrichtet wer<strong>de</strong>n und Fortgeschrittene <strong>für</strong> die Wett-<br />

kämpfe im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, aber auch im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n trainieren. Insgesamt unter-<br />

schei<strong>de</strong>t sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Film nur wenig von seinem Vorgänger, allerdings wird in<br />

„Sonntags bei <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“ im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> nationalsozialistischen I<strong>de</strong>olo-<br />

gie die Aufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Frau als Hüterin <strong>de</strong>s Lebens ausführlicher<br />

dargestellt. Daneben wur<strong>de</strong> aber auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Rechnung getragen. Allerdings sollte <strong><strong>de</strong>r</strong> Film dabei vor allem vermitteln,<br />

dass Leibesübungen – insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n – eine aktive Rolle <strong>für</strong> die<br />

Kulturaufgabe <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Volkes spielen, da diese zur Erhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ge-<br />

sundheit und zur Vollendung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schönheit dienten. Alle <strong>de</strong>utschen Frauen,<br />

so die <strong>Aus</strong>sage <strong>de</strong>s Films, müssten dieser Aufgabe nachkommen. Der Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>sport war mit seinen bekannten Vorzügen da<strong>für</strong> beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s gut geeignet.<br />

Einen wichtigen Erfolg konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband 1926 erzielen, als Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

trotz großen Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stan<strong>de</strong>s und vorher gescheiterter Anträge in die Bedin-<br />

gungen <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Sportabzeichens aufgenommen wur<strong>de</strong>. Bereits im<br />

ersten Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Zulassung bestan<strong>de</strong>n zehn Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s die<br />

Prüfung im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und 25 weitere die Prüfung im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n „mit Erfolg“. 667<br />

1929 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>wart-Lehrgang <strong>für</strong> Frauen auf Initiative <strong>de</strong>s<br />

DDRV angeboten. Da <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband im Vorfeld nicht <strong>de</strong>n DRV informiert hatte,<br />

665<br />

Ebenda.<br />

666<br />

Vgl. [W-n.], „Sonntags bei <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Ein neuer Werbefilm <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“,<br />

in: Wassersport 54(1936)51, S. 1133.<br />

667<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Jahreshauptversammlung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Verban<strong>de</strong>s“, in: Wassersport 48(1930)6, S. 93.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 166<br />

kam es allerdings bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchführung <strong>de</strong>s Lehrgangs zu erheblichen Ver-<br />

zögerungen und Problemen, da viele Vereine sowohl Anfänger als auch<br />

Fortgeschrittene entsandten. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> gab es Differenzen zwischen <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

DDRV und <strong><strong>de</strong>r</strong> von <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Hochschule <strong>für</strong> Leibesübungen entsand-<br />

ten Lehrkraft. Als Folge dieser Probleme wur<strong>de</strong> die erste Fortbildung als völ-<br />

liger Misserfolg gewertet. 668 Der DDRV wählte die Inhalte <strong><strong>de</strong>r</strong> folgen<strong>de</strong>n<br />

Lehrgänge daraufhin sorgfältig aus und passte sie <strong>de</strong>n weiblichen Bedürfnis-<br />

sen an. Das Angebot <strong>für</strong> die Teilnehmerinnen war groß. Speziell geschulte<br />

Fachkräfte gaben zum Beispiel eine ausführliche Einführung in die Boots-<br />

baukun<strong>de</strong>. Diese umfasste Informationen über die Bauart <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootstypen,<br />

die Bauart und das Bauholz <strong><strong>de</strong>r</strong> Riemen und Skulls, Abmessungen <strong><strong>de</strong>r</strong> In-<br />

nen- und Außenhebel, Beschaffenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>leger und Dollen, eine Einfüh-<br />

rung in die Richtlinien zur Bestellung und Abnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Boote sowie die<br />

Vermittlung <strong><strong>de</strong>r</strong> fachmännischen Bezeichnungen. Ergänzt wur<strong>de</strong>n diese<br />

Bootsbauseminare mit Vorträgen und Unterweisungen in <strong>de</strong>n Bereichen<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Jugend- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Erste Hilfe bei Sportverletzun-<br />

gen, Massage und Rettungsschwimmen. Im Anschluss an die praktischen<br />

Lehrstun<strong>de</strong>n in allen Bootsklassen wur<strong>de</strong>n praktische Prüfungen abgenom-<br />

men. Die Praxis umfasste eine vollständige Vermittlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfängermetho-<br />

dik. Neben Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>unterricht im Kasten wur<strong>de</strong>n die allgemeinen Übungen im<br />

Boot durch Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ergänzt. Zusätzlich gab es eine Ta-<br />

gesfahrt in die östlichen und westlichen Gewässer Berlins. Die Teilnahmege-<br />

bühr <strong>für</strong> die gesamte Veranstaltung betrug 42 Deutsche Mark, wobei nicht in<br />

Berlin wohnen<strong>de</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen einen Kilometerzuschuss und 2,50 Deutsche<br />

Mark Tagesgeld vom DDRV erhielten. Die alternative Übernachtung im<br />

Bootshaus kostete nur 80 Pfennig, <strong>für</strong> Frühstück und Mittagessen sorgte die<br />

Frau <strong>de</strong>s Hausmeisters im Berliner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club. 669<br />

In <strong>de</strong>n Wintermonaten bot <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV <strong>für</strong> seine Berliner Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine<br />

alternative Trainingsmöglichkeiten an. Neben Turn- und Gymnastikaben<strong>de</strong>n<br />

sowie gesellschaftlichen Zusammenkünften versuchten die Organisatoren<br />

lange, ein Schwimmbad <strong>für</strong> verbandsinterne Aben<strong>de</strong> zu mieten. Da dies je-<br />

doch nicht gelang, wur<strong>de</strong> dieses Vorhaben schließlich ganz aufgegeben. 670<br />

668 Vgl. ebenda.<br />

669 B. PALLY, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>wart-Lehrgang <strong>für</strong> Frauen“, in: Wassersport 49(1931)29, S. 664.<br />

670 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 167<br />

Des Weiteren bemühte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband um eine bessere Kooperation <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vereine und veranstalte je<strong>de</strong>n Winter ein großes Fest.<br />

Erwähnenswert ist <strong><strong>de</strong>r</strong> so genannte Sonntagswettbewerb 671 , bei <strong><strong>de</strong>m</strong> an ins-<br />

gesamt 25 Sonntagen 20 Tagestouren von über 30 km Länge geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer-<br />

<strong>de</strong>n mussten. Ebenfalls großer Beliebtheit erfreuten sich die Veranstaltungen<br />

im Dauerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Hier kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass die Damen gut mit <strong>de</strong>n<br />

Herren mithalten konnten und sich vor allem durch eine exzellente Wasser-<br />

arbeit und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik auszeichneten. Bei einer Veranstaltung auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Elbe<br />

bei Dres<strong>de</strong>n benötigte <strong><strong>de</strong>r</strong> schnellste Damenvierer 1:18 h <strong>für</strong> eine Strecke<br />

von 20 km. Die Herrenboote erreichten das Ziel nicht wesentlich schneller,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Durchschnitt lag bei 1:11 h. 672<br />

Je<strong>de</strong> Saison wur<strong>de</strong> mit einem großen Abru<strong><strong>de</strong>r</strong>n abgeschlossen. Dabei war<br />

fast je<strong>de</strong>s Jahr das Dauerstilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Höhepunkt aller jährlichen Veranstal-<br />

tungen. Die teilnehmen<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen empfan<strong>de</strong>n das Dauerstilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als<br />

schwieriger als die Grünauer Regatta, „da <strong><strong>de</strong>r</strong> Körper das Training <strong>de</strong>s<br />

Sommers hinter sich hat“. 673 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang<br />

die Länge <strong><strong>de</strong>r</strong> Strecke: Es galt, 6,5 km zurückzulegen. 674<br />

5.4.3 „Unruhiges Fahrwasser“ – Das Verhältnis zwischen Damen- und<br />

Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

Der DRV ignorierte lange Zeit das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. So wur<strong>de</strong>n die ersten Ver-<br />

eine we<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-Festschrift zum 25-jährigen Jubiläum 1908 noch in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> zehn Jahre später erschienen erwähnt. 1919 kam es zum ersten offiziel-<br />

len Kontakt, als <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV während <strong>de</strong>s 21. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tages in Berlin vergeblich<br />

die Aufnahme in <strong>de</strong>n DRV beantragte. Die ablehnen<strong>de</strong> Entscheidung <strong>de</strong>s<br />

DRV wur<strong>de</strong> folgen<strong><strong>de</strong>r</strong>maßen zum <strong>Aus</strong>druck gebracht:<br />

„Der Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband übernimmt keine Verpflichtung, die<br />

Angelegenheiten <strong>de</strong>s Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Die Aufnahme<br />

von selbständigen Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen sowie von Verbän<strong>de</strong>n<br />

solcher Vereine wird abgelehnt.“ 675<br />

671<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 56.<br />

672<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Die Damen beim Dauerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 43(1925)43, S.<br />

1187.<br />

673<br />

Ebenda.<br />

674<br />

Vgl. B. PALLY, „Vom <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband“, in: Wassersport 41(1923)36, S.<br />

702.<br />

675<br />

[ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Wassersport 51(1933)4, S. 55.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 168<br />

Fortan entwickelten sich die bei<strong>de</strong>n Organisationen unabhängig voneinan-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>, wobei <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV die Frauenabteilungen in <strong>de</strong>n Vereinen tolerierte, aller-<br />

dings keine Vollmitgliedschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zuließ. Dies führte dazu, dass<br />

die weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> an die Gesetze und Bestimmungen <strong>de</strong>s Herrenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s gebun<strong>de</strong>n waren. Das hatte zur Folge, dass sie nicht auf Ver-<br />

bandsregatten starten konnten, da Frauenrennen nicht ausgeschrieben<br />

wur<strong>de</strong>n. Den weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine blieb die Teil-<br />

nahme an Regatten also verwehrt, da sie auch auf DDRV-Regatten nicht<br />

starten durften. 676<br />

Hierzu fand sich im DRV-Grundgesetz dieser Eintrag:<br />

7:[1]: ...“Verbandsvereine sowie <strong><strong>de</strong>r</strong>en Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> dürfen in<br />

Deutschland nur an solchen offenen Rennen teilnehmen, die von<br />

Verbandsvereinen veranstalten wer<strong>de</strong>n. Mit <strong>de</strong>utschen Nicht-<br />

Verbandsvereinen dürfen sie in Deutschland nur dann Wettfahrten<br />

abhalten, wenn da<strong>für</strong> we<strong><strong>de</strong>r</strong> Preise noch Ehrenzeichen ausgesetzt<br />

sind. [...] [2]: Regelmäßig wie<strong><strong>de</strong>r</strong>kehren<strong>de</strong>, frei vereinbarte Rennen<br />

mit <strong>de</strong>utschen Nicht-Verbandsvereinen sind verboten.“ 677<br />

Die Entwicklung <strong>de</strong>s allgemeinen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns wur<strong>de</strong> durch diese Spaltung<br />

erneut stark gehemmt, da es in bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong>n differieren<strong>de</strong> Meinungen<br />

bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Technikvermittlung und <strong><strong>de</strong>r</strong> allgemeinen Organisation gab.<br />

Im Frühjahr 1926 fasste <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertreterinnentag <strong>de</strong>n Beschluss, eine Arbeits-<br />

gemeinschaft mit <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV zu grün<strong>de</strong>n, um auf diese Weise die <strong>Aus</strong><strong>de</strong>h-<br />

nung <strong>de</strong>s gesamten Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und letztlich die Aufnahme in <strong>de</strong>n<br />

Verband zu erzielen.<br />

„Der Vertreterinnentag heißt die Anstrebung einer Arbeitsgemeinschaft<br />

mit <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband <strong>für</strong> gut und beauftragt<br />

die Verbandsleitung die Verhandlungen in diesem Sinne weiterzuführen.“<br />

678<br />

Vorangegangen war die Aufnahme <strong>de</strong>s DDRV in <strong>de</strong>n <strong>Deutschen</strong> Reichs-<br />

ausschuß <strong>für</strong> Leibesübungen im Jahr 1925. An dieser Stelle konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV<br />

die wachsen<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung und Popularität <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns nicht mehr<br />

länger ignorieren, wollte er seine Glaubwürdigkeit nicht verlieren. Der dama-<br />

676<br />

DEUTSCHER RUDERVERBAND (Hrsg.), 50 Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 55.<br />

677<br />

DEUTSCHER RUDERVERBAND (Hrsg.), „Verbandsgesetze 1925“, zitiert nach: BECKER, Mit<br />

Rock und Riemen, S. 59.<br />

678<br />

[ohne Verfasser], „Vom <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband. <strong>Aus</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Geschäftsbericht“,<br />

in: Wassersport 44(1926)8, S. 114.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 169<br />

lige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s DRV, Oskar Ruperti, hatte bereits seine Unterstützung<br />

signalisiert und auch bei seinen Verbandskollegen um Zustimmung gewor-<br />

ben. Zum Kölner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag wur<strong>de</strong> schließlich folgen<strong>de</strong>n Anträgen zuge-<br />

stimmt:<br />

„Antrag <strong>de</strong>s <strong>Aus</strong>schusses zu 4 GG:<br />

Absatz 2 enthält folgen<strong>de</strong> Fassung: Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong>, Schüler-<br />

und Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> sowie Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> sind<br />

<strong>de</strong>n Regattavereinen gleichgestellt.<br />

Absatz 3 enthält folgen<strong>de</strong> Fassung: Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine, Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine<br />

und Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine können nicht Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s<br />

D.R.Vb. sein.“ 679<br />

Schließlich wur<strong>de</strong> am 26. März 1927 <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV in <strong>de</strong>n DRV aufgenommen,<br />

allerdings erhielt er nur <strong>de</strong>n Status eines Regattavereins. Die Vollmitglied-<br />

schaft erhielt <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV erst sechs Jahre später. Die Begründung lässt ver-<br />

muten, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV das Steuer nicht aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Hand geben wollte:<br />

„Sie fin<strong>de</strong>n bei dieser Gelegenheit auch noch das Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

aufgeführt. Ein Antrag irgen<strong>de</strong>ines Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, in<br />

<strong>de</strong>n <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband aufgenommen zu wer<strong>de</strong>n, liegt<br />

nicht vor, ebenso keine praktische Notwendigkeit, darüber zu entschei<strong>de</strong>n.<br />

Wir haben geglaubt, diesen Punkt mit aufnehmen zu<br />

sollen. Der <strong>Aus</strong>schuß <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s steht auf<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Standpunkt, daß eine Verbindung <strong>de</strong>s Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns mit<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n seine ungeheuren Gefahren mit sich bringt<br />

[...].“ 680<br />

Um die Kooperation und Kommunikation zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong>n zu<br />

verbessern, wur<strong>de</strong> im März 1928 <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterausschuß <strong>für</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ge-<br />

grün<strong>de</strong>t, <strong><strong>de</strong>m</strong> einschließlich <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n vier Männer und vier Frauen<br />

angehörten. Zu <strong><strong>de</strong>m</strong> Gremium zählten Hermann Altrock, Berta Pally und<br />

Frau Keller als Vertreter <strong>de</strong>s DDRV sowie Emil Driebusch, Hugo Polinski,<br />

Frau Ahlhelm und Frau Bail vom DRV. Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Bestimmungen mussten<br />

alle <strong>Aus</strong>schüsse von einem Mann geleitet wer<strong>de</strong>n, so dass zunächst Herr<br />

679<br />

[ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Wassersport 44(1926)32, S. 1156, zitiert nach: BECKER,<br />

Mit Rock und Riemen, S. 60.<br />

680<br />

DEUTSCHER RUDERVERBAND (Hrsg.), 50 Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 56.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 170<br />

Scholz, später Ernst Gerson die Funktion <strong>de</strong>s Gremiumsleiters übernah-<br />

men. 681<br />

Der UAF orientierte sich im Wesentlichen an <strong>de</strong>n festgelegten Zielen <strong>de</strong>s<br />

DDRV und arbeitete primär an <strong><strong>de</strong>r</strong> Anpassung <strong><strong>de</strong>r</strong> Allgemeinen Wettfahrtbe-<br />

stimmungen an die neu geschaffenen Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung ergab sich aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache, dass mehr Re-<br />

gatten ausgeschrieben wer<strong>de</strong>n konnten, da <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV <strong>de</strong>n Regattavereinen<br />

empfahl, entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> reine Frauenregatten o<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenwettbewerbe im An-<br />

schluss an Herrenrennen zu veranstalten. Für die Frauen ergaben sich da-<br />

durch ganz neue und vielfältige Startmöglichkeiten, vor allem aber<br />

erleichterte diese Empfehlung die Organisation <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettbewerbe und Regat-<br />

ten ganz erheblich. 682 Da <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV weiterhin auch eigene Verbandsregatten<br />

durchführte, ergab sich <strong>für</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ein immer umfangreicherer,<br />

<strong>de</strong>utschlandweiter Regattakalen<strong><strong>de</strong>r</strong> und damit zwangsläufig auch mehr<br />

Trainingsanreiz. 683<br />

Anfänglich profitierte davon nur das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n fiel <strong>de</strong>n<br />

DRV-Gesetzen zum Opfer, da Verbandsvereine nur gegen an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Ver-<br />

bandsvereine ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n durften. „Die Vereine <strong>de</strong>s DDRV aber waren nur über<br />

<strong>de</strong>n im Rang eines Regattaverban<strong>de</strong>s stehen<strong>de</strong>n DDRV <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV ange-<br />

schlossen und konnten laut Gesetz auch nicht Einzelmitglied wer<strong>de</strong>n.“ 684<br />

Diese Tatsache führte zu einer klaren Benachteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ver-<br />

eine, da laut DRV-Grundgesetz je<strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein <strong>für</strong> je 50 Ehrenmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

und Aktive und <strong>für</strong> je 200 unterstützen<strong>de</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> eine Stimme besaß. Re-<br />

gattavereine wur<strong>de</strong>n pauschal mit zwei Stimmen bedacht. Der eigenständige<br />

Gestaltungsspielraum <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen war minimal, zumal auch die Be-<br />

schlüsse <strong>de</strong>s UAF <strong><strong>de</strong>r</strong> Zustimmung <strong>de</strong>s Verbandsausschusses bedurften.<br />

Je<strong><strong>de</strong>r</strong> mittelgroße Männerru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein verfügte über mehr Einfluss bei <strong>de</strong>n<br />

681 Vgl. [ohne Verfasser], „Kurzer Bericht über die Hauptversammlung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s<br />

am 28. Januar 1928 im soz.-pol. Saal <strong>de</strong>s Reichswirtschaftsrats“,<br />

in: Wassersport 46(1928)6, S. 87.<br />

682 Am schnellsten reagierte <strong><strong>de</strong>r</strong> Lübecker Regatta-Verein, <strong><strong>de</strong>r</strong> bereits 1928 die erste Frauen-Regatta<br />

im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n abhielt. Ein Jahr später folgte <strong><strong>de</strong>r</strong> Allgemeine Alster-Club in<br />

Hamburg.<br />

683 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 62.<br />

684 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 171<br />

Abstimmungen. Dies führte dazu, dass die Stimmenmehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer zu<br />

einer Bedrohung <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstständigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen wur<strong>de</strong>. 685<br />

Die nächsten Jahre waren gekennzeichnet von einer erbitterten Kontroverse,<br />

die sich einerseits um die Frage drehte, ob die Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei sich selbst<br />

überlassen wer<strong>de</strong>n konnte, und zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en, welche Art von Wettbewerb<br />

<strong>de</strong>n Frauen zuzumuten sei. 686<br />

Unbestritten ist, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV die Arbeit <strong>de</strong>s DDRV zur För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland anerkannte. Allerdings war <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV nach<br />

Ernennung <strong>de</strong>s DDRV als Regattaverein sehr daran gelegen, die weiteren<br />

Geschicke <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns mitzugestalten beziehungsweise mitzube-<br />

stimmen. Hierzu fin<strong>de</strong>t sich 1930 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Wassersport <strong><strong>de</strong>r</strong> folgen<strong>de</strong><br />

Eintrag:<br />

„Es darf betont wer<strong>de</strong>n, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband<br />

mit seinen jetzt fast 50 Vereinen nicht so unfruchtbar gearbeitet<br />

hat, wie es mancher hinzustellen <strong>für</strong> nötig hält, und daß es wohl<br />

nicht das schlechteste wäre, die Weiterentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei <strong>de</strong>n Frauen selbst zu überlassen. [...] so än<strong><strong>de</strong>r</strong>t das<br />

nichts an <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband<br />

<strong>de</strong>n Grundstock zur Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei geschaffen hat [...].“ 687<br />

Die Arbeitsweise und -möglichkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen wur<strong>de</strong>n stark vom Verband<br />

eingegrenzt, da dieser sowohl <strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n als auch die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> stell-<br />

te beziehungsweise einsetzte. Es muss festgestellt wer<strong>de</strong>n, dass die Frauen<br />

durch diese Politik nicht einmal in ihrem eigenen <strong>Aus</strong>schuss – <strong><strong>de</strong>m</strong> UAF –<br />

die Mehrheit hatten. Für <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Karlsruhe wur<strong>de</strong>n seitens <strong>de</strong>s DRV<br />

Anträge zur Vorlage vorbereitet, die das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zum Verbandsziel<br />

erklären und <strong>de</strong>n Frauenvereinigungen auf diese Weise <strong>de</strong>n Beitritt zum<br />

DRV ermöglichen sollten. Diese Absichten fan<strong>de</strong>n nicht die Zustimmung <strong>de</strong>s<br />

DDRV, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n lösten große Empörung und Protest aus. Ganz klar erkann-<br />

ten die Frauen in dieser Situation, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV aus finanziellen und nicht<br />

aus i<strong>de</strong>ologischen Motiven die Vereine <strong>de</strong>s DDRV an sich bin<strong>de</strong>n wollte.<br />

Hermann Altrock unterbreitete daher einen Gegenvorschlag, <strong><strong>de</strong>r</strong> vorsah, alle<br />

Damenabteilungen <strong>de</strong>s DRV <strong><strong>de</strong>m</strong> DDRV zuzuführen. Nur auf diese Art und<br />

Weise könnte die von allen Seiten gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>te selbstständige Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

685 Vgl. ebenda.<br />

686 Vgl. hierzu die Anmerkungen in Kap. 5.6 zur Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns.<br />

687 F. BALDUS, „Tagung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verban<strong>de</strong>s“, in: Wassersport<br />

48(1930)44, S. 1015.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 172<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns aufrechterhalten wer<strong>de</strong>n. 688 Ferner for<strong><strong>de</strong>r</strong>te er, dass alle von<br />

<strong>de</strong>n Frauen geleisteten Beiträge <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zugeführt wer<strong>de</strong>n müss-<br />

ten, unter Abzug einer Verwaltungsgebühr, die an die Geschäftstelle <strong>de</strong>s<br />

DRV fallen solle. Umso wichtiger erscheint allerdings die Tatsache, dass<br />

Hermann Altrock, <strong><strong>de</strong>r</strong> fast durchgängig <strong>de</strong>n Vorsitz <strong>de</strong>s DDRV inne hatte,<br />

for<strong><strong>de</strong>r</strong>te, dass eine Frau die Geschicke <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s leiten sollte:<br />

„Als Vertreterinnen im großen <strong>Aus</strong>schuß <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s<br />

hätte folgerichtig eine Dame zu fungieren. Es ist dabei<br />

selbstverständlich, daß sie nur an Sitzungen dieses <strong>Aus</strong>schusses<br />

teilnehmen wird, die entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> allgemeine, die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei angehen<strong>de</strong><br />

Fragen betreffen, o<strong><strong>de</strong>r</strong> aber Berührungspunkte erledigt, die die<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamtheit <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s<br />

hat.“ 689<br />

Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Karlsruhe 1930 wur<strong>de</strong>n Altrocks Vorschläge angenom-<br />

men. Der DDRV sah sich dadurch einer neuen Problematik gegenüber. Seit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s 1919 beschränkten sich die Mitgliedschaft und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Großteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Aktivitäten auf <strong>de</strong>n Berliner Raum. Für „Vereine aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Provinz“ ergab sich durch einen Beitritt zum DRV daher ein klarer Vorteil, da<br />

sich ihnen in <strong><strong>de</strong>r</strong> näheren Umgebung mehr Möglichkeiten erschlossen. Eine<br />

Doppelmitgliedschaft in bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong>n musste allerdings ausgeschlos-<br />

sen wer<strong>de</strong>n, da die finanzielle Belastung <strong>für</strong> die Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine zu groß<br />

gewesen wäre.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Fachzeitung Wassersport entbrannte zu diesem Thema eine hitzige<br />

Diskussion. Die „kleineren Vereine aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Provinz“ fühlten sich von <strong>de</strong>n ih-<br />

rer Meinung nach überheblich agieren<strong>de</strong>n Berliner Vereinen gegängelt und<br />

bevormun<strong>de</strong>t und sprachen sich <strong>de</strong>utlich <strong>für</strong> einen DRV-Beitritt aus.<br />

Die 175 Frauenabteilungen im DRV verfügten 1932 über 4.000 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>,<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> stan<strong>de</strong>n 50 DDRV-Vereine mit ca. 8.000 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n gegenüber. In <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zeitschrift Wassersport wur<strong>de</strong> immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> kritisch angemerkt, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Verband sich nicht um die „Provinzvereine“ kümmern wür<strong>de</strong>. Natürlich könn-<br />

ten Vereine aus Städten wie Dres<strong>de</strong>n, Leipzig, Lübeck, Kassel, Hamburg,<br />

Königsberg und Karlsruhe nach Berlin zu <strong>de</strong>n Verbandsregatten fahren. Das<br />

sei <strong>de</strong>n kleineren Vereinen nicht möglich. Die Grün<strong>de</strong>, die angeführt wur<strong>de</strong>n,<br />

688 Vgl. H. ALTROCK, „Das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1930“, in: Wasser-<br />

sport 48(1931)41, S. 1017.<br />

689 Ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 173<br />

waren vielseitig. Zum einen konnten diese Vereine die hohen Reise- und<br />

Transportkosten nicht aufbringen, zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en fühlten sich die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Provinz vom Verband nicht ernst genommen. Letzteres hing vor al-<br />

lem mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorwurf <strong>de</strong>s „Provinzru<strong><strong>de</strong>r</strong>stils“ 690 zusammen, <strong><strong>de</strong>r</strong> zu weit von<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> patentierten „Berliner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>stil“ 691 abweichen wür<strong>de</strong>.<br />

Innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Reihen gab es heftige Kritik an <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit <strong>de</strong>s DDRV.<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s die Konzentration auf das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> hinterfragt, nach<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

festgestellt wor<strong>de</strong>n war, dass viele jungen Mädchen prinzipiell am Rennru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n interessiert waren und nur <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV sich dieser Entwicklung verschlie-<br />

ßen wür<strong>de</strong>. Als einer <strong><strong>de</strong>r</strong> wenigen Vereine widmete sich die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege<br />

„Walküre“ <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Hochschule <strong>für</strong> Leibesübungen in Berlin unter <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Führung von Hugo Borrmann fast ausschließlich <strong><strong>de</strong>m</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Von vie-<br />

len Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen wur<strong>de</strong> außer<strong><strong>de</strong>m</strong> bestätigt, dass sie kein Problem damit hät-<br />

ten, von <strong>de</strong>n Männern das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Rennboot zu erlernen. Auch hier war<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> hemmen<strong>de</strong> Faktor <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV, da mit Margarete Güssow eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in<br />

die Verhandlungen mit <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV führte, die das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gegenüber<br />

allen er<strong>de</strong>nklichen Wettkampfformen favorisierte und Rennen <strong>für</strong> Frauen<br />

schlichtweg ablehnte. Sehr überzeugend erscheint aus heutiger Sicht das<br />

Argument, dass die meisten Frauen kein Problem damit hätten, Männer um<br />

Hilfe zu bitten. Das Verhältnis zwischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern war au-<br />

ßerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauptstadt offensichtlich ein gesun<strong>de</strong>s. „Wir wollen nicht nach<br />

Berlin“, war die einhellige Meinung, <strong>de</strong>nn die Interessen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Provinz wür<strong>de</strong>n am besten vor Ort als Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> in einem Männerru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

verein wahrgenommen. 692 Es ginge auch nicht darum, ein Frauenkloster<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> eine Männerkaserne zu sein, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n vielmehr eine Familie. Schließlich<br />

wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Damen in Berlin süffisant empfohlen, man möge doch einen Ber-<br />

liner Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein grün<strong>de</strong>n, mit einem Mann als Vorsitzen<strong>de</strong>n. 693<br />

Der DDRV wur<strong>de</strong> aufgrund dieser Art von Kritik aktiv und beschloss einen<br />

ständigen Wechsel <strong>de</strong>s Tagungsortes, um die Vorrangstellung Berlins zu<br />

vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> entschie<strong>de</strong>n, zukünftig auch Regatten außer-<br />

halb Berlins finanziell zu unterstützen. Auf <strong>de</strong>n Vorwurf, <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband wür<strong>de</strong><br />

690 E. GROßMANN, „Zur Lage im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Eine Stimme aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Provinz“, in: Wasser-<br />

sport 50(1932)45, S. 886.<br />

691 Ebenda.<br />

692 Vgl. ebenda.<br />

693 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 174<br />

sich <strong><strong>de</strong>m</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n verschließen, reagierten die Verantwortlichen diploma-<br />

tisch. Der Verband halte das Skullen <strong>für</strong> Frauen zwar <strong>für</strong> die bessere Tech-<br />

nik, das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wer<strong>de</strong> zukünftig aber nicht mehr kritisiert. 694 Die<br />

Haltung ist vor allem <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache zuzuschreiben, dass zu wenige Rennboo-<br />

te zur Verfügung stan<strong>de</strong>n und insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Rennboote <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Skullbereich<br />

beziehungsweise <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport fehlten.<br />

Die Gespräche kamen zwischen 1931 und 1932 fast zum Erliegen, da <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Verbandsausschuss auf eine Art Verzögerungstaktik setzte, um die Be-<br />

schlüsse <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tages abzuwarten. Dieses war möglich, da sich die DRV-<br />

Verantwortlichen uneinig waren, ob die Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerbe „als offene<br />

Wettfahrt im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> A.W.B.“ 695 anzusehen seien. Sollte dies nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall<br />

sein, dürften Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong> bei Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerben<br />

nicht mehr gegeneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> antreten, was <strong>für</strong> viele Vereine ein herber Rück-<br />

schlag gewesen wäre. Bestätigt fühlte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV in dieser Angelegenheit<br />

durch <strong>de</strong>n Aufnahmeantrag <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege „Walküre”, die nicht auf Rennen<br />

gegen an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Vereine verzichten wollte.<br />

In dieser verfahrenen Situation bot <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV <strong>de</strong>n en bloc- Über-<br />

tritt aller Vereine an, um weiterhin Gesprächsbereitschaft zu signalisieren.<br />

Dies war allerdings an die Bedingung gebun<strong>de</strong>n, dass alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in<br />

einem Verband zusammengeführt wur<strong>de</strong>n, was vom DRV als Überorganisa-<br />

tion abgelehnt wur<strong>de</strong>. „Statt<strong>de</strong>ssen schlug er <strong>de</strong>n Frauenvereinen <strong>de</strong>n DRV-<br />

Beitritt vor, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Regattaprobleme been<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>.“ 696 Des Weiteren wür-<br />

<strong>de</strong>n die Beiträge zu großen Teilen an <strong>de</strong>n UAF weitergeleitet, in <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauen<br />

die Mehrheit haben könnten und außer<strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>de</strong>n Vorsitz aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Kreis <strong>de</strong>s<br />

Verbandsausschusses selbst wählen dürften. Als Perspektive wur<strong>de</strong> angebo-<br />

ten, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV einer eventuellen Verbandsgründung aller Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

nicht im Wege stehen wür<strong>de</strong>. 697<br />

Daraufhin beschloss <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV am 10. Dezember 1932 die en bloc-<br />

Aufnahme in <strong>de</strong>n DRV zu beantragen, die im September 1933 umgesetzt<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

694<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 64.<br />

695<br />

Vgl. ebenda, S. 65.<br />

696<br />

Ebenda, S. 66.<br />

697<br />

Vgl. E. GERSON, „Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband und Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport<br />

50(1932)40, S. 809.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 175<br />

5.4.4 Auflösung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verban<strong>de</strong>s<br />

1930 wur<strong>de</strong> auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Karlsruhe entschie<strong>de</strong>n, dass je<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Mitglied <strong>de</strong>s DRV wer<strong>de</strong>n konnte. 698 In § 2 <strong>de</strong>s DRV-<br />

Grundgesetzes wur<strong>de</strong> die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns als weiteres Ziel<br />

festgelegt. Die Verhandlungen <strong>für</strong> einen Beitritt waren <strong>de</strong>shalb geprägt von<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Angst, die einmal erreichte Selbstständigkeit zu verlieren und zogen sich<br />

bis zur Abstimmung En<strong>de</strong> 1932 hin. 699<br />

Um die Selbstständigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine zu bewahren, wur<strong>de</strong>n 1933<br />

vier Anträge an <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Hamburg gestellt. Diese waren:<br />

1. „Der UA <strong>für</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wird von <strong>de</strong>n auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag<br />

anwesen<strong>de</strong>n Frauen selbst gewählt.<br />

2. Den Vorsitz im UA muss eine Frau führen.<br />

3. Diese Frau wird Mitglied im Gesamtauschuss.<br />

4. Die Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im UA beträgt min<strong>de</strong>stens drei<br />

Viertel.“ 700<br />

Erstmals hielt mit Dr. Margarete Güssow eine Frau eine Re<strong>de</strong> auf <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1933 in Hamburg. Sie setzte mit einem Antrag durch, dass ein 14.<br />

<strong>Aus</strong>schusssitz <strong>für</strong> eine Frau im Verband geschaffen wur<strong>de</strong>. Einstimmig wur-<br />

<strong>de</strong> Berta Pally in diese Funktion gewählt. Gerson als Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s UAF<br />

und Verbandspräsi<strong>de</strong>nt Dr. Pauli hatten <strong>de</strong>n Frauen zuvor geraten, die an<strong>de</strong>-<br />

ren drei Anträge zurückzuziehen, da ansonsten eine Ablehnung durch <strong>de</strong>n<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag mit Sicherheit zu erwarten sei.<br />

Die finanzielle Seite gestaltete sich weiterhin schwierig, da es sich lediglich<br />

um „50 v. H. <strong><strong>de</strong>r</strong> Beiträge, die <strong><strong>de</strong>m</strong> D.Rvb. durch <strong>de</strong>n Eintritt <strong><strong>de</strong>r</strong> bisher nur<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> D.D.Rvb. angeschlossenen Vereine“ 701 han<strong>de</strong>lte. Durch die bereits er-<br />

wähnten Doppelmitgliedschaften fielen lediglich noch 3.000 <strong><strong>de</strong>r</strong> 7.000 Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen unter diese Regelung. Dennoch war die Hoffnung auf eine weitere<br />

698 Vgl. [ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Wassersport 51(1933)4, S. 55.<br />

699 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 95. Schumann datiert das<br />

Datum <strong>de</strong>s Beitritts allerdings in das Frühjahr 1933. Vgl. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg<br />

nach Olympia“, S. 557.<br />

700 [ohne Verfasser], „Hauptversammlung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-Rvb. Die Vereine treten<br />

geschlossen <strong><strong>de</strong>m</strong> D. Rvb. bei“, in: Wassersport 50(1932)50, S. 948.<br />

701 BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 68.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 176<br />

Verbreitung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns stärker ausgebil<strong>de</strong>t als die Unzufrie<strong>de</strong>nheit<br />

über die finanzielle Situation.<br />

Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Vertreterinnentag am 30. September 1933 löste sich <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV,<br />

nach<strong><strong>de</strong>m</strong> sein Vorstand <strong>de</strong>n UAF übernommen hatte, endgültig auf. Die<br />

neuen NS-Strukturen begünstigten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er, da viele <strong>de</strong>utschnational<br />

eingestellt waren.<br />

5.5 Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Nationalsozialismus<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit <strong>de</strong>s Nationalsozialismus kann <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein Auf-<br />

schwung verzeichnet wer<strong>de</strong>n. Dies trifft vor allem <strong>für</strong> die Erweiterung <strong>de</strong>s<br />

Regattakalen<strong><strong>de</strong>r</strong>s zu. Grün<strong>de</strong> sind die nationalsozialistische Frauensporti<strong>de</strong>-<br />

ologie und die damit verbun<strong>de</strong>ne Konzentrierung auf <strong>de</strong>n Wettbewerbsge-<br />

danken sowie die Arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen <strong>Aus</strong>schüsse, die die Interessen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im DRV erfolgreich vertreten konnten. 702<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> i<strong>de</strong>ologisch begrün<strong>de</strong>ten Reduzierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau auf ihre natürliche<br />

Rolle als Mutter und als Erhalterin <strong><strong>de</strong>r</strong> arischen Rasse verlor sie viele Rechte<br />

und Bewegungsfreiräume, die sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Weimarer Republik gera<strong>de</strong> erst er-<br />

worben hatte. Lediglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport, ein wichtiger Eckpfeiler <strong><strong>de</strong>r</strong> NS-<br />

Weltanschauung, bot <strong>für</strong> Frauen ohne Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> gewisse Freiräume.<br />

Die NS-Chefi<strong>de</strong>ologen propagierten ein neues Frauenbild, in<strong><strong>de</strong>m</strong> die Ge-<br />

sundheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau oberste Priorität hatte, immer im Hinblick auf <strong>de</strong>n Erhalt<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> arischen Herrenrasse. Das Wort „Dame“ in all seinen Facetten hatte<br />

ausgedient, da es vom Lateinischen abstammt. Wann immer es möglich war,<br />

wur<strong>de</strong>n Wörter nicht-<strong>de</strong>utschen Ursprungs durch eben solche ersetzt. So<br />

wur<strong>de</strong> beispielsweise aus <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>klub Berlin <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund<br />

Deutscher Frauen Potsdam und aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Lübecker Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Gesellschaft die Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft. Im Zuge dieser Ent-<br />

wicklung wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> UAF 1936 in Abteilung <strong>für</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (AfF) umbe-<br />

nannt. 703 Berta Pally als Vorsitzen<strong>de</strong> dieser Abteilung for<strong><strong>de</strong>r</strong>te sogar noch<br />

mehr als eine reine Namensän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung:<br />

702 An dieser Stelle wird aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Komplexität <strong>de</strong>s Themas auf eine weitere Darstellung<br />

<strong>de</strong>s Wettbewerbgedankens bewusst verzichtet. Dieser Aspekt wird in Kap. 5.6 „Schön<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> schnell?“ – Die Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns vor 1945 explizit aufgegriffen.<br />

703 Die weiteren Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> AfF waren langjährige Wegbegleiterinnen und bekannte Namen<br />

<strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns: Sophie Barrelet, Lotte Clos, Lotte Karich und Charlotte Ahlhelm.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 177<br />

„Darum, meine Sportkameradinnen, haben Sie <strong>de</strong>n Mut, sich auch<br />

rein äußerlich im Namen ihrer Sportvereinigung zu <strong><strong>de</strong>m</strong> neuen<br />

Frauengeschlecht zu bekennen, das an<strong><strong>de</strong>r</strong>s ins Leben blickt als<br />

unsere Mütter. Auch unser Führer und Kanzler ruft uns zu: „Deutsche<br />

Männer und <strong>de</strong>utsche Frauen!“ 704<br />

Das Wort „Dame“ schien in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergangenheit beliebter gewesen zu sein als<br />

das Wort „Frau“. 1930 führten von 42 Verbandsvereinen 26 das Wort „Dame“<br />

im Vereinsnamen und nur sechs das Wort „Frau“. 705 Anfänglich än<strong><strong>de</strong>r</strong>ten<br />

viele Vereine freiwillig ihren Namen, ab 1938 wur<strong>de</strong> die Bezeichnung „Frau“<br />

per Erlass <strong>de</strong>s DRL angeordnet.<br />

Arbeitsschwerpunkte <strong><strong>de</strong>r</strong> AfF lagen vor allem in <strong><strong>de</strong>r</strong> För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Wettru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>bildung von Lehrpersonal. Es galt aber auch, die Ver-<br />

antwortlichen in <strong>de</strong>n Vereinen i<strong>de</strong>ologisch zu schulen, da <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport<br />

beziehungsweise <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> Rasseni<strong>de</strong>ologie vor allem<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Entfaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> physischen Überlegenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> arischen Rasse sowie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Entwicklung kämpferischer Eigenschaften wie Disziplin, Mut, Willensstärke<br />

und Durchsetzungsvermögen dienen sollte. 706<br />

Mit <strong>de</strong>n vermehrten Wettkampfmöglichkeiten stieg die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl in <strong>de</strong>n<br />

Vereinen:<br />

„1934 zählte man 10.000 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, 1938 waren es 13.380 und<br />

im Jahre 1939 stellten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bereits <strong>de</strong>n vierten Teil aller<br />

Aktiven im <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport. Sie ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten zu jener Zeit in 41<br />

selbstständigen Frauen-Vereinen und 475 Abteilungen. Die vier<br />

Friedrichshagener Damen aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Jahr 1901 hatten genau 40<br />

Jahre später 16.000 weibliche Nachkommen neben 40.000 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern.“<br />

707<br />

1944 schied die langjährige Vorsitzen<strong>de</strong> Berta Pally aus gesundheitlichen<br />

Grün<strong>de</strong>n freiwillig aus ihrem Amt. Ihre Nachfolgerin wur<strong>de</strong> Prof. Sophie<br />

Barrelet, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in und Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Clubs:<br />

„An Stelle <strong><strong>de</strong>r</strong> auf ihren Wunsch aus ihrem Amt geschie<strong>de</strong>nen<br />

Reichsfachwartin Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Berta Pally, habe ich auf Vorschlag <strong>de</strong>s<br />

Reichsfachamtsleiters Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Frau Prof. Dr. Sophie Barrelet (24)<br />

Hamburg 20, Woldsenweg 9/III zur K.-Reichsfachwartin Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

704 B. PALLY, „Wie lange noch „Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n?“, in: Wassersport 53(1932)24, S. 490.<br />

705 Vgl. [H., R.], „Frau und Dame“, in: Wassersport 48(1930)27, S. 699.<br />

706 Vgl. VIEZENZ, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, S. 48.<br />

707 SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 590. Lehmann geht in ihrer Chronik von<br />

lediglich 7200 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Jahr 1939 aus. Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 41.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 178<br />

berufen. Der Reichfachwartin Berta Pally danke ich auf diesem<br />

Wege <strong>für</strong> ihre in vielen Jahren geleistete wertvolle Mitarbeit.“ 708<br />

Sophie Barrelet vertrat ab 1944 die Interessen von 20.000 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. 709<br />

Unlösbar miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong> verbun<strong>de</strong>n war die Verbindung von sportlicher Betäti-<br />

gung und weltanschaulicher Erziehung. So berichtete eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in <strong>de</strong>s Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>bun<strong>de</strong>s Deutscher Frauen Potsdam in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Wassersport von<br />

einem Heimabend, <strong><strong>de</strong>r</strong> von allen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu besuchen war und dokumen-<br />

tierte die Unterweisung in Rassenkun<strong>de</strong> durch einen „Dietwart“. Beliebte und<br />

ganz selbstverständlich gewor<strong>de</strong>ne Ergänzungen in allen Vereinen waren<br />

Gymnastik, Waldlauf, gemeinsame Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen, Singen, Handarbeit und<br />

Skilauf, sobald die Schneeverhältnisse dies zuließen, um <strong>de</strong>n Gemein-<br />

schaftssinn zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 710 Blieben die Vereinsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> über Nacht zusam-<br />

men, so ging es morgens noch zur gemeinsamen <strong>Aus</strong>fahrt auf das<br />

Wasser. 711<br />

Es galt die Losung „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“:<br />

„Hat doch je<strong>de</strong>s Mitglied nicht nur Rechte in seinem Verein, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

auch Pflichten. Zu diesen Pflichten gehört die planmäßige<br />

<strong>Aus</strong>übung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports, die wir ‘Pflichtru<strong><strong>de</strong>r</strong>n’ nennen wollen.“<br />

712<br />

Wenn die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gesundheitlich nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage waren, dieser Pflicht<br />

nachzukommen, so wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel ein freiwilliger Arbeitsdienst am<br />

Bootshaus o<strong><strong>de</strong>r</strong> Bootsgerät o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>für</strong> die Gemeinschaft verlangt. Des Weite-<br />

ren galt das Pflichtru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Qualitätssicherung, da aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> höheren<br />

beruflichen Belastung beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in Kriegszeiten weniger Zeit <strong>für</strong> Wettkämpfe<br />

und Training blieb.<br />

Bereits 1939/1940 führten die Verantwortlichen <strong>de</strong>s NSRL <strong>de</strong>n Kriegswinter-<br />

Wettbewerb zur För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Vereinslebens ein. Für Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Trai-<br />

ningsfahrten, Kameradschaftsaben<strong>de</strong>, Arbeitsdienste sowie Verwaltungs-<br />

und Instandhaltungsarbeiten konnten nach einem festgelegten System Punk-<br />

708<br />

A. BREITMEYER, „Berufung“, in: Wassersport 62(1944)5/6, o.A. Ferner persönliche <strong>Aus</strong>kunft<br />

Elfrie<strong>de</strong> Schumann am 24. 7. 2008.<br />

709<br />

Vgl. [S. F.], „Nach Berta Pally nun Sophie Barrelet“, in: Wassersport 62(1944)3, S. 55.<br />

710<br />

Vgl. B. PALLY, „Die Heimatfront <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen steht!“, in: Wassersport 57(1939)40, S.<br />

1002.<br />

711<br />

Vgl. M. HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Winter“, in: Wassersport 53(1935)4, S. 55.<br />

712<br />

C. STILLER, „Führertum und Pflichtru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein“, in: Wassersport<br />

52(1934)14, S. 227.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 179<br />

te erzielt wer<strong>de</strong>n, die entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Einzel- o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch Vereinswertung gutge-<br />

schrieben wur<strong>de</strong>n. Die Vereine, die pro Mitglied zehn Punkte erzielen konn-<br />

ten, erhielten eine Ehrung. 713<br />

„Bei dieser Punktejagd stan<strong>de</strong>n die Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Reihe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Erfolgreichen und die Frauenabteilung ist es, die – zumal jetzt im<br />

Kriege – <strong>de</strong>n Sportbetrieb aufrechterhält.“ 714<br />

Auch wenn die kriegsbedingten Verhältnisse <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb im Allgemei-<br />

nen und das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n durch die stärkere Einbindung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in die<br />

Kriegswirtschaft im Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en erschwerten, wur<strong>de</strong>n viele zusätzliche Aktivi-<br />

täten angeboten.<br />

Bereits seit Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 30er Jahre florierte das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Als durchschla-<br />

gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Erfolg <strong><strong>de</strong>r</strong> AfF muss die <strong>Aus</strong>schreibung und Durchführung <strong>de</strong>s<br />

Reichssiegerwettbewerbes 1937 gewertet wer<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> 1939 zum ersten<br />

Frauen-Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n führte. Im Breitensport bemühten sich die Ver-<br />

eine um die Verbreitung <strong>de</strong>s Reichssportabzeichens, das als <strong>Aus</strong>zeichnung<br />

<strong>für</strong> eine vielseitige, körperliche Leistungsfähigkeit vergeben wur<strong>de</strong>. 715 Dane-<br />

ben wur<strong>de</strong> auch das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit erheblichen Zuschüssen geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t.<br />

So gab es ebenfalls geschlossene Fahrten <strong>de</strong>s BDM und Frauenwan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahr-<br />

ten, die von Lucie Wietholz mehrfach organisiert wur<strong>de</strong>n. 1941 fand diese<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt beispielsweise in Berlin statt, wobei auf <strong><strong>de</strong>r</strong> damals beliebten<br />

Insel Wer<strong><strong>de</strong>r</strong> Quartier bezogen wur<strong>de</strong>. Von hier aus wur<strong>de</strong>n die westlichen<br />

Gewässer Berlins im großen Bogen befahren. 716<br />

In allen Schulformen kam <strong><strong>de</strong>m</strong> Sportunterricht im Nationalsozialismus eine<br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rolle zu, was die Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> wöchentlichen Stun<strong>de</strong>nzahl <strong>de</strong>s<br />

Faches belegt. In Bezug auf das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n kann festgestellt wer<strong>de</strong>n, dass die-<br />

ser Sport auch an die höheren Mädchenschulen gelangte und entsprechend<br />

wur<strong>de</strong>, falls es die äußeren Gegebenheiten zuließen, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>unterricht erteilt.<br />

In <strong>de</strong>n 1941 erschienen Richtlinien zum <strong>Deutschen</strong> Mädchenturnen von<br />

Erich Klinge und Sophie Dapper wird das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Mädchen an <strong>de</strong>n Schu-<br />

713<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 92.<br />

714<br />

Ebenda.<br />

715<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Der Arbeitsplan <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>für</strong> 1942“, in: Wassersport<br />

60(1942)8, S. 118.<br />

716<br />

Vgl. K. HENNING, „Arbeitstagung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“, in: Wassersport 59(1941)18, S. 212.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 180<br />

len und Frauen an Universitäten explizit begrüßt. Dabei wird es allerdings auf<br />

das Skullen als die einzig wahre Bewegungsform reduziert. 717<br />

Obwohl die AfF sehr angestrengt versuchte, das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n weiter zu för-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n und zu verbreiten, scheiterten viele I<strong>de</strong>en und Versuche auch in dieser<br />

Zeit an <strong><strong>de</strong>r</strong> Einstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er. Becker berichtete, dass in <strong>de</strong>n<br />

Vereinen die aktiven Frauen das Gefühl nicht unterdrücken konnten, dass<br />

das Präsidium nur an ihren Mitgliedsbeiträgen interessiert war, und auf <strong>de</strong>n<br />

Regatten äußerten sie vermehrt <strong>de</strong>n Verdacht, dass sie nur als „Regattafüll-<br />

sel“ betrachtet wür<strong>de</strong>n. Kritik wur<strong>de</strong> neben einem mangelhaften und ober-<br />

flächlichen Vereinstraining geübt, sowie an <strong><strong>de</strong>r</strong> unzureichen<strong>de</strong>n<br />

Bereitstellung von geeignetem Bootsmaterial. 718<br />

Für die Zeit <strong>de</strong>s Nationalsozialismus gilt insgesamt, dass trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> Ein-<br />

schränkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau auf ihre Mutterrolle <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutsch-<br />

land eine Kontinuität und sogar eine Weiterentwicklung im Bereich <strong>de</strong>s<br />

Wettkampfwesens nachgewiesen wer<strong>de</strong>n kann. Auch wenn <strong>de</strong>n weiblichen<br />

Leibesübungen zu dieser Zeit als primäres Ziel die Gesun<strong><strong>de</strong>r</strong>haltung im Hin-<br />

blick auf <strong>de</strong>n Erhalt und die Verbreitung <strong><strong>de</strong>r</strong> arischen Rasse zugeschrieben<br />

wer<strong>de</strong>n muss, so sollte die „<strong>de</strong>utsche Frau“ nicht nur anmutig, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

ebenso zäh und willensstark sein und „eiserne Energien“ besitzen. 719<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gleichschaltung aller Vereine bis En<strong>de</strong> 1934, die ohnehin das En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s DDRV be<strong>de</strong>utet hätte, wur<strong>de</strong> alle Entscheidungsgewalt in die Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

damaligen DRV-Präsi<strong>de</strong>nten Heinrich Pauli gelegt. Dieser erkannte früh das<br />

Entwicklungspotenzial <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und för<strong><strong>de</strong>r</strong>te es <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend.<br />

Dank seiner Befugnisse konnte Pauli <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen viele Aktivitäten und<br />

Mitbestimmungsrechte ermöglichen, die von <strong><strong>de</strong>r</strong> Mehrheit <strong>de</strong>s konservativen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tages mit Sicherheit abgelehnt wor<strong>de</strong>n wären. 720 Eine <strong><strong>de</strong>r</strong> erfüllten<br />

For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen war beispielsweise, dass Frauenabteilungen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

vereinen von Frauen geleitet wer<strong>de</strong>n sollten. 1938 wur<strong>de</strong> außer<strong><strong>de</strong>m</strong> ange-<br />

ordnet, dass je<strong><strong>de</strong>r</strong> DRL-Verein mit weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n über 21 Jahre eine<br />

Frauenwartin berufen musste, welche auch in <strong>de</strong>n Vereinsführerstab einzu-<br />

bin<strong>de</strong>n war. 721<br />

717 Vgl. KLINGE/DAPPER, Deutsches Mädchenturnen, S. 239.<br />

718 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 96.<br />

719 Vgl. TSCHAP-BOCK, Frauensport und Gesellschaft, S. 117.<br />

720 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 97.<br />

721 Vgl. ebenda, S. 82.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 181<br />

Nicht vergessen wer<strong>de</strong>n darf, dass auch das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n instrumentalisiert<br />

wur<strong>de</strong>, um die Überlegenheit <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Volkes beziehungsweise <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

arischen Rasse zu propagieren. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und vor allem Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n waren<br />

eine i<strong>de</strong>ale Agitationsmöglichkeit zur Darstellung von Kraft, Freu<strong>de</strong> und Stär-<br />

ke, gepaart mit einem gewissen Naturerlebnis. Erleichternd kam hinzu, dass<br />

die Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er grundsätzlich <strong>de</strong>utschnational eingestellt war.<br />

Selbstbestimmung dagegen fand so gut wie nicht statt, auch wenn durch die<br />

Arbeit und Propaganda <strong><strong>de</strong>r</strong> AfF weiterhin <strong><strong>de</strong>r</strong> Schein <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitbestimmung er-<br />

weckt wur<strong>de</strong>. Zugegebenermaßen konnten die Startmöglichkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau-<br />

en auf Regatten verbessert wer<strong>de</strong>n, da dieser Bereich mehr Anerkennung<br />

und sogar För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung erfuhr. Unbestritten aber ist, dass auch diese Maß-<br />

nahme lediglich <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>richtung und Stärkung <strong><strong>de</strong>r</strong> nationalsozialistischen<br />

I<strong>de</strong>ologie diente, da <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampf <strong><strong>de</strong>m</strong> Erziehungsi<strong>de</strong>al <strong>de</strong>s Führers ent-<br />

sprach. Die Basis <strong><strong>de</strong>r</strong> nationalsozialistischen Weltanschauung war schließ-<br />

lich <strong><strong>de</strong>r</strong> Rassenkampf, wobei die arische Rasse als Herrenrasse bezeichnet<br />

wur<strong>de</strong>. Frauen mussten kämpfen, beziehungsweise kämpfen lernen, um ih-<br />

ren Söhnen ein gutes Beispiel sein zu können.<br />

5.6 „Schön o<strong><strong>de</strong>r</strong> schnell?“ – Die Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns<br />

vor 1945<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> immer größer wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Zahl an Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen wuchs auch das Be-<br />

dürfnis nach geeigneten Vergleichsmöglichkeiten im Wettkampfbereich. Die<br />

For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s nationalsozialistischen Regimes nach Frauen, die sich auch<br />

in physischer Hinsicht beweisen sollten und konnten, um auf diese Weise<br />

ihren Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein gutes Beispiel zu sein, unterstützte das Anliegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau-<br />

en, möglichst vielen die Teilnahme an Wettkämpfen im Renn- und Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

zu ermöglichen.<br />

Der erste Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s UAF, Ernst Gerson, hatte sich bereits vor <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

„Machtergreifung“ <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationalsozialisten erfreut über die Regattabeteiligung<br />

von Frauen geäußert. Obwohl bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Jubiläumsregatta anlässlich <strong>de</strong>s zehn-<br />

jährigen Verbandsjubiläums <strong>de</strong>s DDRV das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n noch stark dominierte<br />

und nur wenige Rennen ausgefahren wur<strong>de</strong>n, zog er 1929 ein durchweg po-<br />

sitives Fazit:


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 182<br />

„Die wenigen Rennen, die ausgefochten wur<strong>de</strong>n, zeigten nichts<br />

Unschönes o<strong><strong>de</strong>r</strong> Unweibliches. Das Rennen im Gig-Doppelvierer<br />

war ein herrlicher Kampf zwischen Rostock und Leipzig, die abwechselnd<br />

führten und selbst im schärfsten Endkampf die gute<br />

Form bewahrten.“ 722<br />

Gerson ging sogar noch weiter, in<strong><strong>de</strong>m</strong> er klar Stellung <strong>für</strong> das weibliche<br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bezog, obwohl die führen<strong>de</strong>n Köpfe <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Über-<br />

einstimmung mit <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Aus</strong>schuss <strong>de</strong>s DRV ihre Hauptaufgabe im Stil- und<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Skullbooten sahen. Er empfahl allen Männern, die in Ta-<br />

geszeitungen und im Fachjournal Wassersport gegen Frauenrennen wetter-<br />

ten, mehr Zurückhaltung auf diesem Gebiet:<br />

„Zahlreiche Aufsätze von Männern [sind] erschienen, die anknüpfend<br />

an die Satzungsän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, geharnischte Worte enthielten und die Frauen<br />

zu belehren suchten, daß solche Sportausübung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n weiblichen<br />

Körper ungeeignet sei. Ich meine, die Männer sollten etwas<br />

vorsichtig sein, wenn sie <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau auf <strong><strong>de</strong>r</strong>en eigenstem Gebiet<br />

Vorschriften machen und Lehren geben wollen. [...] Die Frauen<br />

kennen ihren Körper selbst am besten und haben am wenigsten<br />

ein Interesse daran, <strong>de</strong>n Sport in einer Weise auszuüben, die <strong>de</strong>n<br />

Mann abstößt.“ 723<br />

Mit dieser Art <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterstützung und Zustimmung Gersons sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> allge-<br />

mein positiven Grun<strong>de</strong>instellung von Seiten <strong>de</strong>s DRV hätte die Entwicklung<br />

<strong>de</strong>s weiblichen Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns eigentlich zügiger vorangehen müssen. Den-<br />

noch vergingen zehn Jahre seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s DDRV, bevor das Renn-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n offiziell zum DDRV-Verbandsziel erklärt und in <strong>de</strong>n Statuten verankert<br />

wur<strong>de</strong>.<br />

Obwohl das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht explizit vom DDRV be<strong>für</strong>wortet und <strong><strong>de</strong>m</strong>ent-<br />

sprechend auch wenig geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>, kam es bereits 1919 auf einer Ver-<br />

bandsregatta zu <strong>de</strong>n ersten Rennen. Die Streckenlänge betrug anfänglich<br />

800m, 1920 wur<strong>de</strong> sie auf 1.000m verlängert. 724<br />

Die <strong>Aus</strong>tragung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennen ist insofern erstaunlich, da die Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stän<strong>de</strong>, die<br />

es innerhalb <strong>de</strong>s DDRV zu überwin<strong>de</strong>n galt, letztendlich zu einer langwäh-<br />

ren<strong>de</strong>n Kontroverse führten. Die in <strong><strong>de</strong>r</strong> Fachzeitschrift Wassersport nachvoll-<br />

ziehbare Diskussion darüber, ob Frauen überhaupt Rennen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sollten<br />

722<br />

E. GERSON, „Vom Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 47(1929)32, S. 882.<br />

723<br />

Ebenda.<br />

724<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 97.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 183<br />

und falls ja, in welchen Booten und über welche Strecken, spaltete die weib-<br />

liche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>schaft. Zum einen gab es die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, die auf gar keinen Fall<br />

auf <strong>de</strong>n direkten Kampf Boot an Boot verzichten wollten, da regelmäßiges<br />

Training im Rennboot und <strong><strong>de</strong>r</strong> direkte Vergleich mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Mannschaften<br />

ihre primäre Motivation waren. Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en gab es Frauen, die <strong>de</strong>n Sport<br />

als <strong>Aus</strong>gleich zum beruflichen Alltag sahen und überhaupt kein Interesse an<br />

einer Regattateilnahme bekun<strong>de</strong>ten. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war ihnen Mittel zum Zweck,<br />

um sich sportlich in einem abgegrenzten, gesellschaftlichen Umfeld zu betä-<br />

tigen. Daher wur<strong>de</strong> schwerpunktmäßig das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n betrieben.<br />

Eine dritte Gruppe favorisierte die Disziplin Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Hier gewann die<br />

Mannschaft, die am einheitlichsten und schönsten ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n konnte. Die Dis-<br />

krepanz zwischen diesen Betätigungsformen versuchte man mit einer Art<br />

Mischform zu überbrücken, die Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n genannt wur<strong>de</strong>. Diese Ren-<br />

nen wur<strong>de</strong>n noch durch Schlagzahlrennen ergänzt, in <strong>de</strong>nen eine bestimmte<br />

Strecke in einer bestimmten Schlagzahl geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n musste.<br />

Als weitere Disziplin wur<strong>de</strong>n Rennen im Dauerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ausgeschrieben, wel-<br />

che häufig mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Erwerb <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Turn- und Sportabzeichens kom-<br />

biniert wer<strong>de</strong>n konnten. 725 Thiesen schlug eine ähnliche Kombination aus<br />

diesen Möglichkeiten vor, allerdings zielten seine Vorstellungen allesamt auf<br />

weniger körperlichen Einsatz ab. Seine Renni<strong>de</strong>en umfassten Kurzstrecken-<br />

rennen, Stilzeitrennen, also reine, durch eine feste Schlagzahl je Minute be-<br />

grenzte Zeitrennen und Kurzrennen ähnlicher Art, welche die<br />

Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>s weiblichen Körpers nicht überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ten. 726<br />

Mit <strong>de</strong>n ersten Rennen kam die For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nach einer Klasseneinteilung auf,<br />

die eine Chancengleichheit <strong>für</strong> alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gewährleisten sollte. Die Ein-<br />

teilung in Jungmann, Junior und Senior war angelehnt an die Allgemeinen<br />

Wettfahrtbestimmungen <strong>de</strong>s DRV. Diese hatte Gültigkeit <strong>für</strong> Rennen und Stil-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerbe:<br />

„Jungmann ist, wer vor <strong><strong>de</strong>m</strong> ersten Januar <strong>de</strong>s Jahres, in <strong><strong>de</strong>m</strong> die<br />

Wettfahrt stattfin<strong>de</strong>t, im In- und <strong>Aus</strong>lan<strong>de</strong> noch keine zwei offenen<br />

Rennen gewonnen hat.<br />

725<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Die Richtlinien und Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.“, in:<br />

Wassersport 52(1934)2, S. 28.<br />

726<br />

P. THIESSEN, „Einige Erfahrungen in beschränkten Frauen-Rennen“, in: Wassersport<br />

50(1932)49, S. 939.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 184<br />

Junior ist, wer vor <strong><strong>de</strong>m</strong> ersten Januar <strong>de</strong>s Jahres, in <strong><strong>de</strong>m</strong> die Wettfahrt<br />

stattfin<strong>de</strong>t, im In- und <strong>Aus</strong>lan<strong>de</strong> noch keine vier offenen Rennen<br />

gewonnen hat. Dabei zählen auf die Jungmannklasse<br />

beschränkte Rennen nicht mit.<br />

Senior ist, wer<br />

a) im In- und <strong>Aus</strong>lan<strong>de</strong> vier offene Rennen gewonnen hat. Dabei<br />

zählen auf die Jungmannklasse beschränkte Rennen nicht mit;<br />

b) in einem unbeschränkten Rennen einer Hauptregatta gesiegt<br />

hat und<br />

c) beim <strong>Deutschen</strong> Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gestartet ist.“ 727<br />

Der uneingeschränkten Teilnahmemöglichkeit an <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Rennen<br />

in <strong>de</strong>n unterschiedlichen Bootsgattungen ging allerdings eine weitere Grund-<br />

satzdiskussion voraus, in <strong><strong>de</strong>r</strong> die Eignung <strong>de</strong>s weiblichen Körpers <strong>für</strong> Wett-<br />

bewerbe erneut hinterfragt wur<strong>de</strong>. Inhaltlich ähnelte diese Debatte <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage,<br />

ob Frauen überhaupt ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n beziehungsweise sich körperlich betätigen soll-<br />

ten, die vorher in <strong>de</strong>n Fachzeitschriften Wassersport und Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

geführt wor<strong>de</strong>n war. Dabei mel<strong>de</strong>ten sich nicht nur Ärzte, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch akti-<br />

ve Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er zu Wort. Hauptargumente <strong><strong>de</strong>r</strong> Gegner <strong>de</strong>s Frau-<br />

enrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns waren hier neben <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweifel an <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Konstitution<br />

und Leistungsfähigkeit auch moralische Be<strong>de</strong>nken gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong> Verausga-<br />

bung und Zurschaustellung sich sportlich betätigen<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen.<br />

Viele <strong><strong>de</strong>r</strong> älteren Vertreterinnen, wie Margarete Güssow, sahen keine Not-<br />

wendigkeit in Rennen und wollten <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport auf das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

beschränkt wissen. Güssow vertrat in dieser Kontroverse die These, dass<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> berufstätigen Frau zur Erholung dienen sollte, und sei<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend nur durch Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und mit Abstrichen durch Stilru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu erreichen. Für Güssow und ihre Mitstreiterinnen war nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> singu-<br />

läre Sieg, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die durchgängige und ganzjährige körperliche Betätigung<br />

entschei<strong>de</strong>nd. Sie waren überzeugt, dass „die durch ungesun<strong>de</strong> Berufe her-<br />

vorgerufenen Gesundheitsstörungen durch einen vernünftigen Sport beho-<br />

ben, aber durch Rekordleistungen verstärkt“ 728 wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n. Güssow<br />

727 ARBEITSAUSSCHUß RUDERN (Hrsg.), Allgemeine Wettfahrtbestimmungen (= §50, Artikel II),<br />

[o.O. o.J.], S. 21, zitiert nach: BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns<br />

in Deutschland, S. 19.<br />

728 M. GÜSSOW, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 46(1928)7, S. 108.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 185<br />

lehnte das reine Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n konsequent ab. Güssows Begründung er-<br />

schließt sich wie folgt:<br />

„Er [Hugo Borrmann] scheint hierbei zu vergessen, daß Frauen-<br />

Regatten nicht zwischen Hochschülerinnen, also Berufssportlerinnen,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n zwischen berufstätigen Mädchen – <strong>de</strong>nn aus solchen<br />

setzen sich die Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>klubs fast ausschließlich<br />

zusammen – ausgefahren wer<strong>de</strong>n. Daß die Berufssportlerin sich<br />

<strong>für</strong> ein Renntraining eignet und es wünscht, wird wohl niemand<br />

bestreiten, daß auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen mit großer Begeisterung<br />

‘bolzen’, erlebe ich je<strong>de</strong>n Sommer in meinem Klub.“ 729<br />

Das „Bolzen“ dürfte sich auf einzelne Trainingsausfahrten beschränkt haben,<br />

<strong>de</strong>nn ein systematisches Renntraining war nicht Bestandteil von Güssows<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>philosophie. Die meisten ihrer Mädchen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kameradinnen wa-<br />

ren kaufmännisch tätig und nach acht Stun<strong>de</strong>n „gesundheitsschädigen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Arbeit“ in einem Büro empfand Güssow die Trainingsbelastung als zu hoch.<br />

Erschwerend kämen ihrer Meinung nach die langen Anfahrzeiten hinzu, die<br />

<strong>de</strong>n angestrebten Erholungswert <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zunichte machen wür<strong>de</strong>n. Das<br />

Streben nach Wettkampf blieb <strong>für</strong> Güssow immer zweitrangig, da ihrer Mei-<br />

nung nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Kampf um die Existenz im Berufsleben die Frau voll und ganz<br />

beanspruchte. Daher konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampf <strong>für</strong> die berufstätigen Frauen<br />

nicht die richtige Form <strong>de</strong>s Sports sein. 730<br />

Güssow argumentierte gegen das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> berufstätigen Frauen aus<br />

einer Position heraus, die sich auf die traditionelle Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau beschränk-<br />

te und durch wirtschaftliche und körperliche Be<strong>de</strong>nken erweitert wur<strong>de</strong>. Sie<br />

warf <strong>de</strong>n rennbegeisterten Frauen vor, nicht nachzu<strong>de</strong>nken: „Es ist wie mit<br />

<strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>torheiten, die mitgemacht wer<strong>de</strong>n, aber schädlich sind“. 731<br />

Sie richtete ihr ganzes Han<strong>de</strong>ln und Wirken darauf aus, dass<br />

„Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Ergänzungsbetrieb erreichen, daß sämtliche Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

frische, vollwertige Menschen wer<strong>de</strong>n, die ihren Platz im Leben<br />

ausfüllen und bis ins Alter wi<strong><strong>de</strong>r</strong>standsfähig bleiben [...] und<br />

ihren Beitrag leisten, um vielen das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu ermöglichen“. 732<br />

Sie sah im Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sowie in Ferien- und Etappenfahrten die einzig<br />

wahre Form <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Diese längeren Fahrten erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ten nach Güssow<br />

729 Ebenda.<br />

730 M. GÜSSOW, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 47(1929)11, S. 166.<br />

731 Ebenda, S. 168.<br />

732 Ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 186<br />

<strong>Aus</strong>dauer und Selbstüberwindung, außer<strong><strong>de</strong>m</strong> unterstütze diese Art <strong>de</strong>s Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ns die mutige und selbstbewusste Persönlichkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. „Wan-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nimmt nicht nur Kraft wie das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n es gibt vor<br />

allem Kraft. Dem echten <strong>Deutschen</strong> ist das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n angeboren.“ 733<br />

Diese Annahme teilte Jula Ziegler, selbst begeisterte Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>in, nicht. Sie<br />

stellte fest, dass zwar bewiesen sei, dass Sport <strong>für</strong> die Frau gesundheitsför-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>nd ist, an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits aber niemand beweisen könne, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampf<br />

<strong>für</strong> die Frau gesundheitsschädigend ist. 734 In <strong><strong>de</strong>r</strong> Tat mehrten sich die Stim-<br />

men, nach <strong>de</strong>nen die Belastungsfähigkeit <strong>de</strong>s weiblichen Körpers lange un-<br />

terschätzt wor<strong>de</strong>n sei.<br />

So for<strong><strong>de</strong>r</strong>te Frie<strong>de</strong>l Haack <strong>für</strong> Frauen das Recht ein, selbst zu entschei<strong>de</strong>n,<br />

ob ihr Körper <strong>de</strong>n Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>de</strong>s harten Trainings gewachsen sei. Sie<br />

entgegnete Kritikern, dass an <strong>de</strong>n Regatten zwar mehr schlecht als gut aus-<br />

gebil<strong>de</strong>te Mannschaften teilnähmen, dieser Umstand allerdings <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache<br />

geschul<strong>de</strong>t sei, dass Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> einer Damenabteilung in einem Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

verein schlechter ausgebil<strong>de</strong>t wür<strong>de</strong>n, geeignetes Bootsmaterial fehle und<br />

außer<strong><strong>de</strong>m</strong> das <strong>Aus</strong>bildungspersonal nicht qualifiziert sei. 735 Sie bestand auf<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>schreibung von Rennbootwettbewerben anstatt von Rennen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gig und einer Streckenlänge von 1.000m. Erst dann wür<strong>de</strong>n bei Regatten<br />

nur gute Damenmannschaften auftreten, da nur technisch gut ausgebil<strong>de</strong>te<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen die Rennboote fahren könnten. 736<br />

Die damalige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereins „Freiweg“ Frankfurt,<br />

Helli Knoll, unterstützte Ziegler und Haack in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Wassersport und<br />

erklärte, dass auch Frauen <strong>de</strong>n Wettkampf bewusst suchen wür<strong>de</strong>n:<br />

„Wenn ich heute zu <strong>de</strong>n Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen sagen wür<strong>de</strong>, daß sie<br />

keine Rennen mehr fahren dürfen, dann wür<strong>de</strong>n sie das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

aufstecken und einen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Sport ausüben. Denn wer im Sport<br />

aufgeht, <strong>de</strong>n gelüstet es nach Wettkampf. Das ist auf allen Gebieten<br />

<strong>de</strong>s Sportes dasselbe, und überall gibt es Wettkämpfe <strong>für</strong><br />

Frauen. Warum sollen Frauen ausgerechnet im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

doch <strong>de</strong>n fairsten Kampfsport darstellt, keine Höchstleistungen<br />

anstreben?“ 737<br />

733<br />

Ebenda.<br />

734<br />

J. ZIEGLER, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 49(1931)36, S. 745.<br />

735<br />

Vgl. F. HAACK, „Sollen Frauen Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport betreiben?“, in: Wassersport 52(1934)40,<br />

S. 934.<br />

736<br />

Vgl. ebenda, S. 935.<br />

737<br />

H. KNOLL, „Sollen Frauen rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n?“, in: Wassersport 49(1931)38, S. 883.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 187<br />

Die Verfechterinnen <strong>de</strong>s Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns argumentierten dagegen, dass<br />

schwache Frauen ohne Ästhetik es <strong>de</strong>n Männern gleichtun wollten, „auch<br />

wenn alle Grazie bei <strong><strong>de</strong>m</strong> Anblick verhüllten Antlitzes entweichen“. 738<br />

Amüsanterweise empfahl ein Autor <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitung Wassersport daher <strong>de</strong>n<br />

Frauen, in <strong>de</strong>n Spiegel zu schauen und sich an <strong>de</strong>n Haaren zu zupfen, um<br />

auf diese Art und Weise <strong>de</strong>n ästhetischen Eindruck zu sichern. 739<br />

Erschwerend <strong>für</strong> die Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns kam hinzu, dass die<br />

Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Verantwortlichen im DDRV und später in <strong><strong>de</strong>r</strong> AfF als Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aktiv waren und <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend <strong><strong>de</strong>m</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n teilweise ab-<br />

lehnend gegenüber stan<strong>de</strong>n. Hier wur<strong>de</strong> die Meinung vertreten, dass „das<br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>n Frauen Tür und Tor öffnen wür<strong>de</strong>, um alle Hemmnisse aus-<br />

zuräumen“. 740<br />

Der nicht zu unterschätzen<strong>de</strong> Einfluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Kritikerinnen führte dazu, dass die<br />

Entwicklung im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>bereich nur zäh voranschritt, was sich <strong>de</strong>utlich in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Wettbewerbsaktivität zeigte. Die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Meldungen stieg nur lang-<br />

sam, was vor allem daran lag, dass die Rennen vorübergehend in Gigs aus-<br />

geschrieben wur<strong>de</strong>n, was <strong>für</strong> die Frauen wenig attraktiv war. Eben dieser<br />

Anblick – Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in schwerfälligen Booten – gab <strong>de</strong>n Kritikern neuen<br />

Auftrieb, was von Baldus wie folgt kommentiert wur<strong>de</strong>:<br />

„Schon frühere Kurzstreckenwettkämpfe <strong><strong>de</strong>r</strong> Damen haben gezeigt,<br />

daß bei <strong><strong>de</strong>r</strong> keineswegs augenfälligen Hetze we<strong><strong>de</strong>r</strong> Kraft<br />

noch Schönheit zum <strong>Aus</strong>druck kamen, und daß daher nach Ansicht<br />

Fachkundiger von ernstem Sport nicht gesprochen wer<strong>de</strong>n<br />

kann. [...] Mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Start im Rennboot wird die Werbekraft <strong>für</strong> das<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n kaum eine Steigerung erfahren.“ 741<br />

Borrmann, großer Verfechter von Frauenrennen, sah keine Gefahr in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>Aus</strong>tragung von Rennen und for<strong><strong>de</strong>r</strong>te <strong>für</strong> Frauen das Rennboot in allen Wett-<br />

bewerben, da dieses <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Anatomie besser angepasst sei. 742 Die-<br />

ser Meinung folgte prinzipiell auch Wiegels, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich Ziegler anschloss und<br />

feststellte, dass Rennbootru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Regatten keine automatische Schädi-<br />

gung be<strong>de</strong>uten, so lange es vernünftig betrieben wür<strong>de</strong> und die Strecken<br />

738<br />

L. GRUENBERG, „Die Stimme <strong><strong>de</strong>r</strong> Vernunft“, in: Wassersport 49(1931)28, S. 608.<br />

739<br />

Vgl. ebenda.<br />

740<br />

F. BALDUS, „Sollen die Frauen Rennen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n?“, in: Wassersport 47(1929)6, S. 137.<br />

741<br />

Ebenda.<br />

742<br />

Vgl. H. BORRMANN, „Betrachtungen über das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 46(1928)4,<br />

S. 54.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 188<br />

nicht zu lang seien. Des Weiteren sollten sich alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen unter ärztli-<br />

cher Aufsicht befin<strong>de</strong>n. 743<br />

Es kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass obwohl die ersten Formen <strong>de</strong>s Wettru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ns bereits 1929 in die Statuten <strong>de</strong>s DDRV aufgenommen und bereits zu<br />

Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsgeschichte Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 20er Jahre vereinzelt Rennen<br />

ausgefahren wur<strong>de</strong>n, sich die Entwicklung <strong>de</strong>s weiblichen Regattaengage-<br />

ments erheblich verzögerte. Der DDRV för<strong><strong>de</strong>r</strong>te in keiner Weise Wettkämpfe<br />

im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und beschränkte sich darauf, ausgewählte Startmöglichkeiten<br />

im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu schaffen. Der Verband distanzierte sich von zu großen kör-<br />

perlichen Anstrengungen und versäumte nie, <strong>de</strong>n höheren Stellenwert <strong>de</strong>s<br />

Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zu betonen. 744<br />

Dennoch kann ein <strong>de</strong>utlicher Aufwärtstrend in <strong>de</strong>n Wettbewerben ab 1933<br />

verzeichnet wer<strong>de</strong>n. Die nicht parallel zu <strong>de</strong>n Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen steigen<strong>de</strong><br />

Zahl an Regattastartern liegt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache begrün<strong>de</strong>t, dass vor allem Wi-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>stän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n eigenen Reihen überwun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n mussten. Das dauerte<br />

umso länger, da einflussreiche Vertreterinnen wie beispielsweise Güssow<br />

bewusst ihre Position ausnutzten, um das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gegenüber <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

klassischen Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit seinen Unterformen Stil- und Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

zu propagieren. Die folgen<strong>de</strong> Abbildung stellt diese Entwicklung dar:<br />

743 Vgl. W. WIEGELS, „Einige Anregungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport<br />

56(1938)35, S. 929.<br />

744 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 73.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 189<br />

Abb. 1: Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Veranstaltungen und Wettbewerbe <strong>für</strong> Frauen 1933 bis 1939<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Betrachtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Abbildung 745 wird <strong>de</strong>utlich, dass die Anzahl Start-<br />

möglichkeiten zunächst anstieg. 1933 fan<strong>de</strong>n insgesamt 39 Veranstaltungen<br />

statt, bei <strong>de</strong>nen 118 Wettbewerbe in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Bootsklassen aus-<br />

geschrieben waren. Die meisten Regattastarts wur<strong>de</strong>n 1938 angeboten. Ein<br />

Jahr später sank die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Veranstaltungen auf 66, <strong>de</strong>nnoch wur<strong>de</strong>n noch<br />

186 Wettbewerbe durchgeführt.<br />

Im Zuge dieser Entwicklung konnten 1937 10.528 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen verzeichnet<br />

wer<strong>de</strong>n, nur ein Jahr später waren es 13.630, 1941 bereits über 16.000<br />

Frauen. 746<br />

„Diese Entwicklung machte sich auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regattabeteiligung<br />

bemerkbar. 1933 starteten ca. 1400 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, 1934 waren es<br />

fast 2000, und 1937 wur<strong>de</strong> mit 2655 Teilnehmerinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Höhepunkt<br />

erreicht.“ 747<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> erfolgreichen Einglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s DDRV in <strong>de</strong>n DRV war auch eine<br />

Überarbeitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Richtlinien und Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n er-<br />

for<strong><strong>de</strong>r</strong>lich gewor<strong>de</strong>n. Das ging mit Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik einher.<br />

Erarbeitet wur<strong>de</strong>n die Bestimmungen auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage Bruno Fertigs und<br />

745 Vgl. ebenda, S. 83.<br />

746 Vgl. ebenda.<br />

747 Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 48.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 190<br />

Dr. Köhlers von Seiten <strong>de</strong>s DRV, sowie Fräulein Ahlhelm, Pally und Dr.<br />

Barrelet vom DDRV. Sie umfassten die Bereiche Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Stilschnellru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Dauerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 748<br />

5.6.1 Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Ein Hauptanliegen <strong>de</strong>s DDRV war die Verbreitung <strong>de</strong>s allgemeinen Frauen-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Hierzu waren Regattaveranstaltungen unerlässlich, da diese zum<br />

einen <strong>de</strong>n Sport einem breiten Publikum näher bringen sollten und zum an-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en die Vereinheitlichung und Verbesserung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>stils vorantrieben.<br />

Letzteres sollte vor allem durch Wettbewerbe im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n erreicht wer<strong>de</strong>n.<br />

Primär aber ist die Entstehung und Entwicklung <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns ein Zuge-<br />

ständnis an die Kritik <strong><strong>de</strong>r</strong> Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er, die in dieser Form <strong>de</strong>s Wettkampfes<br />

die Betätigungsform sahen, die <strong><strong>de</strong>m</strong> weiblichen Körper und <strong>de</strong>ssen Leis-<br />

tungsfähigkeit optimal entsprach. Die Gefahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermännlichung schien da-<br />

durch gebannt und nicht zuletzt wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Ästhetikempfin<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer<br />

Rechnung getragen: „Das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist ein Zugeständnis an die weibliche<br />

Note im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.“ 749<br />

Trotz<strong><strong>de</strong>m</strong> sind die Anfänge <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns nicht im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n verwurzelt.<br />

Bereits 1914 hatte <strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Jungru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband <strong>für</strong> seine Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wettbwerbe im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ausgeschrieben. Körper- und Wasserarbeit wur<strong>de</strong>n<br />

mit je fünf Punkten als Höchstleistung bewertet. 750<br />

Das erste Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> Damen fand am 21. September 1919 vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Res-<br />

taurant Hirschgarten in Berlin statt. 751 Es wur<strong>de</strong>n drei Rennen im gesteuerten<br />

Einer, Doppelzweier und Doppelvierer ausgeschrieben. Da Mehrfachstarts<br />

erlaubt waren, gingen insgesamt 29 Boote an <strong>de</strong>n Start. Der DDRV hatte<br />

hier<strong>für</strong> eine eigene Wettkampfordnung verabschie<strong>de</strong>t:<br />

„Der Kampf wird nur in Skullbooten ausgetragen.<br />

Maßgebend <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Sieg ist <strong><strong>de</strong>r</strong> ästhetische Gesamteindruck einer<br />

Mannschaft, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich aus ausgeglichener und sauberer Arbeit<br />

ergibt.<br />

748 Vgl. [ohne Verfasser], „Die Richtlinien und Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 27.<br />

749 HOFFMANN, Frau und Leibesübungen im Wan<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit, S. 54.<br />

750 BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 18.<br />

751 Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 35.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 191<br />

Fehler in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeit wer<strong>de</strong>n mit Strafpunkten belegt und<br />

zwar wird mit je einem Punkt gestraft:<br />

Schlechter, ungenauer Einsatz ohne merkbaren Anriß.<br />

Krummer Rücken bei Rückschwung und schiefes Schwingen.<br />

Ungleichmäßiges Schwingen innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaft.<br />

Zu tiefer Durchzug (es wird aus <strong>de</strong>n Armen und nicht aus <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Nacken geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t).<br />

Der Kopf wird nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verlängerung gehalten, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n sinkt<br />

am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Rückschwunges mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Kinn zur Brust.<br />

Der Rollsitz wird falsch gebraucht.<br />

Die Arme wer<strong>de</strong>n nicht an <strong>de</strong>n Rippen entlang zurückgeführt,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Ellbogen seitlich gebogen.<br />

Das Blatt wird vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Herausnehmen am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Durchzuges<br />

unter Wasser gedreht.<br />

Die Hän<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n nicht schnell von <strong><strong>de</strong>r</strong> Brust fort und wie<strong><strong>de</strong>r</strong> in<br />

die <strong>Aus</strong>gangslage gebracht (<strong><strong>de</strong>r</strong> Oberkörper bleibt zu lange hinten<br />

liegen).<br />

Schnelles Vorrollen mit zu weit geöffneten Knien.<br />

Sieger ist das Boot, das die wenigsten Strafpunkte aufweist; sollten<br />

mehrere Boote als Sieger hervorgehen, so entschei<strong>de</strong>t das<br />

Los.<br />

Die Kampfstrecke muss wenigstens 300m betragen und in ihrer<br />

ganzen Länge von <strong>de</strong>n Richtern eingesehen wer<strong>de</strong>n können. Sie<br />

muß hin und zurück durchmessen wer<strong>de</strong>n. Das Zeichen zum Abfahren<br />

wird durch einen Richter <strong><strong>de</strong>m</strong> Steuermann gewinkt.“ 752<br />

Die Diskussion um die richtige Bewertung im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist so alt wie das Stil-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n selbst. Die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> möglichen Fehler lässt vermuten, dass diese<br />

oft zu Unzufrie<strong>de</strong>nheit nicht nur innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gemein<strong>de</strong>,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch bei <strong>de</strong>n Schieds- wie Punktrichtern führte. Die Bestimmungen<br />

waren <strong>für</strong> bei<strong>de</strong> Seiten schwierig, <strong>de</strong>nn es zählte nicht wie ökonomisch, son-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n wie exakt geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>. Grundsätzlich mussten Schiedsrichter mit<br />

<strong>de</strong>n Bestimmungen und Fragestellungen <strong>de</strong>s Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns bekannt sein.<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> sollten sie über eine gute Beobachtungsgabe, eine sichere Ur-<br />

752 Ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 192<br />

teilsfähigkeit und ein gutes Gedächtnis verfügen. 753 Ihre Entscheidungen wa-<br />

ren nicht anfechtbar. Im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> Objektivität, war es ihnen nicht erlaubt,<br />

Boote <strong>de</strong>s eigenen Vereins zu bewerten. Ernannt wur<strong>de</strong>n die Kampfrichter<br />

von <strong>de</strong>n Verantwortlichen <strong>de</strong>s DDRV. Um weitere Objektivität zu gewähren,<br />

wur<strong>de</strong>n die Boote nicht gekennzeichnet. Die Schiedsrichter durften außer-<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> nicht in das Programm schauen, um die Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zuzu-<br />

ordnen.<br />

Einige Formulierungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampfordnung suggerierten technische<br />

Fehler, die gar keine waren, so dass ab 1921 die Scheer’sche Tafel aus <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Juniorenbereich übernommen wur<strong>de</strong>. In dieser Variante wur<strong>de</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>be-<br />

wegung in Riemenführung, Körperarbeit und Rollbahn unterteilt und mit No-<br />

ten von Null <strong>für</strong> ungenügend bis Fünf <strong>für</strong> vollen<strong>de</strong>t bewertet. Diese wur<strong>de</strong>n<br />

mit <strong>de</strong>n einzelnen Fähigkeiten zugeordneten Wertzahlen multipliziert. Insge-<br />

samt ergaben sich auf diese Weise bis zu 100 Punkte. 754 Dieses System er-<br />

scheint auf <strong>de</strong>n ersten Blick einfacher in <strong><strong>de</strong>r</strong> Handhabung, allerdings wur<strong>de</strong><br />

die Bewertung durch weitere Klassifizierungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung er-<br />

schwert. Die Riemenführung war unterteilt in Einsatz, Durchzug, Schlusszug<br />

und Luftarbeit. Der Bewertungsbereich „Körperarbeit“ umfasste die Aspekte<br />

Wasserfassen und Anzug, Durchzug und Schlusszug, Hän<strong>de</strong> weg und Vor-<br />

beuge. Bezüglich <strong>de</strong>s Kriteriums Rollbahn waren die Wertungsrichter ange-<br />

halten, auf Beinarbeit und Vorrollen zu achten. Bei mehr als sieben<br />

starten<strong>de</strong>n Booten musste eine Vorentscheidung ausgeru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n, da es<br />

ansonsten zu einer Überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kampfrichter gekommen wäre. 755<br />

Betrachtet man die Wettkampfordnung und schließt daraus auf die Bewe-<br />

gungsbeschreibung, so muss festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass sich das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

anfänglich ein<strong>de</strong>utig am orthodoxen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>schlag orientierte. Borrmann als<br />

Gegner <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns kritisierte immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> scharf die steife und unnatür-<br />

liche Arbeit im Boot, die in <strong>de</strong>n Vorgaben gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t war. Charakteristisch wa-<br />

ren ein gera<strong><strong>de</strong>r</strong> Rücken, im Endzug lange und gestreckte Arme, das Ganze<br />

mit möglichst viel Rückschwung und Kopfhaltung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verlängerung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wirbelsäule. Geschwindigkeit war beim klassischen Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht relevant.<br />

753<br />

Vgl. O. KÖHLER, „Wertungskontrolle bei Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerben,“ in: Wassersport 50<br />

(1932)19, S. 299.<br />

754<br />

Vgl. hierzu die Scheer’schen Tafeln zur Bewertung von Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>leistungen im Anhang.<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 52.<br />

755<br />

Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 24.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 193<br />

Erst als sich nach und nach <strong><strong>de</strong>r</strong> natürliche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>stil durchsetzte, revidierte er<br />

seine Meinung zum Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Die von ihm trainierte Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege „Walküre“<br />

erreichte bei Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerben fast durchgängig nur letzte Plätze, da sie<br />

einen sehr natürlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>stil pflegte. Als Fehler wur<strong>de</strong> hauptsächlich die<br />

gekrümmte Oberkörperhaltung mit vorgebeugtem Kopf beim Schlusszug<br />

i<strong>de</strong>ntifiziert. 756<br />

Umso beachtlicher ist in Anbetracht <strong><strong>de</strong>r</strong> gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung die<br />

Leistung, die von <strong>de</strong>n Frauen im Rahmen <strong>de</strong>s ersten Dauerstilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns 1919<br />

erbracht wur<strong>de</strong>, da die Bahn eine Länge von zwölf Kilometern hatte. Am Ziel<br />

fand zusätzlich noch eine Schleifenfahrt statt, die mitbewertet wur<strong>de</strong>. 757<br />

Die Entwicklungen und Verbesserungen im Bootsbau und die Hinwendung<br />

zum natürlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>stil erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ten auch eine Anpassung <strong><strong>de</strong>r</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Richtlinien. 1924 wur<strong>de</strong>n die Scheer’schen Tafeln durch die Kriterien Körper-<br />

arbeit, Zusammenarbeit, Wasserarbeit und Rhythmus ergänzt. Diese wur<strong>de</strong>n<br />

als beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wichtig empfun<strong>de</strong>n. Die Bewertung sah Punkte von Null bis<br />

Vier <strong>für</strong> je<strong>de</strong>n Bereich vor. 758<br />

Das Bedürfnis nach einer ganzheitlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung ist aus heutiger<br />

Sicht nachvollziehbar. Ursprünglich sollte das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Vereinheitli-<br />

chung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>stils und die Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Technik för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Je mehr<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Stil vereinheitlicht wur<strong>de</strong>, umso stärker wuchs <strong><strong>de</strong>r</strong> Wunsch, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Mannschaften im Wettkampf zu überbieten. Dies führte zu einer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewe-<br />

gung, die mit ihrem Ansinnen alles richtig machen zu wollen, vollkommen<br />

unnatürlich wirkte. Die gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>te gera<strong>de</strong> Rückenhaltung wur<strong>de</strong> beispielswei-<br />

se von <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen überkorrigiert, was zu einer extrem steifen Rücken-<br />

haltung führte.<br />

Dies mün<strong>de</strong>te in einer erneuten Diskussion bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage, was <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Verband überhaupt mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n erreichen wollte. Fritz Ulmer beant-<br />

wortete die Fragestellung in einem Artikel:<br />

„Was wollen wir <strong>de</strong>nn bei <strong>de</strong>n Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Wettbewerben erreichen?<br />

Bei <strong>de</strong>n Jugendlichen bei<strong><strong>de</strong>r</strong>lei Geschlechts eine Überprüfung ihrer<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik, ein Vergleichen <strong><strong>de</strong>r</strong> Leistungen <strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen<br />

Fertigkeitsstufen (Neulinge, Anfänger, Fortgeschrittene) und<br />

756 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 72.<br />

757 Vgl. ZIEGLER, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland und im <strong>Aus</strong>land, S. 4. Vgl. ferner<br />

BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 18.<br />

758 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 52.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 194<br />

Vereine, För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Könnens schließlich durch Hinweis auf<br />

etwa bestehen<strong>de</strong> technische Fehler, wie sie durch ‘ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ische Inzucht’,<br />

bei Vereinen, die in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>bildung ganz auf sich gestellt<br />

sind, erfahrungsgemäß nicht selten vorkommen.“ 759<br />

Ulmer vertrat die Position, dass die Veranstaltungen im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf breiter<br />

Basis propagiert wer<strong>de</strong>n müssten, um die Durchschnittsleistungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verei-<br />

ne zu heben. Er for<strong><strong>de</strong>r</strong>te eine Abkehr von <strong><strong>de</strong>r</strong> Punktewertung, da diese eine<br />

Abstimmung auf die Vorführung von Spitzenleistungen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>te. Er sah<br />

aber sah <strong>de</strong>n Zweck darin, die ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportlichen Fähigkeiten und technischen<br />

Fertigkeiten einwandfrei darzustellen. 760 Darum wur<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wett-<br />

bewerben <strong>de</strong>s Allgemeinen Alster-Clubs in Hamburg seit 1931 nicht mehr<br />

nach Punkten bewertet, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit <strong>de</strong>n Prädikaten: „ausgezeichnet“, „gut“,<br />

„genügend“ und „nichtgenügend“. 761 Eine Punktewertung, wie sie bislang<br />

betrieben wor<strong>de</strong>n war, eignete sich nach Ulmer nur in Sportarten wie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Leichtathletik, da die erbrachten Leistungen objektiv und zahlenmäßig mess-<br />

bar waren. Das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n hingegen basiere auf Zufall und Gefühl. Ulmer<br />

lehnte die von Bruno Fertig gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>te Nachprüfung, die eine Zusatzbewer-<br />

tung bei Punktegleichheit vorsah, konsequent ab, da sie seiner Meinung<br />

nach das Problem in <strong><strong>de</strong>r</strong> Feststellung <strong>de</strong>s Siegerbootes nur verzögerte, nicht<br />

aber zufrie<strong>de</strong>nstellend löste. 762<br />

Im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportlichen Entwicklung respektive <strong><strong>de</strong>r</strong> Anglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s<br />

DDRV an <strong>de</strong>n DRV wur<strong>de</strong>n 1934 neue Richtlinien und Bestimmungen <strong>für</strong><br />

das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n verabschie<strong>de</strong>t. Diese waren beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong>für</strong> das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

von großer Be<strong>de</strong>utung, da die Beurteilung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns nur noch nach <strong>de</strong>n<br />

Gesichtspunkten Körperarbeit und Blattführung erfolgte:<br />

„Die Zusammenarbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaft und <strong><strong>de</strong>r</strong> Rhythmus wer<strong>de</strong>n<br />

jeweils bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Körperarbeit und Blattführung mitbewertet, so daß<br />

die bisher übliche Überbewertung o<strong><strong>de</strong>r</strong> ‘Verlegenheitsbewertung’<br />

in Fortfall kommt.“ 763<br />

Anstatt wie bisher zu verfahren, wur<strong>de</strong> nun bei <strong>de</strong>n Wettkämpfen weniger auf<br />

die Fehler als auf konkrete Bewegungsabläufe geachtet. Darum gab es unter<br />

759<br />

F. ULMER, „Bewertung beim Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 49(1931)52, S. 1064.<br />

760<br />

Vgl. ebenda.<br />

761<br />

Vgl. ebenda.<br />

762<br />

Vgl. ebenda.<br />

763<br />

[ohne Verfasser], „Die Richtlinien und Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 27.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 195<br />

§ 6 <strong><strong>de</strong>r</strong> Richtlinien und Bestimmungen Anweisungen <strong>für</strong> korrektes Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Die <strong>Aus</strong>führungen waren absichtlich kurz gehalten um<br />

„[...] mit diesen <strong>de</strong>n Schiedsrichtern, <strong>de</strong>n Teilnehmern und vor allem<br />

<strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n eine greifbare Anleitung <strong>de</strong>ssen zu geben, worauf<br />

bei <strong>de</strong>n Wettbewerben beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s Wert zu legen ist. Diese<br />

Richtlinien wür<strong>de</strong>n zu einer besseren Übereinstimmung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schiedsrichter führen und im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit eine Einheitstechnik<br />

zustan<strong>de</strong> kommen lassen“. 764<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> festgelegt, dass eine zweimalige Vorbeifahrt erfolgen und<br />

die Wertungsstrecke min<strong>de</strong>stens 1.000m betragen sollte.<br />

Nicht verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong> die Bewertung durch Punkte, allerdings wur<strong>de</strong>n die<br />

Anzahl und das Additionsverfahren modifiziert. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> min<strong>de</strong>stens drei<br />

Schiedsrichter vergab Punkte <strong>für</strong> Körperarbeit und Blattführung von je null<br />

bis zehn. Dabei wur<strong>de</strong> eine vollen<strong>de</strong>te Leistung mit zehn und eine ungenü-<br />

gen<strong>de</strong> Leistung mit null Punkten bewertet. 765 Eine Leistung war nach <strong>de</strong>n<br />

neuen Regeln anfechtbar, wenn nicht drei Schiedsrichter zu <strong><strong>de</strong>m</strong> selben Er-<br />

gebnis kamen.<br />

Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Unzufrie<strong>de</strong>nheit unter <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und <strong><strong>de</strong>r</strong> sehr individuel-<br />

len Handhabung beziehungsweise Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schiedsrichter wur<strong>de</strong> ein<br />

Rangsystem entwickelt, um die Großzügigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Kampfrichter und <strong>de</strong>n da-<br />

mit verbun<strong>de</strong>nen Einfluss auf das Ergebnis zu entkräften. Es wur<strong>de</strong> nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Punktevergabe eine Rangreihe gebil<strong>de</strong>t, in <strong><strong>de</strong>r</strong> das Boot mit <strong><strong>de</strong>r</strong> höchsten<br />

Punktzahl <strong>de</strong>n ersten Rangplatz erhielt, die folgen<strong>de</strong> Mannschaft <strong><strong>de</strong>m</strong>ent-<br />

sprechend <strong>de</strong>n nächsten und so weiter. Bei Punktegleichheit wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Rangplatz gemittelt. Für <strong>de</strong>n ersten Platz <strong>de</strong>s Wettbewerbs wur<strong>de</strong>n die<br />

Rangplätze aller Schiedsrichter addiert und das Boot mit <strong><strong>de</strong>r</strong> niedrigsten<br />

Endrangziffer gewann. 766<br />

1937 wur<strong>de</strong>n richtungweisen<strong>de</strong> Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen vorgenommen, die zum einen<br />

verstärkt Technikmerkmale <strong>de</strong>s orthodoxen Stils bestraften und zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

eine vermehrte Gewichtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Blattarbeit zugunsten <strong><strong>de</strong>r</strong> Körperarbeit mit<br />

764 Ebenda.<br />

765 Vgl. ebenda. Die weiteren Stufen erschließen sich wie folgt: sehr gute Leistung = 8-9<br />

Punkte, gute Leistung = 6-7 Punkte; mittelmäßige Leistung = 4-5 Punkte und mangelhafte<br />

Leistung = 1-3 Punkte.<br />

766 Vgl. hierzu das Beispiel einer Rangliste im Anhang. Vgl. [ohne Verfasser], „Die Richtlinien<br />

und Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 28.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 196<br />

sich brachten. Der Trainer <strong><strong>de</strong>r</strong> RG „Wiking“ Leipzig Richard Löbel kommen-<br />

tierte dies wie folgt:<br />

„[...] ergiebige Wasserarbeit und Fluß <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewegung sind das<br />

<strong>Aus</strong>chlaggeben<strong>de</strong>! Sind diese zu vermissen, so nützt die schönste<br />

Körperhaltung nichts! An<strong><strong>de</strong>r</strong>seits wäre es aber bestimmt abwegig,<br />

die Körperarbeit etwa nun als neben sächlich vernachlässigen zu<br />

wollen. [...] Es muss im ganzen gelingen, im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>schlag Kraft<br />

und Schönheit zum <strong>Aus</strong>druck zu bringen.“ 767<br />

Löbel for<strong><strong>de</strong>r</strong>te ferner, die Schiedsrichter nicht zu einer Zweiteilung in Wasser-<br />

und Körperarbeit zu nötigen. Der Gesamteindruck <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaft sollte mit<br />

einer einzigen Wertung beurteilt wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn „Körperarbeit an sich und al-<br />

lein dürfte überhaupt nicht gewertet wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn die schönste Figur kann<br />

mit grundfalschem Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n verbun<strong>de</strong>n sein!“ 768 Köhler hingegen bestand<br />

1932 darauf, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamteindruck durchaus mitbewertet wer<strong>de</strong>n müsse<br />

und empfahl daher:<br />

„Äußerlichkeiten können <strong>de</strong>n Gesamteindruck einer Mannschaft<br />

verbessern o<strong><strong>de</strong>r</strong> verschlechtern. Eine körperlich gleichmäßige<br />

Mannschaft wird harmonischer wirken als ein Durcheinan<strong><strong>de</strong>r</strong> von<br />

Sitzriesen und Zwergen o<strong><strong>de</strong>r</strong> von Schwer- und Leichtgewichten.<br />

Selbst stark verschie<strong>de</strong>ne Frisuren – wallen<strong>de</strong> Locken, kurzer Tituskopf<br />

– können die Gesamtharmonie merklich stören.“ 769<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> müsse zu erkennen sein, dass neben <strong><strong>de</strong>r</strong> selbstverständlichen<br />

Schönheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Körperarbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Fortgang <strong>de</strong>s Bootes durch <strong>de</strong>n richtigen Ge-<br />

brauch <strong><strong>de</strong>r</strong> Kräfte ausgelöst wer<strong>de</strong>, da die Blattarbeit das Gesetz <strong><strong>de</strong>r</strong> Kör-<br />

perbewegung diktiere. 770<br />

Löbel mel<strong>de</strong>te sich im Herbst 1937 nochmals zur Wort und stellte die<br />

Zweckmäßigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Richtlinien nach <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Saison zur Diskussi-<br />

on. Er kam zu <strong><strong>de</strong>m</strong> Schluss, dass allgemein verstan<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n war,<br />

„daß Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zum Vorwärtskommen da ist. Nirgends sah man<br />

mehr das mü<strong>de</strong> Dahinschleichen von im Boot Haltungsgymnastik<br />

vorführen<strong>de</strong>n Mädchen. Die Richtlinien sprechen ja auch gera<strong>de</strong><br />

in dieser Hinsicht eine sehr <strong>de</strong>utliche Sprache, wenn sie von ‘lebendigem<br />

Zug’, von ‘kraftvollem Beinstoß’, vom ‘Blatt durchs<br />

767 R. LÖBEL, „Das Frauen-Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf neuem Wege. Die natürliche Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik in <strong>de</strong>n<br />

neuen Richtlinien“, in: Wassersport 55(1937)10, S. 174.<br />

768 Ebenda.<br />

769 KÖHLER, „Wertungskontrolle bei Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerben“, S. 299.<br />

770 Vgl. LÖBEL, „Das Frauen-Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf neuem Wege. Die natürliche Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik in<br />

<strong>de</strong>n neuen Richtlinien“, S. 174.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 197<br />

Wasser treiben’, von <strong><strong>de</strong>r</strong> ‘Kupplung aller Triebkräfte’ zur Steigerung<br />

<strong>de</strong>s Durchzugs re<strong>de</strong>n.“ 771<br />

Schwierig gestalte sich, so Löbel weiter, trotz aller Fortschritte das Schieds-<br />

richterproblem. Dies sei vor allem darauf zurückzuführen, dass die Umstel-<br />

lung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns auf die natürliche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>weise in <strong>de</strong>n neuen<br />

Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zwar theoretisch berücksichtigt wer<strong>de</strong>,<br />

die praktische Anwendung aber noch nicht überall stattgefun<strong>de</strong>n habe. Um<br />

diesen Missstand zu beheben, wur<strong>de</strong>n alle Interessierten vom Verband nach<br />

Berlin eingela<strong>de</strong>n, um die theoretische und praktische Arbeit <strong>de</strong>s Schieds-<br />

richters kennen zu lernen. 772 Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s angesprochen wur<strong>de</strong>n Frauen, da<br />

sie in <strong>de</strong>n letzten Jahren Eigenschaften entfaltet und Kräfte entwickelt hätten,<br />

die sie befähigten, führend und selbst gestaltend ihre eigenen sportlichen<br />

Interessen und Vereinsbelange zu vertreten. Daher sei es selbstverständlich,<br />

dass auch das Schiedsrichterproblem von Frauen gelöst wer<strong>de</strong>n müsste. 773<br />

Das Ergebnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Tagung in Berlin im November 1937 wur<strong>de</strong> von allen Betei-<br />

ligten positiv empfun<strong>de</strong>n. Als Grundkonsens war vereinbart wor<strong>de</strong>n, dass nur<br />

eine einheitliche Auffassung <strong><strong>de</strong>r</strong> Richtlinien und Bestimmungen <strong>für</strong> das Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Grund- und Vorbedingung <strong>für</strong> die Erhaltung und Weiterentwicklung<br />

<strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns sei. Die Teilnehmer beschlossen, dass Rhythmus und Zu-<br />

sammenarbeit in das Urteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Schiedsrichter mit einzubeziehen seien. Der<br />

praktische Teil war geprägt durch Vorführungen verschie<strong>de</strong>ner Mannschaf-<br />

ten aus Berlin und Leipzig im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>becken und auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Wasser in Doppel-<br />

zweiern. 774 Lotte Clos, die in Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kreisen angesehen und anerkannt war,<br />

äußerte sich hoffnungsvoll, dass diese Veranstaltung auch in West- und<br />

Süd<strong>de</strong>utschland abgehalten wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>, um die Vereinheitlichung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Technik weiter voran zu treiben. 775<br />

Im Jahr <strong>de</strong>s ersten DMR 1939 wur<strong>de</strong>n die Richtlinien und Bestimmungen <strong>für</strong><br />

das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, die bislang <strong>de</strong>n Status eines Son<strong><strong>de</strong>r</strong>gesetzes hatten, in<br />

die Allgemeinen Wettfahrtbestimmungen <strong>de</strong>s DRV aufgenommen. Dem vo-<br />

771 R. LÖBEL, „Sind wir 1937 im Frauenstilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vorangekommen? Ein Jahr praktische Erprobung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Richtlinien“, in: Wassersport 55(1937)44, S. 1094.<br />

772 REUSS, Wilhelm, „Und nun – das Schiedsrichterproblem! Die Abteilung <strong>für</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

greift ein. Schiedsrichterlehrgang am 14. Nov. in Berlin-Grünau“, in: Wassersport<br />

55(1937)44, S. 1095.<br />

773 Vgl. ebenda.<br />

774 Vgl. L. CLOS, „Stilrichterfrauen sprachen sich aus in Grünau!“, in: Wassersport<br />

55(1937)47, S. 1153.<br />

775 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 198<br />

rangegangen war eine nochmalige Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Punktezahl auf 20, wobei<br />

das Rangsystem erhalten blieb.<br />

Trotz dieser gelungenen Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen verlor das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n immer mehr an<br />

Be<strong>de</strong>utung. Mögliche Grün<strong>de</strong> sind zum einen in <strong><strong>de</strong>r</strong> vermehrten Anerken-<br />

nung <strong>de</strong>s Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zu suchen, zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en in <strong><strong>de</strong>r</strong> späten Einführung<br />

<strong>de</strong>s Rennbootes in Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerben. Schließlich begannen viele <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennboote. Die Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Leichtgewichtsklasse im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n för<strong><strong>de</strong>r</strong>te diese Entwicklung, da viele<br />

leichtere Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen darin ihre Chance erkannten und <strong>de</strong>n Sport nicht<br />

mehr als reinen Zeitvertreib sahen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n als richtigen Leistungssport. Ein<br />

weiterer Vorteil war, dass sie sich im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht mehr <strong><strong>de</strong>m</strong> subjektiven<br />

Diktat <strong><strong>de</strong>r</strong> Punktrichter beugen mussten. 776<br />

Becker erwähnt zu<strong><strong>de</strong>m</strong>, dass Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n keine Anerkennung als Meister-<br />

schaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n fand, da <strong><strong>de</strong>r</strong> ehemalige Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>er und damalige Fachamts-<br />

leiter Pauli sich offensichtlich nicht durchringen konnte, einen Wettbewerb<br />

mit einem Meistertitel zu krönen, <strong><strong>de</strong>r</strong> nicht auf Schnelligkeit basierte.<br />

Lehmann 777 fasste die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Regatten <strong>de</strong>s DDRV im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

von 1919 bis 1929 zusammen:<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1919 1920 1921 1922 1923 1924 1925 1926 1927 1928 1929<br />

Abb. 2: Die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Regatten im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>s DDRV von 1919 bis 1929<br />

Die erstmalig 1919 ausgeschriebenen Rennen wur<strong>de</strong>n im Gig-Einer mit<br />

Steuermann, im Gig-Doppelzweier mit Steuermann und im Gig-Doppelvierer<br />

776 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 91.<br />

777 Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 48.<br />

Wettbewerbe<br />

gestartete Boote


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 199<br />

mit Steuermann ausgefahren. Der eigentliche Höhepunkt war bereits 1924<br />

erreicht, als 64 Boote in zehn Rennen auf Verbandsregatten <strong>de</strong>s DDRV an<br />

<strong>de</strong>n Start gingen. Danach waren die Mel<strong>de</strong>zahlen rückläufig. Die höhere<br />

Starterzahl 1929 kann mit <strong><strong>de</strong>r</strong> zehnjährigen Jubiläumsregatta <strong>de</strong>s DDRV in<br />

Berlin erklärt wer<strong>de</strong>n, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> viele Vereine nicht, wie sonst üblich, die hohen<br />

Transport- und Reisekosten scheuten.<br />

Trotz aller Bemühungen von Seiten bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Verbän<strong>de</strong> markierte das Jahr<br />

1937 <strong>de</strong>n Wen<strong>de</strong>punkt im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Erstmalig wur<strong>de</strong>n in diesem Jahr mehr<br />

Wettbewerbe im Rennboot als im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ausgeschrieben. 1936 starteten<br />

noch 365 Boote in 124 Wettbewerben im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Dem gegenüber stan<strong>de</strong>n<br />

45 Veranstaltungen, an <strong>de</strong>nen 100 Boote teilnahmen. Ernst Altrock 778 fasste<br />

diese Entwicklung statistisch zusammen, zur besseren Gegenüberstellung<br />

wer<strong>de</strong>n die Wettbewerbe im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit aufgeführt:<br />

Abb. 3: Wettbewerbe und gestartete Boote im Renn- und Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n von 1933 bis 1939<br />

Obwohl die Mel<strong>de</strong>zahlen zurückgingen, blieb das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Bestandteil <strong>de</strong>s<br />

Regattakalen<strong><strong>de</strong>r</strong>s. 1941 analysierte Bruno Fertig, selbst großer Anhänger<br />

dieser Wettkampfform, die Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>probleme <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen. Er vertrat die The-<br />

se, dass es, solange ein offensichtliches Bedürfnis befriedigt wer<strong>de</strong>, die<br />

Pflicht bleibe, an <strong><strong>de</strong>r</strong> Vervollkommnung <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zu arbeiten und be-<br />

stehen<strong>de</strong> Mängel zu beseitigen o<strong><strong>de</strong>r</strong> diese so klein wie möglich zu halten. 779<br />

778 Vgl. ALTROCK, Probleme <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, S. 54.<br />

779 Vgl. B. FERTIG, „Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>probleme <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, in: Wassersport 59(1941)39, S. 475-476.<br />

Ferner B. FERTIG, „Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>probleme <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, in: Wassersport 59(1941)40, S. 492-<br />

493.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 200<br />

Durch die Hinwendung zum natürlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>stil sei das Stilproblem prak-<br />

tisch gelöst, ein Zustand, <strong>de</strong>n Fertig <strong>de</strong>n Schiedsrichtern nicht zu bescheini-<br />

gen vermochte. Er vertrat zu<strong><strong>de</strong>m</strong> die Meinung, dass technische Defizite nicht<br />

an <strong><strong>de</strong>r</strong> mangeln<strong>de</strong>n Fähigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einzelnen lägen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n an fehlen<strong>de</strong>n<br />

Übungsmöglichkeiten. Da die Reisespesen auswärtiger und erfahrener<br />

Kampfrichter häufig das Budget <strong>de</strong>s Veranstalters überstiegen, for<strong><strong>de</strong>r</strong>te er<br />

mehr Wettkampfgelegenheiten mit entsprechend abgestuften Beschränkun-<br />

gen:<br />

„Hoffentlich bescheren uns die Erfahrungen mit <strong>de</strong>n mehr o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

weniger zwanglosen, vielfach mit beschränkten finanziellen und<br />

technischen Mitteln durchgeführten Kriegsregatten auch <strong>für</strong> die<br />

Nachkriegszeit überall die Einsicht, daß es möglich, nein, daß es<br />

sogar nötig ist, neben <strong>de</strong>n gewohnten reichsoffenen Regatten alle<br />

paar Wochen ohne <strong>de</strong>n Aufwand <strong><strong>de</strong>r</strong> großen Regatten örtliche<br />

Wettkämpfe durchzuführen, die <strong>de</strong>n Wettkämpfern häufigere<br />

Startmöglichkeiten und <strong>de</strong>n Punkt- und Schiedsrichtern vermehrte<br />

Einsatzmöglichkeiten bieten.“ 780<br />

Dem Rangreihen-System bescheinigte er, dass es alle Fehlurteile, soweit<br />

dies bei subjektiver Bewertung überhaupt möglich sei, ausschließe, da die<br />

Rangfolge und nicht die absolute Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong> Punkte die wesentliche Grundla-<br />

ge <strong>für</strong> die Gesamtwertung sei. 781 Fertig konstatierte, dass die Punktewertung<br />

überhaupt nur eine technische Erleichterung und Gedächtnisstütze <strong>für</strong> die<br />

Aufstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rangreihe darstelle. Bei kleinen Fehlern könnte daher auf<br />

Punkte ganz verzichtet wer<strong>de</strong>n. 782 Nichts<strong>de</strong>stotrotz räumte er ein, dass bei<br />

weniger geübten Kampfrichtern <strong><strong>de</strong>r</strong> Verzicht auf die primäre Punktewertung<br />

zur Ermittlung <strong>de</strong>s Endresultats nicht empfehlenswert sei, da die Gefahr be-<br />

stehe, dass gelungene Einzelelemente <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung überbewertet<br />

wür<strong>de</strong>n. Das sei wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um kontraproduktiv bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertung <strong>de</strong>s Gesamt-<br />

eindrucks.<br />

Fertig mahnte, <strong>de</strong>n Abstand <strong><strong>de</strong>r</strong> vorbeifahren<strong>de</strong>n Boote so klein zu halten,<br />

dass das erste Boot noch im Blickfeld <strong>de</strong>s Schiedsrichters sei, wenn das<br />

zweite querab ru<strong><strong>de</strong>r</strong>e und das dritte auch schon zu beobachten sei. Wün-<br />

schenswert wäre auch, dass zwei gleichwertigen Mannschaften, <strong>de</strong>nen das<br />

780 Ebenda, S. 475.<br />

781 Vgl. ebenda.<br />

782 Vgl. ebenda, S. 492.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 201<br />

Los weit auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong> liegen<strong>de</strong> Startplätze beschert habe, die Möglichkeit<br />

gegeben wür<strong>de</strong>, nochmals in einem Stichkampf antreten zu können. 783<br />

Im März 1941 mel<strong>de</strong>te sich eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in zu Wort, die eine öffentliche Stilru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>wertung for<strong><strong>de</strong>r</strong>te, da das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zweifellos das Sorgenkind <strong>de</strong>s Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns sei. Sie begrün<strong>de</strong>te dies mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache, dass das Publikum<br />

je<strong>de</strong>n Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerb auf Regatten mit Desinteresse verfolge und sich<br />

meistens sogar abwen<strong>de</strong>, da die Ergebnisse nur auf Papier festgehalten<br />

wur<strong>de</strong>n und damit <strong>für</strong> die Zuschauer nicht nachvollziehbar waren. 784 Sie<br />

schlug vor, Tafeln aus Holz anfertigen zu lassen, die dann nach Durchfahrt<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Boote direkt und offen hochgehoben wer<strong>de</strong>n sollten. Davon versprach<br />

sie sich eine Belebung <strong><strong>de</strong>r</strong> Regatta und ein gesteigertes Interesse an <strong>de</strong>n<br />

Darbietungen <strong><strong>de</strong>r</strong> starten<strong>de</strong>n Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen.<br />

Daraufhin stellte Fertig fest, dass nichts gegen diese Metho<strong>de</strong> spreche, falls<br />

man davon eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Publikumswirkung erhoffe. Allerdings gab er zu<br />

be<strong>de</strong>nken, dass die Handhabung <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen Wertung auch Grenzen<br />

aufzeige, da die Kampfrichter bei einer Wettkampfstrecke von 1.000m zu<br />

weit voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> getrennt stehen wür<strong>de</strong>n, so dass die Zuschauer kaum von<br />

ihrem Standpunkt aus alle Punktrichter gleichzeitig beobachten könnten. 785<br />

Die Nachteile <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen Wertung überwogen, so dass diese nach eini-<br />

gen Testläufen nicht eingeführt wur<strong>de</strong>.<br />

1942 wur<strong>de</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als <strong>Aus</strong>gleichsdisziplin in die Bedingungen <strong>de</strong>s<br />

Reichssportabzeichens aufgenommen. Die Prüfung musste nach wie vor von<br />

min<strong>de</strong>stens drei Schiedsrichtern abgenommen wer<strong>de</strong>n, allerdings war die<br />

Abnahme nicht zwangsläufig an eine Regatta gebun<strong>de</strong>n. Hieraus ergab sich<br />

ein Vorteil <strong>für</strong> alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen sowie eine gleichzeitige Erweiterung <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis<br />

<strong>für</strong> das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen<br />

selbst überholte, da es auf lange Sicht nicht zeitgemäß war. Ursprünglich<br />

eingeführt, um die Vereinheitlichung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>stils und die Verbreitung <strong>de</strong>s<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n, wur<strong>de</strong> es seit <strong>de</strong>n 30er Jahren nur noch von we-<br />

nigen betrieben. Die Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zog die „objektive“ Form <strong>de</strong>s<br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns vor, die an keine subjektiven Bewertungsmaßstäbe gebun<strong>de</strong>n<br />

783 Vgl. ebenda.<br />

784 Vgl. E. GRETSCHEL, „Öffentliche Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wertung!“, in: Wassersport 59(1941)11, S. 131.<br />

785 Vgl. FERTIG, „Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>probleme <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, S. 492.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 202<br />

war. Bereits 1944 prognostizierte Ernst Altrock <strong><strong>de</strong>m</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, dass es als<br />

Wettkampfform früher o<strong><strong>de</strong>r</strong> später einmal aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n verschwin-<br />

<strong>de</strong>n und <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung zum Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zum Opfer fallen wür<strong>de</strong>. 786 Das<br />

sollte allerdings noch bis 1971 dauern.<br />

5.6.2 Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Die verbesserten Möglichkeiten zur körperlichen Betätigung führten zu einem<br />

gesteigerten Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen am Wettkampfsport. Dies machte Neue-<br />

rungen im Regattawesen nötig. Die AfF achtete darauf, dass einerseits reine<br />

Frauenregatten veranstaltet wur<strong>de</strong>n und an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits ehemals gemischte<br />

Regatten auf Frauen begrenzt wur<strong>de</strong>n. 787<br />

Die Be<strong>für</strong>worter <strong>de</strong>s weiblichen Wettkampfsports bekannten sich ein<strong>de</strong>utig<br />

zur Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik nach Fairbairn und lehnten ein Stil- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

prinzipiell ab. Diese Einstellung entsprach Fairbairns Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>philosophie<br />

„Don’t sacrifice work to appearance“. 788 Borrmann bekräftigte seine Haltung,<br />

in<strong><strong>de</strong>m</strong> er das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als „Puppenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“ bezeichnete, da dieser Stil we<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> natürlichen Bewegungsvorstellung entspreche noch über einen längeren<br />

Zeitraum hinweg durchgehalten wer<strong>de</strong>n könne. 789<br />

Borrmann bemühte sich wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt, das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen auf <strong>de</strong>n rich-<br />

tigen Weg zu bringen. Er konnte sein Vorgehen vor allem aus methodischer<br />

Sicht verständlich machen, da das Rennbootru<strong><strong>de</strong>r</strong>n durch die Hochschule<br />

geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong> und weil es „<strong><strong>de</strong>r</strong> Verfeinerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit dien[e]“ 790 und nicht<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampfbetätigung.<br />

Sein Werben <strong>für</strong> das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und das Training im Rennboot basierte auf<br />

<strong>de</strong>n durchweg positiven Erfahrungen, die er im Männerbereich gemacht hat-<br />

te. Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n for<strong><strong>de</strong>r</strong>te seiner Meinung nach eine unnatürliche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewe-<br />

gung heraus, die nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Natürlichkeit <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>schlages entsprach. Die<br />

Männer könnten dies längst im Rennboot praktizieren, weil<br />

786<br />

Vgl. ALTROCK, Probleme <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, S. 46.<br />

787<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 83.<br />

788<br />

„Opfere nicht <strong>de</strong>ine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeit zugunsten von äußerer Erscheinung.“ H. BORRMANN,<br />

„Ketzerische Gedanken zur Entwicklung im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 54(1936)50.<br />

S. 1110.<br />

789<br />

M. GÜSSOW, „Anmerkungen wie man natürlich zu ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n lehrt“, in: Wassersport<br />

54(1936)21, S. 395.<br />

790<br />

H. BORRMANN, „Zehn Jahre Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb an <strong><strong>de</strong>r</strong> DHfL“, in: Wassersport 48(1930)4, S.<br />

1001.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 203<br />

„die Haltungsbewegungen beim Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n so stark überspannt<br />

wer<strong>de</strong>n, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> von <strong><strong>de</strong>r</strong> Natur als so gelenke, bewegliche graziöse<br />

Frauenrumpf wie Loths Weib zur Salzsäure erstarrt. Dauerspannung,<br />

Dauerversteifung stehen heute im Zeichen<br />

rhythmischer Gymnastik <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen. [...] Also: kehrt zurück zur<br />

Natur!“ 791<br />

Borrmann attestierte <strong>de</strong>n Frauen ein „Gefühl <strong>für</strong> Anpassung an das, was<br />

Wasser, Wind, Wellen, Boot und Rollsitz diktieren“. 792 Diem äußerte sich<br />

ähnlich:<br />

„Die Revolution, die <strong>de</strong>n orthodoxen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>stil bei Frauen und<br />

auch bei <strong>de</strong>n Männern verdrängte, hatte zur Folge, daß man <strong>de</strong>n<br />

Frauen Wettkampf gestattete und dabei <strong><strong>de</strong>m</strong> weiblichen Geschlecht<br />

endlich <strong>de</strong>n Wettkampf einräumte, womit man hätte anfangen<br />

sollen. Wenn man <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Wettkampf <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen das<br />

Gesamtmaß <strong><strong>de</strong>r</strong> Anstrengungen mit Recht vermin<strong><strong>de</strong>r</strong>n wollte,<br />

dann muß man mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Gewicht <strong>de</strong>s Bootes anfangen. Das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

im Rennboot ist sehr viel mehr als das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gig<br />

statt einer Anstrengung Balancierkunst und so mag man mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Verkürzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Strecke und <strong><strong>de</strong>r</strong> Benutzung <strong>de</strong>s Rennbootes das<br />

Maß an Anstrengung erreicht haben, das <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau nicht schädlich<br />

ist.“ 793<br />

Erstaunlicherweise wur<strong>de</strong> die Frage, ob Frauen skullen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Riemen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

sollten, weniger kontrovers diskutiert. Borrmann be<strong>für</strong>wortete das Skullen,<br />

<strong>de</strong>nn<br />

„die Sehnsucht nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Skullboot ist doch nicht unnatürlich.<br />

Man lasse also diejenigen skullen, die im Interesse ihrer Gesundheit,<br />

ihrer körperlichen Entwickelung [sic!] o<strong><strong>de</strong>r</strong> ihres körperlichen<br />

Zustan<strong>de</strong>s ein Recht auf skullen haben: die Jugendlichen, die<br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>er a. D., die Beleibten und die Frauen.“ 794<br />

Das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> allgemein als körperlich anstrengen<strong><strong>de</strong>r</strong> und tech-<br />

nisch anspruchsvoller angesehen. Es war eine männliche Domäne, die of-<br />

fensichtlich auch zur Abgrenzung <strong>de</strong>s Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zum Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

diente. Das Verbot <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns <strong>für</strong> Frauen wur<strong>de</strong> vor allem von tradi-<br />

tionellen Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern forciert, die in diesem Bereich unter sich bleiben<br />

wollten. Die Anatomie <strong>de</strong>s weiblichen Körpers erlaubt prinzipiell bei<strong>de</strong> Betäti-<br />

gungsformen, allerdings waren die Riemenboote <strong><strong>de</strong>r</strong> damaligen Zeit sehr<br />

791<br />

H. BORRMANN, „Betrachtungen über das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 46(1928)4, S.<br />

54.<br />

792<br />

Ebenda, S. 55.<br />

793<br />

[ohne Verfasser], „Dr. Diem über Frauen-Rennen“, in: Wassersport 58(1940)31, S. 389.<br />

794<br />

H. BORRMANN „Betrachtungen über das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 55.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 204<br />

breit und schwerfällig, so dass die schlankeren Skullboote ein besseres Erle-<br />

ben von Geschwindigkeit und Bootsbeherrschung mit sich brachten. Den-<br />

noch verfielen die Kritiker <strong><strong>de</strong>r</strong> Annahme, dass das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aufgrund<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> längeren Innenhebel die Gesundheit, im speziellen die Brust, gefähr<strong>de</strong>.<br />

„Auch die Gefahr <strong>de</strong>s Schiefwer<strong>de</strong>ns durch die einseitige Belastung sei bei<br />

weniger knochen- und muskelstarken Frauenkörpern beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s groß“. 795<br />

Erschwert wur<strong>de</strong> diese Diskussion durch die Tatsache, dass in vielen Verei-<br />

nen aufgrund <strong>de</strong>s Mangels an Skullbooten die meisten Frauen mit Riemen-<br />

booten vorlieb nehmen mussten. Durch die Konzentration auf Rennen im<br />

Skullbereich fühlten sich viele Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen benachteiligt und for<strong><strong>de</strong>r</strong>ten eine<br />

<strong>Aus</strong>schreibung von Riemenrennen. 1931 legte <strong><strong>de</strong>r</strong> DDRV in seinen Bestim-<br />

mungen fest, dass Skullboote zwar geeigneter seien, Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aber<br />

nicht generell abgelehnt wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. 1942 wur<strong>de</strong> mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Verbot, Frauen-<br />

rennen in Riemenbooten auszuschreiben, die Diskussion been<strong>de</strong>t.<br />

Nach <strong>de</strong>n ersten erfolgreichen Regatten verschwand die Kritik an wettkämp-<br />

fen<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zwar nicht ganz, aber zumin<strong>de</strong>st konnten sich die Frauen<br />

frei entschei<strong>de</strong>n, ob sie Rennen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n betreiben wollten und hatten<br />

mehr Startoptionen als in vorangegangen Jahren.<br />

Die ersten Rennen wur<strong>de</strong>n 1921 im Einer (Klinkerskiff) und im Gig-<br />

Doppelvierer mit Steuermann ausgeschrieben. Bis 1924 blieb es bei diesen<br />

bei<strong>de</strong>n Bootsklassen. Der Gig-Doppelvierer mit Steuermann wur<strong>de</strong> 1925 zu-<br />

gunsten <strong>de</strong>s Junior-Gig-Doppelvierers mit Steuermann aufgegeben, um An-<br />

fängern eine Siegeschance zu gewähren.<br />

795 BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 39.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 205<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1921 1922 1923 1924 1925 1926 1927 1928 1929<br />

Abb. 4: Entwicklung <strong>de</strong>s Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns von 1921 bis 1929 über 1.000m<br />

1926 wur<strong>de</strong>n Rennen in fast allen Bootsklassen 796 ausgeschrieben: Einer<br />

(Klinkerskiff), Gig-Doppelzweier mit Steuermann, Gig-Doppelvierer mit Steu-<br />

ermann und erstmalig auch Gig-Doppelvierer mit Steuermann als Schlag-<br />

zahlrennen 797 über 500m. Das Schlagzahlrennen fand nur in diesem Jahr<br />

statt, erst in <strong>de</strong>n 30er Jahren kam es wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zu <strong><strong>de</strong>r</strong>artigen Wettbewerben.<br />

1928 wur<strong>de</strong>n nur auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Regatta in Potsdam Rennen im Einer und im Gig-<br />

Doppelzweier angeboten, die aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> geringen Mel<strong>de</strong>zahl allerdings<br />

ausfielen. 1929 wur<strong>de</strong> das erste Rennen im Renneiner ausgefahren, das<br />

Klinkerskiff wur<strong>de</strong> hier<strong>für</strong> aufgegeben. Allerdings mel<strong>de</strong>ten nur drei Boote<br />

eines Vereins, so dass auch dieses Rennen nicht gestartet wur<strong>de</strong>. 798<br />

Im Bereich Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n hatten die Frauen nur langsam vermehrte Startoptio-<br />

nen. Erst in <strong>de</strong>n 30er Jahren konnten größere Teilnehmerfel<strong><strong>de</strong>r</strong> verzeichnet<br />

wer<strong>de</strong>n. 1930 starteten lediglich neun Boote in Rennen. Dem gegenüber<br />

stan<strong>de</strong>n immer noch 200 Boote im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Durch die Anerkennung <strong>de</strong>s<br />

Wettkampfwesens und die vermehrten Startmöglichkeiten stieg die Anzahl<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Boote in Rennen in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n neun Jahren stetig. 1935 starteten<br />

bereits 132 Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>mannschaften bei 330 im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Nur drei Jahre<br />

796 Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 49.<br />

797 Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen in Kap. 5.6.4 zum Schlagzahlru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

798 Vgl. ebenda.<br />

Wettbewerbe/Bootsklasse<br />

gestartete Boote


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 206<br />

später konnten mit 272 gestarteten Rennbooten erstmals mehr Teilnehmer in<br />

Rennen als im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit 218 verzeichnet wer<strong>de</strong>n. 799<br />

1935 sah sich die AfF aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfahrungen veranlasst, eine Trainings-<br />

ordnung <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen herauszugeben. Das Niveau auf <strong>de</strong>n meisten Regat-<br />

ten war laut DRV „ansprechend“. Der Verband wollte verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, dass das<br />

so mühsam erarbeitete Ansehen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit und in <strong>de</strong>n eigenen<br />

Reihen durch Sportlerinnen mit schlechter Technik und mangeln<strong><strong>de</strong>r</strong> Konditi-<br />

on konterkariert wur<strong>de</strong>. Berta Pally führte als Vorsitzen<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> AfF noch wei-<br />

tere Grün<strong>de</strong> an:<br />

„Die trainieren<strong>de</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in muß wissen, daß sie mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Training<br />

Pflichten übernimmt, die sie zu erfüllen hat, um zu verhüten, daß<br />

sie nicht nur sich, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch die ganze Mannschaft gefähr<strong>de</strong>t.<br />

Mehr <strong>de</strong>nn je steht heute <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauensport im Dienste <strong>de</strong>s Volksganzen<br />

[...]. Gera<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport steht als Mannschaftssport<br />

erzieherisch an erster Stelle, und ein gewissenhaftes durchgeführtes<br />

Training för<strong><strong>de</strong>r</strong>t Entschlußfreudigkeit, Willenskraft, Lebensfreu<strong>de</strong>,<br />

Gemeinschaftssinn und Kameradschaft [...].“ 800<br />

Die zum Training bereiten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen verpflichteten sich erstmalig gegen-<br />

über <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinsführung durch Unterschrift und Handschlag, <strong>de</strong>n Vorschrif-<br />

ten <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsordnung und <strong>de</strong>n Anweisungen <strong>de</strong>s Trainers und <strong>de</strong>s<br />

Sportausschusses gewissenhaft nachzukommen.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsordnung von 1935 heißt es:<br />

„Die Zeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsfahrten wird vom Trainer unter Berücksichtigung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Berufspflichten <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen festgesetzt und ist<br />

pünktlich einzuhalten [...].<br />

Den Anordnungen <strong>de</strong>s Trainers ist wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruchslos nachzukommen.<br />

Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen haben sich während <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingszeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Überwachung<br />

durch einen Sportarzt zu unterziehen. Bei gesundheitlichen<br />

Störungen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Unpäßlichkeit ist in erster Linie <strong><strong>de</strong>m</strong> Trainer<br />

hiervon Mitteilung zu machen.<br />

Je<strong>de</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in hat <strong>de</strong>n ihr zugeteilten Platz im Boot sowie ihre<br />

Skulls sorgfältig instand zu halten und je<strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n sofort zu<br />

mel<strong>de</strong>n.<br />

799 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 84.<br />

800 B. PALLY, „Trainings-Ordnung jetzt auch <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“, in: Wassersport 53(1935)11, S.<br />

175.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 207<br />

Auf eine geregelte Lebensweise ist streng zu achten. Um sich im<br />

Training die nötige Frische zu bewahren, ist es unbedingt nötig,<br />

<strong>für</strong> ausreichen<strong>de</strong>n Schlaf bei min<strong>de</strong>stens acht Stun<strong>de</strong>n Nachtruhe<br />

zu sorgen. Der Genuß von Alkohol und Nikotin ist streng verboten.<br />

Während <strong>de</strong>s Trainings sind nur Übungsfahrten unter Aufsicht <strong>de</strong>s<br />

Trainers gestattet. Unbeaufsichtigte Tagesfahrten sind auf je<strong>de</strong>n<br />

Fall zu unterlassen.<br />

Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen haben sich eines kameradschaftlichen Verkehrs<br />

untereinan<strong><strong>de</strong>r</strong> zu befleißigen und sich zu bemühen, etwa entstehen<strong>de</strong><br />

Verstimmungen alsbald zu beseitigen.<br />

Die Entlassung aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Training und die Entbindung von allen<br />

übernommen Pflichten kann nur durch die Vereinsführung ausgesprochen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Wünscht eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in vorzeitig aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Training entlassen zu<br />

wer<strong>de</strong>n, so hat sie <strong><strong>de</strong>m</strong> Trainer bzw. <strong><strong>de</strong>m</strong> Sportausschuß hiervon<br />

Meldung zu machen. Lehnt dieser <strong>de</strong>n Antrag wegen ungenügen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Begründung ab, so ist das Training mit vollem Eifer fortzusetzen.<br />

[...]<br />

Nichtbefolgung <strong><strong>de</strong>r</strong> gegebenen Vorschriften kann sofortige Entlassung<br />

aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Training und <strong>Aus</strong>schluß aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Verein nach sich<br />

ziehen.“ 801<br />

Wie straff das Training durchorganisiert war, kommentierte Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>in Inge<br />

Oehlenschläger: „Täglich, außer Montags, wur<strong>de</strong> trainiert, aber vorläufig zu<br />

unserem Kummer nur in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gig.“ 802 Zusammen mit ihrer Partnerin Frie<strong>de</strong>l<br />

Schneegaß begann das gemeinsame Training im Januar und Februar im<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>becken. Sonntags wur<strong>de</strong>n größere Fahrten unternommen, samstags<br />

individuell im Skiff trainiert. Nach langer Übungsphase durften die bei<strong>de</strong>n<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ins Rennboot wechseln. Schließlich begann ihre Wettkampfkar-<br />

riere bei einer Regatta in Kassel. 1939 wur<strong>de</strong>n sie Deutsche Meisterinnen im<br />

Doppelzweier. Ohlenschläger erwähnt auch die Anstrengungen, die das<br />

Training mit sich brachte:<br />

„Man kann es nicht beschreiben, aber es ist so schön, daß es je<strong>de</strong><br />

Mühe und Arbeit und je<strong>de</strong> Entbehrung, die man durch das Training<br />

auf sich nimmt, wie<strong><strong>de</strong>r</strong> wettmacht. Denn leicht ist so ein Trai-<br />

801 Ebenda.<br />

802 I. OEHLENSCHLÄGER, „Training, Kampf und Sieg im Rennboot. Der Weg zur ersten Frauenmeisterschaft<br />

im Doppelzweier“, in: Wassersport 58(1940)6, S. 67.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 208<br />

ning nicht. Es verlangt ganzen Einsatz und Zurückstellung jeglicher<br />

persönlicher Interessen.“ 803<br />

Oehlenschläger nutzte ihre prominente Position, um Werbung <strong>für</strong> das Frau-<br />

enrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu machen und wies zugleich alle Argumente zurück, die es<br />

als gesundheitsschädigend einstuften. Sie stellt klar, dass sie in ihrer fünfjäh-<br />

rigen Trainingszeit unter <strong>de</strong>n oben angegebenen Bedingungen nicht eine<br />

Kameradin hatte, die während <strong>de</strong>s Trainings aus gesundheitlichen Grün<strong>de</strong>n<br />

aufhören musste:<br />

„Im Gegenteil, die Sportärztin, die uns vor, während und nach <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Training untersuchte, war je<strong>de</strong>s Mal nach been<strong>de</strong>tem Training<br />

sehr zufrie<strong>de</strong>n mit uns und je<strong>de</strong>s Mal von neuem erstaunt über<br />

unsere Frische und unsere gesun<strong>de</strong> und kräftige Körperverfassung.“<br />

804<br />

Oehlenschläger versuchte auch das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n weiter zu propagieren, in<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

sie es als Vorbedingung <strong>für</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n klassifizierte. Nur eine Mannschaft,<br />

die wirklich gut ru<strong><strong>de</strong>r</strong>te, konnte ihrer Meinung nach ins Rennboot steigen.<br />

„Aber Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist schöner und befriedigen<strong><strong>de</strong>r</strong> und alle Kameradinnen,<br />

die je ein Renntraining mitgemacht haben, wer<strong>de</strong>n mir<br />

begeistert zustimmen, wenn ich sage ‘Es lebe die<br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei!’“ 805<br />

Diese Ansicht teilten viele Frauen. Eine Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>in aus Berlin erläuterte<br />

diese Faszination und Motivation:<br />

„Die eine dachte sofort an die Regatten und die ‘Töpfe’, eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

freute sich auf das schnittige Rennboot und die letzten bei<strong>de</strong>n<br />

fühlten auch erst nichts weiter als diesen Stolz <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>Aus</strong>erwählten’. [...] Dann kam <strong><strong>de</strong>r</strong> Tag, an <strong><strong>de</strong>m</strong> wir zum erstenmal<br />

die Rennskulls in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n halten durften. Hintereinan<strong><strong>de</strong>r</strong> mit<br />

einer beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Sorgfalt brachten wir sie zum Steg. Und es fiel<br />

uns, während wir so hintereinan<strong><strong>de</strong>r</strong> gingen, auf, wie verhältnismäßig<br />

groß und ‘sportlich’ wir aussahen, und wir fühlten uns damals<br />

schon äußerlich etwas verbun<strong>de</strong>n.“ 806<br />

Für viele Frauen war das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n etwas Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>es, was aus heutiger<br />

Sicht als Anerkennung von Leistung interpretiert wer<strong>de</strong>n kann. Schließlich<br />

mussten sich die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>n Platz in <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsgruppe und im Renn-<br />

803<br />

Ebenda, S. 68.<br />

804<br />

I. OEHLENSCHLÄGER, „Ein Wort <strong>für</strong> das Frauenrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 55(1937)7, S.<br />

243.<br />

805<br />

Ebenda, S. 244.<br />

806<br />

U. BALTHASAR, „Wir Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“, in: Wassersport 59(1941)43, S. 524.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 209<br />

boot in Jahren endloser „Kilometerbolzerei“ in <strong>de</strong>n Gigbooten erarbeiten.<br />

Dieses Gefühl, zunächst oft durch Angst geprägt, entwickelte sich häufig<br />

aber zu purer Freu<strong>de</strong> an <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewegung und Geschwindigkeit:<br />

„Hm, das war also Rennbootru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Kein Pappenstiel. Keine Vergnügungsfahrten.<br />

Keine plätschern<strong>de</strong>n Erzählungen über die neuesten<br />

Klubereignisse im Boot. Das war etwas ganz an<strong><strong>de</strong>r</strong>es. Da<br />

hieß es sich zusammenzunehmen! Da hieß es nicht bolzen – feste,<br />

gib ihm – son<strong><strong>de</strong>r</strong>n es verlangte eine durch <strong>de</strong>n Verstand bis<br />

aufs letzte bedachte Verausgabung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kraft. Da hieß es Stärke<br />

<strong>de</strong>s Körpers, Stärke <strong>de</strong>s Willens, <strong><strong>de</strong>r</strong> Konzentration. Und wie<br />

schön, als das Boot die ersten sauberen Schläge fühlte und lautlos<br />

und fe<strong><strong>de</strong>r</strong>leicht dahinschoß!“ 807<br />

Als allgemein die Tatsache akzeptiert wur<strong>de</strong>, dass die <strong>für</strong> das Boot gelten<strong>de</strong>n<br />

physikalischen Grundgesetze zwischen Männern und Frauen keinen Unter-<br />

schied machten, waren die Frauen gezwungen, sich einem an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Problem<br />

zuzuwen<strong>de</strong>n: Schwere Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen hatten im Rennen, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s bei Ge-<br />

genwind, gegenüber leichten Athletinnen offenbar einen nicht unerheblichen<br />

Vorteil. Ein Blick in die mit Gewichtsangaben versehenen Meisterschaftsre-<br />

gatten bestätigt dies. So liefen zum Beispiel die Renndoppelvierer in <strong><strong>de</strong>r</strong> Re-<br />

gel in <strong><strong>de</strong>r</strong> Reihe ihrer Gewichte durch das Ziel. 808 Deshalb, so einige Kritiker,<br />

müsste bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennen nicht mehr das Los entschei<strong>de</strong>n, son-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n das Gewicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaft. Die Mehrarbeit, die dadurch <strong>für</strong> <strong>de</strong>n aus-<br />

richten<strong>de</strong>n Regattaverein entstehe, sei in <strong>de</strong>n Augen <strong><strong>de</strong>r</strong> Kritiker unerheblich.<br />

Darüber hinaus wür<strong>de</strong>n dadurch alle starten<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gleiche Sieges-<br />

aussichten haben. 809 Insgesamt wur<strong>de</strong> die Einführung einer Leichtgewichts-<br />

klasse durch die AfF als äußerst fortschrittlich und begrüßenswert bewertet:<br />

„Denn nun haben die schlankeren Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen – ich erinnere<br />

an die kleine, aber gute Skullerin Lucie Ebel aus Worms – die<br />

Gewißheit, daß ihr ru<strong><strong>de</strong>r</strong>isches Können nicht nur durch die größere<br />

Masse schwerer Amazonen einfach ausgeschaltet wer<strong>de</strong>n<br />

kann.“ 810<br />

Nach sorgsamer Überprüfung wur<strong>de</strong> 1940 die Gewichtsobergrenze auf 60 kg<br />

festgelegt. Die Gewichtsklasse wur<strong>de</strong> zunächst nur <strong>für</strong> Einer und Doppel-<br />

807<br />

Ebenda.<br />

808<br />

Vgl. [S. W.], „Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen führen die Leichtgewichtsklasse ein!“, in: Wassersport<br />

58(1940)32, S. 400.<br />

809<br />

Vgl. E. GÖRITZ, „Gedanken zum Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 58(1940)27, S. 326.<br />

810<br />

[S. W.], „Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen führen die Leichtgewichtsklasse ein!“, S. 400.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 210<br />

zweier angewandt. Die Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtgewichtsklasse im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frau war ein weiterer Schritt auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Weg, die rennsportliche Basis <strong>de</strong>s<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zu vergrößern. Allerdings kam es aufgrund <strong>de</strong>s Zweiten Welt-<br />

kriegs 1941 zu wenigen Regatten, so dass diese Maßnahme zunächst nicht<br />

<strong>de</strong>n erwünschten Erfolg erzielen konnte. 811<br />

Eine große Unterstützung erfuhren die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in ihren Bemühungen um<br />

das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n durch die allseits anerkannte Ärztin Dr. Alice Profé, die das<br />

Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Artikeln in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Wassersport als zu eckig und zu steif<br />

charakterisierte und daher als völlig sinnlos darstellte. Ihrer Meinung nach<br />

stellten <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampf und das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n keine größeren Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

an <strong>de</strong>n weiblichen Körper als an <strong>de</strong>n männlichen. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> betonte sie,<br />

dass bei vernünftigem Training keinerlei Gefahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Überanstrengung beste-<br />

he. 812<br />

Frauen wie Güssow sprachen sich primär aus gesundheitlichen Grün<strong>de</strong>n<br />

gegen das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aus. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits gab es Argumente, die auf die<br />

schlechte wirtschaftliche Lage zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> 30er Jahre in Deutschland zu-<br />

rückzuführen waren, da Frauen aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelbelastung in Beruf und<br />

Alltag nicht durch das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zusätzlich belastet wer<strong>de</strong>n sollten. Darü-<br />

ber hinaus, so einige Kritiker, sei es zu teuer, was zunächst zu <strong>Aus</strong>tritten,<br />

später zum Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>gang <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns führen könne. 813<br />

Be<strong>für</strong>worter <strong>de</strong>s Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns dagegen verwiesen auf das Selbstbestim-<br />

mungsrecht <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen:<br />

„Die Ästhetikargumente ließen sie nicht gelten, <strong>de</strong>nn über Geschmack<br />

ließe sich nicht streiten und die technische Vollendung<br />

ist eine Frage <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit und <strong>Aus</strong>bildung, und steht in keiner Beziehung<br />

zu unserer Eigenschaft als Frau.“ 814<br />

Dennoch dauerte es länger als erwartet, das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n einerseits gesell-<br />

schaftlich und an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits in <strong>de</strong>n eigenen Reihen zu etablieren. Erst die Fu-<br />

sion <strong>de</strong>s DDRV mit <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV ermöglichte vielen Frauen das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, da<br />

die finanziellen Konditionen günstiger waren. Die progressivere Einstellung<br />

gegenüber wettkämpfen<strong>de</strong>n Frauen tat ihr übriges.<br />

811<br />

Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen in Kap. 5.7 zu <strong>de</strong>n Regatten und Meisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen.<br />

812<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Vom Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong>-Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verban<strong>de</strong>s“, in:<br />

Wassersport 47(1929)8, S. 121.<br />

813<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 74.<br />

814 Ebenda, S. 84


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 211<br />

5.6.3 Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Obwohl <strong><strong>de</strong>r</strong> Damen- und Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband in <strong>de</strong>n 30er Jahren viel <strong>für</strong> das<br />

Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n taten, hatte diese Wettbewerbssparte weiter mit steigen<strong><strong>de</strong>r</strong> Nicht-<br />

beachtung durch Zuschauer und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er sowie zunehmen<strong><strong>de</strong>r</strong> Unzufrie<strong>de</strong>n-<br />

heit <strong><strong>de</strong>r</strong> beteiligten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zu kämpfen. Hierauf reagierte die AfF in<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

sie 1933 die Mischform <strong>de</strong>s Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns einführte. Der DRV versprach<br />

sich eine größere Popularität:<br />

„Wir haben durch die Einführung <strong>de</strong>s Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns einen<br />

Weg gesucht, um <strong><strong>de</strong>m</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n einen Schuß Kampfgeist, sichtbaren<br />

Kampfgeist, einzuimpfen. Kämpferischer Geist ist zwar<br />

auch beim gewöhnlichen Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vorhan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn je<strong>de</strong> Mannschaft<br />

versucht, als Beste abzuschnei<strong>de</strong>n und feilt Wochen um<br />

Wochen an <strong><strong>de</strong>m</strong> Stil ihrer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, bis er sitzt und wettkampfbereit<br />

ist. Beschränkt sich nun das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n allein auf <strong>de</strong>n einen<br />

Punkt, hochvollen<strong>de</strong>tes Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu zeigen, so kommen beim Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

noch die drei Punkte: Start, Schnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Endspurt<br />

hinzu.“ 815<br />

Die Modalitäten <strong>für</strong> das Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong>n auch in <strong>de</strong>n Richtlinien und<br />

Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n verankert. Das sehnlich erwünschte<br />

Kampfmoment wur<strong>de</strong> allerdings vom Verband restriktiv gehandhabt, <strong>de</strong>nn<br />

unter § 2, Absatz II. <strong><strong>de</strong>r</strong> Richtlinien und Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Jahr 1933 fin<strong>de</strong>t sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Eintrag, dass Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Form und<br />

Schnelligkeit verbin<strong>de</strong>n soll, wobei auf die Form <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauptwert zu legen<br />

ist. 816 Die Rennstrecke wur<strong>de</strong> auf 1.000m bei stehen<strong><strong>de</strong>m</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> schwach flie-<br />

ßen<strong><strong>de</strong>m</strong> Wasser festgesetzt. Neu war, dass alle Boote gleichzeitig starteten<br />

und die Schiedsrichter diese begleiteten; die Bewertung erfolgte nach fol-<br />

gen<strong><strong>de</strong>m</strong> System:<br />

„Je<strong><strong>de</strong>r</strong> Schiedsrichter bewertet das Starten mit 1-5 Punkten, die<br />

Strecke mit 1-10 Punkten, <strong>de</strong>n Endkampf mit 1-5 Punkten. Die<br />

erste durch das Ziel gehen<strong>de</strong> Mannschaft erhält außer<strong><strong>de</strong>m</strong> 3<br />

Punkte von je<strong><strong>de</strong>m</strong> Schiedsrichter, die zweite Mannschaft 1 Punkt<br />

von je<strong><strong>de</strong>m</strong> Schiedsrichter.“ 817<br />

Die Endbewertung basierte auf <strong><strong>de</strong>m</strong> allgemeinen Eindruck, <strong>de</strong>n je<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schiedsrichter von <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Mannschaft hatte. Mann-<br />

815<br />

[ohne Verfasser], „Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, ein Erziehungsfaktor“, in: Wassersport 52(1934)24,<br />

S. 583.<br />

816<br />

Vgl. [ohne Verfasser] „Die Richtlinien und Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 28.<br />

817 Ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 212<br />

schaften, die von <strong><strong>de</strong>r</strong> Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Schiedsrichter als zu erschöpft eingestuft<br />

wur<strong>de</strong>n, hatten keine Siegeschance. Diese Maßnahme sollte gewährleisten,<br />

dass das Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sich weiterhin am Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und nicht am Renn-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n orientierte. Die Punktevergabe war die gleiche wie beim herkömmli-<br />

chen Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, so dass maximal 100 Punkte erzielt wer<strong>de</strong>n konnten.<br />

Das erste durchgeführte Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Berlin 1933 wur<strong>de</strong> als großer<br />

Erfolg bezeichnet. Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> besseren Übereinstimmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schiedsrichter<br />

schienen auch die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen mehr Freu<strong>de</strong> an <strong><strong>de</strong>r</strong> Art dieses Wettbewerbs<br />

zu haben und das Publikum bekam spannen<strong>de</strong> Kämpfe zu sehen. 818 Aller-<br />

dings wur<strong>de</strong>n bereits bei <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Veranstaltung auch die Nachteile dieser<br />

Wettkampfform sichtbar: Erstens die Überbewertung <strong>de</strong>s sportlichen Aspek-<br />

tes mit drei Punkten <strong>für</strong> das erste Boot im Ziel und zweitens <strong><strong>de</strong>r</strong> fehlen<strong>de</strong><br />

Anreiz <strong>für</strong> das übrige Feld zum Schnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bei Überlegenheit eines Boo-<br />

tes. 819 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> kritisiert, dass nur <strong><strong>de</strong>r</strong> Start, aber nicht die darauf<br />

folgen<strong>de</strong> Phase bewertet wur<strong>de</strong>. In <strong><strong>de</strong>r</strong> entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Phase <strong>de</strong>s Rennens<br />

vernachlässigten viele Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen das Streben nach einem korrekten Stil, da<br />

sie Punktabzüge in Kauf nahmen, um die Siegpunkte zu erreichen. 820 Beim<br />

Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sollte aber eigentlich immer die Ästhetik und nicht <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Kampf im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund stehen. Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n stellte die Schiedsrichter<br />

ferner erneut vor große Probleme, da gera<strong>de</strong> die drei extra bewerteten Be-<br />

reiche einen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Stil erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ten, <strong><strong>de</strong>r</strong> prinzipiell eher <strong><strong>de</strong>m</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

zuzuschreiben war.<br />

Obwohl das Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong>de</strong>n ersten drei Jahren einen gleichmäßigen<br />

Aufschwung erfuhr, wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Sinn dieser Rennen zu Beginn je<strong><strong>de</strong>r</strong> Regatta-<br />

saison diskutiert. Clos sprach sich <strong>für</strong> diese Disziplin aus und behauptete<br />

Anfang 1937, dass dort, wo Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>n Richtlinien entsprechend ausge-<br />

übt wur<strong>de</strong>, es alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen begeistert hätte. 821 Sie for<strong><strong>de</strong>r</strong>te <strong>de</strong>shalb, das<br />

Stilrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n beizubehalten, da „<strong><strong>de</strong>r</strong> Lauf <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit die Zweifler eines Besse-<br />

ren belehrt und die Erkenntnis vertieft [hat], daß im Sport nichts ungesun<strong>de</strong>s<br />

ist, was mit Maß und Ziel betrieben wird“. 822 Das Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n för<strong><strong>de</strong>r</strong>te<br />

818<br />

Vgl. O. KÖHLER, „Stil-Schnell-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.“, in: Wassersport 51(1933)29, S. 632.<br />

819<br />

Vgl. ebenda.<br />

820<br />

Vgl. ebenda.<br />

821<br />

Vgl. L. CLOS, „Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Rennen auch 1937“, in: Wassersport 55(1937)7, S.<br />

123.<br />

822 Ebenda, S. 122.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 213<br />

laut Clos <strong>de</strong>n „flotten“, flüssigen Stil, an <strong><strong>de</strong>m</strong> alle ihre Freu<strong>de</strong> hätten und wo<br />

es außer<strong><strong>de</strong>m</strong> gelänge, bei einer Rennstrecke von 800m durch Start und<br />

Endkampf diese beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s lebendig zu gestalten, da diese Aspekte <strong>de</strong>n Be-<br />

dürfnissen <strong>de</strong>s gesun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>utschen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports entsprächen: Kraft,<br />

<strong>Aus</strong>dauer und Eleganz. 823<br />

Dennoch war <strong><strong>de</strong>r</strong> eigentliche Höhepunkt <strong>de</strong>s Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns bereits 1935<br />

erreicht. Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Europameisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer in Berlin konn-<br />

ten die Frauen ihr Können im Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in vier Doppelachtern <strong>de</strong>-<br />

monstrieren. Pally bedauerte sehr, dass es sich dabei nicht um einen<br />

Wettbewerb han<strong>de</strong>lte, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur um eine Huldigungsfahrt zu Ehren <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

anwesen<strong>de</strong>n Kamera<strong>de</strong>n. 824 Vier Doppelachter nebeneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> sind aus heu-<br />

tiger Perspektive ein sehr ungewöhnliches, wohl aber auch sehr beeindru-<br />

cken<strong>de</strong>s Bild. Daher kann vermutet wer<strong>de</strong>n, dass die Vorbeifahrt die<br />

Zuschauer positiv überrascht hat. Dies wird von Pally bestätigt, die von be-<br />

geisterten Zurufen <strong><strong>de</strong>r</strong> männlichen Kamera<strong>de</strong>n spricht. Der Lautsprecher<br />

begleitete die Boote beim Start und Näherkommen mit Worten wie „Schöne<br />

ausgeglichene Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeit unserer weiblichen Kamera<strong>de</strong>n!“ 825 In <strong><strong>de</strong>r</strong> Nach-<br />

lese wur<strong>de</strong> dies bewertet:<br />

„Alle Boote zeigten eine gute, einheitliche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeit und verstärkten<br />

noch im Endkampf <strong>de</strong>n ästhetischen Gesamteindruck,<br />

<strong>de</strong>n die Propagandafahrt <strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen vor unseren<br />

ausländischen Gästen und <strong>de</strong>n übrigen Zuschauern hervorgerufen<br />

hatte.“ 826<br />

Das Einlagerennen brachte <strong>de</strong>n Frauen soviel Anerkennung wie selten zu-<br />

vor. Ein männlicher Autor attestierte <strong>de</strong>n Frauen sogar eine mehr als gelun-<br />

gene sportliche Darbietung:<br />

„Wenn man an all die Geduld <strong>de</strong>nkt, an die Anstrengungen und<br />

die Zähigkeit, die aufgebracht wur<strong>de</strong>n, um eine solche Darbietung<br />

voller Schönheit, Takt und Rhythmus und solcher Technik zu bringen,<br />

so ist man erschlagen. Wahrhaftig, die vier Klinker-Achter<br />

823 Vgl. ebenda.<br />

824 Vgl. B. PALLY, „Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Doppelachtern bei <strong>de</strong>n Europa-Meisterschaften“, in:<br />

Wassersport 53(1935)26, S. 583.<br />

825 Ebenda.<br />

826 Ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 214<br />

waren außeror<strong>de</strong>ntlich gut in Fahrt. Und, mein Gott, was <strong>für</strong> schöne<br />

Frauen waren diese Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen!“ 827<br />

Allerdings ließ sich diese Begeisterung nicht lange aufrechterhalten und die<br />

Kritik am Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nahm weiter zu. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s bemängelt wur<strong>de</strong> von<br />

<strong>de</strong>n Be<strong>für</strong>wortern <strong>de</strong>s Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns die Tatsache, dass aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> differie-<br />

ren<strong>de</strong>n Punktevergabe <strong>für</strong> Geschwindigkeit und Stil das erste Boot nicht<br />

prinzipiell siege, so dass lieber direkt ein richtiges Rennen gefahren wer<strong>de</strong>n<br />

sollte. 828 Immer mehr Rennen mussten zu<strong><strong>de</strong>m</strong> wegen einer zu geringen Be-<br />

teiligung abgesagt wer<strong>de</strong>n. Das veranlasste <strong>de</strong>n DRV, das Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

we<strong><strong>de</strong>r</strong> zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n noch zu verbieten. In <strong>de</strong>n Richtlinien und Bestimmungen<br />

aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Jahr 1939 wur<strong>de</strong> <strong>für</strong> die Frauenwettbewerbe festgelegt:<br />

„Das Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n kann natürlich auch beibehalten wer<strong>de</strong>n,<br />

da, wo es <strong>de</strong>n Vereinen an Rennmannschaften in Gig- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Rennbooten fehlt. Wir wollen es nicht verbieten, aber auch nicht<br />

mehr för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Schließlich wird es aber noch eine Zeitlang Vereine<br />

geben, die <strong><strong>de</strong>m</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n größeren Wert beimessen als <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

ausgesprochenen Rennen und beim Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Start und<br />

Spurt als Vorbereitung <strong>für</strong> späteren Kampfsport pflegen könnten.“<br />

829<br />

Das klassische Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n hingegen durfte auf keiner Regatta fehlen, da es<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> einzige zugelassene Wettbewerb <strong>für</strong> Jugendliche war und außer<strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>de</strong>n<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innnen – die nicht <strong>für</strong> das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n geeignet waren – ausreichend<br />

Startmöglichkeiten auf Regatten bot.<br />

Die passive und abwarten<strong>de</strong> Haltung <strong>de</strong>s DRV und <strong><strong>de</strong>r</strong> AfF sowie die gerin-<br />

gen Mel<strong>de</strong>zahlen und die insgesamt ablehnen<strong>de</strong> Einstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

führte 1940 schließlich zur endgültigen Aufgabe <strong>de</strong>s Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. 830<br />

5.6.4 Schlagzahlru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Bei Schlagzahlrennen galt es, eine vorgegebene und damit beschränkte<br />

Schlagzahl einzuhalten. Diese Wettbewerbsform wur<strong>de</strong> erstmalig 1926 831<br />

angeboten und erfreute sich beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s während <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges<br />

827<br />

F. BALDUS, „Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im ausländischen Urteil“, in: Wassersport 53(1935)48,<br />

S. 933.<br />

828<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 95.<br />

829<br />

L. KARICH, „Richtlinien <strong>für</strong> die Frauenwettbewerbe 1939“, in: Wassersport 57(1939)17, S.<br />

370.<br />

830<br />

Vgl. ALTROCK, Probleme <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, S. 38.<br />

831<br />

Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 49.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 215<br />

großer Beliebtheit. Das ursprüngliche Ziel bei ihrer Einführung war die Schaf-<br />

fung von weiteren Startmöglichkeiten <strong>für</strong> sowohl Männer als auch Frauen.<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in Mittel<strong>de</strong>utschland bemühten sich die Vereine ernsthaft, diese<br />

Rennen durchzuführen. 832 Nach Lehmann waren diese Rennen <strong>de</strong>shalb so<br />

beliebt, weil man glaubte, Frauen und Mädchen ohne systematisches Trai-<br />

ning <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Wettkampf begeistern zu können. Hier<strong>für</strong> wur<strong>de</strong>n die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen in drei Klassen eingeteilt: Erstens Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bis zum vollen<strong>de</strong>ten 25.<br />

Lebensjahr, zweitens Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bis zum vollen<strong>de</strong>ten 32. Lebensjahr und<br />

drittens Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen über 32 Jahre. 833 Diese Klassifizierung bestätigt, dass es<br />

gleichgültig war, ob die Mannschaft aus jüngeren o<strong><strong>de</strong>r</strong> älteren Sportlerinnen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> aus Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bestand. Je<strong>de</strong> Mannschaft<br />

hatte die <strong>Aus</strong>sicht auf Erfolg, und das umso mehr, als Schlagzahlrennen<br />

nicht <strong>für</strong> die Klassenzugehörigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> AWB zähl-<br />

ten. Rennmannschaften <strong>de</strong>s Jahres waren von diesen Rennen prinzipiell<br />

ausgeschlossen. Dies be<strong>de</strong>utete gleichzeitig eine Erleichterung <strong>für</strong> die aus-<br />

richten<strong>de</strong>n Vereine.<br />

Während <strong>de</strong>s Krieges setzten sich Schlagzahlrennen immer mehr durch. So<br />

fan<strong>de</strong>n 1941 von April bis Oktober 163 Schlagzahlrennen in 65 Städten statt,<br />

an <strong>de</strong>nen sich insgesamt 525 Boote beteiligten. 834 Im Verlauf <strong>de</strong>s Krieges<br />

wur<strong>de</strong>n dieser Wettbewerb immer mehr zum Privileg <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen. Die ersten<br />

rein weiblichen Schlagzahlregatten wur<strong>de</strong>n 1941 in Mag<strong>de</strong>burg, Dres<strong>de</strong>n und<br />

Kiel ausgefahren. Seit 1940 musste je<strong>de</strong>s Regattaprogramm ein Schlagzahl-<br />

rennen enthalten. 835<br />

Obwohl sich diese Rennen zeitweise größter Beliebtheit erfreuten, scheiter-<br />

ten sie an immer stärker auftreten<strong>de</strong>n Differenzen über das Zählen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schläge. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> störten oft äußerliche Bedingungen wie Wind <strong>de</strong>n Renn-<br />

verlauf, was mit Zugabe von Schlägen auszugleichen versucht wur<strong>de</strong>. Trotz<br />

aller Vorteile, die Schlagzahlrennen mit sich brachten, wie das Gefühl <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Lauf <strong>de</strong>s Bootes, <strong>für</strong> die Schlagzahlhöhe, <strong>für</strong> gute und ökonomische Arbeit<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> Integration von jungen und alten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern sowie von Anfängern<br />

konnte sich diese Wettkampfdisziplin längerfristig nicht durchsetzen. Die<br />

832<br />

Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 30.<br />

833<br />

Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 42.<br />

834<br />

Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 30.<br />

835<br />

Vgl. [ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Wassersport 59(1941)44, S. 537.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 216<br />

Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong> lagen auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Organisation <strong><strong>de</strong>r</strong> Regatta. Vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Rennen<br />

wur<strong>de</strong> eine Probefahrt gemacht, um die Schlagzahl festzulegen. Wenn die<br />

Schlagzahl nicht richtig bemessen war, o<strong><strong>de</strong>r</strong> Witterungsän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen auftra-<br />

ten, kam es vor, dass kein Boot die Ziellinie erreichte, da die festgelegte An-<br />

zahl an Schlägen bereits erfüllt war und das Boot aufgeben musste.<br />

Derartige Vorkommnisse wirkten <strong>de</strong>primierend und beschämend auf die Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, weil das Publikum trotz aller Versuche <strong>de</strong>s Regattasprechers, <strong>de</strong>n<br />

Sinn <strong><strong>de</strong>r</strong> Sache zu erklären, nur das Komische daran sah. 836 Nach 1945<br />

wur<strong>de</strong>n in Deutschland keine Schlagzahlrennen mehr durchgeführt. 837<br />

5.6.5 Gleichschlagru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Das Gleichschlagru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war wie das Schlagzahlru<strong><strong>de</strong>r</strong>n eine Erscheinungs-<br />

form in <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport, die sich nach 1945 nicht mehr<br />

durchsetzen konnte. Diese Disziplin war eingeführt wor<strong>de</strong>n, um mehr Start-<br />

möglichkeiten <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er zu schaffen, die an einem konti-<br />

nuierlichen Training im Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht interessiert waren. Primär war<br />

es <strong>für</strong> festliche Anlässe gedacht, wie beispielsweise <strong>für</strong> eine <strong>Aus</strong>fahrt, als<br />

Auftakt o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>klang einer Regatta. Beim Gleichschlagru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bewegten<br />

sich so viele Boote wie möglich in vorher festgelegter Reihenfolge und Staf-<br />

felung zu einem bestimmten Rhythmus. 838 Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s beliebt <strong>für</strong> das Gleich-<br />

schlagru<strong><strong>de</strong>r</strong>n waren die Fri<strong><strong>de</strong>r</strong>izianischen Märsche als Begleitmusik. Die<br />

Zuschauer waren stets begeistert und jubelten <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, die in ein-<br />

heitlicher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kleidung ein schönes Bild abgaben, begeistert zu. Bereits vor<br />

Kriegsen<strong>de</strong> war das Gleichschlagru<strong><strong>de</strong>r</strong>n jedoch nicht mehr aufrechtzuerhal-<br />

ten.<br />

5.7 Regatten und Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Im März 2008 wur<strong>de</strong> im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Feierlichkeiten zum 125-jährigen Jubi-<br />

läum <strong>de</strong>s DRV im <strong>Deutschen</strong> Sport und Olympia Museum in Köln die <strong>Aus</strong>-<br />

stellung „Der Glanz <strong>de</strong>s Sieges“ eröffnet. Gezeigt wur<strong>de</strong>n historische<br />

Regattatrophäen aus zwei Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ten, die mehr als 150 Jahre <strong>de</strong>utsche<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>geschichte wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spiegelten. Der älteste Pokal datierte aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Jahr<br />

836 S. BARRELET, „Schlagzahlrennen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 74(1956)8, S. 202.<br />

837 Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 31.<br />

838 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 217<br />

1844 und war als Ehrenpreis <strong>für</strong> die Bootsklasse „Sechser mit Steuermann“<br />

auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Hamburger Regatta verliehen wor<strong>de</strong>n. Gewonnen wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Pokal<br />

vom Club Mathil<strong>de</strong>. Der Hamburger und Germania Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club besitzt ihn<br />

heute. 839<br />

Unter <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>stellungsstücken befand sich auch die so genannte „Porzellan-<br />

Amazone“ <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verban<strong>de</strong>s, eine von <strong><strong>de</strong>r</strong> Porzellan-<br />

Manufaktur Hutschenreuther hergestellte Figur. Dies ist <strong><strong>de</strong>r</strong> einzige erhaltene<br />

und bekannte Preis <strong>de</strong>s DDRV. Die Trophäe war ein Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungspreis<br />

<strong>de</strong>s DDRV und wur<strong>de</strong> <strong>für</strong> die Bootsklasse „Jungmann-Doppelvierer mit Steu-<br />

ermann“ im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vergeben. 840 Erstmalig wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Preis 1925 ausge-<br />

schrieben und war drei Mal in Reihenfolge zu gewinnen. Heute befin<strong>de</strong>t er<br />

sich im Besitz <strong>de</strong>s Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club von 1925, die Plakette weist<br />

diesen Verein als Sieger <strong>de</strong>s Jahres 1930 aus.<br />

Das erste Frauen-Rennen wur<strong>de</strong> 1919 vom DDRV im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 841 ausge-<br />

schrieben. Vor <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Aus</strong>sichtsturm in Hirschgarten (Berlin) traten bei strö-<br />

men<strong><strong>de</strong>m</strong> Regen 28 Boote im Einer, Doppelzweier und Doppelvierer an. Die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bun<strong>de</strong>s „Froh Volk“ siegten im Gig-Einer und Gig-<br />

Doppelzweier, <strong><strong>de</strong>r</strong> Gig-Doppelvierer mit Steuermann wur<strong>de</strong> vom Berliner<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club gewonnen. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s hervorgehoben wur<strong>de</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

arbeit <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bun<strong>de</strong>s „Froh Volk“, <strong>de</strong>ssen Zusammenarbeit und Wasser-<br />

arbeit „vorzüglich“ waren. 842<br />

Das erste Wettru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 843 über 1.000m fand 1921 im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbands-<br />

regatta <strong>de</strong>s DDRV statt. Im Gig-Doppelzweier und -vierer musste diese Stre-<br />

cke bewältigt wer<strong>de</strong>n. Nur zwei Jahre später wur<strong>de</strong> die Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaft<br />

im Gig-Einer mit Steuermann durchgeführt, wo<strong>für</strong> zehn Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen mit ihren<br />

„Steuerfrauen“ 844 gemel<strong>de</strong>t hatten. 1924 wur<strong>de</strong>n die Bestimmungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Stileiner hochgesetzt, um ein ansprechen<strong>de</strong>s Niveau zu bewahren. Um <strong>de</strong>n<br />

Meistertitel <strong>de</strong>s DDRV zu erlangen, waren durchschnittlich elf Punkte von<br />

839<br />

DEUTSCHER RUDERVERBAND/DEUTSCHES SPORT & OLYMPIA MUSEUM (Hrsg.), Der Glanz<br />

<strong>de</strong>s Sieges, S. 5.<br />

840<br />

Vgl. ebenda, S. 41.<br />

841<br />

Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen in Kap. 5.6.1 zur Thematik Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

842<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Deutscher Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband“, in: Wassersport 8(1919)39,<br />

S. 406.<br />

843<br />

Vgl. hierzu die Anmerkungen in Kap. 5.6.2 zum Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

844<br />

LEHMANN, „Chronik“, S. 36.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 218<br />

je<strong><strong>de</strong>m</strong> Schiedsrichter erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich. 845 Die Regatta wur<strong>de</strong> als Erfolg gewertet<br />

und entsprechend in <strong><strong>de</strong>r</strong> Presse gewürdigt. Die Organisation verlief wie ge-<br />

plant, die Darbietungen waren angemessen und die technischen Leistungen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Damen beim Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong>n von Beobachtern als gut eingestuft. Al-<br />

lerdings ließ die Besucheranzahl zu wünschen übrig. Das war umso bedau-<br />

erlicher, da ein finanzieller Erfolg <strong><strong>de</strong>m</strong> aufstreben<strong>de</strong>n Verband wohl zu<br />

gönnen gewesen wäre. 846<br />

Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 20er Jahre beschränkte sich die Wettbewerbsaktivität <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen<br />

zunächst auf <strong>de</strong>n Berliner Raum und die lokalen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine. Dennoch<br />

wur<strong>de</strong>n auf Regatten häufig Rennen <strong>für</strong> auswärtige Vereine angeboten, zum<br />

Beispiel aus Danzig, Königsberg und Dres<strong>de</strong>n. Im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> Werbetätigkeiten<br />

von Seiten <strong>de</strong>s DDRV <strong>für</strong> das allgemeine Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland und<br />

<strong>de</strong>n daraus resultieren<strong>de</strong>n vermehrten Verbandsbeitritten nahm auch die<br />

Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Regatten <strong>für</strong> Frauen zu. Der vorläufige Höhepunkt wur<strong>de</strong> 1926<br />

erreicht, als Frauen erstmalig an <strong><strong>de</strong>r</strong> Kampfspielregatta in Köln im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

in Gig-Doppelvierern teilnahmen. Die Presse äußert sich positiv zu diesem<br />

Auftritt:<br />

„Das Damenstilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, das <strong>für</strong> Köln eine ganz neue ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportliche<br />

Veranstaltung darstellt, fand bei <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>fachleuten und<br />

Laien starken Beifall. Es dürfte vielleicht auch am Rhein <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung<br />

von Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n geebnet haben.“ 847<br />

Zum zehnjährigen Bestehen <strong>de</strong>s DDRV wur<strong>de</strong> eine große Jubiläumsregatta<br />

auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Langen See bei Grünau ausgerichtet. Diese war offen <strong>für</strong> die Verei-<br />

ne <strong>de</strong>s DDRV, die Bahnlänge <strong>für</strong> das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n betrug 500m stromabwärts<br />

mit Wen<strong>de</strong>punkt und dann 500m stromaufwärts. Die eigentlichen Rennen<br />

wur<strong>de</strong>n über eine Distanz von 1.000m stromab ausgefahren. Insgesamt fan-<br />

<strong>de</strong>n zehn Rennen in Gig- und Rennbooten statt. Nur zwei Rennen fielen auf-<br />

grund <strong>de</strong>s geringen Mel<strong>de</strong>ergebnisses aus, darunter auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Senior Gig-<br />

Doppelvierer und <strong><strong>de</strong>r</strong> Renneiner, in <strong><strong>de</strong>m</strong> Rennen drei Boote <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege<br />

„Walküre“ gemel<strong>de</strong>t hatten. An <strong><strong>de</strong>r</strong> parallel ausgeschriebenen Meisterschaft<br />

im Stileiner nahmen fünf Boote teil. Die meisten Boote (14) starteten im Cä-<br />

sar-Struck-Gedächnis-Gig-Doppel-Vierer, <strong><strong>de</strong>r</strong> offen war <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, die<br />

845<br />

Vgl. H. ALTROCK/B. PALLY, „<strong>Aus</strong>schreibung zum 6. Stil- und Wettru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport<br />

42(1924)26, S. 550.<br />

846<br />

Vgl. F. BALDUS, „Regattaberichte“, in: Wassersport 42(1924)34, S. 803.<br />

847 Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 36.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 219<br />

nach <strong><strong>de</strong>m</strong> 1. Januar eines Jahres in einen Verbandsverein eingetreten sind.<br />

Dieser Preis war <strong><strong>de</strong>r</strong> Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungspreis <strong>de</strong>s FDRC und wur<strong>de</strong> zu Ehren<br />

<strong>de</strong>s Trainers Cäsar Struck vergeben, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich trotz aller Vorurteile seiner<br />

männlichen Kollegen <strong><strong>de</strong>m</strong> Verein als Trainer <strong>für</strong> Frauen zur Verfügung ge-<br />

stellt hatte. 848<br />

Es sollte bis in die 30er Jahre dauern, bis sich das Rennboot sowohl im Stil-,<br />

als auch im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gegen die Gig durchsetzte. Der Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> Renn-<br />

bootrennen kann auf 1930 datiert wer<strong>de</strong>n, als auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsregatta <strong>de</strong>s<br />

DDRV erstmals <strong><strong>de</strong>r</strong> Renneiner ausgeschrieben wur<strong>de</strong>. Die Richtlinien und<br />

Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>s Jahres 1934 brachten eine Verein-<br />

heitlichung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennstrecken. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> empfohlen, die Wettbewerbe<br />

in Rennbooten auszufahren. Die Streckenlängen waren wie folgt festgelegt:<br />

Einer 600m, Doppelzweier 800m und Doppelvierer 1.000m. Schumann merk-<br />

te an, dass damit hohe Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an die Regattaveranstalter gestellt<br />

wur<strong>de</strong>n, 849 da zum einen nicht genügend Rennbootmaterial vorhan<strong>de</strong>n und<br />

zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en <strong><strong>de</strong>r</strong> erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Umbau <strong><strong>de</strong>r</strong> Regattastrecke aufwendig war,<br />

was zu Leerlauf im Programm führte.<br />

Grünau kann als Mittelpunkt <strong>de</strong>s gesamten <strong>de</strong>utschen Regattawesens bis<br />

1945 angesehen wer<strong>de</strong>n. Dennoch fan<strong>de</strong>n auch immer mehr eigenständige<br />

Frauenregatten statt, wie 1931 in Angerburg, Breslau, Frankfurt/Main, Gie-<br />

ßen, Neusalz, Meseritz, Hamburg, Rostock, Kitzingen, Bernburg, Leipzig,<br />

Köln, Koblenz, Lübeck, Hameln, Osnabrück und Riesa. 850 Hinzu kamen<br />

Einlagerennen auf Herrenregatten <strong>de</strong>s DRV. Zentrale Wettbewerbe mit sehr<br />

großem Mel<strong>de</strong>ergebnis fan<strong>de</strong>n in Berlin, Kassel, Leipzig und Lübeck statt.<br />

Auf diesen Regatten erfreute sich das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n immer noch größter Beliebt-<br />

heit. Noch 1937 traten in Kassel in elf klassischen Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerben<br />

min<strong>de</strong>stens fünf, einmal sogar zehn Boote an. 851<br />

Erstmalig wur<strong>de</strong>n 1932 Meisterschaften im Einer, Doppelzweier und Doppel-<br />

vierer im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ausgeschrieben. Im Doppelvierer gewannen die Mann-<br />

848 Vgl. ebenda, S. 37.<br />

849 Vgl. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 590.<br />

850 LEHMANN, „Chronik“, S. 38.<br />

851 Vgl. [ohne Verfasser], „Lehrreiche Kasseler Frauen-Regatta“, in: Wassersport<br />

55(1937)25, S. 591.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 220<br />

schaften <strong>de</strong>s Dresdner Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereins und RC Nordstern Tegel punkt-<br />

gleich <strong>de</strong>n Titel, was ein Novum darstellte. 852<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Wunsch nach <strong>Deutschen</strong> Meisterschaften immer lau-<br />

ter. Pally als Leiterin <strong><strong>de</strong>r</strong> AfF setzte sich vehement <strong>für</strong> eine übergeordnete<br />

Meisterschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen ein. Sie dachte 1936 allerdings noch weiter:<br />

„Die Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an Meisterschaften, zu <strong>de</strong>nen<br />

man die Frauen in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Staaten längst zugelassen hat, wird<br />

auch <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in ein erstrebenswertes Ziel sein. Und<br />

hinter diesem steht ein größeres Ziel: die Teilnahme auch <strong>de</strong>utscher<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an <strong>de</strong>n Olympischen Spielen 1940 in Tokio!“ 853<br />

Ein erster Schritt dahin wur<strong>de</strong> 1937 getan, als im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong><br />

Meisterschaften in Leipzig ein Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Gig-Doppelzweier mit Steuer-<br />

mann und ein Rennen im Renn-Doppelvierer mit Steuermann über 1.000m<br />

ausgeschrieben wur<strong>de</strong>n. Die Gewinnerinnen durften sich mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Titel<br />

Reichssieger schmücken. Begrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong> diese Einführung folgen<strong><strong>de</strong>r</strong>ma-<br />

ßen:<br />

„Damit wird ein weiterer Antrieb <strong>für</strong> die vermehrte Einführung dieses<br />

bisher schon bevorzugten Frauenmannschafts-Rennboots<br />

gegeben, von <strong><strong>de</strong>m</strong> zur Zeit schon etwa 25 Boote in Deutschland<br />

im Gebrauch sind. [...] wobei es eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s glückliche Lösung<br />

sein dürfte, daß die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zwei Bootsgattungen benutzen,<br />

die im Programm <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er nicht enthalten sind.“ 854<br />

Die Mannschaft RG „Wiking“ Leipzig siegte im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> 1. Frauen-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club Hannover gewann <strong>de</strong>n Titel <strong>de</strong>s Reichssiegers im 1.000m Ren-<br />

nen. 855 1938 wur<strong>de</strong>n diese Wettbewerbe im gleichen Modus beim DMR in<br />

Heilbronn ausgetragen. 856 Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus Hannover verteidigten ihren<br />

Titel, die neuen Reichssieger im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n kamen von <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückertschule<br />

Berlin, wobei dieser Wettkampf 1938 erstmalig im Rennboot ausgetragen<br />

wur<strong>de</strong>. 857 Viele <strong><strong>de</strong>r</strong> männlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er hätten es lieber gesehen, wenn die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ihre Meisterschaften auf einer eigenen Veranstaltung ausgetra-<br />

gen hätten, <strong>de</strong>nn die Frauen erhielten fast immer mehr Aufmerksamkeit als<br />

852<br />

Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 38.<br />

853<br />

Vgl. ebenda, S. 39.<br />

854<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Nun auch Meisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen!“, in: Wassersport<br />

55(1937)12, S. 206.<br />

855<br />

Vgl. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 590.<br />

856<br />

Vgl. [S. W.], „<strong>Aus</strong>schreibung zum 27. <strong>Deutschen</strong> Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Kanalhafen<br />

in Heilbronn“, in: Wassersport 56(1938)29, S. 759.<br />

857<br />

Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 40.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 221<br />

die Männer. Dies lag unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em daran, dass sie durchgängig ein tech-<br />

nisch und konditionell anspruchsvolles Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zeigten. Im 1.000m Rennen<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten die Hannoveranerinnen technisch versierter und waren ihren Geg-<br />

nern überlegen. Lediglich eine Mannschaft aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz konnte anfäng-<br />

lich mithalten, alle an<strong><strong>de</strong>r</strong>en vier Boote waren eine Klasse langsamer. 858<br />

1939 hatten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen die Möglichkeit auf 29 Regatten zu starten, da-<br />

von sechs selbstständige Frauenregatten. Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> 9. Leipziger Frau-<br />

en-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Regatta wur<strong>de</strong> schließlich das 1. Frauen-Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im<br />

Einer, Doppelzweier und Doppelvierer mit Steuermann durchgeführt. Zusätz-<br />

lich wur<strong>de</strong> ein Wettbewerb im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Doppelvierer mit Steuermann im<br />

Gigboot ausgeschrieben. Der Gewinner dieses Wettbewerbes erhielt aller-<br />

dings <strong>de</strong>n Titel Reichssieger, währen die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en als Deutsche Meisterinnen<br />

gewürdigt wur<strong>de</strong>n. 859 Im Vorfeld dieser Regatta zog Pally ein positives Re-<br />

sümee <strong><strong>de</strong>r</strong> bisherigen Entwicklung im Regattabereich und stellte gleichzeitig<br />

fest, dass es an <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit sei, ein DMR <strong>für</strong> Frauen einzuführen und zwar in<br />

mehr als nur in einer Bootsgattung:<br />

„Wie wichtig es war, auch <strong>de</strong>n Einer und <strong>de</strong>n Doppelzweier in die<br />

<strong>Aus</strong>schreibung <strong>für</strong> die Meisterschaften mit aufzunehmen, da diese<br />

bei<strong>de</strong>n Bootsarten nicht nur billiger zu beschaffen sind, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

wir auch später hierin [sic!] mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu konkurrieren<br />

haben wer<strong>de</strong>n, beweist die beachtliche Teilnahme und die bisher<br />

hierin [sic!] erzielten Ergebnisse. Wir haben in Grünau, Kassel<br />

und Her<strong>de</strong>cke Mannschaften ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sehen, die vollauf berechtigt<br />

sind, um die Meisterehre in Leipzig zu kämpfen. Wir sahen auch in<br />

Bremen, Halle und Bernburg verschie<strong>de</strong>ne Renndoppelvierer, die<br />

zu <strong>de</strong>n größten Hoffnungen berechtigen.“ 860<br />

Das Mel<strong>de</strong>ergebnis war beachtlich, nicht ein Rennen fiel aus. Für das Meis-<br />

terschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n hatten im Einer Köln, Hannover und Lübeck gemel<strong>de</strong>t, im<br />

Doppelzweier vier Boote aus Köln, Hannover, Berlin und Lübeck. Im Doppel-<br />

vierer waren sogar sechs Boote aus Berlin, Hamburg, Stettin, Hannover und<br />

Schwerin am Start. 861<br />

858<br />

[S. W.], „Regattaberichte“, in: Wassersport 56(1938)32, S. 842.<br />

859<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „<strong>Aus</strong>schreibung zum 1. Frauen-Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und zur 9.<br />

Leipziger Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Regatta am 16. Juli 1939“, in: Wassersport 56(1938)29, S. 759.<br />

860<br />

B. PALLY, „Vor <strong><strong>de</strong>m</strong> ersten <strong>Deutschen</strong> Frauen-Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport<br />

57(1939)26, S. 654.<br />

861<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Meldungen zum 1. Frauen-Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und zur 9. Leipziger<br />

Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatta am 16. Juli 1939“, in: Wassersport 57(1939)27, S. 713-714.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 222<br />

Die Organisation lag in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n von Lotte Karich, die sich als Leiterin <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauenabteilung in <strong><strong>de</strong>r</strong> RG „Wiking“ Leipzig und als Mitglied <strong><strong>de</strong>r</strong> AfF stets <strong>für</strong><br />

die Belange <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns eingesetzt hatte.<br />

Das erste Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen war ein voller Erfolg, was von<br />

Präsi<strong>de</strong>nt Pauli wohlwollend kommentiert wur<strong>de</strong>:<br />

„Fahren Sie fort auf diesem Wege. [...] Wir sind stolz auf diesen<br />

schönen Zweig am starken Eichenbaum <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports,<br />

und ich gebe <strong><strong>de</strong>m</strong> Wunsch <strong>Aus</strong>druck, daß die treue Kameradschaft<br />

und Zusammenarbeit immer weiter besteht, immer<br />

aufwärts führt und das <strong>de</strong>utsche Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n heute und in Zukunft<br />

führend sein wird.“ 862<br />

Zum ersten Mal erhielten Frauen 1939 in Leipzig die bis heute übliche Sie-<br />

gesauszeichnung, das Eichenblatt. 863 Der Kommentar <strong>de</strong>s Regattasprechers<br />

je<strong>de</strong>s Rennens wur<strong>de</strong> zusätzlich auf Schallplatte <strong>de</strong>n Teilnehmerinnen als<br />

Erinnerung überreicht.<br />

Der Einer wur<strong>de</strong> überraschen<strong><strong>de</strong>r</strong> Weise von Marianne Mahlberg aus Köln<br />

gewonnen, die erst 1937 mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport begonnen hatte. Sie blieb 1939<br />

im Einer ungeschlagen. 864 Im Doppelzweier setzten sich die bekannten<br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen Frie<strong>de</strong>l Schneegass und Inge Oehlenschläger von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

LFRG aus Lübeck durch, im Doppelvierer dominierte die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kamerad-<br />

schaft Schwerin 1871. 865<br />

Im darauf folgen<strong>de</strong>n Jahr wur<strong>de</strong>n die Meisterschaften in Berlin ausgetragen.<br />

Hier erwiesen sich die Hannoveranerinnen als echte Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>für</strong> die<br />

Konkurrenz. Sofie Müller vom 1. Frauen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club Hannover gewann so-<br />

wohl <strong>de</strong>n Einer als auch im Doppelvierer, in <strong><strong>de</strong>m</strong> auch ihre Schwester Gusta<br />

saß. Diesen Erfolg konnten die Schwestern 1941 in Berlin mit <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen Gretschel und Lohsträter wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holen. Sofie Müller gewann 1942 noch-<br />

mals <strong>de</strong>n Einer. Der Titel im Doppelzweier ging ebenfalls 1940 und 1941 an<br />

862<br />

L. CLOS „Das waren wirkliche Meisterschaftskämpfe!“, in: Wassersport 57(1939)29, S.<br />

764.<br />

863<br />

Vgl. ebenda, S. 765.<br />

864<br />

Vgl. M. MAHLBERG, „Ein kleines Porträt: Marianne Mahlberg – Köln“, in: Wassersport<br />

57(1939)33, S. 887-888.<br />

865<br />

Eine vollständige Auflistung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Meisterinnen und Zweit- und Drittplazierten in<br />

allen Bootsgattungen fin<strong>de</strong>t sich unter W. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

(DMR) <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen und Männer von 1882 bis heute (Plätze 1-3)“, in: http://www.rrkonline.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-alle.htm,<br />

Zugriff am 25. 4. 2008. Hierbei han<strong>de</strong>lt<br />

es sich um eine Auflistung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sieger und Medaillengewinner in tabellarischer Form.<br />

Ferner vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 55. Dieser Verein existierte vormals unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Namen<br />

RC Obotrit.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 223<br />

die selbe Mannschaft, namentlich Charlotte Schmidt und Hil<strong>de</strong>gard<br />

Mahnkopf von <strong><strong>de</strong>r</strong> BSG Rvg. Allianz Berlin. Erwähnenswert ist auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Titel<br />

im Einer 1941 von Frie<strong>de</strong>l Haack von <strong><strong>de</strong>r</strong> Postsport-Gemeinschaft Frankfurt,<br />

die als bekannte und altbewährte Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>in einzustufen ist.<br />

Der <strong>Aus</strong>bruch <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges machte viele Bemühungen zunichte.<br />

Die verantwortlichen Behör<strong>de</strong>n einigten sich ab 1940 darauf, die Meister-<br />

schaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen aus organisatorischen Grün<strong>de</strong>n nicht mehr separat<br />

durchzuführen. Trotz <strong>de</strong>s Krieges war das Mel<strong>de</strong>ergebnis überwältigend.<br />

1941 starteten beispielsweise zwölf Boote im Doppelvierer, so dass zwei<br />

Vorrennen ausgefahren wer<strong>de</strong>n mussten. 1942 wur<strong>de</strong>n aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> schwie-<br />

rigen Umstän<strong>de</strong> wie<strong><strong>de</strong>r</strong> vermehrt Gigrennen propagiert, um <strong>de</strong>n Regattabe-<br />

trieb trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> Reisebeschränkungen aufrecht zu erhalten. Anträge, die<br />

Rennstrecken zu verlängern, wur<strong>de</strong>n zunächst vertagt und bis Kriegsen<strong>de</strong><br />

nur teilweise umgesetzt. 866 Die Festlegung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennen im Einer, Doppel-<br />

zweier und Doppelvierer 1941 auf 800m sorgte <strong>für</strong> Unmut unter <strong>de</strong>n Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen. Käte Henning brachte die Kritik auf <strong>de</strong>n Punkt:<br />

„Wenn dies <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Einer und Zweier völlig ausreicht, so wären <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Vierer – auch jetzt im Krieg – doch 1000 Meter angebracht.<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist nun mal Dauerleistung, und so manche Mannschaft hat<br />

erst auf <strong><strong>de</strong>r</strong> 1000m-Strecke Gelegenheit, <strong>de</strong>n toten Punkt zu<br />

überwin<strong>de</strong>n.“ 867<br />

1943 wur<strong>de</strong> die Strecke im Doppelvierer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf 1.000m verlängert, Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Einer und Doppelzweier traten nach wie vor über 800m an. 868<br />

Im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong>n die Rennen im Doppelvierer mit Steuermann nur bis<br />

1942 ausgefahren. In diesen Wettkämpfen dominierten die Mannschaften<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> RG „Wiking“ Leipzig, die 1939 und 1941 gewannen. Die Bootbesetzung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Rückertschule Berlin holte <strong>de</strong>n Titel 1940 und 1942. 869 Nach 1938 wur<strong>de</strong><br />

das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur noch 1942 im Rennboot ausgetragen, 1940 und 1941<br />

wur<strong>de</strong>n Gigs eingesetzt. Zwischen 1943 und 1948 wur<strong>de</strong>n keine Titel im Stil-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vergeben.<br />

866<br />

Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 55.<br />

867<br />

K. HENNING, „Kurzer Rückblick auf die Frauen-Meisterschaften“, in: Wassersport<br />

59(1941)35, S. 427.<br />

868<br />

Vgl. [G. H.], „ Frauen-Meisterschaften“, in: Wassersport 61(1943)3, S. 52.<br />

869<br />

Vgl. W. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (DMR); Doppelvierer mit Steuerfrau,<br />

Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n – Frauen – Plätze 1-3“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-f-vm-stil.htm,<br />

Zugriff am 25. 4. 2008.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 224<br />

Bis einschließlich 1944 wur<strong>de</strong>n Kriegsmeisterschaften abgehalten. 1945 und<br />

1946 war es aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>solaten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mög-<br />

lich, nationale Meisterschaften abzuhalten. Erst 1947 richtete <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV wie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DMR aus.<br />

Resümierend kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass das DMR von <strong>de</strong>n Frauen gut<br />

angenommen wur<strong>de</strong>. Die Beteiligung sowohl beim Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als auch beim<br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war zufrie<strong>de</strong>nstellend und konstant. Dies korrespondierte auch<br />

mit <strong>de</strong>n gezeigten Leistungen, die nach und nach die Kritiker verstummen<br />

ließen. Dennoch waren Frauen nach wie vor gegenüber Männern benachtei-<br />

ligt: Ihnen stan<strong>de</strong>n weniger Bootsklassen zur Verfügung, da sie durch das<br />

Verbot von <strong>de</strong>n Riemenbootsklassen ausgeschlossen waren.<br />

5.8 Schul- und Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> Leiter und Leiterinnen Preußischer<br />

Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigungen 1924 sowie <strong>de</strong>s Preußischen<br />

Protektorenverban<strong>de</strong>s 1925 wur<strong>de</strong> eine Grundlage geschaffen, um das Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n an <strong>de</strong>n Höheren Schulen in Deutschland zu propagieren und zu verein-<br />

heitlichen.<br />

Die große Zeitspanne, die zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s ersten Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

und Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereins liegt, fällt im Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> männli-<br />

chen und weiblichen Jugend kleiner aus. Begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n kann dies mit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache, dass die ersten Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine eine gute Grundlage <strong>für</strong><br />

die weitere <strong>Aus</strong>breitung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns bis hin zum Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

geschaffen hatten. Des Weiteren stan<strong>de</strong>n die Bemühungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mädchen<br />

unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Protektorat <strong><strong>de</strong>r</strong> Schulen, was be<strong>de</strong>utet, dass das Schul- und<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n von Anfang an einen behördlichen und amtlichen Weg<br />

ging. Die vermehrte Gründung von Vereinen und Riegen beruhte lediglich<br />

auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Verständnis und guten Willen <strong><strong>de</strong>r</strong> Lehrerschaft sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> zuständi-<br />

gen Schulbehör<strong>de</strong>. Viele <strong><strong>de</strong>r</strong> späteren Protektorinnen waren selbst Mitglied<br />

in einem Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein, wodurch oftmals eine enge Bindung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schu-<br />

len an die Vereine entstand.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 225<br />

5.8.1 „Mädchen ins Boot“ – Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945<br />

Die Anfänge <strong>de</strong>s Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland liegen in Kassel. 1911,<br />

also noch zwei Jahre vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s Casseler Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereins,<br />

wur<strong>de</strong> an <strong><strong>de</strong>r</strong> Kasseler Studienanstalt ein Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein gegrün-<br />

<strong>de</strong>t. In diesem Sommer war es eine „unerhörte Sache“ 870 , die einige mutige<br />

Obersekundanerinnen unternahmen, als sie <strong>de</strong>n ersten Verein ins Leben<br />

riefen. Der Direktor <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule hatte große Be<strong>de</strong>nken, zumal die Schülerin-<br />

nen ein Boot mit Rollsitzen benutzten und außer<strong><strong>de</strong>m</strong> Hosen anstatt Röcke<br />

trugen. Erschwerend kam hinzu, dass ein junger Referendar <strong>de</strong>n Unterricht<br />

erteilte. Der Direktor gab <strong>de</strong>nnoch seine Zustimmung und am 1. März 1912<br />

wur<strong>de</strong> das Bootshaus eingeweiht und das erste Boot auf <strong>de</strong>n Namen „Gud-<br />

run“ getauft. Diesem Beispiel folgten 1912 das Oberlyzeum in Kassel und<br />

das Oberlyzeum in Bran<strong>de</strong>nburg sowie die Han<strong>de</strong>ls- und Gewerbeschule in<br />

Posen. 871<br />

Ebenfalls 1912 entstand eine Mädchenru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege <strong>de</strong>s Jung<strong>de</strong>utschlandbun-<br />

<strong>de</strong>s, die mehrere Schulen <strong>de</strong>s Berliner Westen umfasste. Buerstätte gab an,<br />

dass diese Riege später als 1. Mädchen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Riege-Schöneberg bekannt<br />

wur<strong>de</strong>; Becker sprach von <strong><strong>de</strong>r</strong> 1. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege Schöneberg, bei<strong>de</strong> datieren die<br />

Gründung auf 1917. 872<br />

Ähnlich wie beim Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n entstan<strong>de</strong>n zunächst im Berliner Raum<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine. Exemplarisch sind hier <strong><strong>de</strong>r</strong> Mädchen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein<br />

Berlin (1915), die Oberschule Berlin (1917) und ebenfalls 1917 das Marien-<br />

dorfer Lyzeum unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Protektorat <strong>de</strong>s Schulleiters Dr. Kuhn, 1919 die<br />

Lyzeen in Zehlendorf, Lichtenberg und Schöneberg 873 und schließlich 1920<br />

die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>abteilung <strong>de</strong>s TSV höherer Mädchenschulen Spandau zu nen-<br />

nen. 874 Auffällig ist, dass durchweg höhere Schulen die Vorreiter <strong>für</strong> Schüler-<br />

innenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine waren. Der Mädchen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Berlin stellte sich<br />

allerdings in <strong>de</strong>n Dienst <strong><strong>de</strong>r</strong> Mädchen, die bereits die Schule verlassen hat-<br />

ten und begann sein Vereinsleben mit zwei Gig-Vierern aus Eiche von 1,20m<br />

870<br />

Vgl. I. STEGEN, „50 Jahre Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

79(1961)28, S. II.<br />

871<br />

Vgl. CH. GRIMMERT, „Die Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in Preußen“, in: DRESCHER, 50 Jahre<br />

Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, S. 235.<br />

872<br />

BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 41. Vgl.<br />

BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 148.<br />

873<br />

Vgl. GRIMMERT, „Die Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in Preußen“, S. 235.<br />

874<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 148.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 226<br />

Breite, die mit „Allerhöchster Genehmigung Kronprinzessin Cecilie und Prin-<br />

zessin Alexandrine“ 875 getauft und ihrer Bestimmung übergeben wur<strong>de</strong>n.<br />

Durch die engen Beziehungen zum Jung<strong>de</strong>utschland Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Berlin hat-<br />

te <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein keinen Mangel an Bootsmaterial. Des Weiteren schloss er sich<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Jung<strong>de</strong>utschland-Mädchengruppe-Gross-Berlin an und bekun<strong>de</strong>te seine<br />

Zugehörigkeit durch die gemeinsame Flagge. Beheimatet war <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein im<br />

Clubhaus Sadowa zu Oberschönewei<strong>de</strong>. 876<br />

In einem Artikel in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport fand sich ein weiterer Hin-<br />

weis auf eine Berliner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege an <strong><strong>de</strong>r</strong> II. Pflicht- und Wahlfortbildschule.<br />

Diese war mit einer höheren Han<strong>de</strong>lsschule verbun<strong>de</strong>n, und wur<strong>de</strong> im No-<br />

vember 1916 gegrün<strong>de</strong>t. Offensichtlich ging die Initiative vom Rektor <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schule aus:<br />

„Der Leiter dieser Anstalt, Direktor Schmidt, verstand es, das Kuratorium<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Anstalt zur Hergabe von Mitteln zu bewegen und unter<br />

seinen Lehrerinnen und Schülerinnen Interesse <strong>für</strong> die Sache<br />

zu erwecken. [...] Durch Eschholz’ Vermittlung kam dann ein Abkommen<br />

zu Stan<strong>de</strong>, wonach dieser <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege <strong>für</strong> die<br />

Wochentage <strong>de</strong>s Sommers 1917 einen Gigvierer zur Verfügung<br />

stellt.“ 877<br />

Ziegler nannte weitere Gründungen in Berlin, wie 1921 an <strong><strong>de</strong>r</strong> Königin-<br />

Luisen-Schule in Frie<strong>de</strong>nau, Gertrau<strong>de</strong>nschule in Dahlem und Viktoria Lui-<br />

sen-Schule in Wilmersdorf, 878 o<strong><strong>de</strong>r</strong> 1921 die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege ehemaliger Schüle-<br />

rinnen <strong>de</strong>s Lyzeums Zehlendorf. 879<br />

Parallel zur Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns nahm das Schul- und Schülerin-<br />

nenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n außerhalb Berlins einen positiven Verlauf. Seit 1913 konnten auch<br />

Schülerinnen am Lyzeum in Saarbrücken ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong>de</strong>n 20er<br />

Jahren kam es in vielen Städten in ganz Deutschland zur Gründung von<br />

Vereinen und Riegen. Ab 1920 konnten Mädchen in Hameln ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein Hameln grün<strong>de</strong>te sich allerdings erst 1926. Es folgten<br />

Köslin 1922, Potsdam 1925, Frankfurt/O<strong><strong>de</strong>r</strong> und Bad Kreuznach (1926). Die<br />

meisten Gründungen sind auf die Jahre 1927 bis 1929 datiert und zwar in<br />

875<br />

[ohne Verfasser], „Das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Jugendpflege“, in: Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

6(1917)18, S. 144.<br />

876<br />

[ohne Verfasser], „Das Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 33(1915)22, S. 218.<br />

877<br />

[ohne Verfasser], „Das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> weibliche Jugendpflege“, S. 145.<br />

878<br />

Vgl. ZIEGLER, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland und im <strong>Aus</strong>land, S. 6.<br />

879<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 148.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 227<br />

Bitterfeld a. d. Mul<strong>de</strong>, Duisburg, Düsseldorf, Hannover, Koblenz, Landsberg<br />

a. d. Warthe, Lüneburg, Marburg, Mag<strong>de</strong>burg, Osnabrück a.d. Ilmenau, Stet-<br />

tin und Wesermün<strong>de</strong>. 880<br />

Problematisch war <strong>für</strong> viele Vereine <strong><strong>de</strong>r</strong> Mangel an Bootsmaterial und geeig-<br />

neten Unterbringungsmöglichkeiten. Der bereits 1906 gegrün<strong>de</strong>te Schülerru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Wannsee nahm ab Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 20er Jahre Mädchen auf und hielt<br />

nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg auch Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>lehrgänge <strong>für</strong> Lehrerinnen ab. Die<br />

angeglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Mädchen besaßen zu<strong><strong>de</strong>m</strong> ein eigenes Bootshaus, was nicht<br />

selbstverständlich war, da in <strong>de</strong>n meisten Fällen die finanziellen Mittel da<strong>für</strong><br />

nicht ausreichten. Erst 1924 bezog <strong><strong>de</strong>r</strong> 1911 gegrün<strong>de</strong>te Verein in Kassel<br />

sein eigenes Bootshaus. 881<br />

1930 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Hamburger Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein als Zusammen-<br />

schluss dreier Schulen gegrün<strong>de</strong>t. Dieser war <strong><strong>de</strong>m</strong> Allgemeinen Alster-Club<br />

angeschlossen und war außer<strong><strong>de</strong>m</strong> Schützling <strong>de</strong>s Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-<br />

Clubs. 882 Dr. Sophie Barrelet vom Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club hielt auf <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

ersten Stiftungsfest 1931 die Festansprache und stellte stolz <strong>de</strong>n Wer<strong>de</strong>gang<br />

<strong>de</strong>s „Ablegers“ vor. 883<br />

Der Hamburger Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein entwickelte sich schnell. Die<br />

Schülerinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Helene Lange-ORS, <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule am Lübecker Torfeld und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Klosterschule hatten es nur ein Jahr nach ihrer Gründung unter <strong><strong>de</strong>r</strong> ziel-<br />

bewussten Leitung von „Fräulein“ Horn und „Fräulein“ Heuer geschafft, sich<br />

als autonomer Verein ein eigenes „Heim“ – zunächst leihweise – zu beschaf-<br />

fen. Der Bootsbauer R. Rathjen hatte ihnen zu günstigen Konditionen Raum<br />

zur Unterbringung <strong><strong>de</strong>r</strong> Boote und ein heizbares Umklei<strong>de</strong>stübchen verpach-<br />

tet, dazu <strong>de</strong>n Steg und ein mit Korbmöbeln ausgestattetes Clubzimmer. 884<br />

Die Einweihung <strong>de</strong>s neuen Domizils war ein großer Erfolg. Die Feierlichkei-<br />

ten wur<strong>de</strong>n durch sportliche Darbietungen auf <strong><strong>de</strong>m</strong> vom Hamburger RC zur<br />

Verfügung gestellten Schwingböcken ergänzt. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>maschine die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeit vorgestellt. Zum Abschluss wur<strong>de</strong>n<br />

Neulingsmannschaften präsentiert, darunter elf Anfänger und sieben Fortge-<br />

schrittenen-Teams, die jeweils in Formation von drei Booten ihr Können zeig-<br />

880 Vgl. GRIMMERT, „Die Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in Preußen“, S. 235.<br />

881 Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 41.<br />

882 Vgl. F. ULMER, „Hamburg“, in: Wassersport 48(1930)45, S. 1085.<br />

883 Vgl. F. ULMER, „Vom Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Wassersport 49(1931)16, S. 325.<br />

884 Vgl. ULMER, „Hamburg“, S. 1085.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 228<br />

ten. „Frische Mairu<strong><strong>de</strong>r</strong>er“ 885 in Trainingsanzug o<strong><strong>de</strong>r</strong> Clubdress, einer blauen<br />

Hose und weißem Sweater mit blauer Einfassung, kre<strong>de</strong>nzten hierzu Tee<br />

und Gebäck.<br />

Nur ein Jahr nach seiner Gründung umfasste <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein<br />

bereits 80 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> aus <strong>de</strong>n oben genannten Schulen, <strong>de</strong>nen sich ebenfalls<br />

Schülerinnen vom Paulsenstift, <strong><strong>de</strong>r</strong> Wüstenfeldschule und <strong><strong>de</strong>r</strong> RG<br />

Curschmannstraße angeschlossen hatten. Diese drei Schulen waren Haupt-<br />

schulen, <strong>de</strong>nen zwei Wochennachmittage zum Übungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zur Verfügung<br />

gestellt wur<strong>de</strong>n. 886 Nach Angaben <strong>de</strong>s Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Clubs wur<strong>de</strong>n<br />

1930 sogar 138 Schülerinnen an <strong>de</strong>n Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein überwiesen.<br />

Die Jugendabteilung setzte sich <strong><strong>de</strong>m</strong>nach aus so genannten Haustöchtern<br />

und Lehrlingen zusammen. 887<br />

Alle an<strong><strong>de</strong>r</strong>en dargestellten Gründungen beziehen sich auf höhere Schulen.<br />

Der Aktenlange nach gab es lediglich noch zwei Mädchen-Mittelschulen in<br />

Kassel, die das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> Mädchen ermöglichten. 888<br />

Genau wie bei <strong>de</strong>n Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen wur<strong>de</strong> das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur von be-<br />

stimmten gesellschaftlichen Kreisen betrieben, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mehrheit also von <strong>de</strong>n<br />

Töchtern aus gesellschaftlich und finanziell gehobenen Familien, die eine<br />

höhere Schulbildung genossen. Dies setzte sich auch in Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verei-<br />

nen fort, was folgen<strong>de</strong> Annonce, mit <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Damen-RC nach neuen<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n suchte, belegt:<br />

„Es wird darauf hingewiesen, daß gegen En<strong>de</strong> dieses Jahres ein<br />

paar junge Mädchen nach Vollendung <strong>de</strong>s 18. Jahres in die<br />

Stammabteilung <strong>de</strong>s Clubs übertreten und dadurch eine beschränkte<br />

Anzahl Plätze in <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendriege frei wer<strong>de</strong>n. Töchter<br />

von Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern, Schülerinnen aus guter Familie, die <strong>de</strong>s Schwimmens<br />

kundig sind und in frisch-fröhlicher Gesellschaft <strong>de</strong>n gesun<strong>de</strong>n<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport pflegen wollen, wen<strong>de</strong>n sich schriftlich an <strong>de</strong>n<br />

Obmann <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendriege, Fräulein Pally, Berlin, Kottbusser Str.<br />

16.“ 889<br />

Alle bestehen<strong>de</strong>n Vereine waren genau wie die <strong><strong>de</strong>r</strong> männlichen Jugend ent-<br />

we<strong><strong>de</strong>r</strong> selbstständig o<strong><strong>de</strong>r</strong> einem Verein angeschlossen. Fast alle Berliner<br />

885 Ebenda.<br />

886 Vgl. ebenda.<br />

887 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Elfrie<strong>de</strong> Schumann am 11. Juni 2008.<br />

888 Vgl. GRIMMERT, „Die Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in Preußen“, S. 241.<br />

889 Vgl. F. ULMER, „<strong>Aus</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband“, in: Wassersport<br />

48(1930)45, S. 1085.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 229<br />

Schülerinnenvereine waren selbstständig, wohingegen die in <strong><strong>de</strong>r</strong> Rheinpro-<br />

vinz ansässigen Gemeinschaften fast alle Teil eines an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Vereins waren.<br />

Diese lassen sich weiter klassifizieren in Vereine, die bei einem Frauen- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein angeglie<strong><strong>de</strong>r</strong>t waren, aber über eigenes Bootsmaterial ver-<br />

fügten und selbstständig agieren konnten und Vereine, die einem DRV-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein angeschlossen waren und dort als vollwertige Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> ange-<br />

sehen wur<strong>de</strong>n.<br />

Das Jahr 1936 brachte <strong>für</strong> das gesamte Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n große<br />

Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen mit sich. Durch die vom Nationalsozialistischen Lehrerbund<br />

vorangetriebene Auflösung <strong>de</strong>s Preußischen Protektorenverban<strong>de</strong>s verloren<br />

Mädchen und Jungen ihre Dachorganisation und ihre Protektoren. Per Erlass<br />

wur<strong>de</strong> das Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bereits am 1. Juni 1934 in <strong>de</strong>n DRV integriert,<br />

<strong>de</strong>nnoch dauert es länger als erwartet, bis das Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

BDM unterstellt wur<strong>de</strong> und die Schulen <strong>de</strong>n Betrieb nicht mehr aufrechterhal-<br />

ten konnten. Häufig wur<strong>de</strong> statt<strong>de</strong>ssen eine Übungsgemeinschaft gegrün<strong>de</strong>t,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> eine Sportlehrerin vorstand. Neu war, dass diese Gemeinschaft nicht nur<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> Schülerinnern <strong><strong>de</strong>r</strong> höheren Lehranstalten anbot, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n sich an<br />

Interessierte aus allen gesellschaftlichen Kreisen und Schulformen richtete.<br />

Grundvoraussetzung war die Mitgliedschaft im BDM. Durch <strong>de</strong>n Erlass <strong>de</strong>s<br />

Reichserziehungsministers vom 2. Januar 1938 wur<strong>de</strong>n alle bestehen<strong>de</strong>n<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine und -riegen aufgelöst, was das vorläufige En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s gesamten Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns be<strong>de</strong>utete. 890<br />

1941 wur<strong>de</strong> das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Leibeserziehung an Schulen<br />

in <strong>de</strong>n Lehrplänen verankert. 891 Klinge und Dapper for<strong><strong>de</strong>r</strong>n in ihrem Werk<br />

Deutsches Mädchenturnen, welches die praktische Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Curricula<br />

<strong>für</strong> alle Schulformen erläutert, eine Abwendung vom Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, da es das<br />

Wesentliche, nämlich <strong>de</strong>n Erfolg <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitung, die Leistung, völlig aus<br />

<strong>de</strong>n Augen verlöre. 892 Alle Turnlehrerinnen, die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>unterricht erteilen, wer-<br />

<strong>de</strong>n zur Mithilfe aufgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, um von <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule her ein außeror<strong>de</strong>ntlich<br />

„schönes, gesun<strong>de</strong>s und unendlich leistungserfülltes Sportgebiet zu erhalten<br />

und ihm neues Leben einzuhauchen“. 893 Explizit wur<strong>de</strong> die Vermittlung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

890<br />

Vgl. HUTMACHER, <strong>Aus</strong>bildung im Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Entwicklung, Standortbestimmung und<br />

Perspektiven, S. 6.<br />

891<br />

Vgl. ALTROCK, Probleme <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, S. 25.<br />

892<br />

Vgl. KLINGE/DAPPER, Deutsches Mädchenturnen, S. 237.<br />

893 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 230<br />

Technik dargestellt und erläutert. Als einzig wahre Bewegungsform wur<strong>de</strong><br />

das Skullen propagiert. Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sollte unter allen Umstän<strong>de</strong>n vermie-<br />

<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, da es als eine unsymmetrische, also einseitige, Kraft rauben<strong>de</strong><br />

und daher zu anstrengen<strong>de</strong> Arbeit klassifiziert wur<strong>de</strong>, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> die Schülerin<br />

Gefahr laufe, durch schiefes Schwingen die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>skoliose zu bekommen.<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> sei das Skullen die Krönung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns schlechthin und <strong><strong>de</strong>m</strong>-<br />

entsprechend die schwierigste Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung, die Schülerinnen und Frauen<br />

beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s im Skiff nur in <strong>Aus</strong>nahmefällen erfüllen konnten. 894 Zur Leistungs-<br />

überprüfung wur<strong>de</strong> vorgeschlagen, ein Geschicklichkeitsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu veranstal-<br />

ten. Dies basierte auf <strong>de</strong>n Überlegungen von Karl Feige, <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen- und<br />

Mädchenrennen als zu gefährlich einstufte, aber unbedingt <strong>de</strong>n Leistungsge-<br />

danken beibehalten wollte. Seine Überlegungen umfassten Frauen- und Ju-<br />

gendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n insgesamt, bezogen sich aber fast ausschließlich auf die<br />

männliche Jugend, da er <strong>für</strong> diese das Geschicklichkeitsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als alternati-<br />

ve Wettbewerbsform zur Hinführung an das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n entwickelt hatte. 895<br />

Während <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges wur<strong>de</strong> das Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zwar auf-<br />

rechterhalten, allerdings entwickelte es sich nicht mehr weiter, da die Mäd-<br />

chen durch die verschie<strong>de</strong>nsten Verpflichtungen, beispielsweise im BDM,<br />

stark in Anspruch genommen wur<strong>de</strong>n. Durch Evakuierung und Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>land-<br />

verschickung waren viele weit entfernt von ihren Heimatorten und befan<strong>de</strong>n<br />

sich oft in Gegen<strong>de</strong>n, die keine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>möglichkeiten boten.<br />

5.8.2 Organisation und Verbandswesen<br />

Das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerinnen war beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in Berlin verbreitet. 1921 wur<strong>de</strong><br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hauptstadt <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerinnen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband Wannsee gegrün<strong>de</strong>t, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

über ein gemietetes Bootshaus verfügte. 896 1922 folgte <strong><strong>de</strong>r</strong> Lyzeal-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband-Groß-Berlin, <strong><strong>de</strong>r</strong> sogar ein eigenes Bootshaus besaß. Außer-<br />

halb Berlins wur<strong>de</strong> 1930 <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband-Nord ins Leben<br />

gerufen, <strong><strong>de</strong>r</strong> vier Schulen vereinigte, die allerdings kein gemeinsames<br />

Bootshaus betrieben. Weitere Verbandsgründungen wur<strong>de</strong>n in Stettin mit<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband Möwe, <strong><strong>de</strong>m</strong> Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

894 Ebenda, S. 238.<br />

895 Vgl. K. FEIGE, „Geschicklichkeitsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n? Eine grundsätzliche Untersuchung“,<br />

in: Wassersport 56(1938)19, S. 394.<br />

896 Vgl. ZIEGLER, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland und im <strong>Aus</strong>land, S. 6.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 231<br />

Ravensberg in Kiel sowie weiteren Verbän<strong>de</strong>n in Breslau, Königsberg und<br />

Hannover vollzogen. 897<br />

Zur Halbjahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>tfeier <strong>de</strong>s Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland ließ <strong><strong>de</strong>r</strong> Preußi-<br />

schen Protektorenverband 1930 <strong>de</strong>n Stand <strong>de</strong>s Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns ermitteln. Die<br />

Ergebnisse <strong>für</strong> die Schülerinnen im Berliner Raum lauteten:<br />

Verband Schulen Boote Schülerinnen<br />

Lyzeal-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband-Groß-Berlin 20 74 1130<br />

Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband-Wannsee 16 60 906<br />

Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband-Nord 5 17 196<br />

Freie-Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine 7 20 307<br />

Tab. 5: Stand <strong>de</strong>s Schulru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns im Großraum Berlin 1930 898<br />

Im übrigen Preußen war das Schulru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach Pro-<br />

vinzen zusammengefasst. Die Ergebnisse erschließen sich wie folgt:<br />

Provinz Schulen Boote Schülerinnen<br />

Ostpreußen 3 5 116<br />

Bran<strong>de</strong>nburg 8 25 416<br />

Pommern 5 6 95<br />

Schlesien 1 3 32<br />

Sachsen 2 3 30<br />

Schleswig-Holstein 4 7 132<br />

Hannover 8 7 184<br />

Westfalen 3 k. A. k. A.<br />

Hessen-Nassau 4 11 239<br />

Rheinprovinz 9 11 230<br />

Tab. 6: Stand <strong>de</strong>s Schulru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in <strong>de</strong>n Provinzen Preußens 1930 899<br />

Es bestand nie eine übergeordnete Dachorganisation, die sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Schüle-<br />

rinnen annahm. Die Protektorinnen waren wie <strong><strong>de</strong>r</strong>en männliche Kollegen im<br />

Preußischen Protektorenverband organisiert, aber <strong>für</strong> die Mädchen sahen<br />

897 Vgl. ALTROCK, Probleme <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, S. 22.<br />

898 Vgl. GRIMMERT, „Die Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in Preußen“, S. 238-239.<br />

899 Vgl. ebenda, S. 240-244. Für die Provinz Grenzmark wur<strong>de</strong>n keine Angaben gemacht.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 232<br />

die Verantwortlichen <strong>für</strong> eine Zentralisierung keine Notwendigkeit. Viele Pro-<br />

vinzen waren sehr klein, so dass sie nie maßgebend Einfluss ausüben konn-<br />

ten. Das bekannte Problem, die Integration nichtselbstständiger<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine o<strong><strong>de</strong>r</strong> -abteilungen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine <strong>de</strong>s DRV, be-<br />

stand auch bei <strong>de</strong>n Schülerinnen. Durch die Aufteilung wur<strong>de</strong> dies noch er-<br />

schwert. Allerdings legten die Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine we<strong><strong>de</strong>r</strong> beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Wert auf eine Mitgliedschaft im DRV noch auf einen gesamt<strong>de</strong>utschen Zu-<br />

sammenschluss, da sie fast ausschließlich das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n betrieben und<br />

aus diesem Grund keine Notwendigkeit sahen, eine DRV-Mitgliedschaft an-<br />

zustreben, um auf Regatten starten zu können. Die Vereine und Riegen<br />

stan<strong>de</strong>n außer<strong><strong>de</strong>m</strong> fast immer unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Protektorat <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Schule,<br />

so dass sie nicht um ihre Position <strong>für</strong>chten mussten.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s Unterausschusses <strong>für</strong> Schüler- und Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im<br />

DRV 1927 gewann das männliche Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an Struktur.<br />

Dabei wur<strong>de</strong>n die Schülerinnen zwar zahlenmäßig erfasst, aber nicht explizit<br />

geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Der Preußische Protektorenverband unterstützte diesen Prozess<br />

als Bin<strong>de</strong>glied zwischen Schul- und Sportinstanzen und versuchte, die Be-<br />

lange <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamten Jugend zu wahren. Das galt auch <strong>für</strong> die Mädchen, da<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Protektorinnen <strong><strong>de</strong>m</strong> Preußischen Protektorenverband angehörten.<br />

Weitere Unterstützung erhielten die Schülerinnen vom 1924 gegrün<strong>de</strong>ten<br />

Verband <strong><strong>de</strong>r</strong> Leiter(-innen) preußischer Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigungen. 900<br />

Damit die Interessen <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule gewahrt wur<strong>de</strong>n, kooperierte dieser Ver-<br />

band mit <strong><strong>de</strong>m</strong> jeweils zuständigen Schulkollegium. Gemäß einem Erlass aus<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Jahre 1924 war Schul- und Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> planmäßigen<br />

Leibesübungen. Damit waren die Riegen und Vereine Einrichtungen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schulen und unterstan<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufsicht <strong>de</strong>s zuständigen Provinzial-<br />

Schulkollegiums. Das Preußische Schulkollegium entwarf eine Mustersat-<br />

zung, die <strong>de</strong>n Vereinen zwar genügend Raum zur Selbstverwaltung ließ,<br />

aber sie auch unter Kontrolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Schulen stellte. Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> konnten nur<br />

Schülerinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Schule wer<strong>de</strong>n, die noch nicht in einem Frauen-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein waren. Der Aufnahmeantrag musste von <strong><strong>de</strong>r</strong> Protektorin, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

900 Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 45.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 233<br />

Klassenlehrerin, <strong><strong>de</strong>r</strong> Turnlehrerin sowie <strong><strong>de</strong>m</strong> Direktor genehmigt und schließ-<br />

lich durch <strong>de</strong>n Beschluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>versammlung beschlossen wer<strong>de</strong>n. 901<br />

Die enge Bindung an die Schulen zeigte sich bereits in einem Erlass von<br />

1920, <strong><strong>de</strong>r</strong> besagt, dass neben <strong>de</strong>n wöchentlichen Turnstun<strong>de</strong>n ein schul- und<br />

aufgabenfreier Halbtag eingerichtet wer<strong>de</strong>n sollte, an <strong><strong>de</strong>m</strong> nach Wahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schülerinnen auch geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

Erstaunlicherweise wur<strong>de</strong> 1926 per Bestimmung gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, dass das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

auf einem fest angebrachten Sitz ausgiebig gelehrt wer<strong>de</strong>n sollte, obwohl die<br />

Frauen bereits seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>twen<strong>de</strong> auf Rollsitzen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten. In diesen<br />

Bestimmungen wur<strong>de</strong> auch explizit auf die Betonung <strong>de</strong>s Stil- und Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns hingewiesen, eine Regattateilnahme erschien nicht empfehlens-<br />

wert. 902<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Jubiläumsfeier <strong>de</strong>s Preußischen Protektorenverban<strong>de</strong>s 1930 in Berlin<br />

waren die Mädchen zwar nicht gleichberechtigt, da die Organisation <strong><strong>de</strong>r</strong> Fei-<br />

er in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> männlichen Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> lag, aber immerhin<br />

durften sie sich mit ihren Mannschaften an <strong><strong>de</strong>r</strong> Auffahrt mitwirken. 200 Schü-<br />

lerinnen mit ihren Protektorinnen nahmen an dieser Veranstaltung teil, die in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Presse großen Anklang fand. 903<br />

Das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>training <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerinnen begann prinzipiell im Winter mit Kasten-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, zuweilen auch mit turnerischen Trockenübungen. Grimmert führt an,<br />

dass häufig nur ein Termin in <strong><strong>de</strong>r</strong> Großstadt wahrgenommen wer<strong>de</strong>n konnte,<br />

da die Anfahrtstwege zu lang waren, wohingegen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Provinz mehrmals in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Woche trainiert wur<strong>de</strong>. 904<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>rennen spielten innerhalb <strong>de</strong>s Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns keine große Rolle,<br />

da man sich auf Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbän<strong>de</strong> beschränkte. Häufig wur-<br />

<strong>de</strong> das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch nur dann betrieben, wenn die Wasserverhältnisse das<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht zuließen. 905 1926 fand <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerb <strong>für</strong><br />

Schülerinnen statt. <strong>Aus</strong>getragen wur<strong>de</strong> dieser auf <strong><strong>de</strong>m</strong> kleinen Wannsee in<br />

Berlin; das Bezirksamt Berlin-Wilmersdorf hatte <strong><strong>de</strong>m</strong> Lyzeal-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

einen Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>preis gestiftet. 1928 und 1929 folgten in Königsberg die nächs-<br />

901 Vgl. ZIEGLER, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland und im <strong>Aus</strong>land, S. 16.<br />

902 Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 45.<br />

903 GRIMMERT, „Die Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in Preußen“, S. 237.<br />

904 Vgl. ebenda, S. 236.<br />

905 Vgl. ebenda, S. 237.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 234<br />

ten Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatten. 906 Neben <strong><strong>de</strong>m</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gab es noch Schlagzahlren-<br />

nen, die aber selten ausgeschrieben wur<strong>de</strong>n, da es auch hier zu Differenzen<br />

wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Zählweise kam. Dennoch berichtet Buerstätte von einer Regatta<br />

1941, an <strong><strong>de</strong>r</strong> 41 Schlagzahlrennen von 684 Königsberger Schülerinnen und<br />

Schülern ausgeru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>n. 907<br />

1942 konnten Mädchen zum ersten Mal an <strong>de</strong>n <strong>Deutschen</strong> Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

meisterschaften teilnehmen, wo ein kombinierter Wettbewerb im Stil- und<br />

Schlagzahlru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ausgeschrieben wur<strong>de</strong>. 908<br />

Offensichtlich profitierten die Schülerinnen von <strong>de</strong>n Schülern. Obwohl diese<br />

Entwicklungslinie im Vergleich zum Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> männlichen Jugend später<br />

einsetzte, konnten die Erfahrungswerte auf die Schülerinnen-Aktivitäten<br />

übertragen wer<strong>de</strong>n. Die Organisationsstruktur <strong>de</strong>s Schul- und Schülerinnen-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns wur<strong>de</strong> in dieser Form nach 1945 nicht mehr belebt.<br />

5.9 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an <strong>de</strong>n Universitäten bis 1945<br />

Das Stu<strong>de</strong>ntinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Universitäten und Hochschulen<br />

setzt im Vergleich zu <strong><strong>de</strong>r</strong> aufgezeigten Entwicklung im Frauen- und Schul-<br />

und Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n erst spät ein. Dies lag vermutlich daran, dass zum<br />

einen die Stu<strong>de</strong>ntinnen nur <strong>für</strong> die Dauer ihres Studiums an <strong>de</strong>n Ort gebun-<br />

<strong>de</strong>n waren und zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en nur wenige Universitäten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kurse anboten.<br />

Die <strong>Aus</strong>bildung aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ischer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>lehrerinnen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Preußischen Lan<strong>de</strong>s-<br />

turnanstalt begann allerdings schon 1912, acht Jahre später begann die<br />

Deutsche Hochschule <strong>für</strong> Leibesübungen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>lehrer auszubil<strong>de</strong>n. 909 Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n war Pflichtfach <strong>für</strong> alle Stu<strong>de</strong>ntinnen.<br />

Der aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> Stu<strong>de</strong>nten etablierte sich bereits um 1880.<br />

Kaiser Wilhelm I. hatte ein großes Interesse an <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbreitung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

sports an <strong>de</strong>n Universitäten und för<strong><strong>de</strong>r</strong>te dies <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend. 910<br />

Bis 1915 wur<strong>de</strong> lediglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Stu<strong>de</strong>ntinnen-Sport-Verein <strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Univer-<br />

sität gegrün<strong>de</strong>t. 911 Alle weiteren Vereine datieren aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Ers-<br />

ten Weltkrieg. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit zwischen 1925 und 1927 kam es zu Riegen- und<br />

906<br />

Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 49.<br />

907<br />

Vgl. ebenda.<br />

908<br />

Vgl. ALTROCK, Probleme <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, S. 26.<br />

909<br />

Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 52.<br />

910<br />

Vgl. HUTMACHER, <strong>Aus</strong>bildung im Schulru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, S. 23.<br />

911<br />

Vgl. ZIEGLER, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland und im <strong>Aus</strong>land, S. 4. Ferner BECKER, Mit<br />

Rock und Riemen, S. 149.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 235<br />

Vereinsgründungen an <strong>de</strong>n Hochschulen und Universitäten in Berlin, Bres-<br />

lau, Bonn, Dres<strong>de</strong>n, Hamburg, Hei<strong>de</strong>lberg, Kiel, Königsberg, Köln, Frank-<br />

furt/Main, Göttingen, Halle/Saale, Leipzig, Marburg und Rostock. 912 In<br />

Hamburg, Hei<strong>de</strong>lberg, Dres<strong>de</strong>n und Köln wur<strong>de</strong>n die<br />

Stu<strong>de</strong>ntinnenabteilungen an örtliche Frauen- und Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine ange-<br />

schlossen. 913 Die 1927 in Berlin gegrün<strong>de</strong>te Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege „Walküre“ wur<strong>de</strong> von<br />

Hugo Borrmann betreut und war in <strong>de</strong>n 30er Jahren beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s im Rennru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n erfolgreich.<br />

Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 30er Jahre wur<strong>de</strong> an fast allen Hochschulen und Universitäten<br />

geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t, so dass die Stu<strong>de</strong>ntinnen häufig auf das Bootsmaterial <strong><strong>de</strong>r</strong> männli-<br />

chen Kommilitonen zurückgreifen konnten o<strong><strong>de</strong>r</strong> mussten. Dies führte dazu,<br />

dass anfänglich nahezu ausschließlich „geriemt“ wur<strong>de</strong>, da die selbstständi-<br />

gen Vereine und Riegen nicht die finanziellen Mittel besaßen, geeignete ei-<br />

gene Boote anzuschaffen. Ziegler stellte fest, dass in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit auch<br />

Riemenboote beim Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zum Einsatz kamen. 914<br />

An<strong><strong>de</strong>r</strong>s als beim Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und mit Abstrichen beim Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

existierte beim Stu<strong>de</strong>ntinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n kein übergeordneter Dachverband. Die<br />

Stu<strong>de</strong>ntinnenvereine und -riegen unterstan<strong>de</strong>n lediglich <strong>de</strong>n zuständigen<br />

Hochschulämtern <strong>für</strong> Leibesübungen. Bei Regatten wur<strong>de</strong>n die Bestimmun-<br />

gen zwischen <strong>de</strong>n teilnehmen<strong>de</strong>n Hochschulen vereinbart, im Allgemeinen<br />

aber geschah dies in Einklang mit <strong>de</strong>n AWB <strong>de</strong>s DRV. 915<br />

Analog zu <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Stu<strong>de</strong>ntinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns begann auch <strong><strong>de</strong>r</strong>en Be-<br />

teiligung an Regatten verhältnismäßig spät. Erstmalig wur<strong>de</strong> 1927 bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Veranstaltung Deutsch-Aka<strong><strong>de</strong>m</strong>isches Olympia in Königsberg ein Wettbe-<br />

werb im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> Stu<strong>de</strong>ntinnen ausgeschrieben. 916 Im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n fand<br />

das erste Rennen in Breslau statt, in <strong><strong>de</strong>m</strong> eine Mannschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Uni-<br />

versität gegen die Technische Hochschule Breslau in Riemenbooten an-<br />

trat. 917<br />

Der Status <strong><strong>de</strong>r</strong> Stu<strong>de</strong>ntinnen und Stu<strong>de</strong>nten wur<strong>de</strong> erstmals 1928 vom DRV<br />

zur Kenntnis genommen, als <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband einen Unterausschuss <strong>für</strong> aka<strong>de</strong>-<br />

912<br />

Vgl. ZIEGLER, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland und im <strong>Aus</strong>land, S. 5.<br />

913<br />

Vgl. ALTROCK, Probleme <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, S. 18.<br />

914<br />

Vgl. ZIEGLER, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland und im <strong>Aus</strong>land, S. 5.<br />

915<br />

Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 52.<br />

916<br />

Vgl. ebenda, S. 55.<br />

917<br />

Vgl. ZIEGLER, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland und im <strong>Aus</strong>land, S. 5.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 236<br />

misches Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n einsetzte. Hochschulmannschaften konnten auch auf DRV-<br />

Regatten teilnehmen. Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1930 in Karlsruhe wur<strong>de</strong> diese Ge-<br />

nehmigung zurückgezogen, so dass sich die Stu<strong>de</strong>ntinnen und Stu<strong>de</strong>nten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Hochschulen und Universitäten zu Hochschulvereinen zusammenschlos-<br />

sen, welche die Aufnahme in <strong>de</strong>n Verband beantragten. Dies wur<strong>de</strong> vom<br />

DRV genehmigt. 918<br />

Der Aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund veranstaltete alljährliche Hochschulregatten,<br />

an <strong>de</strong>nen sich nur selten Frauen beteiligten. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> 1929 ausgerichteten<br />

Jubiläumsregatta <strong>de</strong>s DDRV in Berlin wur<strong>de</strong>n zwei von insgesamt 18 Ren-<br />

nen <strong>für</strong> Stu<strong>de</strong>ntinnen ausgeschrieben. Hierbei han<strong>de</strong>lte es sich um ein Stil-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und ein Wettru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Gig-Doppelvierer über 800m. Es siegte das<br />

erste Boot <strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Universität vor einem weiteren Boot aus Berlin und<br />

<strong>de</strong>n Stu<strong>de</strong>ntinnen aus Bonn. 919<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Hochschulregatta 1932 in Berlin wur<strong>de</strong> das erste Rennbootrennen<br />

<strong>für</strong> Stu<strong>de</strong>ntinnen im Doppelzweier über 1.200m ausgeschrieben. Gewonnen<br />

wur<strong>de</strong> dieser Wettbewerb von <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Hochschule <strong>für</strong><br />

Leibesübungen in Berlin, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> allesamt <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege „Walküre“<br />

angehörten.<br />

Insgesamt ging die Entwicklung <strong>de</strong>s Stu<strong>de</strong>ntinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns langsamer voran<br />

als die <strong>de</strong>s allgemeinen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch <strong>de</strong>s Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns.<br />

Die Beteiligung an Regatten war nicht übermäßig hoch und es dominierten<br />

einzelne Riegen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> große Freu<strong>de</strong> an <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei hatten.<br />

Ein Beispiel hier<strong>für</strong> ist die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege „Walküre“ aus Berlin, die an <strong>de</strong>n Re-<br />

gatten <strong>de</strong>s DDRV und später <strong>de</strong>s DRV erfolgreich im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n teilnah-<br />

men. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n be<strong>de</strong>utete <strong>für</strong> viele Stu<strong>de</strong>ntinnen Erholung und Abwechslung.<br />

Das Studium sollte sie aber primär dazu befähigen, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>unterricht an Schu-<br />

len zu erteilen. Die <strong>Aus</strong>bildung im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an <strong>de</strong>n Hochschulen waren <strong><strong>de</strong>m</strong>-<br />

entsprechend auf dieses Hauptanliegen ausgerichtet.<br />

5.10 Exkurs: Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im <strong>Aus</strong>land vor 1945<br />

<strong>Aus</strong> England wird von Ann Glanville berichtet, die gemeinsam mit ihren Fi-<br />

scherkolleginnen aus Saltash in <strong>de</strong>n 50er Jahren <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts an<br />

mehreren öffentlichen Regatten teilgenommen hat und die als „champion<br />

918 Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 55.<br />

919 Vgl. ebenda, S. 56.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 237<br />

female rower of the world“ bezeichnet wur<strong>de</strong>n. 920 1886 erschien in <strong><strong>de</strong>r</strong> engli-<br />

schen Zeitung The Doidge’s Western Counties Illustrated Annual ein Artikel,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> die Leistungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen um Ann Glanville lobend herausstellt:<br />

„Thirty years ago the crew of Saltash women were [sic! ] one of<br />

the most important features, not only of local regattas, but of similar<br />

aquatic events in other parts of the country. [...] It was very<br />

rarely that Ann and her crew were beaten in a match, even by the<br />

opposite sex. They were never beaten by their own sex.“ 921<br />

Zur selben Thematik fin<strong>de</strong>t sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Wassersport aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Jahr<br />

1890 unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Überschrift „Die Meisterschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt <strong><strong>de</strong>r</strong> Damen – Pariser<br />

Tourenru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Vereinigung En Douce“ <strong><strong>de</strong>r</strong> folgen<strong>de</strong> Eintrag:<br />

„Fräulein Annette X., eine auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Marne wohlbekannte, kräftige<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in, erreichte vor ihren als Damen verklei<strong>de</strong>ten männlichen<br />

Gegnern zuerst das Ziel.“ 922<br />

Bereits 1880 wur<strong>de</strong> in Lady Greville’s Gentlewomen’s Book of Sports festge-<br />

stellt, dass Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> i<strong>de</strong>ale Zeitvertreib und Sport <strong>für</strong> Frauen sei:<br />

„It is essential for every English girl to learn to row, and no one<br />

can say anything against a lady rowing – though of course, there<br />

are ‘some folks’ who would run down anything that a lady does in<br />

the way of athletic exercise, more for the sake of argument than<br />

anything else.“ 923<br />

1890 wird von einem Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club an <strong><strong>de</strong>r</strong> Themse berichtet, <strong><strong>de</strong>r</strong> „erste<br />

wirklich zum Zweck <strong>de</strong>s Trainierens und Wettfahrens gegrün<strong>de</strong>te regelrechte<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein von jungen Englän<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“ 924 , mit Sitz in Islingworth bei Lon-<br />

don. In diesem Artikel wird erwähnt, dass die Damen fast dieselben Satzun-<br />

gen wie die Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er hätten, sich aber von <strong>de</strong>n männlichen<br />

Sportgenossen durch gewissenhafteres Befolgen <strong><strong>de</strong>r</strong> selbst gemachten Ge-<br />

setze und sorgsamere Behandlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Boote unterschie<strong>de</strong>n.<br />

Explizit wird die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kleidung beschrieben, die aus einem bequemen Rock<br />

mit dunkelblauen Falbeln, einer Art Matrosenjacke, braunen Schuhen und<br />

920<br />

Vgl. C. PARKER, The Social History of English Women’s Rowing 1920-1963: A Case<br />

Study of Weybridge Ladies Amateur Club, Master’s thesis, The University of Warwick<br />

1993, S. 28.<br />

921<br />

PARKER, The Social History of English Women’s Rowing 1920-1963, S. 28.<br />

922<br />

[ohne Verfasser], „Die Meisterschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt <strong><strong>de</strong>r</strong> Damen“, in: Wassersport 8(1890)41, S.<br />

454.<br />

923<br />

PARKER, The Social History of English Women’s Rowing 1920-1963, S. 28.<br />

924<br />

[ohne Verfasser], [ohne Titel], in: Wassersport 9(1891)40, S. 491.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 238<br />

einem Matrosenhut mit schräg hellblauem Band bestand. 925 „Die Kleidung<br />

gestattet die freieste Bewegung und sieht nicht übel aus.“ 926 Abschließend<br />

wird noch das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bewertet: „Manche ziehen zu kurz, wenn es schneller<br />

wird, daran muss noch geübt wer<strong>de</strong>n.“ 927 Erwähnenswert erscheint auch,<br />

dass im Winter geturnt und durch gemeinsame Treffen <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenhalt<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> gestärkt wer<strong>de</strong>n sollte. 928<br />

In <strong>de</strong>n USA boten die Hochschulen (colleges) Mount Holyoke und Wellesley<br />

ab 1875 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kurse an, um ihre Stu<strong>de</strong>ntinnen in Anmut und Eleganz <strong>de</strong>s<br />

weiblichen Körpers zu unterrichten. Wettbewerbe mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en <strong>Institut</strong>ionen<br />

waren allerdings strengstens verboten. Am Wellesley College konnten die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen sogar 75 Jahre lang lediglich an internen Wettbewerben teil-<br />

nehmen. 929 Ludtke berichtet von einem Frühlingsfest am Wellesley College,<br />

„Float-Night“, bei <strong><strong>de</strong>m</strong> es nicht auf strenges Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ankam. 930 Je<strong>de</strong> Klasse<br />

schrieb ihre eigenen Mannschaftslie<strong><strong>de</strong>r</strong> und entwarf eine Tracht, die mehr<br />

<strong>de</strong>n beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Umstän<strong>de</strong>n als <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung angepasst war. Eine<br />

typische Strophe von einem Lied <strong><strong>de</strong>r</strong> damaligen Zeit stammte von <strong><strong>de</strong>r</strong> Klasse<br />

<strong>de</strong>s Jahrgangs 1908:<br />

„Across the rippling lake we go. Our bla<strong>de</strong>s flash bright as we seing<br />

low. With rhythmic beat, now swift, now slow for our Class,<br />

1908, we row.“ 931<br />

Weite Matrosenklei<strong><strong>de</strong>r</strong>, sorgfältig mit dazugehören<strong>de</strong>n Reformhosen zuge-<br />

schnitten, waren zwar unpraktisch, aber nicht wegzu<strong>de</strong>nken. 932 Ludtke be-<br />

richtet, dass 1893 die „Float-Night“ 5.000 Zuschauer anzog, die durch das<br />

dargebotene Feuerwerk so fasziniert waren, dass die unpassen<strong>de</strong> Kleidung<br />

unbemerkt blieb. 933 Nur langsam vollzog sich die Entwicklung von <strong><strong>de</strong>r</strong> Sän-<br />

gerin zur Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in. Lucille Hill, die Leiterin <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibeserziehung <strong>de</strong>s Colleges,<br />

teilte die Stu<strong>de</strong>ntinnen in zwei Gruppen ein. Die eine wur<strong>de</strong> von ihr in die<br />

925<br />

Vgl. ebenda.<br />

926<br />

Ebenda, S. 492. Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen zur Kleidung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in Kap. 5.3.2.<br />

927<br />

Ebenda.<br />

928<br />

Vgl. ebenda.<br />

929<br />

Vgl. A. SEATON HUNTINGTON, „Women on Water“, in: L. SMITH (Hrsg.), Nike Is a God<strong>de</strong>ss:<br />

The History of Women in Sports, New York 1998, S. 111, zitiert nach: A. SCHWEINBENZ,<br />

„Paddling Against the Current“, S. 257.<br />

930<br />

Vgl. M. LUDTKE, „Die Mannschaftsgeschichte <strong>de</strong>s Wellesley-College. Ein Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: The Oarsman, [o.O.] 1975, Privatbesitz Schumann, S. 12.<br />

931<br />

Ebenda.<br />

932 Vgl. ebenda.<br />

933 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 239<br />

mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne schwedische Gymnastik eingeführt, die an<strong><strong>de</strong>r</strong>e wur<strong>de</strong> beauftragt,<br />

mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n fortzufahren. Es wur<strong>de</strong> festgestellt, dass bei<strong>de</strong> Gruppen<br />

gleich leistungsfähig waren. Von diesem Zeitpunkt an, konnten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen sich Sportlerinnen nennen. Dennoch galt es, eine gewisse Etikette zu<br />

bewahren:<br />

„Die Grenzen <strong><strong>de</strong>r</strong> Sicherheit müßten sorgfältig berücksichtigt wer<strong>de</strong>n,<br />

es sollte keine übermäßige Kraftentfaltung angestrebt wer<strong>de</strong>n,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n das Training sollte genau, regelmäßig und<br />

wirkungsvoll sein, so daß die Muskeln sich gleichmäßig entwickelten.<br />

So wür<strong>de</strong> das Mädchen Körperbeherrschung und Selbstvertrauen<br />

lernen.“ 934<br />

Diese Vorsichtsmaßnahmen waren nichts außergewöhnliches, die meisten<br />

Trainingsmetho<strong>de</strong>n beschränkten sich auf Freiübungen und Laufen. Geru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong> nicht allzu viel, „aus Angst, Blasen an <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n zu bekom-<br />

men.“ 935 .<br />

Obwohl regelmäßig geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>, sollten die Stu<strong>de</strong>ntinnen nicht überfor-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n. 1906 veröffentlichte das Boston Journal einen Artikel zur Be-<br />

schreibung <strong><strong>de</strong>r</strong> „Float-Night“:<br />

„Am Float-Day haben die Sportstu<strong>de</strong>ntinnen, die <strong>de</strong>n ganzen<br />

Herbst und Winter hart in <strong>de</strong>n Booten trainiert haben, Gelegenheit<br />

zu zeigen, mit welcher Grazie sie einen Rennachter ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n können.<br />

Es war gestern Abend kein Wettkampf <strong><strong>de</strong>r</strong> Klassenmannschaften<br />

in Kraft und <strong>Aus</strong>dauer. Es war einfach eine Vorführung<br />

von geschicktem Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.“ 936<br />

Bis 1930 wur<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n „Float-Nights“ Schnelligkeit nicht angestrebt. In <strong>de</strong>n<br />

Folgejahren galt es, eine angemessene Kombination aus Stil und Geschwin-<br />

digkeit zu fin<strong>de</strong>n. Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>tjahrfeier wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holten die Stu<strong>de</strong>n-<br />

tinnen eine „Float-Night“. 36 Frauen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten in die Mitte <strong>de</strong>s Lake Waban<br />

und bil<strong>de</strong>ten mit ihren Booten das Wellesley „W“.<br />

In <strong>de</strong>n USA gestaltete sich das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n außerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ischen<br />

<strong>Institut</strong>ionen als sehr schwierig. Ernestine Bayer gilt als die Pionierin <strong>de</strong>s US-<br />

amerikanischen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports. Da Frauen in Phila<strong>de</strong>lphia nicht auf <strong>de</strong>n<br />

Stegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Herrenvereine erwünscht waren und sie es leid war, ihren Mann<br />

934 Ebenda.<br />

935 Vgl. ebenda.<br />

936 Ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 240<br />

beim Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu beobachten, grün<strong>de</strong>te sie 1938 <strong>de</strong>n Phila<strong>de</strong>lphia Girl’s<br />

Rowing Club, einen <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Frauenvereine an <strong><strong>de</strong>r</strong> Ostküste. 937<br />

Die Stu<strong>de</strong>ntinnen <strong>de</strong>s Somerville College in Oxford konnten seit 1884 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

sport betreiben. Als Trainingsstrecke wur<strong>de</strong> ein Teilstück <strong>de</strong>s Flusses Isis<br />

festgelegt; die Trainingszeiten waren so arrangiert, dass es nicht zu zufälli-<br />

gen Begegnungen mit <strong>de</strong>n männlichen Mannschaften kam. 938 Die Stu<strong>de</strong>ntin-<br />

nen <strong><strong>de</strong>r</strong> Universitäten Cambridge und Oxford hatten ebenfalls vor 1900 die<br />

Möglichkeit, das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu erlernen. 939<br />

In England nahm das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n eine ähnliche Entwicklung wie in<br />

Deutschland. Obwohl es auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Insel früher Rennen gab, begannen auch<br />

hier die Frauen mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (style competition), das in <strong>de</strong>n Männer-<br />

vereinen nicht gepflegt wur<strong>de</strong>. Frauen wur<strong>de</strong>n dazu ermutigt, spazieren zu<br />

gehen, Rad zu fahren und sich an Aktivitäten und Übungen zu beteiligen, die<br />

angeblich <strong><strong>de</strong>r</strong> Anatomie <strong>de</strong>s weiblichen Körpers entsprachen. Das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

wur<strong>de</strong> in England toleriert, da es gesellschaftlich und körperlich angemessen<br />

erschien. Allerdings wur<strong>de</strong> auch hier genau nach gesellschaftlicher Klassen-<br />

zugehörigkeit differenziert: Frauen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeiterklasse fahren Rennen,<br />

„ladies“ betreiben Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Das äußere Erscheinungsbild ähnelte stark <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen:<br />

„Style rowing was <strong>de</strong>signed to promote outdoor physical activity<br />

for women without the disruption to feminity. Vulgar racing that inclu<strong>de</strong>s<br />

muscular <strong>de</strong>velopment was reserved for the working class,<br />

while ‘ladies’ preferred the aesthetics of style rowing. Early participants<br />

wore corsets, white cotton gloves, and long, white summer<br />

dresses.“ 940<br />

1904 beobachtete Borrmann Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>rennen auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Themse <strong>für</strong> Frauen in<br />

breiten Themsebooten. 941 Die Frauen trugen lange Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>, fast Schleppen,<br />

und ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten auf festen Sitzen. Das erstaunlichste aber schien <strong><strong>de</strong>r</strong> Hut auf<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Kopf gewesen zu sein: entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> ein Hut mit Pleureuse o<strong><strong>de</strong>r</strong> mit wip-<br />

pen<strong><strong>de</strong>r</strong> Fe<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Größe eines Lampenschirms. Prinzipiell aber ging es<br />

laut Borrmann um das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an sich und es wur<strong>de</strong> nicht lange gefragt o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

937<br />

Vgl. SEATON HUNTINGTON, „Women on Water“, S. 111-112.<br />

938<br />

Vgl. DODD, The Story of World Rowing, S. 338.<br />

939<br />

Vgl. ebenda.<br />

940<br />

Ebenda, S. 338.<br />

941<br />

Vgl. H. BORRMANN, „Vom Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im <strong>Aus</strong>lan<strong>de</strong>“, in: Wassersport 47(1929)14, S.<br />

231. Die Breite wird von Borrmann mit 1.25m angegeben.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 241<br />

diskutiert, ob „das nun sportlich sei o<strong><strong>de</strong>r</strong> gesundheitsschädlich o<strong><strong>de</strong>r</strong> unmora-<br />

lisch o<strong><strong>de</strong>r</strong> sonst etwas Schönes: man ru<strong><strong>de</strong>r</strong>te ohne Erwägungen und ohne<br />

Meckern. Es war Spiel und Vergnügen und einen Blumenstrauß hat je<strong>de</strong><br />

Teilnehmerin erhalten.“ 942<br />

Anfang <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts drängten immer mehr Frauen in England in die<br />

männlich dominierten Sportarten. 1907 weigerte sich die British Amateur-<br />

Rowing-Association, das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n anzuerkennen. Die Vereine, die<br />

Frauen eine Mitgliedschaft ermöglichten, wur<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n nationalen Ver-<br />

bän<strong>de</strong>n ausgeschlossen. 943<br />

Im Zuge dieser Entwicklung grün<strong>de</strong>ten Amy Gentry und Mrs. K. L. Summer-<br />

ton 1923 die Women’s Amateur Rowing Association (WARA). Die erste Vor-<br />

sitzen<strong>de</strong> war Lady Desborough, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Gatte Vorsitzen<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> British Olympic<br />

Association war. 944 Bemerkenswert ist im Zusammenhang mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung<br />

die Wortwahl, da das englische Wort „woman“ anstelle von „lady“ eine Ab-<br />

kehr vom Freizeitru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zum Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n implizierte. Trotz dieser Unter-<br />

scheidung zwischen Frauen und Damen basierten die Statuten <strong><strong>de</strong>r</strong> WARA<br />

auf <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong> ARA, was dazu führte, dass Frauen <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeiterklasse von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Mitgliedschaft ausgeschlossen waren. 945<br />

Das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> bereits ab 1918 systematisch aufgezogen. Die ers-<br />

ten Rennen in <strong>de</strong>n Themsebooten waren nicht öffentlicher Art, 946 da das Bild<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Frauen nicht mit <strong><strong>de</strong>m</strong> gängigen Frauenbild harmonierte. 1920<br />

wur<strong>de</strong> das erste öffentliche Rennen ausgetragen. Zuvor waren allerdings<br />

schon die Schulen und Colleges gegeneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> angetreten.<br />

1929 gab es in England 75 Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine. Ähnlich wie in Deutschland<br />

konzentrierte sich die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei auf die Hauptstadt, also auf London. Selten<br />

verfügten die Vereine über eigene Bootshäuser, allerdings berichtet Borr-<br />

mann, dass es <strong>für</strong> die Frauen einfacher als in Deutschland war, sich bei an-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en Vereinen einzumieten. Die meisten Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine wur<strong>de</strong>n<br />

außer<strong><strong>de</strong>m</strong> von Frauen geleitet. Gemischte Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine folgten <strong><strong>de</strong>m</strong> Bei-<br />

spiel <strong><strong>de</strong>r</strong> Tennisvereine, in <strong>de</strong>nen eine gleichberechtigte Mitgliedschaft Usus<br />

war. Gemeinsames Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n diente Training und Vergnügen zugleich.<br />

942<br />

Ebenda, S. 231.<br />

943<br />

Vgl. WIGGLESWORTH, A Social History of English Rowing, S. 111.<br />

944<br />

Vgl. ebenda.<br />

945<br />

Vgl. SCHWEINBENZ, „Paddling Against the Current“, S. 259.<br />

946<br />

Vgl. BORRMANN, „Vom Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im <strong>Aus</strong>lan<strong>de</strong>“, S. 232.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 242<br />

England muss in <strong><strong>de</strong>r</strong> För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns eine Vorreiterrolle attes-<br />

tiert wer<strong>de</strong>n. Sehr früh wur<strong>de</strong>n bereits Rennen im Achter und im Einer zur<br />

Ermittlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bezirksmeister abgehalten, die als Head of the River Race<br />

bezeichnet wur<strong>de</strong>n. Die WARA richtete einmal im Jahr eine eigene Regatta<br />

aus, ansonsten gab es bis 1930 durchschnittlich 25 Regatten jährlich, an <strong>de</strong>-<br />

nen Frauen in Einlagerennen teilnehmen konnten. 947 Geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong> in<br />

schmalen Klinkerbooten und Rennriemenbooten mit <strong>Aus</strong>legern.<br />

Im Gegensatz zu <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Frauen hatten die Englän<strong><strong>de</strong>r</strong>innen mehr<br />

Möglichkeiten, an Rennen teilzunehmen. Dies kann damit erklärt wer<strong>de</strong>n,<br />

dass sie <strong><strong>de</strong>m</strong> Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n mehr zugetan waren als die <strong>Deutschen</strong>. Da in<br />

England fast ausschließlich „geriemt“ wur<strong>de</strong>, waren die Frauen gezwungen in<br />

Riemenbooten ihre Rennen auszufahren. Die Diskussion, ob nun das Skul-<br />

len o<strong><strong>de</strong>r</strong> Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> die Frauen besser sei o<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht, wur<strong>de</strong> in Eng-<br />

land nicht geführt.<br />

Ein ähnliches Bild zeichnete Borrman vom Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong>de</strong>n Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lan-<br />

<strong>de</strong>n. So wur<strong>de</strong>n zwar dort auf Regatten Klinkerboote und Rennriemenboote<br />

verwen<strong>de</strong>t, es wur<strong>de</strong>n allerdings keine Rennen im herkömmlichen Sinn aus-<br />

gefahren. Bereits 1913 fand <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerb zwischen Verei-<br />

nen aus Utrecht, Amsterdam und Den Haag statt. Fünf Jahre später stellten<br />

die Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>län<strong><strong>de</strong>r</strong> auf Rennboote um. Zwischenzeitlich wur<strong>de</strong> versucht, das<br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> Frauen einzuführen, war aber zu <strong><strong>de</strong>m</strong> Schluss gekommen,<br />

dass Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n kein Sport <strong>für</strong> Frauen war. 948<br />

Bis 1930 gab es in <strong>de</strong>n Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lan<strong>de</strong>n nur einen einzigen selbstständigen<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein. Der Verein De Vliet in Lei<strong>de</strong>n verfügte sogar über ein<br />

eigenes Bootshaus. 949 Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Frauenregatten wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lan-<br />

<strong>de</strong>n nicht ausgerichtet, allerdings gab es auf vier o<strong><strong>de</strong>r</strong> fünf Männerregatten<br />

die Möglichkeit, an Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerben teilzunehmen.<br />

Frauen waren in <strong>de</strong>n Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lan<strong>de</strong>n häufig or<strong>de</strong>ntliche Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> in einem<br />

Männerverein. Dies führte dazu, dass gemischte <strong>Aus</strong>fahrten unternommen<br />

wur<strong>de</strong>n. An<strong><strong>de</strong>r</strong>s als in Deutschland wur<strong>de</strong>n allerdings nicht längere Strecken<br />

bewältigt, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n kürzere <strong>Aus</strong>fahrten unternommen. Nach einigen Kilome-<br />

tern wur<strong>de</strong> Pause gemacht, meist in Verbindung mit einem Picknick. Viele<br />

947 Vgl. ebenda.<br />

948 Vgl. ebenda.<br />

949 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 243<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Boote waren außer<strong><strong>de</strong>m</strong> mit einem Außenbordmotor versehen, um <strong>de</strong>n<br />

Rückweg zu erleichtern. Gemeinsames Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war üblich in nie<strong><strong>de</strong>r</strong>ländi-<br />

schen Vereinen. Dies traf nicht auf <strong>de</strong>n <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein in Amster-<br />

dam zu, <strong><strong>de</strong>r</strong> ebenfalls über eine Damenabteilung verfügte und<br />

Gemischtru<strong><strong>de</strong>r</strong>n schlichtweg ablehnte. 950<br />

Um die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s internationalen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns voranzutreiben, be-<br />

mühten sich die Englän<strong><strong>de</strong>r</strong> seit 1928 intensiv um die Gründung eines interna-<br />

tionalen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s. Dies erscheint heute einerseits erstaunlich,<br />

da <strong><strong>de</strong>r</strong> englische Männerverband nicht einmal <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA angehörte. An<strong><strong>de</strong>r</strong>er-<br />

seits kann auch genau die fehlen<strong>de</strong> Einbindung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen <strong>de</strong>n Wunsch<br />

nach einer Verbandszugehörigkeit unterstützt haben. Am 1. Juli 1929 fand in<br />

London eine Tagung <strong>de</strong>s englischen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s WARA unter<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Vorsitz von Frau Gedge statt. Ziel war die Gründung eines internationa-<br />

len Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s. Da aber die eingela<strong>de</strong>nen ausländischen Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> nicht erschienen waren, wur<strong>de</strong> das Ziel letztlich nicht<br />

erreicht. 951<br />

Dennoch erscheint <strong><strong>de</strong>r</strong> damalige Gedanke an die Gründung eines internatio-<br />

nalen Verban<strong>de</strong>s auf Initiative <strong><strong>de</strong>r</strong> Englän<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht abwegig, da dieser Sport<br />

weltweit von immer mehr Frauen ausgeübt wur<strong>de</strong>. In England bestan<strong>de</strong>n<br />

1929 75 Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine, zwölf davon allein in London. Je<strong>de</strong>s Jahr wur-<br />

<strong>de</strong>n Rennen über ein bis zwei Meilen Länge veranstaltet. Ferner fan<strong>de</strong>n jähr-<br />

lich im September in Putney Rennen im Einer, Doppelzweier, Vierer und<br />

Achter statt. 952 Die Umstän<strong>de</strong> in England waren günstig und <strong><strong>de</strong>r</strong> Wunsch<br />

nach einem internationalen Dachverband ist nachvollziehbar, auch wenn das<br />

Vorhaben <strong><strong>de</strong>r</strong> Englän<strong><strong>de</strong>r</strong>innen scheiterte.<br />

Weit voran geschritten erscheint aus heutiger Sicht die Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in <strong>Aus</strong>tralien zur damaligen Zeit. Bereits 1920 wur<strong>de</strong> das<br />

<strong>Aus</strong>tralian Ladies’ Rowing Council als Sportbehör<strong>de</strong> <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

gegrün<strong>de</strong>t. 953 Später wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband in <strong>Aus</strong>tralian Women’s Rowing<br />

Council unbenannt. Dieser Verband veranstaltete alljährlich Interstate<br />

Boatraces über eine Rennstrecke von einer halben bis dreiviertel englischen<br />

950 Vgl. ebenda.<br />

951 Vgl. [ohne Verfasser], „Das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im <strong>Aus</strong>land“, in: Wassersport 47(1929)49, S.<br />

1202.<br />

952 Vgl. ebenda, S. 1203.<br />

953 Vgl. ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 244<br />

Meile in <strong>de</strong>n Bootsgattungen Einer, Doppelzweier und Vierer. Erstaunlicher-<br />

weise wur<strong>de</strong> sogar eine Meisterschaft im gemischten Vierer ausgetragen. 954<br />

Der australische Sporthistoriker Daryl Adair beschrieb <strong>de</strong>n Vorteil, <strong>de</strong>n die<br />

<strong>Aus</strong>tralierinnen gegenüber <strong>de</strong>n europäischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen hatten:<br />

„Unlike English women’s rowing, where universities were the<br />

foundation of female competition, most <strong>Aus</strong>tralians rowed in clubs.<br />

Therefore, a greater diversity of women could be involved in <strong>Aus</strong>tralian<br />

rowing, as they were not explicitly exclu<strong>de</strong>d on the basis of<br />

class or education.“ 955<br />

<strong>Aus</strong> Frankreich wur<strong>de</strong> lediglich berichtet, dass es selbstständige Frauenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine gab, die die <strong>Aus</strong>schreibung von Rennen bei <strong>de</strong>n Olympischen<br />

Spielen wünschten. Des Weiteren wer<strong>de</strong>n noch Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in Belgien,<br />

Norwegen, Ungarn, Tschechoslowakei, Dänemark und Polen genannt. In<br />

Polen bestand das gleiche Problem <strong><strong>de</strong>r</strong> Dezentralisierung wie in Deutschland<br />

und England. Zur damaligen Zeit gab es in Polen ungefähr 1.000 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen, alleine 600 davon waren in einem einzigen Verein in Warschau organi-<br />

siert.<br />

Den ersten ernsthaften Vorstoß zur Internationalisierung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns<br />

unternahm <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV 1937. Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> FISA-Kongress stellte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband, ver-<br />

treten durch Heinrich Pauli, <strong>de</strong>n Antrag auf Einführung einer Europameister-<br />

schaft <strong>für</strong> Frauen. Obwohl das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in vielen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n nachweislich<br />

immer mehr Anhängerinnen fand, wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Antrag abgelehnt. 956 Viele <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Delegierten assoziierten Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit einer wenig ambitionierten Frei-<br />

zeitbeschäftigung <strong>für</strong> Damen; Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> von ihnen mit Arbeiterin-<br />

nenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gleichgesetzt. Dies führte dazu, dass viele Delegierte die strengen<br />

Regeln <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA bezüglich <strong>de</strong>s Amateurparagraphen bedroht sahen und<br />

nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage waren, zu begreifen, dass Frauen aus allen Bevölkerungs-<br />

954 Vgl. ebenda.<br />

955 D. ADAIR, „Rowing and Sculling“, in: W. VRAMPLEV/B. STODDART (Hrsg.), Sport in <strong>Aus</strong>tralia,<br />

Cambridge 1994, S. 185, zitiert nach: SCHWEINBENZ, „Paddling Against the Current“, S.<br />

260.<br />

956 Vgl. [S. W.], „Der heutige Stand <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Europa. Das Ergebnis einer Rundfrage<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> FISA – Einheitliche Entwicklung notwendig“, in: Wassersport 57(1939)34, S.<br />

907. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die Diskussion aus Sicht <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns<br />

sehr unglücklich verlief. Die Behauptung eines einzelnen Delegierten, <strong><strong>de</strong>r</strong> erklärte, dass<br />

Ärzte in seinem Land das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als gesundheitsschädigend und sportlich wertlos <strong>für</strong> die<br />

Frauen klassifiziert hätten, genügte, um <strong>de</strong>n Antrag abzulehnen. Erst später stellte sich<br />

heraus, dass es in <strong><strong>de</strong>m</strong> besagten Land nur eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in gab.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 245<br />

schichten an Regatten teilnahmen und dies in Zukunft auch auf internationa-<br />

ler Ebene beabsichtigten. 957<br />

Auch auf <strong><strong>de</strong>m</strong> FISA-Kongress 1938 wur<strong>de</strong> das „Frauen-Problem“ zurückge-<br />

stellt und konnte damit satzungsgemäß frühestens 1941 wie<strong><strong>de</strong>r</strong> thematisiert<br />

wer<strong>de</strong>n. Dennoch wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung Tribut gezollt und die FISA ent-<br />

schloss sich, mittels einer Umfrage <strong>de</strong>n Status <strong>de</strong>s internationalen Frauenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zu klären. Der Zweite Weltkrieg machte diese Bemühungen zunichte,<br />

so dass sämtliche Überlegungen bis 1946 eingestellt wur<strong>de</strong>n.<br />

Insgesamt beteiligten sich 14 Län<strong><strong>de</strong>r</strong> an <strong><strong>de</strong>r</strong> Umfrage <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA: Zehn aus<br />

Europa, Ägypten, Uruguay, Argentinien und die Vereinigten Staaten. Der<br />

Fragebogen zielte nicht nur auf statistische Daten wie Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen, An-<br />

zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennen und Regatten ab, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n versuchte auch zu klären, wel-<br />

cher Organisationsstruktur die einzelnen Vereine und Verbän<strong>de</strong> unterlagen.<br />

Die Ergebnisse wichen in <strong>de</strong>n einzelnen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur wenig voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> ab.<br />

So gab es beispielsweise in allen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n bis auf Ungarn und <strong>de</strong>n USA ge-<br />

mischte Vereine, <strong>de</strong>nen Frauenabteilungen angeschlossen waren. 958 Die<br />

Rennstrecken variierten in <strong>de</strong>n einzelnen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n zwischen 600m und<br />

1.200m, waren durchschnittlich jedoch 1.000m lang. Dementsprechend wur-<br />

<strong>de</strong>n die Regatten entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> in Renn- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Klinkerbooten veranstaltet. In<br />

Frankreich wur<strong>de</strong> ein Wettbewerb über 1.000m sogar im Kanu ausgetragen.<br />

Rennen gab es lediglich in Frankreich, Polen, Rumänien und Deutschland. 959<br />

Interessant erscheint die Tatsache, dass neben <strong>de</strong>n Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lan<strong>de</strong>n und<br />

Deutschland lediglich in Frankreich Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerbe, so genannte<br />

„concours <strong>de</strong> style ou d’élégance“, 960 abgehalten wur<strong>de</strong>n. Zusätzlich wur<strong>de</strong>n<br />

in <strong>de</strong>n Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lan<strong>de</strong>n, Deutschland und <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbe-<br />

werbe angeboten.<br />

Am aussagekräftigsten waren allerdings die Antworten auf die Frage: „Wel-<br />

che allgemeinen Erfahrungen haben Sie in Ihrem Land mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n gemacht?“ In <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz und in Belgien wird das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als<br />

sportlich wertlos und ohne Einfluss auf <strong>de</strong>n allgemeinen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport bewer-<br />

tet. Der verbreiteten Meinung <strong><strong>de</strong>r</strong> Delegierten <strong><strong>de</strong>r</strong> USA, dass „Frauenwett-<br />

957<br />

Vgl. SCHWEINBENZ, „Paddling Against the Current“, S. 263.<br />

958<br />

Vgl. ebenda.<br />

959<br />

Vgl. [S., W.], „Der heutige Stand <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Europa. Das Ergebnis einer Rund-<br />

frage <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA“, S. 908.<br />

960 Ebenda.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 246<br />

bewerbe nicht angebracht sind“, 961 schlossen sich die Delegierten aller Län-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> an. Lediglich Deutschland differenzierte die Teilnahme an Wettbewerben<br />

weiter aus, in <strong><strong>de</strong>m</strong> die Befragen konstatierten, dass es selbstverständlich sei,<br />

dass Überanstrengungen vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n müssten und auf diese Weise<br />

immer nur eine kleine Anzahl von Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>für</strong> Rennen überhaupt in Frage<br />

komme. 962<br />

Das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n befand sich im <strong>Aus</strong>land vor 1945 auf unterschiedlichen<br />

Entwicklungsstufen. In allen genannten Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n gab es unterschiedliche<br />

Schwerpunktsetzungen hinsichtlich Regattawesen, Bootsgattungen und Or-<br />

ganisationsstruktur. Das internationale Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n hätte sich schneller und<br />

effizienter entwickeln können, wenn es nicht durch die variieren<strong>de</strong>n nationa-<br />

len Vorgaben eingeschränkt gewesen wäre. Der Beginn <strong>de</strong>s Zweiten Welt-<br />

krieges verzögerte und hemmte die weitere Entwicklung erheblich.<br />

Dennoch ging die Entwicklung <strong>de</strong>s internationalen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns auch ohne<br />

die Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA voran. Bereits 1930 nahmen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>riege „Walküre“ an einer Regatta in Wien teil. Ein Jahr später starteten<br />

Sportlerinnen von „Frei-Weg“ Frankfurt in Zürich. 963<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Unbenennung <strong>de</strong>s UAF in Abteilung <strong>für</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wettkampfkalen<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>für</strong> Frauen in Deutschland erweitert und internationale<br />

Frauenregatten ausgerichtet, beispielsweise 1936 in Essen und 1939 in<br />

Frankfurt/Main. 964 Siege <strong>de</strong>utscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen konnten bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Jubiläumsre-<br />

gatta 1939 in Amsterdam im Einer und Doppelvierer errungen wer<strong>de</strong>n. 965<br />

Die größte Aufmerksamkeit erhielt das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n allerdings mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Teil-<br />

nahme an <strong><strong>de</strong>r</strong> bereits erwähnten Europameisterschaft 1932 in Berlin. Die<br />

Berliner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen durften ihr Können bei einem Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in vier<br />

Doppelachtern unter Beweis stellen. Lei<strong><strong>de</strong>r</strong> han<strong>de</strong>lte es sich in diesem Ren-<br />

nen nicht um einen Wettbewerb, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n um „eine Huldigungsfahrt zu Ehren<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> anwesen<strong>de</strong>n ausländischen Kameradinnen; es war eine gut gelungene<br />

961<br />

Ebenda.<br />

962<br />

Vgl. ebenda.<br />

963<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 87.<br />

964<br />

Vgl. ebenda, S. 81.<br />

965<br />

Vgl. I. OEHLENSCHLÄGER, „Training, Kampf und Sieg im Rennboot. Der Weg zur ersten<br />

Frauenmeisterschaft im Doppelzweier“, in: Wassersport 58(1940)6, S. 67. Der Vierer<br />

wur<strong>de</strong> von <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaft aus Hannover gewonnen, Inge Oehlenschläger gewann <strong>de</strong>n<br />

Einer.


„Mit Rock und Riemen“ – Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 247<br />

Propagandafahrt <strong>für</strong> die <strong>de</strong>utsche Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei, die sich hier vor einem<br />

großen Publikum präsentieren konnte.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 248<br />

6 Frauen als „Schlagmänner?“ Mitarbeit im Verband<br />

Die erste Nachkriegsphase war in allen gesellschaftlichen Bereichen vom<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau geprägt. 966 Der damalige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Arbeitsausschusses<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Dr. Lingnau, wandte sich im Januar 1948 an die <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen:<br />

„An <strong><strong>de</strong>r</strong> Schwelle <strong>de</strong>s neuen Jahres gilt mein Gruß und Wunsch<br />

allen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Kamera<strong>de</strong>n und -Kameradinnen in allen Teilen unseres<br />

Vaterlan<strong>de</strong>s. Möge es uns, zu einem Teil wenigstens, die<br />

Hoffnung erfüllen, die wir voll Vertrauen in seine Tage hineintragen.<br />

Wir wollen vor allem uns geloben, unseren geliebten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

mit allen Kräften, die uns geblieben, zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n und an<br />

seinem Aufbau mitzuarbeiten.“ 967<br />

Schumann merkte hierzu an:<br />

„Wi staht daför, wi möt dardör, heißt es im Nie<strong><strong>de</strong>r</strong><strong>de</strong>utschen. Dies<br />

Wort galt bei allen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen. Ihr gemeinsamer Nenner hieß<br />

Mangel.“ 968<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachkriegszeit wur<strong>de</strong>n die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen vom Unterausschuß Frauenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n vertreten, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Interessen und Belange <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen wahrte. Dieser<br />

war <strong><strong>de</strong>m</strong> AAR angeschlossen. Erste Vorsitzen<strong>de</strong> war Lotte Clos. Sie äußerte<br />

sich Anfang 1948 ähnlich wie Lingnau:<br />

„Ich begrüße alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kameradinnen in allen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen an<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Schwelle <strong>de</strong>s Neuen Jahres und rufe sie zur lebendigen Mitarbeit<br />

auf. Auf allen Gebieten <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns könnt Ihr Euch<br />

betätigen, <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugend Vorbild sein, Euch auf Regatten bewähren,<br />

und nach Kampf und Sieg zur höchsten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ehre greifen: <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Meisterschaft. [...]“ 969<br />

Die Situation im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg war <strong>de</strong>solat.<br />

Lediglich elf 970 selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine überstan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Zweiten<br />

Weltkrieg. 1941 hatten noch 41 Gemeinschaften existiert. 971 1947 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

966 Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen in Kapitel 4.3 zur politischen, wirtschaftlichen und sozialen<br />

Situation in Deutschland nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg.<br />

967 R. LINGNAU, „Zum Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>jahr 1948!“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 66(1948)1, S. 1.<br />

968 „Wir stehen davor, wir müssen dadurch.“ E. SCHUMANN, „Keine Bleibe – keine Boote.<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Krieg, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 120(2002)2, S. 53.<br />

969 L. CLOS, „Zum Neuen Jahr!“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 66(1948)1, S. 1.<br />

970 Es ist anzunehmen, dass die Zählung vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s FRCW, also vor 1947 stattfand.<br />

Becker nennt beispielsweise zwölf Vereine.<br />

971 SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 624.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 249<br />

Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club Wannsee in Berlin gegrün<strong>de</strong>t. Er ist bis heute <strong><strong>de</strong>r</strong> einzige<br />

selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein, <strong><strong>de</strong>r</strong> nach 1945 ins Leben gerufen wur<strong>de</strong>.<br />

Becker gibt eine Übersicht über diese Vereine und ihre Situation bei Kriegs-<br />

en<strong>de</strong>:<br />

• „Em<strong>de</strong>ner [sic!] Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein: 99 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>; Bootshaus<br />

erhalten; 4 Gigboote<br />

• Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein ‘Frei Weg’ Frankfurt: 37 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>; kein<br />

Bootshaus; keine Boote<br />

• Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innenclub Dres<strong>de</strong>nia Hamburg: 42 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>; behelfsmäßiges<br />

Bootshaus ; 4 Gigboote<br />

• Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club: 150 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>; behelfsmäßiges<br />

Bootshaus; 2 Rennboote, 3 Gigboote; 1 beschlagnahmtes Boot<br />

• Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Hameln: 81 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>; Bootshaus z. Zt. beschlagnahmt,<br />

Neubau geplant; 5 Gigboote<br />

• 1. Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club Hannover; keine Angaben 972<br />

• Casseler Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club: 52 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>; kein Bootshaus, Neubau<br />

geplant; 2 Rennboote<br />

• Kieler Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein: 44 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>; Bootshaus zum Teil wie<strong><strong>de</strong>r</strong>hergestellt;<br />

2 Gigboote, 4 reparaturfähige Boote;<br />

• Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gesellschaft [sic!]: 190 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>; Bootshaus<br />

erhalten; 1 Rennboot, 11 Gigboote<br />

• Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub: 139 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>; Bootshaus erhalten;<br />

6 Gigboote, 2 reparaturfähige Boote<br />

• Sportgemeinschaft Fraternitas (früher Friedsrichshagener Damen-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club): keine Angaben<br />

• Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club-Wannsee (gegr. 1947): keine Angaben“. 973<br />

Schumann berichtet, dass die Frankfurterinnen zwar kein Anlagevermögen<br />

mehr besaßen, aber gewillt waren, <strong>de</strong>n Verein wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufzubauen. Sie setz-<br />

ten ihre langjährigen Erfahrungen ein, ihren guten Namen und Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>,<br />

die, von grenzenlosem I<strong>de</strong>alismus beseelt, nicht resigniert hatten. 974<br />

1950 wur<strong>de</strong>n im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport Zahlen veröffentlicht, die die Misere <strong>de</strong>s <strong>de</strong>ut-<br />

schen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spiegeln. Ein-<br />

schließlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Westsektoren Berlins konnten 1946 6.000 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

972<br />

Ca. 60 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>, kein Bootshaus und keine Boote. Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen,<br />

S. 99.<br />

973<br />

BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 99-100.<br />

974<br />

Vgl. SCHUMANN, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Krieg“, S. 53.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 250<br />

verzeichnet wer<strong>de</strong>n. Dem gegenüber hatten 1941 noch 16.000 Sportlerinnen<br />

gestan<strong>de</strong>n. 975 Die Bestandsaufnahme <strong>de</strong>s AAR hatte außer<strong><strong>de</strong>m</strong> ergeben,<br />

dass in 156 Herren-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen Frauenabteilungen existierten, in <strong>de</strong>nen<br />

geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n konnte. Die folgen<strong>de</strong> Tabelle zeigt die Verteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen in Vereinen und Abteilungen:<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Frauenabteilung<br />

über 100 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> 6 5<br />

50-100 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> 3 28<br />

25-50 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> 2 55<br />

unter 25 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> - 68<br />

Summe 11 156<br />

Tab. 7: Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>struktur im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in West<strong>de</strong>utschland um 1946 976<br />

Problematisch war die große Anzahl mitgliedsschwacher Frauen-<br />

Abteilungen. Zahlreiche kleinere und mittlere Vereine waren in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nach-<br />

kriegszeit dazu übergegangen, ihren Verein durch die Gründung einer Frau-<br />

enabteilung wirtschaftlicher zu gestalten. Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, vor allem<br />

diejenigen, die erst nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Krieg mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Sport begonnen hatten, sahen<br />

sich alten Vorurteilen gegenüber und hatten es <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend schwer,<br />

ihre Interessen durchzusetzen. Aufgrund <strong>de</strong>s großen Mangels an geeigne-<br />

tem Bootsmaterial fehlten jegliche Voraussetzungen <strong>für</strong> einen regulären Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Trainingsbetrieb, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich auch auf die Wettkämpfe auswirkte.<br />

Erschwerend kam hinzu, dass <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> einseitigen För-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Herren-Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns durch <strong>de</strong>n Verband zunächst kaum finanzi-<br />

elle Mittel zuteil wur<strong>de</strong>n. Erst <strong>für</strong> das Jahr 1949 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

durch <strong>de</strong>n AAR wirtschaftliche Unterstützung in <strong>Aus</strong>sicht gestellt. 977 <strong>Aus</strong> die-<br />

sem Grund konzentrierten sich die Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit zunächst nicht<br />

auf das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf das Anwerben von Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Mitar-<br />

975<br />

Vgl. L. CLOS, „Aufstreben<strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 3(1950)6, S. 41. Vgl.<br />

ferner SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 624.<br />

976<br />

Vgl. CLOS, „Aufstreben<strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 41. Vgl. ferner SCHUMANN, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Krieg“, S. 5.<br />

977<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Der AAR 1949 wie<strong><strong>de</strong>r</strong> unter Dr. Lingnau“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

66(1948)18/19, S. 2-3.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 251<br />

beitern. Dennoch galt: „Erst ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wir, dann wollen wir die überfachliche<br />

Arbeit im Verein zu Wort kommen lassen“. 978<br />

6.1 Mitarbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

6.1.1 Unterausschuß Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im DRV von 1949 bis 1972<br />

Der Unterausschuß Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 979 im AAR wur<strong>de</strong> von Lotte Clos 980 aus<br />

Kassel geleitet. Weitere Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> waren Margot Hirsch, Olly Lohsträter, Ma-<br />

rie Spamer und Erna Wille. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> Käthe Hey<strong>de</strong>l in <strong>de</strong>n UA Ju-<br />

gendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gewählt. Als Prämisse <strong>für</strong> das erste Arbeitsjahr 1948 <strong>de</strong>finierte<br />

Clos: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen!“ 981 Die Arbeits-<br />

schwerpunkte <strong>de</strong>s UAF waren wie folgt umrissen:<br />

„Bei <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>schreibungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenwettbewerbe wird <strong><strong>de</strong>r</strong> U-A<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in enger Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n Regattavereinen<br />

die Belange <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports vertreten und Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n,<br />

Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, auch Wettbewerbe <strong>für</strong> Leichtgewicht und<br />

Altersklassen ausschreiben. Daneben soll zur Vertiefung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kameradschaft<br />

das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als gleich wichtiger Zweig <strong>de</strong>s<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, seine Pflege fin<strong>de</strong>n. [...] Glückauf <strong>für</strong> 1948!“ 982<br />

Der Fokus lag, ähnlich wie bei <strong>de</strong>n Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. 983 Die verantwortlichen <strong>Aus</strong>schussmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> versuchten,<br />

an die Situation vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg anzuknüpfen, als Frauen die<br />

Teilnahme an vielen Wettbewerben und Bootsklassen möglich war. Die vom<br />

AAR herausgegebenen AWB wur<strong>de</strong>n darum durch die Bestimmungen <strong>für</strong><br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerbe ergänzt. Das Bestreben <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen nach Anerken-<br />

nung und Gleichberechtigung in einem männlich dominierten Verband kann<br />

978<br />

[ohne Verfasser], „Freie <strong>Aus</strong>sprache bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Konferenz“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

5(1955)31, S. 562.<br />

979<br />

Im Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n die Arbeitsschwerpunkte <strong>de</strong>s Unterausschusses Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

dargestellt. Die Arbeit und die Bemühungen <strong>de</strong>s UAF in <strong>de</strong>n Bereichen Wettkampf- und<br />

Regattawesen, Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wer<strong>de</strong>n aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Komplexität<br />

in geson<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Kapiteln bearbeitet.<br />

980<br />

Die Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Unterausschusses Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n waren: 1949-1951 Lotte Clos,<br />

1951-1955 Ria Böbbis, 1955-1962 Gudrun Lehmann, 1962-1964 Ingeborg Arntzen,<br />

1964-1968 Ingrid Stahl-Dieterle, 1968-1972 Inge Har<strong><strong>de</strong>r</strong>. 1972 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> UAF aufgelöst<br />

und in das Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen überführt. Vgl. hierzu Kap. 6.1.2.<br />

981<br />

CLOS, „Zum Neuen Jahr!“, S. 1.<br />

982<br />

Ebenda.<br />

983<br />

Die Arbeit <strong>de</strong>s UAF ist eng verknüpft mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen.<br />

Vgl. hierzu die Anmerkungen zur Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns bei <strong>de</strong>n Regatten,<br />

<strong>Deutschen</strong> Meisterschaften, <strong>de</strong>n Europa- und Weltmeisterschaften sowie zu <strong>de</strong>n<br />

Olympischen Spielen in Kap. 7.4.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 252<br />

ein möglicher Grund gewesen sein. Die Teilnahme an Regatten sowie die<br />

Klassifizierung anhand <strong><strong>de</strong>r</strong> erzielten Endzeit gab <strong>Aus</strong>kunft über das Leis-<br />

tungsvermögen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen. Auf internationaler Ebene konnte eine aussage-<br />

kräftige Bezugsnorm angewandt wer<strong>de</strong>n. Die Platzierung durch <strong>de</strong>n direkten<br />

Vergleich mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Nationen ermöglichte eine Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatkraft. Die<br />

Demonstration von Leistung diente <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend als Mittel zum Zweck,<br />

die Interessen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zu vertreten und zu rechtfertigen.<br />

Der AAR arbeitete zielstrebig auf die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>gründung <strong>de</strong>s DRV hin. Die<br />

Frauen blieben jedoch in ihrem <strong>Aus</strong>schuss weitestgehend unter sich und<br />

leisteten wertvolle Arbeit an <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis. Becker führt an, dass dieser Umstand<br />

beinahe schwerwiegen<strong>de</strong> Folgen <strong>für</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gehabt hätte. Der erste<br />

Satzungsentwurf <strong>für</strong> die Besetzung <strong>de</strong>s neuen Verbandsausschusses 984 im<br />

DRV umfasste neben <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>m</strong> Schatzmeister und <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Schriftführer nur vier Beisitzer. Ein Posten <strong>für</strong> eine Frau war nicht angedacht.<br />

„Zu diesem Vorschlag gab es glücklicherweise einen Mainzer Gegenentwurf,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> ‘8 Beisitzer, darunter eine Beisitzerin’, vorsah und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Abstimmung durchsetzen konnte.“ 985<br />

Schumann berichtet, dass Clos einen Dringlichkeitsantrag stellte, „in §19<br />

aufzunehmen, daß eine Frau im <strong>Aus</strong>schuß vertreten sein soll.“ 986 Dr. Ruperti<br />

beantragte <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend, „die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen mit in die Fassung zu über-<br />

nehmen“, 987 was von <strong><strong>de</strong>r</strong> Versammlung per Akklamation angenommen wur-<br />

<strong>de</strong>.<br />

Mit Lotte Clos und Olly Lohsträter bewarben sich erstmals zwei Frauen um<br />

einen Platz im VA. Die unterlegene Lohsträter ließ sich <strong>für</strong> einen<br />

Beisitzerposten erneut aufstellen. Allerdings wur<strong>de</strong>n <strong>für</strong> sie die wenigsten<br />

Stimmen abgegeben, „eine Frau im VA erschien <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tagsvertretern<br />

offenbar ausreichend.“ 988 Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> im UAF 1949 waren Lotte Clos, Ria<br />

Böbbis, Ilse Brand, Käthe Hey<strong>de</strong>l, Olly Lohsträter und Marie Spamer.<br />

Im Mai 1949 tagte <strong><strong>de</strong>r</strong> neue UAF im DRV zum ersten Mal in Her<strong>de</strong>cke. Die<br />

Ziele waren anspruchsvoll:<br />

984<br />

Ab 1990 wird <strong><strong>de</strong>r</strong> VA als Vorstand bezeichnet.<br />

985<br />

BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 101.<br />

986<br />

SCHUMANN, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Krieg“, S. 4.<br />

987<br />

Ebenda.<br />

988<br />

BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 101.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 253<br />

„Möge die Entwicklung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports unter<br />

reger Mitarbeit aller Kameradinnen dahingehen, daß er sich über<br />

die Grenzen hinaus Achtung verschafft. Hieran zu arbeiten und<br />

das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im DRV zu einem lebendigen Zweig <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports<br />

zu machen, ist Sinn und Ziel <strong>de</strong>s UA <strong>für</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.“<br />

989<br />

Die 50er Jahre waren von Aufbauarbeit im gesamten Regattawesen gekenn-<br />

zeichnet. Der Leistungssport in all seinen Facetten stellte die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen vor<br />

beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. So mussten zum Beispiel die Bestimmungen<br />

<strong>für</strong> das Frauen- und Mädchenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Trainingsanleitungen neu verfasst<br />

sowie eine akzeptable Lösung <strong>für</strong> das Bootsproblem gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Es<br />

galt, möglichst vielen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen eine Teilnahme an adäquaten Regatten zu<br />

ermöglichen. Dies veranlasste <strong>de</strong>n UAF, die <strong>Aus</strong>bildung von Punkt- und<br />

Wettkampfrichterinnen <strong>für</strong> Stil- und Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Ab 1955 durften<br />

nur noch amtlich geprüfte Schiedsrichter auf DRV-Regatten eingesetzt wer-<br />

<strong>de</strong>n, was als Erfolg <strong>de</strong>s UAF gewertet wer<strong>de</strong>n muss. Das Stilschnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

wur<strong>de</strong> nicht mehr aufgenommen. Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s UAF waren sich einig,<br />

Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> Frauen nicht zuzulassen, <strong>de</strong>nn<br />

„wir wollten [...] das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht nur vom grünen Tisch<br />

aus beurteilen und haben es dann selbst versucht, sind jedoch<br />

zum Ergebnis gekommen, daß es <strong>für</strong> Frauen ungeeignet ist“. 990<br />

Allzu bekannte Vorschläge, wie beispielsweise Geschicklichkeitsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (Sla-<br />

lom), Anlegemanöver o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ballspiele im Boot einzuführen, stan<strong>de</strong>n ebenfalls<br />

nicht mehr zur Diskussion.<br />

1964 wur<strong>de</strong> die Lizenzpflicht eingeführt. Der UAF setzte durch, dass die<br />

Punkt- und Schiedsrichter ihre Berechtigungen alle vier Jahre durch Teil-<br />

nahme an Fortbildungsveranstaltungen verlängern mussten. So wur<strong>de</strong> ein<br />

stabiles Niveau in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerbe gewährleistet. Ein<br />

weiteres Ziel war die Organisation von Frauenregatten, „weil dann wirklich<br />

alle Wettfahrten so ausgeschrieben wer<strong>de</strong>n können, wie sie notwendig wä-<br />

ren.“ 991 Weil die Teilnehmerzahlen gering waren, konnte dieses Vorhaben<br />

allerdings nicht realisiert wer<strong>de</strong>n, so dass es vermehrt gemeinsame Regatten<br />

<strong>für</strong> Jungru<strong><strong>de</strong>r</strong>er und Frauen gab. Die Frauenregatten in Offenbach und<br />

989 CLOS, „Aufstreben<strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 42.<br />

990 H. SCHÄFER/R. SPRADO, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>wartinnen-Lehrgang <strong>de</strong>s DRV“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

75(1957)20, S. 406.<br />

991 Ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 254<br />

Frankfurt wur<strong>de</strong>n bis in die 70er Jahre ausgefahren, 992 danach verschwan-<br />

<strong>de</strong>n auch diese vom Regattakalen<strong><strong>de</strong>r</strong>. Dies ging einher mit <strong><strong>de</strong>r</strong> fortlaufen<strong>de</strong>n<br />

Weiterentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (BF) und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bestimmungen <strong>für</strong> das Mädchenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (BM).<br />

Ab 1953 war <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesundheitspass <strong>für</strong> Jungru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, die Rennen fahren<br />

wollten, Pflicht. Der Einführung <strong>de</strong>s Gesundheitspasses <strong>für</strong> Frauen war 1954<br />

eine Prüfung durch <strong>de</strong>n Internationalen Sportärztebund vorausgegangen.<br />

Der Wettkampfsport wur<strong>de</strong> nicht allen Frauen empfohlen, allerdings<br />

„können sie an Wettkämpfen teilnehmen, wenn sie über eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

kräftige körperliche Konstitution verfügen, unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Bedingung,<br />

daß das Training vernunftgemäß aufgebaut wird und<br />

unter ärztlicher Kontrolle erfolgt“. 993<br />

Weiterhin wur<strong>de</strong> konstatiert, dass bei vernünftig geleitetem Training keine<br />

morphologischen Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zu erwarten seien. Die Vorteile bestün<strong>de</strong>n<br />

insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e in einer harmonischen Entwicklung <strong>de</strong>s ganzen Bewegungs-<br />

apparates mit „einem bemerkenswerten Einfluß auf die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Muskulatur <strong>de</strong>s Brustkorbes, <strong>de</strong>s Rückens und <strong><strong>de</strong>r</strong> Bauchmuskulatur.“ 994<br />

Entschei<strong>de</strong>nd <strong>für</strong> das positive Votum <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tages in Konstanz 1955 war<br />

wahrscheinlich die folgen<strong>de</strong> <strong>Aus</strong>sage:<br />

„Die Frau kann ohne Gefahr <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport ausüben, ausgenommen<br />

während empfindlicher Zeiten ihres Lebens und kann daraus<br />

auch Vorteile ziehen, vorausgesetzt, daß die Anstrengungen<br />

stufenweise gesteigert wer<strong>de</strong>n.“ 995<br />

Die Diskussion, ob Frauen überhaupt Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport betreiben sollten, wur-<br />

<strong>de</strong> 1956 mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung <strong>de</strong>s Gesundheitspasses <strong>für</strong> Frauen been<strong>de</strong>t. 996<br />

Die Pässe konnten die Vereine <strong>für</strong> 0,25 DM bei <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-Geschäftstelle er-<br />

werben. Der UAF hatte intensiv auf die Einführung hingearbeitet und begrüß-<br />

te die Einführung.<br />

Erwähnenswert ist auch das Engagement <strong>de</strong>s UAF <strong>für</strong> ein gemeinsames<br />

Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 1948 hatten die Verantwortlichen im VA<br />

verkün<strong>de</strong>t, dass sie mit <strong><strong>de</strong>r</strong> gemeinsamen <strong>Aus</strong>tragung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettbewerbe <strong>de</strong>n<br />

992<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 102.<br />

993<br />

DÜNTZER, „Was sagt die Sportärztin zum Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettkampf <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau?“, S. 199.<br />

994<br />

Ebenda.<br />

995<br />

Ebenda.<br />

996<br />

Vgl. hierzu die Anmerkungen zum Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Kap. 7.2.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 255<br />

Wünschen <strong>de</strong>s UAF entsprochen hätten. Allerdings zog <strong><strong>de</strong>r</strong> VA diesen Be-<br />

schluss 1952 wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zurück. 1953 und 1954 wur<strong>de</strong>n die nationalen Meister-<br />

schaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen getrennt von <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer durchgeführt, was <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport laut Schumann ein Ärgernis darstellte. 997 Seit 1956<br />

fin<strong>de</strong>n die Titelkämpfe <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er am selben Ort statt.<br />

Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsarbeit wur<strong>de</strong>n regelmäßige Treffen vor Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tagen<br />

angestrebt, um frauenspezifische Fragestellungen in einem kleineren Kreis<br />

zu diskutieren. Eingela<strong>de</strong>n waren die Frauenvertreter <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-Vereine so-<br />

wie alle Interessierten. Ziel stellte klar, dass es keineswegs darum ginge, die<br />

Männer auszugrenzen:<br />

„Es ist zu einer guten Sitte gewor<strong>de</strong>n, daß sich die Frauenvertreter<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine <strong>de</strong>s DRV vor je<strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag zu einer zentralen Arbeitstagung<br />

treffen, um ihre Probleme in aller <strong>Aus</strong>führlichkeit besprechen<br />

zu können. Damit will man beileibe nicht <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag<br />

Konkurrenz machen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n ihn vielmehr gut vorbereiten und insofern<br />

ergänzen, weil in <strong><strong>de</strong>r</strong> kurzen Zeit, die auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag zur<br />

Verfügung steht, nicht alle Probleme und insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauen in aller Breite besprochen wer<strong>de</strong>n können.“ 998<br />

Die Tatsache, dass Frauenwartinnen im Normalfall nicht von ihren Vereinen<br />

zu Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tagen als Delegierte entsandt wur<strong>de</strong>n, erklärt die Notwendigkeit<br />

dieser Frauentagungen. Eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in brachte es auf <strong>de</strong>n Punkt: „Auf <strong>de</strong>n<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tagen entschei<strong>de</strong>n Männer über unsere Probleme.“ 999 In diesem Kreis<br />

hatten zum einen die Vereine die Möglichkeit, ihre Sorgen und Nöte <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

UAF mitzuteilen, zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en wur<strong>de</strong> „<strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag eine geschlossene<br />

Meinung auf <strong>de</strong>n Tisch gelegt, an <strong><strong>de</strong>r</strong> er kaum vorbeigehen kann“. 1000 Diese<br />

Tagungen vor <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tagen fan<strong>de</strong>n bis Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre regelmäßig<br />

statt, danach nahm das Interesse an ihnen ab, was als Rückschritt in <strong>de</strong>n<br />

Bemühungen <strong>de</strong>s UAF gewertet wer<strong>de</strong>n muss. Es erwies sich als „Bume-<br />

rang, <strong>de</strong>nn bis auf eine verschwin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit hatte das weibliche Ge-<br />

schlecht kein Interesse an diesem Zusammenschluß <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen<br />

Reihen“. 1001<br />

997 Vgl. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. U II.<br />

998 R. ZIEL, „DRV-Frauentagung in Frankfurt“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 82(1964)2, S. 18.<br />

999 R. ZIEL, „Frauentagung fiel aus“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 85(1967)30, S. 651.<br />

1000 Ebenda.<br />

1001 Ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 256<br />

Daraufhin wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n 60er Jahren die Ziele im UAF neu <strong>de</strong>finiert. Da die<br />

bisherigen Werbemaßnahmen nicht <strong>de</strong>n gewünschten Erfolg gebracht hat-<br />

ten, wur<strong>de</strong> auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Tagung <strong>de</strong>s UAF 1964 in Frankfurt da<strong>für</strong> plädiert, die<br />

Lehrgangsarbeit und die Verbreitung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns durch Filme zu ver-<br />

bessern. 1002 Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e sollte aktuelles Material in <strong>de</strong>n Bereichen Werbe-<br />

und Lehrfilm <strong>für</strong> Anfänger und Fortgeschrittene sowie im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ange-<br />

schafft wer<strong>de</strong>n. Im Wettkampfbereich wur<strong>de</strong> erstmalig das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sowie<br />

das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> Frauen kritisch hinterfragt.<br />

Aufgrund <strong>de</strong>s abnehmen<strong>de</strong>n Interesses <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an Training und<br />

Wettkampf und <strong><strong>de</strong>r</strong> allgemeinen Unzufrie<strong>de</strong>nheit an <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis wur<strong>de</strong> vom<br />

UAF 1003 Anfang 1968 ein Fragebogen entwickelt, um die <strong>Aus</strong>gangslage zu<br />

sondieren. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlage <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>wertung wur<strong>de</strong> ein „Acht-Punkte-<br />

Programm“ 1004 verabschie<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>ssen Aufgaben sich als vordringlich heraus-<br />

gestellt hatten. Diese waren<br />

• „Heranbildung geeigneter Frauenwartinnen<br />

• Betreuung <strong><strong>de</strong>r</strong> nicht am Wettkampf teilnehmen<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

• <strong>Aus</strong>wahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Lehrgangsteilnehmerinnen in <strong><strong>de</strong>r</strong> praktischen Arbeit<br />

im Verein (evtl. Einzug von Lizenzen, die nicht im Sinne eines Auftrages<br />

verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n)<br />

• Anwerbung von Betreuerinnen <strong>für</strong> das Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

• Zusammenführung von Mannschaften bei Regatten<br />

• Anstreben einer auf bestimmte Plätze konzentrierten <strong>Aus</strong>schreibung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen- und Mädchenwettbewerbe<br />

• Lehrgangsplanung <strong>für</strong> 1969“ 1005<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er Handlungsbedarf bestand bei <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>bildung von Frauenwartin-<br />

nen. Zum einen war das Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen an dieser Aufgabe rückläufig.<br />

Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en erschwerte auch die mangeln<strong>de</strong> Kommunikation zwischen <strong>de</strong>n<br />

Verantwortlichen auf Lan<strong>de</strong>sebene und in <strong>de</strong>n Vereinen die Arbeit. In <strong>de</strong>n<br />

Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong>n waren in <strong>de</strong>n 60er Jahren durchschnittlich 25 Verei-<br />

ne zusammengefasst, in <strong>de</strong>nen Frauen und Mädchen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten. Die Frauen-<br />

1002 Vgl. R. ZIEL, „Tagung in Frankfurt“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 82(1964)30, S. 683.<br />

1003 Der Unterausschuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> 1966 umbenannt in <strong>Aus</strong>schuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Im Folgen<strong>de</strong>n wird <strong>de</strong>nnoch in diesem Kapitel durchgängig die Bezeichnung Unterausschuss<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n verwen<strong>de</strong>t, um die Arbeit dieses <strong>Aus</strong>schusses von <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Gremiums<br />

ab 1990 inhaltlich abzugrenzen.<br />

1004 R. ZIEL, „Das Protokoll sah einen roten Teppich vor“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 86(1968)5, S. 81.<br />

1005 Ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 257<br />

wartinnen sahen eine ihrer Aufgaben in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontaktaufnahme zu <strong>de</strong>n Leite-<br />

rinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen- und Mädchenabteilungen. Die Bemühungen scheiterten<br />

häufig schon an einem ersten Treffen. Vom UAF geplante Tagungen stießen<br />

auf wenig Interesse, da in vielen Vereinen das Amt <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenwartin über-<br />

haupt nicht o<strong><strong>de</strong>r</strong> nur kurzfristig besetzt wur<strong>de</strong>. 1006 Har<strong><strong>de</strong>r</strong> führt an, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Mangel an Frauenwartinnen in gemischten Vereinen das Hauptproblem sei.<br />

In je<strong><strong>de</strong>m</strong> Verein mit einer Frauenabteilung müsste eine Frauenwartin und<br />

nach Möglichkeit auch noch eine Jugendwartin zur Verfügung stehen, die<br />

sich im Vorstand durchsetzen könnte. 1007<br />

Die Reflexion <strong>de</strong>s „Acht-Punkte-Programms“ führte im Trainings- und Wett-<br />

kampfbereich zu <strong>de</strong>utlichen Verbesserungen. Die damalige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

UAF, Ingrid Dieterle, zog <strong>de</strong>shalb bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauentagung im Rahmen <strong>de</strong>s Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>tages 1968 in Würzburg ein positives Fazit:<br />

„Wir meinten, auf sportlichem Gebiet allerhand erreicht zu haben –<br />

die Gig war abgeschafft, das Rennboot auch <strong>de</strong>n Juniorinnen zugänglich<br />

gemacht wor<strong>de</strong>n, sozusagen in letzter Minute auch <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Einer. Das Punktrichterwesen hatte eine Neuordnung erfahren,<br />

um auch <strong>de</strong>nen gerecht zu wer<strong>de</strong>n, die immer noch am Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

hängen. Dem Frauentraining selbst waren wertvolle und vorantreiben<strong>de</strong><br />

Impulse durch die Mitarbeit hervorragen<strong><strong>de</strong>r</strong> Trainer erteilt<br />

wor<strong>de</strong>n.“ 1008<br />

Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte auch Har<strong><strong>de</strong>r</strong>. Sie stellte die konse-<br />

quente För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Breitensports als Vorbedingung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

sport heraus. 1009 Des Weiteren for<strong><strong>de</strong>r</strong>te sie von <strong>de</strong>n Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen mehr<br />

Engagement <strong>für</strong> ihren Sport und appellierte an ihre Vorbildfunktion:<br />

„Wenn zu<strong><strong>de</strong>m</strong> noch alle unsere Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen äußerlich und in<br />

ihrer gesamten Haltung ein weibliches, elegantes und ansprechen<strong>de</strong>s<br />

Bild abgeben und somit selbst ein wenig Werbung in ihren<br />

eigenen Reihen betreiben, müßte es <strong>für</strong> eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in einfach<br />

erstrebenswert sein, ihnen nachzueifern.“ 1010<br />

Das Problem bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenwartin war <strong>de</strong>nnoch nicht gelöst.<br />

Die Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> das geringe Interesse am Amt <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenwartin waren viel-<br />

schichtig. Primär lagen sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> mangeln<strong>de</strong>n Bereitschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen,<br />

1006 Ebenda.<br />

1007 Vgl. I. HARDER, „För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 86(1968)11, S. 290.<br />

1008 I. DIETERLE, „Genug getan?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 86(1968)8, S. 218-219.<br />

1009 Vgl. HARDER, „För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns“, S. 291.<br />

1010 Ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 258<br />

an einer Weiterentwicklung in diesem Bereich mitzuwirken. Doch mangeln<strong>de</strong><br />

Unterstützung durch Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er in <strong>de</strong>n Vereinen und von Seiten <strong>de</strong>s<br />

DRV, fehlen<strong>de</strong>s Verständnis und die zu geringe Zahl von Nachwuchsru<strong>de</strong>-<br />

rinnen durften nach Dieterle nicht als Entschuldigung o<strong><strong>de</strong>r</strong> als <strong>Aus</strong>re<strong>de</strong> zäh-<br />

len, <strong>de</strong>nn<br />

„es liegt an uns selbst. Wir müssen uns neu auf unsere Aufgaben<br />

und Pflichten besinnen – die Rechte wer<strong>de</strong>n uns, wenn wir unseren<br />

Pflichten entsprechend auftreten, gar nicht mehr streitig gemacht“.<br />

1011<br />

Des Weiteren bemerkte Dieterle, dass es nicht die Aufgabe <strong>de</strong>s UAF sein<br />

könnte, alle Frauenwartinnen zu repräsentieren. Das Bild, das sich während<br />

<strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tags in Würzburg auf <strong>de</strong>n Versammlungen und Zuschauertribünen<br />

bot, war charakteristisch <strong>für</strong> diese Problematik:<br />

„Daß das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sich auf eine so lächerlich kleine Gruppe<br />

beschränkt, <strong>für</strong> die seitens <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer und seitens <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit<br />

sich nun wirklich keine Beachtung mehr lohne“. 1012<br />

Der Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport sollte zwar eine umfassen<strong>de</strong> För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung erhalten. Aber<br />

das Streben und Ringen nach Anerkennung im DRV wur<strong>de</strong> häufig durch die<br />

mangeln<strong>de</strong> Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen unterlaufen. Die Arbeit <strong>de</strong>s UAF war ein<br />

ständiger Kampf <strong>für</strong> die Gleichberechtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in Verein und<br />

Verband. Lehmann attestiert <strong>de</strong>n Frauen „fehlen<strong>de</strong>s Rüstzeug.“ 1013 Die Situa-<br />

tion in Süd<strong>de</strong>utschland war beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s unbefriedigend, da<br />

„min<strong>de</strong>stens die Hälfte <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine im süd<strong>de</strong>utschen Raum keine<br />

Frauen in <strong>de</strong>n Vereinsvorstän<strong>de</strong>n haben, [wobei] in 250 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen<br />

von insgesamt 324 das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n betrieben wird<br />

[und] nur in <strong>de</strong>n seltensten Fällen Boote zum ausdrücklichen Verwendungszweck<br />

<strong>für</strong> Frauen gekauft wer<strong>de</strong>n“. 1014<br />

Ein entschei<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>r</strong> Schritt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns wur<strong>de</strong> un-<br />

ternommen, als <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV das Jahr 1969 als „Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“ aus-<br />

rief. 1015 Es galt, „das Image <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in (an sich, wie es so schön heißt) zu<br />

1011<br />

DIETERLE, „Genug getan?“, S. 219.<br />

1012<br />

Ebenda.<br />

1013<br />

Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 50.<br />

1014<br />

[ohne Verfasser], „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>konferenz vor <strong><strong>de</strong>m</strong> 35. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

78(1960)8, S. 222.<br />

1015<br />

Jeweils am „Tag <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports“ wird das Motto <strong>de</strong>s kommen<strong>de</strong>n Jahres bekannt ge-<br />

geben.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 259<br />

untersuchen und falls notwendig, ein wenig daran zu rütteln.“ 1016 Hierzu ver-<br />

abschie<strong>de</strong>te <strong><strong>de</strong>r</strong> UAF ein Programm, das gezielte und auch realisierbare<br />

Maßnahmen vorsah:<br />

• „Werbung nach innen und außen<br />

• Mitarbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein und dadurch bessere Breitenarbeit<br />

• Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

• Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“ 1017<br />

Der lang angekündigte Werbefilm war in Auftrag gegeben wor<strong>de</strong>n und die<br />

Vereine wur<strong>de</strong>n angehalten, Prospekte zur Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>werbung zu erstellen.<br />

Das Lehrgangsangebot <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>wartinnen in <strong>de</strong>n Vereinen wur<strong>de</strong> aktuali-<br />

siert und angepasst. Im Bereich Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> 1969 das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

<strong>für</strong> Frauen eingeführt. Hiervon versprachen sich die Verantwortlichen eine<br />

größere Resonanz auf <strong>de</strong>n Regatten. Des Weiteren gab es ein <strong>de</strong>utsch-<br />

französisches Trainingslager, das durch einen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kampf <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Nati-<br />

onen erweitert wur<strong>de</strong>. Da die Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an Gemein-<br />

schaftswan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten ohnehin schon hoch war, wur<strong>de</strong>n die Frauen in diesem<br />

Bereich lediglich ermuntert, sich weiter aktiv einzubringen. 1018<br />

Die damalige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s UAF, Inge Har<strong><strong>de</strong>r</strong>, äußerte ihre Hoffnung auf<br />

ein gelungenes „Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“ und for<strong><strong>de</strong>r</strong>te alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zur akti-<br />

ven Mitarbeit auf:<br />

„Es liegt nun bei <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Vereinen, ihren Teil beizutragen,<br />

so daß wir in Zukunft ein ‘Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen’ nicht mehr<br />

nötig haben, weil Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen – nicht zuletzt durch ihre eigene Initiative<br />

– in allen Gremien <strong>de</strong>s DRV und in <strong>de</strong>n Vereinen noch<br />

mehr als bisher Berücksichtigung fin<strong>de</strong>n.“ 1019<br />

Har<strong><strong>de</strong>r</strong> bewertete die Aktionen und Ergebnisse <strong>de</strong>s Jahres 1969. Es konnten<br />

nicht alle Erwartungen erfüllt und Ziele erreicht wer<strong>de</strong>n. Für die Werbung<br />

nach innen und außen waren diverse Artikel in <strong><strong>de</strong>r</strong> Presse erschienen. Be-<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>s erwähnenswert ist das Son<strong><strong>de</strong>r</strong>heft zum Thema „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“. Der<br />

angekündigte Werbefilm ist nie fertig gestellt wor<strong>de</strong>n, „da er <strong>für</strong> <strong>de</strong>n gedach-<br />

1016 I. DIETERLE, „Je<strong><strong>de</strong>r</strong> auf seine Art ein Narr?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 87(1969)7, S. 206.<br />

1017 I. HARDER, „Das Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 87(1969)9, S. 245-246.<br />

1018 Vgl. ebenda, S. 246.<br />

1019 Ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 260<br />

ten Zweck angeblich unbrauchbar war“. 1020 Angedacht wur<strong>de</strong> daher vom<br />

Presseausschuss <strong>de</strong>s DRV ein gemeinsamer Film <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong>de</strong>-<br />

rer, von <strong><strong>de</strong>m</strong> sich die Verantwortlichen eine größere Wirkung versprachen.<br />

Zum „Tag <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports“ wur<strong>de</strong> ein Kurzfilm über die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im<br />

Fernsehen gezeigt. Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Wettbewerbe wur<strong>de</strong> ebenfalls übertragen, was<br />

allerdings nicht im Sinne <strong>de</strong>s UAF war. 1021<br />

Die Bemühungen im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong>n von Har<strong><strong>de</strong>r</strong> positiv dargestellt. Es<br />

waren mehr Sportlerinnen am Start als 1968. Des Weiteren konnten die Eli-<br />

te-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>n fünften Platz in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationenwertung erreichen. Die Juni-<br />

orinnen waren auf <strong>de</strong>n Regatten in Berlin und Hamburg erfolgreich.<br />

Allerdings herrschte unter <strong>de</strong>n aktiven Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen Unzufrie<strong>de</strong>nheit. Sie beo-<br />

bachteten, welche Unterstützung die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er erhielten und for<strong><strong>de</strong>r</strong>ten in die-<br />

sem Punkt absolute Gleichstellung. Har<strong><strong>de</strong>r</strong> merkte an, dass nur ein<br />

stufenweiser Aufbau erfolgen könne. Die Schuld läge aber nicht allein beim<br />

Verband und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gel<strong><strong>de</strong>r</strong>, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch an <strong><strong>de</strong>r</strong> Einstellung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, <strong>de</strong>nn<br />

„man kann nicht alles auf einmal verlangen und muß vor allen<br />

Dingen – wie dies Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er auch tun – selbst zu Kompromissen<br />

bereit sein, sich hun<strong><strong>de</strong>r</strong>tprozentig in <strong>de</strong>n Dienst <strong><strong>de</strong>r</strong> nationalen Sache<br />

stellen und auch zu größeren Zugeständnissen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Urlaubsfrage<br />

bereit sein. Erst dann kann man berechtigte<br />

For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen stellen“. 1022<br />

Für das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zog Har<strong><strong>de</strong>r</strong> dagegen ein positives Fazit. Die Beteili-<br />

gung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen war im Verhältnis zur Gesamtmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl angemes-<br />

sen. Außergewöhnlich viele Sportlerinnen nahmen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Auffahrt zum „Tag<br />

<strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports“ teil.<br />

Das „Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“ wur<strong>de</strong> vom DRV genutzt, um die Demokratisie-<br />

rung im Verein weiter zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Der damalige Vorsitzen<strong>de</strong> Claus Heß hatte<br />

<strong>für</strong> das Verhältnis Verein – Jugendarbeit einen „gera<strong>de</strong>zu anachronistischen<br />

Mangel an Demokratie“ 1023 festgestellt. Laut Heß waren Vereine nur bei glei-<br />

cher Rechte- und Pflichtenverteilung voll aktionsfähig. Daraufhin schlug <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

UAF <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen mit Frauenabteilungen vor, diese aufzulösen und<br />

1020<br />

I. HARDER, „Was brachte das ‘Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen’?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 87(1969)34, S.<br />

759.<br />

1021<br />

Vgl. ebenda.<br />

1022<br />

Ebenda, S. 760.<br />

1023<br />

UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 163.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 261<br />

somit die Frauen als gleichberechtigte Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> anzuerkennen 1024 , um eine<br />

„Gleichheit vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Satzung herzustellen.“ 1025 Damit waren die Vorausset-<br />

zungen <strong>für</strong> die angestrebte Gleichstellung geschaffen. Dennoch for<strong><strong>de</strong>r</strong>te <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

UAF weiteres Engagement:<br />

„Gleichheit vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Satzung und ein freies Spiel <strong><strong>de</strong>r</strong> Kräfte sind<br />

somit hergestellt. In<strong>de</strong>s genügt es nicht zu sagen: ‘Bitte, jetzt<br />

kann’s losgehen’. Die rein buchstabenmäßigen Voraussetzungen<br />

zu schaffen, ist ein erster (nicht unwichtiger) Schritt, <strong><strong>de</strong>m</strong> aber<br />

weitere folgen müssen.“ 1026<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Rücken<strong>de</strong>ckung durch Heß begann <strong><strong>de</strong>r</strong> UAF seine Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf die<br />

verschie<strong>de</strong>nen <strong>Aus</strong>schüsse im DRV zu verteilen. Die Frauen hatten erkannt,<br />

dass mehr Mitbestimmung nur durch eine direkte Vertretung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

in <strong>de</strong>n DRV-<strong>Aus</strong>schüssen zu erreichen war. Unterstützung erhielt <strong><strong>de</strong>r</strong> UAF in<br />

seinen Bemühungen von Lieselott Diem, die herausstellte, dass geschlosse-<br />

ne Frauengremien nicht mehr zeitgemäß seien. <strong>Aus</strong> einer berechtigten<br />

Schutzzone war laut Diem eine Alibivertretung <strong>für</strong> die einzige Frau im Vor-<br />

stand gewor<strong>de</strong>n. Dies führte dazu, dass an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Frauen die Chancen auf<br />

größere Aufgaben verbaut wür<strong>de</strong>n. 1027 Der UAF kündigte seine Selbstauflö-<br />

sung an, sobald zumin<strong>de</strong>st eine Frau in je<strong><strong>de</strong>m</strong> DRV-<strong>Aus</strong>schuss mitarbei-<br />

te. 1028<br />

Die Jahre zwischen 1970 und 1972 stellten <strong>für</strong> <strong>de</strong>n UAF eine Übergangs-<br />

phase dar. Die auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1970 beschlossene und angestrebte Integ-<br />

ration in die DRV-<strong>Aus</strong>schüsse vollzog sich nur langsam. In dieser Zeit<br />

fungierte <strong><strong>de</strong>r</strong> UAF als so genannter „Koordinationsausschuß“. 1029 1972 wur-<br />

<strong>de</strong>n die Aufgaben auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag <strong>de</strong>finiert:<br />

„Die Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an <strong>de</strong>n Führungsaufgaben <strong>de</strong>s<br />

DRV gehört zu <strong>de</strong>n Zielen <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s; <strong><strong>de</strong>m</strong> wird durch die VA-<br />

Mitgliedschaft nach §19 GG Rechnung getragen. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

können auch im geschäftsführen<strong>de</strong>n Vorstand vertreten sein.<br />

1024<br />

Vgl. I. HARDER, „Nicht rückwärts-, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n vorwärtsblicken“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 87(1969)8, S.<br />

225.<br />

1025<br />

UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 163.<br />

1026<br />

[ohne Verfasser], „Mitarbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im Verein“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 87(1969)3, S. 60.<br />

1027<br />

Vgl. L. DIEM, „‘Weiblichkeitswahn’ im <strong>de</strong>utschen Sport“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 87(1969)24, S.<br />

571.<br />

1028<br />

Vgl. I. DIETERLE, „<strong>Aus</strong>schuß Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Tagung in Hamburg“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

87(1969)31, S. 709. Ferner vgl. HARDER, „Was brachte das ‘Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen’?“, S.<br />

760.<br />

1029<br />

I. HARDER, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 90(1972)5, S. 94.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 262<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Koordination von Fragen <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports wird ein<br />

VA-Mitglied beauftragt.<br />

Der <strong>Aus</strong>schuß Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wird zum Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1972 aufgelöst.“<br />

1030<br />

Voraussetzung war, dass Frauen weiterhin in <strong>de</strong>n einzelnen <strong>Aus</strong>schüssen<br />

präsent waren. Die Hoffnungen auf eine bessere Einflussnahme und mehr<br />

Mitspracherecht waren hoch: „Auch im VA wird es wohl zukünftig möglich<br />

sein, dort nicht nur eine, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch mehrere weibliche Vertreterinnen zu<br />

haben“. 1031 Perspektivisch arbeitete <strong><strong>de</strong>r</strong> „Koordinationsauschuß“ zu dieser<br />

Zeit ebenfalls an <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n LRV-<br />

Referentinnen und an <strong><strong>de</strong>r</strong> Gleichstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gegenüber ih-<br />

ren männlichen Kollegen. 1032<br />

1971 wur<strong>de</strong>n die bis dahin regional durchgeführten Lehrgänge <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen aufgegeben. Die Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong> sind nach Wolf im Desinteresse <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sportlerinnen an speziellen Frauenlehrgängen zu suchen. Des Weiteren<br />

merkt sie an, dass die Unterstützung durch die Vereinsvorstän<strong>de</strong> immer noch<br />

unzureichend sei. 1033 Frauen, die als <strong>Aus</strong>bil<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>de</strong>n Vereinen arbeiteten,<br />

wür<strong>de</strong>n sich so neuere und bessere Erkenntnisse erschließen, die sie ge-<br />

winnbringend einbringen könnten. Daher waren die Verantwortlichen <strong><strong>de</strong>r</strong> Auf-<br />

fassung, dass die Lehrgänge in Zukunft nur noch gemischt durchgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n sollten. „Denn die Aufgaben <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im <strong><strong>de</strong>r</strong>zeitigen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb<br />

entsprechen im großen und ganzen <strong>de</strong>n Aufgaben <strong>de</strong>s Mannes.“ 1034 Außer-<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> versprachen sich die Verantwortlichen eine aktive Teilnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen am Konzept „Zweiter Weg“. 1035<br />

1972 waren alle Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s UAF auf die einzelnen DRV-<strong>Aus</strong>schüsse ver-<br />

teilt. Die Frauen erwirkten auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag <strong>de</strong>n Beschluss, dass die Betei-<br />

ligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an <strong>de</strong>n Führungsaufgaben <strong>de</strong>s DRV zu <strong>de</strong>n Zielen<br />

<strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s gehöre. 1036 Der UAF wur<strong>de</strong> aufgelöst und in das Referat Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>innen (RR) überführt. Somit waren die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage, an allen<br />

1030<br />

Ebenda.<br />

1031<br />

HARDER, „Was brachte das ‘Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen’?“, S. 760.<br />

1032<br />

I. HARDER, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 88(1970)4, S. 71.<br />

1033<br />

Vgl. E. WOLF, „Frauenlehrgangsarbeit“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 89(1971)3, S. 47.<br />

1034<br />

Ebenda.<br />

1035<br />

Vgl. hierzu die Anmerkungen in Kap. 4.7.1. Ferner die <strong>Aus</strong>führungen zu <strong>de</strong>n damaligen<br />

DSB-Kampagnen „Gol<strong>de</strong>ner Plan“ und „Zweiter Weg“.<br />

1036<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 163.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 263<br />

Entscheidungsprozessen aktiv mitzuwirken. Erstmalig war damit die formale<br />

Gleichstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen und Männer in <strong>de</strong>n Satzungen <strong>de</strong>s DRV erreicht.<br />

6.1.2 Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im DRV von 1972 bis 1986<br />

Das Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bestand nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Auflösung <strong>de</strong>s UAF zunächst als<br />

so genanntes „Koordinationsgremium“. 1037 Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> 1038 hatten eine<br />

Doppelfunktion inne, da sie auch <strong>de</strong>n jeweiligen DRV-<strong>Aus</strong>schüssen angehör-<br />

ten.<br />

In <strong>de</strong>n 70er Jahren wur<strong>de</strong> abseits <strong><strong>de</strong>r</strong> Diskussion über <strong>de</strong>n gesellschaftlichen<br />

Wert <strong>de</strong>s Sports erörtert, welche Möglichkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport berge, um Frauen<br />

zur Mitverantwortung zu aktivieren. Das RR konzentrierte sich aus diesem<br />

Grund in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit auf die <strong>Aus</strong>schau nach weiblichen Führungskräften<br />

<strong>für</strong> die Verbandsarbeit. 1039 Es sollte an einer besseren Transparenz <strong><strong>de</strong>r</strong> Ver-<br />

bandsarbeit gearbeitet wer<strong>de</strong>n. Häufig waren Verbandsbeschlüsse <strong>für</strong> die<br />

Vereine nicht nachvollziehbar. Primäre Ziele waren daher<br />

„die Belange <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im DRV-Bereich zu erkennen und zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

und die Gleichstellung und Gleichbehandlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau auf<br />

allen Ebenen und in allen Gremien zu erreichen. [Sowie als] Gremium<br />

[zu fungieren], das <strong>de</strong>n weiblichen Vertretern <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-<br />

<strong>Aus</strong>schüsse eine Diskussionshilfe bieten will bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlung<br />

und Darlegung von Problemen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n jeweiligen Fachausschuß“.<br />

1040<br />

Im RR sollte <strong>de</strong>n Frauen ein eigenes Forum geboten wer<strong>de</strong>n. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong>für</strong><br />

die Frauenwartinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> war angedacht, dass das RR<br />

als Informations- und Beratungsstelle dienen sollte. Das RR hat erst seine<br />

Existenzberechtigung verloren und kann sich auflösen, wenn eine größere<br />

Anzahl von Frauen in die Verbandsarbeit eingebun<strong>de</strong>n wäre. 1041<br />

Die damalige Vorsitzen<strong>de</strong> 1042 <strong>de</strong>s RR, Inge Har<strong><strong>de</strong>r</strong>, zog 1974 eine positive<br />

Zwischenbilanz. Die ersten zwei Jahre seien eine Übergangsphase gewe-<br />

sen, in <strong><strong>de</strong>r</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen noch nicht voll im Verband mitarbeiten konnten,<br />

1037<br />

I. HARDER, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 92(1974)5, S. 93.<br />

1038<br />

Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> waren: Inge Har<strong><strong>de</strong>r</strong>, Ingrid Dieterle, Heike Ro<strong>de</strong>nburg, Elfrie<strong>de</strong> Schumann,<br />

Christel Wallmann, Eva Wehrheim, Erica Wolf und Boris Ulrich.<br />

1039<br />

Vgl. I. LEBERT, „Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen – Warum? – Wozu?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 95(1977)4, S.<br />

57.<br />

1040<br />

Ebenda. Vgl. VIEZENZ, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, S. 81.<br />

1041<br />

Vgl. LEBERT, „Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen – Warum? – Wozu?“, S. 57.<br />

1042<br />

Die Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Referates Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen waren: 1972-1976 Inge Har<strong><strong>de</strong>r</strong>, 1976-1979<br />

Ilse Lebert, 1979-1983 Judith Berger, 1983-1986 Ingrid Dieterle.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 264<br />

aber auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Weg dorthin seien. Dennoch hätten alle in <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>schüssen<br />

tätigen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen sowohl in ihrer Arbeit zum Gesamtfragenkomplex <strong>de</strong>s<br />

DRV als auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertretung <strong><strong>de</strong>r</strong> Son<strong><strong>de</strong>r</strong>interessen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen volle<br />

Anerkennung erhalten. 1043 Bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong> intendierten Auflösung äußerte sie<br />

sich hoffnungsvoll:<br />

„Die Arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-Mitarbeiterinnen wird in ihren Fachgebieten<br />

immer selbständiger, so daß in <strong>de</strong>n nächsten Jahren die Mitarbeit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>für</strong> alle so selbstverständlich sein und die Zwischenlösung<br />

‘Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen’ überflüssig wird.“ 1044<br />

Die Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s RR war verantwortlich <strong>für</strong> die Betreuung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen-<br />

Nationalmannschaft bei internationalen Einsätzen. In diesem Bereich sowie<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> ärztlichen Überwachung bestand Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre noch Verbesse-<br />

rungsbedarf. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong><strong>de</strong>m</strong> Sektor Leistungssport hatte die Zusammen-<br />

arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenwartin mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Bun<strong>de</strong>strainer <strong>für</strong> Frauen und Juniorinnen<br />

nicht optimal funktioniert. Dies wirkte sich negativ auf die nahtlosen Über-<br />

gänge zwischen Jugend- und Seniorenalter sowie zwischen Breiten- und<br />

Leistungssport aus. 1045 Perspektivisch konzentrierte sich das Referat in die-<br />

ser Zeit auf eine intensive Vorbereitung auf die ersten Weltmeisterschaften<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in Luzern 1974 sowie auf die Olympischen Spiele in Montreal<br />

1976.<br />

In <strong>de</strong>n Vereinen schritt die Einbindung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in <strong>de</strong>n Vorstand nur lang-<br />

sam voran. 1975 waren noch 13,7% <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-Vereine ohne Damenabtei-<br />

lung. 1046 Zu stark war zu dieser Zeit noch die Ansicht verwurzelt, dass<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n eine reine Männersache sei. Hamm berichtet, dass es sich bei <strong>de</strong>n<br />

anscheinend „frauenfeindlichen Vereinen meist um traditionsbewusste Groß-<br />

vereine han<strong>de</strong>le“, 1047 die <strong>de</strong>n Zugang <strong>für</strong> Mädchen und Frauen zum Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

sport versperren wür<strong>de</strong>n.<br />

In <strong>de</strong>n nächsten zwei Jahren stagnierte die Arbeit <strong>de</strong>s RR. Obwohl sich seine<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>schüssen <strong>de</strong>s DRV gut integriert hatten, waren die<br />

Frauen nach wie vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Auffassung, dass ein <strong><strong>de</strong>r</strong>artiges Gremium seine<br />

1043<br />

Vgl. HARDER, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 93.<br />

1044<br />

Ebenda.<br />

1045<br />

Vgl. ebenda.<br />

1046<br />

Vgl. R. HAMM, „Eine Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit profiliert sich. Ein sichtbarer Aufschwung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei <strong>de</strong>s DRV“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 93(1975)28, S. 658.<br />

1047<br />

Ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 265<br />

Existenzberechtigung hätte. 1048 Die Klärung von Problemen im Frauenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Anregung und Verwirklichung neuer I<strong>de</strong>en und die Heranziehung von<br />

Nachwuchskräften <strong>für</strong> die Mitarbeit im DRV waren Grund genug, das RR<br />

weiterhin bestehen zu lassen. Har<strong><strong>de</strong>r</strong> führt allerdings an, dass keine neuen<br />

I<strong>de</strong>en verwirklicht wor<strong>de</strong>n seien und bereits initiierte Aktionen nicht mit <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

nötigen Nachdruck betrieben wür<strong>de</strong>n. 1049 1976 versuchten RR und VA die<br />

Integration <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Verein, Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband und Verband zu<br />

forcieren. Die Kontakte zwischen <strong>de</strong>n drei Bereichen galt es ebenfalls zu<br />

verbessern.<br />

In <strong>de</strong>n Jahren von 1976 bis 1978 erzielte das Gremium Fortschritte in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Arbeit. Seit <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1976 wur<strong>de</strong> das Selbstverständnis <strong>de</strong>s Referates<br />

auf eine formale Grundlage gestellt. Hierzu verabschie<strong>de</strong>ten die Anwesen-<br />

<strong>de</strong>n die Ordnung <strong>für</strong> das Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. In dieser wur<strong>de</strong>n Zweck, Ziel<br />

und Mitgliedschaft geregelt. 1050 Die Arbeit in <strong>de</strong>n DRV-<strong>Aus</strong>schüssen wur<strong>de</strong><br />

insgesamt als befriedigend bewertet. Verbesserungsbedarf bestand weiter-<br />

hin in <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeitsarbeit <strong>de</strong>s Referates. Die Arbeit mit <strong>de</strong>n Frauen an<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Basis in <strong>de</strong>n Vereinen und Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong>n sollte verbessert, zu-<br />

min<strong>de</strong>st aufrechterhalten wer<strong>de</strong>n. Die Referatsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> boten <strong>de</strong>n Vereinen<br />

und LRV an, sich aktiv mit Vorträgen o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch mit praktischen Themen an<br />

Veranstaltungen zu beteiligen. Voraussetzung war allerdings das Interesse<br />

bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Gruppen.<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Sitzung <strong>de</strong>s RR im November 1978 wur<strong>de</strong> erstmals die Auflösung<br />

<strong>de</strong>s Gremiums diskutiert. Der ursprüngliche Plan, das Referat aufzulösen,<br />

falls genügend Frauen im VA positioniert wären, war jedoch in weite Ferne<br />

gerückt. Die Existenzberechtigung wur<strong>de</strong> von manchen angezweifelt, da die<br />

Arbeitsergebnisse nicht <strong>de</strong>n gewünschten Erfolg brachten und vor allem<br />

auch wenig kommuniziert wur<strong>de</strong>n. Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s RR sprachen sich <strong>für</strong><br />

ein Weiterbestehen aus. Sie waren <strong><strong>de</strong>r</strong> Meinung, dass die Belange <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>innen sowohl innerhalb <strong>de</strong>s DRV und <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>schüsse als auch nach au-<br />

ßen so wirkungsvoller vertreten wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n. 1051<br />

1048<br />

Vgl. I. HARDER, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 94(1976)5, S. 101.<br />

1049<br />

Vgl. ebenda.<br />

1050<br />

Vgl. I. LEBERT, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 96(1978)1, S. 13.<br />

1051<br />

Vgl. L. BÖRMS, „Picknick in <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-Geschäftstelle“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 96(1978)34, S. 730.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 266<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit konnten keine nennenswerten Fortschritte erzielt wer<strong>de</strong>n.<br />

Die immer noch geringe Begeisterung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen <strong>für</strong> die Verbandsarbeit<br />

konnte nicht aufgefangen wer<strong>de</strong>n. Kritik aus <strong>de</strong>n eigenen Reihen, fehlen<strong>de</strong>s<br />

Verständnis <strong>für</strong> die Arbeit und mangeln<strong>de</strong> Solidarität erschwerten zusätzlich<br />

<strong>de</strong>n Stand <strong><strong>de</strong>r</strong> Referatsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Die damalige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Hessischen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, Martha Gumbrecht, äußerte sich 1979 auf die Frage, „Was<br />

sollten Ihrer Meinung nach die Frauen tun, um künftig noch besser repräsen-<br />

tiert zu sein?“ folgen<strong><strong>de</strong>r</strong>maßen:<br />

„Die Frauen sollen sich besser ‘darstellen’. Sie sollten ihre Mitarbeit<br />

ihren männlichen Kollegen gegenüber ‘diplomatisch’ anbieten.<br />

Das Wort ‘Anbieten’ sollte natürlich nicht so eng ausgelegt wer<strong>de</strong>n.<br />

[...] Die Frau sollte sich ein ‘gediegenes Wissen’ aneignen,<br />

um mitre<strong>de</strong>n zu können und sich mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Wirken <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im Verein<br />

befassen. Die Frau im Verein muß sich also selbst ‘repräsentieren’<br />

und, was wohl beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wichtig ist, bevor sie etwas<br />

‘herausspru<strong>de</strong>lt’, überlegen, was sie sagt und auch mal ‘ruhig’ sein<br />

können! 1052<br />

Einge<strong>de</strong>nk <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache, dass En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre die Frauen sowohl im<br />

Sport als auch im gesellschaftlichen Leben immer noch sehr stark unterre-<br />

präsentiert waren, müssen diese <strong>Aus</strong>sagen als schädigend <strong>für</strong> <strong>de</strong>n gesamten<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport bewertet wer<strong>de</strong>n. Die gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>te aktive Mitgestaltung und -<br />

bestimmung wur<strong>de</strong> dominiert von <strong><strong>de</strong>r</strong> vermeintlichen Erfüllung einer Quote.<br />

Repräsentanz erscheint in diesem Zusammenhang wichtiger als Engage-<br />

ment.<br />

Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre konnte eine positive Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenarbeit<br />

<strong>de</strong>s RR mit <strong>de</strong>n LRV verzeichnet wer<strong>de</strong>n. Gleichzeitig verbesserte sich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Kontakt zwischen <strong>de</strong>n Frauenwartinnen in <strong>de</strong>n Vereinen. Die erstmalig 1981<br />

ausgeschriebene DRV-Frauenwan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt 1053 wur<strong>de</strong> vom RR erfolgreich or-<br />

ganisiert und durchgeführt. Sehr intensiv bemühte sich das RR auch um die<br />

Verbesserung von Altersklasserennen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen, wodurch eine rege Mitar-<br />

beit im betreffen<strong>de</strong>n Arbeitskreis <strong>de</strong>s DRV erzielt wer<strong>de</strong>n konnte. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

vertiefte das RR seine Beziehungen zur Frauensport-Abteilung <strong>de</strong>s DSB und<br />

zum <strong>Deutschen</strong> Frauenrat. Nach wie vor verstand sich das RR als Koordina-<br />

1052<br />

M. GUMBRECHT, „Die Frauen sollen sich besser darstellen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 97(1979)8, S.<br />

229.<br />

1053<br />

Vgl. hierzu die Anmerkungen zum Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Kap. 7.5.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 267<br />

tionsstelle <strong><strong>de</strong>r</strong> im DRV arbeiten<strong>de</strong>n Frauen. 1054 Als <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband 1983 sein<br />

hun<strong><strong>de</strong>r</strong>tjähriges Jubiläum beging, waren erstmalig in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte <strong>de</strong>s<br />

Verban<strong>de</strong>s zwei Posten im VA von Frauen besetzt. Diese waren Ingrid Die-<br />

terle als Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s RR und Judith Berger als Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s <strong>Aus</strong>-<br />

schusses Breitensport. Dennoch wur<strong>de</strong> die Zusammenarbeit in diesem Jahr<br />

auf eine harte Probe gestellt, als diese bei<strong>de</strong>n Frauen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsar-<br />

beit ausschei<strong>de</strong>n mussten und <strong><strong>de</strong>r</strong> VA die freigewor<strong>de</strong>nen Plätze entgegen<br />

<strong>de</strong>n Vorschlägen <strong>de</strong>s RR nicht wie<strong><strong>de</strong>r</strong> mit Frauen besetzte.<br />

1985 initiierte das RR eine Fragebogenaktion, um die allgemeine Situation<br />

an <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis zu reflektieren und festzustellen, wie die Stellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im<br />

Verein wahrgenommen wur<strong>de</strong>. Bei knapp 350 angeschriebenen Vereinen 1055<br />

war die Rücklaufquote mit 188 recht niedrig. Hen<strong>de</strong>s führte an, dass sich<br />

einige Vereine aufgrund mangeln<strong><strong>de</strong>r</strong> Informationen und fehlen<strong><strong>de</strong>r</strong> Diskussio-<br />

nen außerstan<strong>de</strong> sahen, eine Beurteilung abzugeben. 1056 Dennoch war das<br />

Ergebnis ein<strong>de</strong>utig: 60% bewerteten die Stellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im Verein als ne-<br />

gativ, lediglich 25% äußerten sich positiv. 15% machten keine klaren <strong>Aus</strong>sa-<br />

gen. Kritisch angemerkt wer<strong>de</strong>n muss, dass im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> positiven<br />

Bewertungen kaum differenzierte <strong>Aus</strong>sagen zu fin<strong>de</strong>n waren. Die wenigen<br />

ausführlichen Antworten beschränkten sich auf Sätze wie „die Frauen seien<br />

im Kommen o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Frauen seien so stark engagiert, daß sie ihre zahlen-<br />

mäßige Unterpräsenz ausglichen“. 1057<br />

<strong>Aus</strong> <strong>de</strong>n negativen Beurteilungen ergab sich dagegen ein <strong>de</strong>utliches Bild.<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sei eine Männersportart und <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend wer<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV von<br />

Männern geführt. Die Frauen im DRV seien unterprivilegiert, unterrepräsen-<br />

tiert und untergeordnet. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> sei <strong>für</strong> kritische Frauen kein Platz. 1058<br />

Weitere <strong>Aus</strong>wertungen ergaben, dass ca. 20% <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstandsämter von<br />

Frauen ausgeübt wur<strong>de</strong>n. Ämter wie Schriftführer, Frauenwart und Kassen-<br />

wart wur<strong>de</strong>n dagegen häufig von Frauen besetzt. 1059<br />

In <strong>de</strong>n LRV wur<strong>de</strong> je<strong><strong>de</strong>r</strong> fünfte Sitz von einer Frau eingenommen, im VA lag<br />

die Frauenquote in <strong>de</strong>n 80er Jahren bei 12,5%. Becker nannte als einen<br />

1054<br />

Vgl. J. BERGER, „Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 101(1983)1, S. 15.<br />

1055<br />

Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND, Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik, Privatbesitz Hutmacher.<br />

1056<br />

Vgl. R. HENDES, „Der DRV – ein leben<strong>de</strong>s Fossil?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport (1985)31, S. 668.<br />

1057<br />

Ebenda.<br />

1058<br />

Vgl. ebenda.<br />

1059<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 135.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 268<br />

möglichen Grund <strong>für</strong> diese geringe Mitverantwortung die verbesserte Berufs-<br />

qualifikation von Frauen, die das Karrierebewusstsein geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t und somit<br />

das Zeitbudget verkürzt habe. „Aber auch mangeln<strong>de</strong>s Selbstvertrauen,<br />

Scheu vor Ämtern, Desinteresse und eine ablehnen<strong>de</strong> Haltung von Männern<br />

gegenüber engagierten Frauen“ 1060 seien Grün<strong>de</strong>. Wallmann erklärte, dass<br />

die Stellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im DRV die reale Situation <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ge-<br />

sellschaft mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Klischeevorstellungen spiegele. 1061<br />

Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre wur<strong>de</strong> vom VA ein Konzept zur Umgestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ver-<br />

bandsarbeit vorgelegt. Zwischenzeitlich war die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl in diesem<br />

Gremium von ursprünglich elf auf 16 angewachsen. Dies führte nach Becker<br />

zu vielen Verzögerungen, Informations<strong>de</strong>fiziten und mangeln<strong><strong>de</strong>r</strong> Effizienz. 1062<br />

Dem neuen VA sollten daher weniger, da<strong>für</strong> aber gleichberechtigte Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

angehören. 1063 Der zukünftige VA sollte aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorsitzen<strong>de</strong>n und seinem<br />

Stellvertreter, <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Län<strong><strong>de</strong>r</strong>rates, <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>jugend, <strong><strong>de</strong>m</strong> Schatzmeister und vier Beisitzern bestehen.<br />

Alle bisherigen <strong>Aus</strong>schüsse sollten aufgelöst und ihre Zuständigkeiten in vier<br />

große Arbeitsbereiche verteilt wer<strong>de</strong>n: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>reviere und Technik, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Breitensport, Wettkampfsport, Wissenschaft und Lehre. 1064 Diese<br />

Verkleinerung <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Verbandsausschüsse ermöglichte eine ressort-<br />

übergreifen<strong>de</strong> Arbeit, allerdings be<strong>de</strong>utete diese Strukturän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung auch <strong>de</strong>n<br />

Wegfall <strong>de</strong>s RR. Becker zitierte in diesem Zusammenhang <strong>de</strong>n damaligen<br />

stellvertreten<strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s DRV, Karl Friedrich Bro<strong>de</strong>ßer: „Daß das<br />

RR bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Umgestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Struktur wegfallen wür<strong>de</strong>, war allen Beteiligten<br />

von vornherein klar“. 1065 Konsequenterweise entfiel damit auch die Garantie<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenvertretung im VA. 1066<br />

1060 Ebenda.<br />

1061 Vgl. C. WALLMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im DRV – Ergebnisse einer Umfrage“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

103(1985)26, S. 535.<br />

1062 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 130.<br />

1063 Vgl. ebenda.<br />

1064 Vgl. [ohne Verfasser], „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

101(1983)28, S. 686.<br />

1065 BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 130.<br />

1066 Vgl. BECKER, ebenda, S. 131. Dieterle äußerte sich zu <strong><strong>de</strong>m</strong> Thema in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport. Sie stellte klar, dass sich bei<strong>de</strong> VA-Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> an <strong>de</strong>n Beschluss <strong><strong>de</strong>r</strong> VA-<br />

Sitzung gehalten hätten, nicht über Personen zu diskutieren. Becker gibt an, dass es unterschiedliche<br />

Meinungen gegeben habe, ob die bei<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im VA es versäumt<br />

hätten, rechtzeitig ihre Be<strong>de</strong>nken vorzutragen. Wur<strong>de</strong> die Interessenvertretung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauen von allen VA-Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n schlicht und einfach vergessen o<strong><strong>de</strong>r</strong> wur<strong>de</strong>n die Ein-


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 269<br />

Die erste Vorlage zur Strukturän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung stieß bei <strong>de</strong>n Vertretern <strong><strong>de</strong>r</strong> LRV auf<br />

wenig Verständnis:<br />

„Die vom VA vorgelegte Fassung mit neun Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n schloß<br />

zwar die Wahl einer Frau nicht ausdrücklich aus, aber die Zuordnung<br />

von Arbeitsgebieten pro VA-Mitglied schien <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

nicht zu gewährleisten, daß eine Frau gewählt wür<strong>de</strong>.“ 1067<br />

Nach langer Diskussion einigte man sich auf die Zahl von fünf Beisitzern.<br />

Zusätzlich wur<strong>de</strong> das Sachgebiet „Vereinsfragen“ eingerichtet. Die neue<br />

Formulierung „fünf Beisitzer“ be<strong>de</strong>utete allerdings nicht zwangsläufig die<br />

Übernahme dieser Position durch eine Frau. Die For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung, das Amt <strong>de</strong>s<br />

stellvertreten<strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n mit einer Frau zu besetzen, wur<strong>de</strong> abgelehnt.<br />

Allerdings trafen die Verantwortlichen eine entsprechen<strong>de</strong> Vereinbarung <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1986 in Hamburg, in<strong><strong>de</strong>m</strong> sie sich auf eine weibliche Beisitzerin<br />

einigten. Die Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im neu strukturierten VA war damit ge-<br />

währleistet, eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Thematisierung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns war aller-<br />

dings nicht mehr vorgesehen. 1068<br />

Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1986 in Hamburg wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Strukturwan<strong>de</strong>l und damit<br />

auch die Auflösung <strong>de</strong>s RR beschlossen. Har<strong><strong>de</strong>r</strong> merkte an:<br />

„Nach 15 Jahren Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen hätte es m. E. wirklich so<br />

weit sein müssen, daß die Frauen zum selbstverständlichen<br />

Mitarbeiterpotentional gehören und das Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen somit<br />

nicht mehr nötig wäre.“ 1069<br />

Die Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> die Auflösung <strong>de</strong>s RR waren vielschichtig. Einig waren sich<br />

die Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage, dass die Männer im Allgemeinen inzwischen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Mitarbeit von Frauen positiv gegenüber stan<strong>de</strong>n. Es wäre laut Har<strong><strong>de</strong>r</strong> auch<br />

unfair, wenn die Frauen alles „<strong>de</strong>n zur Zeit o<strong><strong>de</strong>r</strong> früher regieren<strong>de</strong>n Männern<br />

in die Schuhe schieben“ 1070 . Unbestritten ist, dass das Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen<br />

an <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsarbeit gering war. Das RR hätte sich, so Har<strong><strong>de</strong>r</strong>, ständig<br />

nach neuen Mitarbeiterinnen umsehen müssen und diese, falls notwendig,<br />

auch zu einer Verbandstätigkeit überre<strong>de</strong>n müssen, <strong>de</strong>nn<br />

wän<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen rechtzeitig vorgetragen und mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Begründung abgewiesen, dass<br />

erst die Sache, dann die Personalfrage diskutiert wer<strong>de</strong>n sollte?<br />

1067 [ohne Verfasser], „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“, S. 686.<br />

1068 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 133.<br />

1069 I. HARDER, „Wirbel bei <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 104(1986)7, S. 156.<br />

1070 Ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 270<br />

„viele Frauen trauen sich diese [Arbeit] nicht zu und merken erst<br />

viel später, daß sie nicht nur geeignet sind, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n sogar Spaß<br />

daran haben“. 1071<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> letzten Sitzung <strong>de</strong>s RR wur<strong>de</strong> beschlossen, dass sich die Frauenre-<br />

ferentinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> LRV in regelmäßigen Abstän<strong>de</strong>n treffen sollten. Ziel war es,<br />

die Interessen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen weiterhin in <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>schüssen <strong>de</strong>s DRV zu vertre-<br />

ten. 1072 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> sollten gezielt Funktionärinnen aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Nachwuchsbe-<br />

reich hinzugezogen wer<strong>de</strong>n.<br />

6.1.3 Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Auflösung <strong>de</strong>s RR fehlte die Kommunikationsplattform zwischen <strong>de</strong>n<br />

Vertreterinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> LRV und <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV. Der Informationsfluss war nicht mehr<br />

gegeben, und so mehrte sich die Kritik. Die jährlich stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Treffen mit<br />

<strong>de</strong>n Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen DRV-<strong>Aus</strong>schüsse konnten dieses Missverhält-<br />

nis nicht kompensieren, zumal nicht in allen Arbeitskreisen <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Res-<br />

sorts Frauen in die Arbeit eingebun<strong>de</strong>n waren. Erschwerend kam hinzu, dass<br />

alle ausschussübergreifen<strong>de</strong>n Aktivitäten im Bereich Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n von <strong>de</strong>n<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Eigenleistung finanziert wer<strong>de</strong>n mussten. 1073 Die Bestrebun-<br />

gen, geeigneten Funktionärinnen-Nachwuchs zu sichten, eine <strong><strong>de</strong>r</strong> wichtigs-<br />

ten Aufgaben <strong>de</strong>s UAF und RR, verkümmerten. 1074<br />

Im Frühjahr 1987 stellten die Vertreterinnen <strong>de</strong>s LRV und <strong>de</strong>s DRV vier For-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an <strong>de</strong>n damaligen DRV-Vorsitzen<strong>de</strong>n Henrik Lotz:<br />

„Die positive Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>entwicklung muß sich durch verstärkte Berufung<br />

von Frauen in Führungsgremien <strong>de</strong>s DRV nie<strong><strong>de</strong>r</strong>schlagen.<br />

Es muss sichergestellt wer<strong>de</strong>n, daß auch in Zukunft eine Frau im<br />

VA vertreten ist.<br />

Es müssen Führungsseminare speziell <strong>für</strong> Frauen eingerichtet<br />

wer<strong>de</strong>n, da gemischte Lehrgänge Frauen nicht genügend ansprechen.<br />

Das Gremium <strong><strong>de</strong>r</strong> LRV- und DRV-Vertreterinnen muß wie z. B. die<br />

LRV-Lehrreferenten und die LRV-Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>warte eine Anbin-<br />

1071<br />

Ebenda.<br />

1072<br />

Vgl. L. BÖRMS, „Erfahrungsaustausch über Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 104(1986)33,<br />

S. 717.<br />

1073<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 138.<br />

1074<br />

Vgl. E. BECKER, „Nach 18 Jahren wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ein <strong>Aus</strong>schuß Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

108(1990)25, S. 634.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 271<br />

dung an <strong>de</strong>n VA erhalten, damit die Ergebnisse <strong><strong>de</strong>r</strong> Beratungen<br />

an diesen weitergegeben wer<strong>de</strong>n können.<br />

Das durch <strong>de</strong>n Wegfall einer Mannschaftsleiterin <strong>für</strong> die Frauennationalmannschaft<br />

und das <strong>Aus</strong>schei<strong>de</strong>n einer Mitarbeiterin entstan<strong>de</strong>ne<br />

Informations<strong>de</strong>fizit im Bereich Leistungssport muß<br />

behoben wer<strong>de</strong>n.“ 1075<br />

Doch <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV gab nicht allen For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen statt. Dieterle wur<strong>de</strong> zur Referen-<br />

tin <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungssport ernannt und die Verantwortlichen <strong>de</strong>s DRV sagten<br />

die Teilnahme <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> seines Stellvertreters an Frauentagun-<br />

gen zu.<br />

Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre begann <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sausschuss Frauensport <strong>de</strong>s DSB<br />

einen Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan zu entwickeln, <strong><strong>de</strong>r</strong> an die Mitgliedsorganisationen als<br />

Muster weitergeleitet wur<strong>de</strong>. 1076 Es galt, Frauen eine verstärkte Mitarbeit in<br />

<strong>de</strong>n Fachverbän<strong>de</strong>n in allen Bereichen zu ermöglichen. Der damalige DSB-<br />

Präsi<strong>de</strong>nt Hans Hansen stellte 1988 in seinem Bericht zur Lage die Be<strong>de</strong>u-<br />

tung dieses Konzeptes heraus:<br />

„Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>pläne rufen zum Gemeinschaftswerk von Frauen<br />

und Männern auf. Ohne Frauen läßt sich die Zukunft <strong>de</strong>s freiorganisierten<br />

Sports nicht gestalten.“ 1077<br />

Die Frauenvertreterinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> LRV und <strong>de</strong>s DRV beschlossen auf ihrer Ta-<br />

gung im Oktober 1988, einen eigenen Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan zu erstellen. Der<br />

DRV richtete <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend einen Arbeitskreis ein. Friedhelm Kreiß als<br />

Mitglied <strong>de</strong>s VA gehörte ebenfalls zu diesem Gremium. 1078 Hierzu wur<strong>de</strong> vom<br />

Arbeitskreis Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan eine Umfrage initiiert, um die Situation im DRV<br />

zu erfassen. Die <strong>Aus</strong>wertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Befragung bestätigte wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um die Tatsa-<br />

che, dass Frauen im DRV in fast allen Positionen, wie beispielsweise als<br />

Trainerinnen, als Schiedsrichterinnen, als Lehrgangsteilnehmerinnen sowie<br />

als Delegierte bei Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tagen und als DRV-<strong>Aus</strong>schussmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> unterreprä-<br />

1075<br />

[Ohne Verfasser], [Ohne Titel], in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 105(1987)10, S. III.<br />

1076<br />

Die ersten Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>pläne thematisierten vor allem die Benachteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen<br />

im Berufsleben. Später wur<strong>de</strong>n diese zur Wahrung <strong><strong>de</strong>r</strong> Chancengleichheit in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />

gesellschaftlichen Bereichen, unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em auch im Sport, erstellt.<br />

1077<br />

H. HANSEN, „Bericht zur Lage“ „Offene Diskussion aller Probleme“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

106(1988)33, S. 789.<br />

1078<br />

Vgl. D. RÜBEL, „Verbandsausschuß stimmte <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan zu“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

107(1989)8, S. 217.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 272<br />

sentiert waren. 1079 Die Gleichstellung von Mann und Frau war zu diesem<br />

Zeitpunkt noch nicht erreicht. 1080<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Fachzeitschrift Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport wur<strong>de</strong> die Notwendigkeit dieses Konzeptes<br />

kontrovers diskutiert. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er merkten kritisch an, dass eine<br />

Gleichberechtigung im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport aber auch im gesellschaftlichen Leben<br />

nicht allein mit einem Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan erreicht wer<strong>de</strong>n könne, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n dass<br />

die Frauen selbst da<strong>für</strong> sorgen müssten, in <strong>de</strong>n Gremien vertreten zu sein.<br />

Gleichberechtigung sei schließlich durch „Mut, Courage, Engagement,<br />

Durchsetzungsvermögen und sicher auch positiven Ehrgeiz entstan<strong>de</strong>n [...],<br />

nicht aber durch ein Papier“. 1081<br />

Kienzle-Augspurger äußerte sich in diesem Zusammenhang ähnlich:<br />

„Ich habe die Erfahrung gemacht, daß man/frau sich nur selbst<br />

för<strong><strong>de</strong>r</strong>n kann. [...] Wir sehen rein fachlich keinen Unterschied zwischen<br />

Frauen und Männern, es gibt nur qualifizierte und weniger<br />

qualifizierte Menschen. [...] Als Frau ist alles zu erreichen, wenn<br />

die Frau das wirklich will und sich da<strong>für</strong> auch engagiert. Dazu<br />

braucht es keine För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung durch Männer, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

partnerschaftliche Hilfe, wenn erwünscht.“ 1082<br />

Die Be<strong>für</strong>worter <strong>de</strong>s Plans, unter ihnen auch Berger, sahen allerdings die<br />

Notwendigkeit darin begrün<strong>de</strong>t, dass<br />

„die Meinungen und die Wünsche <strong>de</strong>s weiblichen Geschlechts mit<br />

in die Planung <strong>de</strong>s DRV eingehen und nicht, wie es jetzt ist, ‘man’<br />

<strong>für</strong> ‘frau’ entschei<strong>de</strong>t. [...] Der Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan wird hoffentlich<br />

greifen und weibliche Präsenz im Vorstand <strong>de</strong>s DRV ermöglichen.“<br />

1083<br />

Im September 1989 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Entwurf <strong>de</strong>s Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plans vorge-<br />

legt. 1084 Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Frauen in Gremien sah dieser auch Fort-<br />

bildungsveranstaltungen vor sowie die wissenschaftliche Erforschung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

1079 Vgl. WALLMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im DRV – Ergebnisse einer Umfrage“, S. 535-537. Ferner<br />

vgl. E. SCHUMANN, „Stagnation im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 85(1967)29, S. 630-<br />

632.<br />

1080 Vgl. D. RÜBEL, „Zweite Sitzung <strong>de</strong>s AK Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 107(1989)26,<br />

S. 643.<br />

1081 Vgl. W. LÖWENSTEIN, „DRV-Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit plangeför<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>frauen?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

sport 108(1990)10, S. III.<br />

1082 Vgl. M. KIENZLE-AUGSPURGER, „DRV-Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 108(1990)13, S.<br />

385.<br />

1083 J. BERGER, „DRV-Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 108(1990)16, S. 458.<br />

1084 Vgl. Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan-Entwurf September 1989, in: BECKER, Mit Rock und Riemen, S.<br />

141.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 273<br />

Problematik von Frauen und Mädchen im Sport. Becker betonte nochmals<br />

die Notwendigkeit <strong>de</strong>s Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plans:<br />

„So soll auch im Bereich <strong>de</strong>s DRV ein Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan die<br />

Gleichberechtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen auf allen Gebieten <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports<br />

durchsetzen helfen. Der DRV sollte sich nicht mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Erreichten<br />

zufrie<strong>de</strong>n geben – Stillstand be<strong>de</strong>utet Rückschritt – die<br />

Konkurrenz <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbän<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>werbung wird schärfer<br />

wer<strong>de</strong>n, da sollte man das große Reservoir von weiblichen Sportinteressierten<br />

nutzen und nicht verprellen.“ 1085<br />

Der endgültige Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan umfasste folgen<strong>de</strong> Punkte:<br />

• „Frauen in Gremien<br />

• Vertretung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen/Mitwirkung bei Besetzung<br />

• Besetzung von Positionen<br />

• Einbindung in die Geschäftsstelle<br />

• Berücksichtigung frauenspezifischer Aspekte<br />

• Leitung und Durchführung von Veranstaltungen<br />

• Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einstieg<br />

• Patenschaften<br />

• Wissenschaftliche Forschung<br />

• Sprache<br />

• Ehrungen<br />

• Bildungsarbeit<br />

• Mitarbeit von Leistungssportlerinnen<br />

• Entlastung durch Aufgabenteilung<br />

• Erfolgskontrollen.“ 1086<br />

In allen ehrenamtlichen Gremien, einschließlich <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s, sollten<br />

Frauen gewählt beziehungsweise berufen wer<strong>de</strong>n. Soweit Frauen nicht ver-<br />

treten waren, musste dies begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Umsetzung <strong>de</strong>s Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plans unterlag <strong><strong>de</strong>m</strong> VA, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag<br />

über die aktuelle Situation im Mädchen- und Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport sowie die ein-<br />

geleiteten und durchgeführten Maßnahmen berichten sollte. Folgerichtig<br />

1085<br />

E. BECKER, „Gleichberechtigung durch Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan“ in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 108(1990)5, S.<br />

113.<br />

1086<br />

[ohne Verfasser], „Protokoll <strong>de</strong>s 49. <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tages...“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

108(1990)15, S. 460-461. Ferner vgl. <strong>de</strong>n Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan im Anhang.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 274<br />

wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>schuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n eingerichtet. 1087 Dieser wur<strong>de</strong> bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Besetzung von Positionen und Gremien beteiligt und konnte Vorschläge<br />

hierzu machen. Der AF wur<strong>de</strong> einem Mitglied <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s zugeordnet<br />

und über Entscheidungen <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s unterrichtet. Die Besetzung von<br />

Positionen sah eine Bevorzugung von Frauen in Gremien vor, in <strong>de</strong>nen sie<br />

unterrepräsentiert waren. Anschließend wur<strong>de</strong> vereinbart, dass bei Symposi-<br />

en, Arbeitstagungen und Arbeitskreisen Themen <strong>de</strong>s Sports von und <strong>für</strong><br />

Frauen angemessen zu berücksichtigt seien. Der Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einstieg von Frau-<br />

en, die aus beruflichen und zeitlichen Grün<strong>de</strong>n ihre ehrenamtliche Mitarbeit<br />

unterbrochen hatten, sollte erleichtert wer<strong>de</strong>n. Der AF wur<strong>de</strong> aufgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, zu<br />

diesen Frauen <strong>de</strong>n Kontakt aufrechtzuerhalten. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wur<strong>de</strong> festgehal-<br />

ten, dass <strong>für</strong> Frauen, die neue Positionen übernahmen, Patenschaften von<br />

bereits länger mitarbeiten<strong>de</strong>n Frauen und Männern zum Erfahrungsaus-<br />

tausch und zur Hilfestellung bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Einarbeitung zu organisieren.<br />

Der Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan sah ferner vor, dass bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Formulierung von Satzun-<br />

gen, Ordnungen, Regelwerken, Grundsatzerklärungen, Veröffentlichungen<br />

und Berichten jeweils die weibliche und männliche beziehungsweise neutrale<br />

Sprachform verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n sollte. 1088<br />

Unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Aspekt Erfolgskontrollen wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorstand die Verantwortlich-<br />

keit <strong>für</strong> die Umsetzung und die Fortschreibung <strong>de</strong>s Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plans zuge-<br />

wiesen. Über die Durchführung und Ergebnisse <strong>de</strong>s Plans sollte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vorstand jeweils am Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag berichten.<br />

Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> 49. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Düsseldorf 1990 wur<strong>de</strong> die endgültige Fassung als<br />

Satzungsantrag vorgelegt und letztendlich angenommen. Hierzu hieß es im<br />

Protokoll:<br />

„Abstimmung: Die Mehrheit stimmt bei einer nicht unerheblichen<br />

Zahl von Nein-Stimmen und einigen Enthaltungen zu.<br />

Die Abstimmung zum Antrag von DR. HORST MEYER ergibt bei<br />

247 Nein-Stimmen und 50 Enthaltungen ebenfalls eine Mehrheit.“<br />

1089<br />

1087<br />

R. ZIEL, „Keine Hochachtung vor Baßstimme haben“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 109(1991)31, S.<br />

799.<br />

1088<br />

Bis Oktober 2008 wur<strong>de</strong> dieser For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Seiten <strong>de</strong>s DRV nicht nachgekommen.<br />

Bis zu diesem Zeitpunkt fand nur die männliche Form Verwendung.<br />

1089<br />

[ohne Verfasser], „Protokoll <strong>de</strong>s 49. <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tages“, S. 460.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 275<br />

Erwähnt wer<strong>de</strong>n muss an dieser Stelle, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwurf mit abgeschwäch-<br />

ten Formulierungen, aus „Pflichten“ wur<strong>de</strong>n beispielsweise „Empfehlungen“,<br />

verabschie<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Generell sollte <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan als freiwilliger<br />

Leitfa<strong>de</strong>n <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Verbandsbereich angesehen wer<strong>de</strong>n. 1090 Eine erweiterte<br />

Fassung sollte <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1992 erneut zur Abstimmung vorgelegt wer-<br />

<strong>de</strong>n, ein Vorhaben, das letztlich nicht umgesetzt wur<strong>de</strong>. 1091 Becker merkte in<br />

diesem Zusammenhang an, dass sich an dieser Stelle die alte Erkenntnis<br />

bewahrheitete, dass die Belange <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns auf Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tagen nur<br />

dann eine Chance hätten, wenn sich einflussreiche Funktionäre da<strong>für</strong> stark<br />

machen wür<strong>de</strong>n. 1092<br />

6.1.4 <strong>Aus</strong>schuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n von 1990 bis heute<br />

Die erste Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s neu gebil<strong>de</strong>ten <strong>Aus</strong>schusses Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war<br />

Gertrau<strong>de</strong> Frischmuth-Müller. 1093 Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Besetzung dieses Gremiums hatten<br />

sich die Verantwortlichen <strong>de</strong>s DRV bemüht, eine „gesun<strong>de</strong> Mischung von<br />

Basis und höheren Ebenen, von Breiten- und Leistungssport, Jüngeren und<br />

Älteren zu fin<strong>de</strong>n“. 1094 Der AF war außer<strong><strong>de</strong>m</strong> paritätisch mit LRV- und Ver-<br />

einsvertreterinnen besetzt. Ein Mitglied wur<strong>de</strong> von <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Aus</strong>schuss als Dele-<br />

gierte zur Bun<strong>de</strong>sversammlung Frauen im Sport <strong>de</strong>s DSB, <strong><strong>de</strong>m</strong> damaligen<br />

höchsten Sportgremium <strong>für</strong> Frauen entsandt, ein weiteres zur Vollversamm-<br />

lung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Frauenrats, <strong><strong>de</strong>m</strong> Zusammenschluss aller Frauenver-<br />

bän<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland. 1095 Die Frauen arbeiteten in <strong>de</strong>n<br />

jeweiligen Fachausschüssen mit, während <strong><strong>de</strong>r</strong> AF Koordinierungsaufgaben<br />

zu frauenspezifischen Themen übernahm. Für <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>schuss galt, die Inte-<br />

ressen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gemeinsam mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis zu vertreten. Die erste Ak-<br />

tion war das 1991 in Berlin veranstaltete DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Forum. Die<br />

Teilnehmer beschäftigten sich dabei in Workshops mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Stellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau<br />

im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport sowie mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Der stellvertre-<br />

1090<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 145.<br />

1091<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Heida Benecke am 21. 10. 2008.<br />

1092<br />

Vgl. ebenda.<br />

1093<br />

Die Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s <strong>Aus</strong>schusses Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n waren: 1990-1998 Gertrau<strong>de</strong> Frischmuth-Müller,<br />

1998-2003 Lisa Börms, 2003-2008 Dagmar Linnemann-Gädke. Seit März<br />

2008 hält Heida Benecke dieses Amt.<br />

1094<br />

A. SCHELLER, „Frauen zur Mitarbeit ermutigen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 111(1993)5, S. 93.<br />

1095<br />

Vgl. G. FRISCHMUTH, „Frauen in <strong>de</strong>n DRV-Gremien?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 113(1995)5, S. 127.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 276<br />

ten<strong>de</strong> DRV-Vorsitzen<strong>de</strong> Karl-Friedrich Bro<strong>de</strong>ßer äußerte sich auf dieser Ver-<br />

anstaltung zum Stand <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns:<br />

„Das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n habe einen dornenvollen Weg zurückzulegen<br />

gehabt. ‘Doch die dicksten Brocken sind weggeräumt. Die Frauen<br />

sind voll anerkannt und gleichberechtigt. Sie setzen positive und<br />

nicht wegzu<strong>de</strong>nken<strong>de</strong> Akzente.’“ 1096<br />

Bro<strong>de</strong>ßer führte ebenfalls an, dass Frauen zwar Führungsaufgaben über-<br />

nehmen wür<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nnoch sei <strong><strong>de</strong>r</strong>en Anzahl im DRV Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 90er Jahre<br />

immer noch zu gering. Der Verband stün<strong>de</strong> „in mancherlei Hinsicht jedoch<br />

noch mit einem Bein in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergangenheit“. 1097 Obwohl die Grün<strong>de</strong> viel-<br />

schichtig seien, reichten laut Bro<strong>de</strong>ßer Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan und Quotenrege-<br />

lung nicht aus, diesen Zustand zu verän<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Forum war laut Börms ein großer Erfolg. Allerdings wur<strong>de</strong><br />

das finanzielle Budget um ein Vielfaches überzogen, so dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Etat <strong>de</strong>s AF<br />

erst im Jahre 2000 wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ein Frauen-Forum zuließ. 1098<br />

1992 zog <strong><strong>de</strong>r</strong> AF eine erste Bilanz. Nur zwei Jahre nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung<br />

<strong>de</strong>s <strong>Aus</strong>schusses konnte als Ergebnis festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau-<br />

enanteil im DRV immerhin bei 28,2% lag, dieser Prozentsatz aber in <strong>de</strong>n<br />

Vereins-, Verbands- und DRV-Gremien nicht erreicht wer<strong>de</strong>n konnte. So be-<br />

fand sich beispielsweise 1992 keine Frau im DRV-Vorstand. Dies traf auch<br />

auf <strong>de</strong>n Lehrausschuss und <strong>de</strong>n Vorstand <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>jugend zu. Lediglich im<br />

Ressort „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>reviere und Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“ waren mit Heike Ro<strong>de</strong>nburg und<br />

Gabi Hecht Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen vertreten. Das Ziel <strong>de</strong>s AF, die Anzahl aktiver Frau-<br />

en in Gremien und <strong>Aus</strong>schüssen zu erhöhen, wur<strong>de</strong> nicht aufgegeben, aller-<br />

dings sei dieses Anliegen laut Frischmuth nur langfristig zu verwirklichen. 1099<br />

Dagmar Linnemann-Gädke vom LRV Berlin brachte 1995 die Lage auf <strong>de</strong>n<br />

Punkt: „Die Frauen wollen nicht – das ist das Handicap“. 1100 Auch Frischmuth<br />

musste feststellen, dass Ziel und Wirklichkeit noch weit voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> entfernt<br />

waren. Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong> erkannte sie darin, dass<br />

„die Frauen nicht mitgespielt haben. Es wur<strong>de</strong>n ja auch Frauen<br />

zugelassen, aber die haben es nicht geschafft. Das war Pseudo-<br />

1096<br />

ZIEL, „Keine Hochachtung vor Baßstimme haben“, S. 798.<br />

1097<br />

Ebenda, S. 799.<br />

1098<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Lisa Börms am 21. 10. 2008.<br />

1099<br />

Vgl. SCHELLER, „Frauen zur Mitarbeit ermutigen“, S. 93. Ferner vgl. FRISCHMUTH, „Frauen<br />

in <strong>de</strong>n DRV-Gremien?“, S. 127.<br />

1100<br />

SCHELLER, „Frauen zur Mitarbeit ermutigen“, S. 93.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 277<br />

Frauen-Power. Es waren fast nur Frauen, die sich nicht durchsetzen<br />

konnten.“ 1101<br />

Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 90er Jahre intensivierte <strong><strong>de</strong>r</strong> AF die Suche nach Frauen, die ehren-<br />

amtlich in Gremien <strong>de</strong>s DRV mitarbeiten sollten. Ein angebotener För<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

lehrgang musste allerdings aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> zu geringen Anmeldungen<br />

abgesagt wer<strong>de</strong>n. Frischmuth bedauerte sehr, dass an <strong>de</strong>n jährlich stattfin-<br />

<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Frauentagungen mit allen in Verbän<strong>de</strong>n und Gremien arbeiten<strong>de</strong>n<br />

Frauen keine Vertreterinnen aus <strong>de</strong>n neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n teilnahmen. Die-<br />

se sahen keine Notwendigkeit in dieser Veranstaltung, da sie „diese bislang<br />

auch nicht gebraucht hätten, um zu ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“. 1102 Sie konstatierte allerdings<br />

auch, dass sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfahrungs- und Meinungsaustausch von bei<strong>de</strong>n Seiten<br />

immer noch schwierig gestaltete. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

„erkennen [wir] inzwischen viele kleine Netzwerke, aber die vielen<br />

kleinen funktionieren<strong>de</strong>n ergeben noch lange kein großes. Frauen<br />

haben aus vielerlei Grün<strong>de</strong>n nach wie vor Schwierigkeiten, ein<br />

dichtes Netzwerk aufzubauen, sich gegenseitig zu informieren und<br />

vor allem zu stützen.“ 1103<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauentagung 1996 beschloss <strong><strong>de</strong>r</strong> AF, <strong>de</strong>n Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan „Mitar-<br />

beit von Frauen in <strong>de</strong>n Gremien <strong>de</strong>s DRV“ zu überarbeiten. Obwohl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag <strong><strong>de</strong>m</strong> Entwurf 1990 inhaltlich zugestimmt hatte, wur<strong>de</strong> er formal<br />

vom Vorstand innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> folgen<strong>de</strong>n fünf Jahre nicht bestätigt und schrift-<br />

lich nie<strong><strong>de</strong>r</strong>gelegt. 1104 Der AF entwarf einen Maßnahmenkatalog, um <strong>de</strong>n Weg<br />

<strong>für</strong> eine frauenfreundlichere Organisation im Verband zu ebnen: 1105<br />

• „Verwirklichung <strong>de</strong>s Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>planes<br />

• vermehrt Informations-/Fortbildungslehrgänge <strong>für</strong> Frauen, familienfreundlich<br />

organisiert<br />

• Publikationen zum Thema Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in allen Medien, zusätzlich<br />

zur Fachpresse<br />

• Bereitstellung einer Kontaktperson/hauptamtlichen Mitarbeiterin in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-Geschäftsstelle/allseits präsenten Frauenvertretung<br />

• Entwicklung von frauenspezifischem Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>material<br />

1101<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Gertrau<strong>de</strong> Frischmuth am 24. 10. 2008.<br />

1102<br />

Ebenda.<br />

1103<br />

FRISCHMUTH, „Frauen in <strong>de</strong>n DRV-Gremien?“, S. 127.<br />

1104<br />

Vgl. D. REES, „Frauen noch lange nicht am Ziel ihrer Wünsche“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

114(1996)7, S. 221.<br />

1105 Vgl. ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 278<br />

• Angemessene finanzielle <strong>Aus</strong>stattung und gleiches sparsames Niveau<br />

<strong>für</strong> alle DRV-<strong>Aus</strong>schußsitzungen<br />

• Motivation zur Ehrenamtlichkeit durch Lob/Anerkennung“. 1106<br />

Die LRV waren aufgerufen, eine Frauenvertretung zu gewährleisten. Außer-<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> sollten die Frauenvertreterinnen durch Weitergabe sämtlicher Informati-<br />

onen zur Mitarbeit motiviert wer<strong>de</strong>n. Den Vereinen empfahl <strong><strong>de</strong>r</strong> AF durch die<br />

Betreuung von Kleinkin<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Attraktivität <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportart Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu erhöhen.<br />

Weiterhin sei eine „offene Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufnahme von Frauen nach langer Abwe-<br />

senheit“ 1107 wünschenswert. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> müsse <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesundheitsaspekt von<br />

<strong>de</strong>n Vereinen bei entsprechen<strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeitsarbeit stärker hervorgehoben<br />

wer<strong>de</strong>n. Dieser Maßnahmenkatalog ist eine Empfehlung geblieben. 1108<br />

Zwischen 1998 und 2003 stand Lisa Börms <strong><strong>de</strong>m</strong> AF vor. Unter ihrem Vorsitz<br />

wur<strong>de</strong>n 2000 und 2002 die Frauen-Foren <strong>de</strong>s DRV in Lübeck/Travemün<strong>de</strong><br />

und Schweinfurt durchgeführt. Das Frauen-Forum 2000 stand unter <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Motto „Zukunft gestalten – Chancen und Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen“. Es konnten<br />

zahlreiche Referenten aus unterschiedlichen Fachrichtungen gewonnen<br />

wer<strong>de</strong>n. Der Aspekt Ehrenamt wur<strong>de</strong> schwerpunktmäßig thematisiert. Es gab<br />

Vorträge und Diskussionen wie „Frauen und Ehrenamt“, „Ehrenamtliches<br />

Engagement <strong>für</strong> einen menschlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Brü-<br />

ckenschlag zwischen <strong>de</strong>n Generationen“ und „Ehrenamt – gesellschaftliche<br />

Notwendigkeit o<strong><strong>de</strong>r</strong> Nächstenliebe“ sowie „Die Schlagzahl erhöhen – mit Lust<br />

an die Macht“. 1109 107 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus 38 Vereinen nahmen am Forum<br />

teil. 1110 Damit war die Teilnehmerzahl fast so hoch wie 1991. Eine Erklärung<br />

hier<strong>für</strong> kann in <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahl <strong>de</strong>s Veranstaltungsorts gesehen wer<strong>de</strong>n. Das Inte-<br />

resse <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in Schleswig-Holstein an diesen Themen erscheint größer<br />

zu sein als in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 1111<br />

2002 wur<strong>de</strong> in Schweinfurt das dritte Frauen-Forum <strong>de</strong>s DRV unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Mot-<br />

to „Frauen an die Spitze“ veranstaltet. 1112 Der AF hatte die Anregung von<br />

1106 Ebenda.<br />

1107 Ebenda.<br />

1108 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Lisa Börms und Heida Benecke am 21. 10. 2008.<br />

1109 Vgl. [ohne Verfasser], „Frauen Forum 2000. Zukunft gestalten – Chancen und Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen“,<br />

in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 118(2000)8, S. 328.<br />

1110 Vgl. H. RODENBURG, „Frauen-Forum 2000. Zukunft gestalten – Chancen und Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen“,<br />

in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 118(2000)23. S. 37.<br />

1111 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Heida Benecke am 21. 10. 2008.<br />

1112 Vgl. AUSSCHUSS FRAUENRUDERN, 3. Frauen-Forum <strong>de</strong>s DRV. Frauen an die Spitze,<br />

[o.O.] 2002, S. 1.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 279<br />

DSB und NOK aufgegriffen und die Veranstaltung thematisch an das Akti-<br />

onsbündnis zur Steigerung <strong>de</strong>s Frauenanteils in <strong>de</strong>n Führungspositionen <strong>de</strong>s<br />

<strong>de</strong>utschen Sports angebun<strong>de</strong>n. 1113 2000 lag <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenanteil <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> bei ungefähr 31%. Ihre Präsenz in Vorstän<strong>de</strong>n auf verschie<strong>de</strong>nen<br />

Ebenen war aber <strong>de</strong>utlich geringer. 1114 Jürgen Kapsch merkte hierzu an,<br />

dass das Forum in Schweinfurt als <strong>Aus</strong>gangspunkt dienen könne, um dieses<br />

Missverhältnis zu beheben. Allerdings müsse man sich erst verständigen,<br />

was unter <strong><strong>de</strong>r</strong> angestrebten Spitze zu verstehen sei und ob Frauen diese<br />

überhaupt erreichen möchten. 1115 Als Ergebnis hielt er fest, dass<br />

„die ‘Spitze’ im DRV nicht unbedingt ein Platz im Vorstand o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

gar <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-Vorsitz sei. Sich im Verein zu engagieren, in <strong>de</strong>n<br />

Lan<strong>de</strong>sverbän<strong>de</strong>n und auch in <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>schüssen, das sind, aus<br />

ganz individueller Sicht, anzustreben<strong>de</strong> Spitzenämter“. 1116<br />

Einig waren sich Teilnehmer und Referenten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage, dass nach wie vor<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Faktor Zeit eine große Rolle spiele. Das ehrenamtliche Engagement er-<br />

for<strong><strong>de</strong>r</strong>te nicht nur ein Zugehen auf die Frauen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch zeitliche Res-<br />

sourcen <strong>für</strong> eine individuelle Entscheidungsfindung: „‘Frau’ muss auch wollen<br />

und das gegenüber <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en <strong>de</strong>utlich machen.“ 1117 Denn<br />

„das Ehrenamt muss auch Spass [sic!] machen. Sich aus ‘Quotengrün<strong>de</strong>n’<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> als Notnagel in einen Vorstand wählen zu lassen,<br />

bringt am En<strong>de</strong> nur Ärger und Frust“. 1118<br />

40 Frauen aus 25 Vereinen hatten sich zu <strong><strong>de</strong>r</strong> Veranstaltung angemel<strong>de</strong>t.<br />

Obwohl sich an <strong><strong>de</strong>r</strong> Besetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ämter innerhalb <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s keine<br />

1113 Dieses Projekt hatte die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur Gewinnung<br />

und För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Frauen <strong>für</strong> Ehrenämter zum Ziel. <strong>Aus</strong>löser war <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil weiblicher<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> von 37,44% in <strong>de</strong>n Spitzenverbän<strong>de</strong>n im Jahre 2000. Im DRV lag dieser Wert<br />

bei ca. 31%, was Platz 30 im DSB entsprach. 2001 wur<strong>de</strong> außer<strong><strong>de</strong>m</strong> festgestellt, dass<br />

lediglich 9,09% <strong><strong>de</strong>r</strong> Präsidiums- und Vorstandsposten mit Frauen besetzt waren. Es galt,<br />

Konzepte zum Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreaming im Sport zu generieren um auf diese Weise <strong>de</strong>n<br />

Frauenanteil in <strong>de</strong>n Führungspositionen <strong>de</strong>s Sports zu erhöhen. Begleitet wur<strong>de</strong>n diese<br />

Bemühungen von einer wissenschaftlichen Untersuchung und einem Praxisprojekt. Letzteres<br />

betreute Sylvia Schenk, <strong>für</strong> <strong>de</strong>n wissenschaftlichen Arbeitsauftrag waren Gertrud<br />

Pfister und Gudrun Doll-Tepper verantwortlich. Finanziert wur<strong>de</strong> dieses Aktionsbündnis<br />

vom Bun<strong>de</strong>sministerium <strong>für</strong> Familie, Senioren, Frauen und Jugend und vom NOK <strong>für</strong><br />

Deutschland. Vgl. ebenda, S. 5.<br />

1114 J. KAPSCH, „Wo ist die Spitze? Wollen wir da wirklich hin?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 120(2002)8,<br />

S. 2.<br />

1115 Vgl. ebenda.<br />

1116 Ebenda.<br />

1117 Ebenda.<br />

1118 Ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 280<br />

Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen ergaben, wur<strong>de</strong> das Frauen-Forum in Schweinfurt von <strong><strong>de</strong>r</strong> da-<br />

maligen Vorsitzen<strong>de</strong>n inhaltlich als Erfolg gewertet:<br />

„Dieses 3. Frauen-Forum war aus meiner Sicht ein großer Erfolg.<br />

Es hat <strong>de</strong>n meisten Teilnehmerinnen etwas gebracht. Und – so<br />

hoffe ich zumin<strong>de</strong>st – <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV auch. Die Frauen hatten in unserem<br />

Verband noch nie eine so gute <strong>Aus</strong>gangsposition.“ 1119<br />

Allerdings merkte Benecke in diesem Zusammenhang an, dass sich viele<br />

Teilnehmerinnen im Vorfeld folgen<strong>de</strong> Frage gestellt hätten: „Frauen an die<br />

Spitze ist ja schön und gut, aber will ich da überhaupt hin?“ 1120<br />

Der damalige DRV-Vorsitzen<strong>de</strong> Helmut Griep war ebenfalls in Schweinfurt<br />

anwesend und führte Gespräche mit <strong><strong>de</strong>m</strong> AF, die Börms positiv in die Zu-<br />

kunft blicken ließen. Griep machte auf diesem Frauen-Forum <strong>de</strong>utlich, dass<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DRV dringend nach Mitarbeiterinnen in <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>schüssen suche und äu-<br />

ßerte die Hoffnung, dass von dieser Veranstaltung Impulse ausgehen mö-<br />

gen. 1121<br />

Börms gab <strong>de</strong>n Vorsitz <strong>de</strong>s AF auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 2003 in Oberhausen an<br />

Dagmar Linnemann-Gädke ab. In ihre Amtszeit fiel das vierte Frauen-Forum<br />

2007 in Hannover. Das Motto dieser Veranstaltung hieß „Sport tut Frauen gut<br />

– Frauen tun <strong><strong>de</strong>m</strong> (Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-) Sport gut“. Neben Vorträgen aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Bereich<br />

Gesundheit, zum Beispiel „Frauenherzen schlagen an<strong><strong>de</strong>r</strong>s – Neue For-<br />

schungsergebnisse aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Medizin“ und „Frauen – Sport – Gesundheit“<br />

wur<strong>de</strong> auch über <strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>m</strong>ografischen Wan<strong>de</strong>l im DOSB, die Personalent-<br />

wicklung im Verein und Verband und „Ehrenamt und Hauptamt“ sowie „Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong>für</strong> Frauen und Frauen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport gestern – heute –<br />

morgen“ diskutiert. Ergänzt wur<strong>de</strong>n diese Themen durch ein best-practice<br />

Beispiel <strong>de</strong>s Frauenreferates Schleswig-Holsteins. 1122<br />

Eberhard Wühle stellte auf diesem Forum fest, dass Frauen im DRV nicht<br />

das Verbandsgeschehen mitbestimmen. Er konstatierte außer<strong><strong>de</strong>m</strong>, dass es<br />

kein Vergnügen sei, „als Mann vor einem Frauenforum zu referieren <strong>für</strong> ei-<br />

nen Vorstand, <strong><strong>de</strong>r</strong> eine reine Männerriege“ 1123 sei. In diesem Zusammen-<br />

1119 Ebenda.<br />

1120 Ebenda.<br />

1121 Ebenda.<br />

1122 E. WÜHLE, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong>für</strong> Frauen und Frauen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport ‘gestern – heute –<br />

morgen’“, in: Deutscher RUDERVERBAND/AUSSCHUSS FRAUENRUDERN, Sport tut Frauen<br />

gut – Frauen tun <strong><strong>de</strong>m</strong> Sport gut, zweite überarbeitete Auflage, [o.O.] 2008, S. 5.<br />

1123 Ebenda, S. 7.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 281<br />

hang äußerte sich Wühle auch zur Einbindung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in die verschie<strong>de</strong>-<br />

nen DRV-Ressorts, die er als unzureichend klassifizierte:<br />

„Allein in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regelkommission und unter <strong>de</strong>n Rechnungsprüfern<br />

ist jeweils eine Frau zu fin<strong>de</strong>n und vor gut einem Jahr hat eine<br />

Frau das be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Amt <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahlleiterin übernommen. Wir sind<br />

auch weit davon entfernt, dass die Frauen in <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>schüssen<br />

repräsentativ vertreten sind, wenn sie überhaupt in die <strong>Aus</strong>schussarbeit<br />

eingebun<strong>de</strong>n sind. Nehmen Sie es mir ab, dass mich<br />

über diesen geringen Anteil ein starkes Unbehagen befällt.“ 1124<br />

Wühle führte <strong>de</strong>s Weiteren an, dass zumin<strong>de</strong>st „Fachfrauen“ in <strong>de</strong>n Berei-<br />

chen Finanzen, Schriftführung, Öffentlichkeitsarbeit, Breitensport und Wan-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch als Leiterin eines eigenen Referates Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n über<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportliche Belange auf LRV-Ebene mitentschei<strong>de</strong>n könnten. 1125 Frauen<br />

prägten diesen Sport ebenso wie Männer, daher<br />

„sagen wir nicht: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist ein typischer Männersport, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

sind wir uns bewusst: Frauen gehören zu <strong>de</strong>n Leistungsträgern<br />

<strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports“. 1126<br />

In diesem Zusammenhang muss erwähnt wer<strong>de</strong>n, dass 2007 alle Vorstän<strong>de</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> 16 Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> männlich waren. Benecke bedauerte außer-<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong>, dass vielfach auch keine Frauenreferate in <strong>de</strong>n LRV eingerichtet sei-<br />

en. 1127 Im Oktober 2008 stellte <strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />

eine <strong>Aus</strong>nahme dar, <strong>de</strong>ssen Vorsitzen<strong>de</strong> hieß Johanna Kienzerle. Die Positi-<br />

on <strong>de</strong>s Stellvertreters war mit Monika Kienzle-Augspurger besetzt. Das<br />

Frauenreferat ist allerdings auch im LRV Ba<strong>de</strong>n-Württemberg momentan<br />

nicht besetzt.<br />

Ein weiterer Themenkomplex auf <strong><strong>de</strong>m</strong> vierten Frauen-Forum <strong>de</strong>s DRV war<br />

das Konzept <strong>de</strong>s Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreaming 1128 . So lange die Gleichstellung von<br />

1124<br />

Ebenda. Die Wahlleiterin auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 2005 in Dres<strong>de</strong>n war Monika Kienzle-<br />

Augspurger. Angela Braasch-Eggert übernahm diese Funktion auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 2008<br />

in Köln und ebenfalls auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Außeror<strong>de</strong>ntlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Ol<strong>de</strong>nburg 2009.<br />

1125<br />

Vgl. ebenda.<br />

1126<br />

Ebenda.<br />

1127<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Heida Benecke am 21. 10. 2008.<br />

1128<br />

Das biologische Geschlecht wird in <strong><strong>de</strong>r</strong> Wissenschaft mit <strong><strong>de</strong>m</strong> englischen Begriff „sex“<br />

bezeichnet. Der Begriff „gen<strong><strong>de</strong>r</strong>“ präzisiert diesen Umstand, <strong>de</strong>nn „gen<strong><strong>de</strong>r</strong>“ meint die Kategorie<br />

<strong>de</strong>s sozialen Geschlechts, die ein soziales, kulturelles und symbolisches Ordnungssystem<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaft darstellt, das <strong>für</strong> eine Orientierung in dieser wichtig ist.<br />

„Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreaming" umfasst einen integrativen, gesamt-gesellschaftlichen Ansatz,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> nach fast drei Jahrzehnten Frauenbewegung über das Konzept <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>und<br />

Gleichstellungspolitik hinausgehen soll. Die Überlegungen zielen ausdrücklich auf<br />

ein übergreifen<strong>de</strong>s Rollenverständnis <strong>für</strong> bei<strong>de</strong> Geschlechter, also <strong>für</strong> Frauen und Män-


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 282<br />

Frauen und Männern nicht erreicht ist, bleibt Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung notwendig.<br />

Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreaming ersetzt nicht das Instrument <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist als Doppelstrategie zu verstehen. 1129 Ziel bleibt weiterhin die<br />

Gleichstellung von Männern und Frauen, die im DRV noch nicht erreicht ist.<br />

Für <strong>de</strong>n DRV sah die damalige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s AF, Linnemann-Gädke, die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage <strong>de</strong>s Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreaming auf einem guten Weg.<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> war es wichtig, dass in <strong>de</strong>n Gremien <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportvereine und -<br />

verbän<strong>de</strong> genügend Frauen mitarbeiten, <strong>de</strong>nn „nur Gremien mit ausreichend<br />

Frauen haben eine vollständige Sicht auf die Dinge (<strong>de</strong>s Lebens)“. 1130 Sie<br />

begrün<strong>de</strong>te dies damit, dass Frauen ihrer Meinung nach meistens offener<br />

und anpassungsfähiger seien <strong>für</strong> neue Situationen, da das Denken in Hierar-<br />

chien weniger ausgeprägt sei als bei Männern. 1131 Daher galt es weiterhin <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n DRV, Frauen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Sport und <strong>für</strong> Führungsaufgaben zu gewinnen.<br />

Linnemann-Gädke knüpfte an das vierte Frauen-Forum in Hannover die<br />

Hoffnung, dass<br />

„dieses Forum wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um zum <strong>Aus</strong>bau <strong>de</strong>s Netzwerkes <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen<br />

im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband beigetragen hat und daher die Arbeit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in <strong>de</strong>n Vereinen und Verbän<strong>de</strong>n weiter voranbringen<br />

wird“. 1132<br />

Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Treffen in Hannover wandte sich Benecke in einem Brief an <strong>de</strong>n<br />

damaligen DRV-Vorsitzen<strong>de</strong>n Griep, da „ein fa<strong><strong>de</strong>r</strong> Beigeschmack geblieben<br />

war“. 1133 Sie stellte die Frage, was sich eigentlich <strong>für</strong> Frauen im DRV verän-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>t hat.<br />

„Die Antwort ist einfach: Im nächsten Jahr feiert <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV sein<br />

125jähriges Jubiläum ohne eine einzige Frau im Vorstand! Oh ja,<br />

es wur<strong>de</strong>n Versuche gemacht, Frauen in <strong>de</strong>n Vorstand zu holen.<br />

Woran sind sie gescheitert? Ist es unbequem mit Frauen im Vorstand?<br />

Man muss sich umstellen, ist nicht mehr unter sich? Si-<br />

ner. Nach einem Kabinettsbeschluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sregierung vom 23. Juni 1999 erkennt<br />

diese die Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Leitprinzip an und<br />

för<strong><strong>de</strong>r</strong>t dies als gesellschaftliche Querschnittsaufgabe unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Begriff „Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreaming."<br />

Vgl. M. CORDES, „Gleichstellungspolitiken: Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung zum<br />

Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreaming“, in: R. BECKER/B. KORTENDIEK (Hrsg.), Handbuch Frauen- und<br />

Geschlechterforschung. Theorie, Metho<strong>de</strong>n, Empirie, Wiesba<strong>de</strong>n 2004, S. 716-717.<br />

1129 Vgl. U. ENGELS, „Frauenherzen schlagen an<strong><strong>de</strong>r</strong>s“, in: DEUTSCHER RUDERVERBAND/AUS-<br />

SCHUSS FRAUENRUDERN, Sport tut Frauen gut – Frauen tun <strong><strong>de</strong>m</strong> Sport gut, S. 44.<br />

1130 Ebenda.<br />

1131 Vgl. D. LINNEMANN-GÄDKE, „Schlussworte“, in: DEUTSCHER RUDERVERBAND/AUSSCHUSS<br />

FRAUENRUDERN, Sport tut Frauen gut – Frauen tun <strong><strong>de</strong>m</strong> Sport gut, S. 49.<br />

1132 Ebenda.<br />

1133 H. BENECKE, Korrespon<strong>de</strong>nz an H. Griep am 24. 5. 2007, Privatbesitz Benecke.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 283<br />

cherlich bedarf es Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen nach fast 125 Jahren reiner<br />

Männerdomäne? Unmöglich?“ 1134<br />

Weiterhin führte Benecke die mangelhafte Kommunikation und Transparenz<br />

zwischen Vorstand und AF an. Als Beispiele führte sie zwei Frauen an, die<br />

sich im DRV ehrenamtlich engagiert hatten. Es han<strong>de</strong>lt sich um Cora Zillich,<br />

die das Amt <strong><strong>de</strong>r</strong> Pressesprecherin von 2003 bis 2005 innehatte. Das Ressort<br />

<strong>für</strong> Personalentwicklung wur<strong>de</strong> von Ute Arhold geleitet. Benecke bedauerte<br />

in diesem Zusammenhang sehr, dass bei<strong>de</strong> Frauen „sang- und klanglos wie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Versenkung verschwan<strong>de</strong>n. Interessanterweise wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> AF da-<br />

zu we<strong><strong>de</strong>r</strong> gehört noch gefragt“. 1135<br />

Griep nahm in einem Brief Stellung zu <strong>de</strong>n Vorwürfen. Er stellte klar, dass<br />

intensive Bemühungen stattgefun<strong>de</strong>n hätten, um das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im DRV<br />

zu stärken und insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e auch um die personelle Präsenz zu verbes-<br />

ser: 1136<br />

„Ich habe seit <strong><strong>de</strong>m</strong> vorletzten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag mit Frau Zillich, mit Frau<br />

Arhold und auch schon vorher beginnend mit Frau Werremeier<br />

drei Ansatzpunkte gehabt, um tatsächlich eine entsprechen<strong>de</strong> Beteiligung<br />

an <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstandsarbeit und auch an <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s darüber hinaus herbeizuführen. Zu<br />

meinem Leidwesen haben alle drei Damen nach mehr o<strong><strong>de</strong>r</strong> weniger<br />

kurzer Zeit eine Mitwirkung aus zeitlichen und beruflichen<br />

Grün<strong>de</strong>n nicht gesehen.“ 1137<br />

Griep stimmte Benecke zu, dass es weitergehen<strong><strong>de</strong>r</strong> Bemühungen bedürfe<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> AF eingebun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n müsse. Der Vorstand sei <strong>für</strong> je<strong>de</strong>n kon-<br />

struktiven Personalvorschlag offen und dieses wür<strong>de</strong> auch weiterhin gel-<br />

ten. 1138<br />

Benecke wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um teilte in ihrem Antwortschreiben Grieps Bedauern, dass<br />

Cora Zillich, Ute Arhold und Stefani Werremeier nach kurzer Zeit ihre Mitar-<br />

beit been<strong>de</strong>t hätten. 1139 Sie warf in diesem Zusammenhang jedoch die Frage<br />

auf,<br />

„welche flankieren<strong>de</strong>n Maßnahmen von Ihnen o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch vom<br />

Vorstand getroffen wur<strong>de</strong>n, um die genannten Frauen zu unter-<br />

1134<br />

Ebenda.<br />

1135<br />

Ebenda.<br />

1136<br />

Vgl. H. GRIEP, Korrespon<strong>de</strong>nz an H. Benecke am 28. 6. 2007, Privatbesitz Benecke.<br />

1137<br />

Ebenda.<br />

1138<br />

Vgl. ebenda.<br />

1139<br />

Vgl. H. BENECKE, Korrespon<strong>de</strong>nz an H. Griep am 23. 7. 2007, Privatbesitz Benecke.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 284<br />

stützen und die Mitarbeit zur bei<strong><strong>de</strong>r</strong>seitigen Zufrie<strong>de</strong>nheit zu gestalten.<br />

Was wur<strong>de</strong> vorab mit <strong>de</strong>n Damen besprochen, was waren<br />

die gegenseitigen Erwartungen und stimmten diese überein? Wie<br />

wur<strong>de</strong>n Konflikte <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenarbeit innerhalb <strong>de</strong>s Vorstands<br />

gelöst?“ 1140<br />

Exemplarisch wird im Folgen<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall Cora Zillich dargestellt, <strong><strong>de</strong>r</strong> als cha-<br />

rakteristisch <strong>für</strong> die Stellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsarbeit angesehen wer-<br />

<strong>de</strong>n kann. Zillich war von 2003 bis 2005 als ehrenamtliche Pressesprecherin<br />

<strong>de</strong>s DRV tätig.<br />

Werner Löwenstein stellte in seiner auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 2005 in Dres<strong>de</strong>n ge-<br />

haltenen Re<strong>de</strong> klar, dass Zillich trotz fehlen<strong><strong>de</strong>r</strong> Rücken<strong>de</strong>ckung und Unter-<br />

stützung zwei Jahre lang ihre Arbeit „weitergemacht“ habe. Sie hat nicht nur<br />

Verbindungen aufgebaut, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n sich auch auf nationalen und internationa-<br />

len Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Ereignissen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Presse- und Medienarbeit <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Verband en-<br />

gagiert. 1141 Hinzu kamen Pressekonferenzen, die vor, bei und nach <strong>de</strong>n<br />

Wettkämpfen von ihr organisiert und abgehalten wur<strong>de</strong>n. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s erwäh-<br />

nenswert sind ihr Engagement <strong>für</strong> die Kampagne „Bewegung in Vielfalt“ so-<br />

wie die Neuentwicklung und Erweiterung <strong>de</strong>s Internetauftrittes. 1142<br />

Zillich wur<strong>de</strong> vorgeworfen, nicht teamfähig zu sein. Löwenstein trat diesen<br />

Anschuldigungen entschie<strong>de</strong>n entgegen und merkte an, dass offensichtlich<br />

einige „Machos“ nicht mit ihr zurechtkamen. 1143 Falls es das Amt <strong>de</strong>s Pres-<br />

sesprechers im DRV weiterhin geben wer<strong>de</strong>, wür<strong>de</strong> es höchstwahrscheinlich<br />

von einem Mann übernommen wer<strong>de</strong>n: „Dem wünsche ich schon heute viel<br />

Vergnügen“! 1144 Löwenstein kritisierte aber vor allem die Art und Weise, wie<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Verband mit Zillich umgegangen sei:<br />

„Ich habe nicht gehört, dass sich jemand darüber aufregt, wie<br />

‘man’ (und das ‘Mann’ darf hier ruhig groß und mit zwei ‘n’ geschrieben<br />

wer<strong>de</strong>n!) die Pressesprecherin Cora Zillich behan<strong>de</strong>lt<br />

hat.“ 1145<br />

Löwenstein stellte die Frage, was <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband <strong>de</strong>nn eigentlich mehr wolle,<br />

als<br />

1140 Ebenda.<br />

1141 Vgl. W. LÖWENSTEIN, „Re<strong>de</strong> auf <strong><strong>de</strong>m</strong> 57. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Dres<strong>de</strong>n“, Privatbesitz Hutmacher.<br />

1142 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Juliane Möcklinghoff am 3. 1. 2009.<br />

1143 Vgl. LÖWENSTEIN, „Re<strong>de</strong> auf <strong><strong>de</strong>m</strong> 57. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Dres<strong>de</strong>n“, Privatbesitz Hutmacher.<br />

1144 Ebenda.<br />

1145 Ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 285<br />

„eine junge, schon früh im Beruf erfolgreiche Frau mit sehr guter<br />

<strong>Aus</strong>bildung, die mehrere Sprachen spricht, über Kenntnisse mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ner<br />

Kommunikation verfügt, sich ausdrücken kann, als ehemalige<br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>in die Aktiven- und Trainerszene kennt und vor<br />

allem <strong>de</strong>n Mut hatte, in dieses kalte Wasser zu springen? [...]<br />

Aber <strong>für</strong> einige Männer war das einfach nicht zu ertragen!“ 1146<br />

Sie hat als ehemalige Athletin und leiten<strong>de</strong> Angestellte im Kommunikations-<br />

sektor viele Kontakte und Erfahrungen mit in das Ehrenamt gebracht. Das<br />

allerdings wur<strong>de</strong> vom Verband „wohl eher als stören<strong>de</strong> Bedrohung beste-<br />

hen<strong><strong>de</strong>r</strong> männlicher Machtstrukturen gesehen <strong>de</strong>nn als Chance“. 1147 Ihre Mo-<br />

tivation, sich <strong>für</strong> <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport zu engagieren und sich auch<br />

inhaltlich einzubringen, sorgte „eher <strong>für</strong> Irritationen, als dass es genutzt wur-<br />

<strong>de</strong>“. 1148 Erschwerend kam hinzu, dass die jeweiligen Rahmenbedingungen<br />

<strong>für</strong> ihren Aufgabenbereich nicht festgelegt waren. Dies traf auch auf Arhold<br />

zu. Ihre Versuche, die Aufgaben, Wünsche und Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen innerhalb <strong>de</strong>s<br />

Vorstan<strong>de</strong>s zu klären, blieben ohne Resonanz. Die Erwartungen an sie gin-<br />

gen über „nett aussehen und nette Gesellschaft sein nicht hinaus“. 1149 Zillich<br />

erwähnte außer<strong><strong>de</strong>m</strong> „die viel zitierten Männerseilschaften“, 1150 die sie am<br />

eigenen Leib erfahren hat.<br />

Das En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> ehrenamtlichen Mitarbeit von Zillich <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRV beschrieb<br />

Löwenstein treffend: „Cora Zillich ist nicht abberufen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n aus ihren Amt<br />

weggemobbt (früher hätte man gesagt ‘hinausgeekelt’) wor<strong>de</strong>n.“ 1151 Zillich<br />

bestätigte diesen Eindruck und äußerte sich enttäuscht über ihre Erfahrun-<br />

gen:<br />

„Der Vorstand zu meiner Zeit war we<strong><strong>de</strong>r</strong> gewillt noch bereit zu einer<br />

konstruktiven und professionellen Zusammenarbeit. Ich habe<br />

in meiner ehrenamtlichen DRV-Zeit gelernt, dass es gar nicht um<br />

die Sache, das heißt um <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport an sich ging und ein inhaltliches<br />

Engagement damit gar nicht erwünscht war.“ 1152<br />

Sie führte weiterhin an, dass man ihren Weggang in einem beruflichen Kon-<br />

text durchaus als Mobbing bezeichnen könnte. Aber<br />

1146 Ebenda.<br />

1147 Ebenda.<br />

1148 Ebenda.<br />

1149 Ebenda.<br />

1150 Ebenda.<br />

1151 Ebenda.<br />

1152 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Cora Zillich am 20. 2. 2009.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 286<br />

„im Ehrenamt war diese Erfahrung vielleicht sogar noch schlimmer,<br />

da es ja eigentlich um ein freiwilliges Engagement ohne Entgelt<br />

etc. geht – und damit auch um viel Herzblut. Und lei<strong><strong>de</strong>r</strong> gab<br />

es zu dieser Zeit kein funktionieren<strong>de</strong>s Frauennetzwerk im Verband,<br />

um diesem etwas entgegensetzen zu können. Auch von einer<br />

angeblichen Präsi<strong>de</strong>ntenunterstützung war nichts zu<br />

spüren.“ 1153<br />

Für Benecke war die Stimmung nach <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-Vorstandssitzung vom Mai<br />

2007 in Bezug auf die Gewinnung von Frauen <strong>für</strong> die Mitarbeit im Verband<br />

charakteristisch <strong>für</strong> die vergangenen Jahre, nämlich „verschieben und verta-<br />

gen, statt aufgreifen und voranbringen“. 1154 Sie nahm das Jubiläumsjahr<br />

2008 zum Anlass, die Gleichberechtigung im Vorstand voranzutreiben. Ihrer<br />

Meinung nach war es müßig, „im Grundgesetz die weibliche Form neben <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

männlichen einzuführen, wenn dies die einzige Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung bleibt“. 1155 Da-<br />

mit ist man nach Benecke von wirklicher Gleichberechtigung immer „noch<br />

Lichtjahre entfernt, aber es wäre ein Anfang“. 1156 Benecke zitierte Kreiß, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

in Hannover die Situation im DRV darstellte: „Gleichberechtigung ist erreicht,<br />

wenn auch unfähige Frauen im Vorstand sitzen.“ 1157<br />

Im Oktober 2007 kam es auf Einladung von Griep zu einem Gespräch zwi-<br />

schen <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s DRV und <strong><strong>de</strong>m</strong> AF in Hannover. 1158 Sein Anlie-<br />

gen war es, die Zielsetzung und Wünsche sowie die Zukunftsvorstellungen<br />

<strong>de</strong>s AF zu erfahren. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> sollte eruiert wer<strong>de</strong>n, warum keine Frauen<br />

bereit seien, im Verband beziehungsweise im Vorstand mitzuarbeiten. 1159<br />

Der AF wies daraufhin auf die gesellschaftspolitische Aufgabe hin, Frauen<br />

1153<br />

Ebenda.<br />

1154<br />

H. BENECKE an H. Griep am 23. 7. 2007, Privatbesitz Benecke.<br />

1155<br />

H. BENECKE an H. Griep am 24. 5. 2007, Privatbesitz Benecke. An dieser Stelle erscheint<br />

es interessant, die sprachliche Regelung bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Steuerposition zu betrachten.<br />

Der DRV nahm keine Rücksicht auf das Geschlecht. In <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>schreibungen<br />

wur<strong>de</strong> bis 1978 auch in Frauenrennen die Bezeichnung Steuermann (Stm.) verwen<strong>de</strong>t.<br />

Die FISA schrieb allerdings Rennen „avec barreuse“, mit Steuerfrau, aus. Ab 1978<br />

schloss sich <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV <strong><strong>de</strong>r</strong> internationalen Sprachregelung an und verwen<strong>de</strong>te bis 1991<br />

die Bezeichnung Steuerfrau (Stf.). Danach entfallen alle geschlechtsspezifischen Bezeichnungen.<br />

Je<strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaft ist die Wahl <strong>de</strong>s Geschlechts freigestellt. Die Bezeichnung<br />

in <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>schreibungen und Programmheften lautet <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend nur noch<br />

Steuer (St.). Vgl. HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 124.<br />

1156<br />

Ebenda.<br />

1157<br />

Ebenda.<br />

1158<br />

An <strong><strong>de</strong>m</strong> Gespräch nahmen teil: Helmut Griep, Hans-Jürgen Bittner, Lisa Börms, Dagmar<br />

Linnemann-Gädke und als Gast Heida Benecke. Vgl. [ohne Verfasser], „Zusammenfassung<br />

<strong>de</strong>s Gesprächs zwischen <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s,<br />

Herrn Helmut Griep, und <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Aus</strong>schuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n am 23. Oktober 2007 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschäftsstelle“,<br />

Privatbesitz Benecke.<br />

1159<br />

Vgl. ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 287<br />

fortzubil<strong>de</strong>n und zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n, um diese in die Lage zu versetzen und zu ermu-<br />

tigen, Aufgaben in Vereinen und Verbän<strong>de</strong>n zu übernehmen. Vor allem aber<br />

for<strong><strong>de</strong>r</strong>ten die Vertreterinnen <strong>de</strong>s AF<br />

„nicht nur eine direkte enge formale Anbindung an <strong>de</strong>n DRV-<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>n wie bisher, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n darüber hinaus einen intensiven<br />

Informationsfluss über die Beratungsthemen <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s. Um<br />

die genannte Zielsetzung zu erreichen, wird <strong><strong>de</strong>r</strong> AF in Personalentwicklungsfragen<br />

direkt einbezogen und an <strong><strong>de</strong>r</strong>en Lösung mitwirken.“<br />

1160<br />

Der AF kritisierte außer<strong><strong>de</strong>m</strong> die Tatsache, dass das DRV-Grundgesetz im-<br />

mer noch nicht an die Erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>nisse <strong>de</strong>s Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreaming angepasst<br />

wur<strong>de</strong>. Bereits im Oktober 2007 war vereinbart wor<strong>de</strong>n, dass bei einer Sat-<br />

zungsän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Präambel <strong><strong>de</strong>r</strong> folgen<strong>de</strong> Satz aufgenommen wer<strong>de</strong>n<br />

sollte: „Im Folgen<strong>de</strong>n sind bei Nennung <strong><strong>de</strong>r</strong> männlichen Form, Männer und<br />

Frauen gleichermaßen gemeint.“ 1161 Die im Oktober 2008 gültige Fassung<br />

<strong>de</strong>s DRV-Grundgesetzes bedient sich immer noch nur <strong><strong>de</strong>r</strong> maskulinen<br />

Form. 1162 Allerdings fin<strong>de</strong>t sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> dritten Fassung <strong>de</strong>s Satzungsentwurfes<br />

vom 22. 8. 2008 die gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>te Formulierung, die vom Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 2009 1163<br />

verabschie<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>:<br />

„Soweit in diesem Grundgesetz die männliche Bezeichnung eines<br />

Amtes, einer Organ- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Gremienfunktion gebraucht wird, sind<br />

Männer und Frauen in gleicher Weise gemeint.“ 1164<br />

Griep versprach ebenfalls Unterstützung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anpassung <strong>de</strong>s Frauenför-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>plans an die Erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>nisse <strong>de</strong>s Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreaming. Der 1997 überar-<br />

beitete und vom Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag verabschie<strong>de</strong>te Entwurf 1165 unterschei<strong>de</strong>t sich vom<br />

ersten Konzept laut Frischmuth nur durch zwei verän<strong><strong>de</strong>r</strong>te Satzstellun-<br />

gen. 1166 Diese Fassung besitzt zum gegenwärtigen Zeitpunkt immer noch<br />

1160<br />

Ebenda.<br />

1161<br />

Ebenda.<br />

1162<br />

Die angesprochene Version bezieht sich auf das DRV-Grundgesetz <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tages in<br />

Köln vom 15. 3. 2008. Vgl. [ohne Verfasser], „Grundgesetze <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s<br />

(Stand: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 15. 3. 2008; Köln)“, in: http://www.ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<strong>de</strong>/uploads/me<br />

dia/DRV_Grundgesetz_2008_01.doc, Zugriff am 28. 10. 2008.<br />

1163<br />

Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND, Grundgesetz (Satzung) <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s<br />

e. V., [o.O.] 2009, S. 3.<br />

1164<br />

[ohne Verfasser], „ – Entwurf <strong>für</strong> Neufassung – Satzung Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband e. V.,<br />

3. Fassung vom 22. 8. 2008“, in: http://www.ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<strong>de</strong>/uploads/media/Satzung_3.<br />

02_RK_01.doc, Zugriff am 28. 10. 2008.<br />

1165<br />

Vgl. G. FRISCHMUTH, „Es fehlt vor allem Zeit“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 115(1997)3, S. 68.<br />

1166<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Gertrau<strong>de</strong> Frischmuth am 24. 10. 2008.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 288<br />

Gültigkeit und ist seit 1997 nicht mehr überarbeitet wor<strong>de</strong>n. 1167 Darüber hin-<br />

aus ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan bis Oktober 2008 nicht in das Grundgesetz <strong>de</strong>s<br />

DRV integriert. Die Verantwortlichen <strong>de</strong>s AF haben <strong>de</strong>n DRV auf diesen Um-<br />

stand hingewiesen und die Aufnahme zum nächst möglichen Zeitpunkt an-<br />

gemahnt. 1168<br />

Einig waren sich alle Teilnehmer dieses Gesprächs darüber, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV<br />

unterstreichen sollte, dass<br />

„Frauen als wichtige Mitarbeiterinnen in Gremien betrachtet wer<strong>de</strong>n<br />

und dass durch geeignete Maßnahmen die Mitarbeit (nicht<br />

nur <strong>für</strong> Frauen) in Gremien und im Vorstand an Attraktivität gewinnt,<br />

z. B. Definieren von Projekten und Zielen, strukturellen Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Nutzung an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Arbeitsmetho<strong>de</strong>n. Die Frauen<br />

sollten sich auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag <strong>für</strong> dieses Anliegen stark machen“.<br />

1169<br />

Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 2008 in Köln übernahm Heida Benecke <strong>de</strong>n AF-Vorsitz<br />

von Dagmar Linnemann-Gädke. Der Vorstand <strong>de</strong>s DRV bestätigte am 7. Juni<br />

2008 <strong>de</strong>n gesamten <strong>Aus</strong>schuss. Der amtieren<strong>de</strong> DRV-Präsi<strong>de</strong>nt, Siegfried<br />

Kai<strong>de</strong>l, sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamte Vorstand bestätigten die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Frauen<br />

im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport als eine vordringliche Aufgabe. 1170 Vor allem aber, so die Mei-<br />

nung, müssten Frauen <strong>für</strong> die Vorstandsarbeit gewonnen wer<strong>de</strong>n. Einer Tra-<br />

dition folgend wur<strong>de</strong> beschlossen, <strong>de</strong>n AF direkt beim Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />

anzubin<strong>de</strong>n. 1171<br />

Seit <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Köln sind nach langer Zeit wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zwei Frauen im Vor-<br />

stand <strong>de</strong>s DRV vertreten. Kerstin Förster ist verantwortlich <strong>für</strong> die Sparte<br />

Marketing und Verbandsentwicklung, Claudia Haßmann ist die Ressortvor-<br />

sitzen<strong>de</strong> im Bereich Vereinsservice. Benecke begrüßte diese Entwicklung<br />

und gab <strong><strong>de</strong>r</strong> Hoffnung <strong>Aus</strong>druck, dass die Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> im Oktober 2007<br />

skizzierten Planungsvorhaben in guter Zusammenarbeit zwischen <strong><strong>de</strong>m</strong> AF<br />

und DRV realisiert wer<strong>de</strong>n könne:<br />

„Die Besetzung von zwei Vorstandsressorts mit Frauen einerseits<br />

und die intensivierte Arbeit <strong>de</strong>s <strong>Aus</strong>schusses Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an<strong>de</strong>-<br />

1167 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Heida Benecke am 21. 10. 2008.<br />

1168 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Lisa Börms am 28. 10. 2008.<br />

1169 [ohne Verfasser], „Zusammenfassung <strong>de</strong>s Gesprächs zwischen <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />

<strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, Herrn Helmut Griep, und <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Aus</strong>schuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n am<br />

23. Oktober 2007 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschäftsstelle“, Privatbesitz Benecke.<br />

1170 H. BENECKE, Korrespon<strong>de</strong>nz an S. Kai<strong>de</strong>l am 27. 5. 2008, Privatbesitz Benecke.<br />

1171 Vgl. S. KAIDEL, Korrespon<strong>de</strong>nz an H. Benecke am 13. 6. 2008, Privatbesitz Benecke.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 289<br />

rerseits sind gute Voraussetzungen da<strong>für</strong>, unseren Sport auch und<br />

gera<strong>de</strong> im Hinblick auf vermehrte Übernahme von Funktionsstellen<br />

durch Frauen in Vereinen und Verbän<strong>de</strong>n, weiter voran zu<br />

bringen.“ 1172<br />

Förster beurteilt ihre Position nach einem halben Jahr im Amt folgen<strong><strong>de</strong>r</strong>ma-<br />

ßen: „Die Jungs lassen mich im Sandkasten mitspielen und bewerfen mich<br />

nicht mit Sand“. 1173 Sie erachtet es als wichtig, weibliche Kommunikation zu<br />

nutzen und vor allem „Leistung zu entwickeln, und da<strong>für</strong> sind Frauen einfach<br />

geeigneter.“ 1174 Ein Vorstand kann laut Förster nur funktionieren,<br />

„wenn man locker bleibt und sich eine gewisse Distanz bewahrt.<br />

Man muss in Schwung bleiben und man spielt nicht bei <strong>de</strong>n Großen<br />

mit, wenn sich diese Distanz verkeilt. Das ist wie beim Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Wenn da mal eine Welle quer kommt, dann rutscht man<br />

einfach drüber mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Boot, aber nur wenn man locker ist. Ich bin<br />

hier angetreten, um die Jungs zu bespaßen“. 1175<br />

Claudia Haßmann teilt Försters Meinung: „Das stimmt. Wir wer<strong>de</strong>n nicht mit<br />

Sand beworfen. Ich musste auch erstmal mein Ressort abstecken“. 1176 Die<br />

Sparte „Vereinsservice“ existierte zwar schon länger, allerdings nicht als ei-<br />

genständiges Ressort. Sie spricht in diesem Zusammenhang von einem<br />

„großen Entwicklungspotential, sowohl fachlich als auch persönlich“. 1177 Viele<br />

Vorgänge im Vorstand seien klar geregelt. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Seite sei sie im-<br />

mer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> überrascht, dass es <strong>für</strong> allgemeine organisatorische Fragen kei-<br />

ne ein<strong>de</strong>utigen personellen Verantwortlichkeiten gebe. Sie erwähnte<br />

beispielsweise ein fehlen<strong>de</strong>s Organigramm, das eine ein<strong>de</strong>utige Zuständig-<br />

keit auf allen Ebenen erleichtern wür<strong>de</strong>. Der Beginn ihrer Vorstandstätigkeit<br />

wur<strong>de</strong> von ihr positiv beurteilt. Haßmann fühlt sich von <strong>de</strong>n Männern im Vor-<br />

stand akzeptiert: „als Frau als auch in meiner Arbeit im Vereinsservice“. 1178<br />

Dennoch ist sie sich <strong><strong>de</strong>r</strong> beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Position bewusst:<br />

1172<br />

Ebenda.<br />

1173<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Kerstin Förster am 29. 10. 2008.<br />

1174<br />

Ebenda.<br />

1175<br />

Ebenda.<br />

1176<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Claudia Haßmann am 1. 11. 2008.<br />

1177 Ebenda.<br />

1178 Ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 290<br />

„Es ist gut, dass mit Kerstin Förster noch eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Frau im<br />

Vorstand ist. Wir arbeiten gut zusammen. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> verhalten<br />

sich die Männer ganz an<strong><strong>de</strong>r</strong>s, wenn zwei Frauen dabei sind.“ 1179<br />

Im Sommer 2008 wur<strong>de</strong> von Haßmann eine erste Umfrage zur Situation <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vereine initiiert. Perspektivisch möchte sie das Ressort Vereinsservice von<br />

unten aufbauen und ihre Maßnahmen und Ziele auf <strong><strong>de</strong>m</strong> außerplanmäßigen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag im März 2009 vorstellen. 1180 Bislang seien alle For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen vom<br />

„Vorstand mitgetragen wor<strong>de</strong>n“. 1181 Sie merkte an, dass sie dieses Amt zu-<br />

nächst <strong>für</strong> zwei Jahre beklei<strong>de</strong>n möchte, „um dann zu gucken, wie sich das<br />

alles zusammenbringen lässt“. 1182 Förster allerdings geht von einer Amtszeit<br />

von vier Jahren aus, „die wir da durchhalten müssen, um Erfolge zu erzie-<br />

len“. 1183<br />

Bezug nehmend auf die dargestellten Beispiele muss an dieser Stelle fest-<br />

gehalten wer<strong>de</strong>n, dass viele Frauen versucht haben, die bestehen<strong>de</strong>n Struk-<br />

turen aufzubrechen. Einige sind gescheitert, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e haben aufgegeben.<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um an<strong><strong>de</strong>r</strong>e sind immer noch aktiv und setzen sich <strong>für</strong> sportliche Be-<br />

lange ein, die geschlechtsspezifische Fragestellungen nicht tangieren. Ihnen<br />

allen ging und geht es um <strong>de</strong>n Verband und primär um <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport.<br />

Hierzu äußerte sich Löwenstein auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 2005 in Dres<strong>de</strong>n:<br />

„Bewusst nicht alphabetisch und natürlich ohne Anspruch auf<br />

Vollständigkeit nenne ich nur ein paar Namen: Heike Ro<strong>de</strong>nburg,<br />

Angela Braasch-Eggert, Ingrid Dieterle, Lisa Börms, Judith Berger,<br />

Gertrau<strong>de</strong> Frischmuth, Monica Neupert, Christel Lutter, Hei<strong>de</strong><br />

Blum, Bothil<strong>de</strong> Meyer-Richtering, Ingeborg Medaris, Ellen Becker,<br />

Inge Har<strong><strong>de</strong>r</strong>, Lisa Drube, Frie<strong>de</strong>l Krüger, Hannelore Korgitzsch,<br />

Linda Lohfink, Gaby Hecht, Monika Kienzle-Augspurger, Ingrid<br />

Paprocki, Jutta Lau.<br />

All’ ihr Frauen, die Ihr Euch in diesem <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

durchgesetzt und die Ihr <strong>für</strong> unseren Sport so großartige Arbeit<br />

geleistet habt und es ja zum Teil noch tut: Ihr habt lei<strong><strong>de</strong>r</strong> wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

mal eine kleine Schlacht verloren!“ 1184<br />

Zillich ergänzte:<br />

1179 Ebenda.<br />

1180 Vgl. ebenda.<br />

1181 Ebenda.<br />

1182 Ebenda.<br />

1183 Ebenda.<br />

1184 LÖWENSTEIN, „Re<strong>de</strong> auf <strong><strong>de</strong>m</strong> 57. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Dres<strong>de</strong>n“, Privatbesitz Hutmacher. Löwenstein<br />

bezieht sich hier auf die Abberufung Cora Zillichs als Pressesprecherin.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 291<br />

„Meine DRV-Zeit war eine wirklich enttäuschen<strong>de</strong> Erfahrung. Und<br />

sicher keine Motivation <strong>für</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e junge Frauen und Männer, sich<br />

im Ehrenamt zu engagieren. Hier wur<strong>de</strong> in einer Art und Weise mit<br />

beruflich etablierten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kameradinnen, die bereit waren sich<br />

zeitlich und inhaltlich zu engagieren, umgegangen, die <strong>de</strong>n ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kameradschaftlichen<br />

Werten – und die sollten geschlechterunspezifisch<br />

sein – meiner Ansicht nach so gar nicht entsprachen.“ 1185<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Regionalkonferenz Nord im Oktober 2008 wur<strong>de</strong> von Benecke erneut<br />

die fehlen<strong>de</strong> Anpassung <strong>de</strong>s DRV-Grundgesetzes an die Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Main-<br />

streaming-Bestimmungen thematisiert. Sie schlug vor, die entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Passagen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Satzung <strong>de</strong>s DOSB zu entnehmen. Eine Teilnehmerin <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Konferenz sah keine Notwendigkeit hierin und sagte: „Es läge nicht an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

fehlen<strong>de</strong>n Gleichberechtigung, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n daran, dass die Frauen nicht wol-<br />

len“. 1186 Benecke konstatierte, dass diese Einstellung charakteristisch sei <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong>zeitigen Stand <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit <strong>de</strong>s AF.<br />

Dennoch stellte Benecke auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis <strong><strong>de</strong>r</strong> Neufassung <strong><strong>de</strong>r</strong> vierten Fassung<br />

zum DRV-Grundgesetz im Namen <strong>de</strong>s Domschulru<strong><strong>de</strong>r</strong>clubs Schleswig <strong>de</strong>n<br />

folgen<strong>de</strong>n Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsantrag an <strong>de</strong>n 59. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag im März 2009 in Ol<strong>de</strong>n-<br />

burg:<br />

„Präambel, Absatz, Satz 3 (... gleiche Teilhabe von Frauen und<br />

Männern im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport...) wird durch folgen<strong>de</strong> Fassung ersetzt:<br />

Der DRV för<strong><strong>de</strong>r</strong>t die tatsächliche Durchsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gleichstellung<br />

von Frauen und Männern. Er wirkt mit gezielter Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

auf die Beseitigung bestehen<strong><strong>de</strong>r</strong> Nachteile hin und verpflichtet<br />

sich, bei allen Maßnahmen und auf allen Ebenen die Strategie <strong>de</strong>s<br />

Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreamings anzuwen<strong>de</strong>n, um Chancengleichheit im<br />

Sport zu sichern.“ 1187<br />

Die Formulierungen sind gleich lautend mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Artikeln in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Satzung <strong>de</strong>s DOSB. Sie geben ebenfalls das Ergebnis <strong>de</strong>s vierten Frau-<br />

en-Forums wie<strong><strong>de</strong>r</strong>. 1188 Sie begrün<strong>de</strong>te <strong>de</strong>n Antrag damit, dass trotz vielfälti-<br />

ger Anstrengungen und eines gestiegenen Anteils an weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Frauen im DRV immer noch unterrepräsentiert sind:<br />

1185 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Cora Zillich am 20. 2. 2009.<br />

1186 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Heida Benecke am 28. 10. 2008.<br />

1187 Ebenda. In <strong><strong>de</strong>r</strong> gültigen Fassung vom 14. 3. 2009 lautet diese Formulierung: „Er för<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

die Möglichkeit zur gleichen Teilhabe von Frauen und Männern im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport“. Vgl.<br />

DEUTSCHER RUDERVERBAND, Grundgesetz (Satzung) <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s e.<br />

V, S. 3.<br />

1188 Vgl. ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 292<br />

„Frauen bil<strong>de</strong>n unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>t ein noch nicht vollständig erschlossenes<br />

Potential an Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Mitarbeitern in <strong>de</strong>n Gremien von<br />

Vereinen und Verbän<strong>de</strong>n.“ 1189<br />

Festgehalten wer<strong>de</strong>n muss, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Antrag auf <strong><strong>de</strong>m</strong> 59. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag von <strong>de</strong>n<br />

Delegierten abgelehnt wur<strong>de</strong>. Dabei scheiterte das Vorhaben nicht an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer. Innerhalb <strong>de</strong>s AF bestand kein Konsens, so dass<br />

die Unterstützung aus <strong>de</strong>n eigenen Reihen fehlte. 1190 Damit trat ein Zustand<br />

ein, <strong>de</strong>n Benecke in ihrer Antragsbegründung vermei<strong>de</strong>n wollte:<br />

„Die jetzt anstehen<strong>de</strong> Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Grundgesetzes wäre ohne<br />

die konkrete Erwähnung – nicht nur in <strong><strong>de</strong>r</strong> Präambel, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

auch in <strong>de</strong>n Zwecken <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s – unvollständig und rückschrittlich.“<br />

1191<br />

Schwerpunktmäßig beschäftigte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> AF mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Organisation <strong>de</strong>s fünften<br />

Frauen-Forums, das im November 2009 in Hamburg stattfand. Diese Veran-<br />

staltung stand unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Motto „Frauen gewinnen“. Die Anmel<strong>de</strong>zahlen wa-<br />

ren <strong>de</strong>utlich geringer als in <strong>de</strong>n vorherigen Jahren, <strong>de</strong>nnoch war die<br />

Veranstaltung ein Erfolg.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> 125-jährigen Verbandsgeschichte waren nie mehr als zwei Posten<br />

zeitgleich mit Frauen besetzt. In <strong>de</strong>n meisten Jahren waren gar keine Frauen<br />

im Vorstand vertreten. Die Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong> sind vielschichtig. Die Frauen hat-<br />

ten es nicht leicht, bestehen<strong>de</strong> Vorurteile zu bekämpfen und Hin<strong><strong>de</strong>r</strong>nisse zu<br />

überwin<strong>de</strong>n. Die interne Organisationsstruktur <strong>de</strong>s DRV und das Festhalten<br />

an alten Traditionen können weitere Grün<strong>de</strong> gewesen sein. Eine Gesprächs-<br />

partnerin merkte hierzu an,<br />

„dass frühere Vorstän<strong>de</strong> sich ehrlich bemüht hätten um die Frauen.<br />

Heute steppt da nur noch das Mittelmaß und im Vorstand sitzen<br />

Herren ohne Colör. Früher waren das noch richtige<br />

Gentlemen, die wussten, wie man mit Frauen umgeht.“ 1192<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Seite muss auch auf die mangeln<strong>de</strong> Bereitschaft von Frau-<br />

en hingewiesen wer<strong>de</strong>n, ein Ehrenamt zu übernehmen. In diesem Zusam-<br />

menhang sollte allerdings beachtet wer<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückgang im<br />

ehrenamtlichen Engagement kein frauenspezifisches, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein gesamt-<br />

1189 Ebenda.<br />

1190 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Heida Benecke am 7. 4. 2009.<br />

1191 H. BENECKE, „Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsanträge zum Tagesordnungspunkt 3.1.1 <strong>de</strong>s 59. – außeror<strong>de</strong>ntlichen<br />

– <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tages“, Privatbesitz Hutmacher.<br />

1192 Persönliche Äußerung Rita Hen<strong>de</strong>s am 24. 10. 2008.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 293<br />

gesellschaftliches Problem darstellt. Diese Entwicklung betrifft auch die Ar-<br />

beit <strong>de</strong>s DRV.<br />

Dennoch: im Jubiläumsjahr <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s sind zwei Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Vor-<br />

stand vertreten. Die Beantwortung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage, ob diese Frauen auf <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 2008 aus wahlkampftaktischen Grün<strong>de</strong>n in ihre Ämter gewählt<br />

wur<strong>de</strong>n, bleibt je<strong><strong>de</strong>m</strong> selbst überlassen. Die Zeit <strong>für</strong> eine Frau als Schlag-<br />

mann ist je<strong>de</strong>nfalls noch nicht gekommen.<br />

6.2 Mitarbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verband<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR wur<strong>de</strong>n Lebenschancen zwar qua Geschlecht zugewiesen,<br />

gleichzeitig aber „die Relevanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschlechterdifferenz und das Vorhan-<br />

<strong>de</strong>nsein von Diskriminierungen geleugnet“. 1193 Bedingt durch die hohe An-<br />

zahl berufstätiger Frauen konnte eine vermeintliche Gleichberechtigung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Geschlechter erreicht wer<strong>de</strong>n, die sich auch im Sport zeigte: Bei<strong>de</strong> Ge-<br />

schlechter in <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt <strong>de</strong>s Sports hätten die gleichen Chancen gehabt. 1194<br />

Allerdings hat eine Analyse <strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen <strong>Institut</strong>ionen und Organisatio-<br />

nen <strong>de</strong>s Sports und ihrer Entscheidungsgremien ein<strong>de</strong>utig gezeigt, dass<br />

auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR „Frauen in <strong>de</strong>n Führungspositionen <strong>de</strong>s Sports nicht ange-<br />

messen vertreten waren“. 1195<br />

Der DTSB wur<strong>de</strong> nur von Männern geführt. Dies trifft auch auf das Amt <strong>de</strong>s<br />

Vizepräsi<strong>de</strong>nten zu. 1196<br />

Ein ähnliches Bild ergibt sich auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Ebene <strong><strong>de</strong>r</strong> Fachverbän<strong>de</strong>. Von 1958 bis<br />

1990 beklei<strong>de</strong>te keine Frau in <strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong>n 43 Fachverbän<strong>de</strong>n das<br />

höchste Amt. 1197 Eine repräsentative Befragung von Sportvereinsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

in <strong>de</strong>n 90er Jahren bestätigte, dass Frauen in Führungspositionen <strong><strong>de</strong>r</strong> ost-<br />

<strong>de</strong>utschen Sportvereine unterrepräsentiert waren:<br />

„Da die Funktionsträger in Vereinen, die sich häufig aus Betriebssportgemeinschaften<br />

entwickelten, in ihrer Mehrheit bereits vor<br />

1989 ehrenamtlich aktiv gewesen sind, kann von einer Kontinuität<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinsführung und auch von <strong><strong>de</strong>r</strong> Dominanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer in<br />

1193<br />

PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 81.<br />

1194<br />

Vgl. ebenda.<br />

1195<br />

Ebenda.<br />

1196<br />

Vgl. ebenda. Pfister führt an, dass von 1988 bis 1989 eine Frau diesen Posten inne hatte,<br />

was allerdings nicht bestätigt wer<strong>de</strong>n konnte.<br />

1197<br />

Vgl. ebenda.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 294<br />

<strong>de</strong>n Entscheidungsgremien <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportgemeinschaften zur DDR-<br />

Zeit ausgegangen wer<strong>de</strong>n.“ 1198<br />

Für <strong>de</strong>n Vorstand <strong>de</strong>s DRSV lassen sich aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> geringen Quellenlage<br />

nur bedingt <strong>Aus</strong>sagen treffen. So waren beispielsweise 1961 von <strong>de</strong>n 17<br />

Präsidiumsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n drei weiblich, was einer Quote von 18% entsprach. 1199<br />

Die Zusammensetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Präsidien <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportverbän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s DTSB 1978<br />

ergab <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRSV eine ähnliche Verteilung: vier Frauen stan<strong>de</strong>n 21 Män-<br />

nern gegenüber. Die Frauenquote lag in diesem Jahr bei 16%. 1200<br />

Theodor Körner fasste die Situation <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in einem Gespräch<br />

zusammen: „Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen waren in allen Bereichen <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports<br />

gleichberechtigt. Wir hatten keine „Extra-Kommissionen“ <strong>für</strong> Frauen.“ 1201<br />

Die Frauen beklei<strong>de</strong>ten im DRSV verschie<strong>de</strong>ne Ämter, ohne dass es eine<br />

da<strong>für</strong> geschaffene Quotenregelung gab. So war beispielsweise Anita Ismireff<br />

lange Zeit die Vorsitzen<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Regattakommission. Helga Hummel arbeitete<br />

in <strong>de</strong>n 70er Jahren ein Jahr lang als Generalsekretärin <strong>für</strong> das Präsidium. 1202<br />

Inge Schebitz arbeitete lange als ehrenamtliche Schatzmeisterin <strong>de</strong>s<br />

DRSV. 1203 Nach Körner hatten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen nicht nur im Sport die glei-<br />

chen Rechte hatten, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsarbeit. Gemäß <strong><strong>de</strong>m</strong> sozia-<br />

listischen Gleichstellungsprinzip habe <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundsatz gegolten: „Wenn eine<br />

mitarbeiten wollte, dann konnte sie das auch“. 1204 Offensichtlich machten<br />

wenige davon Gebrauch. Die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen, die sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsarbeit<br />

engagierte, war sehr gering im Vergleich zu <strong>de</strong>n theoretischen Möglichkeiten.<br />

Auch wenn das „Machtungsgleichgewicht“ laut Pfister zwischen <strong>de</strong>n Ge-<br />

schlechtern in Gesellschaft und Sport kein DDR-spezifisches Problem war,<br />

bleiben Zweifel:<br />

„Allerdings muss man sich doch fragen, wie es bei einer Gesellschaft,<br />

die die Gleichberechtigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschlechter auf ihre Fahnen<br />

geschrieben hatte, zu einer <strong><strong>de</strong>r</strong>art krassen Diskrepanz<br />

zwischen Anspruch und Wirklichkeit kommen konnte“. 1205<br />

1198<br />

Ebenda.<br />

1199<br />

Vgl. ebenda, S. 285.<br />

1200<br />

Vgl. ebenda, S. 288.<br />

1201<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Theodor Körner am 7. 4. 2009.<br />

1202<br />

Vgl. ebenda.<br />

1203<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Dieter Altenburg am 1. 8. 2009.<br />

1204 Ebenda.<br />

1205 Ebenda, S. 87.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 295<br />

6.3 Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen in bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong>n<br />

1963 waren insgesamt 66.065 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er im DRV organisiert, im DRSV 9.520.<br />

Vergleicht man die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Verbän<strong>de</strong> im Verhältnis zur da-<br />

maligen Bevölkerungszahl, „so fällt das Ergebnis mit 0,12% <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRV ge-<br />

genüber <strong><strong>de</strong>m</strong> DRSV mit 0,05% recht ein<strong>de</strong>utig aus“. 1206 Diese Statistik wird<br />

durch die Gegenüberstellung von weiblichen und männlichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

verstärkt. 1963 waren 1.945 Frauen und 825 weibliche Jugendliche im DRSV<br />

registriert. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten in jenem Jahr 8.733 Frauen und<br />

1.989 weibliche Jugendliche. 1207<br />

Über <strong>de</strong>n Zeitraum von 1949 bis 1963 verhielt sich die Entwicklungsten<strong>de</strong>nz<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamtmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>stärke <strong>de</strong>s DRV positiv. Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg<br />

verstand es <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV, Menschen <strong>für</strong> diesen Sport zu begeistern. Der Wunsch<br />

nach Naturerleben und Gemeinschaft sprach viele Breitensportler an.<br />

Die Entwicklungsten<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>s DRSV war hingegen negativ. Von 1951 bis<br />

1956 stieg die Anzahl von 10.800 auf 11.400 noch an. In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n sie-<br />

ben Jahren sank sie auf 9.500 ab. 1208 Durchschnittlich kann von 6.300 bis<br />

6.900 Erwachsenen ausgegangen wer<strong>de</strong>n. Für <strong>de</strong>n gesamten Zeitraum von<br />

1949 bis 1990 verfügte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV über 10.000 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen wird auf 1.900 bis 2.200 geschätzt. 1209 Ein möglicher Grund lag<br />

darin, dass Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bis 1976 nicht zu <strong>de</strong>n olympischen Sportarten zähl-<br />

te und <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR nicht geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>. Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

anfänglich geringen olympischen Bootsklassen war auch in <strong>de</strong>n 80er Jahren<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR gering. Nicht zuletzt kämpften gera-<br />

<strong>de</strong> Breitensportler im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Materialknappheit.<br />

Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik im DRV ist gut dokumentiert. Die folgen<strong>de</strong> Abbildung<br />

zeigt die Entwicklung über <strong>de</strong>n Zeitraum von 1949 bis 2008. Ab 1992 wur<strong>de</strong>n<br />

die DRSV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er mitgerechnet.<br />

1206 SAPMO-BARCH, DY 12/2962‚ Fiche 1, Bl. 46.<br />

1207 An dieser Stelle variieren die Quellenangaben. Der DRV gibt die oben genannten Zahlen<br />

an, wohingegen <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV 8.030 Frauen und 2.059 weibliche Jugendliche <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRV<br />

nennt. Diese Zahlen sind im Rahmen einer Ist-Analyse vom ost<strong>de</strong>utschen Verband geschätzt<br />

wor<strong>de</strong>n. Vgl. SAPMO-BARCH, DY 12/2962‚ Fiche 1, Bl. 46. Ferner vgl. DEUT-<br />

SCHER RUDERVERBAND, Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik, Privatbesitz Hutmacher.<br />

1208 Vgl. SAPMO-BARCH, DY 12/2962‚ Fiche 1, Bl. 48.<br />

1209 Eine präzisere <strong>Aus</strong>sage zur Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im DRSV ist aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> mangelhaften<br />

Quellenlage nicht möglich. Die Schätzung basiert auf <strong>de</strong>n DRV-Angaben nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung.<br />

Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND, Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik, Privatbesitz Hutmacher.


Frauen als „Schlagmänner“? Mitarbeit im Verband 296<br />

Abb. 5: Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>entwicklung im DRV ab 1949<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Betrachtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen wird <strong>de</strong>utlich, dass die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen konstant gestiegen ist. 1949 konnten 7.398 Frauen, Mädchen<br />

und weibliche Jugendliche verzeichnet wer<strong>de</strong>n. Dies entsprach einem Frau-<br />

enanteil von 18.89%. 2008 war diese Gruppe mit 25.431 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n im DRV<br />

vertreten. Der Frauenanteil lag in jenem Jahr bei 32.085%. Die Steigerung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenquote betrug seit 1949 29,09%. 1210<br />

Seit 1996 sind keine größeren Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

festzustellen. Insgesamt liegt <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil seit<strong><strong>de</strong>m</strong> bei circa 31%. Die Anzahl<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Mädchen und weiblichen Jugendlichen ist seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung mit<br />

durchschnittlich 5.000 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ebenfalls konstant.<br />

Zusammenfassend darf konstatiert wer<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Anteil an Frauen im<br />

DRV zufrie<strong>de</strong>n stellend ist. Die Zahlen unterliegen keinen größeren Schwan-<br />

kungen. Im Gegenteil, die Ten<strong>de</strong>nz ist eher leicht steigend. Dies könnte da-<br />

mit zusammenhängen, dass immer mehr Firmen das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Rahmen<br />

ihres Betriebssports anbieten. Auf diese Weise haben auch Menschen, die<br />

nicht <strong>de</strong>n klassischen Einstieg über das Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n<br />

Vereinssport gefun<strong>de</strong>n haben, die Möglichkeit, <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport kennen zu<br />

lernen: „Sport tut Frauen gut – Frauen tun <strong><strong>de</strong>m</strong> (Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-) Sport gut“. 1211<br />

1210 Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND, Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik, Privatbesitz Hutmacher.<br />

1211 Motto <strong>de</strong>s vierten Frauen-Forums <strong>de</strong>s DRV in Hannover 2007.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 297<br />

7 „Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in<br />

bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten<br />

Die Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten war<br />

durch unterschiedliche Ansatzpunkte geprägt. Im westlichen Teil dominierte<br />

zuerst das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war <strong>de</strong>n DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen nicht erlaubt.<br />

Die Betreuung sowie die Trainingsplanung und -steuerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Eliteru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen war, verglichen mit <strong>de</strong>n Bemühungen <strong>de</strong>s DRSV, rückständig.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> ehemaligen DDR wur<strong>de</strong>n Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerbe von Anfang an nur<br />

noch vereinzelt angeboten. Da<strong>für</strong> wur<strong>de</strong> das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n konsequent ge-<br />

för<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Ziel war es, möglichst viele Medaillen bei internationalen Wettbewer-<br />

ben zu gewinnen.<br />

7.1 Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland<br />

Die ersten Jahre nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Neugründung <strong>de</strong>s DRV stan<strong>de</strong>n <strong>für</strong> die Frauen im<br />

Zeichen <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Bereits 1950 wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik das<br />

„Deutsche Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“ in dieser Disziplin ausgetragen. Diese Ent-<br />

wicklung ging allerdings nicht einher mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Etablierung <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns auf<br />

Regatten. Vielmehr favorisierten immer mehr Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Die 60er Jahre waren <strong>de</strong>nnoch geprägt durch eine hohe Fluktuation unter<br />

<strong>de</strong>n Eliteru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Viele begannen zwar mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Training, nicht wenige<br />

gaben aber nach nur einer Saison wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf. Die körperliche Anstrengung<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> zeitliche Aufwand wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n meisten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen als zu groß<br />

empfun<strong>de</strong>n. Der UAF setzte durch, dass die Frauenwettkämpfe in das<br />

Hauptprogramm auf bei<strong>de</strong>n Regattatagen aufgenommen wur<strong>de</strong>n. Aufgrund<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> insgesamt ansteigen<strong>de</strong>n Teilnehmerzahlen konnten ab 1970 auch wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Leichtgewichtsrennen ausgeschrieben wer<strong>de</strong>n. Viele Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen began-<br />

nen nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Abschaffung dieser Disziplin mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Leichtge-<br />

wichtsbereich.<br />

In <strong>de</strong>n 50er Jahren kam die Diskussion auf, ob Frauen an Riemenrennen<br />

teilnehmen sollten. Unterstützung erhielten die Be<strong>für</strong>worter <strong>de</strong>s Riemenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ns durch Adam, <strong><strong>de</strong>r</strong> konsequent die gleiche <strong>Aus</strong>bildung <strong>für</strong> Männer und<br />

Frauen in allen Bootsklassen, also auch im Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, for<strong><strong>de</strong>r</strong>te.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 298<br />

7.1.1 Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Der UAF bemühte sich seit seiner Gründung adäquate Startmöglichkeiten <strong>für</strong><br />

alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in allen Wettbewerbsformen zu ermöglichen. Die Verant-<br />

wortlichen favorisierten allerdings das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, da diese Disziplin oft die<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> eine eventuell folgen<strong>de</strong> Karriere im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war:<br />

„Auf breitester Grundlage aufgebaut, angefangen beim Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n,<br />

weiter fortgeführt als Vorbereitung <strong>für</strong> das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, ist<br />

Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerb Sport im wahrsten Sinne <strong>de</strong>s Wortes.“ 1212<br />

Hänel machte <strong>de</strong>utlich, dass Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht als „Schönheitsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“ charak-<br />

terisiert wer<strong>de</strong>n dürfte, zumin<strong>de</strong>st nicht im Sinne einer schönen Haltung o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Art <strong><strong>de</strong>r</strong> äußerlichen Aufmachung. Es müsse vielmehr so verstan<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n, dass grundsätzlich je<strong><strong>de</strong>r</strong> technisch richtige, damit ökonomisch-<br />

rhythmische, physikalische Bewegungsablauf in diesem Zusammenspiel<br />

„von sich aus ‘gekonnt’, aber auch natürlich, und damit eben schön wirkt.“ 1213<br />

Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend eine Prüfung auf <strong>Aus</strong>führung und Form eines<br />

physikalisch richtigen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>schlages, <strong><strong>de</strong>r</strong> das Boot kraftvoll antreibt und<br />

durch <strong>de</strong>n Rhythmus <strong><strong>de</strong>r</strong> fließen<strong>de</strong>n Bewegungen und durch die Zusammen-<br />

arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaft <strong><strong>de</strong>m</strong> Boot zu einem optimalen Vorwärtskommen ver-<br />

hilft. Abweichungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> persönlichen Prägung <strong>de</strong>s Stils sind möglich,<br />

allerdings muss die grundlegen<strong>de</strong> Technik erhalten bleiben. Folgt man dieser<br />

Ansicht Hänels, dann ist Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein „Wettkampf verschie<strong>de</strong>ner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>stile<br />

als persönliche Prägung und nicht Bemühen um einen bis in die Einzelheiten<br />

vorgeschriebenen Stil.“ 1214 Er regte an, diese Disziplin auch <strong>für</strong> Männer ein-<br />

zuführen. So sollte <strong>de</strong>n Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern ein Rennstart erst nach Erreichen<br />

einer Min<strong>de</strong>stpunktzahl im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n erlaubt wer<strong>de</strong>n. Dieser Vorschlag fand<br />

allerdings im Verband keine Mehrheit. 1215<br />

Hänel sah im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht nur Parallelen zum Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n attes-<br />

tierte diesem vor allem erhöhte mentale Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen: Es hat mit ihm ge-<br />

meinsam die Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an Kraft und <strong>Aus</strong>dauer im Wettkampf und<br />

1212<br />

CLOS, „Aufstreben<strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 42.<br />

1213<br />

H. HÄNEL, „Keine Angst vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 77(1959)12, S. 289.<br />

1214<br />

Ebenda.<br />

1215<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 160.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 299<br />

„übertrifft es an Konzentration und Technik, an Selbstsicherheit und Kön-<br />

nen.“ 1216<br />

Er betonte vor allem <strong>de</strong>n integrativen Aspekt <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns gegenüber <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, da die körperlichen Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen prinzipiell geringer sind:<br />

„Es hat <strong><strong>de</strong>m</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Möglichkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Schonung <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen während <strong>de</strong>s Wettbewerbes durch die leichtere<br />

<strong>Aus</strong>wechslung eines Ersatzes voraus, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> breiteren<br />

<strong>Aus</strong>wahl <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>für</strong> ein Training zur Verfügung stehen<strong>de</strong>n wie auch<br />

innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsgemeinschaften selbst fin<strong>de</strong>t. Es hat weiter<br />

<strong>de</strong>n Vorteil, daß <strong><strong>de</strong>m</strong> Streben je<strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in nach Verbesserung<br />

und <strong>Aus</strong>feilen <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kunst Rechnung getragen wird,<br />

<strong>de</strong>nn mitunter wird mit Rücksicht auf Härte und <strong>Aus</strong>dauer <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Rennmannschaft die Technik wohl etwas vernachlässigt.“ 1217<br />

Den Einwand, dass Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zum „Uniformismus“ verleite, ließ Hänel nicht<br />

gelten. Die Bestimmungen zum Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ermöglichten aus seiner Perspek-<br />

tive eine eigene Definition und <strong>Aus</strong>legung von Stil, vorausgesetzt, dass die<br />

gezeigte Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik sich an <strong>de</strong>n Maßstäben <strong>de</strong>s natürlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns ori-<br />

entierte und damit <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nach Vorwärtsbewegung entsprach. Hänel<br />

for<strong><strong>de</strong>r</strong>te <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend bereits Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre eine<br />

„innere und ehrliche Umstellung vom alleinigen Geltenlassen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

reinen Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei mit objektiver Messung als gebliebene Form<br />

eines geschichtlichen Wer<strong>de</strong>gangs zur Anerkennung einer Wettkampfart<br />

mit subjektiver Wertung als schöpferischer Weiterführung<br />

einer Tradition.“ 1218<br />

Für Lehmann be<strong>de</strong>utete Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n das Bedürfnis sportliche Leistung mit voll-<br />

kommener Technik zu kombinieren. 1219 Um eine fachliche Basis <strong>für</strong> das Stil-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu schaffen, for<strong><strong>de</strong>r</strong>te sie die Orientierung am natürlichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n: „Wir<br />

wollen uns gar nicht erst an einen orthodoxen Stil gewöhnen, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Annah-<br />

me, das wäre das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.“ 1220 Weitläufige Meinung war allerdings immer<br />

noch, dass genau das <strong><strong>de</strong>m</strong> Naturell <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau entsprach.<br />

Der UAF vertiefte Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre seine Bemühungen um diese Wett-<br />

bewerbsform. Unterstützung erhielt <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>schuss beispielsweise von Erich<br />

Maak, <strong><strong>de</strong>r</strong> das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als Grundvoraussetzung <strong>für</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ansah.<br />

1216 Ebenda.<br />

1217 Ebenda.<br />

1218 Ebenda.<br />

1219 Vgl. G. LEHMANN, „Über das Training <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 73(1955)8, S. 205.<br />

1220 G. LEHMANN, „Warum Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 71(1953)12, S. 189.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 300<br />

Das Training im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n brachte nach Maak zwar auch ein längeres kon-<br />

zentriertes Training mit sich, aber es erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>te keine Höchstleistung an Kraft<br />

und Körper. 1221 Maak stimmte Hänel zu, dass Renn- und Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>training<br />

viele Gemeinsamkeiten zeigten. Schließlich galten die gleichen Bedingun-<br />

gen: Unterordnung, Pünktlichkeit und vor allem ein Zusammengehörigkeits-<br />

empfin<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaft. 1222<br />

Rolf Schnei<strong><strong>de</strong>r</strong> attestierte <strong><strong>de</strong>m</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, dass es zweifellos seine Existenz-<br />

berechtigung bewiesen hätte, <strong>de</strong>nn es „bringt vielen Frauen, die nicht renn-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wollen o<strong><strong>de</strong>r</strong> können, Freu<strong>de</strong> an unserem schönen Sport.“ 1223 Hey<strong>de</strong>l<br />

äußerte sich ähnlich, in<strong><strong>de</strong>m</strong> sie feststellte, dass<br />

„wir es doch versuchten sollten, durch ein Training <strong>für</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

unseren ru<strong><strong>de</strong>r</strong>begeisterten Mädchen die Grundlage <strong>für</strong> ein späteres<br />

Renntraining zu geben. Ich selbst habe manches Training <strong>für</strong><br />

das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n geleitet und kann nur sagen, daß auch das eine<br />

große Disziplin und Kameradschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Mä<strong>de</strong>ls verlangt.“ 1224<br />

Viele „leichte“ Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen widmeten sich <strong><strong>de</strong>m</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, da sie im Rennru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>bereich aufgrund ihres zu geringen Körpergewichtes keine Chance sa-<br />

hen, erfolgreich zu sein. Hänel bemerkte dazu, dass bei einer<br />

schwerathletischen Übung das eigene Körpergewicht ausschlaggeben<strong>de</strong><br />

Be<strong>de</strong>utung hat. Solange also noch keine Leichtgewichtsrennen <strong>für</strong> Frauen<br />

gefahren wer<strong>de</strong>n, „hat nur <strong><strong>de</strong>r</strong> sehr begrenzte Kreis <strong><strong>de</strong>r</strong> schweren Mann-<br />

schaften Siegesaussichten.“ 1225<br />

1946 war noch ein Meisterschaftstitel unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Bezeichnung „Reichssieger“<br />

vergeben wor<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n zwei Jahren hatte es nationale Titel-<br />

kämpfe als „Besten-Ermittlung“ gegeben. Die Begeisterung <strong>für</strong> das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

war nach <strong><strong>de</strong>m</strong> En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges durchaus nicht nur bei leichten<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen vorhan<strong>de</strong>n. Die Bemühungen <strong>de</strong>s UAF wur<strong>de</strong>n belohnt, als Stil-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als Meisterschaftswettbewerb ausgeschrieben wur<strong>de</strong>. Im Jahre 1950<br />

1221<br />

Vgl. E. MAAK, „Jugendtraining <strong><strong>de</strong>r</strong> Mä<strong>de</strong>ls“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 70(1952)5, S. 69.<br />

1222<br />

Vgl. ebenda.<br />

1223<br />

R. SCHNEIDER, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaft“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 68(1950)19, S.<br />

271.<br />

1224<br />

Vgl. K. HEYDEL, „Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 68(1950)13, S. 158.<br />

1225<br />

H. HÄNEL, „Zur Lage <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

77(1959)23, S. 428.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 301<br />

wur<strong>de</strong> erstmalig das DMR im Rennboot, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootsklasse Doppelvierer mit<br />

Steuermann, durchgeführt. 1226<br />

Bis 1952 wur<strong>de</strong>n alle Rennen im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach Vorkriegsmodus ausgetra-<br />

gen. 1227 Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Passau verabschie<strong>de</strong>ten die Delegierten die<br />

neuen Bestimmungen:<br />

„Die Bewertungsstrecke beträgt nach wie vor 1000 Meter. Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

müssen aber nicht wie bisher zweimal, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n dreimal<br />

an <strong>de</strong>n Punktrichtern vorbeiru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Wen<strong>de</strong> ist folgen<strong>de</strong><br />

Übung durchzuführen: 5 Schläge im normalen Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>tempo,<br />

10 Schläge im Renntempo und dann wie<strong><strong>de</strong>r</strong> normales<br />

Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>tempo bis zur Wen<strong>de</strong>. Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Wen<strong>de</strong> wird wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ein<br />

normales Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>tempo gefahren.“ 1228<br />

Hierzu fin<strong>de</strong>n sich im Merkblatt zur Durchführung von Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerben<br />

die Ergänzungen, dass die gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>ten zehn Schläge im Renntempo sich<br />

<strong>de</strong>utlich von <strong>de</strong>n normalen Schlägen abheben mussten. Der Wechsel vom<br />

Strecken- zum Renntempo und umgekehrt sollte sichtbar sein. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

war zu beachten, dass die zehn Rennschläge in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> Strecke ausge-<br />

führt wer<strong>de</strong>n sollten. Damit wur<strong>de</strong> gewährleistet, dass sowohl Punktrichter<br />

als auch Zuschauer die beste Sicht auf die vorbeiru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Mannschaft hat-<br />

ten. Der UAF empfahl <strong>de</strong>n Veranstaltern, die Streckenmitte durch Bojen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Flaggen zu kennzeichnen. 1229 Die Wen<strong>de</strong> blieb zunächst in <strong><strong>de</strong>r</strong> Wertung. Es<br />

wur<strong>de</strong> allerdings diskutiert, ob dieses Manöver in einer nochmaligen Vorbei-<br />

fahrt <strong><strong>de</strong>m</strong>onstriert wer<strong>de</strong>n sollte. Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s <strong>Aus</strong>schusses waren sich<br />

allerdings einig, dass dies <strong>de</strong>n Wettbewerb zu sehr in die Länge gezogen<br />

hätte. Trotz<strong><strong>de</strong>m</strong> entfiel die Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wen<strong>de</strong> erst 1958. 1230<br />

Das Bewertungssystem wur<strong>de</strong> ebenfalls verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Die Höchstpunktzahl von<br />

20 wur<strong>de</strong> beibehalten. Die Wertungsrichter konnten dann aber bis zu fünf<br />

Punkte <strong>für</strong> nicht ausreichen<strong>de</strong> Blatt- und Körperarbeit abziehen. Nichtflie-<br />

ßen<strong>de</strong> und kraftlose Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeit, mangelhafte Zusammenarbeit im Boot und<br />

1226<br />

Vgl. C. SCHMIDT-LEHNERT, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Wettkampfsports <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im <strong>Deutschen</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband bis zu <strong>de</strong>n Olympischen Spielen 1976 in Montreal, Arbeit im Rahmen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Diplom-Trainerausbildung, Traineraka<strong><strong>de</strong>m</strong>ie Köln, Köln 1981, S. 12. Ferner vgl.<br />

SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 624.<br />

1227<br />

Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen zum Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor 1945 in Kap. 5.6.1.<br />

1228<br />

R. BÖBBIS, „Neue Bestimmungen <strong>für</strong> das Mädchen- und Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

70(1952)12, S. U III.<br />

1229<br />

[ohne Verfasser], „Merkblatt zur Durchführung von Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerben. Ergänzung<br />

zu § 5 <strong><strong>de</strong>r</strong> Bestimmungen <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 70(1952)12, S. 79.<br />

1230<br />

Vgl. N. BRUHNS, „Grundsätzliches zum Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 74(1958)4, S. 56.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 302<br />

ungleicher Rhythmus wur<strong>de</strong>n mit Abzügen von bis zu drei Punkten geahn-<br />

<strong>de</strong>t. 1231<br />

Der UAF intensivierte seine Bemühungen und so fand bereits 1951 <strong><strong>de</strong>r</strong> erste<br />

Lehrgang <strong>für</strong> Schiedsrichter und -anwärter im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n statt. Alle Punktrich-<br />

ter waren angehalten, ihre Lizenzen in regelmäßigen Abstän<strong>de</strong>n zu erneu-<br />

ern. Die Verantwortlichen versprachen sich davon mehr Objektivität und<br />

Transparenz.<br />

Allen Bemühungen zum Trotz hatten die Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen vor allem mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ig-<br />

noranz <strong><strong>de</strong>r</strong> Regattaveranstalter zu kämpfen. Nicht wenige Organisatoren<br />

platzierten diese Rennen an <strong>de</strong>n Rand <strong><strong>de</strong>r</strong> Veranstaltungen, was faktisch<br />

zum <strong>Aus</strong>schluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit führte. 1232 Dies veranlasste <strong>de</strong>n UAF 1956<br />

zu folgen<strong><strong>de</strong>r</strong> Ergänzung im Merkblatt zur Durchführung von Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

wettbewerben:<br />

„Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerbe sollen nicht unter ’<strong>Aus</strong>schluß <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit’<br />

gefahren wer<strong>de</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n in das Regattaprogramm eingebaut<br />

wer<strong>de</strong>n. Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, daß zu<br />

Beginn <strong>de</strong>s 1. Wettbewerbes <strong>für</strong> das Publikum Erläuterungen über<br />

die Lautsprecheranlage gegeben wer<strong>de</strong>n.“ 1233<br />

Das Engagement <strong>de</strong>s UAF <strong>für</strong> die Gestaltung und För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

wettbewerbe ging einher mit einer Diskussion um die öffentliche Wertung.<br />

Diese Debatte initiierte Eva Gretschel bereits Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 40er Jahre. Ihr Vor-<br />

schlag war dann aber in Vergessenheit geraten, weil eine solche Regelung<br />

nicht praktikabel erschien. Der UAF versprach sich von einer öffentlichen<br />

Wertung eine Aufwertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettbewerbe, da das Ergebnis <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Zu-<br />

schauer direkt sichtbar und damit leichter nachvollziehbar war. Es galt zu-<br />

nächst, ein geeignetes Verfahren zu fin<strong>de</strong>n. Dabei war das herkömmliche<br />

Rangreihensystem <strong>Aus</strong>gangspunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Debatte.<br />

Rangreihe<br />

Georg Haas bemängelte vor allem <strong>de</strong>n zeitlichen Aufwand und die Verzöge-<br />

rung bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Bekanntgabe <strong>de</strong>s Siegerbootes, <strong>de</strong>n das Rangreihensystem mit<br />

sich brachte, da<br />

1231 Vgl. BÖBBIS, „Neue Bestimmungen <strong>für</strong> das Mädchen- und Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. U III.<br />

1232 Vgl. E. GRETSCHEL, „Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 84(1966)2, S. 66.<br />

1233 [ohne Verfasser], „Merkblatt zur Durchführung von Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerben“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

sport 74(1956)11, S. 89.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 303<br />

„die Sieger nicht in stun<strong>de</strong>nlanger Rechenarbeit über Rangziffern,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en tiefe Be<strong>de</strong>utung wohl nur ihrem Erfin<strong><strong>de</strong>r</strong> bekanntgewor<strong>de</strong>n<br />

[sic!] ist, ermittelt wer<strong>de</strong>n, wobei Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er und Publikum, gewollt<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> ungewollt, das <strong>Aus</strong>rechnen sehr leicht mit <strong>Aus</strong>han<strong>de</strong>ln verwechseln.“<br />

1234<br />

Haas schlug vor, am Ufer drei Podien mit Pfahl und Tafel <strong>für</strong> die Schiedsrich-<br />

ter aufzustellen.<br />

Er empfahl die Tafeln zu linieren und vorab mit <strong>de</strong>n Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

zu beschriften. Die Schiedsrichter könnten wie bisher die gezeigte Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>leis-<br />

tung bewerten, allerdings ohne die Rangziffern. Die Gesamtpunktzahl je<strong>de</strong>s<br />

Bootes konnte anschließend nach je<strong><strong>de</strong>m</strong> Durchgang direkt auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Tafel mit<br />

Krei<strong>de</strong> vermerkt wer<strong>de</strong>n.<br />

Er versprach sich davon, dass auf diese Weise Zuschauer, genau wie bei<br />

einem Rennen, nachvollziehen und mitverfolgen könnten, ob ein Vorsprung<br />

gehalten wur<strong>de</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> an an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Mannschaften abgegeben wer<strong>de</strong>n musste.<br />

Öffentliche Wertung<br />

Gretschel hatte bereits 1941 <strong>de</strong>n Vorschlag gemacht, einzelne Holztafeln zu<br />

benutzen. Zehn Jahre später eröffnete sie mit ihrer I<strong>de</strong>e die Debatte um die<br />

öffentliche Wertung im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Unterstützung erhielt sie dabei von Fritz<br />

Mähnert 1235 , <strong><strong>de</strong>r</strong> ebenfalls kleine Tafeln, ähnlich wie die beim Eiskunstlauf<br />

und Wasserspringen, favorisierte. Nach Beendigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbeifahrt sollten<br />

diese von <strong>de</strong>n Punktrichtern ohne Absprache hochgehalten wer<strong>de</strong>n.<br />

Der VA trat bei seiner Konstanzer Sitzung 1954 erstmalig <strong>für</strong> die öffentliche<br />

Wertung ein. Der Ansatz von Gretschel und Mähnert wur<strong>de</strong> ebenso diskutiert<br />

wie die I<strong>de</strong>e von Haas, <strong><strong>de</strong>r</strong> statt vieler kleiner, eine große Tafel mit allen Wer-<br />

tungen vorschlug. Einig waren sich die Beteiligten, dass das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wei-<br />

terhin geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n müsste. Die Meinungen zur öffentlichen Wertung<br />

dagegen differierten sehr.<br />

Fertig lehnte die öffentliche Wertung ab, da sie mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Abschaffung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Rangreihe verbun<strong>de</strong>n war. Er vertrat die weitläufige Meinung, dass die<br />

Punktziffer lediglich als Gedächtnisstütze <strong>für</strong> die Aufstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rangreihe<br />

diene. Die absolute Punktzahl wür<strong>de</strong>, so Fertig, immer be<strong>de</strong>utungsloser, da<br />

1234 G. HAAS, „Das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 77(1959)9, S. III.<br />

1235 Vgl. F. MÄHNERT, „Öffentliche Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wertung“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 77(1959)15, S. 290.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 304<br />

die Mannschaften sich im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit immer mehr an das oberste Leis-<br />

tungsniveau angeglichen hätten und somit die höchste Punktzahl immer we-<br />

niger <strong>Aus</strong>sagekraft besitzen wür<strong>de</strong>. Die Einreihung in eine Rangreihe durch<br />

unmittelbaren Vergleich <strong><strong>de</strong>r</strong> gezeigten Leistungen war, so Fertig, die einzige<br />

Möglichkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewertung. 1236 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> sei es nicht praktikabel, während<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Durchfahrt <strong><strong>de</strong>r</strong> Boote Einzelurteile abzugeben. Auch das Argument, un-<br />

geeignete Punktrichter zu ermitteln, reichte seiner Meinung nach nicht aus,<br />

um die öffentliche Wertung zu rechtfertigen. Hänel argumentierte hingegen,<br />

dass Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bei <strong>de</strong>n subjektiv zu werten<strong>de</strong>n Sportarten einzigartig sei: Die<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holung einer im Grun<strong>de</strong> gleich bleiben<strong>de</strong>n Bewegungsfolge, wie es<br />

beim Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall sei, schließe in höherem Maße als bei an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Sport-<br />

arten die Möglichkeit von Unregelmäßigkeiten ein. Verstärkt wer<strong>de</strong> diese<br />

durch die Zusammenarbeit von vier Menschen. Eine objektive, öffentliche<br />

Bewertung war nach Hänel nicht zu gewährleisten. 1237<br />

Niko Bruhns bezeichnete die Bewertung als „Schmerzenskind <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ei“. 1238 Er sah das Problem nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> fehlen<strong>de</strong>n öffentlichen Wer-<br />

tung, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n darin, dass zu wenig darauf geachtet wür<strong>de</strong>, nur amtlich zuge-<br />

lassene Schiedsrichter zu verpflichten. Er stellte allerdings auch fest, dass es<br />

zu wenig geschultes Personal gebe und empfahl, vermehrt Lehrgänge <strong>für</strong><br />

Stilrichter anzubieten. 1239 Er versäumte nicht, „das flüssige Durchlaufen <strong>de</strong>s<br />

Bootes und die mannschaftliche Zusammenarbeit“ 1240 in <strong>de</strong>n Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund zu<br />

stellen. Bruhns be<strong>für</strong>wortete daher eine grundsätzliche Unterscheidung zwi-<br />

schen Kardinalfehlern einer Mannschaft o<strong><strong>de</strong>r</strong> einzelner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und klei-<br />

neren Unebenheiten, „eventuell sogar einem Krebs“. 1241 Er sah keine<br />

Notwendigkeit in <strong><strong>de</strong>r</strong> Beibehaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Höchstpunktzahl 20, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n for<strong><strong>de</strong>r</strong>te<br />

die Punktzahl 13 als Mittelwert. Von dieser Basiszahl sollten dann Plus- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Minuspunkte berechnet wer<strong>de</strong>n.<br />

Trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontroverse im DRV wur<strong>de</strong>n 1958 die ersten Versuche einer öf-<br />

fentlichen Wertung unternommen. Gretschel beurteilte die Saison als gelun-<br />

1236 B. FERTIG, „Öffentliche Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wertung?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 77(1959)8, S. 98.<br />

1237 Vgl. H. HÄNEL, „Um die öffentliche Wertung im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 73(1955)8, S.<br />

203.<br />

1238 N. BRUHNS, „Grundsätzliches zum Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 56.<br />

1239 Vgl. ebenda.<br />

1240 Vgl. G. BAHR, „Zweiter Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Lehrgang in Bremen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 73(1955)8, S. 207.<br />

1241 Ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 305<br />

gen und merkte an, „dass es wirklich überall geklappt hat.“ 1242 Allerdings ei-<br />

nigten sich die Beteiligten erst 1960 auf ein einheitliches Verfahren, das auf<br />

einer Vorstandssitzung in Hannover verabschie<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Im Merkblatt zur<br />

Durchführung von Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerben wur<strong>de</strong> festgehalten, diese öffentlich<br />

zu bewerten. Die Anwesen<strong>de</strong>n verständigten sich schließlich auf <strong>de</strong>n Ge-<br />

brauch kleinerer Tafeln.<br />

Die neue Durchführungsbestimmung sah zu<strong><strong>de</strong>m</strong> vor, dass am Mikrofon ein<br />

„<strong>Aus</strong>rechner“ zu platzieren war, <strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel ein nicht eingesetzter<br />

Schiedsrichter war. Zwischen ihm und <strong><strong>de</strong>m</strong> Punktrichter sollte eine „Augen-<br />

verbindung“ 1243 bestehen. Es waren nur noch die Ränge anzuzeigen. Die<br />

Punktezählung bis 20 wur<strong>de</strong> zwar beibehalten, allerdings kamen diese nur in<br />

die Wertung, wenn eine Ranggleichheit vorlag. In diesem Fall wur<strong>de</strong>n die<br />

Punkte addiert. Ergab sich auch hier ein Gleichstand, kam es zu einem Ste-<br />

chen zwischen <strong>de</strong>n besten Booten.<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> dritten Vorbeifahrt rief <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>rechner: „Für Boot 1 – Wertung!“ 1244<br />

Nicht gewertete Boote, also Boote, die zum Beispiel keinen Wechsel zwi-<br />

schen Renn- und Streckentempo erkennen ließen, wur<strong>de</strong>n mit <strong><strong>de</strong>r</strong> leeren<br />

Tafel bewertet. Um die jahrelang gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>te Transparenz und Objektivität zu<br />

gewährleisten, stellten sich die Punktrichter nach je<strong><strong>de</strong>m</strong> Wettbewerb in einer<br />

sachlichen <strong>Aus</strong>sprache <strong>de</strong>n Trainern <strong><strong>de</strong>r</strong> beteiligten Mannschaften. 1245<br />

Aufgrund dieser Entwicklung wur<strong>de</strong> das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre<br />

immer noch positiv beurteilt, zum Beispiel als eine Überleitung <strong>für</strong> Frauen-<br />

training in Rennbooten. 1246 Böbbis stimmte zu, dass Wettbewerbe in dieser<br />

Disziplin eine Vorbereitung in technischer Hinsicht <strong>für</strong> spätere Rennen, eine<br />

Wettbewerbsart <strong>für</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, „die nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage sind, ein hartes<br />

Rennen durchzustehen“ 1247 sowie ein gutes Fundament <strong>für</strong> die Breitenarbeit<br />

im Frauen- und Mädchenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n seien.<br />

Dennoch war die Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen Wertung primär eine Maßnah-<br />

me gegen die geringe Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerben<br />

1242<br />

E. GRETSCHEL, „Ein Rückblick auf die öffentliche Wertung“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 76(1958)32,<br />

S. 698.<br />

1243<br />

Ebenda.<br />

1244<br />

Ebenda.<br />

1245<br />

Ebenda.<br />

1246<br />

Vgl. DÜNTZER, „Was sagt die Sportärztin zum Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kampf <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau?“, S. 199.<br />

1247<br />

R. BÖBBIS, „Reger Gedankenaustausch beim Lehrgang Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

75(1957)7, S. 180.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 306<br />

zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre. Die sich schon ab 1956 abzeichnen<strong>de</strong> Fluktuation<br />

im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n konnte zunächst durch eine verbesserte Punktrichter-<br />

<strong>Aus</strong>bildung gestoppt wer<strong>de</strong>n. Ab 1960 wur<strong>de</strong> die Kritik an <strong><strong>de</strong>r</strong> subjektiven<br />

Bewertung nach lokalpatriotischen Kriterien immer lauter. 1248 Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentli-<br />

chen Wertung mussten sich die Punktrichter zu ihrer Beurteilung bekennen.<br />

Trotz dieser intensiven Bemühungen <strong>de</strong>s UAF kritisierten immer mehr Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Hänel attestierte <strong><strong>de</strong>m</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zwar At-<br />

tribute, die <strong><strong>de</strong>m</strong> Wesen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau gerecht wür<strong>de</strong>n. 1249 Auch Lehmann sprach<br />

von einem Wettkampf, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>für</strong> Frauen „<strong><strong>de</strong>r</strong> wahre sei“. 1250 Dennoch beurteilen<br />

immer mehr Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als „Puppchenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“ 1251 . Gumbrecht<br />

merkte an, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband sich bemühe, <strong><strong>de</strong>m</strong> mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ge-<br />

recht zu wer<strong>de</strong>n. 1252 Hänel stellte fest, „daß es vor allem die männliche Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>welt ist, die diesen Wettbewerb ablehnt.“ 1253 Er betonte die technische<br />

Seite, während an<strong><strong>de</strong>r</strong>e das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n allenfalls als eine Wettkampfform <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n „fraulichen Typ“ einstuften. 1254 Bekanntester Kritiker war Karl Adam, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

1963 äußerte, dass er im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n „nicht <strong>de</strong>n geringsten Wert sehe.“ 1255 Auf<br />

einer Frauen-Trainer-Tagung im selben Jahr wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich, „daß selbst im<br />

Lager <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen das Urteil über das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht mehr einheit-<br />

lich.“ 1256<br />

Die Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> die zurückgehen<strong>de</strong> Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

waren zahlreich. Rhythmus, Harmonie, funktionelle Bewegungsformen und<br />

ein totaler Bewegungsablauf galten zunächst als Grundbedingungen <strong>für</strong> ein<br />

natürliches Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 1257 Die Erkenntnisse, die in <strong><strong>de</strong>r</strong> kybernetischen Anfän-<br />

gerausbildung zur Anwendung kamen, ließen sich nicht auf das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

übertragen. Die Entwicklungsmöglichkeiten dieser Disziplin im Vergleich zu<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> allgemeinen Stand <strong><strong>de</strong>r</strong> Lehrmethodik wur<strong>de</strong>n von Experten, wie Walter<br />

Schrö<strong><strong>de</strong>r</strong>, als gering eingestuft. 1258 Das Training <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns passte nicht<br />

1248<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 120.<br />

1249<br />

Vgl. HÄNEL, „Zur Lage <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns,“, S. 428.<br />

1250<br />

Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 45.<br />

1251<br />

I. DIETERLE, „Unterausschuß Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 83(1965)31, S. 657.<br />

1252<br />

Vgl. M. GUMBRECHT, „Punktrichterkommission tagte“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 84(1966)33, S. 709.<br />

1253<br />

H. HÄNEL, „Das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und seine Bewertung“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 82(1964)4, S. 46.<br />

1254<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 160.<br />

1255<br />

Ebenda, S. 161. Ferner vgl. HÄNEL, „Das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und seine Bewertung“, S. 46.<br />

1256<br />

UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 161.<br />

1257<br />

Vgl. GRETSCHEL, „Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 21.<br />

1258<br />

Vgl. W. SCHRÖDER, „Frischer Gegenwind vom Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 83(1965)3, S.<br />

38.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 307<br />

in das Bild <strong><strong>de</strong>r</strong> damaligen Technikvorstellung beziehungsweise Anfängerme-<br />

thodik.<br />

Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Kritik an <strong>de</strong>n eintönigen Trainingsmetho<strong>de</strong>n hinterfragten immer<br />

mehr Aktive und Funktionäre die Klassifizierung <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Wenn die-<br />

ses ohnehin als Bewegung in Bezug auf <strong>de</strong>n Fortgang und nicht mehr die<br />

Haltung bewertet wer<strong>de</strong>n soll, „warum wird dann nicht gleich <strong><strong>de</strong>r</strong> Fortgang<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Stoppuhr gemessen?“ 1259<br />

Entschei<strong>de</strong>nd war allerdings die rückläufige Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an<br />

Regatten im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Die folgen<strong>de</strong> Abbildung vergleicht die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Teilnehmerinnen beim Stil- und Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

Abb. 6: Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen am Stil- und Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Insgesamt war die Beteiligung 1260 <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen an bei<strong>de</strong>n Wettbewerbsformen<br />

rückläufig. 1959 nahmen noch 863 Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an Wettbewerben teil. Dem<br />

gegenüber stan<strong>de</strong>n 1.511 Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen.<br />

1970 sank die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen, die das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf Regatten betrieben auf<br />

20.<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

1959 1961 1963 1965 1967 1968 1969 1970<br />

1956 waren noch zehn Boote beim DMR in <strong><strong>de</strong>r</strong> Disziplin Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n am Start.<br />

Zwei Jahre später mel<strong>de</strong>ten immerhin noch acht Boote <strong>für</strong> diesen Wettbe-<br />

werb. 1968 fiel die Anzahl bereits auf sechs Mannschaften. 1261 Das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

1259 G. THOMSEN, „Frischer Wind beim Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 83(1965)5, S. 81.<br />

1260 Vgl. E. SCHUMANN, „Junge Damen fahren tapfer zur See“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 90(1972)34, S.<br />

753. Vgl. [ohne Verfasser], „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 232.<br />

1261 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 105-106.<br />

Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 308<br />

hielt sich aber vor allem auf <strong>de</strong>n Regatten, da es die Bestimmung gab, dass<br />

bei <strong>Aus</strong>schreibung eines Frauenrennens auch ein Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerb ange-<br />

boten wer<strong>de</strong>n musste. Dies wur<strong>de</strong> häufig von <strong>de</strong>n Regattaveranstaltern nicht<br />

erfüllt, da die Verpflichtung von Punktrichtern einen erheblichen zusätzlichen<br />

finanziellen Aufwand be<strong>de</strong>utete. 1262 Otto Spamer maß <strong><strong>de</strong>m</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aller-<br />

dings eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Rolle im DRV zu:<br />

„In einer Zeit, wo ein ‘Gol<strong>de</strong>ner Plan’ durchgeführt wer<strong>de</strong>n soll,<br />

und dauernd aus mehr o<strong><strong>de</strong>r</strong> weniger berufenem Mund <strong><strong>de</strong>r</strong> Ruf<br />

nach <strong><strong>de</strong>m</strong> ‘Zweiten Weg’ ertönt, wäre es bitter traurig, wenn bei<br />

uns im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sang- und klanglos untergehen<br />

wür<strong>de</strong>.“ 1263<br />

Das letzte Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Rahmen <strong>de</strong>s DMR wur<strong>de</strong> 1969 durchgeführt. Neben<br />

dieser Regatta fand in <strong><strong>de</strong>r</strong> kompletten Saison nur noch ein weiteres Rennen<br />

statt. Die Regattaveranstalter sahen sich nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage, die Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wett-<br />

bewerbe in das Programm zu integrieren.<br />

Dem war allerdings 1966 eine neue Regelung <strong>de</strong>s Punktrichterwesens vo-<br />

rausgegangen, <strong><strong>de</strong>r</strong> zufolge die Lizenzen im Rahmen von Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holungsprü-<br />

fungen verlängert wer<strong>de</strong>n mussten. Die Gültigkeit betrug vier Jahre. 1264<br />

Hiervon versprachen sich die Verantwortlichen im UAF und im DRV eine er-<br />

neute Aufwertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Beurteilungsqualität, die aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> geringen Teil-<br />

nehmerfel<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht mehr zum Tragen kam. Der UAF konnte sich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ten<strong>de</strong>nz in Richtung Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht mehr verschließen, so dass er 1969<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> DRV vorschlug, Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als Meisterschaftswettbewerb zu streichen.<br />

Seit 1970 wird dieser Wettbewerb nicht mehr bei <strong>de</strong>n nationalen Titelkämp-<br />

fen ausgefahren.<br />

Das endgültige <strong>Aus</strong> kam <strong>für</strong> das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland im Jahr 1971. Die<br />

Punktrichter hatten ihre Lizenzen nicht mehr verlängert. Die letzten Regatten<br />

fan<strong>de</strong>n in Ulm, Leer und Kassel statt. Zusammenfassend kann festgehalten<br />

wer<strong>de</strong>n, dass die immer mehr dominieren<strong>de</strong> Leistungsausrichtung und das<br />

sich wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Wertebewusstsein in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaft entschei<strong>de</strong>nd waren<br />

<strong>für</strong> die Abschaffung <strong><strong>de</strong>r</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerbe. Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> einsetzen<strong>de</strong>n Eman-<br />

zipationsbewegung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre muss in diesem Zu-<br />

sammenhang Rechnung getragen wer<strong>de</strong>n. Versuche, diese Disziplin durch<br />

1262 Vgl. ebenda, S. 119.<br />

1263 O. SPAMER, „Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 79(1961)25, S. 579.<br />

1264 HÄNEL, „Punktrichter“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 84(1966)12, S. 295.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 309<br />

verschie<strong>de</strong>ne Bewertungssysteme und Durchführungsmodi attraktiver zu<br />

gestalten, scheiterten. Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n entsprach nicht mehr <strong><strong>de</strong>m</strong> Zeitgeist.<br />

7.1.2 Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

„Meine Damen, sind Sie bereit? – Los!“ lautete das allen Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

bekannte Startkommando. Die Frauen nahmen trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> schlechten <strong>Aus</strong>-<br />

gangslage bereits ab 1946 wie<strong><strong>de</strong>r</strong> an Regatten teil. Der Homburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

club ‘Germania’ richtete in diesem Jahr auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Rhein das erste Wettru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

nach <strong><strong>de</strong>m</strong> En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges aus. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus sieben Verei-<br />

nen waren in vier Gigrennen im Doppelvierer und Doppelzweier am Start. 1265<br />

Im August 1946 hatten die Frauen außer<strong><strong>de</strong>m</strong> die Möglichkeit auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Regatta<br />

in Bochum-Witten teilzunehmen. Acht Vereine aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Ruhrgebiet mel<strong>de</strong>ten<br />

ihre Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in acht Doppelzweier- und Doppelvierer-Gigrennen. Die<br />

Streckenlänge betrug erstmalig wie<strong><strong>de</strong>r</strong> 1.000m.<br />

Der Lübecker Regatta-Verein organisierte im September 1946 die erste<br />

Nachkriegsregatta. Die Frauen konnten <strong>für</strong> Wettbewerbe im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im<br />

Gig-Doppelzweier sowie <strong>für</strong> Rennen im A-Gig-Doppelvierer mel<strong>de</strong>n. Die Ver-<br />

sorgungslage <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung hatte im Frühjahr 1946 ihren Tiefpunkt er-<br />

reicht. Daher schrieben die Verantwortlichen <strong>de</strong>s HRC an <strong>de</strong>n Veranstalter<br />

und baten um Hilfe:<br />

„Da wir die Absicht haben, mit einer größeren Anzahl Schlachtenbummler<br />

bei Ihnen zu erscheinen, wären wir Ihnen dankbar, wenn<br />

Sie 15 Eintopfessen <strong>für</strong> uns bestellen wür<strong>de</strong>n.“ 1266<br />

Der Veranstalter entsprach <strong><strong>de</strong>r</strong> Bitte und stellte aus <strong><strong>de</strong>r</strong> so genannten Win-<br />

ter-Speisung Mahlzeiten zur Verfügung.<br />

Bei <strong>de</strong>n ersten Nachkriegsmeisterschaften, die aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> unzureichen<strong>de</strong>n<br />

Ernährungslage auch „Kalorienschaften“ genannt wur<strong>de</strong>n, starteten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen im Doppelzweier und Doppelvierer. 1267 Haller beschrieb die rege Teil-<br />

nahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Hamburger Regatta im selben Jahr:<br />

1265 Vgl. E. SCHUMANN, „Keine Bleibe – keine Boote. Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns nach<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Krieg“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 120(2002)2, S. 53.<br />

1266 Ebenda, S. 54.<br />

1267 Vgl. BUERSTÄTTE, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland, S. 34.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 310<br />

„Auf Frauenrennen und Jugendrennen und die Rennen <strong>de</strong>s Nord<strong>de</strong>utschen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s [sic!], die in Dollengigs mit festen Sitzen<br />

ausgeru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>n, entfielen die Hälfte von 50 Rennen.“ 1268<br />

Im August 1947 fand ein interzonales Jugendsportfest in Frankfurt am Main<br />

statt. Abenteuerlich war die Reise <strong>de</strong>s FRCW. Die Berlinerinnen fuhren mit<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Vereinen in einem verschlossenen amerikanischen Militärzug nach<br />

Frankfurt: “Vorne saßen die Jungen, hinten die Mädchen.“ 1269<br />

Die vom UAF in Zusammenarbeit mit <strong><strong>de</strong>m</strong> AAR erarbeiteten Bestimmungen<br />

<strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sahen vor, dass Rennen im Frauenrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aus-<br />

schließlich in <strong>de</strong>n Bootsklassen Einer, Doppelzweier und Doppelvierer mit<br />

Steuermann ausgetragen wer<strong>de</strong>n durften. Erst ab 1969 kamen die Rennen<br />

im Riemenbereich hinzu. 1270 Die Streckenlänge wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gig auf 800m<br />

und bei Rennboot-Rennen auf 1.000m festgelegt. Mädchen- und Schülerin-<br />

nen-Rennen waren anfänglich nur im Gigboot über 600m erlaubt. 1271<br />

Beteiligung an Regatten<br />

Ähnlich wie im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ließ die allgemeine Resonanz Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre<br />

nach. Haas widmete sich bereits 1951 diesem Problem 1272 und kam zu <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Schluss, dass die Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> die geringe Beteiligung we<strong><strong>de</strong>r</strong> im fehlen<strong>de</strong>n<br />

Bootsmaterial zu suchen waren noch auf Geldmangel basierten. Hauptursa-<br />

che war laut Haas die unprofessionelle Betreuung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, die zu<br />

kleinen Teilnehmerfel<strong><strong>de</strong>r</strong>n führte. Er stellte eine insgesamt unbefriedigen<strong>de</strong><br />

Aktivität im Rennbootbereich und <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend in <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsbeteili-<br />

gung fest. Bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Regattabeteiligung von Frauen merkte er an, dass<br />

beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s die Rennbootrennen „besser wegkommen als die Gigrennen“ 1273 .<br />

Aber hier war das Verhältnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Renndoppelvierer zu <strong>de</strong>n häufiger vertrete-<br />

nen Gigdoppelvierern zu beachten. Haas betonte nochmals, „daß sich um<br />

1268 HALLER, Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports, S. 13.<br />

1269 SCHUMANN, „Keine Bleibe – keine Boote. Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns nach <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Krieg“, S. 54.<br />

1270 Vergleiche hierzu die Anmerkungen zum Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in Kap. 7.1.3 sowie<br />

Kap. 7.4.2. Vgl. SCHMIDT-LEHNERT, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Wettkampfsports <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im<br />

<strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband bis zu <strong>de</strong>n Olympischen Spielen 1976 in Montreal, S. 15.<br />

1271 Vgl. W. REICHERT, „Was ist <strong>für</strong> das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>jahr 1949 zu beachten?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

67(1949)2, S. 6.<br />

1272 Vgl. G. HAAS, „Ziehen wir das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen richtig auf?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

69(1951)12, S. 226.<br />

1273 Vgl. ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 311<br />

die Frauenmannschaften in <strong>de</strong>n Vereinen nicht genügend gekümmert<br />

wird“. 1274<br />

Er kritisierte diese Aufteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Ein Teil <strong><strong>de</strong>r</strong> Gigmannschaften<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen trainierte <strong>für</strong> die Regatten im Sommer, ein an<strong><strong>de</strong>r</strong>er <strong>für</strong> die im<br />

Herbst. Er empfahl, Rennbootrennen auf <strong>de</strong>n Sommerregatten zu belassen,<br />

die Gigrennen aber auf <strong>de</strong>n Herbst zu verschieben. Nur so sei eine ange-<br />

messene Beteiligung in bei<strong>de</strong>n Klassen zu gewährleisten. Er beschrieb die<br />

Situation Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre: „In je<strong><strong>de</strong>m</strong> Falle aber ergibt es sowohl im<br />

Sommer wie im Herbst durchweg schwache Fel<strong><strong>de</strong>r</strong> und damit weniger inte-<br />

ressante Rennen.“ 1275<br />

Trotz diverser Versuche, die Wettkampfaktivitäten zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n, unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em<br />

durch die Einrichtung selbstständiger Frauenregatten und die Zusammenle-<br />

gung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennen auf <strong>de</strong>n Herbst, setzte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Abwärtstrend weiter fort.<br />

1956 fielen 31 von 72 Rennen im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aufgrund mangeln<strong><strong>de</strong>r</strong> Mel-<br />

dungen aus. 1276 Auch das DMR <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen war von dieser negativen Ent-<br />

wicklung betroffen. 1952 gingen noch sechs Doppelvierer an <strong>de</strong>n Start, aber<br />

weniger Einer und Doppelzweier. Ein Jahr später mel<strong>de</strong>ten zwar sechs<br />

Einerfahrerinnen, aber weniger Doppelzweier und Doppelvierer. 1277<br />

Der Abwärtstrend konnte bis Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre nicht gestoppt wer<strong>de</strong>n. Die<br />

Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong> sind zunächst im Desinteresse <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen am regelmä-<br />

ßigen Trainingsbetrieb zu suchen. Erschwerend wirkten sich aber auch die<br />

ablehnen<strong>de</strong> Haltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er und <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s aus. Immer noch be-<br />

stehen<strong>de</strong> medizinische Be<strong>de</strong>nken und eine unbefriedigen<strong>de</strong> Materialsituation<br />

taten ihr Übriges, um die Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zu verlangsa-<br />

men.<br />

Bruhns äußerte sich hierzu: „Der Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stand o<strong><strong>de</strong>r</strong> vielmehr das mangeln<strong>de</strong><br />

Verständnis <strong>für</strong> das Frauenrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist ein Grund mit <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Rückgang<br />

auf diesem Gebiet.“ 1278<br />

In <strong>de</strong>n 50er Jahren dominierte immer noch die Meinung, dass Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein<br />

Sport sei, <strong><strong>de</strong>r</strong> Männern vorbehalten sei:<br />

1274<br />

Ebenda.<br />

1275<br />

Ebenda.<br />

1276<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 107.<br />

1277<br />

Vgl. ebenda.<br />

1278<br />

N. BRUHNS, „Wie för<strong><strong>de</strong>r</strong>n wir das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 6(1956)7, S. 193.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 312<br />

„Weil das ein Sport ist, <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen einfach nicht zu Gesicht steht.<br />

Er ist unweiblich. Die Damen bekommen grotesk starke Arm- und<br />

Beinmuskeln. Wir haben zwar in unserem Club einen Doppelvierer<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Deutsche Meisterschaft gewann. Aber unsere<br />

eigenen Freundinnen sind keine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen!“ 1279<br />

Diese Ansicht teilte auch <strong><strong>de</strong>r</strong> damalige DRV-Vorsitzen<strong>de</strong> Wülfing: „Man kann<br />

verschie<strong>de</strong>ner Meinung über die Frage sein, ob Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch Rennru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n unbedingt mit sich bringen muss.“ 1280 Diese Haltung Wülfings kann<br />

stellvertretend <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRV gesehen wer<strong>de</strong>n. Die Maßnahmen <strong>de</strong>s Verban-<br />

<strong>de</strong>s hemmten die Entwicklung <strong>de</strong>s Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns entschei<strong>de</strong>nd. So wur<strong>de</strong>n<br />

beispielsweise Frauenrennen häufig nur als Einlagewettbewerbe im Haupt-<br />

programm <strong><strong>de</strong>r</strong> Herren durchgeführt. Erst ab 1956 wur<strong>de</strong> vom DRV festgelegt,<br />

dass diese Rennen in das Hauptprogramm zu integrieren waren.<br />

Immerhin wur<strong>de</strong> das DMR <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen und Männer von 1948 bis 1953 ge-<br />

meinsam veranstaltet. Der UAF hatte die <strong>Aus</strong>tragung an einem Ort immer<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, da nur auf diese Weise das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit wahrgenommen wer<strong>de</strong>n konnte. Der<br />

VA zog <strong>de</strong>n Beschluss ohne Nennung von Grün<strong>de</strong>n allerdings zurück, so<br />

dass das DMR von 1954 bis 1955 wie<strong><strong>de</strong>r</strong> getrennt durchgeführt wur<strong>de</strong>. Erst<br />

1956 fan<strong>de</strong>n die Meisterschaften wie<strong><strong>de</strong>r</strong> an einem Ort statt. Schumann be-<br />

merkte, dass die anfängliche Trennung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport schlichtweg<br />

ein „Ärgernis“ 1281 darstellte. Dennoch muss festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass diese<br />

Maßnahme als Anerkennung <strong>de</strong>s Frauenrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns durch einen männlich-<br />

dominierten Verband gewertet wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Medizinische Vorurteile<br />

Ein an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Grund <strong>für</strong> die geringe Beteiligung auf Regatten waren die immer<br />

noch bestehen<strong>de</strong>n medizinischen Vorurteile gegenüber <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauenrenn-<br />

sport. Die Einführung <strong>de</strong>s Gesundheitspasses sollte diesen Vorbehalten ent-<br />

gegenwirken. Die Bescheinigungen waren <strong>für</strong> ein Kalen<strong><strong>de</strong>r</strong>jahr gültig und<br />

mussten zweimal jährlich in Nachuntersuchungen bestätigt wer<strong>de</strong>n. Die da-<br />

malige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s UAF, Lehmann, erhoffte sich von <strong><strong>de</strong>r</strong> damit verbun-<br />

<strong>de</strong>nen sportärztlichen Untersuchung eine weitere Aufwertung <strong>de</strong>s<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports im DRV. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> äußerte sie sich zuversichtlich, dass<br />

1279 BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 123.<br />

1280 W. WÜLFING, „Zur Son<strong><strong>de</strong>r</strong>nummer Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 74(1956)7, S. 191.<br />

1281 E. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. U II.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 313<br />

durch die Passpflicht mehr Sportlerinnen das Regattatraining fortsetzten. Bis<br />

dahin hatten viele Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aufgrund von gesundheitlichen Proble-<br />

men im Training <strong>de</strong>n Sport aufgegeben. Der Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport, so Lehmann<br />

weiter, scha<strong>de</strong> sich ohne eine Passpflicht nur selbst, <strong>de</strong>nn „daß wir mit sol-<br />

cher Leichtfertigkeit <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n – und insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong><strong>de</strong>m</strong> Wettkampf-<br />

sport – nicht dienen, liegt klar auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Hand.“ 1282 Erste Pflicht war daher eine<br />

ärztliche Untersuchung <strong>für</strong> Renn- und Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen.<br />

Obwohl die Passpflicht bereits ab 1956 sowohl <strong>für</strong> Renn- als auch <strong>für</strong> Stilru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>innen obligatorisch war, kritisierte Prof. Noack noch 1962 das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

aus medizinischer Sicht. Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong>für</strong> Frauen als Wasserwan<strong><strong>de</strong>r</strong>n und<br />

<strong>Aus</strong>gleichssport sei zwar durchaus positiv zu bewerten, 1283 aus sportmedizi-<br />

nischer Sicht hege er dagegen Be<strong>de</strong>nken bezüglich <strong>de</strong>s Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, „da es<br />

sich hierbei um einen ausgesprochenen Kraftsport han<strong>de</strong>lt“. 1284 Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

schädigend waren nach Noack die Schläge und Zerrungen <strong>de</strong>s Leibes durch<br />

<strong>de</strong>n Riemen, wenn dieser „unrichtig mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Wasser in Berührung kommt<br />

(‘sogenanntes Krebsefangen’)“. 1285<br />

Des Weiteren seien Schädigungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bauchorgane durch die „Pressat-<br />

mung“ aufgetreten. Noack führte an, dass bei <strong><strong>de</strong>m</strong> schwachen Beckenbo<strong>de</strong>n<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frau dies zu einer „Eingewei<strong>de</strong>senkung und einer Senkung <strong><strong>de</strong>r</strong> inneren<br />

Genitalorgane“ 1286 führen könne, was auch schon bei einer jungen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in<br />

beobachtet wor<strong>de</strong>n sei. Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n waren seiner Meinung<br />

nach die einzig wahren Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Disziplinen <strong>für</strong> Frauen.<br />

Barrelet wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprach diesen Ansichten und stellte heraus, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Leis-<br />

tungssport selbst bei größten Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen nicht <strong><strong>de</strong>m</strong> weiblichen Körper<br />

scha<strong>de</strong>t. Im Gegenteil: Die bekannten positiven Werte von Training und<br />

Wettkampf machen sich bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau wie beim Manne sowohl in gesundheit-<br />

licher wie in charakterlicher Hinsicht bemerkbar. 1287<br />

Ihr war außer<strong><strong>de</strong>m</strong> wichtig, eine gute Atmosphäre herzustellen. Je<strong>de</strong> Ver-<br />

krampfung und Verbissenheit war zu vermei<strong>de</strong>n und die Freu<strong>de</strong> am Training<br />

durfte nach Barrelet nicht verloren gehen. Die negativen Beispiele aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

1282<br />

G. LEHMANN, „Der Gesundheitspaß <strong>für</strong> Frauen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 74(1956)7, S. 191.<br />

1283<br />

H. NOACK, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aus ärztlicher Sicht“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 80(1962)1, S. 1.<br />

1284<br />

Ebenda.<br />

1285<br />

Ebenda.<br />

1286<br />

Ebenda.<br />

1287<br />

Vgl. S. BARRELET, „Frau und Leistungssport“, in : Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 77(1959)13, S. 224.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 314<br />

Medizin ließ sie nicht als Argumente gelten, da sich sowieso nur solche<br />

Frauen <strong><strong>de</strong>m</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport widmeten, die „dazu nach Konstitution und Wil-<br />

lensveranlagung geeignet“ 1288 sind. Thekla Köhler, eine ehemalige Rennru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>in und Trainerin, unterstützte Barrelet: Frauen wüssten selbst, wie viel sie<br />

sich zumuten könnten: Ein Mensch kann nur soviel geben und leisten, „als er<br />

aufgrund seiner vorhan<strong>de</strong>nen körperlichen und physischen [sic!] Kräfte von<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Natur aus mitbekommen hat.“ 1289 Trainieren heißt, diese Fähigkeiten<br />

entwickeln und bis zur äußersten Grenze zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Obwohl viele Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er diese Ansichten teilten, hielten sich<br />

die Zweifel an <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Leistungsfähigkeit hartnäckig. Es sollte bis<br />

1975 dauern, bis alle Be<strong>de</strong>nken ausgeräumt waren. Erst in jenem Jahr wur-<br />

<strong>de</strong> die Passpflicht <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, die auf einer DRV-Regatta starten wollten,<br />

abgeschafft. Für Juniorinnen und Junioren bestand sie nach wie vor.<br />

Weiterhin problematisch und ein weiterer Grund <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Rückgang im Renn-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong>de</strong>n 50er Jahren war die Tatsache, dass viele Schülerinnen nach<br />

Beendigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schulzeit das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ganz aufgaben. 1290 Bruhns erwähnte<br />

in diesem Zusammenhang auch die engere Bindung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen an das El-<br />

ternhaus. Die Familie nehme einen großen Teil im Leben <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen ein. 1291<br />

Das Frauenbild <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre unterstütze die Meinung, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Hochleistungssport nicht <strong>für</strong> Frauen geeignet sei. Ihrer Rolle entsprechend<br />

widmeten sie sich in <strong>de</strong>n meisten Fällen nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Heirat ihrer Familie und<br />

ihren Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 1292 Die zufrie<strong>de</strong>n stellen<strong>de</strong>n Mel<strong>de</strong>zahlen im Juniorinnen-<br />

Rennbereich konnten in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Alters- respektive Leistungsklassen<br />

nicht aufrechterhalten wer<strong>de</strong>n. 1293<br />

In diesem Zusammenhang muss die Einteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in die Klas-<br />

sen „Seniorin“ und „Eliteru<strong><strong>de</strong>r</strong>in“ angesprochen wer<strong>de</strong>n. Erst ab 1970 wur<strong>de</strong>n<br />

Senior-Frauen-Wettbewerbe ausgeschrieben. Ab 1974 galt als Seniorin, wer<br />

noch nicht acht Siege auf einer klassifizieren<strong>de</strong>n Regatta errungen hatte. Die<br />

Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Siege war 1973 von sechs auf acht angehoben wor<strong>de</strong>n, da auf-<br />

grund <strong><strong>de</strong>r</strong> Vielzahl an DRV-Regatten zu viele Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zu schnell in die<br />

1288<br />

Ebenda.<br />

1289<br />

T. KÖHLER, „Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 79(1961)5, S. 72.<br />

1290<br />

Vgl. C. HEß, „Sinn und Aufgabe“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 85(1967)1, S. 2.<br />

1291<br />

Vgl. BRUHNS, „Wie för<strong><strong>de</strong>r</strong>n wir das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n?“, S. 192.<br />

1292<br />

Vgl. ebenda.<br />

1293<br />

Vgl. E. SCHUMANN, „Wettkampfru<strong><strong>de</strong>r</strong>n von 1959 – 1968“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 87(1969)8, S.<br />

232.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 315<br />

höchste Klasse aufgestiegen waren, die dann bei internationalen Wettkämp-<br />

fen meist das Nachsehen hatten. 1294 Allerdings ist dies auch auf die späte<br />

Teilnahme von Frauen an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen<br />

zurückzuführen. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik wur<strong>de</strong> diese Einteilung bis Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

80er Jahre beibehalten. Seit<strong><strong>de</strong>m</strong> existiert die Differenzierung in Senioren A<br />

und B <strong>für</strong> Frauen und Männer. 1295<br />

Bootsmaterial<br />

Auch fehlen<strong>de</strong>s und nicht geeignetes Bootsmaterial muss als Ursache <strong>für</strong> die<br />

geringe Teilnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen am Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n herangezogen wer<strong>de</strong>n. Ins-<br />

gesamt stan<strong>de</strong>n nach <strong><strong>de</strong>m</strong> En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges zu wenige Renn-<br />

boote zur Verfügung. Die Entwicklung und Einführung <strong>de</strong>s C-Gigbootes<br />

brachte zumin<strong>de</strong>st eine Entspannung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage. 1296 Obwohl in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zwischen-<br />

zeit technische Neuerungen im Bootsbau entwickelt wor<strong>de</strong>n waren, wur<strong>de</strong>n<br />

fast nur <strong>für</strong> die Männer gute Boote gekauft. 1297 Dies traf vor allem <strong>für</strong> ge-<br />

mischte Vereine zu.<br />

<strong>Aus</strong>bildung und Training<br />

Ebenfalls wur<strong>de</strong> die schlechte <strong>Aus</strong>bildung <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainer und Betreuer in <strong>de</strong>n<br />

Vereinen bemängelt. Im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war sie „aber wohl die Kernfrage<br />

1294 R. HAMM, „Klasseneinteilung <strong>für</strong> Männer und Frauen – international“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

94(1976)4, S. 67. Es muss hier zwischen nationaler und internationaler Klassifizierung<br />

unterschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Auf internationaler Ebene konnte eine Klassifizierung nur dann<br />

erfolgen, wenn die Streckenlänge 1.500m bis 2.000m betrug. Da die Frauenrennen nur<br />

über 1.000m ausgetragen wur<strong>de</strong>n, galt diese Regel nicht <strong>für</strong> diese Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Somit<br />

wur<strong>de</strong>n nur die nationalen Regatten als Klassifizierung gewertet. Da die letzten Europameisterschaften<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen vor <strong><strong>de</strong>r</strong> erneuten Einführung 2007 1973 stattfan<strong>de</strong>n und die<br />

ersten Weltmeisterschaften 1974 veranstaltet wur<strong>de</strong>n, konnten nur die DRV-Regatten<br />

gewertet wer<strong>de</strong>n, da <strong><strong>de</strong>r</strong> Stichtag <strong><strong>de</strong>r</strong> 1. Januar war. Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er hatten an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Möglichkeiten.<br />

Die FISA ermöglichte <strong>de</strong>n Aufstieg <strong>de</strong>s Senior-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ers in die Elite-Klasse<br />

sofern dieser einen <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten drei Plätze auf Welt- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Kontinentalmeisterschaften, auf<br />

FISA-Meisterschaften <strong>für</strong> Leichtgewichte o<strong><strong>de</strong>r</strong> bei Olympischen Spielen belegt hatte.<br />

1295 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Ingrid Dieterle am 27. 11. 2008.<br />

1296 Ziel war es, ein leichtes und günstiges Gigboot auf <strong>de</strong>n Markt zu bringen. In erster Linie<br />

wur<strong>de</strong> das C-Gigboot <strong>für</strong> Frauen und Jugendliche konzipiert. Voraussetzung <strong>für</strong> eine<br />

Klassifizierung als C-Gigboot waren eine glatte Außenhaut, ein Außenkiel und eine<br />

durchlaufen<strong>de</strong> obere Bootskante. Die Klinkerbauweise wur<strong>de</strong> nicht mehr angewandt. Sie<br />

ist allerdings auch bei Verwendung von festerem Material (Sperrholz, Aluminium o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Werkstoffen) nicht erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich. Heute erfreuen sich die C-Boote großer Beliebtheit. Sie<br />

wer<strong>de</strong>n von vielen Werften in unterschiedlicher <strong>Aus</strong>stattung hergestellt. So bietet beispielsweise<br />

die Bootswerft Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>werkstatt C-Line Boote in <strong>de</strong>n Bereichen Freizeit,<br />

Training, Classic Carbon und High Performance an. Vgl. [ohne Verfasser], „C-Line Boote“,<br />

in: http://www.ru<strong><strong>de</strong>r</strong>werkstatt.eu/32/C-Line_Boote.html, Zugriff am 9. November<br />

2008.<br />

1297 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 118.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 316<br />

überhaupt und hat ohne Zweifel mit zu <strong><strong>de</strong>m</strong> beklagten allgemeinen Rück-<br />

gang beigetragen.“ 1298<br />

Ein Vergleich <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmerzahlen ver<strong>de</strong>utlicht dieses Dilemma. 1959 konn-<br />

ten noch 1511 gestartete Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gezählt wer<strong>de</strong>n. Zwei Jahre später<br />

nahmen immerhin noch 1422 an Regatten teil, 1965 wur<strong>de</strong> mit 578 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen <strong><strong>de</strong>r</strong> Tiefstand erreicht. 1299<br />

Der UAF bemühte sich Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre verstärkt darum, das Rennru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n wie<strong><strong>de</strong>r</strong> attraktiver zu gestalten. Es dauerte allerdings knapp sechs Jah-<br />

re, bis sich erste Erfolge abzeichneten.<br />

Obwohl es auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampfebene bereits Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre gelang, die<br />

Rennen in das Hauptprogramm zu integrieren, konnten keine größeren Teil-<br />

nehmerfel<strong><strong>de</strong>r</strong> verzeichnet wer<strong>de</strong>n. Der DRV versuchte <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend<br />

durch die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootsklassen Einer und Doppelzweier sowie <strong>de</strong>n<br />

Verzicht auf Gigrennen, die doch immer häufiger ausfallen mussten, die<br />

Startmöglichkeiten zu erleichtern. Diese Maßnahmen zeigten erst Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

60er Jahre Wirkung.<br />

Durch die Intensivierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lehrgangsarbeit konnte Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre<br />

zunächst das Niveau <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>bildung angehoben wer<strong>de</strong>n. 1300 Dies umfasste<br />

nicht nur <strong>de</strong>n allgemeinen Trainingsbetrieb, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch die Betreuung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Trainingsru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Eva Sika, eine international erfolgreiche Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>in,<br />

vertrat die Meinung, dass schon aus finanziellen Grün<strong>de</strong>n die Gleichberech-<br />

tigung von Frauen und Männern nicht hinterfragt wer<strong>de</strong>n dürfte:<br />

„Die Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen müßten unter <strong>de</strong>n selben Bedingungen trainieren<br />

können wie die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er, und sie müßten ebensogute [sic!]<br />

Betreuer bekommen. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> Verein kassiert von <strong>de</strong>n weiblichen<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>n gleich hohen Betrag wie von <strong>de</strong>n Männern ein,<br />

wollen sie aber rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n so erhalten sie zumeist nur das abgelegte<br />

Bootsmaterial zum Trainieren.“ 1301<br />

Eine <strong>de</strong>utliche Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Situation gelang, als die Erkenntnisse <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Trainingswissenschaften im Kraftbereich auf <strong>de</strong>n Frauenrennbe-<br />

reich angewandt wur<strong>de</strong>n, was zu einer Erweiterung <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsmetho<strong>de</strong>n<br />

führte. Medizinische Vorbehalte wur<strong>de</strong>n nur noch vereinzelt geäußert, da vor<br />

1298<br />

BRUHNS, „Wie för<strong><strong>de</strong>r</strong>n wir das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n?“, S. 192.<br />

1299<br />

Vgl. SCHUMANN, „Wettkampfru<strong><strong>de</strong>r</strong>n von 1959 – 1968“, S. 232.<br />

1300<br />

Vgl. R. ZIEL, „Umfangreiches För<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsprogramm <strong>für</strong> Frauen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

82(1964)30, S. 682-683.<br />

1301<br />

E. SIKA, „Das wettkampfmäßige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 80(1962)4, S. 63.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 317<br />

allem die verbesserte <strong>Aus</strong>bildung im Einer als Element <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaftsbil-<br />

dung <strong>de</strong>n Kritikern jegliche Gegenargumente entzog. Zusätzlich wur<strong>de</strong> das<br />

Hanteltraining intensiviert. Letztlich veranlasste die Dominanz <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>n DRV zum Han<strong>de</strong>ln. Folglich wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauentraining mehr<br />

Aufmerksamkeit geschenkt und die Art sowie Intensität <strong>de</strong>s Wintertrainings<br />

neu gestaltet.<br />

So wur<strong>de</strong> das Krafttraining zum elementaren Bestandteil <strong>de</strong>s Wintertrainings.<br />

An dieser Stelle muss die Einführung <strong>de</strong>s Intervalltrainings 1302 genannt wer-<br />

<strong>de</strong>n, da sie das gesamte Trainingssystem im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport sowohl im Frauen-<br />

als auch im Männerbereich revolutionierte. Häufig wird Adam als Begrün<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Intervallmetho<strong>de</strong> im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport genannt. Adam und Erika Stöck entwi-<br />

ckelten etwa zeitgleich, jedoch unabhängig voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong>, eine Intervallme-<br />

tho<strong>de</strong> <strong>für</strong> das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>training. Die Trainerin <strong>de</strong>s Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Clubs<br />

nutzte als erste dieses Konzept im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport. Ihr Ansatz basierte auf Erfah-<br />

rungen, die sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtathletik gemacht hatte:<br />

„Der tschechische Läufer Emil Zatopek war <strong>für</strong> mich und <strong>für</strong> die<br />

mir selbst gestellte Aufgabe, eine Frauen-Wettkampfmannschaft<br />

meines Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>clubs vorzubereiten, <strong><strong>de</strong>r</strong> Mann, <strong>de</strong>ssen Trainingsweise<br />

mich anregte, sie auf unser Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>training zu übertragen.“<br />

1303<br />

Auf einer Trainertagung, an <strong><strong>de</strong>r</strong> sie als einzige Frau teilnahm, empfahl sie<br />

auch <strong>de</strong>n Männern diese Metho<strong>de</strong>: „Meine Herren, das wäre auch etwas <strong>für</strong><br />

Sie.“ 1304 Allerdings fan<strong>de</strong>n ihre Anregungen keine Anhänger. Der von Stöck<br />

nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Intervallmetho<strong>de</strong> trainierte Doppelvierer <strong>de</strong>s HRC konnte von 1951<br />

bis 1953 durchgängig das DMR gewinnen. Schumann hinterfragte die Grün-<br />

1302 Zum besseren Verständnis wird an dieser Stelle das Konzept <strong>de</strong>s Intervalltrainings vorgestellt.<br />

Das Intervalltraining diente vorrangig <strong><strong>de</strong>r</strong> Schulung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>dauer. Wur<strong>de</strong> nach<br />

bisheriger Methodik übertrainiert, das heißt über längere Strecken als die eigentliche<br />

Wettkampfstrecke, reduzierten sowohl Stöck als auch Adam die Kilometerleistung im<br />

Training. Die Strecken wur<strong>de</strong>n allerdings häufiger, mit höherer Schlagzahl und in höherem<br />

Tempo absolviert. Prinzipiell wur<strong>de</strong>n zwei Arbeitsweisen unterschie<strong>de</strong>n: das Fahrtspiel<br />

und das Intervallstreckentraining. Bei<strong>de</strong> dienten <strong><strong>de</strong>r</strong> Kreislaufanpassung, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Bewegungsgefühls, <strong>de</strong>s Tempogefühls, <strong><strong>de</strong>r</strong> Technik sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Muskelkraft<br />

und -ausdauer. Ziel <strong>de</strong>s Fahrtspiels war eine schnelle und vollständige Kreislaufanpassung.<br />

Das Intervallstreckentraining diente dagegen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>bildung <strong>de</strong>s<br />

Tempogefühls. Vgl. ADAM, „Die Entstehung <strong><strong>de</strong>r</strong> mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Trainingsformen“, S. 1-10.<br />

Ferner vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 151-<br />

152.<br />

1303 HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 80.<br />

1304 Ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 318<br />

<strong>de</strong>, warum die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>öffentlichkeit so wenig Notiz von dieser neuen Trai-<br />

ningsi<strong>de</strong>e nahm. Die Erfolge <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC-Mannschaft sprachen <strong>für</strong> sich, aber<br />

„lag es an <strong><strong>de</strong>r</strong> konservativen Haltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er? Spielte es am<br />

En<strong>de</strong> eine Rolle, daß sie ihre erfolgreichen I<strong>de</strong>en ‘nur’ anhand eines<br />

Frauen-Vierers <strong><strong>de</strong>m</strong>onstrieren konnte?“ 1305<br />

Adam selbst wies Stöck die Vorreiterrolle zu:<br />

„Den ersten in West<strong>de</strong>utschland bekannt gewor<strong>de</strong>nen Versuch einer<br />

Übertragung <strong>de</strong>s Intervallprinzips aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtathletik auf<br />

das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>training unternahm Frau Gerda [sic!] Stöck, die Gattin<br />

<strong>de</strong>s Olympiasiegers im Speerwerfen von 1936, mit Hamburger<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen.“ 1306<br />

Stöck und Adam plädierten <strong>für</strong> „harte und kompromißlose Trainingsmetho-<br />

<strong>de</strong>n“. 1307 Adams Grundsatz „Technik bringt Meter – Kondition und Kraft brin-<br />

gen Längen“ 1308 galt als Prämisse <strong>für</strong> die neuen Trainingsmetho<strong>de</strong>n im<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport. Stöck hingegen achtete konsequent auf die Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Technik ihrer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Neben <strong>de</strong>n Starts, Sprints und Strecken, die geru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>n, feilte sie die Technik aus. Als Ästhetin hatte sie neben <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Stoppuhr in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hand „stets auch ein ‘Bild’ <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaft vor Augen, das es<br />

zu vervollkommnen galt.“ 1309<br />

Ab 1968 stand mit Boris Ulrich erstmals ein Verbandstrainer <strong>für</strong> die Frauen<br />

zur Verfügung. 1310 Er übernahm diesen Posten ehrenamtlich. Ulrich führte<br />

regelmäßige Sichtungslehrgänge und gemeinsame Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>trainingslager <strong>für</strong><br />

die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationalmannschaft durch. Die Trainingsmetho<strong>de</strong>n <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Frauenbereich, zum Beispiel auch die Übernahme <strong>de</strong>s Intervalltrainings,<br />

wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n verantwortlichen Trainern in Kooperation mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>aka-<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong>ie Ratzeburg koordiniert. Wie etliche an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Trainer hielt auch Adam die<br />

Übernahme <strong>de</strong>s Trainingsprogramms <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer generell <strong>für</strong> möglich. Die<br />

Einschränkung lautete allerdings: „Man wird sich nur überlegen müssen, in<br />

welchem Umfang man bei <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen die Belastung abän<strong><strong>de</strong>r</strong>t.“ 1311<br />

1305<br />

Ebenda.<br />

1306<br />

Ebenda.<br />

1307<br />

Ebenda, S. 81.<br />

1308<br />

UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 210.<br />

1309<br />

HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 80.<br />

1309<br />

Ebenda.<br />

1310<br />

Vgl. I. DIETERLE, „Das letzte Jahrzehnt“ – Eine nicht ganz unbefangene Geschichtsklitterung<br />

zum Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 87(1969)8, S. 228-229.<br />

1311<br />

HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 82.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 319<br />

Adam war diesbezüglich anfänglich sehr vorsichtig: „Ich kann Ihnen nicht<br />

sagen, was Sie übernehmen können, das müssen Sie selbst erarbeiten“. 1312<br />

Er könne nur versuchen, Anregungen zu geben.<br />

Stöck for<strong><strong>de</strong>r</strong>te eine gezielte Werbung, um große, muskulöse Frauen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport zu gewinnen, da die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ihrer Meinung nach bislang zu<br />

klein und zu leicht gewesen waren, um auf internationaler Ebene bestehen<br />

zu können. 1313 Adam empfahl gera<strong>de</strong> <strong>für</strong> die körperlich benachteiligten Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen nicht zu schwere Arbeit an <strong><strong>de</strong>r</strong> Hantel. Kraftschulung <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

könnte, so Adam, nur Erfolg bringen, wenn Spaß an <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit geweckt und<br />

diese möglichst abwechslungsreich gestaltet wer<strong>de</strong>. Die Arbeit am Schwe-<br />

bebalken sei <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen genauso nützlich wie Kniebeugen in Fünferse-<br />

rien mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Hantel im Nacken und 15kg Anfangsbelastung. Ergänzend dazu<br />

eigneten sich Seilspringen, Medizinball, Arbeit an <strong><strong>de</strong>r</strong> Sprossenwand und<br />

Strecksprünge mit 10kg Belastung. 1314 Das Trainingszentrum in Ratzeburg<br />

wur<strong>de</strong> außer<strong><strong>de</strong>m</strong> mit zusätzlichen Frauenrennbooten ausgestattet, um best-<br />

mögliche Bedingungen zu schaffen. 1315<br />

Dieterle begrüßte die positive Entwicklung und die Einbindung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen in die Arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ie. In diesem Zusammenhang stellte sie<br />

fest, dass es „irgendwo im Organismus <strong>de</strong>s DRV-Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns ‘geknackt’<br />

haben“ 1316 müsse. Alle Verantwortlichen waren sich einig, dass die Abstim-<br />

mung <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsmetho<strong>de</strong>n und -programme, die Bildung von Trainings-<br />

schwerpunkten sowie die Einführung <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns vorrangig<br />

behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n mussten. Diese Ziele waren eng verbun<strong>de</strong>n mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Prä-<br />

misse, eine Übereinstimmung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik aller Athletinnen zu errei-<br />

chen. Es sollte <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg geebnet wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong> eine „mühelose Bildung einer<br />

Nationalmannschaft aus Einzelru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen.“ 1317 Der Einer war ein wichtiges<br />

Trainingsgerät in <strong>de</strong>n 70er Jahren. Adam sprach sich <strong>für</strong> eine weitere För<strong>de</strong>-<br />

rung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns aus und for<strong><strong>de</strong>r</strong>te, dass in <strong>de</strong>n Vereinen <strong><strong>de</strong>r</strong> Schwer-<br />

punkt auf <strong>de</strong>n Kleinbooten liegen sollte. Die Zusammensetzung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Großboote, so Adam, sei nur sinnvoll „mit gleichstarken ‘Bausteinen’, <strong>de</strong>nn<br />

1312<br />

E. GROSSMANN, „Ein würziger Intervall-Cocktail“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 81(1963)3, S. 41.<br />

1313<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 123.<br />

1314<br />

Vgl. GROSSMANN, „Ein würziger Intervall-Cocktail“, S. 41.<br />

1315<br />

Vgl. HARDER, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, S. 94.<br />

1316<br />

I. DIETERLE, „Dämmerung im Leistungssport <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen? o<strong><strong>de</strong>r</strong>: vom abendlichen<br />

Trainer-round-table zu einem ‘neuen Morgen’?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 87(1969)1, S. 4.<br />

1317<br />

Ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 320<br />

je<strong>de</strong> Mannschaft ist meist so stark wie ihr schwächster ‘Baustein’“. 1318 Er sah<br />

das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n insgesamt auf einem guten Weg, for<strong><strong>de</strong>r</strong>te aber konse-<br />

quent die Umsetzung dieser Trainingsphilosophie ein und ermahnte die Ver-<br />

eine, eigene Interessen zu Gunsten <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s zurückzustellen, da<br />

immer noch talentierte Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er unter ihrem Niveau ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n,<br />

weil die Vereine ihnen keine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Möglichkeit bieten. 1319<br />

Ab 1965 stabilisierte sich die Lage im Frauenrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>bereich und die An-<br />

zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Starts bei Regatten und <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Training nahm langsam<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zu. Erste positive Ergebnisse lassen sich auf das „Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen“ 1969 datieren. Dieses brachte nicht nur <strong>de</strong>n erhofften Imagegewinn,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit auch konstant zufrie<strong>de</strong>n stellen<strong>de</strong> Teilnehmerfel<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

So starteten beispielsweise im „Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“ 923 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im<br />

Rennbereich. Sieben Jahre später waren es immerhin noch 664. 1320 Bereits<br />

1966 führte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV die Eichkranzrennen <strong>für</strong> Frauen ein. 1321 Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Senior-B-Altersklasse ermittelten ihre Meister im Einer, Doppelzweier<br />

und Doppelvierer mit Steuermann. Die Streckenlänge betrug 1.000m. Als<br />

Initiatorin <strong><strong>de</strong>r</strong> Eichkranzrennen <strong>für</strong> Frauen muss Schumann angesehen wer-<br />

<strong>de</strong>n. Sie nutzte ihre Position im Ressort Wettkampfwesen, um die Startmög-<br />

lichkeiten <strong>für</strong> Frauen zu erweitern, <strong>de</strong>nn „was bei <strong>de</strong>n Männern Tradition<br />

gewor<strong>de</strong>n ist, sollte <strong>de</strong>n Nachwuchsmannschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen nicht übel an-<br />

stehen“. 1322 Die Einführung <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtgewichtsren-<br />

nen trugen ebenfalls zur Stabilisierung <strong>de</strong>s Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns bei.<br />

Der Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre war geprägt durch diese Neuerungen. Gig-<br />

Rennen wur<strong>de</strong>n gar nicht mehr ausgeschrieben. Im Rahmen <strong>de</strong>s DMR wur-<br />

<strong>de</strong>n erstmalig Titel im Frauen-Vierer mit Steuermann, Frauen-Zweier und im<br />

Juniorinnen-Leichtgewichts-Einer vergeben. Viele ehemalige Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

begannen mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>training, da auf <strong>de</strong>n DRV-Regatten vermehrt<br />

Leichtgewichtsrennen angeboten wur<strong>de</strong>n. Die Gewichtsbegrenzung hat sich<br />

1318 Ebenda, S. 105.<br />

1319 Vgl. Ebenda.<br />

1320 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 108.<br />

1321 Die Eichkranzrennen wur<strong>de</strong>n erstmalig 1936 ausgetragen. Der Hamburger und Germania<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club veranstalte diese Regatta im Rahmen seiner Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>tjahrfeier. Bis heute<br />

ermitteln dabei alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er ihre Meister im Senior-B-Bereich.<br />

1322 E. SCHUMANN, „Ein Novum – Eichkranz-Rennen <strong>für</strong> Frauen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 84(1966)18,<br />

S. III.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 321<br />

seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung 1970 nicht verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t. 1323 Frauen dürfen nicht mehr als<br />

59kg wiegen. In Mannschaftsbooten liegt die Höchstgrenze <strong>für</strong> das zulässige<br />

Durchschnittsgewicht bei 57kg. Für Indoor-Veranstaltungen, die auf einem<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Ergometer bestritten wer<strong>de</strong>n, liegt die Grenze bei 61kg.<br />

Schumann machte <strong>de</strong>utlich, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfang in <strong>de</strong>n neuen Bootsklassen<br />

Geduld erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>te, das Angebot an Rennen war beschei<strong>de</strong>n. Grund da<strong>für</strong><br />

waren zum Beispiel die Regatta-<strong>Aus</strong>schreibungen <strong>für</strong> 1970, die schon vor<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Zulassung dieser Klassen in Druck gegeben wor<strong>de</strong>n waren. 1324 Die Ver-<br />

anstalter konnten <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend nicht mehr auf die Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen rea-<br />

gieren. Der Frauen-Zweier war im Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung 1970 nur auf <strong>de</strong>n<br />

<strong>Deutschen</strong> Meisterschaften ausreichend besetzt. Gleiches galt <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Junio-<br />

rinnen-Leichtgewichts-Einer. Erstaunlicherweise wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen-<br />

Leichtgewichts-Einer erst seit 1984 ausgefahren. Von zehn ausgeschriebe-<br />

nen DRV-Leichtgewichtsrennen im Einer und im Doppelzweier <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen<br />

kamen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangssaison lediglich fünf zu Stan<strong>de</strong>. 1325<br />

Das internationale Leistungsniveau wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n 70er Jahren von Athletin-<br />

nen östlicher Nationen und maßgeblich von DRSV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen vorgegeben.<br />

Die breitere Basis im Frauenrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ermöglichte zunächst im Doppelvie-<br />

rer die Bildung einer A- und B-Nationalmannschaft. Die Bemühungen um <strong>de</strong>n<br />

Aufbau starker Mannschaften <strong>für</strong> internationale Aufgaben waren abhängig<br />

von strukturellen Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. Langfristige Ziele beinhalteten zum einen<br />

die systematische Verringerung <strong>de</strong>s Durchschnittsalters. Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en sollte<br />

die For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung erfüllt wer<strong>de</strong>n, eine Aufnahme in die Nationalmannschaft an<br />

körperliche Min<strong>de</strong>stanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen, wie Körpergröße und Gewicht, zu bin-<br />

<strong>de</strong>n. 1326<br />

Die neuen Strukturen im Leistungssport <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen führten verstärkt zu in-<br />

ternationalen Vergleichsmöglichkeiten. Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre fan<strong>de</strong>n ver-<br />

mehrt Regatten mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en westlichen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n statt. 1971 kam es zum<br />

ersten Län<strong><strong>de</strong>r</strong>vergleich zwischen Deutschland und Frankreich. Ein Jahr spä-<br />

ter folgte ein Dreilän<strong><strong>de</strong>r</strong>kampf zwischen <strong>de</strong>n Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lan<strong>de</strong>n, Frankreich und<br />

Deutschland. Har<strong><strong>de</strong>r</strong> untersuchte Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre die Erfolge <strong><strong>de</strong>r</strong> Eli-<br />

1323<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Ingrid Dieterle am 27. 11. 2008.<br />

1324<br />

Vgl. HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 100.<br />

1325<br />

Vgl. ebenda.<br />

1326<br />

Vgl. K. ULRICH, „Eine klare Grundkonzeption“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 87(1969)31, S. 710.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 322<br />

teru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und kam zu <strong><strong>de</strong>m</strong> Schluss, dass trotz <strong>de</strong>s konstant guten Ab-<br />

schnei<strong>de</strong>ns auf internationalen Regatten und gewonnener Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kämpfe die<br />

Leistungsspitze insgesamt zu dünn besetzt war. 1327 Den Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

aber wur<strong>de</strong> erstmalig mehr Aufmerksamkeit von Seiten <strong>de</strong>s DRV zuteil, was<br />

Har<strong><strong>de</strong>r</strong> kommentierte: „Es fiel in diesem Jahr beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s auf, daß die männli-<br />

chen Verbandskamera<strong>de</strong>n stolz auf die Leistungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen wa-<br />

ren.“ 1328<br />

Die Erfolge <strong><strong>de</strong>r</strong> letzten Jahre basierten auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainer. Allen voran<br />

ist Ulrich zu nennen, <strong><strong>de</strong>r</strong> beständig Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Mannschaften aufgebaut<br />

hatte. Im Zuge dieser positiven Entwicklung fan<strong>de</strong>n sich laut Har<strong><strong>de</strong>r</strong> viele, die<br />

sich <strong>für</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n interessierten. Allerdings sah sie die Erfolge<br />

durchaus kritisch, da eine langfristige Perspektive dieses einmal erreichte<br />

Niveau zu halten, ihrer Meinung nach nicht gegeben war. So saßen bei-<br />

spielsweise in <strong>de</strong>n Vierern beim DMR Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, die nicht das ganze Jahr<br />

trainiert hatten. Da <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband sich dazu entschlossen hatte, das Riemen-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n, bauten viele Vereine keine Frauen-Vierer mehr auf, da<br />

diese „ja doch wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zur Bildung <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationalmannschaft weggeschnappt<br />

wer<strong>de</strong>n“. 1329<br />

1973 kam es vorläufig zu <strong>de</strong>n letzten Europameisterschaften. 1330 Seit 1974<br />

wer<strong>de</strong>n Weltmeisterschaften <strong>für</strong> Frauen ausgetragen. Der DRV unterstützte<br />

die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Weg in <strong>de</strong>n internationalen Rennsport. För<strong><strong>de</strong>r</strong>maß-<br />

nahmen umfassten zum Beispiel Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>training, Langstrecken- und Klein-<br />

boottests, professionelle medizinische Betreuung und Bereitstellung von<br />

geeignetem Bootsmaterial. 1976 konnten erstmalig Frauen an Olympischen<br />

Spielen teilnehmen. Dieterle schrieb En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre, dass nicht Quanti-<br />

tät, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n durchgehend gute Qualität das Bild unserer Frauenmannschaf-<br />

ten <strong><strong>de</strong>r</strong> Eliteklassen bestimmte. 1331<br />

Nach wie vor waren die Leistungen im Skullbereich besser als im Riemenbe-<br />

reich. Rückblickend muss festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV die Entwick-<br />

lung im Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n „verschlafen“ hatte. Die späte Akzeptanz dieser<br />

Disziplin be<strong>de</strong>utete ein<strong>de</strong>utige Nachteile auf internationaler Ebene. Ebenfalls<br />

1327<br />

Vgl. I. HARDER, „Leistungssport <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 89(1971)32, S. 713.<br />

1328<br />

Ebenda.<br />

1329<br />

Ebenda.<br />

1330<br />

Vgl. die <strong>Aus</strong>führungen in Kap. 7.4 zu <strong>de</strong>n internationalen Meisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen.<br />

1331<br />

Vgl. I. DIETERLE, „Unsere Elite-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 96(1978)18, S. 453.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 323<br />

problematisch war die Streichung <strong>de</strong>s Juniorinnen-Zweiers aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Pro-<br />

gramm <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Jugend-Meisterschaften, so dass <strong><strong>de</strong>m</strong> Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Nachwuchs fehlte. 1332<br />

Ueberhorst stellte fest, dass die internationale Erfolgsbilanz von 1976 bis<br />

1982 rückläufig war. 1333 Einer <strong><strong>de</strong>r</strong> Grün<strong>de</strong> war, dass es <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV nicht ge-<br />

lang, die zahlenmäßig stark vertretenen Juniorinnen zu einer Fortsetzung<br />

<strong>de</strong>s Trainings in <strong>de</strong>n Frauenklassen zu bewegen. Eine Regattastatistik 1334 ,<br />

die von Eva Wehrheim 1983 veröffentlicht wur<strong>de</strong>, bestätigte diese Entwick-<br />

lung. Die erhobenen Zahlen von 1976 bis 1983 zeigen im Juniorinnen-<br />

Bereich einen Anstieg von 3561 auf 5989 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, was einer Zunahme<br />

von fast 70% entspricht. Im Frauenbereich lag <strong><strong>de</strong>r</strong> Zuwachs nur bei 40%.<br />

Auffallend war ein <strong>de</strong>utlicher Anstieg <strong><strong>de</strong>r</strong> Starts in <strong>de</strong>n Bootsklassen Einer<br />

und Doppelzweier, die sich zum Teil mehr als verdoppelt hatten. 1335 Seit<br />

1983 erfuhr beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s das Frauen-Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von Sei-<br />

ten <strong>de</strong>s DRV, so dass auch in dieser Disziplin positive Zahlen verzeichnet<br />

wer<strong>de</strong>n konnten. Perspektivisch erwartete <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV in dieser Disziplin eine<br />

weitere Zunahme. 1336 Die Zahlen im Riemenbereich hingegen gingen zurück,<br />

was Dieterles Analyse bestätigte. Im Riemenzweier und im Vierer mit Steu-<br />

ermann blieben die Teilnehmerfel<strong><strong>de</strong>r</strong> zwar weitgehend konstant, allerdings<br />

insgesamt zu klein.<br />

Die Regattabeteiligung bei <strong>de</strong>n Frauen ab <strong>de</strong>n 70er Jahren zeigt eine stei-<br />

gen<strong>de</strong> Ten<strong>de</strong>nz. Die folgen<strong>de</strong> Abbildung gibt <strong>Aus</strong>kunft über die gestarteten<br />

Boote bei Regatten von 1972 bis 1987 bei Frauen und Männern:<br />

1332 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 126.<br />

1333 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 162.<br />

1334 Vgl. E. WEHRHEIM, „Das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen – statistisch gesehen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

102(1984)27, S. 595.<br />

1335 Vgl. ebenda.<br />

1336 Vgl. ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 324<br />

Abb. 7: Gestartete Boote bei Männern und Frauen von 1970 bis 1987<br />

Während bei <strong>de</strong>n Frauen die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Boote gestiegen war, blieb die Anzahl<br />

bei <strong>de</strong>n Männern mit <strong>Aus</strong>nahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahre 1974 und 1985 konstant. 1337 Die<br />

Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen im DRV korrespondierte mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zunahme <strong><strong>de</strong>r</strong> gestarteten Boote in diesem Zeitraum. Im Elitebereich sah die<br />

Situation dagegen an<strong><strong>de</strong>r</strong>s aus. Nach <strong>de</strong>n Olympischen Spielen 1976 been-<br />

<strong>de</strong>ten viele Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ihre Karrieren. Im Vorfeld hatten sich beispielsweise<br />

alleine 15 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>scheidungsrennen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Frauenachter<br />

beteiligt. 1338 „1977 trainierten nur noch 26 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>für</strong> die Eliterennen,<br />

eine Achterbildung hielt man daher <strong>für</strong> utopisch.“ 1339<br />

1985 erhielten sowohl die Frauen als auch die Juniorinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Altersklasse A<br />

neue Bootsgattungen. Der Doppelvierer wird seit jenem Jahr ohne Steuer-<br />

mann gefahren. Dieser Schritt, <strong><strong>de</strong>r</strong> von <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA langfristig terminiert wur<strong>de</strong>,<br />

brachte eine weitere Annäherung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen-Disziplinen an die <strong><strong>de</strong>r</strong> Män-<br />

ner. 1340<br />

1337<br />

Vgl. VIEZENZ, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, S. 65.<br />

1338<br />

Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 126.<br />

1339<br />

Ebenda.<br />

1340<br />

Vgl. R. HAMM, „1985: Neue Bootsgattung <strong>für</strong> Frauen und Juniorinnen A“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

102(1984)31, S. 682.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 325<br />

Eine weitere Anpassung an das Männerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n erfolgte in <strong><strong>de</strong>r</strong> Streckenlänge.<br />

Nach langer Diskussion wur<strong>de</strong> ebenfalls 1985 die Rennstrecke <strong>für</strong> Frauen<br />

von 1.000m auf 2.000m verlängert. Im Juniorinnenbereich einigten sich die<br />

FISA-Delegierten auf 1.500m. Mitte und En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre war die Einfüh-<br />

rung <strong><strong>de</strong>r</strong> 2.000m Strecke noch fast einstimmig von Vertretern <strong><strong>de</strong>r</strong> westlichen<br />

Verbän<strong>de</strong> abgelehnt wor<strong>de</strong>n. Dies geschah allerdings nicht aus medizini-<br />

schen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n aus sozialen Grün<strong>de</strong>n. Dieterle fasste die Haltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ver-<br />

bän<strong>de</strong> zusammen:<br />

„Ganz klar ausgedrückt, man war sich im westlichen Lager einig,<br />

daß sich mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Streckenverlängerung wahrscheinlich auch <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Abstand zu <strong>de</strong>n bisher schon führen<strong>de</strong>n Mannschaften aus <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Osten vergrößern dürfte, da <strong><strong>de</strong>r</strong> hier<strong>für</strong> notwendig ansteigen<strong>de</strong><br />

Trainingsumfang von <strong>de</strong>n meisten unserer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus verschie<strong>de</strong>nen<br />

Grün<strong>de</strong>n nicht mehr absolviert wer<strong>de</strong>n kann.“ 1341<br />

Die FISA versprach sich von <strong>de</strong>n Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zum einen abwechslungsrei-<br />

chere Frauen- und Männerrennen. Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en sollte so <strong><strong>de</strong>r</strong> aufwendige<br />

Auf- und Abbau <strong><strong>de</strong>r</strong> Startbrücke <strong>für</strong> die Frauenrennen vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. 1342<br />

Allerdings erhofften sich die Verantwortlichen von <strong><strong>de</strong>r</strong> Verlängerung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Strecke auch eine Eindämmung <strong><strong>de</strong>r</strong> aufkommen<strong>de</strong>n Doping-Problematik. Die<br />

Überlegenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus <strong>de</strong>n Ostblockstaaten und <strong><strong>de</strong>r</strong>en äußeres<br />

Erscheinungsbild ließen vermehrt Zweifel an <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtmäßigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Leis-<br />

tungen aufkommen. Eine längere Rennstrecke hätte <strong>de</strong>n Vorteil, dass die<br />

<strong>Aus</strong>dauer- und nicht die Kraftleistung im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund stehen wür<strong>de</strong>. Rosie<br />

Mayglothing, englisches Mitglied <strong><strong>de</strong>r</strong> FISA-Frauenkommission, argumentierte<br />

daher:<br />

„It would make quite a difference if we had a longer course distance<br />

[for women to race] because of the physiology of taking steroids.<br />

By taking steroids, weight training can take place every day<br />

during winter to increase strength a lot faster and this provi<strong>de</strong>s the<br />

strength to <strong>de</strong>al with a 1000m course. If the course distance is increased<br />

the strength factor becomes less important and it then<br />

becomes an endurance race.“ 1343<br />

1341 I. DIETERLE, „Nationalmannschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 94(1976)34, S. 767.<br />

1342 Vgl. BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 128.<br />

1343 A. SCHWEINBENZ, Paddling Against the Current. A History of Women’s Competitive International<br />

Rowing Between 1954 and 2003, Submitted in partial fulfillment of the requirements<br />

for the <strong>de</strong>gree of Ph.D, School of Human Kinetics, The University of British<br />

Columbia, Canada 2006, S. 144.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 326<br />

Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre waren beim DRV Professionalisierungsansätze zu ver-<br />

zeichnen, nach<strong><strong>de</strong>m</strong> bei <strong><strong>de</strong>r</strong> WM in Luzern 1982 mit Rang 13 in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Nationenwertung ein absoluter Tiefpunkt erreicht war. Die Betreuungs- und<br />

Trainingssituation sowie die finanziellen Aufwendungen wur<strong>de</strong>n verbessert.<br />

Es formierten sich neue Trainingsgruppen. In Rauxel arbeitete beispielswei-<br />

se DRV-Bun<strong>de</strong>shonorartrainer Peter Jost mit jungen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an einem<br />

neuen Frauenachter. 1344 Diese Trainingsgemeinschaften sollten die Grundla-<br />

ge <strong>für</strong> weitere Erfolge in <strong>de</strong>n 90er Jahren darstellen. Kurzfristig waren diese<br />

Maßnahmen allerdings nicht umzusetzen. Trotz <strong>de</strong>s Boykotts <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympi-<br />

schen Spiele 1984 in Los Angeles von vielen Ostblock-Staaten gewann <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DRV bei <strong>de</strong>n Frauen lediglich eine Bronzemedaille im Zweier durch Ellen<br />

Becker und Iris Völkner.<br />

Die Beantwortung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage nach <strong><strong>de</strong>r</strong> perspektivischen Entwicklung <strong>de</strong>s<br />

west<strong>de</strong>utschen Frauenrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns auf <strong><strong>de</strong>r</strong> leistungssportlichen Basis En<strong>de</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre ist aus heutiger Sicht schwierig. Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong> dominierten DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen das internationale Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong>de</strong>n 90er Jahren, wobei Sportlerinnen aus <strong>de</strong>n neuen Bun<strong>de</strong>s-<br />

län<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Mehrheit darstellten. Insgesamt gelang es, vor allem in <strong>de</strong>n alten<br />

Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n, eine Basis von Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungssport zu schaf-<br />

fen. 1345<br />

7.1.3 Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre wur<strong>de</strong> das Thema Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bun<strong>de</strong>srepublik erneut kontrovers behan<strong>de</strong>lt. 1346 Pfeiffer blickte zurück und<br />

betonte, dass bereits in <strong>de</strong>n 20er und 30er Jahren Frauen in Riemenbooten<br />

ausgebil<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n:<br />

„Sie fuhren auch wacker ihre Rennen und man konnte darin Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten<br />

über tausend Kilometer in einem Sitz durchstehen. Das<br />

Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n hat ihnen so viel o<strong><strong>de</strong>r</strong> so wenig gescha<strong>de</strong>t wie das<br />

Skullen.“ 1347<br />

1344 Vgl. A. BOES, 1883-2008. 125 Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband. Eine Chronik <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns<br />

in Deutschland (= Son<strong><strong>de</strong>r</strong>ausgabe), in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 126(2008)5, S. 107.<br />

1345 G. FRISCHMUTH-MÜLLER, „Probleme und Chancen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 108(1990)7, S. 217.<br />

1346 In <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR wur<strong>de</strong> diese Diskussion nicht geführt. Frauen wur<strong>de</strong>n in Riemen- und Skullbooten<br />

ausgebil<strong>de</strong>t und trainiert. Bereits seit 1952 wur<strong>de</strong>n DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften<br />

im Vierer mit Steuermann ausgetragen. Nur ein Jahr später kam <strong><strong>de</strong>r</strong> Achter hinzu.<br />

1347 H. PFEIFFER, „Frauen im Riemenboot“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 77(1959)24, S. 443.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 327<br />

Der DRV und <strong><strong>de</strong>r</strong> UAF mussten sich mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage, ob Frauen in Riemenboo-<br />

ten ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sollen, auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen. Bereits 1951 beschloss die FISA,<br />

Frauenrennen im Vierer mit Steuermann und im Achter zuzulassen. Zwei<br />

Jahre später fan<strong>de</strong>n auf <strong><strong>de</strong>r</strong> internationalen Regatta im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer-<br />

EM die ersten Rennen in diesen bei<strong>de</strong>n Bootsklassen statt. <strong>Aus</strong>ländische<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, zum Beispiel aus England, Frankreich, Belgien und Skandinavi-<br />

en, trainierten zu diesem Zeitpunkt aufgrund <strong>de</strong>s Mangels an geeigneten<br />

Skullrennbooten bereits in Riemenbooten. Die <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen nah-<br />

men nur in <strong>de</strong>n Bootsklassen Einer, Doppelzweier und Doppelvierer teil, da<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DRV und <strong><strong>de</strong>r</strong> UAF das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ablehnten. Der UAF sperrte sich<br />

gegen diese Disziplin und verbot Starts im Riemenbereich prinzipiell. 1348<br />

Die damalige UAF-Vorsitzen<strong>de</strong> Ria Böbbis und ihre Nachfolgerin Gudrun<br />

Lehmann müssen aus heutiger Sicht als die Kritikerinnen <strong>de</strong>s Riemenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ns angesehen wer<strong>de</strong>n. Lehmann schrieb noch 1957, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

För<strong><strong>de</strong>r</strong>er <strong>de</strong>s Doppelvierers war: „Aber <strong>de</strong>shalb besteht doch keine Verpflich-<br />

tung, daß das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nun an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits <strong>für</strong> Frauen eingeführt wer<strong>de</strong>n<br />

muß.“ 1349 Selbst dann nicht, wenn die Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Län<strong><strong>de</strong>r</strong>vertretung<br />

nicht übernehmen wür<strong>de</strong>.<br />

Lehmann sprach in diesem Zusammenhang von <strong>de</strong>n Gesamt<strong>de</strong>utschen<br />

Meisterschaften, bei <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV <strong>für</strong> kein Riemenrennen mel<strong>de</strong>te, so<br />

dass alle Riemenbootsklassen vom DRSV besetzt wur<strong>de</strong>n.<br />

Sie vertrat nicht nur ihre persönliche Meinung, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch die <strong>de</strong>s UAF<br />

und <strong>de</strong>s DRV, wenn sie feststellte: „Der Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband lehnt <strong>de</strong>n<br />

Wettkampf <strong>für</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Riemenboot ab.“ 1350 Daher sollten alle Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>innen weiterhin im Wettkampf das Skullen betreiben. 1351 Dennoch wur<strong>de</strong><br />

auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1958 vom RC „Germania“ Düsseldorf <strong><strong>de</strong>r</strong> Antrag auf Ein-<br />

führung <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns <strong>für</strong> Frauen gestellt. Dieser scheiterte aller-<br />

dings. 1352 Lehmann kommentierte:<br />

1348<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 161.<br />

1349<br />

G. LEHMANN, „Die Frauen in Riemenbooten“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 75(1957)21, S. 454.<br />

1350<br />

Ebenda.<br />

1351<br />

Vgl. ebenda.<br />

1352<br />

BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 111.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 328<br />

„Nicht nur <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterausschuß Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nimmt dagegen Stellung,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen selbst und vor allem Trainer und<br />

Frauen-Rennmannschaften sind gegen <strong>de</strong>n Antrag.“ 1353<br />

Prinzipiell stützten sich die Kritiker <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns auf drei Behauptun-<br />

gen. An erster Stelle wur<strong>de</strong>n medizinische Be<strong>de</strong>nken gegen das Riemenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n vorgebracht. So gab beispielsweise <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutsche Sportärztebund<br />

bekannt, dass Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bei Mädchen und Frauen, sofern trainingsmä-<br />

ßig betrieben, zu morphologischen Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen führen kann. „Die un-<br />

symmetrische Körperarbeit sei auf Dauer schädigend, weil eine zu einseitige<br />

Verdrehung <strong>de</strong>s Rumpfes erfolgt.“ 1354<br />

Dies stand im klaren Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch zu <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong><strong>de</strong>r</strong> 1954 vom Interna-<br />

tionalen Sportärztebund durchgeführten Umfrage, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport in all<br />

seinen Facetten <strong>für</strong> Frauen als unbe<strong>de</strong>nklich eingestuft hatte. Die logische<br />

Konsequenz konnte nur heißen, alle Frauen von je<strong><strong>de</strong>m</strong>, äußersten Einsatz<br />

for<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Leistungssport auszuschließen. 1355<br />

Unterstützung erhielt Lehmann durch <strong>de</strong>n Arzt Hans Hoske. Dieser stellte<br />

fest, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> größere Kraftaufwand, <strong><strong>de</strong>r</strong> beim Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n seiner Meinung<br />

nach betrieben wer<strong>de</strong>n musste, von Frauen nicht zu leisten sei: „Die sehr viel<br />

geringere Kraft und Stabilität <strong>de</strong>s weiblichen Schultergürtels ist eine bekann-<br />

te Tatsache.“ 1356 Richtig ist, dass die Kraftentwicklung bei Frauen geringer<br />

ist, <strong>de</strong>nn Frauen haben im Vergleich zu Männern bei gleicher Größe etwa 20<br />

bis 25kg weniger Muskelmasse. Zu dieser Frage bemerkte Frauenbun<strong>de</strong>s-<br />

trainer Holtmeyer 2007:<br />

„Dass Frauen-Achter zwischen 20 und 30 Sekun<strong>de</strong>n langsamer<br />

sind, als ihre männlichen Pendants liegt eben einfach am größeren<br />

Druck hinter <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>blatt, <strong>de</strong>n die Männer aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Muskelmasse entwickeln können, physisch und von <strong><strong>de</strong>r</strong> Technik<br />

her gesehen, gibt es eher wenig Unterschie<strong>de</strong>.“ 1357<br />

An<strong><strong>de</strong>r</strong>e Kritiker merkten an, dass Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n selbst <strong>für</strong> Männer so an-<br />

strengend sei, dass sie zumeist völlig „ausgepumpt“ ins Ziel kämen. 1358 Die-<br />

1353 G. LEHMANN, „Frauen lehnen die Riemenboote ab“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 76(1958)7, S. 184.<br />

1354 G. LEHMANN, „Die Frauen in Riemenbooten“, S. 454.<br />

1355 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 161.<br />

1356 H. HOSKE, „Zur Frage <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 72(1954)25, S. 453.<br />

1357 A. BOES, „Frauen-Achter – irgendwie das richtige Leben. Wie es funktioniert, was es<br />

for<strong><strong>de</strong>r</strong>t und wer es prägt“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 125(2007)7, S. 8.<br />

1358 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 161.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 329<br />

ser Anblick sei bei Frauen noch weniger zu ertragen, die als „Sinnbild <strong>de</strong>s<br />

Schönen, <strong>de</strong>s Gleichmaßes und <strong>de</strong>s Weichen“ 1359 anzusehen seien.<br />

Ästhetische Be<strong>de</strong>nken dominierten und viele Männer lehnten das Riemenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen entschie<strong>de</strong>n ab. Ein Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er schrieb:<br />

„[...] wir sind gegen das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n unserer Mädchen und<br />

Frauen im Rennsport. „[...], weil das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Rennboot<br />

eine rein männliche Angelegenheit ist und auch bleiben muß, genauso<br />

wie das Boxen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Fußballsport. Dort wollen wir auch<br />

keine sehen, <strong>de</strong>nn wir lehnen <strong>de</strong>n vermännlichten Typ <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau,<br />

und <strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>n wir zweifellos schaffen, ab.“ 1360<br />

Pfeiffer wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprach <strong><strong>de</strong>r</strong> Meinung, dass „sie im Kampf und im Endspurt am<br />

Riemen eine schlechte Figur machen könnten.“ 1361 Ähnlich wie bei <strong>de</strong>n Män-<br />

nern sei es lediglich eine Frage <strong><strong>de</strong>r</strong> sorgfältigen <strong>Aus</strong>bildung und <strong>de</strong>s Trai-<br />

nings. Er sah die Problematik in einem an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Feld und verwies auf die<br />

Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre schon rückläufige Regattabeteiligung. Obwohl die<br />

Rennen alle im Skullbereich ausgeschrieben waren, kamen viele nicht zu<br />

Stan<strong>de</strong>. Sollte also <strong><strong>de</strong>r</strong> Mangel an solchen Booten <strong><strong>de</strong>r</strong> Grund sein und auf<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Seite eine große Anzahl Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen stehen, dann wäre es, so<br />

Pfeiffer, richtig, Riemenrennen zu planen. Er aber vertrete die Meinung, dass<br />

eine solche Maßnahme nur dazu führen wür<strong>de</strong>, die wenigen Rennmann-<br />

schaften, die überhaupt existierten, weiter zu „zersplittern“ und die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

ausfallen<strong>de</strong>n Rennen noch zu erhöhen. 1362 Auch Böbbis be<strong>für</strong>chtete, dass<br />

eine <strong>Aus</strong><strong>de</strong>hnung <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns eine Verzettelung <strong><strong>de</strong>r</strong> vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Kräfte be<strong>de</strong>uten und damit „eine leistungsmäßige Verbesserung <strong>de</strong>s schma-<br />

len Rennfel<strong>de</strong>s verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>n wür<strong>de</strong>.“ 1363 Lehmann stützte noch 1957 diese Ar-<br />

gumentation:<br />

„Warum sollen wir in ein gleiches Stadium geraten, in <strong><strong>de</strong>m</strong> sich die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennen in Riemenbooten<br />

seit Jahren befin<strong>de</strong>n? Es wür<strong>de</strong> unbedingt die Situation<br />

eintreten, wenn wir auf <strong>de</strong>n Regatten <strong>de</strong>s DRV nun auch noch<br />

Vierer und Achter ausschreiben, daß sich die Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

1359<br />

Ebenda.<br />

1360<br />

H. VAGT, „Riemen o<strong><strong>de</strong>r</strong> skullen <strong>für</strong> Frauen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 69(1951)20, S. 396.<br />

1361<br />

H. PFEIFFER, „Frauen im Riemenboot“, S. 443.<br />

1362<br />

Vgl. ebenda.<br />

1363<br />

R. BÖBBIS, „Randbemerkungen zu <strong>de</strong>n ersten Europameisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, in:<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 72(1954)4, S. 453.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 330<br />

verzetteln, also genau das eintreten wür<strong>de</strong>, was Herr Pfeiffer bereits<br />

1951 vorausgesagt hatte.“ 1364<br />

Sie war <strong><strong>de</strong>r</strong> Ansicht, dass das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

nicht so populär wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong> wie erhofft. Der Mangel an Booten dürfte<br />

nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Grund sein. Daher stellte sie die Frage, ob eine För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s<br />

Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns wirklich notwendig sei und betonte, dass auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Tagung in<br />

Frankfurt die Vertreterinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenabteilungen und -vereine sich ein-<br />

stimmig zum Skullen bekannt hatten. Hierbei hätten beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s die jüngeren<br />

Vertreterinnen ihre Ablehnung <strong>de</strong>utlich gemacht. 1365<br />

Natürlich wur<strong>de</strong>n auch finanzielle Aspekte bedacht. Die Einführung <strong>de</strong>s Rie-<br />

menru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns <strong>für</strong> Frauen hätte konsequenterweise mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Anschaffung geeig-<br />

neter Boote einhergehen müssen. Diese zusätzlichen Kosten wür<strong>de</strong>n die<br />

Mehrzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine vor große finanzielle Probleme stellen, da in <strong>de</strong>n 50er<br />

Jahren nicht einmal genügend Skullboote angeschafft wer<strong>de</strong>n konnten. 1366<br />

Ueberhorst merkte hierzu an, dass Skullboote beim DDRV Priorität hatten<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> UAF nach <strong><strong>de</strong>m</strong> En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges unter Berufung auf<br />

die Tradition diese Einstellung schlichtweg übernommen hatte. Eine Nach-<br />

frage unter <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zum Thema Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und ihren Interessen<br />

hatte allerdings nie stattgefun<strong>de</strong>n. 1367<br />

Stellvertretend <strong>für</strong> die Be<strong>für</strong>worter <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns sei hier die Meinung<br />

<strong>de</strong>s Herausgebers <strong><strong>de</strong>r</strong> englischen Fachzeitschrift Rowing, Hylton Cleaver<br />

dargestellt:<br />

„Der große Vorteil beim Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Achter im Vergleich zu <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Einsamkeit beim Skullen liegt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gemeinschaft beim Training<br />

und in spannungsreichen Zeiten, in <strong><strong>de</strong>m</strong> Mannschaftsgeist, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

durch die Gemeinschaft entsteht, und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache, daß in Situationen,<br />

wo ein Skuller einen hoffnungslosen Kampf aufgegeben<br />

hat, niemals ein Mann aus einem Achter aufgehört hat zu ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n,<br />

während die 7 an<strong><strong>de</strong>r</strong>en weitermachten.“ 1368<br />

Walter Ulrich berichtete über die durchweg positiven Erfahrungen, die Frau-<br />

en im <strong>Aus</strong>land mit Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gemacht hatten. 1369 Die Frage, ob kom-<br />

men<strong>de</strong> Frauenmannschaften im Riemenrennboot in stilistischer Hinsicht<br />

1364<br />

G. LEHMANN, „Frauen lehnen die Riemenboote ab“, S. 185.<br />

1365<br />

Ebenda, S. 184.<br />

1366<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 161.<br />

1367<br />

Vgl. ebenda.<br />

1368<br />

H. CLEAVER, „Skullen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 70[1952]o.A., S. 426.<br />

1369<br />

Vgl. W. ULRICH, „Riemen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Skullen <strong>für</strong> Frauen?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 69(1951)o.A., S. 320.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 331<br />

weniger schön ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wür<strong>de</strong>n als jene im Skullboot, vor allem im Hinblick auf<br />

die Endspurtproblematik, verneinte er:<br />

„Nach all <strong><strong>de</strong>m</strong>, was ich bisher von gut trainierten Frauen-<br />

Riemenbootmannschaften im <strong>Aus</strong>land gesehen habe, kann ich<br />

nur erklären, daß auch Frauenmannschaften im Riemenboot genauso<br />

in Schönheit sterben können, wie bisher im Skullboot. Es<br />

wird aber auch hier Mannschaften geben, die Schönheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeit<br />

mit Zweckmäßigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit und schnellem Fortgang<br />

<strong>de</strong>s Bootes in guten Einklang bringen wer<strong>de</strong>n.“ 1370<br />

Die internationale Überlegenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Nationen zwang <strong>de</strong>n UAF zum<br />

Han<strong>de</strong>ln. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahl Ingrid Stahl-Dieterles stand ab 1964 eine Be<strong>für</strong>worte-<br />

rin <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Aus</strong>schuss vor. Unterstützung erhielt sie von<br />

Adam, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich schon ein Jahr zuvor <strong>für</strong> die Belange <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im Riemen-<br />

bereich eingesetzt hatte. 1966 wur<strong>de</strong> Claus Heß in das Amt <strong>de</strong>s DRV-<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>n gewählt. Becker berichtet, dass in diesem Jahr das Riemenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um Inhalt eines Antrages an <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag war. Diesem wur<strong>de</strong><br />

zwar nicht stattgegeben, aber die Verantwortlichen einigten sich auf einen<br />

Versuch. Die Delegierten erteilten bis zum nächsten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag eine <strong>Aus</strong>nah-<br />

megenehmigung zur <strong>Aus</strong>schreibung von Riemenbootrennen im Vierer mit<br />

Steuermann und im Achter. Dem nächsten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag sollten durch diese<br />

Versuche Unterlagen beschafft wer<strong>de</strong>n, „damit endgültig über die Einführung<br />

<strong>de</strong>s Riemenboot-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns <strong>für</strong> Frauen entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n könnte [...].“ 1371<br />

Heß unterstützte die Bemühungen um das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Im dritten Anlauf<br />

wur<strong>de</strong> die Einführung <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong>für</strong> Frauen auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1968<br />

beschlossen. Nach erfolgreichen Testrennen brachte das „Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen“ die Neuerungen: Für die Saison waren Rennen im Riemenzweier auf<br />

drei Regattaplätzen, Rennen im Riemenvierer anlässlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kämpfe<br />

sowie die „Meldung eines Riemenvierers zur Europameisterschaft ge-<br />

plant.“ 1372<br />

Die bisherigen Argumente von <strong><strong>de</strong>r</strong> fehlen<strong>de</strong>n Ästhetik und beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> zu<br />

großen und zu asymmetrischen Belastung durch das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n waren<br />

sowohl aus medizinischer Sicht als auch durch die Erfahrungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen wi<strong><strong>de</strong>r</strong>legt wor<strong>de</strong>n. So kam es auf einer Regatta in Mainz 1969 zum ers-<br />

1370 Ebenda.<br />

1371 BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 112.<br />

1372 UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 162.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 332<br />

ten Frauen-Riemenrennen seit fast 40 Jahren. Dieterle wertete diesen Start<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Riemenvierer auf einer DRV-Regatta als Erfolg. Sie berichtete auch von<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Premiere dieser Bootsklasse im Rahmen eines Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kampfes zwischen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik und Frankreich. Sie bedauerte, dass bei<strong>de</strong> Verbän<strong>de</strong> nur<br />

die Meldung einer Riemenmannschaft erlaubten. Grund hier<strong>für</strong> waren die<br />

laut Dieterle immer noch herrschen<strong>de</strong>n Vorurteile. Dennoch sei das Riemen-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland auf <strong><strong>de</strong>m</strong> richtigen Weg. Das erste Rennen wur<strong>de</strong> ge-<br />

wonnen:<br />

„Es ist scha<strong>de</strong>, daß wahrscheinlich die wenigen alten Gegner <strong>de</strong>s<br />

Frauen-Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns dieses Rennen und insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e das<br />

DRV-Boot (Germania Kiel) nicht sahen. Die Kielerinnen <strong><strong>de</strong>m</strong>onstrierten<br />

überzeugend, daß Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ohne die so oft zitierte unästhetische<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>weise flüssig und kraftvoll im Riemenboot<br />

‘zurechtkommen’ können. Im ruhiger wirken<strong>de</strong>n 36 Schlag distanzierten<br />

sie <strong>de</strong>utlich die französische Mannschaft, die zwar auch<br />

nicht unästhetisch, wohl aber noch ungeschliffen und anfängerhaft<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>te. War es nicht auch ein Anfang?“ 1373<br />

Die Riemenbootsklassen wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Frauen gut angenommen. Die<br />

Startversuche im gesteuerten Riemenvierer und im ungesteuerten Zweier<br />

en<strong>de</strong>ten im vergangenen Jahr so verheißungsvoll, „daß eine Reihe von Ver-<br />

anstaltern sich bereit zeigte, das Programm zu erweitern.“ 1374<br />

Bereits 1970 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Meisterschaftstitel im Zweier ohne Steuerfrau<br />

und im Vierer mit Steuerfrau beim DMR vergeben. Ilse Lebert und Astrid<br />

Kallmeyer aus Kiel gewannen <strong>de</strong>n Zweier. Im Vierer war lediglich ein Boot<br />

am Start, so dass das Boot <strong>de</strong>s RC Tegel Berlin konkurrenzlos gewann. Die<br />

Einführung <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns trug einerseits zur Stabilisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mel<strong>de</strong>-<br />

zahlen beim DMR bei. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits festigte sich das Frauenrennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ins-<br />

gesamt durch das neue Angebot.<br />

Der Zweier war Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre bei <strong>de</strong>n Frauen beliebt. Lebert berich-<br />

tete, dass diese Bootsklasse ein <strong>für</strong> Frauen gut geeigneter Typ sei. 1375 Aller-<br />

dings war sie an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Ansicht als Adam, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Besetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Großboote<br />

über Training in Kleinbooten favorisierte. Sie vertrat die Meinung, dass man<br />

nicht über <strong>de</strong>n Zweier zu einem schlagkräftigen Vierer gelangen könnte,<br />

1373 I. DIETERLE, „Es hat sich gelohnt!“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 87(1969)15, S. 390.<br />

1374 E. SCHUMANN, „Neuland <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 88(1970)10, S. 282.<br />

1375 Vgl. I. LEBERT, „Gedanken einer aktiven Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in zum Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

87(1969)5, S. 91.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 333<br />

<strong>de</strong>nn „schließlich müssen zwei gute Bausteine sich zu einem Ganzen zu-<br />

sammenfin<strong>de</strong>n“. 1376 Der Riemenzweier ist sowohl bei <strong>de</strong>n Frauen als auch<br />

bei <strong>de</strong>n Männern bis heute elementarer Teil <strong>de</strong>s Trainings und wird auch zur<br />

Besetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Großboote im Rahmen von <strong>Aus</strong>scheidungstests herangezo-<br />

gen.<br />

Die Mel<strong>de</strong>ergebnisse im Zweier beim DMR sind seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung zufrie<strong>de</strong>n<br />

stellend. Die Beteiligung im Vierer war in <strong>de</strong>n 70er Jahren eher gering. Häu-<br />

fig waren nur zwei Boote am Start, erst in <strong>de</strong>n 80er Jahren stabilisierten sich<br />

die Mel<strong>de</strong>ergebnisse. Von 1989 an wird diese Bootsklasse ohne Steuermann<br />

ausgefahren.<br />

Auch im Frauen-Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n eingeführt,<br />

allerdings mit sehr geringen Mel<strong>de</strong>ergebnissen. Von 1986 bis 1996 ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten<br />

die Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootsklasse Leichtgewichts-Vierer. Ab 1997 wur<strong>de</strong> diese<br />

Bootsklasse zu Gunsten <strong>de</strong>s Leichtgewichts-Frauen-Doppelvierers aufgege-<br />

ben. Der Frauen-Leichtgewichts-Zweier stand 1998 erstmalig beim DMR auf<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Programm. 1377 Seit 2005 wird dieses Rennen nicht mehr im Rahmen<br />

<strong>de</strong>s DMR angeboten, da das Interesse zu gering ist.<br />

Als 1974 die erste Weltmeisterschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Luzern statt-<br />

fand, wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Zweier erstmalig international ausgefahren. Dieterle be-<br />

scheinigte <strong>de</strong>n DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, <strong>de</strong>n Anschluss an die Weltspitze geschafft<br />

zu haben: „Zum Riemen drängt, am Riemen hängt“. 1378 In dieser Saison<br />

nahmen die DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen endgültig Besitz von dieser bisher nur zögernd<br />

gehandhabten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>art.<br />

Um <strong>de</strong>n Weltmeistertitel im Zweier kämpften elf Mannschaften. Rumänien<br />

gewann das Finale. Doris Leifermann und Karin Gondolatsch vom Hambur-<br />

ger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club wur<strong>de</strong>n sechste. 1379<br />

Obwohl <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorsprung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s Ostblocks in <strong>de</strong>n 80er Jahren<br />

nicht aufgeholt wer<strong>de</strong>n konnte, gelang es <strong>de</strong>n west<strong>de</strong>utschen Sportlerinnen<br />

bei internationalen Großmeisterschaften in dieser Disziplin Medaillen zu ge-<br />

winnen.<br />

1376<br />

Ebenda.<br />

1377<br />

Begrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n kann dies mit <strong><strong>de</strong>r</strong> WM in Köln. Hier wur<strong>de</strong> diese Bootsklasse erstmalig<br />

angeboten.<br />

1378<br />

I. DIETERLE, „Riemen Boom. Eine Betrachtung zum Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Duisburg“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

92(1974)21, S. 515.<br />

1379<br />

Vgl. HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 122.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 334<br />

Zusammenfassend kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass die Zeichen <strong>für</strong> das<br />

Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen von <strong>de</strong>n Verantwortlichen <strong>de</strong>s DRV zu spät er-<br />

kannt wor<strong>de</strong>n sind. Letztlich war <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband unter Zugzwang geraten und<br />

konnte sich <strong><strong>de</strong>m</strong> Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht mehr länger verschließen, wenn die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen international konkurrenzfähig sein sollten.<br />

7.1.4 Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Der Mannheimer Regatta-Verein richtete 1947 die erste Meisterschaftsregat-<br />

ta nach Kriegsen<strong>de</strong> aus. Angekündigt waren „Spitzenmannschaften aus allen<br />

Zonen“ 1380 . Für die Frauen wur<strong>de</strong>n Rennen im Doppelzweier und im Doppel-<br />

vierer mit Steuermann angeboten. Die Streckenlänge betrug 800m. Die Teil-<br />

nahme an dieser ersten Nachkriegsveranstaltung stellte viele Vereine vor<br />

große organisatorische Probleme. So berichtete beispielsweise eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> 21 Stun<strong>de</strong>n dauern<strong>de</strong>n Zugfahrt von Hamburg nach Mannheim. 1381<br />

Die Boote waren ebenfalls fünf Tage vorher zum <strong>Aus</strong>tragungsort gebracht<br />

wor<strong>de</strong>n. Die Skulls wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n überfüllten Abteilen als Handgepäck mitge-<br />

führt. 1382<br />

Trotz aller Schwierigkeiten waren fünf Doppelvierer aus allen Zonen am<br />

Start. Der Frankfurter Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportverein Sachsenhausen gewann diese<br />

Bootsklasse. Auf <strong>de</strong>n Plätzen folgten Wassersportverein Go<strong>de</strong>sberg 1909/11<br />

e. V. und RG Wiesba<strong>de</strong>n-Biebrich. Der RV Bochum been<strong>de</strong>te das Doppel-<br />

zweier-Rennen vor <strong>de</strong>n Booten aus Wilhelmshaven und Mülheim. 1383 Die<br />

Strapazen sollten sich auszahlen. 1948 wur<strong>de</strong>n alle Mannschaften, die an<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> DMR im Vorjahr teilgenommen hatten, zur Paulskirchen-Regatta 1384<br />

nach Frankfurt am Main eingela<strong>de</strong>n. 1385<br />

Bis zur Einführung <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland<br />

1969 wur<strong>de</strong>n alle Rennen nur im Skullbereich ausgefahren. Zur besseren<br />

1380<br />

Ebenda, S. 41.<br />

1381<br />

Vgl. ebenda.<br />

1382<br />

Vgl. SCHUMANN, „Keine Bleibe – keine Boote. Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns nach <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Krieg“, S. 54.<br />

1383<br />

Vgl. W. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Doppelzweier – Frauen (Plätze 1-<br />

3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-f-dz.htm, Zugriff am 16.<br />

12. 2008.<br />

1384<br />

Die Paulskirchen-Regatta in Frankfurt a.M. fand am 22. August 1948 statt. Der Name<br />

leitet sich von <strong><strong>de</strong>r</strong> Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>tjahrfeier <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten <strong>Deutschen</strong> Nationalversammlung ab.<br />

1385<br />

Vgl. HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 43.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 335<br />

Übersicht ist im Folgen<strong>de</strong>n die Entwicklung in <strong>de</strong>n einzelnen Bootsklassen<br />

<strong>de</strong>s DMR <strong>für</strong> Frauen aufgeführt. 1386<br />

Bootsklasse <strong>Aus</strong>gefahren Bemerkung<br />

1x 1948 bis heute<br />

2x 1947 bis heute<br />

4x 1947 bis heute bis 1984 mit Steuermann<br />

2- 1970 bis heute<br />

4- 1970 bis heute bis 1988 mit Steuermann<br />

8+ 1991 bis heute 2005-2010 nicht ausgefahren<br />

Leichtgewicht<br />

1x 1984 bis heute Höchstgewicht 59 kg<br />

2x 1985 bis heute Durchschnittsgewicht 57 kg<br />

4x 1997 bis heute Durchschnittsgewicht 57 kg<br />

2- 1998 bis heute 2005-2010 nicht ausgefahren<br />

4- 1986-1996<br />

Tab. 8: Bootsklassen <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns beim <strong>Deutschen</strong> Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Die Genese in <strong>de</strong>n einzelnen Bootsklassen orientierte sich an <strong><strong>de</strong>r</strong> von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

FISA vorgegebenen Entwicklung. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> 2.000m-Strecke<br />

1985 wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Folgejahren auf die Steuerleute sowohl im Doppelvierer<br />

als auch im Vierer verzichtet.<br />

Der Einer <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen wird seit 1948 ausgefahren. Den ersten Titel gewann<br />

Gerda Kanowski vom RC Westfalen Her<strong>de</strong>cke. 1387<br />

Bis 1990 waren lediglich in <strong>de</strong>n Jahren 1955 und 1965 nur zwei Boote am<br />

Start. In allen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Jahren konnten min<strong>de</strong>stens die ersten drei Plätze<br />

vergeben wer<strong>de</strong>n. Erwähnenswert ist die Leistung von Ingrid Scholz vom<br />

Duisburger RV, die von 1951 bis 1956 sechsmal in Folge die Rennen im Ei-<br />

1386 An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass bewusst <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamte Zeitraum von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Einführung bis heute und nicht etwa nur bis 1989 dargestellt wur<strong>de</strong>. Das Deutsche Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

sowie die <strong>Deutschen</strong> Sprintmeisterschaften nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung<br />

wer<strong>de</strong>n in Kap. 8.1 nochmals behan<strong>de</strong>lt.<br />

1387 Vgl. W. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (DMR) Einer – Frauen (Plätze 1-<br />

3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-f-einer.htm, Zugriff am<br />

16. 12. 2008.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 336<br />

ner gewann. 1388 1956 krönte sie ihre Karriere mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Europameister-Titel.<br />

Insgesamt erreichte sie zehn Deutsche Meisterschaften in verschie<strong>de</strong>nen<br />

Bootsklassen. In Anerkennung ihrer Leistung wur<strong>de</strong> ihr 1956 vom Bun<strong>de</strong>s-<br />

präsi<strong>de</strong>nten das „Silberne Lorbeerblatt“ überreicht. 1389<br />

Die Dominanz einzelner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Einer setzte sich fort. Karen Wolf,<br />

später Ulrich, vom Bran<strong>de</strong>nburger RK gewann von 1959 bis 1965 sieben Ti-<br />

tel. Thea Gröll, verheiratete Thiem, gewann im Einer <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ulmer RC Do-<br />

nau 1979 und 1980. Von 1982 bis 1984 erru<strong><strong>de</strong>r</strong>te sie außer<strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Hannoverschen RC von 1880 <strong>de</strong>n ersten Platz. Titie Jordache vom Regens-<br />

burger RV von 1898 wur<strong>de</strong> von 1988 bis 1990 Deutsche Meisterin im Ei-<br />

ner. 1390<br />

Die Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im Doppelzweier von 1947 bis 1990 zeigt eine<br />

ähnliche Entwicklung wie die im Einer. In <strong>de</strong>n ersten bei<strong>de</strong>n Jahren konnte<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> RV Bochum von 1920 mit Hil<strong>de</strong> Tubis und Hannelore Sauter <strong>de</strong>n ersten<br />

Platz belegen. 1391 Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre dominierten die Kölnerinnen Marita<br />

Goltz und Herma Hey<strong>de</strong>n. Sie erreichten von 1952 bis 1954 als erste das<br />

Ziel, nach<strong><strong>de</strong>m</strong> sie 1951 zweite gewor<strong>de</strong>n waren. Erwähnt wer<strong>de</strong>n muss an<br />

dieser Stelle, dass von 1954 bis 1957 das Deutsche Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als<br />

gesamt<strong>de</strong>utsche Meisterschaften 1392 durchgeführt wur<strong>de</strong>. Im Rahmen dieser<br />

Wettbewerbe traten die Boote <strong>de</strong>s DRV gegen die <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an.<br />

Von 1957 bis 1959 setzte sich Ingrid Scholz mit wechseln<strong>de</strong>n Partnerinnen in<br />

dieser Bootsklasse durch. In <strong>de</strong>n 60er Jahren gelang es Christl Schmidt-<br />

Lehnert und Annemarie Rupprecht, zweimal das DMR zu gewinnen. 1966<br />

erreichten sie einen zweiten Platz beim DMR. Die 70er Jahre sind zunächst<br />

geprägt von <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s Koblenzer RC Rhenania. Astrid Hohl ge-<br />

wann 1973 mit Renate Lantin, in <strong>de</strong>n zwei folgen<strong>de</strong>n Jahren ru<strong><strong>de</strong>r</strong>te sie mit<br />

Regine Adam. Ebenfalls drei Titel in Folge erreichte Marga Trapp aus Köln.<br />

Von 1976 bis 1978 wur<strong>de</strong> sie mit drei wechseln<strong>de</strong>n Partnerinnen Erste. Die<br />

1388<br />

Vgl. ebenda.<br />

1389<br />

Vgl. SCHUMANN, „Lang ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Weg nach Olympia“, S. 624.<br />

1390<br />

Vgl. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (DMR) Einer – Frauen (Plätze 1-3)“,<br />

Zugriff am 16. 12. 2008.<br />

1391<br />

Vgl. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (DMR) Doppelzweier – Frauen (Plätze<br />

1-3)“, Zugriff am 16. 12. 2008.<br />

1392 Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führung in Kap. 7.3.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 337<br />

Rennbeteiligung beim DMR im Doppelzweier war insgesamt geringer als im<br />

Einer. So waren in zehn Rennen <strong>de</strong>s DMR nur zwei Boote am Start. 1393<br />

Das DMR im Doppelvierer wird ab 1985 ohne Steuermann ausgefahren. Wie<br />

auch schon vor 1945 zeigte sich insgesamt eine hohe Beteiligung in dieser<br />

Bootsklasse. Lediglich 1972 machten nur zwei Mannschaften die Platzierun-<br />

gen unter sich aus. 1975 gab es diesbezüglich einen Tiefpunkt, als nur eine<br />

Meldung <strong>de</strong>s RV Collegia Berlin vorlag. 1394 Ebenfalls auffällig ist in dieser<br />

Bootsklasse die Teilnahme von Renngemeinschaften. Insgesamt wur<strong>de</strong>n bis<br />

1990 nur 13 Titel von Vereinsmannschaften gewonnen. In <strong>de</strong>n 50er Jahren<br />

dominierten die anfänglich von Erika Stöck trainierten HRC-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen die-<br />

se Bootsklasse. Als Stöck erkrankte, übernahm Jutta Wilcke das Training.<br />

Der HRC gewann von 1951 bis 1953 <strong>de</strong>n Titel. Wilcke selbst steuerte <strong>de</strong>n<br />

Doppelvierer bei allen drei Veranstaltungen <strong>de</strong>s DMR. 1395 In <strong>de</strong>n 60er Jahren<br />

gelang es <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaft <strong>de</strong>s RC Tegel 1886, die Siegesserie <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennge-<br />

meinschaften zu been<strong>de</strong>n. Die Berlinerinnen konnten 1962 und 1963 alle<br />

Boote hinter sich lassen. Von Anfang bis Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre waren keine<br />

Renngemeinschaften mehr erlaubt. 1975 wur<strong>de</strong> vom Bremer RC Hansa <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

letzte Titel einer Vereinsmannschaft gewonnen. Von 1976 an waren wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Renngemeinschaften zugelassen. Den Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s Neusser RV/Kölner<br />

RV von 1877/Frauen-RC Wannsee Berlin gelang es als letzter Mannschaft<br />

überhaupt, von 1978 bis 1980 Titel in Folge zu erru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. In <strong>de</strong>n 80er Jahren<br />

traten immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> neu zusammengesetzte Renngemeinschaften an. Heike<br />

Grunert, Anne Dickmann, Andrea Klapheck und Regina Kleine-Kuhlmann<br />

seien hier stellvertretend <strong>für</strong> die unterschiedliche Besetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelvierer<br />

genannt. Sie alle gewannen mehrere Titel mit unterschiedlichen Partnerin-<br />

nen. 1396<br />

Seit 1970 wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong> Frauen beim DMR Rennen im Riemenbereich angebo-<br />

ten. Der Zweier sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Vierer ohne Steuermann 1397 sind fester Bestandteil<br />

1393<br />

Vgl. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (DMR) Doppelzweier – Frauen (Plätze<br />

1-3)“, Zugriff am 16. 12. 2008.<br />

1394<br />

Vgl. W. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Doppelvierer – Frauen (Plätze 1-<br />

3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-f-dv.htm, Zugriff am 16.<br />

12. 2008.<br />

1395<br />

Vgl. HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 46-49.<br />

1396<br />

Vgl. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Doppelvierer – Frauen (Plätze 1-3)“,<br />

Zugriff am 16. 12. 2008.<br />

1397<br />

Bis 1988 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Vierer mit Steuermann ausgefahren.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 338<br />

<strong>de</strong>s Wettbewerbs. Erst ab 1991 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenachter ins Programm auf-<br />

genommen.<br />

Die Beteiligung im Vierer und im Zweier war in <strong>de</strong>n 70er Jahren gering. Der<br />

erste Titel im Vierer mit Steuermann ging kampflos an <strong>de</strong>n RC Tegel 1886. In<br />

<strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n zwei Jahren waren nur zwei Boote am Start, 1973 und 1974<br />

lag wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um jeweils nur eine Meldung vor. 1398 Von 1975 bis 1978 mel<strong>de</strong>ten<br />

erneut nur zwei Boote. Bis 1990 setzte sich diese Entwicklung fort. In <strong>de</strong>n<br />

folgen<strong>de</strong>n zwölf Jahren lagen vier Mal nur zwei Meldungen vor, zweimal<br />

wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Titel sogar kampflos gewonnen. Die RG Germania Kiel gewann<br />

das DMR in <strong>de</strong>n ersten drei Jahren. Erfolgreich war auch <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC mit zwei<br />

Titeln. Angela Braasch-Eggert erreichte insgesamt vier Deutsche Meister-<br />

schaften im Vierer, davon drei als Steuerfrau. 1399 In <strong>de</strong>n 80er Jahren waren<br />

Ellen Becker und Iris Völkner die dominieren<strong>de</strong>n Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Sie ge-<br />

wannen mehrere Titel sowohl im Vierer als auch im Zweier.<br />

Im Zweier ohne Steuermann war die Beteiligung insgesamt besser als im<br />

Vierer. Bis 1990 kam es lediglich zu fünf Rennen, in <strong>de</strong>nen nur zwei Boote<br />

am Start waren. 1400 Neben Becker und Völkner müssen auch Stefanie<br />

Werremeier und Ingeburg Althoff genannt wer<strong>de</strong>n, die von 1989 bis 1992<br />

durchgängig <strong>de</strong>n ersten Platz beim DMR im Zweier belegten. Gleiches ge-<br />

lang <strong><strong>de</strong>r</strong> RG Germania Kiel mit Ilse Lebert, die 1970 und von 1972 bis 1973<br />

mit unterschiedlichen Partnerinnen Erste im Zweier wur<strong>de</strong>.<br />

Als erste Leichtgewichtsklasse <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen wur<strong>de</strong> 1984 <strong><strong>de</strong>r</strong> Einer eingeführt.<br />

Angela Schuster von <strong><strong>de</strong>r</strong> Hanauer RG 1879 war von 1987 bis 1989 nicht zu<br />

schlagen. 1401 1985 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelzweier in das Programm <strong>de</strong>s DMR auf-<br />

genommen. Die erste Deutsche Meisterin im Leichtgewichtseiner-Einer war<br />

Evelyn Herwegh. Ihr gelang es im Jahr darauf, <strong>de</strong>n Titel im Doppelzweier mit<br />

1398 Vgl. W. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Riemenvierer – Frauen (Plätze 1-<br />

3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-f-v.htm, Zugriff am 16.<br />

12. 2008. Ferner vgl. W. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Zweier-ohne –<br />

Frauen (Plätze 1-3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-fzo.htm,<br />

Zugriff am 16. 12. 2008.<br />

1399 HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Riemenvierer – Frauen (Plätze 1-3)“, Zu-<br />

griff am 16. 12. 2008.<br />

1400 Vgl. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Zweier-ohne – Frauen (Plätze 1-3)“,<br />

Zugriff am 16. 12. 2008.<br />

1401 Vgl. W. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Leichtgewichts-Einer – Frauen<br />

(Plätze 1-3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-lgf-einer.htm,<br />

Zugriff am 16. 12. 2008.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 339<br />

Claudia Engels zu erlangen. 1402 Nur ein Jahr später kam <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtgewichts-<br />

Vierer ohne Steuermann hinzu, <strong><strong>de</strong>r</strong> erst ab 1997 als Doppelvierer ohne<br />

Steuermann ausgefahren wird. 1403 Evelyn Herwegh konnte in dieser Boots-<br />

klasse zum dritten Mal in Folge einen <strong>Deutschen</strong> Meistertitel erringen. Im<br />

Vierer ru<strong><strong>de</strong>r</strong>te sie in einer Renngemeinschaft aus Frauen-RV Freiweg Frank-<br />

furt/RC Westfalen Her<strong>de</strong>cke/Hei<strong>de</strong>lberger RK 1972/Karlsruher RV Wiking. 1404<br />

Der Kreis <strong><strong>de</strong>r</strong> nationalen Elite im Frauen-Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war klein.<br />

Stellvertretend sind an dieser Stelle Angela Schuster, Claudia Waldi, Evelyn<br />

Herwegh, Christiane Weber, Alrun Urbach und Ute Zobeley 1405 aufgeführt,<br />

die in unterschiedlichen Bootsklassen Deutsche Meistertitel im Leichtge-<br />

wichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n erringen konnten. Seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung bis 1990 konnten in je-<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Jahr in allen Rennen die Podiumsplätze ausgefahren wer<strong>de</strong>n.<br />

Das Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gewann national und international immer mehr an<br />

Be<strong>de</strong>utung. Dennoch mehrte sich Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre die Kritik: „Da ist die<br />

Re<strong>de</strong> von ‘Dünnbrettbohrern’, ‘Dünnbeinen’ o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Formel 2 <strong>de</strong>s Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>sports.“ 1406<br />

Zusammenfassend kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass sich die Startmöglichkei-<br />

ten <strong>für</strong> Frauen beim DMR stetig verbessert haben. Die Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ren-<br />

nen <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtgewichte in <strong>de</strong>n 80er Jahren erscheint aus heutiger Sicht spät,<br />

allerdings gab es auch erst von diesem Zeitpunkt an internationale Ver-<br />

gleichsmöglichkeiten.<br />

7.2 Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR<br />

Die Frau im Sozialismus war theoretisch in allen Lebensbereichen, also auch<br />

im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport, gleichberechtigt. Den Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen stan<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend<br />

alle Bootsklassen zur Verfügung.<br />

1402 Vgl. W. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Leichtgewichts-Doppelzweier –<br />

Frauen (Plätze 1-3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-lgfdz.htm,<br />

Zugriff am 16. 12. 2008.<br />

1403 Vgl. W. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Leichtgewichts-Vierer-ohne –<br />

Frauen (Plätze 1-3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-lgfvo.htm,<br />

Zugriff am 16. 12. 2008.<br />

1404 Ebenda.<br />

1405 Vgl. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Leichtgewichts-Einer – Frauen (Plätze<br />

1-3)“, Zugriff am 16. 12. 2008. Ferner vgl. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Leichtgewichts-Doppelzweier – Frauen (Plätze 1-3)“, Zugriff am 16. 12. 2008. Ferner vgl.<br />

HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Leichtgewichts-Vierer-ohne – Frauen<br />

(Plätze 1-3)“, Zugriff am 16. 12. 2008.<br />

1406 D. SEYBT, „Eine Weltmeistermannschaft. Der Leichte Frauen-Vierer-ohne und ihr Trainer“,<br />

in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 104(1986)18, S. 418.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 340<br />

Die Gestaltung <strong>de</strong>s Trainings basierte auf <strong>de</strong>n aktuellsten trainingsmethodi-<br />

schen Erkenntnissen. Die systematische Steuerung <strong>de</strong>s Trainingsprozesses<br />

sowie eine ständige Überprüfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Leistungsfähigkeit wur<strong>de</strong>n durch <strong>Aus</strong>-<br />

wahlentscheidungen ergänzt. Diese garantierten, dass die leistungsstärksten<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>n DRSV auf internationalen Meisterschaften vertraten. Die<br />

Koordinierung unterlag seit <strong>de</strong>n 60er Jahren <strong><strong>de</strong>r</strong> Leistungskommission Frau-<br />

en, die später durch die Nachwuchskommission Frauen erweitert wur<strong>de</strong>. 1407<br />

Das Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR umfasste neben <strong><strong>de</strong>r</strong> sportlichen <strong>Aus</strong>bildung<br />

auch Erziehungsaufgaben. Die Leistungsbereitschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportler war so zu<br />

entwickeln, dass sie fähig waren, „ihr ganzes Können und alle vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Kräfte unter <strong>de</strong>n schwierigsten und kompliziertesten Bedingungen voll aus-<br />

zunutzen“. 1408<br />

Die Athleten wur<strong>de</strong>n als aktive Mitgestalter <strong>de</strong>s Erziehungsprozesses ange-<br />

sehen. Daher galt: Der Sportler muss vom „trainierten ‘Objekt’ zum selbstän-<br />

dig und selbstverantwortlich han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n ‘Subjekt’ wer<strong>de</strong>n“. 1409 Durch<br />

ergänzen<strong>de</strong> <strong>Aus</strong>sprachen, Gespräche, Problemdiskussionen über gesell-<br />

schaftliche sowie sportpolitische und sporttheoretische Probleme, vor allem<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Sportart, wur<strong>de</strong> dieser Prozess unterstützt. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> sollte positiv auf<br />

die stabile Leistungsmotivation eingewirkt wer<strong>de</strong>n. 1410<br />

7.2.1 Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Skull- und Riemenbereich wur<strong>de</strong> von Anfang an syste-<br />

matisch geplant und geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Die Dominanz gegenüber <strong>de</strong>n west<strong>de</strong>utschen<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zeichnete sich erstmalig 1957 1411 ab, als <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV vier Boots-<br />

klassen bei <strong>de</strong>n Gesamt<strong>de</strong>utschen Meisterschaften gewann. Trotz dieser<br />

Erfolge in <strong>de</strong>n 50er Jahren waren sich Trainer und Funktionäre stets be-<br />

wusst, dass „alle Anstrengungen unternommen wer<strong>de</strong>n müssen, um diesen<br />

Leistungsstand zu halten bzw. weiter auszubauen“. 1412 Gera<strong>de</strong> die Leistun-<br />

1407<br />

Vgl. SAPMO-BARCH, DY 12/2962‚ Fiche 1, Bl. 71.<br />

1408<br />

DEUTSCHER RUDER-SPORT-VERBAND, “Hauptaufgaben <strong><strong>de</strong>r</strong> sportlichen <strong>Aus</strong>bildung”, in:<br />

SAPMO-BARCH, DY 12/2961‚ Fiche 2, Bl. 97.<br />

1409<br />

Ebenda.<br />

1410<br />

Vgl. ebenda.<br />

1411<br />

Ab 1958 gab es ziwschen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Verbän<strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>scheidungsrennen. Die<br />

Gewinner vertraten die gesamt<strong>de</strong>utsche Mannschaft auf internationalen Wettbewerben.<br />

Vgl. hierzu die <strong>Aus</strong>führungen in Kap. 7.3.<br />

1412<br />

SAPMO-BARCH, DY 12/3823‚ Fiche 1, Bl. 19.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 341<br />

gen im Skullbereich empfan<strong>de</strong>n sie als nicht befriedigend. 1413 Daher wur<strong>de</strong><br />

1960 ein Maßnahmenkatalog verabschie<strong>de</strong>t, <strong><strong>de</strong>r</strong> auch die Bildung von Ver-<br />

bandsmannschaften <strong>de</strong>s DRSV einbezog. Die Schlussfolgerungen bezogen<br />

sich auf die Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamten Führungstätigkeit <strong>de</strong>s Präsidiums<br />

und seiner Kommission. Die Trainingsmethodik war auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis <strong><strong>de</strong>r</strong> ge-<br />

machten Erfahrungen sowie <strong>de</strong>n neuesten Erkenntnissen weiterzuentwi-<br />

ckeln. In diesem Zusammenhang fand sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Hinweis: „Das<br />

Forschungsprogramm <strong>de</strong>s DRSV muß die noch ungelösten Probleme <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Trainingsmethodik zum Abschluß bringen“. 1414<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Aufmerksamkeit wur<strong>de</strong> außer<strong><strong>de</strong>m</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> systematischen Nach-<br />

wuchsför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung geschenkt. Ziel war es, eine größere Leistungsbreite zu<br />

schaffen. 1415<br />

Die Trainingspläne und Programme im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong>n von <strong><strong>de</strong>r</strong> Leis-<br />

tungskommission Frauen erarbeitet und <strong><strong>de</strong>m</strong> Büro <strong>de</strong>s Präsidiums vorge-<br />

legt. 1416 An<strong><strong>de</strong>r</strong>s als bei <strong>de</strong>n Männern gab es anfänglich keine Kommission,<br />

die politisch-organisatorische Detailfragen entschei<strong>de</strong>n konnte. Nach Bestä-<br />

tigung <strong>de</strong>s Frauenplans trafen <strong><strong>de</strong>r</strong> Generalsekretär und <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorsitzen<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauenkommission zwischenzeitliche Entscheidungen. 1417<br />

In so genannten Rahmentrainingsplänen waren alle Zielsetzungen und -<br />

vereinbarungen fixiert. Daneben existierten individuelle Pläne <strong>für</strong> je<strong>de</strong> Ru<strong>de</strong>-<br />

rin, die beim Generalsekretariat einzureichen waren. Verantwortlich <strong>für</strong> die<br />

Einhaltung und Umsetzung waren die SC-Leitungen. 1418 Die Gültigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

RTP variierte zwischen zwei und vier Jahren. So umfasste beispielsweise<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> RTP <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Zeitraum von 1962 bis 1964 die folgen<strong>de</strong>n Inhal-<br />

te:<br />

• „I. Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>kreis<br />

• II. Zielstellung<br />

• III. Hauptaufgaben <strong><strong>de</strong>r</strong> sportlichen <strong>Aus</strong>bildung<br />

• A. Erziehungsaufgaben<br />

1413<br />

Vgl. ebenda, Bl. 20.<br />

1414<br />

Ebenda.<br />

1415<br />

Vgl. ebenda.<br />

1416<br />

Vgl. SAPMO-BARCH, DY 12/2962‚ Fiche 1, Bl. 72.<br />

1417<br />

Vgl. ebenda.<br />

1418<br />

Vgl. DEUTSCHER RUDER-SPORT-VERBAND, „Rahmentrainingsplan 1962/1964 Frauen <strong>de</strong>s<br />

<strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verban<strong>de</strong>s”, in: SAPMO-BARCH, DY 12/2961‚ Fiche 3, Bl. 248.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 342<br />

• B. Physiologische Zielstellung<br />

• C. Trainingsschwerpunkte <strong>für</strong> 1963/1964<br />

• IV. Inhalt und Gestaltung <strong>de</strong>s Trainings in <strong>de</strong>n einzelnen Abschnitten<br />

und Perio<strong>de</strong>n<br />

• Belastungsübersicht<br />

• Mittel und Metho<strong>de</strong>n im Wassertraining<br />

• Mittel und Metho<strong>de</strong>n <strong>für</strong> athletische <strong>Aus</strong>bildung<br />

• Leistungskontrollen und Tests<br />

• Übersicht über die Periodisierung, Wettkämpfe, Lehrgänge,<br />

• <strong>Aus</strong>wertungen und Leistungskontrollen<br />

• Individuelle Trainingspläne<br />

• Sportärztliche Betreuung“ 1419<br />

Der Ka<strong><strong>de</strong>r</strong> bestand aus <strong><strong>de</strong>m</strong> A- und B-Kreis. Alle Sportlerinnen, die auf inter-<br />

nationalen Regatten starteten, gehörten zum A-Kreis. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, die sich<br />

auf die DDR-Meisterschaften vorbereiteten, zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en. 1420 Die Athletinnen<br />

waren über die gesamte Republik in Trainingszentren zusammengefasst.<br />

Diese waren zum Beispiel 1963 SC DHfK Leipzig, TSC Berlin, SC Dynamo<br />

Berlin, SG Dynamo Potsdam, SC Einheit Dres<strong>de</strong>n sowie BSG Chemie Pir-<br />

na. 1421 Es wur<strong>de</strong> darauf geachtet, dass die Zusammensetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Club-<br />

mannschaften unter konsequenter Beachtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Leistungsaufgaben<br />

erfolgte. Die Qualifizierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationalmannschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen erfolgte im<br />

Einer und in <strong><strong>de</strong>r</strong> entsprechen<strong>de</strong>n Spezialbootsgattung. 1422<br />

Die Zielstellung <strong>für</strong> die 60er Jahre war ein<strong>de</strong>utig: Nach Siegen in <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>-<br />

scheidungsrennen gegen <strong>de</strong>n DRV wur<strong>de</strong> die Teilnahme an <strong><strong>de</strong>r</strong> EM 1964 in<br />

allen Bootsklassen angestrebt. Im Achter und im Doppelvierer wur<strong>de</strong> „Gold“<br />

als Losung vorgegeben. 1423<br />

Erziehungsaufgaben wur<strong>de</strong>n vorwiegend im Training „durch <strong>Aus</strong>nutzen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

pädagogischen Potenzen <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsaufgaben“ 1424 umgesetzt. Hinsichtlich<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Leistungsmotivation mahnten die Verantwortlichen <strong>de</strong>s Präsidiums an,<br />

dass die allgemeinen und individuellen leistungsför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Motive so aus-<br />

1419 Ebenda, Bl. 229.<br />

1420 Vgl. ebenda, Bl. 230.<br />

1421 Vgl. ebenda.<br />

1422 Vgl. ebenda.<br />

1423 Vgl. ebenda.<br />

1424 Ebenda, Bl. 231.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 343<br />

gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n müssten, dass die Sportler in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage waren, ihr persönli-<br />

ches, <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaft dienen<strong>de</strong>s Ziel – „Sieg über die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er <strong>de</strong>s DRV und<br />

erfolgreiche Teilnahme an <strong>de</strong>n Europameisterschaften zu verwirklichen.“ 1425<br />

Um einen optimalen Wirkungsgrad <strong>de</strong>s Trainings zu erzielen, sollte die<br />

Selbstständigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportlerinnen entwickelt wer<strong>de</strong>n. Dies be<strong>de</strong>utete, dass<br />

die Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>athletinnen in die Planung <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufgaben, die Bestimmung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mittel<br />

und Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Trainings sowie in die Einschätzung ihrer Wirksamkeit<br />

und die <strong>Aus</strong>wertung miteinbezogen wur<strong>de</strong>n. 1426 Die verantwortlichen Trainer<br />

versprachen sich hiervon eine För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Selbstvertrauens, das zu einer<br />

Motivationserhöhung führen sollte. Die Leistungsbereitschaft im Wettkampf<br />

wur<strong>de</strong> durch geplante Zwischenziele und kurzfristig gestellte erfüllbare Auf-<br />

gaben geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Die Erfüllbarkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> gestellten Aufgaben (500m und<br />

1.000m-Zeiten; technische Kontrollen unter <strong>de</strong>n Bedingungen höchster Be-<br />

lastung zum Beispiel in Start- und Endspurtsituationen) mussten von je<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Sportler in überzeugen<strong><strong>de</strong>r</strong> Form nachgewiesen wer<strong>de</strong>n. 1427<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> erfolgte eine Analyse <strong>de</strong>s psycho-moralischen <strong>Aus</strong>bildungszu-<br />

stan<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Hier war beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s die genaue Entwicklung „ihrer<br />

wirklichen persönlichen Beweggrün<strong>de</strong> und Einstellungen notwendig“. 1428 Es<br />

galt außer<strong><strong>de</strong>m</strong>, eine „spezielle Willensbereitschaft“ 1429 bei <strong>de</strong>n Sportlerinnen<br />

auszubil<strong>de</strong>n:<br />

„Die gegebene volle Einsatzbereitschaft <strong>de</strong>s Willens ist im Verlauf<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> gesamten <strong>Aus</strong>bildung zu schulen und auf <strong>de</strong>n höchsten Stand<br />

zu bringen. Dabei ist zu beachten, daß Willensspannkraft und Willensstoßkraft<br />

kein Gegensatzpaar sind, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n, daß eine Koppelung<br />

bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Eigenschaften die günstigste willensmäßige<br />

Voraussetzung bringt.“ 1430<br />

In Verbindung mit <strong>de</strong>n erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen physischen Voraussetzungen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>te<br />

die Kombination <strong><strong>de</strong>r</strong> Einsatzformen solche Eigenschaften, wie Steigerungs-<br />

fähigkeit, „sich voll ausgeben zu können, rasche Umstellungs- und Anspan-<br />

1425 Ebenda.<br />

1426 Vgl. ebenda, Bl. 232.<br />

1427 Vgl. ebenda.<br />

1428 Ebenda.<br />

1429 Ebenda.<br />

1430 Ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 344<br />

nungsfähigkeit“ 1431 (Zwischenspurts, Erhöhung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Senkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlagfre-<br />

quenz nach <strong>de</strong>n Erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>nissen <strong>de</strong>s Rennverlaufes).<br />

Damit die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Wettkampf „über sich selbst hinauswachsen“ 1432<br />

musste das Training angepasst wer<strong>de</strong>n. Die Basis hier<strong>für</strong> war ein hohes Ni-<br />

veau <strong><strong>de</strong>r</strong> psychisch-moralischen <strong>Aus</strong>bildung. Dies wur<strong>de</strong> gewährleistet, in-<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zum Beispiel mit <strong><strong>de</strong>m</strong> bewussten „Überwin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />

‘toten Punktes’, ständiger Aktivität, Energie, <strong>Aus</strong>dauer, Beharrlichkeit, Ziel-<br />

strebigkeit, Durchhaltefähigkeit und Anstrengungsbereitschaft“ 1433 konfron-<br />

tiert wur<strong>de</strong>n.<br />

Von <strong><strong>de</strong>r</strong>artigen Übungen versprachen sich die Trainer einen Gewinn <strong>für</strong> das<br />

taktische Rennverhalten. Dies sollte dadurch erzielt wer<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> ge-<br />

meinsam von Trainer und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen erarbeitete Plan unbedingt eingehal-<br />

ten wer<strong>de</strong>n musste. Den Sportlerinnen wur<strong>de</strong> zugestan<strong>de</strong>n, die Renntaktik<br />

„verantwortungsbewusst-sachkundig“ 1434 zu variieren. Sie waren allerdings<br />

aufgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, die folgen<strong>de</strong>n Grundanfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen zu erfüllen:<br />

„Gleichmäßigkeit <strong>de</strong>s Tempos und <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlagfrequenz auf allen<br />

Teilstrecken; das Rennen von vorne gewinnen, wobei bei zeitiger<br />

Führung gegen die Uhr weitergefahren wird: konkrete Teilaufgaben<br />

<strong>für</strong> Starts, Zwischenspurts, Endspurts, Variation <strong>de</strong>s Streckenschlages,<br />

Atmung und Entspannung, Vorgaberennen<br />

u.a.m..“ 1435<br />

Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Betreuung <strong>de</strong>s Trainingsprozesses bezogen die Verantwortlichen<br />

auch die sportfreie Zeit mit ein. Da laut DRSV in einer sinnvollen Freizeitge-<br />

staltung große Potenzen <strong>für</strong> die Persönlichkeitsformung liegen, war es erfor-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>lich, die Freizeitgestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Athleten zu ermitteln und ihnen „individuell<br />

mit Hilfe <strong>de</strong>s Kollektivs zur sinnvollen Gestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Freizeit Anregungen<br />

und Hilfe zu geben.“ 1436<br />

Nicht zuletzt sollte auch das intellektuelle Leistungsvermögen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen verstärkt wer<strong>de</strong>n. Hierzu gehörten beispielsweise die Analyse <strong>de</strong>s eige-<br />

nen Bewegungsablaufes, Filmauswertungen, Wettkampf- und<br />

Trainingsanalysen, Vorschläge <strong>für</strong> die Planung von Trainingseinheiten sowie<br />

1431 Ebenda, Bl. 233.<br />

1432 Ebenda.<br />

1433 Ebenda.<br />

1434 Ebenda.<br />

1435 Ebenda.<br />

1436 Ebenda, Bl. 235.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 345<br />

Literaturauswertungen. 1437 Die Ergebnisse wur<strong>de</strong>n sowohl im individuellen<br />

Gespräch als auch in Problemdiskussionen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsgruppe themati-<br />

siert.<br />

Die Vorgaben und Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen variierten in <strong>de</strong>n RTP<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> nachfolgen<strong>de</strong>n Jahre nur wenig. Man hielt es <strong>für</strong> notwendig, „die starken<br />

und schwachen Seiten“ 1438 <strong>de</strong>s Sportlers in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Bereichen aufzu-<br />

<strong>de</strong>cken:<br />

„In <strong>de</strong>n moralisch-bewußtseinsmäßigen Grundlagen seines Han<strong>de</strong>lns<br />

(Motive).<br />

In <strong>de</strong>n kenntnismäßigen Grundlagen (Allgemeinwissen, technischtaktisches<br />

Wissen und Können, Fähigkeit zum logischen Denken<br />

usw.).<br />

In <strong>de</strong>n körperlichen Voraussetzungen <strong>für</strong> Wettkampfhandlungen<br />

(Kraft, <strong>Aus</strong>dauer, Schnelligkeit, Gewandtheit, Geschicklichkeit, allgemein<br />

und sportspezifisch).<br />

Niveau <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Willens (Fähigkeit zu Willensentspannung,<br />

Willenseigenschaften)“. 1439<br />

Neben <strong>de</strong>n erzieherischen Aufgaben waren physiologische Zielstellungen in<br />

<strong>de</strong>n RTP verankert. Die verantwortlichen Trainingswissenschaftler vertraten<br />

in <strong>de</strong>n 60er Jahren die Meinung, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Faktor, um im Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n höhere Leistungen und Wettkampfintensität zu erreichen, die Verbesse-<br />

rung <strong>de</strong>s Herz-Kreislaufsystems war. Damit sollte eine optimale<br />

Sauerstoffversorgung durch Vergrößerung <strong>de</strong>s Schlag- und Minutenvolu-<br />

mens erreicht wer<strong>de</strong>n. 1440<br />

In <strong>de</strong>n RTP waren die Mittel und Metho<strong>de</strong>n <strong>für</strong> die athletische <strong>Aus</strong>bildung<br />

festgelegt. Diese bezogen sich auf die Bereiche Maximalkraft, Kraftausdauer,<br />

allgemeine und spezielle <strong>Aus</strong>dauer sowie Schnelligkeit. 1441 Zielgerichtetes<br />

Maximalkrafttraining war die Voraussetzung <strong>für</strong> eine Faserverdickung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Muskulatur, die zur Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>leistung und damit zu einer bes-<br />

1437 Vgl. ebenda, Bl. 236.<br />

1438 Ebenda.<br />

1439 Ebenda.<br />

1440 Vgl. ebenda, Bl. 237. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> besseren Entwicklung <strong>de</strong>s Herz-Kreislaufsystems ist eine<br />

vermehrte Durchblutung verbun<strong>de</strong>n, wodurch mehr Sauerstoff an die Muskeln herangeführt<br />

wird und auf diese Weise weniger leistungsmin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Stoffwechselzwischenprodukte<br />

entstehen. Einerseits wird die Ermüdung hinausgezögert, an<strong><strong>de</strong>r</strong>seits die Erholung<br />

beschleunigt.<br />

1441 Vgl. ebenda, Bl. 245.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 346<br />

seren Überwindung <strong>de</strong>s Bootswi<strong><strong>de</strong>r</strong>stan<strong>de</strong>s führen sollte. Die Trainer in <strong>de</strong>n<br />

Clubs waren angewiesen, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten und zweiten Vorberei-<br />

tungsperio<strong>de</strong> das Maximal- und Kraftausdauertraining konsequent durchzu-<br />

führen. 1442 Die Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> allgemeinen <strong>Aus</strong>dauer sollte neben <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n durch Sportarten wie Waldlauf, Ballspiele, Schwimmen, Skilauf, Rad<br />

fahren und Seil springen forciert wer<strong>de</strong>n. Dabei war zu beachten, dass die<br />

Belastung das sechs- bis achtfache <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampfstrecke umfasste. Im<br />

Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> allgemeinen athletischen <strong>Aus</strong>bildung erfolgte auch die Durch-<br />

führung eines Winterlagers zur aktiven Erholung.<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> mussten Übungen durchgeführt wer<strong>de</strong>n, die in ihrem Bewe-<br />

gungsablauf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ähnlich sind und solche, die <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung<br />

nicht entsprechen. Dies diente <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Antagonisten.<br />

Das Wassertraining war in <strong>de</strong>n 60er Jahren in Vorbereitungs- und Wett-<br />

kampfperio<strong>de</strong>n unterteilt. Der Hauptschwerpunkt lag im ersten und zweiten<br />

Abschnitt <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitungsphase auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlagenaus-<br />

dauer. Bevorzugt wur<strong>de</strong>n lange und überlange Strecken geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t. 1443 Die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen trainierten in diesen Phasen vorwiegend im Einer. Dabei achte-<br />

ten die Trainer beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s auf die Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Technik, <strong>de</strong>s Bewe-<br />

gungsablaufes und die volle <strong>Aus</strong>nutzung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>schlages. 1444 Der dritte<br />

und vierte Zyklus dieser Perio<strong>de</strong> galt verstärkt <strong><strong>de</strong>r</strong> speziellen <strong>Aus</strong>dauer. Da-<br />

bei wur<strong>de</strong> Wert darauf gelegt, dass <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen durch das Training auf<br />

bestimmten Teilstrecken <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampfdistanz Tempogefühl antrainiert wur-<br />

<strong>de</strong>.<br />

Im ersten Abschnitt <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampfperio<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Spezialbootsgattun-<br />

gen geru<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Zu diesem Zeitpunkt verlagerte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Schwerpunkt <strong>de</strong>s<br />

Trainings von <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundlagenausdauer zu Gunsten <strong><strong>de</strong>r</strong> speziellen <strong>Aus</strong>dauer<br />

1442 Es wur<strong>de</strong> empfohlen, mit kleinen Gewichten zu beginnen, um die Muskeln an <strong>de</strong>n Einsatz<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Maximalkraft zu gewöhnen. Die Haltearbeit sollte nicht länger als sechs Sekun<strong>de</strong>n<br />

betragen. Zusätzlich waren nach je<strong><strong>de</strong>r</strong> Belastung Streck- und Lockerungsübungen<br />

durchzuführen. Die Übungen im Bereich Maximalkraft beinhalteten zum Beispiel Anreißen<br />

aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Hocke, Umsetzen, liegend Anreißen von einem Kasten o<strong><strong>de</strong>r</strong> einer Bank,<br />

Beinstoß in <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückenlage sowie Fußbeugen mit Belastung. Die Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stän<strong>de</strong> mussten<br />

so gewählt wer<strong>de</strong>n, dass nicht mehr als fünf Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holungen möglich waren. Die Übungen<br />

zur Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kraftausdauer waren unterteilt in Arme, Beine und Rumpf.<br />

Für die Arme waren zum Beispiel Klimmzüge, Beugehänge und Klettereinheiten zu absolvieren.<br />

Die Beinmuskulatur schulten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen durch Kniebeugen und Strecksprünge.<br />

Vgl. ebenda, Bl. 238-245.<br />

1443 Vgl. ebenda, Bl. 239.<br />

1444 Vgl. ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 347<br />

sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Schnelligkeit. Im zweiten Abschnitt erfolgte die unmittelbare Wett-<br />

kampfvorbereitung. Das Hauptaugenmerk lag auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zu-<br />

sammenarbeit im Boot: Die technischen Fertigkeiten müssen sich unter<br />

Wettkampfbedingungen festigen. „Nationalmannschaften, die neu formiert<br />

sind, müssen die Zusammenarbeit beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s schulen.“ 1445<br />

Weiterhin wur<strong>de</strong> festgesetzt, dass sowohl im Training als auch im Wettkampf<br />

darauf hinzuarbeiten war, dass die Mannschaften durch gleichmäßiges<br />

Durchfahren <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Teilstrecken ihre Maximalleistung über die Ge-<br />

samtdistanz erreichten. Bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s ersten Abschnitts <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampf-<br />

perio<strong>de</strong> war die optimale Rennfrequenz zu entwickeln, die dann im zweiten<br />

Abschnitt bestätigt wer<strong>de</strong>n musste. 1446<br />

Die Überprüfung <strong>de</strong>s Trainingsfortschrittes und -zustan<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

erfolgte über regelmäßige Leistungskontrollen und Tests. Die Distanz betrug<br />

1.000m und teilte sich auf in: Einer 3:55 min., Doppelzweier 3:36 min., Dop-<br />

pelvierer 3:28-3:30 min., Riemenvierer 3:30-3:32 min./3:27,0/3:25,0 min. und<br />

Achter 3:15-3:19/3:12,0-3:13,0 min.. 1447<br />

In <strong>de</strong>n Spezialbootsklassen waren außer<strong><strong>de</strong>m</strong> zwei Kontrollen über je zwei-<br />

mal 500m zu absolvieren. Zusätzlich unterzogen sich die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen Maxi-<br />

malkraftüberprüfungen im Anreißen sowie im Beinstoß in <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückenlage. 1448<br />

Die Trainer waren angehalten, sich eine Übersicht über <strong>de</strong>n Leistungsstand<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Sportlerinnen durch „ein entsprechen<strong>de</strong>s Kontrolltraining zu verschaf-<br />

fen“. 1449 Hierzu führten sie Leistungsjournale, die auch als Kontrollbögen<br />

eingesetzt wur<strong>de</strong>n. 1450<br />

Die Ergebnisse <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsplanung und -steuerung reflektierte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV<br />

in verbandsinternen Analysen. Ergänzend fan<strong>de</strong>n sich Anweisungen zur so-<br />

zialistischen Erziehungs- und Bewusstseinsbildung, zur Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Trainings- und Wettkampfsysteme sowie Einschätzungen zur personellen,<br />

1445 Ebenda, Bl. 244.<br />

1446 Vgl. ebenda, Bl. 240.<br />

1447 Vgl. ebenda, Bl. 246.<br />

1448 Vgl. ebenda.<br />

1449 Ebenda.<br />

1450 Vgl. ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 348<br />

materiellen und finanziellen Bedingungen zur Erfüllung <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufgaben <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

genannten Zeitraum. 1451<br />

Bis En<strong>de</strong> 1970 war die Beschaffung von ausreichen<strong><strong>de</strong>m</strong> Bootsmaterial auf<br />

Grund <strong><strong>de</strong>r</strong> Finanzlage nur <strong>für</strong> die Spitze <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer gewährleistet. „Völlig<br />

unzureichend waren <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachwuchs und die Frauen versorgt wor<strong>de</strong>n“. 1452<br />

Der Generalsekretär <strong>de</strong>s DRSV, Gralla, führte allerdings an, dass die finan-<br />

ziellen Zuwendungen bis 1973 in <strong><strong>de</strong>r</strong> bisherigen Höhe weiterlaufen müssten.<br />

Erst dann wür<strong>de</strong> die neue Konzeption greifen. 1453<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Vierjahresanalyse wur<strong>de</strong> durch Gralla ebenfalls festgestellt, dass be-<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>e Unterstützungsmaßnahmen <strong>für</strong> die Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns<br />

erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich waren. „Hier liegen die größten Reserven einer schnellen Leis-<br />

tungssteigerung“. 1454 Zu <strong>de</strong>n zu treffen<strong>de</strong>n Maßnahmen gehörten die ver-<br />

stärkte Trainerausbildung und die Anwendung <strong><strong>de</strong>r</strong> wissenschaftlichen<br />

Forschung, somit „eine verstärkte wissenschaftliche Durchdringung <strong>de</strong>s Trai-<br />

nings und die Verbesserung <strong>de</strong>s Wettkampfprogramms.“ 1455<br />

Um das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n weiter zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n, waren ab 1972 „in allen KJS <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schwerpunkte Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Mädchen in die Klassen aufzunehmen“. 1456<br />

Die Vierjahresanalyse von 1977 bis 1980 wur<strong>de</strong> von <strong><strong>de</strong>m</strong> damaligen Gene-<br />

ralsekretär Horst Ahlgrimm vorgenommen:<br />

„Damit gelang es <strong>de</strong>n Männern seit 1966 zum 15. und <strong>de</strong>n Frauen<br />

seit 1973 zum 8. Mal in ununterbrochener Folge bei Weltmeisterschaften<br />

und Olympischen Spielen Platz 1 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationenwertung<br />

zu belegen.“ 1457<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong>, so Ahlgrimm weiter, war es gelungen, die jährliche Reduzierung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Fahrtzeiten von 1.45 Sekun<strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>n Frauen zu realisieren. Dies ent-<br />

sprach einer jährlichen Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootsgeschwindigkeit um durchschnitt-<br />

lich 0,67% bei <strong>de</strong>n Frauen. 1458<br />

1451<br />

DEUTSCHER RUDER-SPORT-VERBAND, „Vierjahresanalyse <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-<br />

Verban<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR über <strong>de</strong>n Zeitraum von 1969 bis 1972”, in: SAPMO-BARCH, DY<br />

12/1040‚ Fiche 2, Bl. 95.<br />

1452<br />

Ebenda, Bl. 115.<br />

1453<br />

Vgl. ebenda, Bl. 118.<br />

1454<br />

Ebenda, Bl. 116.<br />

1455<br />

Ebenda.<br />

1456<br />

Ebenda, Bl. 117.<br />

1457<br />

DEUTSCHER RUDER-SPORT-VERBAND, „Vierjahresanalyse <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-<br />

Verban<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR über <strong>de</strong>n Zeitraum von 1977 bis 1980”, in: SAPMO-BARCH, DY<br />

12/1035‚ Fiche 3, Bl. 221.<br />

1458<br />

Vgl. ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 349<br />

Diese Erfolge zeigten sich im Olympiazyklus bei <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Sie er-<br />

reichten ein überdurchschnittliches Leistungsniveau. Die internationale Spit-<br />

zenposition konnte nach <strong>de</strong>n OS in Moskau 1980 weiter gefestigt wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>kreis <strong>für</strong> die OS in Los Angeles war bereits vier Jahre vorher vor-<br />

han<strong>de</strong>n. 1459<br />

Dennoch waren sich die Verbandsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> einig, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> kontinuierliche<br />

Übergang von <strong><strong>de</strong>r</strong> Juniorinnen- in die Seniorinnenklasse weiterhin intensiv<br />

begleitet wer<strong>de</strong>n müsste, „um eine stabilere Leistungsfähigkeit und damit<br />

eine noch größere Leistungsbreite im Frauenbereich zu erreichen“. 1460 In<br />

diesem Zusammenhang wur<strong>de</strong> eine konsequentere Einhaltung <strong>de</strong>s Stufen-<br />

programms gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, was in erster Linie durch eine sorgfältige Betreuung<br />

und verstärkte leistungsmäßige Trennung <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainingsgruppen zu gewähr-<br />

leisten war. 1461 Der zu geringe Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>bestand hätte in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergangenheit da-<br />

zu geführt, dass nur die starken Athletinnen zu Spitzenleistungen fähig<br />

waren, während an<strong><strong>de</strong>r</strong>e vorzeitig ausschie<strong>de</strong>n. Damit konnte zwar die Leis-<br />

tungsspitze verbessert wer<strong>de</strong>n, „aber die Leistungsbreite wur<strong>de</strong> nicht im er-<br />

for<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen Maße vergrößert.“ 1462<br />

Neben <strong>de</strong>n Analysen und RTP existierten ebenfalls Arbeitspläne, in <strong>de</strong>nen<br />

die Hauptaufgaben <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s festgehalten wur<strong>de</strong>n. Für <strong>de</strong>n Olympia-<br />

zyklus von 1980 bis 1984 wur<strong>de</strong>n vom DRSV Konzeptions- und Planungsak-<br />

tivitäten dargestellt. Diese beinhalteten zum Beispiel trainingsmethodische<br />

Aspekte wie Prognosewettkampfleistungen und die Erarbeitung wesentlicher<br />

Teile <strong><strong>de</strong>r</strong> RTP und <strong><strong>de</strong>r</strong> allgemeinen Wissenschaftskonzeption in Kooperation<br />

mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Bereich Forschung und Entwicklung. 1463<br />

Der DRSV widmete sich Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre in einem Arbeitsplan <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

„Präzisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> spezifischen Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten <strong>de</strong>s Frauentrainings“. 1464 Hier<br />

fan<strong>de</strong>n beispielsweise die speziellen biologischen Voraussetzungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>innen Berücksichtigung. Nicht zuletzt ging es um die Optimierung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Renndistanz im Frauenbereich über 1.000m. 1465<br />

1459 Vgl. ebenda.<br />

1460 Ebenda. Bl. 228.<br />

1461 Vgl. ebenda.<br />

1462 Ebenda.<br />

1463 Vgl. DEUTSCHER RUDER-SPORT-VERBAND, „Arbeitsplan 1981“, in: SAPMO-BARCH, DY<br />

12/1268 ‚Fiche 1, Bl. 1.<br />

1464 Ebenda, Bl. 3.<br />

1465 Vgl. ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 350<br />

Zusammenfassend kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass die Planung, Steuerung<br />

und Durchführung <strong>de</strong>s Trainingsprozesses <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen mit <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Eintritt in die KJS begann und konsequent weitergeführt wur<strong>de</strong>. Für je<strong>de</strong> Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>in wur<strong>de</strong> individuell ein Trainingsplan erstellt. Des Weiteren folgte sie <strong>de</strong>n<br />

Anweisungen, die in <strong>de</strong>n RTP zu fin<strong>de</strong>n waren. Die <strong>Aus</strong>bildung von <strong><strong>de</strong>r</strong> Juni-<br />

orinnenklasse bis zur internationalen Eliteru<strong><strong>de</strong>r</strong>in erfolgte nicht nur im physi-<br />

schen und technisch-taktischen Bereich. Alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er und Trainer waren<br />

verpflichtet, an Maßnahmen und Veranstaltungen zur sozialistischen Erzie-<br />

hungs- und Bewusstseinsbildung teilzunehmen. Personen, die sich nicht sys-<br />

temkonform verhielten, mussten sich in Gesprächen stellen. Um <strong>de</strong>n Erfolg<br />

<strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s weiterhin zu sichern, wur<strong>de</strong>n Gutachten über alle Beteiligten<br />

angefertigt, die zum einen <strong>Aus</strong>kunft über politisch-i<strong>de</strong>ologische Einstellungen<br />

gaben. Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en wur<strong>de</strong> das sportliche Engagement erfasst und bewer-<br />

tet. Diese offenbarten Stärken und Schwächen. So fand sich beispielsweise<br />

<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Frauenbereich ein Gutachten über eine ehemalige verantwortliche<br />

Trainerin 1466 <strong>de</strong>s SC DHfK Leipzig:<br />

„Sportfreundin [...] ist bemüht, im Trainingsprozess die Zielstellungen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> sozialistischen Sportbewegung in Erziehung und <strong>Aus</strong>bildung<br />

zu verwirklichen. Sie versucht, wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse schöpferisch anzuwen<strong>de</strong>n. Bei ihrer gesamten Tätigkeit<br />

stößt sie persönlich in <strong><strong>de</strong>r</strong> pädagogischen Arbeit im Umgang<br />

mit <strong>de</strong>n Sportlern und <strong>de</strong>n Trainerkollegen auf<br />

Schwierigkeiten. Ebenso ist es schwer, sie davon zu überzeugen,<br />

kollektive Beschlüsse zu verwirklichen. Verbandsleitung und Clubleitung<br />

sind bemüht, die bestehen<strong>de</strong>n Fehler bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportfreundin<br />

[...] zu beseitigen.“ 1467<br />

In einem weiteren Gutachten fand sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Hinweis, dass die Verbands- und<br />

SC-Leitung mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportfreundin [...] ein Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>gespräch führen wür<strong>de</strong>:<br />

„Zur Zeit können wir uns <strong>de</strong>s Eindruckes nicht erwehren, daß das<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbands- und SC-Leitung in sie gesetzte Vertrauen von<br />

ihr nicht entsprechend erwi<strong><strong>de</strong>r</strong>t wird.“ 1468<br />

Gerechtfertigt wur<strong>de</strong> dieses Verfahren damit, dass „<strong><strong>de</strong>r</strong>zeitig bestehen<strong>de</strong>n<br />

Unzulänglichkeiten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauengruppe <strong><strong>de</strong>r</strong> DHfK meistens ihren Ursprung<br />

1466<br />

Der vollständige Name ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Verfasserin bekannt. Er wird hier allerdings aus datentechnischen<br />

Grün<strong>de</strong>n nicht angegeben.<br />

1467<br />

SAPMO-BARCH, DY 12/2962‚ Fiche 2, Bl. 118.<br />

1468 Ebenda, Bl. 149.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 351<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainerin“ 1469 fän<strong>de</strong>n. Aller Beurteilungen zum Trotz wur<strong>de</strong> sie 1966<br />

mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Titel „Verdienter Meister <strong>de</strong>s Sports“ ausgezeichnet. 1470 Zwei Jahre<br />

später be<strong>für</strong>wortete das Präsidium die Vergabe <strong><strong>de</strong>r</strong> „Verdienstmedaille <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR“ an [...]. Der damalige Vizepräsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s, Hofmann, äußerte<br />

sich dazu folgen<strong><strong>de</strong>r</strong>maßen:<br />

„Aufgrund ihrer Trainertätigkeit hat sie großen Anteil an <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung<br />

<strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns beim SC Wissenschaft DHfK Leipzig<br />

und <strong>de</strong>s gesamten Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. [...] Als Trainerin<br />

<strong>de</strong>s SC Wissenschaft DHfK Leipzig sowie als zeitweilig eingesetzte<br />

Trainerin zur Vorbereitung von Nationalmannschaftska<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

leiste sie eine sehr zielstrebige und erfolgreiche Arbeit.“ 1471<br />

Zusammenfassend kann <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungssport festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass<br />

sich die <strong>Aus</strong>wahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Athleten an genau festgelegten Kriterien messen ließ.<br />

Sportler und Trainer wur<strong>de</strong>n instrumentalisiert, um die Überlegenheit <strong>de</strong>s<br />

Sozialismus gegenüber an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Gesellschaftsformen zu <strong><strong>de</strong>m</strong>onstrieren.<br />

7.2.2 DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften<br />

Bereits im August 1946 hatten Frauen die Möglichkeit, an einer Regatta in<br />

Greifswald teilzunehmen. Es wur<strong>de</strong>n zwei Rennen <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ausge-<br />

schrieben. Nur einen Monat später fand die erste regionale Nachkriegsregat-<br />

ta in Berlin-Grünau statt. 1472 Hier konnten bereits 39 Teilnehmerinnen<br />

verzeichnet wer<strong>de</strong>n.<br />

1947 gelang es, die ersten Frauenregatten zu organisieren. Diese waren die<br />

Wannsee-Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Regatta am 12. Juni, die Grünauer Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Regatta am 26. Juni sowie die Wannsee-Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Regatta am 24. Ju-<br />

li. 1473<br />

1949 kam es zu <strong>de</strong>n ersten nationalen Titelkämpfen unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Bezeichnung<br />

Ostzonen-Meisterschaft. Ein Jahr später wur<strong>de</strong> die Bezeichnung in DDR-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften (DRM) geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Diese fan<strong>de</strong>n bis 1990 statt. Ab 1971<br />

wur<strong>de</strong>n außer<strong><strong>de</strong>m</strong> Meisterschaften auf verkürzten Strecken <strong>für</strong> die BSG ab-<br />

gehalten. Diese stellten <strong>für</strong> die BSG-Sektionen einen wertvollen Anreiz dar,<br />

1469<br />

Ebenda.<br />

1470<br />

Vgl. SAPMO-BARCH, DY 12/2965‚ Fiche 1, Bl. 93.<br />

1471<br />

Ebenda.<br />

1472<br />

Vgl. WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR, S. 11.<br />

1473 Vgl. ebenda, S. 27.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 352<br />

<strong>für</strong> Frauen und Männern <strong>de</strong>n Wettkampfsport zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Für viele ehemalige<br />

Eliteru<strong><strong>de</strong>r</strong>er war dies außer<strong><strong>de</strong>m</strong> eine Möglichkeit, <strong><strong>de</strong>m</strong> Sport treu zu bleiben.<br />

Die Rennen <strong><strong>de</strong>r</strong> DRM wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n 50er Jahren zunächst nach <strong>de</strong>n Be-<br />

stimmungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ausgetragen. Diese waren i<strong>de</strong>ntisch mit <strong>de</strong>n<br />

AWB <strong>de</strong>s DRV. Alle <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s In- und <strong>Aus</strong>lan<strong>de</strong>s, die einer<br />

Sportgemeinschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, einem Verbandsverein o<strong><strong>de</strong>r</strong> einem<br />

<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein im <strong>Aus</strong>land angehörten, konnten teilnehmen. 1474 Die<br />

siegen<strong>de</strong>n Sportgemeinschaften und Vereine erhielten einen silbernen Ei-<br />

chenzweig, die erfolgreichen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen das Meisterschaftsabzeichen und<br />

eine Urkun<strong>de</strong>. 1475 Die Streckenlänge betrug <strong>für</strong> Frauenrennen 1.000m.<br />

Zur besseren Übersicht sind die Bootsklassen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> folgen<strong>de</strong>n<br />

Tabelle dargestellt:<br />

Bootsklasse ausgefahren Bemerkung<br />

1x 1949 bis 1990<br />

2x 1950 bis 1990<br />

4x 1949 bis 1990 bis 1984 mit Steuermann<br />

2- 1968 bis 1990<br />

4- 1952 bis 1990 bis 1988 mit Steuermann<br />

8+ 1953 bis 1990<br />

Leichtgewicht ab 1964 Pokalwettkämpfe<br />

1x 1951 bis 1970 Höchstgewicht 59kg<br />

2x 1952 bis 1970 Durchschnittsgewicht 57kg<br />

4x+ 1951 bis 1970 Durchschnittsgewicht 57kg<br />

Tab. 9: Bootsklassen <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns bei <strong>de</strong>n DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften<br />

Es kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass die DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen schnell Zugang zu<br />

allen Skull- und Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>klassen gefun<strong>de</strong>n haben. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong>de</strong>utlich<br />

wird dies in <strong>de</strong>n Großbooten <strong><strong>de</strong>r</strong> Riemenklassen. Der Zweier ohne Steuer-<br />

mann wur<strong>de</strong> erst 1968 durch die FISA international zugelassen, womit <strong><strong>de</strong>r</strong> im<br />

Vergleich späte Beginn dieser Disziplin erklärt wer<strong>de</strong>n kann. Die Bootsklas-<br />

sen im Leichtgewichtsbereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen wur<strong>de</strong>n lediglich von 1951 bis 1963<br />

1474 Vgl. SAPMO-BARCH, DY 12/332‚ Fiche 1, Bl. 49.<br />

1475 Vgl. ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 353<br />

unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Bezeichnung DRM ausgetragen. Danach wur<strong>de</strong>n diese Rennen<br />

unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Namen Pokalwettkampf ausgefahren. Ab 1970 strich <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband<br />

aufgrund <strong>de</strong>s mangeln<strong>de</strong>n Interesses und <strong><strong>de</strong>r</strong> daraus resultieren<strong>de</strong>n gerin-<br />

gen Beteiligung alle Leichtgewichtsrennen im Frauen- und Männerbe-<br />

reich. 1476<br />

Auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR wur<strong>de</strong>n von 1951 bis 1963 Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Wettbewerbe im Dop-<br />

pelvierer mit Steuermann abgehalten. Die Bewertungsstrecke betrug insge-<br />

samt 1.000m mit Wen<strong>de</strong>punkten. 1477 In diesem Zeitraum war das<br />

Mel<strong>de</strong>ergebnis stabil. Lediglich 1960 waren nur zwei Boote am Start. An-<br />

sonsten konnten immer alle drei Medaillen vergeben wer<strong>de</strong>n. 1478 Erfolgreiche<br />

Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen kamen beispielsweise von <strong><strong>de</strong>r</strong> BSG Einheit Mitte Halle. Dieser<br />

Gemeinschaft gelang es von 1952 bis 1954 dreimal in Folge <strong>de</strong>n Titel zu ge-<br />

winnen. In Anerkennung ihrer Leistung wur<strong>de</strong>n Brigitta Pfeiffer, Ingeborg<br />

Schulz, Erika Helbing und Ingeborg Becher mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Titel „Verdienter Meister<br />

<strong>de</strong>s Sports“ ausgezeichnet. 1479 Weitere erfolgreiche Clubs waren die Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen <strong>de</strong>s SC Einheit Dres<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>s SC Einheit Berlin, die mehrfach Titel<br />

gewannen und Podiumsplatzierungen erzielten.<br />

Die DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften im Einer wur<strong>de</strong>n von einzelnen Sportlerin-<br />

nen stark geprägt. An erster Stelle ist Gisela Jäger von <strong><strong>de</strong>r</strong> BSG Motor<br />

Baumschulenweg zu nennen. Ihre Leistungen sind bis heute unerreicht. In<br />

<strong>de</strong>n Jahren von 1957 bis 1965 wur<strong>de</strong> sie neunmal in Folge DDR-Meisterin im<br />

Einer. Bis zu ihrem Karriereen<strong>de</strong> 1973 stand sie je<strong>de</strong>s Jahr auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Sieger-<br />

po<strong>de</strong>st. Sie gewann zusätzlich noch vier Silber- und vier Bronzemedaillen in<br />

dieser Bootsklasse. 1480 Ihre Nachfolgerin war Anita Kuhlke von <strong><strong>de</strong>r</strong> BSG Mo-<br />

tor Wildau, die es insgesamt auf sieben Meistertitel in Folge brachte. 1481 Von<br />

1966 bis 1972 war sie die überlegene Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in in dieser Disziplin. Ebenfalls<br />

sehr erfolgreich waren Christine Scheiblich vom SC Einheit Dres<strong>de</strong>n und Jut-<br />

1476 Vgl. W. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften von 1949 bis 1990“, in: http://www.rrkonline.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/ddrmeist/ddr-alle.htm,<br />

Zugriff am 6. 4. 2009.<br />

1477 Vgl. SAPMO-BARCH, DY 12/332‚ Fiche 1, Bl. 49.<br />

1478 Vgl. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften von 1949 bis 1990“, Zugriff am 6. 4. 2009.<br />

1479 Vgl. W. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften Doppelvierer mit Steuerfrau, Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

– Frauen (Plätze 1-3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/ddrmeist/ddr-fstdv.htm,<br />

Zugriff am 6. 4. 2009.<br />

1480 Vgl. W. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften Einer – Frauen (Plätze 1-3)“, in:<br />

http://rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/ddrmeist/ddr-f-einer-htm, Zugriff am 6. 4. 2009.<br />

1481 Vgl. ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 354<br />

ta Hampe vom SC Dynamo Berlin, die jeweils vier Titel im Einer <strong>für</strong> sich be-<br />

anspruchen konnten. 1482<br />

Der Doppelzweier wur<strong>de</strong> 1951 in das Programm <strong>de</strong>s DRM aufgenommen. In<br />

<strong>de</strong>n 50er Jahren gewannen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s SC Wissenschaft DHfK Leipzig<br />

insgesamt fünf Titel. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s erfolgreich war Herta Manger, später<br />

Weissig, die viermal als Erste das Rennen been<strong>de</strong>te. Hinzu kamen weitere<br />

Po<strong>de</strong>stplätze <strong>für</strong> sie. Die 60er Jahre wur<strong>de</strong>n von Hannelore Göttlich von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

BSG Chemie Pirna mitgestaltet, die es mit unterschiedlichen Partnerinnen<br />

auf vier Titel im Doppelzweier brachte. 1483 Monika Sommer und Ursula<br />

Pankraths aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Renngemeinschaft SG Dynamo Potsdam und SC Einheit<br />

Dres<strong>de</strong>n erreichten von 1965 bis 1967 durchgängig <strong>de</strong>n ersten Platz. Gisela<br />

Jäger beherrschte auch diese Bootsklasse. Sie erzielte von 1963 bis 1971<br />

<strong>de</strong>n ersten Platz. Im ersten Jahr ru<strong><strong>de</strong>r</strong>te sie mit Ursula Pankraths. In <strong>de</strong>n fol-<br />

gen<strong>de</strong>n Jahren war ihre Partnerin Rita Schmidt-Köppen von <strong><strong>de</strong>r</strong> BSG Luft-<br />

fahrt Berlin. 1484 Den letzten Titel 1990 gewannen Kathrin Boron und Beate<br />

Schramm von <strong><strong>de</strong>r</strong> Potsdamer RG.<br />

Die Sieger <strong>de</strong>s ersten Meisterschaftsrennens 1949 im Doppelvierer mit<br />

Steuerfrau kamen vom RV Collegia Wannsee Berlin. Von 1953 bis 1955<br />

stellte <strong><strong>de</strong>r</strong> SC Dynamo Berlin mit wechseln<strong>de</strong>n Mannschaften <strong>de</strong>n DDR-<br />

Meister. 1485 Siegreiche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus <strong>de</strong>n Kleinbooten konnten sich auch<br />

in die Siegerlisten in dieser Bootsklasse eintragen. In <strong>de</strong>n 60er Jahren waren<br />

dies zum Beispiel Herta Weissig, Hannelore Göttlich, Monika Sommer und<br />

Christiane Münzberg. Sie alle gewannen Titel und erzielten Platzierun-<br />

gen. 1486 Die Sportlerinnen <strong>de</strong>s SC Dynamo Berlin, Inge Bartlog, Inge Gabriel,<br />

Ingelore Bahls, Dagmar Horst und Steuerfrau Karin Luck, holten in <strong>de</strong>n 60er<br />

Jahren drei Titel in Folge. 1969 konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> Club nochmals <strong>de</strong>n ersten Platz<br />

erreichen, allerdings in leicht verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ter Besetzung. 1487<br />

Die 70er und 80er Jahre waren durch Namen geprägt, die bis heute im <strong>de</strong>ut-<br />

schen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport bekannt sind. Die langjährige Bun<strong>de</strong>strainerin Jutta Lau<br />

1482 Vgl. ebenda.<br />

1483 Vgl. W. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften Doppelzweier – Frauen (Plätze 1-3)“,<br />

in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/ddrmeist/ddr-f-dz.htm, Zugriff am 6. 4.<br />

2009.<br />

1484 Vgl. ebenda.<br />

1485 Vgl. W. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften Doppelvierer – Frauen (Plätze 1-3)“, in:<br />

http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/ddrmeist/ddr-f-dv.htm, Zugriff am 6. 4. 2009.<br />

1486 Vgl. ebenda.<br />

1487 Vgl. ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 355<br />

war ebenso erfolgreich in dieser Bootsklasse wie das heutige DRV-<br />

Vorstandsmitglied Kerstin Förster, geborene Pieloth. Weitere siegreiche<br />

Doppelvierer-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen waren in diesem Zeitraum Jutta Hampe, Jutta<br />

Schenk, geborene Ploch, Cornelia Linse, Kriemhild Gierke, Jana Sorgers,<br />

Birgit Peter, Beate Schramm, Kathrin Boron sowie Ramona Balthasar. 1488<br />

In allen Skulldisziplinen <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse sind über <strong>de</strong>n gesamten Zeitraum<br />

konstante Mel<strong>de</strong>fel<strong><strong>de</strong>r</strong> zu verzeichnen. Nur in wenigen Rennen traten zwei<br />

Mannschaften beziehungsweise Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gegeneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> an. Eine Anek-<br />

dote zum Schluss: <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Titel im Einer wur<strong>de</strong> 1949 an Gisela Sei<strong>de</strong>l-<br />

Raddatz von <strong><strong>de</strong>r</strong> BSG Einheit Zentrum Potsdam konkurrenzlos vergeben.<br />

Im Riemenzweier <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen traten in <strong>de</strong>n ersten zwei Jahren lediglich zwei<br />

Boote an. Dieses Ergebnis war ebenfalls 1973 und 1977 zu verzeichnen.<br />

1970 fand das Rennen nicht statt. Ansonsten starteten zumin<strong>de</strong>st drei Boote,<br />

so dass alle Medaillen vergeben wer<strong>de</strong>n konnten. 1489 Der Riemenvierer mit<br />

Steuerfrau wur<strong>de</strong> seit 1952 ausgetragen. Auch hier gab es Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er<br />

und 60er Jahre häufiger kleinere Mel<strong>de</strong>fel<strong><strong>de</strong>r</strong> mit nur zwei Booten. 1490 Der<br />

Frauenachter war seit 1953 Bestandteil <strong><strong>de</strong>r</strong> DRM. Lediglich in <strong>de</strong>n Jahren<br />

1956 und 1963 hatte nur eine Mannschaft gemel<strong>de</strong>t. In <strong>de</strong>n 80er und 90er<br />

Jahren waren befriedigen<strong>de</strong> Teilnehmerzahlen zu verzeichnen. Allerdings<br />

fan<strong>de</strong>n die Rennen vor allem in <strong>de</strong>n 60er und 70er Jahren häufig nur zwi-<br />

schen zwei Booten statt. Erwähnenswert erscheint in diesem Zusammen-<br />

hang, dass erfolgreiche Skullerinnen wie Jutta Lau, Inge Bartlog, Ingelore<br />

Bahls, Dagmar Horst und Ramona Balthasar ebenfalls an <strong>de</strong>n DRM im Ach-<br />

ter teilnahmen und Titel gewannen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Platzierungen erreichten. 1491<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Betrachtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmerinnen fällt auf, dass viele in allen drei<br />

Riemenbootsklassen starteten. So genannte „Doppelstarts“ schienen an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Tagesordnung. Erfolgreiche Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in <strong>de</strong>n 60er und 70er Jahren<br />

waren zum Beispiel Inge Mundt, Angelika Noack, Sabine Dähne, Renate<br />

Boesler, Gerlin<strong>de</strong> Doberschütz, Monika Mittenzwei und Renate Schlenzig.<br />

1488 Vgl. ebenda.<br />

1489 Vgl. W. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften Zweier-ohne – Frauen (Plätze 1-3)“, in:<br />

http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/ddrmeist/ddr-f-zo.htm, Zugriff am 6. 4. 2009.<br />

1490 Vgl. W. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften Riemenvierer – Frauen (Plätze 1-3)“, in:<br />

http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/ddrmeist/ddr-f-rv.htm, Zugriff am 6. 4. 2009.<br />

1491 Vgl. W. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften Achter – Frauen (Plätze 1-3)“, in:<br />

http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/ddrmeist/ddr-f-acht.htm, Zugriff am 6. 4.<br />

2009.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 356<br />

Sie seien hier stellvertretend <strong>für</strong> weitere siegreiche „Doppelstarterinnen“ ge-<br />

nannt. Im Zweier verdienen die Erfolge von Marita Gasch-Sandig und Silvia<br />

Fröhlich vom SC DHfK Leipzig Beachtung. Sie holten Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre<br />

dreimal in Folge <strong>de</strong>n Titel. 1492 Hinzu kamen weitere Titel und Platzierungen<br />

im Vierer und Achter.<br />

Dies war auch möglich, da im Achter durchgängig <strong><strong>de</strong>r</strong> Start von Rennge-<br />

meinschaften erlaubt war. In einigen Jahren gelang es <strong>de</strong>nnoch einzelnen<br />

Clubmannschaften, <strong>de</strong>n ersten Platz zu belegen. 1983 und 1985 traten die<br />

verbandseigenen Boote unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Bezeichnung DRSV I, II und III gegenei-<br />

nan<strong><strong>de</strong>r</strong> an. 1989 holte die Mannschaft DRSV I gegen Renngemeinschaften<br />

Gold bei <strong>de</strong>n DRM.<br />

Der DRSV för<strong><strong>de</strong>r</strong>te bereits Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre das Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen. 1952 wur<strong>de</strong>n Rennen im Einer und Doppelvierer mit Steuermann<br />

ausgetragen. Ein Jahr später kam noch <strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelzweier hinzu. Die Teil-<br />

nehmerzahlen im Doppelvierer waren wie in allen Bootsgattungen nicht mehr<br />

zufrie<strong>de</strong>n stellend. Im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> Umbenennung <strong><strong>de</strong>r</strong> DRM in Pokalwettkampf<br />

wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelvierer aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Programm genommen. 1493 Häufig waren im<br />

Vorfeld nur zwei Boote am Start. Für <strong>de</strong>n Doppelzweier kann eine ähnliche<br />

Entwicklung festgehalten wer<strong>de</strong>n. In dieser Disziplin waren die Teilnehmer-<br />

zahlen prinzipiell größer als im Großboot. Dennoch wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelzweier<br />

von 1966 bis 1968 nicht ausgefahren. Lediglich 1969 kam noch ein Rennen<br />

im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> DRM zu Stan<strong>de</strong>. 1494 Auch in <strong>de</strong>n Leichtgewichtsklassen un-<br />

ternahmen einige Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen Doppelstarts. Gut gelang dies zum Beispiel<br />

Almut Gäbel, die in allen drei Klassen Titel und Medaillen erzielen konnte.<br />

Gleiches galt auch <strong>für</strong> Helga Schlittermann-Fischer, die im Leichtgewichtsei-<br />

ner fünf Titel in Folge erreichte und zu<strong><strong>de</strong>m</strong> im Doppelzweier siegte. 1495 In<br />

dieser Bootsklasse dominierten in <strong>de</strong>n 50er Jahren Johanna Knoll und Ruth<br />

1492<br />

Vgl. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften Zweier-ohne – Frauen (Plätze 1-3)“, Zugriff<br />

am 6. 4. 2009.<br />

1493<br />

Vgl. W. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften Lgw.-Doppelvierer – Frauen (Plätze 1-<br />

3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/ddrmeist/ddr-flg-dv.htm, Zugriff am 6.<br />

4. 2009.<br />

1494<br />

Vgl. W. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften Lgw.-Doppelzweier – Frauen (Plätze 1-<br />

3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/ddrmeist/ddr-flg-dz.htm, Zugriff am 6.<br />

4. 2009.<br />

1495<br />

Vgl. W. HOFFMANN, „DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>meisterschaften Leichtgewichts-Einer – Frauen (Plätze<br />

1-3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/ddrmeist/ddr-flg-einer.htm, Zugriff<br />

am 6. 4. 2009.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 357<br />

Harre-Linhart. Sie gewannen insgesamt fünf Titel bei <strong>de</strong>n DRM. Bei<strong>de</strong> holten<br />

ebenfalls einen ersten Platz im Einer sowie zwei Siege im Großboot.<br />

Zusammenfassend kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass die Teilnahme von<br />

Frauen in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Bootsklassen konsequent und progressiv um-<br />

gesetzt wur<strong>de</strong>. Verbote hinsichtlich <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns existierten in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR nicht. Lediglich die Leichtgewichtsklassen wur<strong>de</strong>n aufgegeben, da das<br />

Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen nicht groß war und die Selektion <strong><strong>de</strong>r</strong> Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>athle-<br />

tinnen, die im Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Jugendalter begann, auf große und kräftige Frau-<br />

en abzielte.<br />

7.3 Gesamt<strong>de</strong>utsche Meisterschaften von 1954 bis 1957<br />

Von 1954 bis 1957 veranstalteten <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV und die Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>s<br />

<strong>Deutschen</strong> Turn- und Sportbun<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR gemeinsame Deutsche Meister-<br />

schaften. 1496 Insgesamt zeigte sich eine Dominanz <strong><strong>de</strong>r</strong> ost<strong>de</strong>utschen Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen. Von zwölf Titeln gingen sieben an die Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Alle vier<br />

Finalläufe im Doppelvierer gewannen die Frauen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. In dieser<br />

Bootsklasse offenbarte sich ein <strong>de</strong>utliches Leistungsgefälle von Ost nach<br />

West: Von 1955 bis 1957 erreichten sogar nur Mannschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Sektion<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n die Podiumsplätze. 1497 Sehr erfolgreich waren die Mannschaften <strong>de</strong>s<br />

SC Motor Berlin, <strong>de</strong>s SCW DHfK Leipzig sowie SC Dynamo Berlin, die meh-<br />

rere Titel erru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten. Lediglich Ingrid Scholz konnte von 1954 bis 1956 <strong>de</strong>n<br />

Titel im Einer gewinnen. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> ging <strong><strong>de</strong>r</strong> Sieg im Doppelzweier 1954 und<br />

1957 an <strong>de</strong>n DRV. Die folgen<strong>de</strong> Tabelle fasst diese Ergebnisse zusammen:<br />

Jahr Einer Doppelzweier Doppelvierer<br />

1954 BRD BRD DDR<br />

1955 BRD DDR DDR<br />

1956 BRD DDR DDR<br />

1957 DDR BRD DDR<br />

1496 Die Grün<strong>de</strong> sowie die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamt<strong>de</strong>utschen Meisterschaften sind in Kap.<br />

4.6 „Kalter Krieg auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Regattabahn“ dargestellt.<br />

1497 Vgl. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Doppelvierer – Frauen (Plätze 1-3)“,<br />

Zugriff am 16. 12. 2008.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 358<br />

Tab. 10: Siege bei <strong>de</strong>n gesamt<strong>de</strong>utschen Meisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen von 1954 bis 1957 1498<br />

7.4 Internationale Meisterschaften<br />

Die gesamt<strong>de</strong>utschen Meisterschaften dienten von 1955-1957 als Qualifika-<br />

tionsrennen <strong>für</strong> die Europameisterschaften im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Die Aufnahme <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sektion Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in die FISA 1955 ging einher mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Verpflichtung, eine ge-<br />

samt<strong>de</strong>utsche Mannschaft zu entsen<strong>de</strong>n. Von 1958 an veranstaltete die<br />

DDR eigene Meisterschaften, so dass <strong>für</strong> die Benennung <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen<br />

Bootsklassen bis 1964 separate Qualifikationsrennen durchgeführt wer<strong>de</strong>n<br />

mussten.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Bau <strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Mauer 1961 verschlechterte sich das ohnehin an-<br />

gespannte Verhältnis. Die BRD brach die sportlichen Beziehungen zur DDR<br />

ab. 1499 Die Vergabe <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen-EM nach Berlin-Grünau führte 1962 zum<br />

Boykott <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennen durch <strong>de</strong>n DRV. In welchem Spannungszustand die<br />

gemeinsamen Wettbewerbe bis dahin stattgefun<strong>de</strong>n hatten, beschreibt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

damalige DSB-Präsi<strong>de</strong>nt Daume:<br />

„Der Sportverkehr zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> sowjetischen Besatzungszone hat seit <strong><strong>de</strong>r</strong> unseligen Spaltung<br />

Deutschlands immer unter verschie<strong>de</strong>nen Gesichtspunkten gestan<strong>de</strong>n.<br />

Er war <strong>für</strong> die Turn- und Sportbewegung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

<strong>Aus</strong>druck <strong><strong>de</strong>r</strong> menschlichen, sportlichen und<br />

turnbrü<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen Verbun<strong>de</strong>nheit mit <strong>de</strong>n Kamera<strong>de</strong>n jenseits <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zonengrenze. Für das Regime <strong><strong>de</strong>r</strong> Zone war <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamt<strong>de</strong>utsche<br />

Sportverkehr schwerpunktmäßig immer nur ein Mittel zur Durchsetzung<br />

sportpolitischer Ziele.“ 1500<br />

Bei <strong>de</strong>n Männern war <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV <strong><strong>de</strong>r</strong> dominieren<strong>de</strong> Verband. Dies führte dazu,<br />

dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV in <strong>de</strong>n 60er Jahren generell wenig Interesse an <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>-<br />

scheidungsrennen zeigte. Bei <strong>de</strong>n Frauen jedoch ergab sich eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Verhandlungslage. Der Vierer und <strong><strong>de</strong>r</strong> Achter wur<strong>de</strong>n bei allen Europameis-<br />

terschaftsrennen direkt mit Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s DRSV besetzt, da <strong>de</strong>n DRV-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong><strong>de</strong>r</strong> Start in Riemenbooten durch die damalig gültigen Verbands-<br />

gesetze nicht möglich war.<br />

1498 Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND (Hrsg.), Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport Almanach 1987-1988. Jahrbuch<br />

und Adressbuch <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, Min<strong>de</strong>n 1988, S. 53-55.<br />

1499 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 139.<br />

1500 Ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 359<br />

Jahr DRV DRSV<br />

1958 1x; 2x 4x+<br />

1959 2x 1x; 4x+<br />

1960 - 1x; 4x+<br />

1961 - 1x; 2x; 4x+<br />

1962 - 2x; 4x+<br />

1963 1x 2x; 4x+<br />

1964 1x 2x; 4x+<br />

Tab. 11: Sieger <strong><strong>de</strong>r</strong> Qualifikationsrennen <strong>für</strong> die Frauen-Europameisterschaften 1501<br />

Die FISA legte fest, dass im Flaggenwald <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmernationen die Olym-<br />

piafahne <strong>für</strong> die <strong>de</strong>utschen Mannschaften zu hissen war. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Siegerze-<br />

remonie wur<strong>de</strong> ebenfalls diese Fahne verwen<strong>de</strong>t. Die FISA verfügte<br />

außer<strong><strong>de</strong>m</strong>, dass anstatt <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationalhymnen bei einem <strong>de</strong>utschen Sieg die<br />

O<strong>de</strong> „Freu<strong>de</strong> schöner Götterfunken“ von Ludwig van Beethoven abzuspielen<br />

war. 1502 Damit folgte <strong><strong>de</strong>r</strong> internationale Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband <strong>de</strong>n Bestimmungen<br />

<strong>de</strong>s IOC.<br />

Für <strong>de</strong>n gesamten Zeitraum <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>scheidungswettkämpfe ist eine Domi-<br />

nanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportlerinnen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR zu verzeichnen. Nur vier DRV-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen konnten sich in <strong>de</strong>n Selektionsrennen behaupten. Diese waren<br />

Ursula Vogt 1958 im Einer, Ingrid Scholz und Änne Horneff im Doppelzweier<br />

1958 und 1959 sowie Karen Wolf (Ulrich), 1963 und 1964 im Einer. 1503 Be-<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>s Wolfs Leistungen müssen erwähnt wer<strong>de</strong>n, da <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV nach drei-<br />

jähriger Pause erstmals wie<strong><strong>de</strong>r</strong> bei einer EM im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vertreten war.<br />

„Wenn auch nur mit einer kleinen Delegation, aber wir waren dabei.“ 1504<br />

1960 verzichtete <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV auf die Rennen im Einer und Doppelzweier, da die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen als zu schwach eingestuft wur<strong>de</strong>n. Die Überlegenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-<br />

Sportlerinnen ist auch auf die intensive staatliche För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung zurückzuführen,<br />

zum Beispiel durch die<br />

1501 Vgl. ebenda, S. 140.<br />

1502 SAPMO-BARCH, DY 12/3820‚ Fiche 2, Bl. 150.<br />

1502 UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 139.<br />

1503 SCHMIDT-LEHNERT, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Wettkampfsports <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen, S. 18.<br />

1504 I. ARNTZEN, „Drei Silbermedaillen <strong>für</strong> gesamt<strong>de</strong>utsche Mannschaft“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

81(1963)27, S. 627.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 360<br />

„Gründung von Sport Clubs, auch im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, [...], beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

<strong>Aus</strong>wahlverfahren, Internatsunterbringung. Berufs- und Studienför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Sportler und [...] durch ausgebil<strong>de</strong>te Trainer an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

seit 1950 in Leipzig gegrün<strong>de</strong>ten ‘<strong>Deutschen</strong> Sporthochschule <strong>für</strong><br />

Körperkultur’ (DHfK).“ 1505<br />

Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> erfuhr das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR eine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

durch i<strong>de</strong>ale Voraussetzungen im Trainingsbetrieb, Sportwissenschaft und<br />

Medizin „sowie materielle Anreize, die durch <strong>de</strong>n Mangel an Gütern in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR verstärkt wer<strong>de</strong>n.“ 1506 Nicht zuletzt wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Sport <strong>für</strong> politische Zwe-<br />

cke instrumentalisiert. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Hochleistungssports sollte „ein<br />

spürbarer Leistungsanstieg, vor allem in <strong>de</strong>n „olympischen Sportarten er-<br />

reicht und damit auch die Überlegenheit <strong>de</strong>s Sports im Sozialismus doku-<br />

mentiert wer<strong>de</strong>n.“ 1507<br />

Der Aufwärtstrend <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen zeigte sich erstmals <strong>de</strong>utlich in <strong>de</strong>n<br />

<strong>Aus</strong>scheidungskämpfen 1961, als <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband alle Rennen gewann. Auch<br />

die Hoffnung, wenigstens im Einer o<strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelzweier einen zweiten Platz zu<br />

erringen, erfüllten sich nicht <strong>für</strong> die West<strong>de</strong>utschen. 1508<br />

1965 boykottierte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV aus politischen Grün<strong>de</strong>n die <strong>Aus</strong>scheidungsren-<br />

nen, so dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV nach 1954 und 1955 erneut die alleinige Mannschaft<br />

stellte. Von 1966 an wur<strong>de</strong>n keine <strong>Aus</strong>scheidungsrennen mehr ausgefahren.<br />

Das IOC und die FISA erkannten die DDR staatsrechtlich an. Damit war <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DRSV berechtigt, eine eigene Nationalmannschaft zu entsen<strong>de</strong>n.<br />

7.4.1 Europameisterschaften<br />

Bereits 1953 wur<strong>de</strong> im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer-Europameisterschaften (EM) in<br />

Kopenhagen eine „Internationale Damenregatta“ ausgeschrieben. Deutsche<br />

Teilnehmer waren Scholz im Einer und Goltz/Hey<strong>de</strong>n im Doppelzweier aus<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik. 1509<br />

Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> FISA-Kongress in Montreux 1954 wur<strong>de</strong> die Einführung von Frauen-<br />

Europameisterschaften beschlossen. <strong>Aus</strong>geschrieben waren Rennen im Ei-<br />

ner, Doppelzweier, Doppelvierer mit Steuermann, Vierer mit Steuermann<br />

1505<br />

BEYER, „Der an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Weg“, S. 667.<br />

1506<br />

F. RÖMLING, Frauensport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, Diplomarbeit DSHS Köln, Köln 1982, S. 65.<br />

1507<br />

BEYER, „Der an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Weg“, S. 667.<br />

1508<br />

Vgl. C. WALLMANN, „Die DRSV-Frauen gewannen alle <strong>Aus</strong>scheidungsrennen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

sport 79(1961)22, S. 536.<br />

1509 Vgl. LEHMANN, „Chronik“, S. 49.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 361<br />

sowie im Achter. Der Doppelvierer kam auf Wunsch <strong>de</strong>s DRV hinzu, da die<br />

DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen keine Riemenmannschaften stellen konnten. Die Strecken-<br />

länge betrug 1.000m. Im Vorfeld einigten sich die Delegierten auf ein einheit-<br />

liches internationales Regelwerk:<br />

„The <strong>de</strong>legates agreed to establish international regulations for<br />

women’s competitive rowing that took into account both ‘physiological<br />

and cultural consi<strong><strong>de</strong>r</strong>ations’, limiting women’s racing to<br />

1000 metres (half the distance of the men’s events), as well as the<br />

number and types of events available to them.“ 1510<br />

Die Festlegung <strong><strong>de</strong>r</strong> Streckenlänge brachte organisatorische Probleme mit<br />

sich, da die Startbrücken nicht schnell genug umgebaut wer<strong>de</strong>n konnten.<br />

Dies führte dazu, dass die Frauen-EM eine Woche vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer-EM ab-<br />

gehalten wur<strong>de</strong>. Schweinbenz kommentierte diese Aufteilung:<br />

„As a result, the women’s championships were held one week<br />

prior to the men’s, which further <strong>de</strong>emphasised the importance of<br />

the event and established them as a si<strong>de</strong>show to the men’s regatta.<br />

1511<br />

Bereits auf <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten EM in Amsterdam 1954 konnten Goltz/Hey<strong>de</strong>n einen<br />

zweiten Platz <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRV erringen. 1956 gewann Scholz <strong>de</strong>n einzigen Titel<br />

einer DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in bis zur Einstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> EM 1973. Ein Jahr später erreich-<br />

te sie mit Ursula Vogt im Doppelzweier außer<strong><strong>de</strong>m</strong> noch einen zweiten<br />

Platz. 1512 1958 folgte ein dritter Platz im Einer.<br />

Bis 1965 gelang <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV keine Po<strong>de</strong>stplatzierung mehr. Zum einen schei-<br />

terten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>scheidungsrennen, zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en war die<br />

weitere internationale Konkurrenz zu stark. Eine Möglichkeit zur Bilanzver-<br />

besserung bot sich 1965, als <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV auf die Rennen verzichtete und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DRV die alleinige Mannschaft <strong>für</strong> die EM in Duisburg stellte. Diese Chance<br />

wur<strong>de</strong> von Annemarie Rupprecht und Christl Schmidt-Lehnert als Dritte im<br />

Doppelzweier genutzt. Im folgen<strong>de</strong>n Jahr wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holten sie ihren Erfolg, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückkehr <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen nicht erwartet wor<strong>de</strong>n war. 1513<br />

Dieterle merkte hierzu an:<br />

1510<br />

A. SCHWEINBENZ, Paddling Against the Current. A History of Women’s Competitive International<br />

Rowing Between 1954 and 2003, S. 11.<br />

1511<br />

Ebenda. Bis 1981 wur<strong>de</strong>n EM und WM <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen und Männer getrennt voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

abgehalten.<br />

1512<br />

Vgl. SCHMIDT-LEHNERT, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Wettkampfsports <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen, S. 17.<br />

1513 Vgl. ebenda, S. 18.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 362<br />

„Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnahme unserer drei Boote im Finale hatten einige gerechnet,<br />

die meisten hatten sie erhofft. Wie gut sich unsere Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

bewährten – <strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelzweier als einziges<br />

westeuropäisches Boot unter <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Mannschaften aus <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Osten – das übertraf die meisten Erwartungen.“ 1514<br />

1971 erkämpften Edith Baumann im Einer und Astrid Hohl mit Bärbel Kohl-<br />

haas jeweils einen dritten Platz. Die EM in Kopenhagen 1972 brachte außer-<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> noch zwei vierte Plätze, so dass erstmalig <strong><strong>de</strong>r</strong> vierte Preis in <strong><strong>de</strong>r</strong> „Dutch<br />

Windmill Trophy“ 1515 erreicht wer<strong>de</strong>n konnte. Der Doppelvierer mit Steuer-<br />

mann lan<strong>de</strong>te auf <strong><strong>de</strong>m</strong> dritten Platz. Dies war die erste Medaille in dieser<br />

vom DRV stark geför<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Bootsklasse. Bei <strong>de</strong>n letzten Europameister-<br />

schaften 1973 in Moskau erreichte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV nochmals zwei dritte Plätze: er-<br />

neut Edith Eckbauer, geborene Baumann im Einer und Astrid Hohl und<br />

Regine Adam im Doppelzweier. 1516<br />

Im Riemenbereich konnten die DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen erst ab 1969 in das Ge-<br />

schehen eingreifen. Beim ersten Start auf <strong><strong>de</strong>r</strong> EM in Klagenfurt gewann die<br />

Mannschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> RG Germania Kiel eine Bronzemedaille. Ein Jahr später er-<br />

zielte die Renngemeinschaft Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club/Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege Etuf<br />

Essen das gleiche Ergebnis. 1517<br />

Die DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen traten erstmalig 1956 international in Erscheinung:<br />

„Mit <strong><strong>de</strong>m</strong> ersten internationalen Start von DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bei<br />

<strong>de</strong>n Fraueneuropameisterschaften 1956 in Bled/Jugoslawien war<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Beginn einer erfolgreichen Entwicklung im Bereich <strong>de</strong>s Leistungssports<br />

im DRSV <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR eingeleitet wor<strong>de</strong>n.“ 1518<br />

Der Doppelzweier mit Herta Manger und Gisela Pünner vom SC DHfK Leip-<br />

zig und die Achtermannschaft <strong>de</strong>s SC Motor Berlin gewannen jeweils eine<br />

Bronzemedaille.<br />

Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s DRSV konnten sich bei je<strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnahme steigern. Die<br />

ersten Silbermedaillen wur<strong>de</strong> 1958 in Posen vom Doppelvierer und vom Ach-<br />

ter errungen. Auf die erste Goldmedaille musste <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband trotz aller För-<br />

1514<br />

I. DIETERLE, „Europameisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 83(1965)29, S. 627.<br />

1515<br />

Vgl. I. DIETERLE, „Zwei Bronzemedaillen und zwei vierte Plätze“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

89(1971)24, S. 548.<br />

1516<br />

Vgl. ebenda, S. 19.<br />

1517<br />

Vgl. W. HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Europameisterschaften seit 1913. Deutsche Medaillenerfolge.<br />

Gold, Silber und Bronze“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong> /ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/em<br />

wmolyrud/emrud.htm, Zugriff am 19. 12. 2008.<br />

1518<br />

WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR,<br />

S. 123.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 363<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ung bis 1960 warten. Herta Weissig, Gisela Heiße, Hannelore Göttlich,<br />

Helga Richter und Steuerfrau Karla Frister überquerten im Doppelvierer mit<br />

Steuermann als Schnellste die Ziellinie. 1519 Hinzu kam noch eine Silberme-<br />

daille durch <strong>de</strong>n Achter sowie ein dritter Platz durch <strong>de</strong>n Vierer mit Steuer-<br />

mann. 1961 konnten sogar vier Medaillen erru<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n: Silber <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Doppelzweier und Achter, Bronze <strong>für</strong> die bei<strong>de</strong>n Vierer. 1520 Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> EM im<br />

eigenen Land 1962 erreichte die DDR <strong>de</strong>n zweiten Platz in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Nationenwertung. Das Ergebnis lautete hier: dreimal Silber und einmal Bron-<br />

ze. 1521 Damit erreichte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV das im Vorfeld ausgegebene Ziel: Der seit<br />

drei Jahren gehaltene Platz in „<strong><strong>de</strong>r</strong> Nationenwertung hinter <strong><strong>de</strong>r</strong> UdSSR ist zu<br />

halten und auszubauen.“ 1522<br />

Die <strong>Aus</strong>tragung <strong><strong>de</strong>r</strong> EM 1962 war von großer Be<strong>de</strong>utung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRSV. Dies<br />

be<strong>de</strong>utete „in <strong><strong>de</strong>r</strong> augenblicklichen Situation einen Schlag gegen die sportpo-<br />

litische Politik Bonns und <strong><strong>de</strong>r</strong> west<strong>de</strong>utschen Sportführung“. 1523 Gera<strong>de</strong> wäh-<br />

rend <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitungszeit wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Frauen- und Mädchenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Aufmerksamkeit geschenkt, um die Breitenentwicklung <strong>de</strong>s Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR zu <strong><strong>de</strong>m</strong>onstrieren. Die FISA sollte außer<strong><strong>de</strong>m</strong> dazu<br />

angehalten wer<strong>de</strong>n, die bisher versagte Gleichberechtigung von Frauen im<br />

Verband weiter auszubauen. 1524 Denn<br />

„mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Meisterschaften in unserem sozialistischen<br />

Staat muß gleichzeitig die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im gesellschaftlichen<br />

und sportlichen Leben zum <strong>Aus</strong>druck kommen und muß<br />

mithelfen, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport im internationalen Maßstab<br />

seine berechtigte Anerkennung fin<strong>de</strong>t“. 1525<br />

Weiterhin galt es, im Verband und in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>landspropaganda die gleichbe-<br />

rechtigte Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im DRSV herzustellen. 1526<br />

Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre zeichnete sich erstmals die Dominanz <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>für</strong> die Zeit bis zur Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung ab: Der Doppelvierer und<br />

1519<br />

HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Europameisterschaften seit 1913. Deutsche Medaillenerfolge. Gold,<br />

Silber und Bronze“, Zugriff am 19. 12. 2008.<br />

1520<br />

Vgl. ebenda.<br />

1521<br />

Vgl. WINKLER, Die geschichtliche Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR, S. 124.<br />

1522<br />

SAPMO-BARCH, DY 12/3820‚ Fiche 1, Bl. 2.<br />

1523<br />

SAPMO-BARCH, DY 12/3822‚ Fiche 2, Bl. 121.<br />

1524 Vgl. ebenda.<br />

1525 Vgl. ebenda, Bl. 162.<br />

1526 Vgl. ebenda, Bl. 121.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 364<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Achter wur<strong>de</strong>n 1964 Europameister, <strong><strong>de</strong>r</strong> Vierer mit Steuermann erreichte<br />

die Silbermedaille.<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> EM 1966 in Amsterdam fand eine Art Wachablösung statt. Dem<br />

DRSV wur<strong>de</strong> erstmalig <strong><strong>de</strong>r</strong> Preis Le Moulin à Vent Hollandais 1527 überreicht.<br />

Dreimal Gold und zweimal Bronze konnten bei dieser Regatta von <strong>de</strong>n ost-<br />

<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen eingefahren wer<strong>de</strong>n. Dieterle berichtete von <strong><strong>de</strong>r</strong> Leis-<br />

tung <strong>de</strong>s DRSV-Doppelvierers, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Vormachtstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spiegelte:<br />

„Die prachtvolle Wasserarbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Blätter bis zum Schluß voll und mit Druck im Wasser stehen, ließ<br />

sie an <strong>de</strong>n Russinnen vorbeigehen, die nun aber ungefähr<strong>de</strong>t an<br />

zweiter Stelle einliefen.“ 1528<br />

Bis zu diesem Zeitpunkt führte die Sowjetunion „die Liste <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Nationenwertung, das ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Preis ‘<strong><strong>de</strong>r</strong> holländischen Windmühle’, an“. 1529<br />

Die UdSSR gewann bis 1965 diesen Preis durchgängig. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> EM in Ber-<br />

lin-Grünau 1968 wur<strong>de</strong>n „Russlands Frauen innerhalb von sechs Jahren zum<br />

zweiten Mal im Kampf um die Nationenwertung geschlagen“. 1530 Gleiches<br />

gelang in Tata 1970. Dort konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV drei Titel sowie eine Silber- und<br />

eine Bronzemedaille <strong>für</strong> sich verbuchen. Der damalige FISA-Präsi<strong>de</strong>nt Tho-<br />

mas Keller wandte sich in dieser Angelegenheit an <strong>de</strong>n ost<strong>de</strong>utschen Ver-<br />

band:<br />

„Mein Glückwunsch gilt Ihren Damen. Sie haben die Spitzenposition<br />

nach Grünau 1968 erneut wie<strong><strong>de</strong>r</strong> erkämpft. Und das in einer<br />

Art und Weise, die je<strong><strong>de</strong>m</strong> imponieren mußte.“ 1531<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnahme 1971 erzielte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV das bis dahin schlechteste Er-<br />

gebnis. In jenem Jahr konnte lediglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Titel im Einer durch Anita Kuhlke<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> BSG Motor Wildau gewonnen wer<strong>de</strong>n, die von 1966 bis 1977 sie-<br />

1527 Hierbei han<strong>de</strong>lt es sich um einen Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>preis, <strong><strong>de</strong>r</strong> vom Königlich-Holländischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

anlässlich <strong>de</strong>s ersten internationalen Frauen-Län<strong><strong>de</strong>r</strong>kampfes in Mâcon gestiftet<br />

wur<strong>de</strong>. 1954 wur<strong>de</strong> dieser an die FISA übergeben und alljährlich <strong><strong>de</strong>m</strong> erfolgreichsten<br />

Verband verliehen. Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND (Hrsg.), Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport Almanach 1976.<br />

Jahrbuch und Adreßbuch <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, Min<strong>de</strong>n 1977, S. 96.<br />

1528 I. DIETERLE, „Silber <strong>für</strong> Annemarie Rupprecht und Christl Schmidt-Lehnert“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

sport 84(1966)25, S. 561.<br />

1529 W. ULRICH, „Achte Europameisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 79(1961)26, S.<br />

607.<br />

1530 W. ULRICH, „Vorherrschaft <strong>de</strong>s Ostens unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>t“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 86(1968)24, S. 541.<br />

1531 W. SYDOW, „Drei Europameistertitel <strong>für</strong> unsere Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“, in: Der <strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

11(1970)11, S. 2.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 365<br />

benmal in Folge die DDR-Meisterschaft im Einer gewann. Hinzu kamen vier<br />

Europameistertitel – 1967, 1969, 1970 und 1971 – <strong><strong>de</strong>r</strong> Gewinn einer Silber-<br />

medaille 1969 und zwei dritte Plätze 1966 und 1972. 1532 Die Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> das<br />

beschei<strong>de</strong>ne Abschnei<strong>de</strong>n bei <strong><strong>de</strong>r</strong> EM in Kopenhagen wur<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Fach-<br />

zeitschrift Der <strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport kommentiert:<br />

„Die XVIII. Frauen-Europameisterschaften auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Bagsvaerdsee<br />

bei Kopenhagen zeigten mit aller Deutlichkeit, daß die Leistungsspitze<br />

im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf <strong><strong>de</strong>m</strong> europäischen Kontinent sich verstärkt<br />

hat und auch zusammengerückt ist. Das wur<strong>de</strong> durch die<br />

Ergebnisse in <strong>de</strong>n fünf Titelkämpfen noch unterstrichen.“ 1533<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> EM in Bran<strong>de</strong>nburg 1972 reichte es erneut „nur“ zur Silbermedaille<br />

im Vierer mit Steuermann sowie zu zwei Bronzemedaillen im Achter und Ei-<br />

ner. Der DRSV-Präsi<strong>de</strong>nt Hofmann sah die Prognosen <strong>de</strong>s Vorjahres bestä-<br />

tigt und erklärte:<br />

„Die Maßstäbe wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Mannschaften gesetzt, die hier Titel<br />

gewonnen haben. Unser Abschnei<strong>de</strong>n muss unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Aspekt<br />

gesehen wer<strong>de</strong>n, daß hier die jüngste Vertretung am Start war,<br />

die unsere Republik jemals vertreten hat.“ 1534<br />

Die letzte EM in Moskau konnte mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Titel im Doppelvierer mit Steuer-<br />

mann abgeschlossen wer<strong>de</strong>n. Hinzu kamen noch zwei Silbermedaillen im<br />

Achter und im Riemenvierer. 1535<br />

Die sowjetischen und ost<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen stellten bei <strong><strong>de</strong>r</strong> letzten EM<br />

das Hauptaufgebot in <strong>de</strong>n Finalrennen. In die Wertung um <strong>de</strong>n „Windmüh-<br />

lenpreis“ kamen aber 1973 zehn Nationen, das heißt Mannschaften aus zehn<br />

Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n erreichten die Finalplatzierungen von eins bis fünf. 1536 Erfolgreichste<br />

Nation war wie schon 1972 die Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lan<strong>de</strong>. 1537 Die positive Entwicklung im<br />

internationalen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und <strong><strong>de</strong>r</strong> Versuch, Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in das Pro-<br />

gramm <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen Spiele aufzunehmen, führten zur Einstellung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

EM zu Gunsten von Weltmeisterschaften <strong>für</strong> Frauen.<br />

1532<br />

Vgl. HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Europameisterschaften seit 1913. Deutsche Medaillenerfolge.<br />

Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 19. 12. 2008.<br />

1533<br />

[ohne Verfasser], „Gold <strong>für</strong> Anita Kuhlke“, in: Der <strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 12(1971)10, S. 2.<br />

1534<br />

[ohne Verfasser], „Gold, Silber, Bronze – Frauen-EM“, in: Der <strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

13(1972)10, S. 2.<br />

1535<br />

Vgl. HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Europameisterschaften seit 1913. Deutsche Medaillenerfolge.<br />

Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 19. 12. 2008.<br />

1536<br />

Vgl. I. DIETERLE, „Am Silbernen knapp vorbei“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 91(1973)26, S. 579.<br />

1537<br />

Vgl. R. ZIEL, „DRV-Frauen <strong>für</strong> Olympia“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 102(1984)7, S. 169.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 366<br />

7.4.2 Weltmeisterschaften<br />

Die ersten Weltmeisterschaft (WM) <strong>für</strong> Frauen wur<strong>de</strong> 1906 im Eiskunstlaufen<br />

abgehalten. Es folgten Fechten 1929 und Gymnastik 1950. Die Weltmeister-<br />

schaften <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen wur<strong>de</strong>n 1974 vergleichsweise spät eingeführt. Seit<br />

1988 nehmen Frauen außer<strong><strong>de</strong>m</strong> an <strong><strong>de</strong>r</strong> so genannten Nichtolympischen<br />

Weltmeisterschaft (NOWM) in <strong>de</strong>n Disziplinen Frauen-Einer-Leichtgewicht,<br />

Frauen-Doppelzweier-Leichtgewicht, Frauen-Doppelvierer-Leichtgewicht und<br />

Frauen-Vierer ohne Steuermann teil.<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten WM in Luzern erweiterte die FISA das Programm <strong><strong>de</strong>r</strong> EM um<br />

die Bootsklasse Zweier ohne Steuermann, so dass ein Gleichgewicht im<br />

Skull- und Riemenangebot erreicht wur<strong>de</strong>. 1538<br />

Zum ersten Rennen im Leichtgewichtsbereich im Rahmen einer WM kam es<br />

1985 im Vierer ohne Steuermann und im Doppelzweier. Der Einer folgte<br />

1988. Der Vierer wur<strong>de</strong> erst 1997 <strong>für</strong> die Bootsklasse Doppelvierer ohne<br />

Steuermann aufgegeben.<br />

Nach langen Verhandlungen begrüßte FISA-Präsi<strong>de</strong>nt Thomas Keller die<br />

erste WM im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n: „Wir freuen uns über die enorme Entwicklung,<br />

die <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport genommen hat.“ 1539<br />

Die Dominanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus Osteuropa setzte sich bei <strong>de</strong>n Weltmeis-<br />

terschaften fort, wie die folgen<strong>de</strong> Abbildung 1540 zeigt:<br />

1538<br />

Bis zu <strong>de</strong>n OS in Seoul 1988 wur<strong>de</strong> die Bootsklasse Vierer mit Steuermann ausgefahren,<br />

danach nur noch ungesteuert.<br />

1539<br />

J. KAPSCH, „Triumph <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Frauen in Luzern“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR 15(1974)10, S.<br />

2.<br />

1540<br />

DEUTSCHER RUDERVERBAND (Hrsg.), Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport Almanach 1987-1988, S. 92.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 367<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Abb. 8: Gesamtzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Siege bei Frauen-Weltmeisterschaften von 1974 bis 1989<br />

1990 konnte die DDR nochmals die Titel im Einer, Doppelzweier und Dop-<br />

pelvierer gewinnen. Hinzu kamen Bronze im Zweier, Vierer und Achter. 1541<br />

Gleich bei <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Weltmeisterschaft bestätigten die ost<strong>de</strong>utschen Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen ihre Leistungen aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorjahr. Vier Weltmeistertitel im Einer, Vie-<br />

rer, Doppelvierer und Achter konnten verzeichnet wer<strong>de</strong>n. Zusätzlich<br />

erreichten sie noch einen zweiten Platz im Zweier ohne und eine Bronzeme-<br />

daille im Doppelzweier. DRSV-Präsi<strong>de</strong>nt Wilfried Hofmann äußerte sich zu-<br />

frie<strong>de</strong>n: „Unsere Erwartungen wur<strong>de</strong>n hier bei weitem übertroffen.“ Mit<br />

diesem Ergebnis hätten auch die kühnsten Optimisten nicht gerechnet.“ 1542<br />

Neben <strong>de</strong>n DDR-Sportlerinnen waren es vor allem die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

UdSSR und aus Rumänien, die dieser ersten Weltmeisterschaft das Güte-<br />

siegel aufdrückten. 1543<br />

Trotz dieser starken Konkurrenz gelang es <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV, eine Silbermedaille im<br />

Doppelzweier zu erringen. Zusätzlich wur<strong>de</strong> dreimal <strong><strong>de</strong>r</strong> vierte Platz be-<br />

legt. 1544<br />

40<br />

18<br />

DDR UdSSR Rumänien Bulgarien<br />

1541<br />

Vgl. W. HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Weltmeisterschaften seit 1962. Deutsche Medaillenerfolge –<br />

Gold, Silber und Bronze“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

/emwmolyrud/wmrud.htm, Zugriff am 22. 12. 2008.<br />

1542<br />

J. KAPSCH, „Triumph <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Frauen in Luzern“, S. 2.<br />

1543<br />

Vgl. ebenda.<br />

1544<br />

Vgl. HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Weltmeisterschaften seit 1962. Deutsche Medaillenerfolge –<br />

Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 22. 12. 2008.<br />

11<br />

4


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 368<br />

1975 gewann <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV eine Bronzemedaille im Vierer. 1978 konnte zu<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

ein zweiter Platz im Doppelvierer erreicht wer<strong>de</strong>n. Bis 1985 sollten dies aller-<br />

dings die einzigen Medaillen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRV bleiben.<br />

Für die Weltmeisterschaft in München 1981 nominierte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV nur zwei<br />

Boote: <strong>de</strong>n Vierer und <strong>de</strong>n Doppelzweier. 1545 Im Vorfeld dieser Veranstaltung<br />

hatte es bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Nominierungskriterien Unruhe im Verband gegeben.<br />

Dieterle wies jedoch die Behauptungen zurück, dass die Frauen aus finanzi-<br />

ellen Grün<strong>de</strong>n zu Gunsten <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer hätten zurückstecken müssen. Im<br />

Gegenteil:<br />

„Wir wollten es nicht. Wir hatten vor zwei Jahren in Bled <strong>de</strong>n Mädchen<br />

gesagt, sie sollten jetzt richtig weitermachen <strong>für</strong> die Olympischen<br />

Spiele. Das haben sie getan. Dann fielen die Olympischen<br />

Spiele <strong>für</strong> uns aus, die Mädchen verloren die Lust und haben aufgehört.<br />

Wir wollen jetzt erst wie<strong><strong>de</strong>r</strong> langsam aufbauen.“ 1546<br />

Der Aufbau einer neuen Mannschaft kostete Zeit. Auch 1983 konnte bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

WM in Duisburg keine Medaille <strong>für</strong> DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen verbucht wer<strong>de</strong>n. Erst<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> WM 1985 in Hazewinkel stan<strong>de</strong>n west<strong>de</strong>utsche Sportlerinnen wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Podium. Der DRV holte die erste WM-Goldmedaille seiner Ver-<br />

bandsgeschichte überhaupt. Eine Renngemeinschaft aus Frank-<br />

furt/Her<strong>de</strong>cke/Hei<strong>de</strong>lberg/Hanau ru<strong><strong>de</strong>r</strong>te zum Titel im Leichtgewichts-Frauen-<br />

Vierer-ohne. 1547 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> erreichten Brigitte Helmers und Alrun Urbach Sil-<br />

ber im leichten Doppelzweier. Der DRV avancierte mit seiner Leichtge-<br />

wichtsmannschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen zum erfolgreichsten Verband bei <strong><strong>de</strong>r</strong> WM<br />

1985. 1548 Die Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen sind insgesamt erfolgreicher als ihre<br />

„schweren“ Kolleginnen. 1986, 1988 und 1989 gewann <strong><strong>de</strong>r</strong> leichte Vierer<br />

Bronze, 1987 sogar Silber. Angela Schuster erreichte 1988 einen zweiten<br />

Platz im Leichtgewichtseiner. Ebenfalls Bronze gewannen die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

<strong>de</strong>s Doppelzweiers.<br />

Die Einführung <strong>de</strong>s internationalen Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns be<strong>de</strong>utete einen<br />

Aufschwung <strong>für</strong> das west<strong>de</strong>utsche Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Ueberhorst äußerte sich<br />

1545<br />

Vgl. K. NEUFERT, „Die Weltmeisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 99(1981)27, S.<br />

544.<br />

1546<br />

Ebenda.<br />

1547<br />

Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen waren Evelyn Herwegh, Monika Wolf, Sonja Petri und Claudia Engels.<br />

HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Weltmeisterschaften seit 1962. Deutsche Medaillenerfolge – Gold,<br />

Silber und Bronze“, Zugriff am 22. 12. 2008.<br />

1548<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Die Weltmeisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

103(1985)27, S. 556.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 369<br />

folgen<strong><strong>de</strong>r</strong>maßen: „Das Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns hat seine Be<strong>de</strong>utung in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gleichheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Startvoraussetzungen durch ein limitiertes Gewicht und eine<br />

festgelegte Wiegezeit“. 1549 Dies machte sich vor allem im direkten Vergleich<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Verbän<strong>de</strong> bemerkbar, da <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV nicht <strong>für</strong> Rennen<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen-Leichtgewichtsklasse mel<strong>de</strong>te. Bis dahin waren nur große und<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend auch schwerere Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wor<strong>de</strong>n.<br />

Diese wur<strong>de</strong>n schon im Kin<strong>de</strong>salter gesichtet. An<strong><strong>de</strong>r</strong>e Ostblocknationen hin-<br />

gegen, wie beispielsweise Rumänien, Ungarn, Polen und die UdSSR, betei-<br />

ligten sich von Anfang an am Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen. 1550<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse waren die DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong>de</strong>n 80er<br />

Jahren nicht konkurrenzfähig. Erst 1987 wur<strong>de</strong> in einem Artikel über die WM<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport berichtet, dass „<strong><strong>de</strong>r</strong> DRV endlich mal wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ei-<br />

ne richtige Mannschaft zusammen“ 1551 habe. Dies bezog sich nicht nur auf<br />

die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch auf das <strong>Aus</strong>scheidungsverfahren.<br />

Und schließlich<br />

„hinterlassen sowohl die Zweier-ohne als auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Achter einen<br />

Eindruck von frisch auftrumpfen<strong>de</strong>n Frauen, die hier nicht nur international<br />

Erfahrungen sammeln o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar Kanonenfutter <strong>für</strong> die<br />

Ostblockru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen abgeben, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n vielmehr frisch mitkämpfen<br />

wollen.“ 1552<br />

Zum ersten Mal seit 1983 mel<strong>de</strong>te <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV 1987 auch wie<strong><strong>de</strong>r</strong> einen Frauen-<br />

achter. Vorausgegangen war das „Projekt 1987“. 1553 Unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Leitung von<br />

Peter Josten konnte das Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Finalteilnahme erreicht wer<strong>de</strong>n. Der Rie-<br />

menbereich stabilisierte sich langsam. Bei <strong>de</strong>n Skullerinnen hingegen war in<br />

Kopenhagen in <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse keine DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in am Start. 1554<br />

Es dauerte bis 1990, bis <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV mit Ingeburg Althoff und Stefani<br />

Werremeier im Zweier die ersten Weltmeisterinnen in <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse<br />

präsentieren konnte. Ein Jahr zuvor been<strong>de</strong>ten sie das Rennen als Zweite.<br />

Das En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre war insgesamt erfolgreich, angesichts <strong><strong>de</strong>r</strong> Schwie-<br />

rigkeiten mit <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband anfänglich zu kämpfen hatte. Titie Jordache<br />

1549 Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 164.<br />

1550 Vgl. [ohne Verfasser], „Die Weltmeisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, S. 554.<br />

1551 [ohne Verfasser], „Die Weltmeisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 105(1987)24, S.<br />

580-583.<br />

1552 Ebenda.<br />

1553 Vgl. ebenda, S. 583.<br />

1554 Vgl. ebenda.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 370<br />

bestätigte diese Entwicklung mit einem dritten Platz im Einer 1989. 1990 er-<br />

reichte sie außer<strong><strong>de</strong>m</strong> Silber. Der Frauenvierer holte ebenfalls eine Bronze-<br />

medaille.<br />

Gera<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre gestaltete sich <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRV schwierig. So<br />

been<strong>de</strong>ten die west<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen 1982 die Nationenwertung auf<br />

Platz 13. Keines <strong><strong>de</strong>r</strong> gestarteten Boote konnte sich <strong>für</strong> ein Finale qualifizie-<br />

ren. 1555 Dieses Ergebnis stellte <strong>de</strong>n „absoluten Tiefpunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> bisherigen Ent-<br />

wicklung <strong>de</strong>s Frauenleistungssports im DRV dar.“ 1556 Anne Dickmann führte<br />

als Grün<strong>de</strong> die schlechte Vorbereitung an. Vor allem aber kritisierte sie das<br />

fehlen<strong>de</strong> Höhentraining, obwohl die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

„<strong>für</strong> dieses Ziel [...] sogar beträchtliche Eigenmittel bereitgestellt<br />

hatten, damit es nicht am Geld scheitert. Am Schluß fehlten 3000,-<br />

DM, die verglichen mit <strong>de</strong>n Gesamtkosten, [...] einen fast unerheblichen<br />

Betrag darstellten. Warum waren die Frauen nun nicht<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Höhe?“ 1557<br />

Das Höhentraining wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR auch im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n konsequent an-<br />

gewandt. Die Verantwortlichen in <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD vertraten dagegen die Meinung,<br />

dass „sie <strong>für</strong> die 1.000m Distanz angeblich nichts brächten“. 1558 Die Erfolge<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> ost<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen beweisen allerdings das Gegenteil: Kein an<strong>de</strong>-<br />

res Land war erfolgreicher als die DDR im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport.<br />

Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> gelungenen Auftakt bei <strong><strong>de</strong>r</strong> WM 1974 setzten die DRSV-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> WM in Nottingham 1975 Maßstäbe. Die Titel im Einer,<br />

Zweier, Doppelvierer, Vierer und Achter gingen an die DDR. 1559<br />

Noch erfolgreicher war die DDR bei <strong><strong>de</strong>r</strong> WM in Amsterdam 1977. Der DRSV<br />

holte alle sechs Goldmedaillen. Dieser Erfolg ist bis heute unerreicht:<br />

„Dieser 27. August war ein <strong>de</strong>nkwürdiger Tag in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte<br />

unseres Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s. Denn erstmals gelang es einem Verband,<br />

alle zu vergebenen Titel zu erkämpfen. Und mit welchen<br />

Leistungen. Alle bestehen<strong>de</strong>n Bahnrekor<strong>de</strong> wur<strong>de</strong>n bei i<strong>de</strong>alen<br />

Witterungsbedingungen unterboten. Die Reihe begann bei <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

1555<br />

Vgl. VIEZENZ, Die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, S.73.<br />

1556<br />

I. DIETERLE, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen reißen sich am Riemen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 101(1983)4, S. 67.<br />

1557<br />

A. DICKMANN, „Höhentraining <strong>für</strong> Frauen – eine Farce“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 100(1982)34, S.<br />

731.<br />

1558<br />

BECKER, Mit Rock und Riemen, S. 134.<br />

1559<br />

Vgl. J. KAPSCH, „Eine Bilanz, die mehr als gut war“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR 16(1975)11,<br />

S. 3.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 371<br />

Vierer mit Steuermann und en<strong>de</strong>te beim Achter – eine Mannschaft<br />

herauszuheben, be<strong>de</strong>utet eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e hintenanzusetzen.“ 1560<br />

Wie beeindruckt die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Nationen von dieser Vorstellung waren, fasste<br />

Jürgen Kapsch zusammen: „In vielen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist man dabei, schon jetzt die<br />

Fahrrinne <strong>für</strong> Olympia 1980 zu verbessern.“ 1561 Hinter <strong>de</strong>n überlegenen<br />

DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen war die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>welt in Bewegung geraten.<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> WM in Neuseeland 1978 dominierten erneut die Boote <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialisti-<br />

schen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>. Sie gewannen zwölf <strong><strong>de</strong>r</strong> insgesamt 18 Medaillen. 1562 Die DDR<br />

konnte drei Siege <strong>für</strong> sich verbuchen und führte damit die Nationenwertung<br />

vor Bulgarien und <strong><strong>de</strong>r</strong> UdSSR an. 1563<br />

Im folgen<strong>de</strong>n Jahr war die DDR erneut die erfolgreichste Nation. Drei Titel<br />

und genau so viele Silbermedaillen konnten eingefahren wer<strong>de</strong>n. Zum ge-<br />

lungenen Abschnei<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen fand sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR die Anmerkung: „Es war auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Bledsee ein sonniger Nachmittag <strong>für</strong><br />

die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR – nicht nur <strong>de</strong>s schönen Wetters wegen...“. 1564<br />

In München 1981 konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV <strong>de</strong>n zweiten Rang in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Nationenwertung hinter <strong><strong>de</strong>r</strong> erstmalig seit 1973 wie<strong><strong>de</strong>r</strong> siegreichen UdSSR<br />

belegen. Allerdings wur<strong>de</strong> nur <strong><strong>de</strong>r</strong> Titel im Zweier gewonnen.<br />

Nach durchschnittlichen Ergebnissen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> WM 1983 stand die DDR 1985<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationenwertung wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ganz oben. Vier Siege und je einmal Silber<br />

und Bronze stan<strong>de</strong>n am En<strong>de</strong> <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Verband zu Buche. 1565<br />

Die DRSV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen haben das internationale Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n über Jahre<br />

hinweg mitgestaltet und geprägt. Stellvertretend <strong>für</strong> die vielen Erfolge wer<strong>de</strong>n<br />

im Folgen<strong>de</strong>n einzelne Bootsklassen respektive Persönlichkeiten vorgestellt.<br />

An erster Stelle muss Christine Hahn-Scheiblich vom SC Einheit Dres<strong>de</strong>n<br />

genannt wer<strong>de</strong>n. Sie wur<strong>de</strong> von 1974 bis 1978 durchgängig Weltmeisterin im<br />

Einer. Jutta Hampe gewann Gold 1983 und 1986. Cornelia Linse knüpfte an<br />

1560 [ohne Verfasser], „Elf Weltmeistertitel auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Bosbaan“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR<br />

18(1977)9, S. 2.<br />

1561 [ohne Verfasser], „Triumphfahrt unserer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR<br />

18(1977)10, S. 3.<br />

1562 Vgl. D. BRADEN, „Acht Goldmedaillen auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Karapirosee“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR<br />

19(1978)11, S. 2.<br />

1563 Vgl. ebenda.<br />

1564 J. KAPSCH, „Dreimal Gold, dreimal Silber“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR 25(1979)9, S. 2.<br />

1565 Vgl. J. KAPSCH, „Wer keinen langen Endspurt fuhr, stand im Finale auf verlorenem Pos-<br />

ten“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>Sport 31(1985)9, S. 3.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 372<br />

diese Leistungen 1984 und 1985 an. Birgit Peter holte <strong>de</strong>n letzten Titel 1990<br />

<strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRSV, zusätzlich erreichte sie Silber 1989. 1566<br />

Die ost<strong>de</strong>utsche Domäne aber war <strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelvierer. Bis auf die Weltmeis-<br />

terschaften zwischen 1981 und 1983, bei <strong>de</strong>nen Silber gewonnen wer<strong>de</strong>n<br />

konnte und 1978, als keine Platzierung erreicht wur<strong>de</strong>, gewann <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV<br />

alle Titel in dieser Bootsklasse. 1567 Bekannte Namen tauchten immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

auf. Im ersten Weltmeister-Boot 1974 saß beispielsweise Jutta Lau 1568 , die<br />

spätere Bun<strong>de</strong>strainerin <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Frauen-Skullbereich. Auch die erfolgreiche<br />

Einerfahrerin Jutta Hampe war Mitglied <strong>de</strong>s Doppelvierers. Jana Sorgers<br />

wur<strong>de</strong> in dieser Bootklasse Weltmeisterin 1989 und 1990. 1569<br />

Im Riemenbereich zahlte sich die konsequente För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er<br />

Jahre aus. Von 1974 bis 1977 konnten alle Weltmeistertitel gewonnen wer-<br />

<strong>de</strong>n. Bis 1990 erreichte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV in Riemenbootsklassen insgesamt noch<br />

viermal einen zweiten Platz und drei Bronzemedaillen. 1570<br />

7.4.3 Olympische Spiele<br />

Bereits 1927 bat die Vorsitzen<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Women’s Amateur Rowing Association,<br />

Gentry, die Amateur Rowing Association und die British Olympic Association<br />

um Unterstützung in ihrem Vorhaben, ein Rennen im Frauen-Doppelvierer<br />

mit Steuermann bei <strong>de</strong>n Olympischen Spielen (OS) in Amsterdam 1928 aus-<br />

zuschreiben. 1571 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> ersuchte sie das Organisationskomitee in Ams-<br />

terdam einen Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbwerb anzubieten. Bei<strong>de</strong> Vorhaben scheiterten.<br />

Während <strong><strong>de</strong>r</strong> nächsten zwanzig Jahre versuchte die WARA mehrfach, Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bei OS zuzulassen. Diese Bemühungen beinhalteten auch einen<br />

Antrag beim Organisationskomitee <strong><strong>de</strong>r</strong> Spiele in London 1948: „to consi<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

1566<br />

Vgl. HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Weltmeisterschaften seit 1962. Deutsche Medaillenerfolge –<br />

Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 22. 12. 2008.<br />

1567<br />

Vgl. ebenda.<br />

1568<br />

Jutta Lau gewann als aktive Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in 1976 und 1980 olympische Goldmedaillen im Doppelvierer.<br />

1975, 1977, 1978 und 1979 wur<strong>de</strong> sie ebenfalls Weltmeisterin in dieser Bootsklasse.<br />

Nach ihrer aktiven Zeit arbeitete sie als Trainerin im DRSV. Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Wen<strong>de</strong><br />

wur<strong>de</strong> sie Bun<strong>de</strong>strainerin <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Skullbereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen. Bis Januar 2009 betreute sie<br />

die A-Nationalmannschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen am Standort Potsdam. Ab Februar 2009 ist sie <strong>für</strong><br />

die chinesischen Skullerinnen zuständig.<br />

1569<br />

Vgl. ebenda.<br />

1570<br />

Vgl. ebenda.<br />

1571<br />

Vgl. SCHWEINBENZ, Paddling Against the Current. A History of Women’s Competitive<br />

International Rowing Between 1954 and 2003, S. 120.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 373<br />

the possibility of raising an All England women’s crew for an event at the<br />

Olympic Games in 1948“. 1572 Allerdings wur<strong>de</strong> auch dieser Antrag abgelehnt.<br />

1962 äußerte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Leiter <strong><strong>de</strong>r</strong> sowjetischen Delegation, Moral, in einem<br />

Sportecho-Interview über die Zukunft <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns bei OS:<br />

„Die Zeit dürfte nicht mehr allzu fern sein, daß die erste Frau in<br />

<strong>de</strong>n Kosmos fliegt. Im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist diese i<strong>de</strong>ale Gleichberechtigung<br />

aber noch nicht verwirklicht. Wir sind aber <strong><strong>de</strong>r</strong> Meinung, daß über<br />

kurz o<strong><strong>de</strong>r</strong> lang auch die letzten Zweifler eines Besseren belehrt<br />

wer<strong>de</strong>n.“ 1573<br />

Nach langen und zähen Verhandlungen gelang es schließlich <strong><strong>de</strong>m</strong> damali-<br />

gen FISA-Präsi<strong>de</strong>nten Keller, dass 1976 Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Montreal in das<br />

olympische Programm aufgenommen wur<strong>de</strong>. Der Antrag war zuvor zweimal<br />

gescheitert und Har<strong><strong>de</strong>r</strong> merkte an, dass „bei einer nochmaligen Ablehnung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Weg <strong>für</strong> alle Zukunft wahrscheinlich verbaut gewesen wäre“. 1574<br />

„Êtes-vous prêt? Partez!“ hieß es schließlich <strong>für</strong> Frauen aus fünfzehn Län-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n, die in sechs Wettbewerben an <strong>de</strong>n Start gingen. 1575 Die Bootsklassen<br />

wur<strong>de</strong>n gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong> WM nicht verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t: Einer, Doppelzweier und Dop-<br />

pelvierer mit Steuermann sowie im Riemenbereich, Zweier, Vierer und Ach-<br />

ter wur<strong>de</strong>n ausgetragen. 1576 Lau beschrieb das Gefühl, teilnehmen zu dürfen:<br />

„Die Freu<strong>de</strong> bei uns Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen war groß, die olympische Akzeptanz<br />

stärkte unser Selbstbewußtsein. Wir kamen in <strong>de</strong>n Genuß einer<br />

Olympiakleidung, wohnten im Olympischen Dorf, lernten<br />

Sportlerinnen und Sportler aus an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Sportarten und Nationen<br />

kennen und nahmen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Eröffnungszeremonie <strong><strong>de</strong>r</strong> XXI. Olympischen<br />

Sommerspiele in Montreal teil und vertraten so mit Stolz<br />

unser Land.“ 1577<br />

Die DRSV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gewannen in allen Bootsklassen eine Medaille. Mit<br />

Gold im Einer, Vierer mit Steuermann, Doppelvierer mit Steuermann und im<br />

Achter sowie Silber im Zweier und im Doppelzweier bestätigten sie die zuvor<br />

auf Weltmeisterschaften gezeigten Leistungen. Lau bezeichnete <strong>de</strong>n Sieg im<br />

1572 Ebenda.<br />

1573 J. KAPSCH, „Als <strong><strong>de</strong>r</strong> Sittenverein auf die Barrika<strong>de</strong>n ging“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR<br />

15(1974)9, S. 9.<br />

1574 I. HARDER, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen olympisch“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 90(1972)29, S. 665.<br />

1575 Vgl. ebenda, S. 134.<br />

1576 Vgl. W. HOFFMANN, „Olympische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatten seit 1990. Deutsche Medaillenerfolge –<br />

Gold, Silber und Bronze“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/emwmolyrud/olyrud.htm,<br />

Zugriff am 23. 12. 2008.<br />

1577 J. LAU, „Als die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Frauen ‘olympisch’ wur<strong>de</strong>n“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 118(2000)18, S. 665.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 374<br />

Doppelvierer als „überwältigen<strong>de</strong>n Erfolg“. 1578 Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> erklärte sie: „Wir<br />

hatten etwas Unvorstellbares und nicht erreichbar Geglaubtes erreichbar<br />

gemacht.“ 1579<br />

Der DRV konnte bei <strong><strong>de</strong>r</strong> olympischen Premiere eine Bronzemedaille im<br />

Zweier gewinnen. 1580 Hinzu kam eine weitere Bronzemedaille in dieser<br />

Bootsklasse 1984. 1581<br />

Der DRSV war bei OS sehr erfolgreich. Bei <strong>de</strong>n Spielen in Moskau 1980, die<br />

von vielen westlichen Verbän<strong>de</strong>n, darunter auch die BRD, boykottiert wur-<br />

<strong>de</strong>n, erreichten die ost<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen vier Olympiasiege in <strong>de</strong>n Dis-<br />

ziplinen Doppelvierer, Zweier, Vierer und Achter sowie eine Silber- und eine<br />

Bronzemedaille im Doppelzweier und Einer. 1582 Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s spannend machte<br />

es die Mannschaft <strong>de</strong>s Doppelvierers, die anfänglich mit einem klemmen<strong>de</strong>n<br />

Rollsitz in <strong><strong>de</strong>r</strong> Startzone zu kämpfen hatte. Da es sich hier um einen Scha-<br />

<strong>de</strong>n han<strong>de</strong>lte, <strong><strong>de</strong>r</strong> schnell behoben wer<strong>de</strong>n konnte, kam es laut Reglement<br />

zu einem Neustart und die vier Frauen gewannen das Rennen. 1583 Alle<br />

Goldmedaillen im Riemenbereich gingen an die DDR. Die Schützlinge von<br />

Trainerin Herta Weissig konnten sowohl im Vierer als auch im Zweier als<br />

Erste die olympischen Finalläufe been<strong>de</strong>n. Der von <strong><strong>de</strong>m</strong> späteren DRV-<br />

Bun<strong>de</strong>strainer Dieter Grahn betreute Frauenachter wur<strong>de</strong> in einem spannen-<br />

<strong>de</strong>n Rennen ebenfalls Olympiasieger. Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ließen im Endspurt die<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Mannschaften hinter sich. 1584<br />

Bei <strong>de</strong>n OS 1984 in Los Angeles än<strong><strong>de</strong>r</strong>te sich die Situation im internationalen<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Da das NOK <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR die Spiele boykottierte, stieg Rumänien<br />

zur besten Nation auf. Von sechs möglichen Goldmedaillen gewann das ru-<br />

mänische Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>team fünf, dazu kam eine Silbermedaille. 1585 Dieses<br />

Ergebnis war ein weiterer Beleg <strong>für</strong> die herausragen<strong>de</strong> Stellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ost-<br />

block-Staaten.<br />

1578<br />

Ebenda.<br />

1579<br />

Ebenda.<br />

1580<br />

Vgl. HOFFMANN, „Olympische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatten seit 1990. Deutsche Medaillenerfolge –<br />

Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 23. 12. 2008.<br />

1581<br />

1976 gewannen Edith Eckbauer, geborene Baumann und Thea Einö<strong><strong>de</strong>r</strong> eine Bronzemedaille.<br />

Acht Jahre später waren es Iris Völkner und Ellen Becker.<br />

1582<br />

HOFFMANN, „Olympische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatten seit 1990. Deutsche Medaillenerfolge – Gold,<br />

Silber und Bronze“, Zugriff am 23. 12. 2008.<br />

1583<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Finale“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR 26(1980)9, S. 12.<br />

1584<br />

Vgl. ebenda.<br />

1585<br />

Vgl. RENTEL, Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport im Spiegel <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen Spiele 1896-2004, S. 92.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 375<br />

In Seoul 1988 ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten die Frauen erstmalig über die 2.000m Distanz. Die<br />

DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen waren erneut sehr erfolgreich und überquerten im Einer,<br />

Doppelzweier, Riemenvierer, Doppelvierer und Achter als erste die Ziellinie.<br />

Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s DRV hingegen waren in keinem Endlauf vertreten. 1586<br />

7.4.4 Medaillenbilanz<br />

Die Erfolge bei<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utscher Mannschaften bei EM, WM und OS im Frauen-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport sind groß. Als Zusammenfassung bietet sich eine tabellarische<br />

Darstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Medaillengewinne <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus Ost und West bis zur<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung an. 1587 An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen,<br />

dass die DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen erst ab 1969 das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aufnehmen konn-<br />

ten, so dass <strong><strong>de</strong>m</strong> DRSV zwei Bootsklassen mehr zur Verfügung stan<strong>de</strong>n, um<br />

Medaillen zu erringen. 1588 An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits startete <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV nicht im Leichtge-<br />

wichtsbereich.<br />

Jahr Gol<br />

DRV DRSV<br />

Silber Bronze Gold Silber Bronze<br />

EM 1954 d X keine Teilnahme<br />

EM 1956 X XX<br />

EM 1957 X XXX<br />

EM 1958 X XX<br />

EM 1959 XX<br />

EM 1960 X X X<br />

EM 1961 XX XX<br />

EM 1962 keine Teilnahme XXX X<br />

EM 1963 XXX<br />

EM 1964 XX<br />

EM 1965 X keine Teilnahme<br />

EM 1966 X XXX XX<br />

EM 1967 XX XX<br />

1586<br />

Vgl. ebenda, S. 102.<br />

1587<br />

1990 gingen noch zwei <strong>de</strong>utsche Mannschaften bei internationalen Rennen an <strong>de</strong>n<br />

Start.<br />

1588<br />

Vgl. HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 120.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 376<br />

EM 1968 XXX X X<br />

EM 1969 X XX XX X<br />

EM 1970 X XXX X<br />

EM 1971 XX X XX X<br />

EM 1972 X X XX<br />

EM 1973 XX X XX<br />

WM 1974 X XXXX X X<br />

WM 1975 X XXXX X<br />

OS 1976 X XXXX X<br />

WM 1977 XXXX<br />

WM 1978 X XXX X<br />

WM 1979 XXX XXX<br />

OS 1980 keine Teilnahme XXXX X X<br />

WM 1981 X XXX<br />

WM 1982 X XX X<br />

WM 1983 XXX X X<br />

OS 1984 X keine Teilnahme<br />

WM 1985 X X XXXX X X<br />

WM 1986 X XXX X X<br />

WM 1987 X X XXX<br />

OS 1988 XXXX<br />

NOWM1988<br />

1589<br />

X X keine Teilnahme<br />

WM 1989 X X XXXX XX<br />

WM 1990 X X X XXX XX<br />

Tab. 12: Medaillenbilanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s DRV und DRSV im Vergleich 1590<br />

Die DRSV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen waren im Vergleich zu <strong>de</strong>n west<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen <strong>de</strong>utlich überlegen. Allerdings muss insgesamt eine Dominanz <strong><strong>de</strong>r</strong> Ost-<br />

blocknationen festgestellt wer<strong>de</strong>n. Schweinbenz stellt dar, dass die FISA sich<br />

zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre durchaus <strong><strong>de</strong>r</strong> Überlegenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ostblock-Staaten<br />

1589 Hier han<strong>de</strong>lt es sich um die Nichtolympische Weltmeisterschaft, in <strong><strong>de</strong>r</strong> alle nichtolympischen<br />

Bootsklassen ausgefahren wer<strong>de</strong>n.<br />

1590 Vgl. ebenda, S. 121. Ferner vgl. RENTEL, Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport im Spiegel <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen<br />

Spiele 1896-2004, S. 81-82; 94; 101-102. Ferner „Olympische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatten seit 1990.<br />

Deutsche Medaillenerfolge – Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 23. 12. 2008; HOFF-<br />

MANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Weltmeisterschaften seit 1962. Deutsche Medaillenerfolge – Gold, Silber<br />

und Bronze“, Zugriff am 22. 12. 2008; HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Europameisterschaften seit<br />

1913. Deutsche Medaillenerfolge. Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 19. 12. 2008.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 377<br />

bewusst war. 1591 In Finalläufen bot sich häufig das Bild, dass ein Boot aus<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Westen gegen fünf Boote aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Osten antrat. 1592 Die in <strong>de</strong>n 70er und<br />

80er Jahren erfolgreiche kanadische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in Rebecca Walsh bestätigte<br />

dies:<br />

„...[there] was always this force, the Romanians, the Bulgarians,<br />

East Germans, Russians, Poles, you know, most finals, that Betty<br />

[Craig] and I were in all Eastern bloc countries except us. There ...<br />

was a little bit of <strong>Aus</strong>tralia, little bit of England, little bit of <strong>Aus</strong>tralia,<br />

but there weren’t [always] those countries and it was all Eastern<br />

Bloc [in the finals].“ 1593<br />

Der Erfolg <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen war auf ein För<strong><strong>de</strong>r</strong>ungssystem zurückzufüh-<br />

ren, das eine <strong>Aus</strong>wahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Besten garantierte. Bereits an Land zeigte sich<br />

eine physische Überlegenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Bereits das äußere Erschei-<br />

nungsbild, so John Hoberman, hob sie ein<strong>de</strong>utig vom Rest <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

ab und sorgte damit <strong>für</strong> Spekulationen:<br />

„The success of Eastern European crews, coupled with the visibly<br />

larger size of oarswomen from this region, prompted accusations<br />

of performance enhancing substance abuse from the Western<br />

media who castigated these oarswomen as not ‘real’ women as<br />

well.“ 1594<br />

Hoberman beschrieb die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s Ostblocks in diesem Kontext als<br />

männlich und unweiblich 1595 . Er führte weiter an, dass die Erfolge <strong>de</strong>s DRSV<br />

nicht nur auf einer frühen Talentsuche basierten. Es war, so Hoberman, all-<br />

gemein bekannt,<br />

„that the East German authorities mobilized over a thousand<br />

scientists, physicians and trainers in its programme to <strong>de</strong>velop<br />

successful athletes by means of anabolic steroids.“ 1596<br />

Trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschlechtskontrollen 1597 , die alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s<br />

DRSV beziehungsweise <strong>de</strong>s gesamten Ostblocks bestan<strong>de</strong>n, nahmen die<br />

Doping-Vorwürfe vermehrt zu. An<strong><strong>de</strong>r</strong>e Sportlerinnen berichteten von extre-<br />

1591<br />

Vgl. SCHWEINBENZ, Paddling Against the Current. A History of Women’s Competitive<br />

International Rowing Between 1954 and 2003, S. 15.<br />

1592<br />

Vgl. ebenda.<br />

1593<br />

Ebenda.<br />

1594<br />

Ebenda, S. 140.<br />

1595<br />

Vgl. ebenda, S. 140-141.<br />

1596<br />

Ebenda, S. 140.<br />

1597<br />

Bei <strong>de</strong>n Olympischen Spielen 1976 in Montreal wur<strong>de</strong>n erstmals Geschlechtskontrollen<br />

durchgeführt.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 378<br />

men körperlichen Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen, die sie innerhalb nur einer Saison bei <strong>de</strong>n<br />

DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen beobachteten. Diese waren „just shocking... some of the<br />

women were grossly over weight, grossly over weight!“ 1598 . Eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>in bemerkte:<br />

„You could see that there was something a little different about our<br />

competitors from that part of the world. We knew, but we didn’t<br />

knew, but we knew.“ 1599<br />

Trotz aller Vermutungen und Anschuldigungen ist nicht eine einzige DRSV-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in <strong>de</strong>s Dopings überführt wor<strong>de</strong>n:<br />

„FISA never caught any East German rower testing positive for illegal<br />

chemicals, including the 1990 season when year-around<br />

random testing during training was carried out. ... It was two Russian<br />

rowers who first were found to be using steroids, revealed by<br />

a test at Mannheim regatta in 1980.“ 1600<br />

Auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> so genannten Übergangssaison 1990, als DRV und DRSV zwar<br />

ihre Vereinigung auf <strong>de</strong>n Weg brachten und vollzogen, aber mit zwei Mann-<br />

schaften an <strong>de</strong>n Start gingen, wur<strong>de</strong> kein Dopingfall publik. Heute ist be-<br />

kannt, dass die DDR, wie viele an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Staaten auch, systematisches Doping<br />

betrieben hat.<br />

Das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Kalten Krieges und <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenbruch <strong>de</strong>s Kommunismus<br />

brachten eine Neuorientierung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n internationalen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport mit<br />

sich. Die traditionell dominieren<strong>de</strong>n Nationen, wie beispielsweise Bulgarien,<br />

UdSSR und Polen, waren zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> 90er international nicht mehr kon-<br />

kurrenzfähig. 1601 Län<strong><strong>de</strong>r</strong> wie Kanada, USA und <strong>Aus</strong>tralien konnten von die-<br />

sem Zeitpunkt Medaillen gewinnen, die vorher nur unter Ostblock-Staaten<br />

verteilt wor<strong>de</strong>n waren.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung 1990 und <strong><strong>de</strong>m</strong> Zusammenschluss <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n<br />

Verbän<strong>de</strong> stand <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV eine breite Basis an gut ausgebil<strong>de</strong>ten Rennru<strong>de</strong>-<br />

rinnen und Trainern zur Verfügung. Die Arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> sportwissenschaftlichen<br />

<strong>Institut</strong>ionen in <strong>de</strong>n Bereichen Trainingsteuerung und -planung sowie im<br />

Bootsbau wur<strong>de</strong>n sinnvoll angewandt. Im Zuge dieser Entwicklung avancier-<br />

1598 Ebenda, S. 143.<br />

1599 Ebenda.<br />

1600 Ebenda.<br />

1601 Vgl. ebenda, S. 160.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 379<br />

te <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 90er sowohl im Frauen- als auch im Männerbereich<br />

zu einem erfolgreichen Verband im internationalen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport.<br />

7.5 Exkurs: Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Verbän<strong>de</strong>n<br />

Für alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in Ost und West war das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wesentlicher<br />

Bestandteil ihres sportlichen Betätigungsfel<strong>de</strong>s. Die Grün<strong>de</strong> hier<strong>für</strong> sind<br />

nachvollziehbar und wur<strong>de</strong>n von einer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in auf <strong>de</strong>n Punkt gebracht:<br />

„Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n! Je<strong><strong>de</strong>r</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong> Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten kennt, weiß, was<br />

dieses Wort be<strong>de</strong>utet: Entspannung, Erholung, frische Luft, Wasser,<br />

Sonne, Lachen, ungebun<strong>de</strong>nes Fröhlichsein unter gleichgesinnten<br />

jungen Menschen. Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt be<strong>de</strong>utet:<br />

Erlebnis!“ 1602<br />

Lehmann ergänzte, dass die Frauen, die vor sechzig Jahren das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n be-<br />

gannen, einfach nur ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wollten: „das hieß schlechthin, mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Boot<br />

sonntags auf Fahrt gehen, die Sonne, das Wasser, kurz – die Natur genie-<br />

ßen.“ 1603 Fritz Ulmer be<strong>für</strong>wortete explizit das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, da es seiner<br />

Meinung nach das Gefühl <strong>für</strong> das Boot schulen wür<strong>de</strong>: „<strong><strong>de</strong>r</strong> Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>er fühlt<br />

seine Kräfte wachsen im körper- und geistbeschwingen<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport“. 1604<br />

Anfänglich wur<strong>de</strong>n die Aktivitäten in dieser Sparte vom UA Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

halbwegs koordiniert. Fehlte beispielsweise ein Partner o<strong><strong>de</strong>r</strong> ein Verein,<br />

konnte man sich an einen <strong>Aus</strong>schuss wen<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> dann vermittelte.<br />

Das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR ist eng mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Person Frie<strong>de</strong>l Krüger verbun-<br />

<strong>de</strong>n. Lange bevor <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV die erste Frauen-Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt veranstaltete, wur-<br />

<strong>de</strong>n von ihr schon <strong>Aus</strong>flüge organisiert und geleitet. Die erste Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-<br />

Fahrt wur<strong>de</strong> bereits 1974 unternommen. 1605<br />

Der DRV schrieb erstmalig 1980 eine Frauen-Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt aus. Ihren Ur-<br />

sprung hatten diese Pläne in <strong>de</strong>n vielen Gesprächen, die am Ran<strong>de</strong> von<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>treffen immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zu Stan<strong>de</strong> kamen. 1606 Primär richtete sich<br />

diese Veranstaltung an Frauen, die in ihren Vereinen keine Partnerinnen <strong>für</strong><br />

eine <strong><strong>de</strong>r</strong>artige Unternehmung fin<strong>de</strong>n konnten. Sie war auch <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

1602 G. SCHOLZ, „Je<strong>de</strong> Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt ein Erlebnis“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 70(1952)4, S. 57.<br />

1603 G. LEHMANN, „Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n – gestern und heute ein Bestandteil <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns“, in:<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 79(1961)9, S. 249.<br />

1604 F. ULMER, „För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 70(1952)7, S. 109.<br />

1605 Vgl. F. KRÜGER, „Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt nach Naumburg an <strong><strong>de</strong>r</strong> Saale“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>Sport<br />

34(1988)4, S. 15.<br />

1606 Vgl. H. RODENBURG, „DRV-Frauen-Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt. Warum nicht?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

98(1980)1, S. 28.


„Nur noch schnell“: Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Staaten 380<br />

gedacht, „die sich bisher nicht so recht getraut haben, über ihren Verein hin-<br />

aus einmal an einer Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt teilzunehmen.“ 1607 Ro<strong>de</strong>nburg betonte,<br />

dass man keinesfalls in <strong>de</strong>n alten Separatismus zurückfallen wollte. Der ers-<br />

te <strong>Aus</strong>flug dauerte vier Tage und wur<strong>de</strong> auf Ilmenau und Elbe abgehalten.<br />

2000 konnte das 20-jährige Jubiläum gefeiert wer<strong>de</strong>n. Die Frauen-<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten erfreuen sich bis heute großer Beliebtheit. Die Teilnehmer-<br />

zahlen erhöhen sich jährlich, so dass ab 1984 zwei Termine angeboten wer-<br />

<strong>de</strong>n. Eine Veranstaltung fin<strong>de</strong>t traditionell am Himmelfahrtstermin statt. Die<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>e meistens im frühen Herbst. 1608 An <strong><strong>de</strong>m</strong> späteren Termin wur<strong>de</strong>n in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Regel die DDR-Frauen-Fahrten durchgeführt. 1609<br />

Im Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gab es keine Berührungsängste zwischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus<br />

Ost und West. Als die Mauer fiel, nahmen direkt vier Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus Ostber-<br />

lin an <strong><strong>de</strong>r</strong> Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt <strong>de</strong>s DRV teil: „Wir hatten uns alle unsagbar gefreut<br />

und bereits im Oktober fand eine Damen-Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt statt.“ 1610<br />

2008 wur<strong>de</strong>n die 79. und die 80. DRV-Frauen-Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt angeboten. Nach<br />

wie vor ist die Nachfrage groß und die Anmel<strong>de</strong>zahlen sind hoch. Heike<br />

Ro<strong>de</strong>nburg muss an dieser Stelle nochmals explizit erwähnt wer<strong>de</strong>n. Ohne<br />

ihr Engagement wäre diese Entwicklung nicht möglich gewesen.<br />

1607 Ebenda.<br />

1608 Vgl. H. RODENBURG, „20 Jahre DRV-Damen-Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten – eine Erfolgsgeschichte“,<br />

in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 118(2000)2, S. 52.<br />

1609 Vgl. ebenda.<br />

1610 Ebenda, S. 53.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 381<br />

8 „Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland nach 1990<br />

Das ost<strong>de</strong>utsche Sportsystem war nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Fall <strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Mauer nicht<br />

mehr aufrechtzuerhalten. Auch im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport sahen Trainer und Athleten<br />

einer ungewissen Zukunft entgegen. Der heutige Cheftrainer <strong>de</strong>s DRV,<br />

Hartmut Buschbacher 1611 , beschrieb die damalige Situation nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Wen<strong>de</strong><br />

als schwierig, da we<strong><strong>de</strong>r</strong> finanzielle Mittel noch Trainer und vor allem keine<br />

Zeit <strong>für</strong> die Betreuung <strong><strong>de</strong>r</strong> Nachwuchsru<strong><strong>de</strong>r</strong>er zur Verfügung stan<strong>de</strong>n. 1612 Vie-<br />

le <strong><strong>de</strong>r</strong> erfolgreichen DDR-Trainer wur<strong>de</strong>n von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Verbän<strong>de</strong>n abgewor-<br />

ben und nahmen eine Arbeit im <strong>Aus</strong>land auf. Nicht wenige hatten<br />

Startschwierigkeiten nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Wen<strong>de</strong>. 1613<br />

Das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Sozialismus führte dazu, dass auf internationalen Regatten<br />

kleinere Mel<strong>de</strong>fel<strong><strong>de</strong>r</strong> zu verzeichnen waren. Dies galt insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Frauenachter. Die Zukunft dieser Bootsklasse als olympische Disziplin war<br />

bedroht. <strong>Aus</strong> diesem Grund for<strong><strong>de</strong>r</strong>te die FISA alle Verbän<strong>de</strong> auf, einen Frau-<br />

enachter bei <strong><strong>de</strong>r</strong> WM 1991 zu mel<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>n Olympiastatus zu erhalten.<br />

Die Mühe zahlte sich aus, <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenachter ist bis heute eine olympische<br />

Disziplin. Dies ist auch <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRV wichtig, da <strong><strong>de</strong>r</strong> Fokus <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit<br />

nach wie vor auf <strong>de</strong>n Bootsklassen Achter und Einer liegt. Am bekanntesten<br />

ist dabei zwar <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschlandachter im Männerbereich, es existiert aber<br />

auch ein Frauenachter. Diesem Team gehören die Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bun<strong>de</strong>ska<strong><strong>de</strong>r</strong> an.<br />

Im Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war in <strong>de</strong>n 90er Jahren sowohl national als auch<br />

international ein Aufwärtstrend zu verzeichnen. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in Asien, aber<br />

auch in Staaten <strong>de</strong>s ehemaligen Ostblocks ent<strong>de</strong>ckten immer mehr Frauen<br />

die Leichtgewichtsklasse. Die FISA intensivierte <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend ihre Be-<br />

mühungen, Leichtgewichte bei OS ins Programm zu bringen. Seit 1996 wird<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen-Doppelzweier <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtgewichte bei OS ausgefahren, allerdings<br />

wur<strong>de</strong> da<strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Vierer in <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse gestrichen.<br />

1611 Hartmut Buschbacher trainierte von 1985 bis 1990 die Frauen-Nationalmannschaft <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DDR. 1988 gewann sein Frauenachter Gold bei <strong>de</strong>n Olympischen Spielen in Seoul. Danach<br />

war er von 1991 bis 2000 <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Frauen-Riemenbereich in <strong>de</strong>n USA zuständig.<br />

Für <strong>de</strong>n chinesischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband war er von 2006 bis 2008 tätig. Seit Oktober 2008<br />

ist Buschbacher DRV-Cheftrainer.<br />

1612 Vgl. SCHWEINBENZ, Paddling Against the Current. A History of Women’s Competetive<br />

International Rowing Between 1954 and 2003, S. 160.<br />

1613 Vgl. BOES, 1883-2008. 125 Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 118.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 382<br />

Der DRV glie<strong><strong>de</strong>r</strong>te die DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in sein bestehen<strong>de</strong>s Leistungssport-<br />

system ein. Dies be<strong>de</strong>utete beispielsweise, dass finanzielle För<strong><strong>de</strong>r</strong>mittel über<br />

die Deutsche Sporthilfe bei entsprechen<strong><strong>de</strong>r</strong> Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>zugehörigkeit bereitgestellt<br />

wur<strong>de</strong>n. Im Zuge <strong>de</strong>s Vereinigungsprozesses wur<strong>de</strong>n DDR-Spitzensportler in<br />

die Sportför<strong><strong>de</strong>r</strong>gruppen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr integriert.<br />

Die DDR dominierte <strong>de</strong>n internationalen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er<br />

Jahre. Dem DRV gelang es, die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen erfolgreich in seine bestehen<strong>de</strong><br />

Nationalmannschaft einzubin<strong>de</strong>n, was dazu führte, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband inter-<br />

national sowohl im Riemen- als auch im Skullbereich Erfolge feiern konnte.<br />

8.1 Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Der Modus <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns wur<strong>de</strong> von 1990 bis 2004<br />

beibehalten. Seit 2005 veranstaltet <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV Deutsche Kleinbootmeister-<br />

schaften (DKM). Die DKM fin<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel im Frühling statt. Im Rahmen<br />

dieser nationalen Regatta messen sich die Athleten nur in <strong>de</strong>n Bootsklassen<br />

Einer und Zweier in <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse sowie im Einer im Leichtgewichtsbe-<br />

reich. Die DRV-Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>athleten sind verpflichtet, an dieser Regatta teilzuneh-<br />

men.<br />

Im Zuge dieser Entwicklung wer<strong>de</strong>n ebenfalls seit 2005 die <strong>Deutschen</strong><br />

Großbootmeisterschaften (DGM) ausgetragen. Hier ermitteln die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

ihre Meister in <strong>de</strong>n Bootsklassen Doppelzweier, Zweier, Doppelvierer, Vierer<br />

und Achter. Diese Meisterschaften fan<strong>de</strong>n häufig in Kombination mit <strong>de</strong>n<br />

<strong>Deutschen</strong> Sprintmeisterschaften zum Abschluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Saison im Herbst statt.<br />

2009 wur<strong>de</strong> diese Veranstaltung erstmalig im Frühling durchgeführt.<br />

Bei <strong>de</strong>n DKM ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Start von Renngemeinschaften erlaubt. Die Ergebnisse<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>athleten wer<strong>de</strong>n als Nominierungskriterium <strong>für</strong> die Nationalmann-<br />

schaft herangezogen. Bei <strong>de</strong>n DGM und <strong>de</strong>n DSM allerdings sind seit 2005<br />

nur Vereinsmannschaften startberechtigt.<br />

Zusätzlich gibt es seit 1997 im Herren- und Frauenbereich die <strong>Deutschen</strong><br />

Sprintmeisterschaften (DSM). Die Streckenlänge beträgt in diesen Rennen<br />

min<strong>de</strong>stens 300m aber höchstens 500m. Die „<strong>Deutschen</strong> Sprintmeister“ wer-<br />

<strong>de</strong>n wie beim DMR mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Eichenblatt-Medaille <strong>de</strong>s DRV ausgezeichnet.<br />

Erstmalig nahmen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er aus Ost und West am DMR 1991 in Duisburg teil.<br />

Von <strong>de</strong>n sechs Titeln im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gewannen vorrangig Renngemein-


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 383<br />

schaften mit Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus <strong>de</strong>n alten Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Riemenbereich,<br />

während die Skullszene von Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus Vereinen und Renngemein-<br />

schaften <strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong> beherrscht wur<strong>de</strong>. Die neue Einheit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Besetzung <strong>de</strong>s Achters <strong>de</strong>utlich, in <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen aus bei<strong>de</strong>n Teilen Deutschlands saßen. 1614 Diese Ten<strong>de</strong>nz setzte sich<br />

zunächst fort. Erklärt wer<strong>de</strong>n kann dies mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache, dass das Bun<strong>de</strong>s-<br />

leistungszentrum <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Skullbereich in Potsdam aufgebaut wur<strong>de</strong>. Die<br />

Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen dagegen trainieren nach wie vor am Stützpunkt in Dort-<br />

mund.<br />

Nach zwei Titeln <strong>für</strong> Jana Thieme 1991 und 1993 gewann Kathrin Boron 1615<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> Potsdamer RG von 1994 bis 1996 <strong>de</strong>n Einer. Hinzu kamen weitere<br />

Meistertitel in dieser Bootsklasse 2005 und 2007. 1616<br />

Keine Einerfahrerin konnte sich so lange an <strong><strong>de</strong>r</strong> Spitze halten wie Katrin<br />

Rutschow-Stomporowski. Von 1998 bis 2004 wur<strong>de</strong> sie siebenmal in Folge<br />

Deutsche Meisterin. Hinzu kommen weitere Titel im Doppelvierer. 1617<br />

Seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> DKM müssen alle Skullerinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ka<strong><strong>de</strong>r</strong> im Einer<br />

starten. Die „klassische Einerfahrerin“ scheint es seit <strong><strong>de</strong>m</strong> Rücktritt<br />

Rutschow-Stomporowskis nicht mehr zu geben. Die Meisterinnen starteten<br />

international alle im Doppelzweier o<strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelvierer.<br />

Das DMR im Doppelzweier in <strong>de</strong>n 90er Jahren war durch Boron geprägt.<br />

2002 konnte sie ihren Titel nicht verteidigen, da sie aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Geburt ihrer<br />

Tochter eine Pause vom Leistungssport einlegte. Ansonsten siegte sie bis<br />

zur Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> DKM und DGM von 1991 bis 2004 mit wechseln<strong>de</strong>n Part-<br />

nerinnen. Kerstin Köppen, ebenfalls von <strong><strong>de</strong>r</strong> Potsdamer RG, ru<strong><strong>de</strong>r</strong>te mit<br />

Boron von 1992 bis 1996 zu Gold. Auch Rutschow-Stomporowski und Boron<br />

saßen 1997 siegreich in einem Boot. Die Potsdamer RG verfügte mit Kerstin<br />

El-Qalqili über eine weitere erfolgreiche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in, die im Doppelzweier von<br />

2001 bis 2003 dreimal in Folge <strong>de</strong>utsche Meisterehren erreichte. 1618<br />

1614<br />

Vgl. BOES, 1883-2008. 125 Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 119.<br />

1615<br />

Kathrin Boron ist die erfolgreichste Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gegenwart. Sie gewann in ihrer bisherigen<br />

Karriere vier olympische Goldmedaillen. Achtmal wur<strong>de</strong> sie Weltmeisterin in verschie<strong>de</strong>nen<br />

Bootsklassen. Unerreicht sind auch ihre 23 <strong>de</strong>utschen Meistertitel. 2008<br />

holte sie nochmals Bronze bei <strong>de</strong>n OS in Peking im Doppelvierer.<br />

1616<br />

HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (DMR) Einer – Frauen (Plätze 1-3)“, Zugriff<br />

am 27. 12. 2008<br />

1617<br />

Vgl. ebenda.<br />

1618<br />

Vgl. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (DMR) Doppelzweier – Frauen (Plätze<br />

1-3)“, Zugriff am 27. 12. 2008.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 384<br />

Die Meldungen haben sich seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> DGM stark reduziert. Eine<br />

Analyse <strong><strong>de</strong>r</strong> Gewinner im Doppelzweier vor 2005 zeigt, dass vor <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Modusän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung international erfahrene und erfolgreiche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen die<br />

Medaillen unter sich ausmachten. Das <strong><strong>de</strong>r</strong>zeitige Bild ist ein an<strong><strong>de</strong>r</strong>es: 2005<br />

konnte nur <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Platz an die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus Potsdam vergeben wer-<br />

<strong>de</strong>n. 2007 beim Sieg <strong><strong>de</strong>r</strong> RG Hansa Hamburg waren nur drei Boote am Start.<br />

Sogar nur zwei Mannschaften mel<strong>de</strong>ten 2008, als die Heilbronner RG<br />

Schwaben <strong>de</strong>n Sieg erringen konnte. 1619 Das Ziel, möglichst vielen, vor allem<br />

kleineren Vereinen, die Möglichkeit zu geben am DMR teilzunehmen, scheint<br />

nicht erfüllt zu wer<strong>de</strong>n. Generell fehlt die Konstanz in <strong>de</strong>n Meldungen, was<br />

sich vor allem auch in <strong>de</strong>n Großbootklassen wie <strong><strong>de</strong>m</strong> Doppelvierer zeigte.<br />

Seit 2005 fehlen in <strong>de</strong>n Ergebnislisten die bekannten Namen in dieser<br />

Bootsklasse. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>athletinnen im<br />

Einer bei <strong>de</strong>n DKM antreten müssen. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> starten die Nationalmann-<br />

schaftsathletinnen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel nicht <strong>für</strong> einen Verein. Beim Sieg <strong>de</strong>s Main-<br />

zer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereins 2008 gab es <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend nur eine Gegenmeldung.<br />

Eine Parallele kann <strong>für</strong> 2009 festgehalten wer<strong>de</strong>n. Mainz musste sich zwar in<br />

diesem Jahr gegen zwei Mannschaften durchsetzen, allerdings kam das im<br />

Vorjahr unterlegene Boot erneut von <strong><strong>de</strong>r</strong> RG Hansa Hamburg. Das Mel<strong>de</strong>er-<br />

gebnis zeigte, dass in bei<strong>de</strong>n Teams in <strong>de</strong>n zwei Jahren unterschiedliche<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen saßen. Immerhin waren diese Vereine überhaupt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage,<br />

vier Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>für</strong> ein Rennen im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> DGM zu stellen.<br />

Ein an<strong><strong>de</strong>r</strong>es Bild ergibt sich <strong>für</strong> die Zeit, als noch das klassische Meister-<br />

schaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n angeboten wur<strong>de</strong>. Die Besetzung <strong>de</strong>s Doppelvierers wur<strong>de</strong> am<br />

Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> Saison vorgenommen. Natürlich kam es auch hier zu Umbeset-<br />

zungen im Laufe <strong>de</strong>s Regattakalen<strong><strong>de</strong>r</strong>s, aber zum DMR wur<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> schnells-<br />

te Doppelvierer sowie die weiteren Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>athletinnen <strong>de</strong>s DRV gemel<strong>de</strong>t. Bei<br />

Betrachtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Siegerinnen <strong>de</strong>s DMR von 1991 bis 2004 fällt auf, dass<br />

durchgängig sehr erfolgreiche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Doppelvierer gesessen haben.<br />

Diese waren Jana Sorgers, Kerstin Köppen, Kathrin Boron, Katrin Rutschow-<br />

Stomporowski, Manuela Lutze, Meike Evers, Britta Oppelt, Peggy Waleska,<br />

Marita Scholz und Kerstin El-Qalqili. Alle prägten das DMR im Skullbereich<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen und waren auch international erfolgreich.<br />

1619 Vgl. ebenda.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 385<br />

Das DMR im Riemenbereich wur<strong>de</strong> im Zweier En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre und An-<br />

fang <strong><strong>de</strong>r</strong> 90er Jahre von Ingeburg Althoff und Stefanie Werremeier dominiert.<br />

Sie erreichten von 1989 bis 1992 alle Titel in dieser Bootsklasse. Gabriele<br />

Mehl und Birte Sich konnten sich 1994 und 1995 durchsetzen. 1620<br />

Der Zweier scheint eine Art „Vorstufe“ zum Vierer und Achter gewesen zu<br />

sein. Spätere Schlagfrauen <strong>de</strong>s Frauenachters wie Lenka Wech, Elke Hipler,<br />

Silke Günther und Nicole Zimmermann begannen En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 90er Jahre als<br />

Deutsche Meisterinnen im Zweier. 1621 Für die Zeitspanne seit 2002 kann<br />

festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>athletinnen <strong>de</strong>s Teams Frauenachter die<br />

Medaillen unter sich verteilten. Bis auf wenige <strong>Aus</strong>nahmen waren alle Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen Mitglied <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sriemenka<strong><strong>de</strong>r</strong>s.<br />

Für <strong>de</strong>n Vierer galt ähnliches wie <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Zweier. Viele Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, die spä-<br />

ter im Achter saßen, wechselten vom Zweier in <strong>de</strong>n Vierer o<strong><strong>de</strong>r</strong> umgekehrt,<br />

um sich letztendlich an <strong>de</strong>n <strong>Aus</strong>scheidungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Achter zu versuchen.<br />

Kamen die meisten Siegerinnen im Skullbereich aus Vereinen aus <strong>de</strong>n neu-<br />

en Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n, so kann <strong>für</strong> die <strong>Deutschen</strong> Meister im Vierer bis 2004<br />

konstatiert wer<strong>de</strong>n, dass – bis auf einzelne Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in Renngemeinschaf-<br />

ten, – die große Mehrheit aus Vereinen aus <strong>de</strong>n alten Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n an <strong>de</strong>n<br />

Start ging. Erfolgreiche Sportlerinnen in dieser Bootsklasse waren beispiels-<br />

weise Lenka Wech, Anja und Dana Pyritz, Britta Holthaus und Sandra Gold-<br />

bach, die alle mehrere Titel gewinnen konnten. 1622<br />

Der negative Trend bei <strong>de</strong>n Mel<strong>de</strong>zahlen setzte sich auch im Vierer beim<br />

DMR fort. 2005 musste <strong><strong>de</strong>r</strong> Würzburger RV Bayern bei seinem Sieg nur zwei<br />

Gegner schlagen. 2006 wur<strong>de</strong> das Rennen gar nicht ausgefahren. 2007 ge-<br />

wann <strong><strong>de</strong>r</strong> Vierer <strong>de</strong>s Essener RRV Gold gegen die Mannschaft <strong>de</strong>s Mainzer<br />

RV. Der Crefel<strong><strong>de</strong>r</strong> RC 1883 kam 2008 sogar kampflos zu Meisterehren. 1623<br />

Der Frauenachter wur<strong>de</strong> erstmalig beim DMR 1991 ausgefahren. 1624 Bis auf<br />

1993, 2002 und 2004 konnten zumin<strong>de</strong>st immer alle Medaillen vergeben<br />

wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>n genannten Jahren waren nur zwei Boote am Start. Der erste<br />

1620<br />

HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Zweier-ohne – Frauen (Plätze 1-3)“, Zugriff<br />

am 27. 12. 2008.<br />

1621<br />

Vgl. ebenda.<br />

1622<br />

HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Riemenvierer – Frauen (Plätze 1-3)“, Zugriff<br />

am 27. 12. 2008.<br />

1623<br />

Vgl. ebenda.<br />

1624<br />

Vgl. W. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Achter – Frauen (Plätze 1-3)“, in:<br />

http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-f-achter.htm, Zugriff am 27.<br />

12. 2008.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 386<br />

Platz ging in <strong>de</strong>n meisten Fällen an eine Mannschaft, die auch auf internatio-<br />

nalen Regatten <strong>de</strong>n DRV vertrat. Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, die bis 2004 als Deutsche<br />

Meisterinnen im Achter geführt wur<strong>de</strong>n, waren ebenfalls in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel Mitglie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Team Frauenachter. Interessant erscheint an dieser Stelle ein Blick<br />

auf die Steuerfrauen. 1625 Die 90er Jahre waren geprägt von Yvonne Illing,<br />

Daniela Neunast, Doreen Schnell, Monique Richter, die abwechselnd die<br />

Goldboote steuerten. Annina Ruppel trat erstmalig 1997 mit einem zweiten<br />

Platz beim DMR in Erscheinung. Sie konnte von 2001 bis 2003 die ihr anver-<br />

trauten Boote zum Titel steuern. 1626 Bis 2008 kamen diverse internationale<br />

Medaillen hinzu. Seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Saison 2009 sitzt Laura Schwensen an <strong>de</strong>n Steuer-<br />

seilen.<br />

Das vorläufige En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s DMR im Achter erfolgte 2004. Seit<strong><strong>de</strong>m</strong> ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Start<br />

von Renngemeinschaften nicht mehr erlaubt. Die Wahrscheinlichkeit, dass<br />

Vereine acht Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aufbieten können, die national konkurrenzfähig<br />

sind, ist aber sehr gering, so dass die Königsklasse <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns von<br />

2005 bis 2010 im Rahmen <strong>de</strong>s DMR gar nicht mehr angeboten wur<strong>de</strong>.<br />

Die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtgewichts-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im DRV ist überschaubar. Marie-<br />

Louise Dräger vom ORC Rostock von 1956 wur<strong>de</strong> von 2005 bis 2008 Deut-<br />

sche Meisterin im Leichtgewichts-Einer. Silber ging von 2006 bis 2008 an<br />

Berit Carow von <strong><strong>de</strong>r</strong> RG Hansa Hamburg, die in diesen Jahren gemeinsam<br />

mit Reimer international auch im Doppelzweier antrat. Seit 1991 konnten ne-<br />

ben Dräger lediglich Angelika Brand aus Hannover und Valerie Viehoff aus<br />

Siegburg mehrere Titel gewinnen. Brand war 1999 und 2000 siegreich,<br />

Viehoff 1997 und 2002. 1627 Die Mel<strong>de</strong>ergebnisse in dieser Klasse sind stabil.<br />

Seit 1991 konnten alle Medaillen vergeben wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Doppelzweier bei <strong>de</strong>n Leichtgewichten im Rahmen <strong>de</strong>s DMR ist eng mit<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Namen Claudia Blasberg verbun<strong>de</strong>n. Von 1998 bis 2004 gewann sie mit<br />

unterschiedlichen Partnerinnen siebenmal in Folge. Eine davon war Janet<br />

Radünzel, die es auch auf drei Titel brachte.<br />

1625 Seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung <strong>de</strong>s DMR im Achter wur<strong>de</strong>n nur zwei platzierte Boote von Männern<br />

gesteuert. Diese waren Axel Beutmann 1995 und Peter Puppe 2004.<br />

1626 Vgl. ebenda.<br />

1627 Vgl. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Leichtgewichts-Einer – Frauen (Plätze<br />

1-3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-lgf-einer.htm, Zugriff<br />

am 27. 12. 2008.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 387<br />

Bei <strong>de</strong>n DGM konnten mit <strong>Aus</strong>nahme <strong>de</strong>s Jahres 2008 – hier wur<strong>de</strong> die<br />

Goldmedaille kampflos vergeben – zumin<strong>de</strong>st immer alle drei Medaillen aus-<br />

gefahren wer<strong>de</strong>n. Pamela Weisshaupt und Lena Kersten gewannen 2005<br />

und 2006. In <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Folgejahren war die Frankfurter RG Germania mit<br />

wechseln<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen erfolgreich.<br />

1998 wur<strong>de</strong> bei einem DMR erstmals <strong><strong>de</strong>r</strong> Zweier im Leichtgewichtsbereich<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen ausgefahren. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> WM war diese Bootsklasse bereits 1995<br />

eingeführt wor<strong>de</strong>n. Bis dahin mussten die Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

offenen Klasse mitfahren. Die Besten wur<strong>de</strong>n anschließend bei internationa-<br />

len Regatten eingesetzt und nach entsprechend guten Resultaten <strong>für</strong> die WM<br />

gemel<strong>de</strong>t. 1628 Bereits beim ersten Rennen 1998 lagen nur zwei Meldungen<br />

vor. Diese Ten<strong>de</strong>nz setzte sich fort. 2000 und 2001 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Titel kampflos<br />

vergeben. Ein Jahr später lag keine Meldung vor. In <strong>de</strong>n Jahren 2003 und<br />

2004 gingen erneut nur zwei Boote an <strong>de</strong>n Start. Bedingt durch die Strei-<br />

chung dieser Bootsklasse auf internationalen Regatten wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Zweier von<br />

2005 bis 2008 nicht mehr angeboten. 1629<br />

Seit 1997 wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtgewichts-Vierer als Doppelvierer ohne Steuermann<br />

ausgefahren. Die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> gestarteten Boote war sowohl im Riemen- als<br />

auch im Skullbereich insgesamt zufrie<strong>de</strong>n stellend. Auffällig waren hier die<br />

Doppelstarts einzelner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Viele Medaillengewinnerinnen in <strong>de</strong>n<br />

Kleinbooten ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten auch im Großboot und konnten Platzierungen errei-<br />

chen. Stellvertretend seien hier Claudia Blasberg, Karin Stephan, Angelika<br />

Brand, Valerie Viehoff, Janet Radünzel und Daniela Reimer genannt. 1630 Von<br />

2005 bis 2010 wur<strong>de</strong> diese Bootsklasse nicht mehr ausgefahren. 1631<br />

Insgesamt muss festgestellt wer<strong>de</strong>n, dass mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufteilung <strong>de</strong>s DMR in<br />

DGM und DKM die Teilnehmerfel<strong><strong>de</strong>r</strong> im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n stark zurückgegangen<br />

sind. Achter, Leichtgewichts-Zweier und -Doppelvierer wer<strong>de</strong>n gar nicht mehr<br />

angeboten. In <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse sind die Starterfel<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>de</strong>n traditionellen<br />

Bootsklassen Doppelzweier und Doppelvierer sehr klein. Lediglich <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Riemenvierer mel<strong>de</strong>ten noch weniger Vereine. Die Unterscheidung zwischen<br />

1628 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Cora Zillich am 4. 1. 2009.<br />

1629 Vgl. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Leichtgewichts-Einer – Frauen (Plätze<br />

1-3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/dm-lgf-einer.htm, Zugriff<br />

am 27. 12. 2008.<br />

1630 Vgl. HOFFMANN, „Deutsches Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Leichtgewichts-Vierer-ohne – Frauen<br />

(Plätze 1-3)“, Zugriff am 28. 12. 2008.<br />

1631 Vgl. ebenda.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 388<br />

DGM und DKM wur<strong>de</strong> 2005 initiiert, um auch Vereinen die Möglichkeit zu<br />

geben, Deutsche Meistertitel zu erreichen, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Sportler nicht zur absoluten<br />

nationalen Spitze zählten. 1632 Der bisherige Modus sah eine Teilnahme <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>athletinnen vor, so dass vor allem im Großbootbereich die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Mannschaften häufig nur als „Testpartner o<strong><strong>de</strong>r</strong> „Kanonenfutter angesehen<br />

wur<strong>de</strong>n und sich <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend auch so fühlten“. 1633<br />

Am En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Saison erscheint es nachvollziehbar, dass die international<br />

starten<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er sich in ihren Vereinen nicht <strong>für</strong> die Teil-<br />

nahme an dieser Veranstaltung entschei<strong>de</strong>n. Der Weg wäre also frei <strong>für</strong> alle<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en. Dennoch zeigen die Ergebnisse, dass die Zukunft <strong>de</strong>s DMR neu<br />

überdacht wer<strong>de</strong>n muss, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV <strong>de</strong>n Status <strong><strong>de</strong>r</strong> nationalen Meister-<br />

schaften aufrechterhalten will.<br />

Deutsche Sprintmeisterschaften<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Premiere <strong><strong>de</strong>r</strong> DSM 1997 in Essen-Kupferdreh wur<strong>de</strong>n die Bootsklas-<br />

sen Doppelzweier, Zweier sowie Vierer angeboten. Eine Unterscheidung<br />

zwischen offener Klasse und Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gab es nicht. Die ersten<br />

<strong>Deutschen</strong> Sprintmeister im Zweier kamen aus Essen: Anna und Pia Coenen<br />

vom RK am Bal<strong>de</strong>neysee Essen gewannen <strong>de</strong>n Titel im Zweier und gemein-<br />

sam mit Kristina Erbe und Simone Hagner auch im Vierer. Den Doppelzweier<br />

konnten Britta Holthaus und Linn Mehnert von <strong><strong>de</strong>r</strong> Kettwiger RG <strong>für</strong> sich ent-<br />

schei<strong>de</strong>n. 1634<br />

Die Teilnehmerzahlen im Riemenbereich gingen schnell zurück. 1998 fiel das<br />

Kleinboot-Rennen erstmals aus, was sich 2000 wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holte. Nach nur zwei<br />

Meldungen in <strong>de</strong>n Jahren 2001 und 2002 und weiteren ausgefallenen Ren-<br />

nen in 2003 und 2004 wur<strong>de</strong> diese Disziplin von 2005 bis 2010 gar nicht<br />

mehr ausgeschrieben.<br />

Noch geringer ist die Beteiligung im Vierer. Nach<strong><strong>de</strong>m</strong> bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Premiere drei<br />

Medaillen vergeben wer<strong>de</strong>n konnten, fiel das Rennen im Folgejahr ebenfalls<br />

1632 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Nora Wehrhahn am 24. 11. 2008.<br />

1633 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Juliane Möcklinghoff am 17. 12. 2008.<br />

1634 Vgl. W. HOFFMANN, „Deutsche Sprintmeisterschaften (DSM) <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen und Männer von<br />

1997 bis heute (Plätze 1 bis 3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/sm-f-zo.htm, Zugriff am 28. 12. 2008. Ferner vgl. W. HOFFMANN,<br />

„Deutsche Sprintmeisterschaften (DSM) <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen und Männer von 1997 bis heute<br />

(Plätze 1 bis 3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n /chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/sm-f-vo.htm,<br />

Zugriff am 28. 12. 2008.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 389<br />

aus. Insgesamt wur<strong>de</strong>n nach 1997 im Vierer nur zwei Titel vergeben. 1999<br />

erreichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Ludwigshafener RV von 1878 als erster das Ziel. Der RV<br />

Saarbrücken wur<strong>de</strong> 2001 mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Goldmedaille belohnt. Bei <strong>de</strong>n genannten<br />

Rennen mel<strong>de</strong>ten allerdings lediglich zwei Boote. Von 2002 bis 2004 fielen<br />

die Wettbewerbe aus, was dazu führte, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Vierer von 2005 bis 2010<br />

nicht mehr ausgefahren wur<strong>de</strong>.<br />

Ganz an<strong><strong>de</strong>r</strong>s gestaltete sich die Situation im Skullbereich. 1998 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Einer mit ins Programm aufgenommen. Der Doppelvierer folgte 2000. Die<br />

Mel<strong>de</strong>ergebnisse sind in allen Bootsklassen stabil und zufrie<strong>de</strong>n stellend.<br />

Die erfolgreichste Sprinterin im Skullbereich ist die Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>in Silke Gün-<br />

ther von <strong><strong>de</strong>r</strong> RG Wetzlar. 1635 Sie erreichte bei <strong>de</strong>n DSM bis 2009 zehn Gold-<br />

medaillen in verschie<strong>de</strong>nen Bootsklassen. Es scheint, dass sich Vereine auf<br />

die DSM spezialisiert haben. Der Ludwigshafener RV von 1878 konnte im<br />

Doppelzweier und Doppelvierer mehrere Titel und Platzierungen errei-<br />

chen. 1636<br />

Das Konzept <strong><strong>de</strong>r</strong> DSM scheint insgesamt besser aufzugehen als die Unter-<br />

teilung in DGM und DKM. Viele international erfolgreiche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er lassen es<br />

sich nicht nehmen, an <strong>de</strong>n DSM als Saisonabschluss teilzunehmen. Häufig<br />

kommt es sogar zu Doppelstarts in unterschiedlichen Bootsklassen, zumal<br />

seit 2003 auch noch <strong><strong>de</strong>r</strong> Mixed-Doppelvierer zum Programm gehört. Die<br />

Streckenlänge ist an dieser Stelle das ausschlaggeben<strong>de</strong> Kriterium. Die Vor-<br />

bereitung einer Mannschaft auf ein Rennen über die 2.000m Distanz erfor-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>t wesentlich mehr Zeitaufwand und Training als die über eine Sprintlänge.<br />

Hinzu kommt die Aufmachung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennen. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> Zuschauer kann bei <strong>de</strong>n<br />

Sprintrennen das Rennen in voller Länge verfolgen. Der Modus bringt Span-<br />

nung und zeigt <strong><strong>de</strong>m</strong> Zuschauer unmittelbar das Ergebnis. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> geben<br />

gera<strong>de</strong> die Rennen <strong><strong>de</strong>r</strong> Großboote mit einer hohen Schlagfrequenz ein an-<br />

sprechen<strong>de</strong>s Bild ab. Nicht zuletzt ist es auch die medienorientierte Inszenie-<br />

1635 Vgl. W. HOFFMANN, „Deutsche Sprintmeisterschaften (DSM) Einer – Frauen (Plätze 1-<br />

3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/sm-f-einer.htm, Zugriff am<br />

28. 12. 2008. Ferner vgl. W. HOFFMANN, „Deutsche Sprintmeisterschaften (DSM) Doppelzweier<br />

– Frauen (Plätze 1-3)“, in: http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/sm-f-dz.htm, Zugriff am 28. 12. 2008. Ferner vgl. W. HOFFMANN,<br />

„Deutsche Sprintmeisterschaften (DSM) Doppelvierer – Frauen (Plätze 1-3)“, in:<br />

http://www.rrk-online.<strong>de</strong>/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/chronru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/<strong>de</strong>umeiru/sm-f-dv.htm, Zugriff am 28. 12.<br />

2008.<br />

1636 Vgl. ebenda.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 390<br />

rung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennen, zum Beispiel unter Flutlicht o<strong><strong>de</strong>r</strong> mit musikalischer Unter-<br />

malung, die die Popularität <strong><strong>de</strong>r</strong> DSM erklärt.<br />

2009 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenachter ins Programm dieser Veranstaltungen aufge-<br />

nommen. Bereits im ersten Jahr konnte mit acht Meldungen ein gutes Mel-<br />

<strong>de</strong>ergebnis erzielt wer<strong>de</strong>n. Die Anzahl war genauso hoch wie im<br />

Männerachter. Den ersten Titel sicherten sich die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus Krefeld.<br />

2010 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenachter erneut ausgefahren. Das Team aus Krefeld<br />

gewann erneut im Feld <strong><strong>de</strong>r</strong> sechs Boote.<br />

Diese positive Entwicklung ist auch auf die Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Bun<strong>de</strong>sliga<br />

zurückzuführen. Hierbei han<strong>de</strong>lt es sich um eine Rennserie mit sechs Veran-<br />

staltungen. Die Streckenlänge beträgt 350m. Die Mannschaften treten im<br />

K.O.-Modus in Vor-, Zwischen- und Finalrennen an. In <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten Bun<strong>de</strong>sliga<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen starteten 2009 acht Teams. Zum ersten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Bun<strong>de</strong>sliga<br />

Champion wur<strong>de</strong> die Mannschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> RG Hansa Hamburg gekürt. 2010<br />

konnten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ihren Titel erfolgreich im Fel<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> zwölf Frauen-<br />

achter verteidigen.<br />

8.2 Internationale Meisterschaften<br />

1991 saßen erstmalig Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus Ost und West gemeinsam in einem<br />

Boot. Der DRV war in <strong>de</strong>n 90er Jahren und bis zu <strong>de</strong>n OS in Athen 2004<br />

sehr erfolgreich. Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen konnten viele Titel und Medaillen bei WM,<br />

OS und EM erzielen. Nach <strong>de</strong>n OS in Athen been<strong>de</strong>ten international erfahre-<br />

ne Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ihre Karrieren, so dass eine Neuorientierung erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich war.<br />

An<strong><strong>de</strong>r</strong>e waren o<strong><strong>de</strong>r</strong> sind, wie im Folgen<strong>de</strong>n aufgezeigt wird, immer noch im<br />

Leistungssport aktiv.<br />

8.2.1 Europameisterschaften<br />

Die wie<strong><strong>de</strong>r</strong> eingeführten europäischen Titelkämpfe 1637 blicken auf eine kurze<br />

Geschichte zurück. Erst seit 2007 ermitteln auch die europäischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

ihre kontinentalen Meister. Es wur<strong>de</strong> vereinbart, diese Veranstaltung jährlich<br />

durchzuführen. Bereits bei <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten EM in Posen konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV im Frau-<br />

enbereich einen kompletten Medaillensatz mit nach Hause nehmen. Lenka<br />

Wech und Maren Derlien wur<strong>de</strong>n Europameisterinnen im Zweier, <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau-<br />

1637 Die letzten EM fan<strong>de</strong>n 1973 statt.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 391<br />

enachter gewann Silber. Der Doppelvierer fuhr auf <strong>de</strong>n dritten Platz. Im Fol-<br />

gejahr in Marathon verpassten die DRV-Frauen die Po<strong>de</strong>stplätze: Platz vier<br />

im Doppelvierer war die beste Platzierung. 1638<br />

8.2.2 Weltmeisterschaften<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> WM 1990 in Tasmanien schickten sowohl <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV als auch <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DRSV noch eigene Mannschaften ins Rennen. Auf bei<strong>de</strong>n Seiten hatten die<br />

Vorbereitungen <strong>für</strong> das Großereignis bereits 1989 begonnen, so dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

internationale Verband die Meldungen bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Verbän<strong>de</strong> erlaubte. 1639<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> ersten gemeinsamen Teilnahme 1991 in Wien wur<strong>de</strong>n DRV-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in drei Bootsklassen Weltmeisterinnen: Doppelzweier, Doppel-<br />

vierer und Leichtgewichts-Frauenzweier. Hinzu kamen eine Silbermedaille im<br />

Zweier sowie eine bronzene im Vierer: 1640 „Ein Erfolg, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV einen<br />

ganz neuen Glanz auf unsere Sportart in <strong>de</strong>n Medien und beim Publikum<br />

bescherte.“ 1641<br />

Diese Bilanz konnte sogar noch zweimal übertroffen wer<strong>de</strong>n. 1997 in<br />

Aiguebelette siegten die Frauen im Doppelzweier und im Doppelvierer so-<br />

wohl in <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen als auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Leichtgewichtsklasse. Im Vierer konnte<br />

zusätzlich eine Silbermedaille gewonnen wer<strong>de</strong>n. 1642 Im schweizerischen<br />

Luzern gingen 2001 alle drei Titel im Skullbereich in <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse an<br />

<strong>de</strong>n DRV. Claudia Blasberg und Janet Radünzel wur<strong>de</strong>n außer<strong><strong>de</strong>m</strong> Welt-<br />

meisterinnen im Leichtgewichts-Doppelzweier. Der Frauenachter erreichte<br />

einen dritten Platz. 1643<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Betrachtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ergebnisse <strong><strong>de</strong>r</strong> WM von 1991 bis 2008 können die<br />

Skullerinnen eine bessere Bilanz vorweisen als die Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. Ins-<br />

gesamt wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Skullerinnen 24 Goldmedaillen bei Weltmeister-<br />

schaften erreicht. Demgegenüber stan<strong>de</strong>n zwei Titel im Achter 1994 und<br />

2003. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Sieg war bei <strong><strong>de</strong>m</strong> damaligen Saisonverlauf nicht<br />

erwartet wor<strong>de</strong>n.<br />

1638 Vgl. HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Europameisterschaften seit 1913. Deutsche Medaillenerfolge.<br />

Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 28. 12. 2008.<br />

1639 Vgl. BOES, 1883-2008. 125 Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 117.<br />

1640 Vgl. HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Weltmeisterschaften seit 1962. Deutsche Medaillenerfolge –<br />

Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 28. 12. 2008.<br />

1641 BOES, 1883-2008. 125 Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 119.<br />

1642 HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Weltmeisterschaften seit 1962. Deutsche Medaillenerfolge – Gold,<br />

Silber und Bronze“, Zugriff am 28. 12. 2008.<br />

1643 Vgl. ebenda.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 392<br />

Die Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen konnten insgesamt zehn Titel beisteuern. Al-<br />

lerdings stan<strong>de</strong>n ihnen weniger Bootsklassen zur Verfügung, so dass das<br />

Ergebnis beachtlich ist. Die letzte Goldmedaille <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRV wur<strong>de</strong> 2005 in<br />

Gifu von Leichtgewichten erru<strong><strong>de</strong>r</strong>t: Daniela Reimer und Marie-Louise Dräger<br />

überquerten im Doppelzweier als erste die Ziellinie. 1644<br />

Eine „<strong>de</strong>utsche Domäne“ aber blieb <strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelvierer. Insgesamt elf Titel ge-<br />

wannen DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen von 1991 bis 2008 in dieser Disziplin. Zusätzlich<br />

konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV drei Vizeweltmeistertitel <strong>für</strong> sich beanspruchen. 1645 Kathrin<br />

Boron, Kerstin Köppen, Britta Oppelt, Jana Thieme, Manuela Lutze und<br />

Kerstin El-Qalqili prägten diese Bootsklasse über einen langen Zeitraum. Mit<br />

Stephanie Schiller aus Potsdam verfügt <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV über eine Nachfolgerin. Die<br />

erfolgreichste Skullerin <strong>de</strong>s DRV bei WM von 1991 bis 2008 ist allerdings<br />

Boron mit sieben Goldmedaillen. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> gewann sie noch drei weitere<br />

Silbermedaillen. Nicht weniger Aufmerksamkeit verdienen die Leistungen<br />

von Manuela Lutze mit fünf Titeln und je einer Silber- und Bronzemedail-<br />

le. 1646<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s erwähnenswert sind auch die Leistungen von Katrin Rutschow-<br />

Stomporowski im Skullbereich. Nach zwei Titeln im Doppelvierer gelang es<br />

ihr 2001, Weltmeisterin im Einer zu wer<strong>de</strong>n. Darüber hinaus erreichte sie in<br />

dieser Disziplin noch drei Vizeweltmeistertitel und einen dritten Platz. 1647<br />

Die 90er Jahre im Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sind mit Namen wie Claudia<br />

Blasberg, Janet Radünzel, Claudia Engels und Christiane Weber verbun<strong>de</strong>n.<br />

Gleiches gilt <strong>für</strong> die Zeit zwischen 2004 und 2008, die von Daniela Reimer,<br />

Marie-Louise Dräger und Berit Carow national und international maßgeblich<br />

mitbestimmt wur<strong>de</strong>n. 1648<br />

Der im Vergleich schlechter abschnei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Riemenbereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen wur-<br />

<strong>de</strong> seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung durch Frauen wie Stefani Werremeier, Anja<br />

und Dana Pyritz, Silke Günther, Elke Hipler, Lenka Wech und Nicole Zim-<br />

mermann geprägt. Alle holten einen Weltmeistertitel im Achter und gewan-<br />

1644 Vgl. HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Weltmeisterschaften seit 1962. Deutsche Medaillenerfolge –<br />

Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 28. 12. 2008.<br />

1645 Vgl. ebenda.<br />

1646 Vgl. ebenda.<br />

1647 Vgl. ebenda.<br />

1648 Vgl. ebenda.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 393<br />

nen min<strong>de</strong>stens zwei weitere Medaillen im Vierer o<strong><strong>de</strong>r</strong> Zweier. 1649 Die erfolg-<br />

reichste Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>in seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung ist Elke Hipler mit einer<br />

Gold- sowie zwei Silber- und zwei Bronzemedaillen.<br />

Zusammenfassend kann festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung sehr erfolgreich bei Weltmeisterschaften war. Allerdings lie-<br />

gen die letzten Titel schon einige Jahre zurück. Die Leichtgewichts-<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen holten die letzte Goldmedaille 2005. Die Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen ver-<br />

buchten <strong>de</strong>n letzten Titelgewinn 2003. Am weitesten zurück liegt <strong><strong>de</strong>r</strong> Gewinn<br />

bei einer WM im Skullbereich: sie datiert aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Jahr 2002. 1650<br />

8.2.3 Olympische Spiele<br />

Erstmalig traten Athleten aus Ost und West bei <strong>de</strong>n OS 1992 in Barcelona<br />

gemeinsam an:<br />

„Eine wun<strong><strong>de</strong>r</strong>bare Kulisse, um <strong>de</strong>n vom Schreibtisch gesteuerten<br />

Prozess <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung auf seine Substanz zu prüfen.<br />

Und da <strong><strong>de</strong>r</strong> kleinste Nenner einer Mannschaft immer <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfolg ist,<br />

könnten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er von sich behaupten, in ihrem Mikrokosmos<br />

sei gelungen, wonach an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Olympiastarter vergeblich strebten.“<br />

1651<br />

Die DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen konnten bei <strong>de</strong>n OS 1992 an die guten Leistungen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

WM <strong>de</strong>s Vorjahres anknüpfen. Der von Jutta Lau trainierte Doppelzweier mit<br />

Kerstin Köppen und Kathrin Boron holte die erste olympische Goldmedaille<br />

im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> <strong>de</strong>n DRV. Kerstin Müller, Sybille Schmidt, Birgit Peter<br />

und Kristina Mundt wur<strong>de</strong>n Olympiasiegerinnen im Doppelvierer. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

konnten noch eine Silbermedaille im Zweier sowie jeweils ein dritter Platz im<br />

Achter und Vierer verbucht wer<strong>de</strong>n. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfolg im Achter war nicht<br />

erwartet wor<strong>de</strong>n. 1652 Alle Medaillen zusammen be<strong>de</strong>uteten Rang zwei in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Nationenwertung hinter Kanada mit drei Goldmedaillen. 1653 Hierzu äußerte<br />

sich <strong><strong>de</strong>r</strong> damalige DRV-Präsi<strong>de</strong>nt Lotz: „Ich bin stolz auf unsere Mannschaft,<br />

1649 Vgl. ebenda.<br />

1650 Vgl. ebenda.<br />

1651 RENTEL, Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport im Spiegel <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen Spiele 1896-2004, S. 102-103.<br />

1652 Vgl. BOES, 1883-2008. 125 Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 121.<br />

1653 Vgl. RENTEL, Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport im Spiegel <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen Spiele 1896-2004, S. 107.<br />

Ferner vgl. HOFFMANN, „Olympische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatten seit 1990. Deutsche Medaillenerfolge<br />

– Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 28. 12. 2008.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 394<br />

sie hat toll gekämpft und die Medaillen sind eine Bestätigung <strong>für</strong> diese Leis-<br />

tung.“ 1654<br />

Diese Leistung war vier Jahre später in Atlanta nicht zu wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holen. Der<br />

Doppelvierer, besetzt mit drei Weltmeisterinnen aus <strong>de</strong>n Jahren 1994 und<br />

1995, bewahrte die <strong>de</strong>utsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>flotte auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Lake Lanier vor einer Ent-<br />

täuschung. 1655 Nach einem spannen<strong>de</strong>n ersten Kilometer fuhren Kathrin<br />

Boron, Jana Sorgers, Katrin Rutschow-Stomporowski und Kerstin Köppen<br />

das Rennen ungefähr<strong>de</strong>t nach Hause. 1656 Weiterhin erzielten die DRV-<br />

Frauen einen vierten Platz im Zweier, sowie einen fünften im Doppelzweier.<br />

Der Achter belegte Platz acht. Die Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s DRV konn-<br />

ten sich im Vorfeld nicht <strong>für</strong> die olympische Regatta im Doppelzweier qualifi-<br />

zieren.<br />

Die OS 2000 in Sydney erlebten „ein beinahe übermächtiges Skullerteam <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauen“. 1657 Auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Lake Penrith ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ten die von Jutta Lau trainierten<br />

Doppelzweier und Doppelvierer <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse jeweils zu Gold. Valerie<br />

Viehoff und Claudia Blasberg gewannen in einem spannen<strong>de</strong>n Rennen Sil-<br />

ber. Katrin Rutschow-Stomporowski errang eine Bronzemedaille im Einer<br />

gegen starke Konkurrenz. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelvierer beeindruckte mit sei-<br />

ner Leistung und holte das vierte Olympiagold in Folge. Damit setzte das<br />

erfolgreichste <strong>de</strong>utsche Boot aller Zeiten seine Siegesserie fort. Wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

reichte es zu einem zweiten Platz in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationenwertung, die von Rumänien<br />

mit drei Goldmedaillen gewonnen wur<strong>de</strong>.<br />

In Athen 2004 „blies <strong><strong>de</strong>r</strong> Angriffsgeist <strong><strong>de</strong>r</strong> Konkurrenz <strong>de</strong>n <strong>Deutschen</strong> kräftig<br />

ins Gesicht“. 1658 Die Männer erreichten keine Platzierung, „das starke Ge-<br />

schlecht waren die Frauen“. 1659 Die Medaillen wur<strong>de</strong>n ausschließlich von<br />

Skullerinnen gewonnen, die Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gingen leer aus. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

enttäuschend verliefen die Spiele <strong>für</strong> die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Achter, die als am-<br />

tieren<strong>de</strong> Weltmeisterinnen angereist waren. Am En<strong>de</strong> mussten sie sich mit<br />

Platz fünf zufrie<strong>de</strong>n geben.<br />

1654<br />

[ohne Verfasser], „Die Olympische Regatta <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 110(1992)22, S.<br />

611.<br />

1655<br />

RENTEL, Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport im Spiegel <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen Spiele 1896-2004, S. 102-109.<br />

1656<br />

Vgl. ebenda. Ferner vgl. HOFFMANN, „Olympische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatten seit 1990. Deutsche<br />

Medaillenerfolge – Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 28. 12. 2008.<br />

1657<br />

RENTEL, Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport im Spiegel <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen Spiele 1896-2004, S. 113.<br />

1658 Ebenda, S. 119.<br />

1659 Ebenda.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 395<br />

Die Serie <strong>de</strong>s Doppelvierers hielt auch in Athen an und Boron konnte zu-<br />

sammen mit Meike Evers, Manuela Lutze und Kerstin El-Qalqili die nächste<br />

Goldmedaille in Empfang nehmen. Die „Königin <strong><strong>de</strong>r</strong> Spiele“ aber hieß Katrin<br />

Rutschow-Stomporowski, die im Einer Olympiasiegerin wur<strong>de</strong>:<br />

„Der Einer ist <strong>für</strong> mich die Königsklasse <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Hier gibt es<br />

kein Verstecken hinter <strong>de</strong>n Rücken von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en, keine Schuldzuweisungen<br />

– das ist Kampf Mann gegen Mann, Frau gegen Frau,<br />

Auge um Auge, Zug um Zug.“ 1660<br />

Für diesen Erfolg hatte sie nach eigenen Angaben zwei Jahre nichts an<strong><strong>de</strong>r</strong>es<br />

gemacht als „trainieren, erholen, essen, schlafen, nie nach abends halb neun<br />

zu Bett zu gehen“. 1661 Die Art, wie sie das Rennen gestaltete und vor allem<br />

„wie sie mit Kopf und Kraft das Feld dominierte, macht sie zu einer Gro-<br />

ßen“. 1662<br />

Im Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n konnte Claudia Blasberg eine weitere Silbermedail-<br />

le gewinnen. Dieses Mal war sie mit Daniela Reimer erfolgreich. Der Doppel-<br />

zweier in <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse mit Britta Oppelt und Peggy Waleska kam<br />

ebenfalls auf <strong>de</strong>n zweiten Rang.<br />

Die DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen belegten auch bei diesen OS <strong>de</strong>n zweiten Platz hinter<br />

<strong>de</strong>n Rumäninnen, die erneut drei Olympiasiege erzielen konnten.<br />

Bei <strong>de</strong>n OS in Peking 2008 setzte sich fort, was sich seit 2004 langsam auf<br />

<strong>de</strong>n internationalen Meisterschaften abzeichnete: Die DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen hat-<br />

ten ihre Vormachtstellung eingebüßt. Erstmalig konnte von <strong>de</strong>n Frauen keine<br />

Goldmedaille gewonnen wer<strong>de</strong>n. Zwar holten Annekatrin Thiele und Chris-<br />

tiane Huth in einem dramatischen Finale mit nur 1/100 Sekun<strong>de</strong> Rückstand<br />

die Silbermedaille, aber an<strong><strong>de</strong>r</strong>e blieben hinter <strong>de</strong>n Erwartungen zurück. So<br />

gelang es beispielsweise Boron nicht, ihren Traum vom fünften olympischen<br />

Gold zu erfüllen. Das immer noch von Jutta Lau trainierte DRV-Flaggschiff<br />

<strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns mit Boron, Oppelt, Lutze und Schiller erreichte <strong>de</strong>n dritten<br />

Platz. Die Platzierung war nicht nur <strong>für</strong> Boron eine Enttäuschung. Auch Lutze<br />

und Oppelt hatten beruflich und privat zurückgesteckt, um <strong>de</strong>n fünften Sieg in<br />

Folge in dieser Bootsklasse zu holen.<br />

1660 Ebenda, S. 120.<br />

1661 Ebenda.<br />

1662 Ebenda.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 396<br />

Nach Problemen im Vorfeld <strong><strong>de</strong>r</strong> Spiele hatten die Verantwortlichen <strong>de</strong>s DRV<br />

entschie<strong>de</strong>n, die besten Skullerinnen <strong>de</strong>s DRV im Doppelvierer starten zu<br />

lassen. Hierzu wur<strong>de</strong> die Olympiaqualifikation 1663 im Einer, <strong>für</strong> die ursprüng-<br />

lich Schiller vorgesehen war, aufgegeben. Damit war <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV nicht im Einer-<br />

Rennen vertreten. Der Achter verpasste das A-Finale und wur<strong>de</strong> Letzter. Der<br />

Leichtgewichts-Doppelzweier und <strong><strong>de</strong>r</strong> Zweier in <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse belegten<br />

jeweils vierte Plätze.<br />

Boron ist die erfolgreichste <strong>de</strong>utsche Olympiastarterin im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Ihre vier<br />

Siege sowie eine Bronzemedaille wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong> alle nachfolgen<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

nur schwer zu erreichen sein. Rutschow-Stomporowski und Lutze mit zwei<br />

Gold- und einer Bronzemedaille sowie Evers, El-Qaqili und Köppen mit zwei<br />

Olympiasiegen trugen ebenfalls dazu bei, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV in allen Ergebnislis-<br />

ten vertreten war. 1664<br />

Medaillenbilanz <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen von 1991 bis 2008<br />

Abschließend bietet sich eine tabellarische Übersicht <strong><strong>de</strong>r</strong> internationalen Er-<br />

folge <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen an. Insgesamt umfasst die Darstellung die Medaillen-<br />

gewinne bei EM, WM und OS. Immer noch stehen <strong>de</strong>n Frauen weniger<br />

olympische Bootsklassen zur Verfügung als <strong>de</strong>n Männern: das Verhältnis<br />

beträgt sechs zu acht. Die WM-Erfolge in <strong>de</strong>n Olympiajahren wer<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

NOWM zugewiesen. Der vereinigte Verband hat noch Jahre von <strong>de</strong>n Erfol-<br />

gen <strong><strong>de</strong>r</strong> Osttrainer und <strong>de</strong>n Siegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er aus <strong>de</strong>n<br />

„neuen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n ‘profitiert’.“ 1665 Bei Betrachtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Statistik scheint dieser<br />

Kredit aufgebraucht:<br />

1663 Seit 1995 wer<strong>de</strong>n die Startplätze <strong>für</strong> die 14 olympischen Bootsklassen vergeben. Entschei<strong>de</strong>nd<br />

sind die Platzierungen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> vorangegangen WM. Im Olympiajahr hat je<strong>de</strong>s<br />

Land im Rahmen einer Qualifikationsregatta erneut die Möglichkeit, sich <strong>für</strong> die vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Startplätze zu qualifizieren.<br />

1664 Vgl. HOFFMANN, „Olympische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatten seit 1990. Deutsche Medaillenerfolge –<br />

Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 28. 12. 2008.<br />

1665 LÖWENSTEIN, „Re<strong>de</strong> auf <strong><strong>de</strong>m</strong> 57. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Dres<strong>de</strong>n“, Privatbesitz Hutmacher.


„Immer noch schnell“: Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland 397<br />

Jahr Gold Silber Bronze<br />

WM 1991 XXX X X<br />

OS 1992 XX X XX<br />

NOWM 1992 X<br />

WM 1993 X XX X<br />

WM 1994 XX X X<br />

WM 1995 X X XX<br />

OS 1996 X<br />

NOWM 1996 X<br />

WM 1997 XXXX X<br />

WM 1998 XX XX<br />

WM 1999 XX XXXX<br />

OS 2000 XX X X<br />

NOWM 2000 X X X<br />

WM 2001 XXXX X<br />

WM 2002 X X XX<br />

WM 2003 XX XX XX<br />

OS 2004 XX XX<br />

NOWM 2004 X X<br />

WM 2005 X XX<br />

WM 2006 XXX XX<br />

WM 2007 XXX X<br />

EM 2007 X X X<br />

OS 2008 X X<br />

NOWM 2008<br />

EM 2008<br />

Tab. 13: Medaillenbilanz <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen von 1991 bis 2008 1666<br />

1666 Vgl. RENTEL, Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport im Spiegel <strong><strong>de</strong>r</strong> Olympischen Spiele 1896-2004, S. 102-123.<br />

Ferner HOFFMANN, „Olympische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>regatten seit 1990. Deutsche Medaillenerfolge –<br />

Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 28. 12. 2008. Ferner HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Weltmeisterschaften seit 1962. Deutsche Medaillenerfolge – Gold, Silber und Bronze“,<br />

Zugriff am 28. 12. 2008. Ferner HOFFMANN, „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Europameisterschaften seit 1913.<br />

Deutsche Medaillenerfolge. Gold, Silber und Bronze“, Zugriff am 28. 12. 2008.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 398<br />

9 Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945<br />

Vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Hintergrund <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n politischen Systeme im geteilten Deutsch-<br />

land nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg zeigten sich auch Unterschie<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Struktur und Organisation <strong>de</strong>s Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

<strong>de</strong>utlich wur<strong>de</strong>n diese im aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, das in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR im Rahmen<br />

<strong>de</strong>s Stu<strong>de</strong>ntensports durchgeführt wur<strong>de</strong>. Durch die Gründung von KJS und<br />

die Aufnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportart Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in die Spartakia<strong>de</strong>-Wettkämpfe war auch<br />

das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerinnen fest im System verankert. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepub-<br />

lik hingegen stellte sich die Situation grundlegend an<strong><strong>de</strong>r</strong>s dar.<br />

9.1 Schul- und Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s AAR 1947 war ein Unterausschuss <strong>für</strong> Jugend- und<br />

Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n gebil<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n. Die von diesem <strong>Aus</strong>schuss erarbeiteten Be-<br />

stimmungen <strong>für</strong> das Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n (BJ) galten vom 1. Januar 1948 an und<br />

wur<strong>de</strong>n erst 1968 modifiziert. 1667 Auch nach <strong><strong>de</strong>m</strong> En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten Welt-<br />

krieges gehörten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland Schule und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu-<br />

sammen. Die Sportart blieb anerkannter Zweig <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibeserziehung. Vielen<br />

Helfern ist es zu verdanken, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb an <strong>de</strong>n Schulen bereits<br />

1947 wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgenommen wer<strong>de</strong>n konnte. Zerstörte Bootshäuser wur<strong>de</strong>n<br />

aufgebaut und Bootsmaterial instand gesetzt um – wie überall – <strong><strong>de</strong>m</strong> Sport<br />

mit beschei<strong>de</strong>nen Mitteln nachzugehen.<br />

Heß beschrieb, dass sich neben <strong>de</strong>n selbstständigen Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen<br />

(SRV) und -riegen (SRR) auch solche Vereine grün<strong>de</strong>ten, die sich an einen<br />

DRV-Verein anschlossen. 1668 Zagermann ergänzte:<br />

„In seiner Urform, als vom Protektor betreute selbständige Organisation<br />

sportlichen Tuns von Schülern <strong>für</strong> Schüler unter Berücksichtigung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Eigenständigkeit und Selbstverantwortlichkeit, ist<br />

das Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n heute nur noch im Nor<strong>de</strong>n Deutschlands zu<br />

fin<strong>de</strong>n: [...] Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Anlehnung an Männerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine, die sich<br />

vor allem in kleineren Städten fin<strong>de</strong>n läßt, wur<strong>de</strong>n in größeren<br />

Städten unter Zuhilfenahme staatlicher Mittel und zahlreicher<br />

1667 Vgl. E. BUNDSCHUH, „Jugendordnung – Warum?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 86(1968)5, S. 80.<br />

1668 Vgl. C. HEß, „Der Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband und die Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>er“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

86(19688)27, S. 585.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 399<br />

Spen<strong>de</strong>n städtische Bootshäuser errichtet, in <strong>de</strong>nen man Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine<br />

zusammenfasste.“ 1669<br />

Dementsprechend konnten im Vereinswesen unterschiedliche Formen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Gründung gewählt wer<strong>de</strong>n, von <strong>de</strong>nen drei das Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

explizit betrafen:<br />

Vollständig selbstständige Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine (mit eigenen Booten,<br />

eigenem Bootshaus und unter eigener Verwaltung).<br />

An die DRV-Vereine angelehnte, selbstständige Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>riegen<br />

und Vereine, die meist einen Mietvertrag mit <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV-Verein<br />

hatten, aber selbstverwaltet waren.<br />

An DRV-Vereine angeschlossene SRV und SRR, in <strong>de</strong>nen über<br />

<strong>de</strong>n Protektor die Disziplinargewalt von <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule ausgeübt wür<strong>de</strong>.<br />

1670<br />

Das Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bewahrte sich trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> Anlehnung an <strong>de</strong>n<br />

DRV eine gewisse Selbstständigkeit. Regionale Verbän<strong>de</strong> bil<strong>de</strong>ten 1955 die<br />

Arbeitsgemeinschaft <strong>de</strong>utscher Schüler- und Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> mit <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Ziel, die unterschiedliche Entwicklung in <strong>de</strong>n einzelnen west<strong>de</strong>utschen Bun-<br />

<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu vereinheitlichen. Diese wur<strong>de</strong> vier Jahre später in <strong>de</strong>n Bund<br />

Deutscher Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> überführt, <strong><strong>de</strong>r</strong> von 2007 an unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Na-<br />

men Bund Deutscher Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>er fungiert. Heß schätzte die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>de</strong>n 50er Jahren auf 10.000. 1671 Der Verband setzte sich aus<br />

<strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sschulru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong>n (LSRV) aus Berlin, Hamburg, Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>sach-<br />

sen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein zusammen. Hessen folgte<br />

1964. Die neue Dachorganisation vertrat die Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>er vor <strong>de</strong>n Behör-<br />

<strong>de</strong>n und <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV. 1672 Ein Vertreter <strong>de</strong>s Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns hatte immer einen<br />

Sitz im DRV <strong>Aus</strong>schuss Jugend- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Daran hat sich bis heu-<br />

te nichts geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t. 1956 wur<strong>de</strong> zum Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> SRV und SRR beschlossen,<br />

„daß sich kein dort verpflichteter Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>er ohne die Genehmigung sei-<br />

ner Riege einem Verbandsverein anschließen darf“. 1673<br />

1669<br />

ZAGERMANN, „Geschichte und Struktur <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, S. 124.<br />

1670<br />

BIENIEK, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und seine Be<strong>de</strong>utung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Schulsport,<br />

S. 43.<br />

1671<br />

Vgl. C. HEß, „Der Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband und die Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>er“, S. 585.<br />

1672<br />

BIENIEK, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und seine Be<strong>de</strong>utung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Schulsport,<br />

S. 43-47.<br />

1673<br />

HOFFMANN, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports in West<strong>de</strong>utschland, S. 130.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 400<br />

Auch das Wettkampfwesen wur<strong>de</strong> nach 1945 wichtiger. Die Leitgedanken<br />

aus seinen Anfängen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts, die sich in Begriffen wie<br />

Naturerlebnis, Entspannung und Erholung ausdrückten, waren jedoch be-<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>s bei <strong>de</strong>n Schülerinnen noch immer gegenwärtig. Sie betrieben nach<br />

wie vor intensiv das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Allerdings waren die<br />

Schülerinnen gezwungen, sich bestehen<strong>de</strong>n Vereinen anzuschließen. Keiner<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine hat <strong>de</strong>n Zweiten Weltkrieg überstan<strong>de</strong>n. Nach<br />

1945 fan<strong>de</strong>n auch keine Neugründungen mehr statt.<br />

Ulmer analysierte 1961 das Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Hamburg und kam zu<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Ergebnis, dass die aktive Beteiligung insgesamt zu gering war. Nahm<br />

man aber die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Übungsfahrten und die Intensität <strong>de</strong>s Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ns hinzu, ergab sich ein ganz an<strong><strong>de</strong>r</strong>es Bild von <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportlichkeit und vom<br />

Leistungswillen <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerinnen. 1674 Ulmer stellte erneut klar, dass <strong>für</strong> das<br />

gesamte Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n weniger die Spitzenleistungen einzelner, als viel<br />

mehr die Breitenleistungen möglichst vieler maßgeblich seien und die Betei-<br />

ligung am Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor allem Erholung, Freu<strong>de</strong> und Gesundheit bringen soll-<br />

te. 1675<br />

Ewald Pflüger erkannte in diesem Zusammenhang, dass die Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

verbän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n 50er Jahren versucht hatten, <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

„labileren Leistungsvermögen <strong>de</strong>s heutigen jugendlichen Mädchens,<br />

das nicht die Beharrlichkeit und <strong>Aus</strong>dauer aufbringen kann<br />

und will, Rechnung zu tragen“. 1676<br />

Um die Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerinnen weiter zu gewährleisten, kamen diffe-<br />

renzierte Formen <strong>de</strong>s Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns zur Anwendung: die so genannte „Hambur-<br />

ger Art“. Die Rennen wur<strong>de</strong>n nur über eine Distanz von 600m im C-Boot<br />

ausgetragen. 1677<br />

Auf nationaler Ebene fan<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n 50er Jahren im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Jugendbestenkämpfe die Rennen <strong><strong>de</strong>r</strong> besten Schülerinnen und Schüler<br />

statt. 1678 Für alle Jungru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen wur<strong>de</strong> 1953 <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesundheitspass einge-<br />

führt. Das Min<strong>de</strong>stalter <strong>für</strong> eine Regattateilnahme betrug 16 Jahre. 1955 be-<br />

1674<br />

Vgl. F. ULMER, „Wie kann das Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wer<strong>de</strong>n?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

79(1961)7, S. 198.<br />

1675<br />

Vgl. ebenda.<br />

1676<br />

E. PFLÜGER, „Mädchenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n – Eine Entgegnung“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 79(1961)4, S. 59.<br />

1677<br />

Vgl. ebenda.<br />

1678<br />

Vgl. H. DICKAMP, „50 Jahre Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

83(1965)9, S. 225.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 401<br />

schloss <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag, dass Jungru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s älteren Jahrgangs an Frau-<br />

enrennen teilnehmen konnten. Allerdings durfte nur die Hälfte einer Mann-<br />

schaft in <strong>de</strong>n Großbooten aus Schülerinnen bestehen. Alle Rennen fan<strong>de</strong>n<br />

bis 1965 im Gigboot statt. 1679 Erst danach setzte sich das Rennboot in allen<br />

Disziplinen durch.<br />

Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre erfolgte die Umbenennung <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendbestenkämpfe in<br />

Deutsche-Junioren-Meisterschaften. Die Ermittlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerbesten blieb<br />

allerdings Teil <strong>de</strong>s Programms. Die Schülerinnen konnten sich seit 1975 über<br />

eine Vorentscheidung in <strong>de</strong>n einzelnen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> die Rennen im<br />

Einer, Doppelzweier und Doppelvierer mit Steuermann <strong>für</strong> die <strong>Deutschen</strong><br />

Schülermeisterschaften im Rahmen von JtfO qualifizieren.<br />

Die vom BDSR organisierten Bun<strong>de</strong>svergleichswettkämpfe, zu <strong>de</strong>nen je<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

LSRV seine jeweils besten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er entsandte, stellten eine weitere Möglich-<br />

keit zum Leistungsvergleich dar. 1680 Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportart Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

bei JtfO 1681 1971 wur<strong>de</strong> dieser Wettbewerb eingestellt.<br />

Die Aufnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportart bei JftO führte Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre zu einem<br />

Aufschwung im Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutsch-<br />

land. Die Veranstaltung be<strong>de</strong>utete <strong>für</strong> diesen Bereich einen Imagegewinn<br />

und weitete die bislang hauptsächlich im Raum nördlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Mainlinie betrie-<br />

bene Sportart auch auf Schulen in <strong>de</strong>n südlichen Teilen Deutschlands aus.<br />

Die ausgeschriebenen Bootsklassen wer<strong>de</strong>n von <strong><strong>de</strong>m</strong> veranstalten<strong>de</strong>n Kul-<br />

tusministerium <strong>für</strong> die Wettkampfklassen im Einzelnen festgelegt. Es waren<br />

zunächst 20 Rennen in verschie<strong>de</strong>nen Bootsklassen. 1976 wur<strong>de</strong>n die<br />

Einerrennen <strong><strong>de</strong>r</strong> Schülerinnen gestrichen. Die Nichtberücksichtigung <strong>de</strong>s<br />

Doppelzweiers und Zweiers ist bis heute umstritten. Dem Reglement ent-<br />

sprechend muss eine Mannschaft aus min<strong>de</strong>stens fünf Personen bestehen,<br />

1679<br />

Vgl. SCHUMANN, „Keine Bleibe – keine Boote. Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns nach <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Krieg“, S. 53.<br />

1680<br />

Vgl. UEBERHORST, Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>t Jahre Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, S. 157.<br />

1681<br />

Den Wettbewerb Jugend trainiert <strong>für</strong> Olympia gibt es seit 1969. Unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Dach eines<br />

gemeinnützigen Vereins tragen 16 Kultusbehör<strong>de</strong>n aller Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong> DOSB, seine<br />

beteiligten Sportfachverbän<strong>de</strong> und diverse Sponsoren gemeinsam die Verantwortung <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>swettbewerb <strong><strong>de</strong>r</strong> Schulen JtfO. Die Schirmherrschaft liegt beim amtieren<strong>de</strong>n<br />

Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nten. Für alle Finalveranstaltungen in Berlin übernimmt <strong><strong>de</strong>r</strong> Regieren<strong>de</strong><br />

Bürgermeister von Berlin dieses Amt. Der Wettbewerb basiert auf einem einheitlichen<br />

Wettkampfsystem. Die Teilnahme ist freiwillig und steht nur Schulmannschaften offen.<br />

Der Wettbewerb ist insgesamt in vier nach Altersstufen geordneten Wettkampfklassen<br />

unterteilt und unterschei<strong>de</strong>t zwischen einem Standard- und einem Ergänzungsprogramm.<br />

Vgl. HUTMACHER, <strong>Aus</strong>bildung im Schulru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, S. 68.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 402<br />

damit sie als eine solche anerkannt wird. Gera<strong>de</strong> diese Bootsklasse sowohl<br />

im Skull- als auch im Riemenbereich böte aber <strong>für</strong> viele Schulen die Möglich-<br />

keit an JtfO teilzunehmen, da nicht viele Schulen genügend Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er haben,<br />

um ein Großboot zu besetzen.<br />

Die Streckenlänge beträgt <strong>für</strong> alle Wettbewerbe 1.000m. Die folgen<strong>de</strong> Tabel-<br />

le stellt das Standardprogramm <strong>für</strong> die Sportart Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor:<br />

Bootsklasse<br />

WKII<br />

1992-1994<br />

Jungen<br />

4x+<br />

Gig 4x+<br />

Gig 4-+<br />

8+<br />

WK II<br />

1992-1994<br />

Mädchen<br />

4x+<br />

Gig 4x+<br />

WK III<br />

1995-1997<br />

Jungen<br />

Tab. 14: Standardprogramm JtfO <strong>für</strong> die Sportart Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n 2008/2009 1682<br />

WK III<br />

1995-1997<br />

Mädchen<br />

4x+ 4x+<br />

Prinzipiell wer<strong>de</strong>n Gig- und Rennbootrennen ausgeschrieben. Für Schülerin-<br />

nen gibt es dabei weniger Startmöglichkeiten. Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> geringen Teil-<br />

nehmerzahlen wür<strong>de</strong>n im Achterbereich nicht genügend Meldungen<br />

eingehen. Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> physiologischen Voraussetzungen im Bereich <strong>de</strong>s<br />

Beckens wird auf <strong>de</strong>n Schülerinnen-Riemenvierer bewusst verzichtet. Auch<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DRV schreibt erst ab <strong><strong>de</strong>m</strong> Juniorinnen A-Bereich Riemenrennen aus. In<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Wettkampfklasse III wer<strong>de</strong>n sowohl <strong>für</strong> Schülerinnen als auch <strong>für</strong> Schüler<br />

nur Rennbootrennen durchgeführt. Dies wird damit begrün<strong>de</strong>t, dass es <strong>für</strong><br />

diese Altersgruppe zu schwierig ist, die schweren Gigboote über die Renn-<br />

distanz zu bewegen.<br />

Die Teilnehmerzahlen von 1990 bis 2000 1683 weisen kaum größere Schwan-<br />

kungen auf. Das größte Mel<strong>de</strong>ergebnis wur<strong>de</strong> 1999 mit 5090 teilnehmen<strong>de</strong>n<br />

Schülerinnen und Schülern erreicht. Dies könnte auf die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-WM in Köln<br />

1998 zurückgeführt wer<strong>de</strong>n. Der eine o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Schüler könnte sich ermu-<br />

tigt gefühlt haben, das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufzunehmen o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu beginnen. Diese<br />

<strong>Aus</strong>sage ist allerdings rein hypothetisch und durch keine Daten zu belegen.<br />

1682 Vgl. [ohne Verfasser], „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n Allgemeine Bestimmungen“, in: http://jtfo.net/Deskop<br />

/Default.aspx?abid=281&tabin<strong>de</strong>x=-1, Zugriff am 29. 12. 2008.<br />

1683 Quelle: Daten <strong><strong>de</strong>r</strong> DRJ sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>sstelle <strong>für</strong> das schulsportliche Wettkampfwesen<br />

NRW und <strong>de</strong>s Ministeriums <strong>für</strong> Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport<br />

<strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Nordrhein-Westfalens, Privatbesitz Hutmacher.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 403<br />

1990 nahmen die Schülerinnen und Schüler aus <strong>de</strong>n neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

als Gäste am Wettbewerb teil. Im Folgejahr waren sie bereits vollständig in<br />

alle Wettbewerbe integriert. Dennoch stieg die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmer nicht<br />

nennenswert an. 1684<br />

Mit <strong><strong>de</strong>m</strong> aktuellen Programm bei JtfO haben die Verantwortlichen gera<strong>de</strong> bei<br />

<strong>de</strong>n Schülerinnen ein Minimum erreicht. Diese Entwicklung könnte Konse-<br />

quenzen haben, <strong>de</strong>nn sollte Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n beim Bun<strong>de</strong>swettbewerb <strong><strong>de</strong>r</strong> Schulen<br />

eine langfristige Perspektive haben, wird es sich im Schulsport behaupten<br />

müssen. Durch angestrebte Schulreformen in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Bun<strong>de</strong>s-<br />

län<strong><strong>de</strong>r</strong>n wer<strong>de</strong>n aber viele Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> erst im Alter von zwölf Jahren an einer wei-<br />

terführen<strong>de</strong>n Schule beginnen. In diesem Alter haben sie häufig schon<br />

mehrere Sportarten kennengelernt und sind Mitglied eines Vereins. Erschwe-<br />

rend kommt die Schulzeitverkürzung am Gymnasium auf acht Jahre hinzu.<br />

Es fehlt häufig Zeit, Hausaufgaben und ein zeitintensives Hobby, wie Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n, zu vereinbaren.<br />

2008 erweist sich die Unterscheidung zwischen Schul- und Schülerinnenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n teilweise als schwierig, da sich die bei<strong>de</strong>n Bereiche in <strong>de</strong>n meisten Fäl-<br />

len überschnei<strong>de</strong>n. Unter Schulru<strong><strong>de</strong>r</strong>n versteht man das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im normalen<br />

Sportunterricht, im Klassenverband, in Sportkursen <strong><strong>de</strong>r</strong> differenzieren<strong>de</strong>n<br />

Mittelstufen einer weiterführen<strong>de</strong>n Schule o<strong><strong>de</strong>r</strong> im Rahmen eines Oberstu-<br />

fenkurses in <strong>de</strong>n Jahrgangsstufen 11-13. 1685<br />

Ebenfalls <strong><strong>de</strong>m</strong> Schulru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zuzuordnen ist das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n innerhalb einer frei-<br />

willigen Arbeitsgemeinschaft. Hier treffen sich Schüler nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Unterricht<br />

zum außerschulischen Sport unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufsicht eines Lehrers.<br />

Beim Schulru<strong><strong>de</strong>r</strong>n stehen vorwiegend pädagogische und schulische Ge-<br />

sichtspunkte und Zielsetzungen im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund, welche sich beispielsweise<br />

in <strong>de</strong>n Rahmenrichtlinien und Kursstrukturplänen <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweiligen Kultusbehör-<br />

<strong>de</strong>n wie<strong><strong>de</strong>r</strong>fin<strong>de</strong>n. Neben <strong>de</strong>n technomotorischen Lernzielen, <strong><strong>de</strong>m</strong> Erlernen<br />

<strong>de</strong>s Skullens, Riemens und Steuerns in unterschiedlichen Bootsgattungen<br />

geht es hier auch um soziale, kognitive und affektive Ziele.<br />

Neben <strong><strong>de</strong>m</strong> Unterrichtsfach existiert außer<strong><strong>de</strong>m</strong> noch das Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, das<br />

sich weiter ausdifferenzieren lässt. Es bestehen<br />

1684 Vgl. ebenda.<br />

1685 DEUTSCHE RUDERJUGEND (Hrsg.), Die Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>jugend – Gestern – Heute – Mor-<br />

gen, S. 34.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 404<br />

„Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gruppen, die sich frei und unabhängig von Schule und Verein<br />

gegrün<strong>de</strong>t haben. Die Gruppen bezeichnet man als Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine,<br />

die weitgehend selbstständig und nur mit sehr lockerer<br />

Bindung an die Schule tätig sind.“ 1686<br />

Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>riegen unterliegen zwar einer Selbstverwaltung, wer<strong>de</strong>n aber<br />

von einem von <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule gestellten Protektor betreut. Diese stehen <strong><strong>de</strong>m</strong>-<br />

entsprechend unter einem größeren Einfluss von Schule und Protektor als<br />

die Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine.<br />

Eine weitere Gruppe umfasst die Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>er, die an einen Verein ange-<br />

lehnt sind. Diese Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er sind häufig Gäste im Bootshaus eines DRV-<br />

Vereins. Dies gilt auch <strong>für</strong> Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>er, die fest in <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendabteilung<br />

eines Vereins organisiert sind. Derartige Jugendabteilungen sind zuweilen<br />

fast vollständige Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>abteilungen. 1687<br />

Die SRR und SRV <strong><strong>de</strong>r</strong> „klassischen“ Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>län<strong><strong>de</strong>r</strong> Hamburg, Berlin,<br />

Hessen und Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>sachsen koordinieren heute weiterhin ihre Arbeit im Bund<br />

Deutscher Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>er. Einzelmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> sind die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>arbeitsgemein-<br />

schaft Internatsschule Gaienhofen, die RR <strong><strong>de</strong>r</strong> Thomas Mann Schule Lübeck<br />

und die RR <strong>de</strong>s Her<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gymnasiums Min<strong>de</strong>n sowie die RR <strong>de</strong>s Kur<strong>für</strong>st-<br />

Balduin-Gymnasium Münstermaifeld. 1688<br />

Der Status <strong>de</strong>s Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns im DRV ist an die gängigen Be-<br />

stimmungen gebun<strong>de</strong>n. Die DRJ ist die Jugendorganisation <strong>de</strong>s DRV. Sie<br />

vertritt die Jugend und die Jugendleiter <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>organisationen <strong>de</strong>s<br />

DRV. Neben <strong><strong>de</strong>m</strong> unabhängigen BDSR gibt es das Referat Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

als <strong>Aus</strong>schuss <strong><strong>de</strong>r</strong> DRJ und damit auch <strong>de</strong>s DRV. Diese Anbindung ist in §13<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendordnung <strong>de</strong>s DRV zusammengefasst:<br />

„Für <strong>de</strong>n Aufgabenbereich <strong>de</strong>s Schul- und Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns beruft<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstand <strong><strong>de</strong>r</strong> DRJ das Referat Schul-/Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein. Es<br />

setzt sich aus <strong><strong>de</strong>m</strong> von <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong>n gemel<strong>de</strong>ten,<br />

amtieren<strong>de</strong>n Vorstandsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>für</strong> Schul-/Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong>de</strong>n<br />

16 LRV-Vorstän<strong>de</strong>n zusammen. Das Referat ist ein Beratungsgremium<br />

<strong>de</strong>s DRJ-Vorstan<strong>de</strong>s.“ 1689<br />

1686<br />

BIENIEK, Die Entwicklung <strong>de</strong>s Schülerru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und seine Be<strong>de</strong>utung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Schulsport,<br />

S. 8.<br />

1687<br />

Vgl. ebenda, S. 9.<br />

1688<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Thomas Rehbein.<br />

1689<br />

DEUTSCHER RUDERVERBAND (Hrsg.), Gesetze <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s. Regelwerk<br />

<strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, Wiebelsheim 1999, S. 7.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 405<br />

Seit 1970 können SRV und SRR „mittelbare Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>“ <strong>de</strong>s DRV wer<strong>de</strong>n.<br />

Sie sind verpflichtet, einen von Schülern gewählten Vorstand aufzustellen.<br />

Des Weiteren ist von <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule ein Protektor zu bestellen. Alle Beteiligten<br />

müssen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> einer Schule sein. 1690 Dies be<strong>de</strong>utet aber auch, dass die<br />

Vereine seit<strong><strong>de</strong>m</strong> die Möglichkeit haben, zu allen offenen Verbandsregatten<br />

zu mel<strong>de</strong>n. Sechs Jahre später wur<strong>de</strong> dieser Beschluss durch die Verhand-<br />

lungen <strong>de</strong>s DSB mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ständigen Konferenz <strong><strong>de</strong>r</strong> Kultusminister erweitert.<br />

Auch SRV und SRR, die nicht <strong><strong>de</strong>m</strong> Verband angehören, können an DRV-<br />

Regatten teilnehmen.<br />

Wie viele Schülerinnen aktuell in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, kann nur ge-<br />

schätzt wer<strong>de</strong>n. We<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV noch <strong><strong>de</strong>r</strong> BDSR erfassen explizit die Mäd-<br />

chen, die noch zur Schule gehen. 2007 waren 5.052 Mädchen unter 18<br />

Jahren Mitglied in einem DRV-Verein. Dem gegenüber stehen 10.159 Jun-<br />

gen. 1691 Die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> in dieser Altersklasse ist seit<br />

1992, als erstmals die ehemaligen DRSV-Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> mitgezählt wur<strong>de</strong>n, kon-<br />

stant geblieben. 1692<br />

9.2 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an <strong>de</strong>n Universitäten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg war das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Stu<strong>de</strong>ntinnen an <strong>de</strong>n Uni-<br />

versitäten nicht im DRV organisiert. Die Stu<strong>de</strong>ntinnenvereine und -riegen<br />

unterstan<strong>de</strong>n lediglich <strong>de</strong>n zuständigen Hochschulämtern <strong>für</strong> Leibesübun-<br />

gen. Walter Schrö<strong><strong>de</strong>r</strong> stellte die Situation in <strong>de</strong>n 50er Jahren dar:<br />

„Es gibt Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen, in Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riegen<br />

von verschie<strong>de</strong>nen stu<strong>de</strong>ntischen Verbindungen und schließlich<br />

das ‘unorganisierte Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n’ im Rahmen <strong>de</strong>s allgemeinen Hochschulsports,<br />

das meist von <strong>de</strong>n <strong>Institut</strong>en <strong>für</strong> Leibesübungen organisiert<br />

wird, die dann ihrerseits noch die Aufgabe haben, die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>lehrerausbildung im Studiengang <strong><strong>de</strong>r</strong> zukünftigen Sportlehrer<br />

durchzuführen.“ 1693<br />

Die heutige Situation hat sich dahingehend kaum verän<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Stu<strong>de</strong>ntinnen<br />

können Mitglied in aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbindungen wer<strong>de</strong>n. Darüber hin-<br />

aus sind die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen im Allgemeinen <strong>Deutschen</strong> Hochschulsport-<br />

1690<br />

Vgl. ebenda.<br />

1691<br />

Vgl. DEUTSCHER RUDERVERBAND, Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>statistik, Privatbesitz Hutmacher.<br />

1692<br />

Vgl. ebenda.<br />

1693<br />

W. SCHRÖDER, „Stu<strong>de</strong>ntenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Westen“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 121(2003)21, S. 649.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 406<br />

Verband (adh) organisiert. Im Folgen<strong>de</strong>n wird <strong>für</strong> je<strong>de</strong> Gruppe ein Beispiel<br />

dargestellt.<br />

Der 1904 ins Leben gerufene Aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund wur<strong>de</strong> 1951 neu ge-<br />

grün<strong>de</strong>t. Allerdings ist dieser Verband heute inaktiv und besteht nur noch <strong>de</strong><br />

jure. Die letzte offizielle Vertretung konstituierte sich 1971. Dennoch ist er<br />

immer noch als Dachverband <strong>de</strong>s aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Deutschland<br />

anzusehen. Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> waren 2010 <strong><strong>de</strong>r</strong> ARC zu Berlin, RV „Rheno-Franconia“<br />

Frankfurt, RG „Angaria“ Hannover, ARC „Rhenus“ Bonn, ARV „Westfalen“<br />

Münster, ARV Kiel und ARV „Alania“ zu Hamburg. Stu<strong>de</strong>ntinnen können mit<br />

<strong>Aus</strong>nahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine ARV „Westfalen“ Münster sowie ARV „Alania“ zu<br />

Hamburg vollwertige Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> wer<strong>de</strong>n. Einmal im Jahr strebt <strong><strong>de</strong>r</strong> Aka<strong><strong>de</strong>m</strong>i-<br />

sche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund eine gemeinsame Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrt aller Vereine an. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong><br />

fin<strong>de</strong>n Treffen statt, die sich <strong><strong>de</strong>m</strong> kulturellen, sportlichen und geistigen <strong>Aus</strong>-<br />

tausch widmen: Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Bün<strong>de</strong> pflegen <strong>de</strong>n Besuch zu Veranstaltun-<br />

gen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Reisen in die jeweiligen Hochschulorte.<br />

Bereits 1973 wur<strong>de</strong> beim ARC „Rhenus“ Bonn eine Stu<strong>de</strong>ntinnengruppe ge-<br />

grün<strong>de</strong>t, die 1979 in die Aktivitas überging. Hierbei ist zu beachten, dass die-<br />

ser Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club bis heute korporiert auftritt. Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Studium können sich<br />

die Stu<strong>de</strong>ntinnen <strong><strong>de</strong>m</strong> Alt-Herren-Verband (AHV) anschließen. Die frühe<br />

Aufnahme von Stu<strong>de</strong>ntinnen ist untypisch <strong>für</strong> korporierte Stu<strong>de</strong>ntenverbin-<br />

dungen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine, was die Vereine in Münster und Hamburg bele-<br />

gen.<br />

1972 wur<strong>de</strong> die erste Stu<strong>de</strong>ntin in <strong><strong>de</strong>r</strong> RG „Angaria“ Hannover als „Sportgast“<br />

zugelassen. Eine Aufnahme in die Aktivitas war zu diesem Zeitpunkt nicht<br />

möglich. 1694 Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre än<strong><strong>de</strong>r</strong>te sich die Situation grundlegend<br />

und Stu<strong>de</strong>ntinnen können seit<strong><strong>de</strong>m</strong> vollwertige Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> „Angaria“<br />

wer<strong>de</strong>n. Dennoch gestaltete sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Übergang von <strong><strong>de</strong>r</strong> Aktivitas in <strong>de</strong>n AHV<br />

als schwierig. Erst seit 1986 ist es Frauen möglich, <strong><strong>de</strong>m</strong> AHV <strong><strong>de</strong>r</strong> RG<br />

„Angaria“ Hannover beizutreten. 1695<br />

Für die weiblichen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>de</strong>n AHV <strong><strong>de</strong>r</strong> aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in<br />

Deutschland wer<strong>de</strong>n unterschiedliche Bezeichnungen verwen<strong>de</strong>t. Am häu-<br />

figsten gebraucht wird <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>druck „Alte Dame“, gefolgt von „Hohe Dame“.<br />

1694 Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Max Neubert am 18. 1. 2009.<br />

1695 Vgl. ebenda.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 407<br />

Einen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Weg gingen die Stu<strong>de</strong>nten in Hannover. Hier wur<strong>de</strong> die Be-<br />

zeichnung „Bun<strong>de</strong>sbru<strong><strong>de</strong>r</strong>“ und „Bun<strong>de</strong>sschwester“ festgelegt. 1696<br />

An zahlreichen <strong>de</strong>utschen Universitäten wird Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch heute noch im<br />

Rahmen von Lehramts-, Diplom- und Bachelorstudiengängen angeboten.<br />

Des Weiteren bieten viele <strong>Institut</strong>ionen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Rahmen <strong>de</strong>s Hochschul-<br />

sports an. Koordiniert wer<strong>de</strong>n diese Aktivitäten vom Allgemeinen <strong>Deutschen</strong><br />

Hochschulsportverband. Anfänger können hier unter fachlicher Anleitung <strong>de</strong>n<br />

Sport erlernen und pflegen. Darüber hinaus trainieren viele <strong>für</strong> die <strong>Deutschen</strong><br />

Hochschulmeisterschaften (DHM) in Wettkampfgemeinschaften.<br />

1953 wur<strong>de</strong> die als „Dehofl-Vertrag“ 1697 bekannte Vereinbarung wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf-<br />

genommen. Demnach konnten Mannschaften einer Hochschule auf Regat-<br />

ten <strong>de</strong>s DRV starten, auch wenn die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er keinem Verein <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s<br />

angehörten. Allerdings mussten die mel<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Hochschulen <strong><strong>de</strong>m</strong> Verband<br />

als Regattaverein beitreten. In <strong>de</strong>n 50er Jahren wur<strong>de</strong>n ebenfalls „Dehofl-<br />

Lehrgänge“ durchgeführt, um <strong>de</strong>n Gedanken einer mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ausbil-<br />

dung weiter zu verbreiten. 1698<br />

In <strong>de</strong>n 60er und 70er Jahren fan<strong>de</strong>n jährlich Kontaktseminare in Kooperation<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ie Ratzeburg statt. Hier galt es, die Zusammenarbeit<br />

zwischen <strong>de</strong>n lehren<strong>de</strong>n <strong>Institut</strong>en und <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV zu verbessern. 1699<br />

Die DHM wur<strong>de</strong>n erstmalig 1948 in Mannheim veranstaltet. Stu<strong>de</strong>ntinnen<br />

können seit 1951 teilnehmen. 1700 In jenem Jahr wur<strong>de</strong>n Rennen im Einer und<br />

Doppelzweier angeboten. Die Siegerinnen erhalten <strong>de</strong>n Titel „Deutsche<br />

Hochschulmeisterin im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“. 1701 Frauen können heute im Einer, Doppel-<br />

zweier, Doppelvierer, Vierer und Achter in <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse an <strong>de</strong>n Start<br />

gehen. Im Leichtgewichtsbereich wer<strong>de</strong>n lediglich die Bootsklassen Einer<br />

1696<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Defne Akca am 19. 1. 2009.<br />

1697<br />

Der DRV för<strong><strong>de</strong>r</strong>te seit <strong>de</strong>n 20er Jahren das Stu<strong>de</strong>ntenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 1921 wur<strong>de</strong> erstmalig mit<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Deutschen</strong> Hochschulamt <strong>für</strong> Leibesübungen <strong><strong>de</strong>r</strong> „Dehofl-Vertrag“ abgeschlossen.<br />

<strong>Institut</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>gemeinschaften war es ab diesem Zeitpunkt erlaubt, an Verbandswettfahrten<br />

teilzunehmen, auch wenn sie nicht Mitglied im DRV waren. Vgl. SCHRÖDER, „Stu<strong>de</strong>ntenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

im Westen“, S. 649.<br />

1698<br />

Vgl. ebenda, S. 650.<br />

1699<br />

Vgl. ebenda.<br />

1700<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Volker Frie<strong><strong>de</strong>r</strong>ich am 3. 9. 2009.<br />

1701<br />

[ohne Verfasser], „61. Deutsche Hochschulmeisterschaften 2008 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in:<br />

http://130.75.198.220/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/thema2/Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n_2008_<strong>Aus</strong>schreibung.pdf, Zugriff am 11. 1.<br />

2009.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 408<br />

und Doppelzweier angeboten. 1702 Die Streckenlänge beträgt nach wie vor<br />

1.000m.<br />

Die Ergebnisse <strong><strong>de</strong>r</strong> Rennen <strong><strong>de</strong>r</strong> DHM wer<strong>de</strong>n als Nominierungskriterium <strong>für</strong><br />

internationale Hochschulsport-Veranstaltungen herangezogen. Allerdings<br />

geschieht dies nur dann, wenn die entsprechen<strong>de</strong> nationale Konkurrenz vor-<br />

han<strong>de</strong>n ist und die allgemeinen Bestimmungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Startberechtigung erfüllt<br />

wer<strong>de</strong>n. Dies gilt <strong>für</strong> die Europäischen Hochschulmeisterschaften, die Welt-<br />

meisterschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Studieren<strong>de</strong>n sowie <strong>für</strong> die Universa<strong>de</strong>. Die kontinenta-<br />

len Meisterschaften fin<strong>de</strong>n jährlich statt, die Weltmeisterschaften alle zwei<br />

Jahre. Seit 1995 wur<strong>de</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Universa<strong>de</strong> nicht mehr ausgetragen.<br />

Für 2009 war die Sportart als Programmpunkt zwar wie<strong><strong>de</strong>r</strong> vorgesehen, fi-<br />

nanzielle Probleme <strong>de</strong>s Veranstalters führten allerdings zur Streichung die-<br />

ser Disziplin.<br />

Der adh erfüllt insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Benennung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mannschaft <strong>für</strong> die in-<br />

ternationalen Vergleiche eine wichtige Rolle. Er för<strong><strong>de</strong>r</strong>t durch die Meldung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Boote junge stu<strong>de</strong>ntische Spitzensportler, die aufgrund ihrer sportlichen<br />

Möglichkeiten im Anschluss an das Juniorenalter an die nationale und inter-<br />

nationale Spitze herangeführt wer<strong>de</strong>n sollen. Dies führt dazu, dass <strong>für</strong> die<br />

Teilnahme an einer Stu<strong>de</strong>nten-WM die Altersgrenze bei 28 Jahren liegt. Für<br />

die EM gilt diese Beschränkung nicht. Neben <strong><strong>de</strong>m</strong> Nachweis, dass die Sport-<br />

ler eingeschriebene Vollzeitstu<strong>de</strong>nten beziehungsweise Examenskandidaten<br />

sein müssen, ist außer<strong><strong>de</strong>m</strong> die Mitgliedschaft im A-, B- o<strong><strong>de</strong>r</strong> C-Bun<strong>de</strong>ska<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>de</strong>s DRV entschei<strong>de</strong>nd. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er, die noch nicht die nationale Spitze erreicht<br />

haben, jedoch über die entsprechen<strong>de</strong> Perspektive verfügen, sollen geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n. Gera<strong>de</strong> <strong>für</strong> junge Athleten stellen die internationalen Studieren<strong>de</strong>n-<br />

Wettkämpfe eine hervorragen<strong>de</strong> Plattform dar, um weitere Erfahrungen in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> leistungssportlichen Entwicklung zu sammeln. 1703<br />

Die Aktiven wer<strong>de</strong>n auf Vorschlag <strong>de</strong>s Disziplinchefs <strong>de</strong>s adh und in Abspra-<br />

che mit <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV sowie <strong><strong>de</strong>m</strong> Bereichsleiter im DOSB vom Vorstand <strong>de</strong>s adh<br />

nominiert. Prinzipiell können Boote auch gesetzt wer<strong>de</strong>n. Davon wur<strong>de</strong> bei-<br />

spielsweise 2008 Gebrauch gemacht, als <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenvierer vom U-23 Bun-<br />

1702 Vgl. ebenda.<br />

1703 Vgl. [ohne Verfasser], „Nominierungskriterien <strong>für</strong> Studieren<strong>de</strong>n-Weltmeisterschaften“, in:<br />

http://130.75.198.220/ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n/thema4/Nominierungskriterien%202008.pdf, Zugriff am 11.<br />

1. 2009.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 409<br />

<strong>de</strong>strainer gesetzt wur<strong>de</strong>. 1704 Diese Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen mussten aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Sai-<br />

sonergebnisse keine geson<strong><strong>de</strong>r</strong>ten <strong>Aus</strong>scheidungsrennen bestreiten, da sich<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmerkreis in <strong>de</strong>n Vorbereitungen auf die Qualifikationen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ziel-<br />

wettkämpfe <strong>für</strong> die Saison 2008 befand und während <strong><strong>de</strong>r</strong> Saison in verschie-<br />

<strong>de</strong>nen Bootsklassen auf internationalen Regatten gestartet ist. 1705<br />

Der adh hat in <strong>de</strong>n letzten Jahrzehnten erfolgreiche Mannschaften im Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aufgeboten. Es konnten sowohl bei <strong>de</strong>n Europäischen Hochschul-<br />

meisterschaften, <strong>de</strong>n Studieren<strong>de</strong>n Weltmeisterschaften als auch bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Universa<strong>de</strong> Medaillen gewonnen wer<strong>de</strong>n. So erreichten beispielsweise die<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s adh bei <strong>de</strong>n kontinentalen Titelkämpfen 2008 jeweils eine<br />

Goldmedaille im Einer und im Doppelvierer. Hinzu kamen eine Silbermedaille<br />

im Vierer und zwei Bronzemedaillen im Leichtgewichts-Doppelzweier und<br />

Einer. Der Doppelzweier in <strong><strong>de</strong>r</strong> offenen Klasse sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenachter er-<br />

reichten zu<strong><strong>de</strong>m</strong> die Endläufe. 1706<br />

9.3 Schul- und Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR<br />

Die Ursachen <strong>für</strong> das hohe Leistungsniveau im DDR-Frauensport lagen in<br />

<strong>de</strong>n günstigen gesellschaftlichen Voraussetzungen im Sozialismus. Es kam<br />

zu keinen Konflikten zwischen <strong>de</strong>n divergieren<strong>de</strong>n Systemen Bildung und<br />

Sport. Im Gegenteil: das reibungslose Ineinan<strong><strong>de</strong>r</strong>greifen von Sport-, Bil-<br />

dungs- und Erwerbssystem war von großer Be<strong>de</strong>utung. 1707<br />

Bereits im Vorschulalter wur<strong>de</strong> ein beispielloses Talentsichtungssystem an-<br />

gewandt. Eckpfeiler hier<strong>für</strong> waren die Spartakia<strong>de</strong>wettkämpfe und die KJS.<br />

Die enge Anlehnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Spartakia<strong>de</strong>n an das olympische Zeremoniell sorgte<br />

aus Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>perspektive <strong>für</strong> einen großen Begeisterungs- und Trainingsanreiz.<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Seite stand die <strong>Aus</strong>wahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Besten in <strong>de</strong>n olympischen<br />

Disziplinen im Mittelpunkt. Die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Talente begann auf Schulebe-<br />

ne mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Qualifikation <strong>für</strong> die End- und <strong>Aus</strong>scheidungskämpfe in<br />

Berlin. 1708 Rückblickend waren die Spartakia<strong>de</strong>n die i<strong>de</strong>ale Verbindung zwi-<br />

schen breitensportrelevanter Aktivierung und <strong><strong>de</strong>r</strong> För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Nachwuch-<br />

1704<br />

Vgl. ebenda.<br />

1705<br />

Vgl. ebenda.<br />

1706<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Ergebnisse EUC“, in: http://www.dhm-ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<strong>de</strong>, Zugriff am 11.<br />

1. 2009.<br />

1707<br />

Vgl. PFISTER, Frauen und Sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, S. 90-91.<br />

1708<br />

Vgl. KRÜGER, Einführung in die Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibeserziehung und <strong>de</strong>s Sports, Bd. 3,<br />

S. 179.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 410<br />

ses im Hochleistungssport. 1709 Des Weiteren gelang es <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR, über diese<br />

Wettbewerbe hinaus eine optimale Talentsuche zu initiieren.<br />

Hatte es ein Kind bis zu <strong>de</strong>n Endkämpfen in Berlin geschafft und war es dort<br />

als för<strong><strong>de</strong>r</strong>ungswürdig eingestuft wor<strong>de</strong>n, bestand die Möglichkeit, in eine KJS<br />

aufgenommen zu wer<strong>de</strong>n, die seit Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre systematisch auf-<br />

und ausgebaut wur<strong>de</strong>n. 1710 Entschei<strong>de</strong>nd <strong>für</strong> eine Aufnahme waren neben<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> sportlichen Eignung auch die schulischen Leistungen, die Mitarbeit in<br />

sozialistischen Jugendorganisationen und eine „rein sozialistische Her-<br />

kunft“. 1711 Die Aufnahme an <strong>de</strong>n KJS, die auch als „Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>schmie<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

DDR-Sports“ bezeichnet wur<strong>de</strong>n, war ein guter <strong>Aus</strong>gangspunkt <strong>für</strong> eine Kar-<br />

riere als Sportler, Trainer, Sportfunktionär o<strong><strong>de</strong>r</strong> Funktionär in sicherheitsemp-<br />

findlichen Positionen. 1712 Spartakia<strong>de</strong>wettkämpfe im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong>n erstmals<br />

im Juli 1966 ausgetragen und blieben bis zur Wen<strong>de</strong> fester Bestandteil <strong>de</strong>s<br />

Programms.<br />

9.4 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n an <strong>de</strong>n Universitäten in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bildung <strong>de</strong>s DSA durch die FDJ und <strong>de</strong>n FDGB wur<strong>de</strong> die Sparte<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ in formale Strukturen eingebun<strong>de</strong>n. Organisiert war <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport anfänglich in Hochschulsportgemeinschaften (HSG) <strong><strong>de</strong>r</strong> Universi-<br />

täten und Fachhochschulen. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s aktiv waren diese in Greifswald,<br />

Leipzig und Rostock. 1713<br />

Rugenstein beschrieb in einem Artikel in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitschrift Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport die Orga-<br />

nisation <strong>de</strong>s Stu<strong>de</strong>ntenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. Diese umfasste die Bereiche<br />

HSG, obligatorischer Sportunterricht und das Sportlehrerstudium. 1714 Die<br />

HSG waren verantwortlich <strong>für</strong> die Teilnahme an <strong>de</strong>n Regatten <strong>de</strong>s DRSV und<br />

stellten auch Vertreter <strong>für</strong> die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Stu<strong>de</strong>ntensport<br />

(AGDS). Der Bereich Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten zählte ebenfalls zu <strong><strong>de</strong>m</strong> Aufgabenbe-<br />

reich <strong><strong>de</strong>r</strong> HSG.<br />

1709<br />

M. MESSING/D. VOIGT, „Das gesellschaftliche System <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR als Grundlage sportlicher<br />

Leistungsför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung“, in: H. UEBERHORST (Hrsg.), Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibesübungen, Bd.<br />

3/2, Leibesübungen und Sport in Deutschland vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart,<br />

Berlin/München/Frankfurt a.M. 1982, S. 898.<br />

1710<br />

Vgl. MESSING/VOIGT, ebenda, S. 898.<br />

1711<br />

Vgl. KRÜGER, Einführung in die Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Leibeserziehung und <strong>de</strong>s Sports, Bd. 3,<br />

S. 179.<br />

1712<br />

Vgl. ebenda.<br />

1713<br />

Vgl. J. RUGENSTEIN, „Stu<strong>de</strong>ntensport im Osten“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 121(2003)21, S. 650.<br />

1714 Vgl. ebenda, S. 651.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 411<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR mussten alle Studieren<strong>de</strong>n am obligatorischen Stu<strong>de</strong>ntensport<br />

teilnehmen. Neben Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n stan<strong>de</strong>n noch ungefähr 20 weitere Sportarten zur<br />

<strong>Aus</strong>wahl. Diese Maßnahme war eingeführt wor<strong>de</strong>n, da<br />

„bei <strong>de</strong>n Absolventen zwar eine hohe fachliche Qualifikation, aber<br />

teilweise ungenügen<strong>de</strong> körperliche Fähigkeit festzustellen war.<br />

Dies betraf insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Berufsgruppen mit vorwiegend stehen<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Tätigkeit, z. B. Konstrukteure und Projektanten, Zahnärzte und<br />

Laborkräfte. Die <strong>Aus</strong>bildung erfolgte durch Sportlehrer <strong><strong>de</strong>r</strong> Abteilungen<br />

Stu<strong>de</strong>ntensport an <strong>de</strong>n jeweiligen Hochschulen“. 1715<br />

Die Sportlehrer wur<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n Universitäten und Pädagogischen Hochschu-<br />

len <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR ausgebil<strong>de</strong>t. Die DHfK in Leipzig war <strong>für</strong> die Trainer-<br />

Qualifizierung zuständig. Grundlage <strong>für</strong> alle Studiengänge war das Buch Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n von Ernst Herberger. 1716<br />

Seit 1946 beteiligten sich Stu<strong>de</strong>nten an regionalen Regatten. Fünf Jahre spä-<br />

ter wur<strong>de</strong>n die ersten Hochschul-Meisterschaften in Berlin-Grünau abgehal-<br />

ten. Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportvereinigung Wissenschaft (SV) lösten<br />

1953 SV-Meisterschaften die Hochschul-Meisterschaften ab. Rugenstein<br />

erläuterte, dass aus Kostengrün<strong>de</strong>n keine separaten Wettkämpfe veranstal-<br />

tet wer<strong>de</strong>n sollten, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n „die besten Mannschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> SV Wissenschaft<br />

bei <strong>de</strong>n DDR-Meisterschaften <strong>de</strong>n Titel eines SV-Meisters erhalten“. 1717<br />

Im selben Jahr konnten erstmalig die Stu<strong>de</strong>ntinnen auch international in Er-<br />

scheinung treten. Der Frauenachter erkämpfte im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> XI. Aka<strong><strong>de</strong>m</strong>i-<br />

schen Sommerspiele im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Weltfestspiele eine Bronzemedaille.<br />

1966 än<strong><strong>de</strong>r</strong>te sich die Situation mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> AGDS im Stu<strong>de</strong>nten-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n grundlegend. Ihr angeschlossen war die Fachgruppe Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 1966<br />

fan<strong>de</strong>n zum ersten Mal Stu<strong>de</strong>nten-Bestenermittlungen statt. Für die Stu<strong>de</strong>n-<br />

tinnen stan<strong>de</strong>n die Bootsklassen Einer, Doppelzweier und Doppelvierer mit<br />

Steuermann auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Programm. Nur ein Jahr später wur<strong>de</strong> dieser Wett-<br />

kampf in Stu<strong>de</strong>nten-Meisterschaften unbenannt, <strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folgezeit alle<br />

zwei Jahre stattfand. 1718 Für die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gab es Rennen in all <strong>de</strong>n Boots-<br />

klassen, die auch bei <strong>de</strong>n Europameisterschaften angeboten wur<strong>de</strong>n.<br />

1715 Ebenda.<br />

1716 Vgl. ebenda.<br />

1717 Ebenda.<br />

1718 Vgl. ebenda.


Schul- und Universitätsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach 1945 412<br />

Rugenstein zeigte auf, dass bei <strong>de</strong>n Stu<strong>de</strong>nten-Meisterschaften vorwiegend<br />

solche Athleten an <strong>de</strong>n Start gingen, die bereits vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Studium das Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n erlernt hatten. 1719 Ab 1970 wur<strong>de</strong>n daher Rennen in C-Booten im Einer<br />

und Doppelvierer mit Steuermann <strong>für</strong> Stu<strong>de</strong>ntinnen ausgeschrieben. Die Mo-<br />

tivation erläuterte Rugenstein:<br />

„Diese Rennen wur<strong>de</strong>n gerne von <strong>de</strong>n Stu<strong>de</strong>ntinnen und Stu<strong>de</strong>nten<br />

angenommen, die mit ihrer Teilnahme beweisen wollten, was<br />

sie im obligatorischen Sportunterricht gelernt hatten.“ 1720<br />

Die Fachgruppe Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> AGDS durfte aus rechtlichen Grün<strong>de</strong>n nur in<br />

Verbindung mit <strong><strong>de</strong>m</strong> DRSV agieren. Daher wur<strong>de</strong> diese in Personalunion als<br />

Kommission Stu<strong>de</strong>ntensport <strong>de</strong>s DRSV geführt. Der jeweilige Vorsitzen<strong>de</strong><br />

dieses Gremiums war Mitglied <strong>de</strong>s Präsidiums <strong>de</strong>s DRSV.<br />

Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>schreibung und Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Regatten war diese Kom-<br />

mission auch <strong>für</strong> das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n verantwortlich. <strong>Aus</strong> Zeitgrün<strong>de</strong>n war die<br />

Erfüllung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bedingungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>wettbewerbe problematisch.<br />

Deshalb „wur<strong>de</strong> ein spezieller ‘Fahrtenwettbewerb <strong>für</strong> Stu<strong>de</strong>nten’ ins Leben<br />

gerufen, <strong><strong>de</strong>r</strong> eine Jahresleistung von 300 km in min<strong>de</strong>stens 25 Fahrten for-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>te“. 1721<br />

Sowohl <strong><strong>de</strong>r</strong> ambitionierte Leistungssektor als auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Breitensport im Stu-<br />

<strong>de</strong>ntenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n war in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR gut organisiert. Viele Stu<strong>de</strong>nten konnten auf<br />

nationalen Regatten ihr Können unter Beweis stellen und waren auch inter-<br />

national erfolgreich. So gewannen beispielsweise die Leipziger Stu<strong>de</strong>ntinnen<br />

Barteld und Günther 1975 eine polnische Stu<strong>de</strong>nten-Meisterschaft im Dop-<br />

pelzweier. Des Weiteren gab es Vergleiche mit Universitäten nicht nur in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Sowjetunion (Moskau und Leningrad), son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch in Polen (Breslau, Dan-<br />

zig, Posen und Stettin). 1722<br />

Nicht zuletzt konnten durch die Bestimmungen <strong>de</strong>s obligatorischen Stu<strong>de</strong>n-<br />

tensports viele Studieren<strong>de</strong> <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport gewonnen wer<strong>de</strong>n.<br />

1719 Vgl. ebenda.<br />

1720 Ebenda.<br />

1721 Vgl. ebenda.<br />

1722 Vgl. ebenda.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 413<br />

10 „Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine<br />

heute<br />

1969 existierten noch 14 selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>s-<br />

republik Deutschland. Einige dieser Clubs allerdings „vegetieren mit ganz<br />

geringen Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen so eben dahin“ 1723 , wie Har<strong><strong>de</strong>r</strong> berichtete. Unter<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Fragestellung „Ist <strong><strong>de</strong>r</strong> reine Frauenverein noch zeitgemäß?“ schrieb sie:<br />

„Doch die traditionsbewußten und -gebun<strong>de</strong>nen Herren-Clubs<br />

konnten sich zu jener Zeit noch nicht dazu entschließen, in ihre<br />

Clubs Frauen aufzunehmen. Sie unterstützten jedoch ihre Frauen<br />

– es waren dies wohl auch zumeist Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er-Ehefrauen bzw. -<br />

Schwestern – in ihren Bemühungen, einen eigenen Club zu grün<strong>de</strong>n.<br />

So waren also die Städte, in <strong>de</strong>nen die Clubs heute noch<br />

existieren, zunächst einmal bahnbrechend.“ 1724<br />

Barrelet ergänzte, „daß <strong><strong>de</strong>r</strong> ‘Separatismus’ nicht gewollt, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n erzwungen<br />

war“. 1725 Nicht vergessen wer<strong>de</strong>n darf, dass die Aufnahme von Frauen in<br />

Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine aus Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>mangel und finanziellen Engpässen resul-<br />

tierte. Die Gleichberechtigung in <strong>de</strong>n Vereinen in <strong>de</strong>n 70er Jahren, so<br />

Barrelet weiter, war in vielen <strong>de</strong>nnoch verbesserungswürdig. <strong>Aus</strong> eben die-<br />

sem Grund gab es in <strong>de</strong>n 70er Jahren immer noch 13 selbstständige Frauen-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine:<br />

„Und zwar nicht etwa nur <strong>de</strong>shalb, weil die Damen unter sich bleiben<br />

wollten, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n ebensosehr [sic!], weil die in Frage kommen<strong>de</strong>n<br />

Herrenclubs Damenabteilungen we<strong><strong>de</strong>r</strong> aufnehmen<br />

konnten noch wollten.“ 1726<br />

Diese Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine waren unterschiedlich organisiert. Einige von ih-<br />

nen, zum Beispiel LFRG und LFRK, teilten sich mit <strong>de</strong>n Nachbarvereinen die<br />

Räumlichkeiten. Daran hat sich bis heute nichts geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Dies war in man-<br />

cher Hinsicht sehr praktisch. An<strong><strong>de</strong>r</strong>e Vereine hatten eigene Bootshäuser, die<br />

zweckmäßig angelegt waren, wie Barrelet anmerkte. Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen wuss-<br />

ten sich selbst zu helfen. Genau darin sah sie einen Vorteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenverei-<br />

1723<br />

I. HARDER, „Ist <strong><strong>de</strong>r</strong> reine Frauenverein noch zeitgemäß?“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 87(1969)33, S.<br />

745.<br />

1724<br />

Ebenda.<br />

1725<br />

S. BARRELET, „Ist <strong><strong>de</strong>r</strong> reine Frauenverein noch zeitgemäß? Eine Ergänzung zum Artikel<br />

von Inge Har<strong><strong>de</strong>r</strong> in Nr. 33/69“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 88(1970)5, S. 105.<br />

1726<br />

Ebenda.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 414<br />

ne: die Verpflichtung zum selbstständigen und selbstverständlichen Arbei-<br />

ten. 1727<br />

Clos stimmte Barrelet zu, blickte allerdings skeptisch in die Zukunft:<br />

„Der selbständige Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein hat es im großen und ganzen<br />

viel schwerer als <strong><strong>de</strong>r</strong> reine Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein mit Frauenabteilung.<br />

Er verfügt über seine Belange selbst und beißt sich durch.<br />

Ohne Opfer und I<strong>de</strong>alismus geht es auch in heutiger Zeit<br />

nicht.“ 1728<br />

Die einzige Neugründung nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg datiert aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Jahr<br />

1947. Clos erklärte die Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> diesen Umstand:<br />

„In <strong><strong>de</strong>r</strong> heutigen Zeit ist die Existenz eines neu zu grün<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereins einfach eine Utopie. Zur Selbständigkeit gehört<br />

nicht nur die Erfahrung im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n viel mehr<br />

noch die Erhaltung einer Tradition, die auf gesun<strong><strong>de</strong>r</strong> Basis aufgebaut<br />

ist.“ 1729<br />

In diesem Zusammenhang stellte sie auch fest, dass die Selbstständigkeit<br />

nur gewahrt wer<strong>de</strong>n konnte, so lange „wir, wir können ruhig sagen, ‘Alten’<br />

noch da sind und mitarbeiten“. 1730<br />

Heute bestehen nur noch vier Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik<br />

Deutschland: Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft, Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

Klub, Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club und Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club-Wannsee.<br />

Für alle an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Gemeinschaften sind drei Entwicklungslinien auszumachen.<br />

Zum einen lösten sich einige Vereine auf. An<strong><strong>de</strong>r</strong>e, zum Beispiel <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen Club Dres<strong>de</strong>nia Hamburg än<strong><strong>de</strong>r</strong>te seinen Namen in RC Dres<strong>de</strong>nia Ham-<br />

burg und nahm männliche Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf. In Kassel, Hannover und Frankfurt<br />

entschlossen sich die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um, männliche Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufzu-<br />

nehmen. Diese führen aber weiterhin ihre alten Namen. So startete bei-<br />

spielsweise <strong><strong>de</strong>r</strong> erfolgreiche Einerfahrer Marcel Hacker einige Jahre lang <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Casseler Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein.<br />

Die Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> diese Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine waren vielschich-<br />

tig. Primär zwangen finanzielle Schwierigkeiten die Vereine zur Aufgabe. Der<br />

Unterhalt <strong>für</strong> ein Gebäu<strong>de</strong>, die Pflege und Wartung <strong>de</strong>s Bootsmaterials sowie<br />

1727 Vgl. ebenda.<br />

1728 L. CLOS, „Ist <strong><strong>de</strong>r</strong> reine Frauenverein noch zeitgemäß? Eine weitere Ergänzung zu Nr.<br />

33/69 von Inge Har<strong><strong>de</strong>r</strong>“, in: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport 88(1970)7, S. 229.<br />

1729 Ebenda.<br />

1730 Ebenda.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 415<br />

die Gestaltung <strong>de</strong>s Clublebens waren gera<strong>de</strong> von kleineren Gemeinschaften<br />

nicht mehr aufzubringen. Der allgemeine Rückgang <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen im<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport betraf vor allem die Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in <strong>de</strong>n 70er Jahren. An-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>e sahen dagegen einfach keine Notwendigkeit mehr in <strong><strong>de</strong>r</strong> Trennung von<br />

Männern und Frauen. Ihnen ging es darum, gemeinsam mit ihren Partnern<br />

und Familien <strong>de</strong>n Sport in einem gemischten Verein auszuüben.<br />

Wenn sich heute eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in <strong>für</strong> einen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein entschei<strong>de</strong>t, „hat<br />

sie meist da<strong>für</strong> ihre Grün<strong>de</strong>“. 1731 Die <strong><strong>de</strong>r</strong>zeitige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s HRC, Britta<br />

Warner, fasste diese in einem Gespräch zusammen:<br />

„Wer zu uns kommt, kommt, weil er mit Frauen Sport treiben<br />

möchte. Das hat nicht zu be<strong>de</strong>uten, dass die Frauen nicht mit<br />

Männern können. Aber ihnen geht es darum, in entspannter Umgebung<br />

Sport zu treiben. Frauen geht es weniger um <strong>de</strong>n Wettkampf.<br />

Bei Männern artet das im Training auch schon mal<br />

aus.“ 1732<br />

Warner zufolge kommt ungefähr alle zwei bis drei Jahre die Frage nach <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Sinn und Zweck von selbstständigen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf. Ihr<br />

Mann, Jürgen Warner, langjähriger Vorsitzen<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Männerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereins<br />

Der Hamburger und Germania Ru<strong><strong>de</strong>r</strong> Club, bestätigte dies und ergänzte,<br />

dass oft Journalisten versuchten, <strong>de</strong>n Vereinen eine gewisse „Machoeinstel-<br />

lung“ 1733 anzuheften. Häufig reduziert sich die Frage allerdings darauf, wa-<br />

rum die Herrenvereine keine Frauen aufnehmen. Beim HRC hat allerdings<br />

noch niemand nachgefragt, warum die Frauen keine Männer aufnehmen. 1734<br />

Gera<strong>de</strong> in Hamburg ist die Eigenständigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen- und Männerru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

vereine historisch gewachsen. Die Stadt bietet viele Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>möglichkeiten.<br />

Je<strong><strong>de</strong>r</strong> kann sich <strong>de</strong>n <strong>für</strong> ihn passen<strong>de</strong>n Verein aussuchen.<br />

Die Antwort auf die Frage nach <strong><strong>de</strong>r</strong> „Zeitgemäßheit“ o<strong><strong>de</strong>r</strong> „Zweckmäßigkeit“<br />

bleibt je<strong><strong>de</strong>m</strong> selbst überlassen. Die Zukunft <strong><strong>de</strong>r</strong> vier <strong>de</strong>utschen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

vereine scheint nicht gefähr<strong>de</strong>t. Die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> ist in allen Verei-<br />

nen konstant. 1735<br />

1731<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Britta Warner am 27. 7. 2008.<br />

1732<br />

Ebenda.<br />

1733<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Jürgen Warner am 27. 7. 2008.<br />

1734<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Britta und Jürgen Warner am 27. 7. 2008.<br />

1735<br />

Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Marianne Liedtke am 27. 2. 2008. Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Lisa<br />

Börms am 6. 3. 2008. Persönliche <strong>Aus</strong>kunft Britta Warner am 27. 7. 2008. Persönliche<br />

<strong>Aus</strong>kunft Bettina Ochla am 30. 1. 2009.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 416<br />

10.1 Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft<br />

Am 10. November 1945 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Leitung von Käthe<br />

Hey<strong>de</strong>l neu gegrün<strong>de</strong>t. Das Bootsmaterial war in einem schlechten Zustand.<br />

Alle Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> waren angehalten, Material <strong>für</strong> Reparaturen anzuschaffen:<br />

„Kupfernägel sind beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich, Beize soll es in Kiel geben,<br />

Kaltleim, <strong><strong>de</strong>r</strong> wasserfest ist, ist bitte aufzutreiben. ‘Licht im<br />

Umklei<strong><strong>de</strong>r</strong>aum ist bis auf eine Glühbirne in Ordnung. Da<strong>für</strong> wird<br />

ein Spen<strong><strong>de</strong>r</strong> gesucht’.“ 1736<br />

Die Begeisterung war ungebrochen. Bereits 1947 konnten 120 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

verzeichnet wer<strong>de</strong>n. Trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> immer noch angespannten Lage im Bereich<br />

Bootsmaterial erging noch 1951 <strong><strong>de</strong>r</strong> erneute Aufruf: „Gemischt zu ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist<br />

verboten“. 1737 Viele Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> konnten die Monatsbeiträge nicht aufbringen.<br />

Spen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Nachbarvereins LRG sorgten <strong>für</strong> die Aufrechterhaltung <strong>de</strong>s<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betriebes in dieser Zeit.<br />

Die 50er Jahre sind durch ausgiebige Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten geprägt. Bereits 1955<br />

hatte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein als Anreiz <strong>für</strong> die Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen Preise ausgesetzt. Es<br />

galt, eine Jahresleistung von 1.000 beziehungsweise 7.000 km zu erzie-<br />

len. 1738 Um auch das Training weiterführen zu können, bat <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein um<br />

Lebensmittel.<br />

1957 beging die LFRG ihr 50-jähriges Jubiläum. Die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

lag bei 91. 20 Jahre nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Gewinn <strong>de</strong>s ersten Titels beim DMR erreichte<br />

eine Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG 1959 in einer Renngemeinschaft im Doppelvierer<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> einen <strong>de</strong>utschen Meistertitel.<br />

Einer Tradition folgend wur<strong>de</strong> 1961 die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege <strong><strong>de</strong>r</strong> St. Jürgen Realschule<br />

unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>führung <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG gegrün<strong>de</strong>t. Erst 1972 wur<strong>de</strong> die Jugendab-<br />

teilung <strong>de</strong>s Vereins selbstständig.<br />

Die 60er Jahre waren gekennzeichnet durch einen starken Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>rück-<br />

gang. Der bisherige Tiefpunkt wur<strong>de</strong> 1967 erreicht, als die LFRG nur noch<br />

aus 37 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bestand. 1739 Dies war darauf zurückzuführen, dass Ju-<br />

gendliche nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfängerausbildung zu schnell wie<strong><strong>de</strong>r</strong> mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Sport<br />

aufhörten. Um einem weiteren Rückgang, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Eigenständigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG<br />

1736 [ohne Verfasser], Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft 1907-2007, S. 114.<br />

1737 Ebenda, S. 115.<br />

1738 Vgl. ebenda, S. 28.<br />

1739 Vgl. ebenda, 116.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 417<br />

bedroht hätte, entgegenzuwirken, wur<strong>de</strong> ein Jahr später die Anglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung an<br />

die LRG erwogen, aber nicht realisiert. 1740 Zwei Jahre später entschloss sich<br />

die LFRG zur Zusammenarbeit mit <strong><strong>de</strong>r</strong> LRG. Die bislang lockere Anbindung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Vereine wur<strong>de</strong> vertraglich vereinbart. 1741 Die Selbstständigkeit<br />

<strong>de</strong>s Vereins blieb aber unangetastet. Einige Vorstandsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> LRG<br />

mussten allerdings „<strong>für</strong> diese neue Gemeinsamkeit noch nachträglich ge-<br />

wonnen wer<strong>de</strong>n“. 1742<br />

In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Jahren entspannte sich die Situation, so dass 1975 <strong>de</strong>utlich<br />

über 100 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> verzeichnet wer<strong>de</strong>n konnten. 1743 In jenem Jahr erfolgte<br />

ebenfalls eine entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung: „Laut Satzung ist Gemischtru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

gestattet“. 1744 Neu eingeführt wur<strong>de</strong> im Zuge dieser Entwicklung das Fami-<br />

lien- und Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Gemeinsam mit <strong><strong>de</strong>r</strong> LRG wur<strong>de</strong>n viele Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahr-<br />

ten unternommen.<br />

Die Zusammenarbeit mit <strong><strong>de</strong>r</strong> LRG ging allerdings nicht immer reibungslos<br />

vonstatten:<br />

„Die Zeiten, als viele Belange zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Vereinen ‘familiär’<br />

geregelt wur<strong>de</strong>n, waren vorbei – zunehmend ging es um die<br />

Kosten, auf die Spitze getrieben sogar um unser Bleiben unter einem<br />

gemeinsamen Dach.“ 1745<br />

In <strong>de</strong>n 80er Jahren stand das Training <strong><strong>de</strong>r</strong> Mädchen im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund. So ge-<br />

wannen beispielsweise Karin Bergmann und Kirsten Fiehn 1987 in München<br />

Eichkranz-Gold. Dennoch bemühte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein auch, <strong>de</strong>n aktiven Wan-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendabteilung gerecht zu wer<strong>de</strong>n. Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er<br />

Jahre zählte die Gesellschaft 120 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Dem vorausgegangen war 1983<br />

ein Zuwachs auf Grund <strong><strong>de</strong>r</strong> „Trimm-Trab-Welle“. 1746 Viele Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine bo-<br />

ten „Schnupper“- und Anfängerkurse an. Nicht selten gab es ein Be-<br />

treuungsangebot <strong>für</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>, so dass vor allem Frauen davon Gebrauch<br />

machten.<br />

2007 wur<strong>de</strong> das 100-jährige Jubiläum gefeiert. Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen liegen<br />

seit vielen Jahren bei circa 150. Nach wie vor betreiben die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

1740 Vgl. ebenda.<br />

1741 Vgl. ebenda, S. 117.<br />

1742 Vgl. ebenda, S. 30.<br />

1743 Vgl. ebenda, S. 117.<br />

1744 Ebenda.<br />

1745 Vgl. ebenda, S. 33.<br />

1746 Ebenda, S. 118.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 418<br />

LFRG das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n letzten Jahren haben sich aber<br />

auch die Bemühungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainer bezahlt gemacht, so dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein auf<br />

Regatten sehr erfolgreich war. Seit 2005 ist Marianne Liedtke die Vorsitzen-<br />

<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRG. Unter ihrer Regie wur<strong>de</strong>n viele Projekte initiiert und realisiert.<br />

So wur<strong>de</strong> beispielsweise die Kooperation mit <strong><strong>de</strong>r</strong> LRG weiter ausgebaut, die<br />

sie mittlerweile als „sehr konstruktiv“ 1747 bescchreibt.<br />

100 Jahre LFRG stellen einen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Beitrag zur Geschichte <strong>de</strong>s<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns dar. Der Verein ist eng mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Namen Käthe Hey<strong>de</strong>l ver-<br />

bun<strong>de</strong>n. Ihr Vater war einer <strong><strong>de</strong>r</strong> Grün<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Damenabteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> LRG. Be-<br />

reits 1911 wur<strong>de</strong> sie Mitglied. Von 1919 bis 1969 führte sie <strong>de</strong>n Vorsitz <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

LFRG. Nur sehr wenige Vereine können auf eine <strong><strong>de</strong>r</strong>artige Geschichte zu-<br />

rückblicken. Hey<strong>de</strong>l merkte dazu an:<br />

„50 Jahre mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugend und <strong>für</strong> sie, meine mir selbst gestellte<br />

Lebensaufgabe, ging zu En<strong>de</strong>. Ich war gern fröhlich und hatte<br />

gern Aufgaben, die manches Mal als Berg vor mir stan<strong>de</strong>n. Bei<strong>de</strong>s<br />

hat die lange Zeit mir gegeben.“ 1748<br />

Hey<strong>de</strong>l arbeitete auch in verschie<strong>de</strong>nen Gremien im DDRV und DRV mit. So<br />

war sie 1948 Mitglied im AAR im Unterausschuss Jugendru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 1949 wur<strong>de</strong><br />

sie in <strong>de</strong>n UAF gewählt. Diesem und <strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Gremien gehörte<br />

sie lange Jahre an. Sie hat das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sowohl in ihrem Verein als<br />

auch im DRV entschei<strong>de</strong>nd mitgeprägt.<br />

10.2 Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> direkten Nachkriegsphase mussten die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s LFRK zu-<br />

nächst das beschei<strong>de</strong>ne Bootsmaterial instand setzen. Anfänglich verfügte<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Verein lediglich über ein Boot und ein Paar Skulls. 1749 Nur mühsam konn-<br />

ten weitere Boote von <strong>de</strong>n Englän<strong><strong>de</strong>r</strong>n zurückgeholt wer<strong>de</strong>n. Die Nachfrage<br />

war groß. <strong>Aus</strong> diesem Grund musste die Benutzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Boote anfänglich auf<br />

eine Woche und maximal zwei Fahrten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Woche pro Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in beschränkt<br />

wer<strong>de</strong>n. 1750 1947 teilten sich 152 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> fünf Boote. Dies führte zu einer<br />

vorläufigen Aufnahmesperre. 1751<br />

1747 Ebenda, S. 48.<br />

1748 Ebenda, S. 29.<br />

1749 Vgl. [ohne Verfasser], 75 Jahre Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub, S. 15.<br />

1750 Vgl. [ohne Verfasser], 50 Jahre lübecker frauen-ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-klub, S. 12.<br />

1751 Vgl. [ohne Verfasser], 75 Jahre Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub, S. 15.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 419<br />

Die 50er Jahre waren durch einen intensiven Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb gekennzeichnet.<br />

Der LFRK blieb <strong><strong>de</strong>m</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n treu und erreichte von 1953 bis 1965 zehn<br />

Siege auf nationalen Regatten. 1752 Zuvor hatte man das erste Rennboot an-<br />

geschafft. Dieser Doppelvierer erhielt <strong>de</strong>n Namen „Lübscher Adler“.<br />

En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre etablierte sich mit Kegeln eine weitere Sportart im Ver-<br />

ein. Über die Beweggrün<strong>de</strong>, diese Disziplin als „Ergänzungssportart“ aufzu-<br />

nehmen, fand sich <strong><strong>de</strong>r</strong> folgen<strong>de</strong> Hinweis:<br />

„Im Jahre 1959, nach<strong><strong>de</strong>m</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport sich wie<strong><strong>de</strong>r</strong> normalisiert<br />

hatte, ent<strong>de</strong>ckten einige, früher recht eifrige Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, daß sie<br />

doch an <strong>de</strong>n Jahren etwas zugenommen hätten. So recht wollte<br />

es ihnen nicht mehr gefallen, in kurzen Hosen ins Boot zu steigen<br />

und mit voller Kraft die Skulls zu schwingen. Sie sannen auf Abhilfe.<br />

Wie konnte man die sportliche Figur erhalten, ohne <strong>de</strong>n Kontakt<br />

zum Bootshaus zu verlieren? Die Kegelbahn – natürlich – !<br />

‘Was unsere Männer können, wer<strong>de</strong>n wir wohl auch noch fertig<br />

bringen’. 1753 “<br />

Das Kegeln erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereins-<br />

geschichte kamen weitere Kegelgemeinschaften hinzu. So zum Beispiel <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

morgendliche Hausfrauen-Kegelklub und <strong><strong>de</strong>r</strong> Dienstags-Kegelklub. 1754<br />

Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre brachte <strong><strong>de</strong>r</strong> LFRK erfolgreiche Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen hervor.<br />

Bereits 1966 konnte in Ratzeburg <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Eichkranz-Sieg eingefahren wer-<br />

<strong>de</strong>n. Beim DMR in Duisburg 1967 erreichten Doris Popp und Marlene<br />

Olrogge <strong>de</strong>n zweiten Platz im Doppelzweier. Sie waren auch Mitglied <strong>de</strong>s<br />

Doppelvierers, <strong><strong>de</strong>r</strong> vom DRV <strong>für</strong> die EM in Vichy nominiert wur<strong>de</strong>. 1755 Im 50.<br />

Jubiläumsjahr <strong>de</strong>s Vereins wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Platz beim DMR in Duisburg im<br />

Doppelvierer erzielt. Des Weiteren gelang Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s LFRK ein Sieg im<br />

Dreilän<strong><strong>de</strong>r</strong>kampf in Amsterdam.<br />

In <strong>de</strong>n 70er Jahren knüpfte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein an die Erfolge an und brachte weitere<br />

siegreiche Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen hervor. So saß beispielsweise Waltraud Roik<br />

1974 auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlagposition <strong>de</strong>s DRV-Frauenachters. Hinzu kamen weitere<br />

Podiumsplätze und Titel bei nationalen und internationalen Regatten, zum<br />

1752<br />

Vgl. [ohne Verfasser], 50 Jahre lübecker frauen-ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-klub, S. 13.<br />

1753<br />

Ebenda, S. 17.<br />

1754<br />

Vgl. [ohne Verfasser], 75 Jahre Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub, S. 16.<br />

1755<br />

Vgl. [ohne Verfasser], 50 Jahre lübecker frauen-ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-klub, S. 14.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 420<br />

Beispiel bei Junioren-Weltmeisterschaften, DMR, Eichkranzrennen sowie<br />

beim Senioren-Europa-Cup. 1756<br />

Seit 1983 besteht die Kooperation zwischen <strong><strong>de</strong>m</strong> LFRK und <strong>de</strong>n Marli-<br />

Werkstätten. Menschen mit Handicaps wird die Möglichkeit geboten, <strong>de</strong>n<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport auszuüben. Dies ist beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s auf das Engagement <strong><strong>de</strong>r</strong> Ehren-<br />

vorsitzen<strong>de</strong>n Lisa Börms zurückzuführen, die über einen langen Zeitraum die<br />

Geschicke <strong>de</strong>s Vereins leitete. Auch sie war ähnlich wie Käthe Hey<strong>de</strong>l maß-<br />

geblich an <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns im DRV beteiligt.<br />

Heute verfügt <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein über circa 160 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Diese Zahlen sind seit<br />

Jahren stabil. Der Verein kooperiert mit <strong><strong>de</strong>m</strong> LRK. So wer<strong>de</strong>n gemeinsame<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten und Feiern veranstaltet. Auch im Trainingsbetrieb unterstütz-<br />

ten sich die Vereine gegenseitig. Im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahre wur<strong>de</strong> das Angebot ne-<br />

ben Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und Kegeln um Laufen, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Turnen, Gymnastik und<br />

Nordic Walking erweitert. Aktive Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s LFRK sind im Juniorin-<br />

nen-, Frauen- und Mastersbereich auf Regatten aktiv. Auch das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n wird intensiv von <strong>de</strong>n Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n betrieben.<br />

Die bei<strong>de</strong>n Lübecker Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine unterschei<strong>de</strong>n sich von <strong>de</strong>nen in<br />

Hamburg und Berlin. Bei<strong>de</strong> teilen sich seit geraumer Zeit ein „Dach“ mit <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

benachbarten Verein. Die Kooperationen beziehen sich auf alle Bereiche.<br />

Dennoch konnte bis heute die Eigenständigkeit bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Vereine gewahrt wer-<br />

<strong>de</strong>n.<br />

10.3 Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club<br />

Im Februar 1946 reichten die Verantwortlichen <strong>de</strong>s HRC die neue Satzung<br />

beim Amtsgericht Hamburg ein. Martha Marcus, die schon vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Krieg<br />

<strong>de</strong>n Vorsitz geführt hatte, übernahm das Amt erneut.<br />

Die Anfänge waren auch in Hamburg beschei<strong>de</strong>n. Alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen teilten<br />

sich einen Schuppen, <strong><strong>de</strong>r</strong> auf <strong><strong>de</strong>m</strong> heutigen Grundstück <strong>de</strong>s HRC am Isekai<br />

stand.<br />

1948 entfiel die Möglichkeit, Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>boote <strong><strong>de</strong>r</strong> Hamburger Schulverwaltung zu<br />

nutzen. Dies führte zu Engpässen beim Bootsmaterial:<br />

„So stan<strong>de</strong>n <strong>für</strong> ‘Kulturru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen’ zwei Gig-Doppelvierer und ein<br />

Gig-Doppelzweier, aber nur vier Paar Skulls zur Verfügung, und<br />

1756 Vgl. [ohne Verfasser], 75 Jahre Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub, S. 18.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 421<br />

<strong>für</strong> die Trainieren<strong>de</strong>n sah es nicht besser aus. Sie hatten zwei<br />

Renn-Doppelvierer, aber nur einen Vierer-Satz Skulls.“ 1757<br />

Trotz dieser Probleme fan<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit ausge<strong>de</strong>hnte Tages- und<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten statt. Das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ist bis heute fester Bestandteil <strong>de</strong>s<br />

Clublebens. Viele Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> erwarben bereits das DRV-Fahrtenabzeichen in<br />

Gold. 1758<br />

1948 verpflichtete <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC Erika Stöck als Clubtrainerin. Bis zu ihrer Erkran-<br />

kung Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 50er Jahre war sie verantwortlich <strong>für</strong> die Trainingsru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

<strong>de</strong>s Vereins. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangszeit war <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC sehr erfolgreich im<br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. So gewannen die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s Doppelvierers dreimal in Fol-<br />

ge das DMR.<br />

1950 feierte <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC sein 25-jähriges Jubiläum. Sophie Barrelet, Martha<br />

Marcus und Toni Brandt wur<strong>de</strong>n mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Grün<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Na<strong>de</strong>l ausgezeichnet.<br />

Diese wird auf Lebenszeit verliehen und verbleibt von Generation zu Genera-<br />

tion im HRC. 1759 So erhielt die langjährige Vorsitzen<strong>de</strong> und heutige Ehren-<br />

vorsitzen<strong>de</strong> Elfrie<strong>de</strong> Schumann ihre Na<strong>de</strong>l beispielsweise von Martha<br />

Marcus. 1760 Seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Einweihung <strong>de</strong>s neuen Bootshauses prägten und prä-<br />

gen zahlreiche Veranstaltungen das Clubleben.<br />

Im Februar 1960 schloss sich die Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gruppe <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Bank<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> HRC an. Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl war bereits in <strong>de</strong>n 50er Jahren schnell an-<br />

gestiegen. Zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er Jahre war es nicht mehr möglich, neue Mit-<br />

glie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufzunehmen.<br />

Die Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen unternahmen in dieser Zeit viele Aktivitäten. Häufig<br />

waren alle Wochenen<strong>de</strong>n ausgebucht. 1761 Nach wie vor pflegte <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC<br />

auch das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. 1961 und 1962 konnte das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n beim DMR ge-<br />

wonnen wer<strong>de</strong>n. Die Darbietungen <strong>de</strong>s Doppelvierers müssen überzeugend<br />

gewesen sein: „Die Zeitungen titelten: ‘Sieg <strong><strong>de</strong>r</strong> Harmonie’ o<strong><strong>de</strong>r</strong> ‘Stilvolle<br />

Deerns’.“ 1762 Schumann ergänzte:<br />

1757<br />

HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 43.<br />

1758<br />

Vgl. HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), 75 Jahre Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club von<br />

1925 e. V., S. 47.<br />

1759<br />

Vgl. HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 45.<br />

1760 Vgl. ebenda.<br />

1761 Vgl. ebenda, S. 63.<br />

1762 Vgl. ebenda, S. 66.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 422<br />

„Warum waren sie eigentlich so erfolgreich? Hier ihr Geheimnis:<br />

Am Abend vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Wettkampf blieben sie beieinan<strong><strong>de</strong>r</strong> und<br />

schlürften aus einer großen Schüssel Rotwein mit Ei. Das schuf<br />

Kraft und vor allem Verbun<strong>de</strong>nheit, die bis heute andauert.“ 1763<br />

1963 wur<strong>de</strong> vom Club erstmalig das Mitteilungsblatt Hamburger Deern her-<br />

ausgegeben. Bis heute veröffentlicht <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC in dieser Form seine Club-<br />

nachrichten.<br />

Der HRC setzte vermehrt auf die Anfängerausbildung im Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Ju-<br />

gendbereich. Bereits 1966 wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> erste Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>vierer trainiert. 1764 Die Ju-<br />

gendabteilung wuchs stetig. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s auffällig war <strong><strong>de</strong>r</strong> Anstieg <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> in dieser Altersgruppe zu Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er Jahre. 1765 Im Zuge die-<br />

ser Entwicklung entstand auch die so genannte „Müttergruppe“. Dabei wer-<br />

<strong>de</strong>n die Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> während <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns im Bootshaus beaufsichtigt.<br />

Im Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n verliefen die 60er und 70er Jahre erfolgreich. Neben <strong>de</strong>n Ti-<br />

teln im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n erzielten Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong>de</strong>s HRC weitere Goldmedaillen beim<br />

DMR in <strong>de</strong>n Bootsklassen Doppelzweier, Doppelvierer und Vierer. Hinzu<br />

kamen Teilnahmen an EM und WM sowie bei <strong>de</strong>n OS. Zu nennen sind in<br />

diesem Zusammenhang Karin Gondolatsch und Doris Leifermann, die über<br />

viele Jahre die Farben <strong>de</strong>s HRC auf nationalen und internationalen Regatten<br />

vertraten. In ihrem erfolgreichsten Jahr 1975 gewannen sie die Deutsche<br />

Meisterschaft, die Internationale Deutsche Meisterschaft sowie die Bronze-<br />

medaille bei <strong><strong>de</strong>r</strong> WM. 1766 Weitere Titel erreichte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein beim Eichkranz,<br />

Bun<strong>de</strong>sentschei<strong>de</strong>n und DJM. Auf internationaler Ebene gelangen Medail-<br />

lengewinne bei Juniorinnen-WM und beim Match <strong>de</strong>s Seniors. 1767<br />

1978 konnten erstmals 300 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> gezählt wer<strong>de</strong>n. Diese Anzahl stieg im<br />

Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> letzten 30 Jahre noch weiter an und hält sich seit 1993 konstant<br />

zwischen 350 und 390 Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. 1768 Damit ist <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC mit Abstand <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

größte <strong><strong>de</strong>r</strong> vier Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine in Deutschland. Die Altersstruktur steht<br />

stellvertretend <strong>für</strong> die Vielzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Aktivitäten <strong>de</strong>s Clubs. Nach wie vor be-<br />

treibt <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC das Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Auch auf Regatten ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein erfolg-<br />

1763 E. SCHUMANN, „Vor vielen Jahren: Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“, in: Hamburger Deern 46(2008)326, S. 22.<br />

1764 Vgl. HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), 75 Jahre Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club von<br />

1925 e. V., S. 33.<br />

1765 Vgl. ebenda.<br />

1766 Vgl. HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), Chronik, S. 130.<br />

1767 HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), 75 Jahre Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club von 1925<br />

e. V., S. 37-46.<br />

1768 Vgl. E. SCHUMANN, „Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>bestand“, [unveröffentlicht], Privatbesitz Hutmacher.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 423<br />

reich. Ein hauptamtlicher Trainer betreut die Mädchen und Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen.<br />

Kulturelle und gesellschaftliche Veranstaltungen, die in regelmäßigen Ab-<br />

stän<strong>de</strong>n abgehalten wer<strong>de</strong>n, bereichern das Vereinsleben. Darüber hinaus<br />

haben sich verschie<strong>de</strong>ne Gruppen im HRC etabliert. So zum Beispiel die<br />

Bridgerun<strong>de</strong>, die „Mittwoch-Morgenfrauen“ und die „Jungmütter-Gruppe“.<br />

Viele Frauen haben das beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Profil <strong>de</strong>s HRC geprägt. Zu nennen sind<br />

vor allem Sophie Barrelet und Elfrie<strong>de</strong> Schumann. Bei<strong>de</strong> haben lange Jahre<br />

als Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>n HRC geleitet. Neben ihrem Engagement im Verein ha-<br />

ben sie sich auch in verschie<strong>de</strong>nen Funktionen und <strong>Aus</strong>schüssen um das<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Deutschland verdient gemacht. Gera<strong>de</strong> Schumann ist es zu<br />

verdanken, dass die Eichkranzrennen <strong>für</strong> Frauen eingeführt wur<strong>de</strong>n. Die von<br />

ihr erstellten Wettkampfstatistiken sind bis heute Bestandteil wissenschaftli-<br />

cher Arbeiten.<br />

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> HRC in seiner jetzigen Er-<br />

scheinungsform einzigartig unter <strong>de</strong>n vier verbliebenen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen<br />

ist. Die bis heute gewahrte Eigenständigkeit, die Pflege <strong><strong>de</strong>r</strong> Traditionen, das<br />

Zusammenwirken von Mädchen und Jungen, das Angebot im Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>- und<br />

Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sowie die hohe Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahl sind charakteristisch <strong>für</strong> die her-<br />

ausragen<strong>de</strong> Position <strong>de</strong>s HRC im DRV.<br />

Die ehemalige Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s HRC, Angela Braasch-Eggert, äußerte zum<br />

75-jährigen Jubiläum <strong>de</strong>s Clubs 2000:<br />

„Es gab eine Zeit, in <strong><strong>de</strong>r</strong> intensiv darüber diskutiert wur<strong>de</strong>, ob <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

HRC etwa auch Männer aufnehmen sollte. Da es da<strong>für</strong> keine wirtschaftlichen<br />

Grün<strong>de</strong>, wie etwa die Notwendigkeit zur Steigerung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>zahlen gab, war die Entscheidung, es <strong>de</strong>shalb nicht<br />

zu tun, weil sich die Atmosphäre und <strong><strong>de</strong>r</strong> Charakter <strong>de</strong>s Vereins<br />

völlig än<strong><strong>de</strong>r</strong>n wür<strong>de</strong>n, sehr ein<strong>de</strong>utig.“ 1769<br />

Diese Entscheidung war richtig, so Schumann und Warner, und sollte auch<br />

<strong>für</strong> die Zukunft Bestand haben. Der HRC bleibt in seiner Nische und konzen-<br />

triert sich auf seine Zielgruppe und ist weiterhin darauf bedacht, das Angebot<br />

so bedarfsgerecht wie möglich zu gestalten. 1770<br />

1769 HAMBURGER RUDERINNEN-CLUB (Hrsg.), 75 Jahre Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club von 1925<br />

e. V., S. 2.<br />

1770 Vgl. ebenda.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 424<br />

10.4 Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club Wannsee<br />

Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges wur<strong>de</strong> in Zehlendorf die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

gruppe Wannsee gegrün<strong>de</strong>t. Das Schülerinnen-Bootshaus war die Anlauf-<br />

stelle <strong>für</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er.<br />

Bereits 1947 entstand die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung Wannsee. Ursprünglich sollten<br />

auch Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in diesen Vereinen aufgenommen wer<strong>de</strong>n. Dieser Plan<br />

wur<strong>de</strong> allerdings verworfen. So riefen fünf Frauen einen eigenen Verein ins<br />

Leben, <strong><strong>de</strong>r</strong> seit diesem Zeitpunkt unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Namen Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club<br />

Wannsee besteht. 1771 Die erste Vorsitzen<strong>de</strong> war Ilse Brand. Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

waren zunächst hauptsächlich die Mädchen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gruppe Wannsee und<br />

ehemals aktive und erfolgreiche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinigung Ehemalige<br />

Schülerinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückertschule, <strong>de</strong>s Postsportvereins Berlin sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> 1.<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege Schöneberg. 1772 Der FRCW verfügte anfänglich über kein eige-<br />

nes Material. Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen konnten auf die Boote <strong>de</strong>s Schülerinnenvereins<br />

zurückgreifen und versuchten „sich sofort auf <strong>de</strong>n ersten Nachkriegsregatten,<br />

die damals auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Kleinen Wannsee ausgefahren wur<strong>de</strong>n“. 1773<br />

In <strong>de</strong>n 50er Jahren widmete sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein <strong><strong>de</strong>m</strong> Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

1950 gewann <strong><strong>de</strong>r</strong> FRCW das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Doppelvierer mit Steuermann im<br />

Rahmen <strong>de</strong>s DMR. Bis 1958 konnten 130 Siege <strong>für</strong> die Gemeinschaft ver-<br />

zeichnet wer<strong>de</strong>n. 1774 Dies war auch auf die erfolgreiche Arbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Trainerin<br />

Christel Wallmann zurückzuführen:<br />

„Mit Können und Einfühlungsvermögen verstand sie es, Freu<strong>de</strong><br />

und Begeisterung ihrer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in Leistung umzusetzen und<br />

sie über Siege und Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lagen zu führen“. 1775<br />

Im Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n unternahm <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein ausge<strong>de</strong>hnte Touren. Ab 1955 gab<br />

es im Sportangebot feststehen<strong>de</strong> Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sonntage und Wochenend-<br />

fahrten. Die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen beteiligten sich auch an Verbandswan<strong><strong>de</strong>r</strong>fahrten<br />

und errangen viele Fahrtenabzeichen. 1776<br />

1771<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Chronik“, in: http://www.frcw.<strong>de</strong>/, Zugriff am 6. 2. 2008.<br />

1772<br />

Vgl. FRAUEN-RUDER-CLUB WANNSEE E. V., 50 Jahre Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club Wannsee e. V.<br />

1947-1997, [o.O.] 1997, S. 7.<br />

1773<br />

Ebenda.<br />

1774<br />

Vgl. [ohne Verfasser], „Chronik“, in: http://www.frcw.<strong>de</strong>/, Zugriff am 6. 2. 2008.<br />

1775<br />

FRAUEN-RUDER-CLUB WANNSEE E. V., 50 Jahre Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club Wannsee e. V. 1947-<br />

1997, S. 9.<br />

1776 Vgl. ebenda.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 425<br />

Nach 19 Jahren wur<strong>de</strong> das Bootshaus am Wannseehafen aufgegeben, da<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Steg nicht <strong>für</strong> Rennboote ausgelegt war. Der Beginn einer Trainingsfahrt<br />

war beschwerlich:<br />

„Vom Steg, <strong><strong>de</strong>r</strong> auch von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Wassersportlern benutzt wur<strong>de</strong>,<br />

konnte man allenfalls in die Gig steigen. Mit <strong>de</strong>n Rennbooten, bei<br />

Niedrigwasser auch mit <strong>de</strong>n Gigs, marschierte man barfuß aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bootshalle direkt bis in <strong>de</strong>n Wannsee. Lediglich die Rennsteuerleute<br />

und die Trainerin hatten das Privileg, ins Boot getragen zu<br />

wer<strong>de</strong>n.“ 1777<br />

Am Großen Wannsee konnte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein 1969 in ein Bootshaus einmie-<br />

ten, da diese Räumlichkeiten von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Gemeinschaften nicht genutzt<br />

wur<strong>de</strong>n. Dieser Umzug führte zu einer Steigerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportaktivitäten: „die<br />

Annehmlichkeiten eines normalen Clublebens wirkten sich sofort auf <strong>de</strong>n<br />

Sporttrieb aus“. 1778 Bislang wuschen sich die Sportlerinnen an einem Was-<br />

serhahn draußen vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Halle und die „Umklei<strong>de</strong>“ bestand aus einem mit<br />

Schränken abgetrennten Bereich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bootshalle. Der Bootspark konnte<br />

stetig vergrößert wer<strong>de</strong>n, um mehr Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zu ermöglichen.<br />

Bereits 1970 wur<strong>de</strong> die erste Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>gruppe eingerichtet.<br />

Das Bezirksamt Zehlendorf stellte <strong><strong>de</strong>m</strong> FRCW 1971 auf <strong><strong>de</strong>m</strong> bereits vorhan-<br />

<strong>de</strong>nen Grundstück eine Nutzfläche von 1.200 qm zur Verfügung. Daraufhin<br />

entschloss sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein, ein neues Bootshaus zu bauen, was 1975 ein-<br />

geweiht wur<strong>de</strong>. Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> 90er Jahre kam noch ein Erweiterungsbau hinzu:<br />

„Der Club hat nun ein kleines, aber sehr schmuckes Bootshaus“. 1779<br />

Der FRCW stellte in <strong>de</strong>n 70er Jahren sehr erfolgreiche Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen. So<br />

war beispielsweise Karola Kleinschmidt ein Jahrzehnt Mitglied <strong><strong>de</strong>r</strong> National-<br />

mannschaft. Neben sieben <strong>de</strong>utschen Meisterschaftstiteln erreichte sie einen<br />

dritten Platz bei <strong><strong>de</strong>r</strong> EM 1972 sowie die Teilnahme an <strong>de</strong>n OS 1976. 1780 In<br />

<strong>de</strong>n 80er Jahren vertrat Sabine Jurk die Farben <strong>de</strong>s FRCW. Sie gewann das<br />

DMR im Vierer 1989. Magdalena Schmu<strong>de</strong> ist momentan die erfolgreichste<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in <strong>de</strong>s Vereins. Seit ihrer Berufung in die Frauennationalmannschaft<br />

2004 hat sie sowohl im Skull- als auch im Riemenbereich nationale und in-<br />

1777 Ebenda, S. 8.<br />

1778 [ohne Verfasser], „Chronik“, in: http://www.frcw.<strong>de</strong>/, Zugriff am 6. 2. 2008.<br />

1779 Ebenda.<br />

1780 Vgl. ebenda.


„Die <strong>de</strong>utschen Vier“ – Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine heute 426<br />

ternationale Titel und Erfolge erzielt. Bei <strong>de</strong>n OS 2008 war sie Ersatzru<strong><strong>de</strong>r</strong>in<br />

<strong>de</strong>s Frauenachters.<br />

1980 wur<strong>de</strong> die „Müttergruppe“ gegrün<strong>de</strong>t. Je<strong>de</strong>n Dienstag passte eine Ru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>in auf <strong>de</strong>n Nachwuchs auf, während die Mutter <strong><strong>de</strong>m</strong> Sport nachging. <strong>Aus</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> „Müttergruppe“ ist im Laufe <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit eine „Dienstagsgruppe“ gewor<strong>de</strong>n, in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> sich „gern Hausfrauen vormittags zum Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n treffen“. 1781 Eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Gruppe kommt am Mittwochvormittag zum Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu <strong>Aus</strong>flügen zu-<br />

sammen. 1782 Im Winter wird <strong>für</strong> alle Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen Hallensport und Kastenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n angeboten, „so daß je<strong><strong>de</strong>r</strong> fit durch <strong>de</strong>n Winter kommt“. 1783<br />

Auch dieser Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein ist über einen langen Zeitraum von einer<br />

Person geführt wor<strong>de</strong>n: Karin Pagel hatte <strong>de</strong>n Vorsitz von 1973 bis 2003 in-<br />

ne. Heute ist sie Ehrenvorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s FRCW. Der Verein zählt 2009 unge-<br />

fähr 170 Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

1781 FRAUEN-RUDER-CLUB WANNSEE E. V., 50 Jahre Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club Wannsee e. V. 1947-<br />

1997, S. 14.<br />

1782 Vgl. ebenda.<br />

1783 Ebenda, S. 20.


Schlussbetrachtung 427<br />

11 Schlussbetrachtung<br />

Zu Beginn <strong>de</strong>s 21. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts sollte es eine Selbstverständlichkeit sein,<br />

dass Frauen und Männer gleichgestellt sind. Allerdings zeigt die praktische<br />

Umsetzung in allen gesellschaftlichen Bereichen Defizite. Dies trifft auch auf<br />

<strong>de</strong>n Sport zu. Deutscher Olympischer Sportbund-Vizepräsi<strong>de</strong>ntin Frauen und<br />

Gleichstellung Ilse Rid<strong><strong>de</strong>r</strong>s-Melchers bilanzierte nach <strong><strong>de</strong>m</strong> vom DOSB ver-<br />

anstalteten „Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im Sport“ 2009, dass zwar viel bewirkt wur<strong>de</strong>,<br />

aber die angestrebte Gleichstellung von Frauen und Männern auf allen Ebe-<br />

nen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Sportorganisationen längst noch nicht erreicht sei. Des<br />

Weiteren bekräftigte sie, dass die uneingeschränkte Partizipation von Frauen<br />

weiterhin das primäre Ziel sein müsse, da es „aufgrund zahlreicher Frauen-<br />

för<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsmaßnahmen realistisch und sogar überlebenswichtig <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Sport“ 1784 ist. Kennzeichnend <strong>für</strong> das Aktionsjahr <strong>de</strong>s DOSB war daher auch<br />

das Motto „Frauen Gewinnen!“. Der aktuelle Sportentwicklungsbericht<br />

2009/2010 1785 hat gezeigt, dass gera<strong>de</strong> die Verbän<strong>de</strong> und Vereine – auch<br />

aus wirtschaftlicher Sicht – am erfolgreichsten sind, die sowohl einen hohen<br />

Anteil an Sport treiben<strong>de</strong>n Frauen als auch an weiblichen Vorstandsmitglie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n aufweisen. Frauen bleiben aber in Führungsebenen <strong>de</strong>s Sports immer<br />

noch unterrepräsentiert. Durch die vom DOSB initiierte Aktion (2009) „Frauen<br />

an die Spitze“ ist zwar viel Bewegung in die Mitgliedsorganisationen gebracht<br />

wor<strong>de</strong>n, aber <strong><strong>de</strong>r</strong> jahrzehntelange Kampf um Gleichberechtigung und Aner-<br />

kennung ist <strong><strong>de</strong>m</strong>nach immer noch nicht abgeschlossen. Rid<strong><strong>de</strong>r</strong>s-Melchers<br />

stellte außer<strong><strong>de</strong>m</strong> klar, dass es einen langen Atem braucht, um ein in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ge-<br />

sellschaft traditionell verankertes Bewusstsein und Verhalten zu verän-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n 1786 . Ihrer Meinung nach „tummeln sich noch verdächtig viele Männer auf<br />

<strong>de</strong>n Vorstands-Spielfel<strong><strong>de</strong>r</strong>n!“ 1787 Dieser Umstand beschreibt auch die aktuel-<br />

le (2010) Situation im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, <strong><strong>de</strong>m</strong> ältesten Sportfachver-<br />

band im DOSB.<br />

1784 I. RIDDERS-MELCHERS, „Bilanz <strong>de</strong>s Jahres <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, in: http://www.dosb.<strong>de</strong>/<strong>de</strong>/sport<br />

entwicklung/frauen-im-sport/news/<strong>de</strong>tail/news/bilanz_ <strong>de</strong>s_jahres_<strong><strong>de</strong>r</strong>_frauen/11114/c<br />

Hash/064540720f/, Zugriff am 19. April 2010.<br />

1785 Vgl. C. BREUER, „Sportentwicklungsbericht 2009/2010“, in: www.dtb-online.<strong>de</strong>/.../Breuer<br />

%20DTB%20Stuttgart%2020100122.ppt, Zugriff am 22. Mai 2010.<br />

1786 Vgl. ebenda.<br />

1787 RIDDERS-MELCHERS, „Bilanz <strong>de</strong>s Jahres <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen“, Zugriff am 19. April 2010.


Schlussbetrachtung 428<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> vorliegen<strong>de</strong>n Arbeit wur<strong>de</strong>n Entwicklung und Geschichte <strong>de</strong>s Frauen-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns im <strong>Deutschen</strong> Reich, in <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD und in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR untersucht. Hierbei<br />

wur<strong>de</strong> die jeweilige Frauenpolitik im Bereich <strong>de</strong>s Sports auf zwei Ebenen<br />

analysiert. Zum einen wur<strong>de</strong> ihre Partizipation an <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsarbeit bezie-<br />

hungsweise das Selbstverständnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im jeweiligen System fokus-<br />

siert. Zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>en galt es, die leistungssportliche Entwicklung, die<br />

gesellschaftlichen und politischen Einflüssen unterliegt, zu betrachten. Dabei<br />

wur<strong>de</strong>n soziale, wirtschaftliche und politische Aspekte und Wandlungen nicht<br />

nur im gesamtgesellschaftlichen Kontext dargestellt, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch auf ihr<br />

sportliches Wirken hin untersucht. Der Vergleich <strong><strong>de</strong>r</strong> sportpolitischen Prämis-<br />

sen und Interessen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbän<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n gesellschaftlich entgegengesetzten<br />

Teilen Deutschlands zeigt, dass die Ziele <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-<br />

Verban<strong>de</strong>s politisch motiviert waren, wohingegen sich <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV <strong><strong>de</strong>m</strong> ver-<br />

meintlich „unpolitischen“ Sport verschrieben hatte. Die staatliche Organisati-<br />

on und Lenkung lassen keinen Zweifel an <strong><strong>de</strong>r</strong> politischen Be<strong>de</strong>utung und<br />

Funktion von Sport und Körperkultur in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR. Sport war ein fester Be-<br />

standteil <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialistischen Erziehung. Ereignisse und Ergebnisse <strong>de</strong>s Leis-<br />

tungs- und Massensports sollten <strong><strong>de</strong>m</strong> sozialistischen Gesellschaftssystem<br />

internationales Ansehen und Anerkennen verschaffen. Die repräsentative<br />

Wirkung <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnahme am internationalen Sport diente auch als Handlungs-<br />

feld im <strong>de</strong>utsch-<strong>de</strong>utschen Vergleich. Durch <strong>de</strong>n systematisch aufgebauten<br />

und sehr erfolgreichen Leistungssport konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV <strong>de</strong>n west<strong>de</strong>utschen<br />

Verband bereits in <strong>de</strong>n 50er Jahren hinter sich lassen. Die „Klassenunter-<br />

schie<strong>de</strong>“ im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport zeigten sich sowohl auf Verbands- als auch<br />

auf Sportebene beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s <strong>de</strong>utlich. Obwohl <strong><strong>de</strong>r</strong> Westen sich viel später <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

systematischen För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns widmete, erfuhr das Frauen-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR keine beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Bevorzugung gegenüber <strong><strong>de</strong>m</strong> Männer-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

11.1 „Frauen als Schlagmänner“ – Mitarbeit im Verband<br />

Da <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV sich Anfang <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts weigerte, Frauen in seine Or-<br />

ganisationsstrukturen einzubin<strong>de</strong>n, waren diese gezwungen, einen eigenen<br />

Verband zu grün<strong>de</strong>n, um <strong><strong>de</strong>m</strong> Wunsch nach einem überregionalen, struktu-<br />

rellen Zusammenschluss ihrer Vereine nachzukommen. So grün<strong>de</strong>ten 1919


Schlussbetrachtung 429<br />

sieben Vereine <strong>de</strong>n <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband, <strong><strong>de</strong>r</strong> bis zu seiner<br />

Auflösung 1933 unabhängig vom DRV agierte. Schwerpunkte <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbands-<br />

arbeit waren die Bekanntmachung und För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, die<br />

Veranstaltung von Wettbewerben sowie die Pflege sportlicher und gesell-<br />

schaftlicher Beziehungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsvereine. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufnahme <strong>de</strong>s DDRV<br />

in <strong>de</strong>n <strong>Deutschen</strong> Reichsbund <strong>für</strong> Leibesübungen 1926 konnte <strong><strong>de</strong>r</strong> Herrenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>verband die Be<strong>de</strong>utung und Popularität <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns nicht mehr<br />

länger ignorieren und so wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband im Status eines Re-<br />

gattavereins in <strong>de</strong>n DRV aufgenommen. Damit war er zwar faktisch Mitglied,<br />

aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Bestimmungen <strong>de</strong>s Grundgesetzes gegenüber vollwertigen<br />

Mitgliedsvereinen aber ein<strong>de</strong>utig benachteiligt. Die Einrichtung eines Unter-<br />

ausschusses Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n zur Kommunikationsverbesserung zwischen <strong>de</strong>n<br />

bei<strong>de</strong>n Parteien führte letztendlich zu einer Bevormundung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen, da<br />

je<strong><strong>de</strong>r</strong> mittelgroße Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein laut Grundgesetz über mehr Einfluss bei<br />

Abstimmungen verfügte. Außer<strong><strong>de</strong>m</strong> hatten die Frauen nicht einmal in ihrem<br />

eigenen <strong>Aus</strong>schuss die Mehrheit, da Vorsitzen<strong><strong>de</strong>r</strong> und <strong>Aus</strong>schussmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

vom DRV eingesetzt wur<strong>de</strong>n. Dennoch war die Hoffnung auf eine weitere<br />

Verbreitung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Flagge <strong>de</strong>s DRV größer als die<br />

Unzufrie<strong>de</strong>nheit über Einschränkungen <strong><strong>de</strong>r</strong> finanziellen Zuwendungen und<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Mitspracherechte, so dass im September 1933 <strong><strong>de</strong>r</strong> en-bloc Übertritt aller<br />

DDRV-Vereine erfolgte. Der Unterausschuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wur<strong>de</strong> beibehal-<br />

ten und mit <strong>de</strong>n Vorstandsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>s DDRV besetzt.<br />

Im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> nationalsozialistischen Entwicklung kann ein Aufschwung <strong>für</strong><br />

das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n verzeichnet wer<strong>de</strong>n. Der UAF wur<strong>de</strong> in Abteilung <strong>für</strong> Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>n unbenannt, die Arbeit in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen <strong>Aus</strong>schüssen <strong>de</strong>s DRV<br />

schien besser abgestimmt. Allerdings muss festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass die<br />

Selbstbestimmung nicht praktiziert wur<strong>de</strong>. Durch die Arbeit und Propaganda<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> AfF wur<strong>de</strong> weiterhin <strong><strong>de</strong>r</strong> Schein <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitbestimmung erweckt. Die<br />

Schwerpunkte lagen daher vor allem in <strong><strong>de</strong>r</strong> För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Wettru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns und<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>bildung von Lehrpersonal. Als durchschlagen<strong><strong>de</strong>r</strong> Erfolg muss die<br />

<strong>Aus</strong>schreibung und Durchführung <strong>de</strong>s Reichssiegerwettbewerbs 1937 ge-<br />

wertet wer<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> 1939 zum ersten Frauen-Meisterschaftsru<strong><strong>de</strong>r</strong>n führte.<br />

Unbestritten aber ist, dass auch diese Maßnahme lediglich <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>richtung<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> Stärkung <strong><strong>de</strong>r</strong> nationalsozialistischen I<strong>de</strong>ologie diente, da <strong><strong>de</strong>r</strong> Wett-


Schlussbetrachtung 430<br />

kampf <strong><strong>de</strong>m</strong> Erziehungsi<strong>de</strong>al <strong>de</strong>s Führers entsprach. Diese Phase, in <strong><strong>de</strong>r</strong> eine<br />

<strong>de</strong>utliche För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns unternommen wur<strong>de</strong>, ist stark mit<br />

<strong>de</strong>n politischen Interessen und <strong><strong>de</strong>r</strong> gesellschaftlichen Orientierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit<br />

verknüpft. Die Nachhaltigkeit dieser Initiativen zeigte sich aber erst in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit<br />

nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg.<br />

Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg war die Sportbewegung sowohl in West-<br />

<strong>de</strong>utschland als auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetischen Besatzungszone völlig zum Erlie-<br />

gen gekommen und musste neu aufgebaut wer<strong>de</strong>n. Während die<br />

Bestimmungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontrollratsdirektive Nr. 23 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Britischen und US-<br />

amerikanischen Zone relativ tolerant ausgelegt wur<strong>de</strong>n und schnell mit <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau begonnen wer<strong>de</strong>n konnte, ging <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufbau in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ lang-<br />

samer voran. Die sowjetischen Sportoffiziere achteten streng auf die Umset-<br />

zung <strong><strong>de</strong>r</strong> gesetzlichen Vorgaben, die Möglichkeit einer Reorganisation <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

bürgerlichen Vereine war aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> bestehen<strong>de</strong>n Bestimmungen ausge-<br />

schlossen. Dem Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ haftete noch lange ein „bürgerlicher<br />

Ruf“ an. Durch die Einrichtung von Betriebssportgemeinschaften gelang es<br />

allerdings, tiefer in die vermeintliche Domäne <strong><strong>de</strong>r</strong> bürgerlichen Elite einzu-<br />

dringen und <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport <strong>für</strong> breitere Bevölkerungskreise zu öffnen. Dies<br />

zeigte sich auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kandidatenliste <strong>für</strong> das erste Präsidium <strong>de</strong>s DRSV:<br />

unter <strong>de</strong>n 19 Bewerbern waren drei Frauen.<br />

Der DRV hingegen richtete nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg erneut eine Unter-<br />

ausschuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein, um die Interessen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen zu wahren. Einer<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsschwerpunkte lag ähnlich wie bei <strong>de</strong>n Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Die Gremiummitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> versuchten, an<br />

die Situation vor 1945 anzuknüpfen, als Frauen die Teilnahme an vielen<br />

Wettbewerben in verschie<strong>de</strong>nen Bootsklassen möglich war.<br />

Während <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsausschuss Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>gründung <strong>de</strong>s DRV<br />

hinarbeitete, blieben die Frauen in ihrem <strong>Aus</strong>schuss weitestgehend unter<br />

sich. Dies hätte beinahe zur Folge gehabt, dass kein Posten <strong>für</strong> eine Frau im<br />

neuen Verbandsauschuss vorgesehen war. Erst durch einen Dringlichkeits-<br />

antrag konnte sichergestellt wer<strong>de</strong>n, dass auch eine Frau im neuen Vorstand<br />

<strong>de</strong>s DRV vertreten war.<br />

Die 50er und 60er Jahre waren gekennzeichnet durch kontinuierliche Auf-<br />

bauarbeit im Verbands- und Regattawesen. Allerdings ging Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 60er


Schlussbetrachtung 431<br />

Jahre das Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen sowohl am Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport als auch an <strong><strong>de</strong>r</strong> Ver-<br />

bandsarbeit immer weiter zurück, so dass 1969 das „Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“<br />

als Gegenmaßnahme ausgerufen wur<strong>de</strong>. Es galt, das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n umfas-<br />

sen<strong><strong>de</strong>r</strong> als bisher zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Allerdings wur<strong>de</strong> das Streben und Ringen nach<br />

Anerkennung im DRV häufig durch die mangeln<strong>de</strong> Bereitschaft und Beteili-<br />

gung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen unterlaufen. Dennoch kann das „Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“ als<br />

Erfolg gewertet wer<strong>de</strong>n. Insgesamt ist in dieser Zeit ein <strong>de</strong>utlicher Anstieg<br />

sowohl im Leistungs- und Massenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsmitarbeit<br />

zu verzeichnen. Das „Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen“ wur<strong>de</strong> vom damaligen Präsi<strong>de</strong>n-<br />

ten Claus Heß auch genutzt, um die Demokratisierung im Verein zu för<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Rücken<strong>de</strong>ckung durch Heß begann <strong><strong>de</strong>r</strong> UAF seine Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf die<br />

verschie<strong>de</strong>nen <strong>Aus</strong>schüsse im DRV zu verteilen. Die Frauen hatten erkannt,<br />

dass mehr Mitbestimmung nur durch eine direkte Vertretung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

in <strong>de</strong>n jeweiligen Ressorts zu erreichen war. Damit waren sowohl im Verein<br />

als auch im Verband die Voraussetzungen <strong>für</strong> die angestrebte Gleichstellung<br />

geschaffen.<br />

1972 waren alle Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s UAF auf die <strong>Aus</strong>schüsse verteilt, was schließ-<br />

lich zur Umbenennung <strong>de</strong>s UAF in Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen führte. Die Frauen<br />

erwirkten auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag <strong>de</strong>n Beschluss, dass die Beteiligung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong>de</strong>-<br />

rinnen an <strong>de</strong>n Führungsaufgaben <strong>de</strong>s DRV zu <strong>de</strong>n Zielen <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s<br />

gehöre. Somit waren die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage, an allen Entscheidungs-<br />

prozessen aktiv mitzuwirken. Erstmalig war die formale Gleichstellung von<br />

Frauen und Männern im DRV erreicht.<br />

Das Referat Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bestand von 1972 bis 1986. Es bestand zunächst<br />

als so genanntes „Koordinationsgremium“. Den Frauen sollte ein eigenes<br />

Forum geboten wer<strong>de</strong>n, dass als Beratungs- und Informationsstelle dienen<br />

sollte. Ziel war weiterhin die aktive Mitarbeit von Frauen an <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsar-<br />

beit. Trotz anfänglicher Erfolge stagnierte die Arbeit und es konnten bis Mitte<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre keine nennenswerten Fortschritte erzielt wer<strong>de</strong>n. Kritik aus<br />

<strong>de</strong>n eigenen Reihen, fehlen<strong>de</strong>s Verständnis <strong>für</strong> die Arbeit und mangeln<strong>de</strong><br />

Solidarität erschwerten zusätzlich <strong>de</strong>n Stand <strong><strong>de</strong>r</strong> Referatsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

Als <strong><strong>de</strong>r</strong> Verband 1983 sein hun<strong><strong>de</strong>r</strong>tjähriges Jubiläum beging, waren erstmalig<br />

zwei Posten im Verbandsausschuss mit Frauen besetzt. Die Zusammenar-<br />

beit wur<strong>de</strong> im selben Jahr auf eine harte Probe gestellt, als diese bei<strong>de</strong>n


Schlussbetrachtung 432<br />

Frauen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsarbeit ausschei<strong>de</strong>n mussten und <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsaus-<br />

schuss die freigewor<strong>de</strong>nen Plätze entgegen <strong>de</strong>n Vorschlägen <strong>de</strong>s Referats<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen nicht wie<strong><strong>de</strong>r</strong> mit Frauen besetzte. Der auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1986 in<br />

Hamburg beschlossene Strukturwan<strong>de</strong>l führte zur Auflösung <strong>de</strong>s Referates.<br />

Damit fehlte die Kommunikationsplattform zwischen <strong>de</strong>n Vertreterinnen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> und <strong><strong>de</strong>m</strong> DRV. Der Informationsfluss stockte und in<br />

Folge mehrte sich die Kritik.<br />

Zu dieser Zeit wur<strong>de</strong> vom <strong>Deutschen</strong> Sportbund, <strong><strong>de</strong>m</strong> heutigen DOSB, ein<br />

Konzept zum Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan vorgestellt, <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen eine verstärkte Mitar-<br />

beit in <strong>de</strong>n Fachverbän<strong>de</strong>n in allen Bereichen ermöglichen sollte. Dieser<br />

Entwurf basierte auf einem integrativen, gesamt-gesellschaftlichen Ansatz,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Gleichstellung als primäres Ziel verfolgte. Immerhin ist seit 1990 ein<br />

<strong>de</strong>utlicher Aufwärtstrend in <strong><strong>de</strong>r</strong> Besetzung von politischen Ämtern mit Frauen<br />

zu verzeichnen. Die Mitwirkung von Frauen hat sich heute nicht nur quantita-<br />

tiv, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch qualitativ ausgewirkt. Allerdings dominieren immer noch<br />

Männer in politischen Bereichen wie Wirtschaft, Militär und eben auch in ge-<br />

sellschaftlichen Teilbereichen <strong>de</strong>s Sports.<br />

Die Frauenvertreterinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>sru<strong><strong>de</strong>r</strong>verbän<strong>de</strong> und <strong>de</strong>s DRV beschlos-<br />

sen im Oktober 1988, einen eigenen Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan zu erstellen. Dem-<br />

nach sollten in allen ehrenamtlichen Gremien <strong>de</strong>s DRV, einschließlich <strong>de</strong>s<br />

Vorstan<strong>de</strong>s, Frauen gewählt beziehungsweise berufen wer<strong>de</strong>n. Die Umset-<br />

zung <strong>de</strong>s Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plans unterlag <strong><strong>de</strong>m</strong> Verbandsausschuss, <strong><strong>de</strong>r</strong> erneut<br />

einen <strong>Aus</strong>schuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n einrichtete und diesem die Koordination<br />

übertrug. Generell sollte <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan als freiwilliger Leitfa<strong>de</strong>n <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Verbandsbereich angesehen wer<strong>de</strong>n. Dies führte dazu, dass <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag <strong>de</strong>n ursprünglichen Entwurf lediglich mit abgeschwächten Formu-<br />

lierungen verabschie<strong>de</strong>te: aus „Pflichten“ wur<strong>de</strong>n beispielsweise „Empfeh-<br />

lungen“.<br />

Der nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Wen<strong>de</strong> 1990 neugegrün<strong>de</strong>te <strong>Aus</strong>schuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n besteht<br />

bis heute als Gremium im DRV. Angedacht war, dass die Frauen in <strong>de</strong>n je-<br />

weiligen Fachausschüssen mitarbeiten sollten, während <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Aus</strong>schuss<br />

Koordinationsaufgaben zu frauenspezifischen Themen übernehmen sollte.<br />

Bevor dieses Gremium seine Arbeit aufnehmen konnte, sahen sich die Ver-<br />

antwortlichen mit internen Problemen konfrontiert. Hier machten sich die ge-


Schlussbetrachtung 433<br />

sellschaftlichen Unterschie<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Trennung <strong>de</strong>utlich: Viele Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aus<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DDR sahen nicht die Notwendigkeit eines <strong><strong>de</strong>r</strong>artigen Gremiums. Die Rol-<br />

le und Position <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im ost<strong>de</strong>utschen Verband war zuvor eine völlig<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>e: Frauen beklei<strong>de</strong>ten im DRSV verschie<strong>de</strong>ne Ämter, ohne dass es<br />

eine da<strong>für</strong> geschaffene Quotenregelung gab. Sie waren in allen gesellschaft-<br />

lichen Bereichen prinzipiell gleichberechtigt. Als „Mitgestalterinnen <strong>de</strong>s So-<br />

zialismus“ hatten sie die gleichen Rechte und Pflichte wie die Männer.<br />

Allerdings machten sie von diesen wenig Gebrauch. Vereinzelt gehörten<br />

Frauen verschie<strong>de</strong>nen Kommissionen an. Jedoch spiegelte sich die propa-<br />

gierte sozialistische Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Spitze <strong>de</strong>s Verbandswesens wie<strong><strong>de</strong>r</strong>: Auch <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV wur<strong>de</strong> wie <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV nie<br />

von einer Frau geführt.<br />

Das eigentliche Ziel, die Umsetzung <strong>de</strong>s 1990 beschlossenen Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

plans zur För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitarbeit von Frauen in <strong>de</strong>n Gremien <strong>de</strong>s DRV, ist<br />

bis heute in weite Ferne gerückt. Obwohl <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenanteil aller DRV Mitglie-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> stetig steigend ist, gelingt es Frauen nicht, ihre Präsenz auf <strong>de</strong>n ver-<br />

schie<strong>de</strong>nen Vorstandsebenen wahrzunehmen. Nach wie vor gibt es<br />

zumin<strong>de</strong>st „Fachfrauen“ in <strong>de</strong>n Bereichen Finanzen, Schriftführung, Öffent-<br />

lichkeitsarbeit, Breitensport und Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch als Leiterin eines<br />

eigenen Referates Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns, die auf LRV-Ebene mitentschei<strong>de</strong>n kön-<br />

nen. Dennoch sind nicht in allen Gremien Frauen vertreten. Die Grün<strong>de</strong> hier-<br />

<strong>für</strong> sind vielschichtig. In <strong><strong>de</strong>r</strong> 125-jährigen Geschichte <strong>de</strong>s DRV waren nie<br />

mehr als zwei Vorstandsposten zeitgleich mit Frauen besetzt. In <strong>de</strong>n meisten<br />

Jahren waren gar keine Frauen im Vorstand vertreten. Einerseits hatten es<br />

die Frauen nicht leicht, bestehen<strong>de</strong> Vorurteile zu bekämpfen und Hin<strong><strong>de</strong>r</strong>nisse<br />

zu überwin<strong>de</strong>n. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits können die interne Organisationsstruktur <strong>de</strong>s<br />

DRV sowie das Festhalten an alten Traditionen weitere Grün<strong>de</strong> gewesen<br />

sein. Der allgemeine Rückgang im Ehrenamt ist aber kein frauenspezifi-<br />

sches, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n ein gesamtgesellschaftliches Problem. Diese Entwicklung<br />

betrifft auch die Arbeit <strong>de</strong>s DRV.<br />

Ein Beispiel illustriert die aktuelle Situation im DRV: Im Frühjahr 2009 stellte<br />

die Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s AF <strong>de</strong>n Antrag an <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag, die Bestimmungen <strong>de</strong>s<br />

Grundgesetzes an die Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreaming-Bestimmungen <strong>de</strong>s DOSB<br />

anzupassen. Dabei muss beachtet wer<strong>de</strong>n, dass Gen<strong><strong>de</strong>r</strong> Mainstreaming-


Schlussbetrachtung 434<br />

Konzepte nicht das Instrument <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>ung ersetzten, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n als<br />

Doppelstrategie zu verstehen sind. Dieser Antrag wur<strong>de</strong> abgelehnt. Dabei<br />

scheiterte das Vorhaben nicht an <strong><strong>de</strong>r</strong> mangeln<strong>de</strong>n Bereitschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer.<br />

Innerhalb <strong>de</strong>s Gremiums bestand kein Konsens, so dass die Unterstützung<br />

aus <strong>de</strong>n eigenen Reihen fehlte.<br />

Seit 2008 sitzen zwei Frauen im Vorstand <strong>de</strong>s DRV. So lange die Gleichstel-<br />

lung von Frauen und Männern jedoch nicht erreicht ist, bleibt Frauenför<strong>de</strong>-<br />

rung notwendig. Ziel ist weiterhin die Gleichstellung von Männern und<br />

Frauen.<br />

11.2 „Achtung – Los!“ – Entwicklung <strong>de</strong>s Leistungsru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns<br />

Bereits 1887 wur<strong>de</strong> in Berlin-Stralau Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>unterricht <strong>für</strong> Frauen erteilt. Hier-<br />

zu wur<strong>de</strong> extra eine leichte Doppelskuller-Jolle in Auftrag gegeben, die <strong>de</strong>n<br />

anatomischen Bedürfnissen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen besser entsprach. Die Fort-<br />

schritte im Bootsbau und die Entwicklung <strong>de</strong>s Rollsitzes be<strong>de</strong>uten allerdings<br />

zunächst das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n auf festem Sitz wur<strong>de</strong><br />

großzügig toleriert, die Benutzung eines Gleitsitzes hingegen erschien vielen<br />

Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ern, aber auch Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, moralisch be<strong>de</strong>nklich.<br />

Der erste <strong>de</strong>utsche Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein wur<strong>de</strong> 1894 unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Namen Deut-<br />

sche Amazonenflotte gegrün<strong>de</strong>t. Trotz aller Bemühungen zur Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ge-<br />

winnung auf und abseits <strong><strong>de</strong>r</strong> Gewässer, aber vor allem bei Festivitäten, fehlte<br />

es <strong><strong>de</strong>m</strong> Verein bald an Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Die Amazonen versuchten <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>be-<br />

trieb eines Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereins nachzuahmen, allerdings kamen sie über Äu-<br />

ßerlichkeiten nicht hinaus.<br />

An<strong><strong>de</strong>r</strong>s stellte sich die Situation in Hamburg dar. Um die Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>twen<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s vorherigen Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts betrieben bereits viele Frauen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hanse-<br />

stadt <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport. Die Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine, die Frauen <strong>de</strong>n Zutritt erlaub-<br />

ten, agierten aus einem Gemeinschaftsgefühl heraus, <strong>de</strong>nn es galt, Geist<br />

und Körper durch gemeinsame Fahrten zu stärken und die Geselligkeit zu<br />

pflegen. Alljährlich wur<strong>de</strong>n Blumen- und Lampion-Corsos durchgeführt, an<br />

<strong>de</strong>nen sich auch Frauen in Wettbewerben beteiligen konnten. Insgesamt<br />

zeigte sich eine hohe sportliche Motivation beim Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Hanseatinnen.<br />

Auch wenn die Anfänge <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns in Hamburg im „Blumen-Corso“<br />

zu fin<strong>de</strong>n sind, haben sich Frauen schon früh am „Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport“ in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hanse-


Schlussbetrachtung 435<br />

stadt beteiligt. Dabei müssen allerdings auch diesen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen gewisse<br />

gesellschaftliche Ambitionen zugewiesen wer<strong>de</strong>n, da es fast ausschließlich<br />

Frauen <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberschicht waren, die durch ihre Ehemänner zum Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

gebracht wur<strong>de</strong>n.<br />

Die Öffnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine ist mit <strong><strong>de</strong>r</strong> sich ab 1900 langsam verän-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n gesellschaftlichen Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in Verbindung zu setzen. Die Zu-<br />

nahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Berufstätigkeit von Frauen und gelockerte Konventionen führten<br />

zu einem gesteigerten Interesse an angemessener körperlicher Betätigung.<br />

Immer mehr Frauen begeisterten sich auch außerhalb von Berlin und Ham-<br />

burg <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport und das damit verbun<strong>de</strong>ne Natur- und Gemein-<br />

schaftsgefühl. Die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine stieg bis zum Ersten<br />

Weltkrieg stetig an. Legitimieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Faktor <strong>für</strong> eine Mitgliedschaft in einem<br />

Verein blieb <strong>de</strong>nnoch häufig die gesellschaftliche Schichtzugehörigkeit: Ar-<br />

beiterinnen waren aufgrund ihres niedrigen Einkommens prinzipiell<br />

ausgeschlossn. In Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>kreisen sagte man „Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n“ und legte Wert<br />

auf gesellschaftliche Reputation. Prinzipiell konnten auch Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine<br />

Damenabteilungen ins Leben rufen. Eine Vollmitgliedschaft war jedoch nicht<br />

möglich. Damenabteilungen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen erscheinen rückblickend<br />

progressiv. Es entsteht <strong><strong>de</strong>r</strong> Eindruck, dass sich die Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>er bewusst<br />

<strong>de</strong>n Frauen annahmen. Der DRV und die ihm angeschlossenen Herrenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine wollten aber „unter sich bleiben“. Lediglich wirtschaftliche Eng-<br />

pässe zwangen Traditionsvereine vorübergehend dazu, Frauen<br />

aufzunehmen, um mehr Mitgliedsbeiträge zu generieren.<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s die <strong>Aus</strong>wahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Kleidung, die eng an die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau gebun-<br />

<strong>de</strong>n war, macht <strong>de</strong>utlich, wie schwer es <strong>für</strong> sportinteressierte und ru<strong><strong>de</strong>r</strong>be-<br />

geisterte Frauen war, diesem Sport um die Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>twen<strong>de</strong> nachzugehen.<br />

Schon das äußere Erscheinungsbild <strong><strong>de</strong>r</strong> DAF, bestehend aus einem blauen<br />

Kostüm mit weißem Matrosenkragen und weißer Schärpe mit Vereinsabzei-<br />

chen, abgerun<strong>de</strong>t mit einem Matrosenhut, zeigt <strong>de</strong>utlich, dass die Bekleidung<br />

einen hemmen<strong>de</strong>n Faktor in <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns darstellte.<br />

Die anfänglich bo<strong>de</strong>nlangen langen Röcke und „Buschmannklei<strong><strong>de</strong>r</strong>“ wur<strong>de</strong>n<br />

durch Cheviot-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>schürzen abgelöst, die schließlich durch Tuchröcke und<br />

Pumphosen ausgetauscht wur<strong>de</strong>n. Die schwarzen langen Strümpfe hielten


Schlussbetrachtung 436<br />

sich bis En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 20er Jahre, erst dann setzen sich langsam Söckchen<br />

durch.<br />

Zu <strong>de</strong>n zögerlichen Anfängen und <strong><strong>de</strong>m</strong> Problem <strong><strong>de</strong>r</strong> Bekleidung kam <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Mangel an geeignetem Bootsmaterial hinzu. Aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> geringen Koopera-<br />

tionsbereitschaft vieler Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine dauerte es viel länger <strong>für</strong> selbst-<br />

ständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine sich zu etablieren. Wenn ein Verein nicht über<br />

außergewöhnlich hohe Mittel verfügte, verzögerten sich notwendige Anschaf-<br />

fungen, um <strong>de</strong>n allgemeinen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>betrieb aufrechtzuerhalten beziehungs-<br />

weise zu erweitern, häufig jahrelang. An dieser Stelle muss erwähnt wer<strong>de</strong>n,<br />

dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Aspekt Bootsmaterial <strong>für</strong> die Frauen in enger Wechselbeziehung<br />

zur Technik stand. Durch die Weiterentwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Boote, <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfindung <strong>de</strong>s<br />

<strong>Aus</strong>legers und <strong>de</strong>s Rollsitzes sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwendung von Drehdollen konnten<br />

bessere und effizientere Techniken ermöglicht wer<strong>de</strong>n, die <strong>für</strong> Frauen geeig-<br />

neter waren. Hierzu zählte die „natürliche“ Lehrweise nach Fairbairn. Aller-<br />

dings hielten viele Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong> die „orthodoxe“ Technik <strong>für</strong> Frauen als die<br />

einzig wahre. Vor allem wur<strong>de</strong>n physiologische Grün<strong>de</strong> angeführt, warum<br />

Frauen nicht „natürlich“ ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sollten und damit auch keinen Bedarf an<br />

leichteren o<strong><strong>de</strong>r</strong> sogar Rennbooten hätten. Durch <strong>de</strong>n Rollsitz wür<strong>de</strong> die<br />

Beinarbeit verlängert, die damit verbun<strong>de</strong>ne verlängerte Wasserarbeit sei <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n schwächeren weiblichen Körper nicht geeignet und diene damit nicht<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> vorrangigen Ziel <strong>de</strong>s allgemeinen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns: Gesun<strong><strong>de</strong>r</strong>haltung und<br />

Kräftigung <strong>de</strong>s Körpers. Dem vorausgegangen waren etliche Diskussionen<br />

zur „Frauenfrage“ im <strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport. Neben <strong>de</strong>n durch nichts zur<br />

Umkehr zu bewegen<strong>de</strong>n Kritikern gab es auch Be<strong>für</strong>worter, die versuchten,<br />

Lösungen <strong>für</strong> die unbefriedigen<strong>de</strong> Situation <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen zu fin<strong>de</strong>n. Allerdings<br />

waren auch sie gezwungen, sich gegenüber <strong><strong>de</strong>m</strong> Verband, ihren Vereinen<br />

und Traditionen loyal zu verhalten.<br />

Im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sportlichen Entwicklung und <strong><strong>de</strong>r</strong> immer größer wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Zahl an Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen wuchs auch das Bedürfnis nach geeigneten Vergleichs-<br />

möglichkeiten. Regattaveranstaltungen waren unerlässlich, da diese zum<br />

einen <strong>de</strong>n Sport einem breiten Publikum näher bringen sollten und zum an-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>en die Vereinheitlichung und Verbesserung <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>stils vorantrieben.<br />

Hierzu wur<strong>de</strong>n zunächst Wettbewerbe im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n durchgeführt. Primär<br />

aber ist diese Form <strong>de</strong>s Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns ein Zugeständnis an die Kritik <strong><strong>de</strong>r</strong> Herren-


Schlussbetrachtung 437<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er, die in dieser Wettkampfform die Betätigungsform sahen, die <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

weiblichen Körper und <strong>de</strong>ssen Leistungsfähigkeit optimal entsprach. Die Ge-<br />

fahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Vermännlichung schien dadurch gebannt, und nicht zuletzt wur<strong>de</strong><br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> Ästhetikempfin<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Männer Rechnung getragen. Bereits 1919 wur-<br />

<strong>de</strong>n vom DDRV die ersten Rennen veranstaltet, <strong><strong>de</strong>r</strong> da<strong>für</strong> extra eine eigene<br />

Wettkampfordnung verabschie<strong>de</strong>t hatte, um ein gerechte und transparente<br />

Bewertung zu gewährleisten. Die Diskussion um die Bewertung im Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

ist allerdings so alt wie das Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n selbst. Die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> möglichen Feh-<br />

ler von <strong><strong>de</strong>r</strong> i<strong>de</strong>alen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bewegung war sehr hoch, was häufig zu Unzufrie-<br />

<strong>de</strong>nheit bei Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, Kampfrichtern und <strong><strong>de</strong>m</strong> Publikum führte. Bereits in<br />

<strong>de</strong>n 30er Jahren kämpfte diese Wettbewerbsform um ihre Existenz. Hierauf<br />

reagierte die Abteilung <strong>für</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in<strong><strong>de</strong>m</strong> sie die Mischform Stilschnell-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n einführte. Der DRV versprach sich von dieser Neuerung mehr Popula-<br />

rität, da es <strong>für</strong> das Publikum und die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>er spannen<strong><strong>de</strong>r</strong>e Wettbewerbe<br />

versprach. Allerdings stand auch hier immer noch <strong><strong>de</strong>r</strong> Ästhetikgedanke im<br />

Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund. Eine Mannschaft, die im Ziel als zu erschöpft eingestuft wur<strong>de</strong>,<br />

hatte mit Punktabzug zu rechnen. Nach anfänglichem Erfolg wur<strong>de</strong> das Stil-<br />

schnellru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bereits 1940 aufgegeben. Das klassische Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n hielt sich<br />

noch bis 1971, obwohl die Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen bereits seit <strong>de</strong>n 30er<br />

Jahren die objektivere Form <strong>de</strong>s Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns vorzog, die an keine subjekti-<br />

ven Bewertungsmaßstäbe gebun<strong>de</strong>n war.<br />

Eine weitere Wettbewerbsform waren Schlagzahlrennen. Diese wur<strong>de</strong>n 1926<br />

erstmalig angeboten und erfreuten sich vor allem während <strong>de</strong>s Zweiten<br />

Weltkrieges großer Beliebtheit. Allerdings kam es auch hier zu Differenzen<br />

zwischen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen und Schiedsrichtern bezüglich <strong>de</strong>s Zählens <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlä-<br />

ge. Nach 1945 wur<strong>de</strong>n in Deutschland keine Schlagzahlrennen mehr ange-<br />

boten. Noch kürzer hielt sich das Gleichschlagru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, das primär <strong>für</strong> festliche<br />

Anlässe gedacht war. Hier bewegten sich so viele Boote wie möglich in vor-<br />

her festgelegter Reihenfolge und Staffelung zu einem bestimmten Rhythmus.<br />

Bereits vor Kriegsen<strong>de</strong> war das Gleichschlagru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht mehr aufrechtzuer-<br />

halten.<br />

Die Be<strong>für</strong>worter <strong>de</strong>s weiblichen Wettkampfsports bekannten sich ein<strong>de</strong>utig<br />

zur Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>technik nach Fairbairn und lehnten Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n und alle an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Er-<br />

scheinungsformen grundlegend ab. Obwohl das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n nicht explizit


Schlussbetrachtung 438<br />

vom DDRV be<strong>für</strong>wortet und geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>, kam es bereits 1919 zu <strong>de</strong>n<br />

ersten Rennen. Die Streckenlänge betrug anfänglich 800m, 1920 wur<strong>de</strong> sie<br />

auf 1.000m verlängert. Die Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen – auch im DDRV – sah al-<br />

lerdings nicht die Notwendigkeit von Rennen. Sie sahen das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n als<br />

sportlichen <strong>Aus</strong>gleich zum beruflichen Alltag. Es war ihnen Mittel zum Zweck,<br />

sich sportlich in einem abgegrenzten, gesellschaftlichen Umfeld zu betätigen.<br />

Im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> vermehrten Berufstätigkeit versuchten immer mehr Frauen die<br />

durch schlechte Arbeitsplatzbedingungen hervorgerufenen Gesundheitsstö-<br />

rungen durch gemäßigte körperliche Betätigung zu kompensieren. Ein Renn-<br />

ru<strong><strong>de</strong>r</strong>training erschien vielen neben <strong>de</strong>n beruflichen Belastungen als zu<br />

anstrengend. Diese Meinung teilten viele <strong><strong>de</strong>r</strong> Verantwortlichen im DDRV und<br />

später in <strong><strong>de</strong>r</strong> Abteilung <strong>für</strong> Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Die Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen war als<br />

Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen aktiv und lehnte <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend das Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n prin-<br />

zipiell ab. Der nicht zu unterschätzen<strong>de</strong> Einfluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Kritikerinnen führte da-<br />

zu, dass die Entwicklung nur zäh voranschritt und bewusst gehemmt wur<strong>de</strong>,<br />

was sich <strong>de</strong>utlich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Wettbewerbsaktivität zeigte. Die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Meldun-<br />

gen stieg nur langsam, was vor allem daran lag, dass die Rennen vorüber-<br />

gehend in Gigbooten ausgeschrieben wur<strong>de</strong>n, was <strong>für</strong> die Frauen wenig<br />

attraktiv war. Eben dieser Anblick – Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in schweren Booten – gab<br />

<strong>de</strong>n Kritikern immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> neuen Auftrieb. Nach <strong>de</strong>n ersten Rennen verebb-<br />

te die Kritik an wettkämpfen<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen nur langsam, aber zumin<strong>de</strong>st<br />

hatten die Frauen die Wahl, ob sie Stil- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n betreiben wollten.<br />

Die Be<strong>für</strong>worter <strong>de</strong>s weiblichen Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns for<strong><strong>de</strong>r</strong>ten <strong><strong>de</strong>m</strong>entsprechend<br />

das Rennboot <strong>für</strong> alle Frauenwettbewerbe. Darüber hinaus wur<strong>de</strong> das Skul-<br />

len empfohlen. Erstaunlicherweise wur<strong>de</strong> die Frage, ob Riemen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Skullen <strong>für</strong> Frauen besser geeignet sei, weniger diskutiert als die Frage, ob<br />

Frauen überhaupt Rennen ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n sollten. Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n galt als körperlich<br />

anstrengen<strong><strong>de</strong>r</strong> und technisch anspruchsvoller und wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Herrenru-<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>ern <strong>für</strong> sich beansprucht. Aufgrund <strong>de</strong>s Mangels an Skullbooten lernten<br />

die meisten Frauen <strong>de</strong>nnoch das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in Riemenbooten. 1942 been<strong>de</strong>te<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DRV die Diskussion mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Verbot von Frauenrennen in Riemenbooten,<br />

was erst 1968 aufgehoben wur<strong>de</strong>.<br />

Nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg wur<strong>de</strong> das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>ut-<br />

schen Verbän<strong>de</strong>n unterschiedlich organisiert und geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Die Betreuung


Schlussbetrachtung 439<br />

sowie die Trainingsplanung und -steuerung <strong><strong>de</strong>r</strong> west<strong>de</strong>utschen National-<br />

mannschaftsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> war, verglichen mit <strong>de</strong>n Bemühungen <strong>de</strong>s DRSV,<br />

rückständig. Die Dominanz <strong><strong>de</strong>r</strong> ost<strong>de</strong>utschen Athletinnen trat 1957 erstmals<br />

<strong>de</strong>utlich zum Vorschein, als <strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV vier von fünf <strong>Aus</strong>scheidungsrennen<br />

gewann. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s am Beispiel <strong>de</strong>s Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns lassen sich die Unter-<br />

schie<strong>de</strong> aufzeigen. Bereits 1951 entschied die Fé<strong><strong>de</strong>r</strong>ation Internationale <strong>de</strong>s<br />

Sociétés d’Aviron, Frauenrennen im Achter und im Vierer mit Steuermann<br />

auszuschreiben. Dies führte zur konsequenten För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung dieser Bootsklas-<br />

sen durch <strong>de</strong>n DRSV, wohingegen <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV am Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n festhielt und sei-<br />

nen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen das Riemenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n untersagte. Der DRV verpasste damit die<br />

internationale Entwicklung in dieser Disziplin. Die medizinischen Vorurteile<br />

konnten über die Jahre ausgeräumt wer<strong>de</strong>n, allerdings sieht sich das Rie-<br />

menru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen bis heute ästhetischen Be<strong>de</strong>nken und Lästereien<br />

ausgesetzt.<br />

Um das einmal erreichte internationale Niveau zu halten, wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR<br />

das Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n bereits vom Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Jugendalter an konsequent ge-<br />

för<strong><strong>de</strong>r</strong>t, was sich im Seniorenbereich zielorientiert fortsetzte. Die <strong>Aus</strong>wahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Athletinnen wur<strong>de</strong> an genau festgelegten Kriterien gemessen. Damit verfügte<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> DRSV über ein großes Potenzial an Eliteru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen, die in allen Boots-<br />

klassen erfolgreich eingesetzt wer<strong>de</strong>n konnten. Der DRV hingegen sah sich<br />

in <strong>de</strong>n 60er und 70er Jahren mit einer Fluktuation unter <strong>de</strong>n Eliteru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

konfrontiert. Viele begannen zwar mit <strong><strong>de</strong>m</strong> Training, hörten aber auch häufig<br />

schnell wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf, da sie Beruf und Leistungssport nicht vereinbaren konn-<br />

ten. Erst in <strong>de</strong>n 80er Jahren konnten <strong>für</strong> das west<strong>de</strong>utsche Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

erste Professionalisierungsansätze verzeichnet wer<strong>de</strong>n. Der DRV stellte<br />

vermehrt Trainings- und Betreuungspersonal und investierte auch in frauen-<br />

spezifisches Bootsmaterial. Dies kam vor allen <strong>de</strong>n Leichtgewichtsru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen<br />

zu Gute: <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV war und ist seit <strong><strong>de</strong>r</strong> internationalen Einführung dieser Ge-<br />

wichtsklassenrennen erfolgreich.<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Wen<strong>de</strong> glie<strong><strong>de</strong>r</strong>te <strong><strong>de</strong>r</strong> DRV die DDR-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen in sein bestehen-<br />

<strong>de</strong>s Leistungssportsystem ein. Auf internationaler Ebene dominierte <strong><strong>de</strong>r</strong> Ver-<br />

band die 90er Jahre im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s die Skullerinnen waren<br />

sehr erfolgreich: <strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelvierer gilt bis heute als „die <strong>de</strong>utsche Domäne“.


Schlussbetrachtung 440<br />

Zusammenfassend kann <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leistungssport festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass<br />

Sportler und Trainer in <strong><strong>de</strong>r</strong> DDR instrumentalisiert wur<strong>de</strong>n, um die Überle-<br />

genheit <strong>de</strong>s Sozialismus gegenüber an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Gesellschaftsformen zu <strong>de</strong>-<br />

monstrieren. Die west<strong>de</strong>utschen Sportlerinnen müssen im Vergleich als<br />

„Hobbysportlerinnen“ bezeichnet wer<strong>de</strong>n, die neben <strong>Aus</strong>bildung und Beruf,<br />

<strong>de</strong>n Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport betrieben haben. Heute wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong> die Spitzenathletinnen<br />

För<strong><strong>de</strong>r</strong>mittel über die Deutsche Sporthilfe bei entsprechen<strong><strong>de</strong>r</strong> Ka<strong><strong>de</strong>r</strong>zugehö-<br />

rigkeit gestellt. Viele Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen sind auch Mitglied in einer <strong><strong>de</strong>r</strong> Sportför<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

gruppen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr.<br />

Nach 160 Jahren Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport in Deutschland, lagen und liegen Kontinuitäten<br />

und Brüche, Progression und Stagnation sowie Erfolg und Misserfolg häufig<br />

nah beieinan<strong><strong>de</strong>r</strong>. Daher kann nur spekuliert wer<strong>de</strong>n, welchen Kurs das Frau-<br />

enru<strong><strong>de</strong>r</strong>n im DRV einschlagen wird. Der Weg ist nicht so ein<strong>de</strong>utig vorge-<br />

zeichnet wie eine Regattabahn, aber das Ziel muss allen Beteiligten bewusst<br />

sein. Die Zeit <strong>für</strong> eine Frau als „Schlagmann“ scheint noch nicht gekommen<br />

zu sein.<br />

Ein Beispiel aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport illustriert die Situation: In Riemenbooten,<br />

zum Beispiel im Achter, gibt es neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlagposition auch <strong>de</strong>n so ge-<br />

nannten „Co-Schlagmann“. Er ist da<strong>für</strong> verantwortlich, die Vorgaben auf sei-<br />

ne Seite zu übertragen. Seine Funktion ist genauso be<strong>de</strong>utend wie die <strong>de</strong>s<br />

Schlagmannes: Gemeinsam geben sie Rhythmus, Takt und Schlagzahl vor.<br />

Aber auch das „Mittelschiff“ und <strong><strong>de</strong>r</strong> „Bug“ müssen ihre Aufgaben erfüllen,<br />

um einen Achter effizient und dynamisch fortzubewegen. Manchmal ist es<br />

aber erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich, persönliche Befindlichkeiten zugunsten <strong>de</strong>s Mannschafts-<br />

gedankens zurückzustellen.<br />

Eine <strong>de</strong>nkbare und in diesem Jahrzehnt auch realistische Option ist eine<br />

Frau als „Co-Schlagmann“ im DRV. Frauen und Männer haben diesen Sport<br />

sowie <strong>de</strong>n DRV auf unterschiedlichste Weise geprägt. Aber es bedarf mehr<br />

weiblicher Netzwerke, Frauen zu motivieren sowie praktisch und i<strong>de</strong>ell zu<br />

unterstützen, verantwortungsvolle Aufgaben in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbandsarbeit zu über-<br />

nehmen. Unbestritten ist jedoch, dass es Geduld und Zeit erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, beste-<br />

hen<strong>de</strong> Strukturen und Traditionen aufzubrechen. Nur gemeinsam können<br />

Ziele erreicht wer<strong>de</strong>n, um <strong>de</strong>n Verband in mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nes Fahrwasser zu steuern.


Literaturverzeichnis 441<br />

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1926<br />

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1982<br />

[ohne Verfasser], 75 Jahre Casseler Frauen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein, [o.O.]1988<br />

[ohne Verfasser], 70 Jahre LFRK – 1919-1989, [o.O.] 1989<br />

[ohne Verfasser], 75 Jahre Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub, [ o.O.], 1994<br />

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2007


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am 11. 1. 2009<br />

Unveröffentlichte Korrespon<strong>de</strong>nzen und Manuskripte<br />

BENECKE, Heida, Korrespon<strong>de</strong>nz an Helmut Griep am 24. 5. 2007, Privatbesitz<br />

Benecke<br />

BENECKE, Heida, Korrespon<strong>de</strong>nz an Helmut Griep am 23. 7. 2007, Privatbesitz<br />

Benecke<br />

BENECKE, Heida, Korrespon<strong>de</strong>nz an Siegfried Kai<strong>de</strong>l am 27. 5. 2008, Privatbesitz<br />

Benecke<br />

BENECKE, Heida, „Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsanträge zum Tagesordnungspunkt 3.1.1 <strong>de</strong>s 59.<br />

– außeror<strong>de</strong>ntlichen – <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tages“, Privatbesitz Hutmacher<br />

GRIEP, Helmut, Korrespon<strong>de</strong>nz an Heida Benecke am 28. 6. 2007, Privatbesitz<br />

Benecke<br />

KAIDEL, Siegfried, Korrespon<strong>de</strong>nz an Heida Benecke am 13. 6. 2008, Privatbesitz<br />

Benecke<br />

LOTZ, Henrik, Korrespon<strong>de</strong>nz an das DRSV-Präsidium am 5. 10. 1990, Privatbesitz<br />

Hutmacher<br />

LÖWENSTEIN, Walter, Re<strong>de</strong> auf <strong><strong>de</strong>m</strong> 57. Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag in Dres<strong>de</strong>n 2005, Privatbesitz<br />

Hutmacher<br />

SCHUMANN, Elfrie<strong>de</strong>, „Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>bestand“, Privatbesitz Hutmacher<br />

[ohne Verfasser], Notiz Besprechung Bittner/Ahlgrimm am 9. 7. 1990, (= Vorstandsinformation),<br />

Privatbesitz Hutmacher


Literaturverzeichnis 481<br />

[ohne Verfasser], „Zusammenfassung <strong>de</strong>s Gesprächs zwischen <strong><strong>de</strong>m</strong> Vorsitzen<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verban<strong>de</strong>s, Herrn Helmut Griep, und<br />

<strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Aus</strong>schuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n am 23. Oktober 2007 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschäftsstelle“,<br />

Privatbesitz Benecke<br />

[ohne Verfasser], „Vereinbarung <strong>für</strong> eine Zusammenarbeit zwischen DRV<br />

und DRSV“, [unveröffentlichtes Manuskript], Privatbesitz Hutmacher


Anhang 482<br />

13 Anhang<br />

Scheer’sche Richtertafel <strong>für</strong> Stilru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

Die Anwendung <strong><strong>de</strong>r</strong> Tafel auf Regatten:<br />

1. Die Reihenfolge <strong><strong>de</strong>r</strong> Übungen wird bei Wettbewerben nicht eingehal-<br />

ten.<br />

2. Zuschauer und Parteigänger sind von <strong>de</strong>n Preisrichtern fernzuhalten.<br />

3. Die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Preisrichter ist beliebig, am besten 3-5.<br />

4. Es wird immer nur eine Übung gerichtet; je<strong><strong>de</strong>r</strong> Preisrichter kann eine<br />

Übung richten.<br />

5. Für je<strong>de</strong> Übung ist eine Vorbeifahrt notwendig.<br />

6. Bei dieser Vorbeifahrt gibt <strong><strong>de</strong>r</strong> Preisrichter nach freiem Ermessen eine<br />

Note. Diese Note mit <strong><strong>de</strong>r</strong> zugehörigen Wertzahl multipliziert, ergibt die<br />

Punkte <strong>für</strong> die betreffen<strong>de</strong> Übung. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> Preisrichter stellt seine Ge-<br />

samt-Punktzahlen fest. Die Gesamt-Punktzahlen aller Preisrichter<br />

wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong> je<strong>de</strong>n Bewerber addiert und durch die Anzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Preis-<br />

richter geteilt. Das Resultat ist die offiziell erzielte Punktzahl.<br />

7. Höchst erreichbare Gesamt-Punktzahl: Für feste Sitze 80, <strong>für</strong> Rollsitze<br />

100.<br />

Wertungsbereiche<br />

Wertungsbereich Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Übung Wertzahl<br />

Riemenführung<br />

Riemenführung<br />

Riemenführung<br />

Einsatz<br />

Grobe Fehler:<br />

Lufthieb; Einhauen; Ru<strong><strong>de</strong>r</strong> fallen lassen<br />

Fehler:<br />

hoch durch die Luft; Pause vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Wasserfas-<br />

sen; zu tief; zu flach; ungleichmäßig<br />

Durchzug<br />

Grobe Fehler:<br />

nicht sofort anziehen; zu tief; zu flach (Wasser<br />

schaben)<br />

Fehler:<br />

nicht lang genug; ungleichmäßig tief<br />

Ungleichmäßig lang<br />

Schlusszug<br />

Grobe Fehler:<br />

unter Wasser scheren; nicht senkrecht ausheben;<br />

auswaschen; !Präsentierteller<br />

Fehler:<br />

hart ausheben: zu früh ausheben<br />

3<br />

2<br />

3


Anhang 483<br />

Riemenführung<br />

Körperarbeit<br />

Körperarbeit<br />

Körperarbeit<br />

Rollbahn<br />

Rollbahn<br />

Luftarbeit<br />

Fehler:<br />

zu hoch, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s vor <strong><strong>de</strong>m</strong> Einsetzen; ungleichmäßig<br />

hoch; Wasser schleifen; nach <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

Schlusszug nicht sofort scheren; ruckweise<br />

scheren<br />

Beispiel <strong>für</strong> eine Rangliste<br />

Boote<br />

Punkte<br />

Schiedsrichter<br />

Wasserfassen und Armzug<br />

Grobe Fehler:<br />

zu früh aufschwingen (bevor das Blatt Wasser<br />

gefasst hat); nicht sofort aufschwingen (wenn<br />

das Blatt Wasser gefasst hat); mit gekrümmten<br />

Armen Wasser fassen und nachträglich Arme<br />

strecken<br />

Fehler:<br />

Schultern hoch; eingezogener Kopf<br />

Durchzug und Schlusszug<br />

Grober Fehler:<br />

im Schlusszug über das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong> fallen<br />

Fehler:<br />

auf halber Rollbahn nicht senkrecht sitzen; zu<br />

wenig schwingen; Arme beugen, solange voller<br />

Druck auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Stemmbrett<br />

Hän<strong>de</strong> weg und Vorbeuge<br />

Grober Fehler:<br />

Hän<strong>de</strong> langsam weg; <strong>de</strong>n Körper nicht<br />

anwippen; bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbeuge ins Boot fallen;<br />

Fehler:<br />

schnell vorbeugen; gezwungene Haltung<br />

Beinarbeit<br />

Grober Fehler:<br />

Sitz zuerst wegtreten<br />

Fehler:<br />

Sitz zu spät wegtreten; ungleichmäßig treten<br />

Vorrollen<br />

Grober Fehler:<br />

sitzen bleiben, wenn Blatt aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Wasser<br />

Fehler:<br />

schnell vorrollen; Sitz anstoßen<br />

Punktsumme<br />

Rangplätze<br />

Schiedsrichter<br />

A B C A B C<br />

1<br />

3<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

Rangsumme Platz<br />

1 16 14 15 45 2 1 1 4 1<br />

2 20 13 14 47 1 2 2 5 2<br />

3 14 11 13 38 4 5 4 13 5<br />

4 15 12 12 39 3 3.5 4 10.5 3<br />

5 12 12 12 36 5 3.5 4 12.5 4


Anhang 484<br />

Selbstständige Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine und -abteilungen<br />

Die Darstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> selbstständigen Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine und Frauenabtei-<br />

lungen in Herrenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen von 1894 bis heute erhebt keinen Anspruch<br />

auf Vollständigkeit. Tatsache ist, dass sich nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zweiten Weltkrieg nur<br />

ein einziger Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein grün<strong>de</strong>te. Manche Vereine o<strong><strong>de</strong>r</strong> Abteilungen<br />

wer<strong>de</strong>n lediglich genannt, an<strong><strong>de</strong>r</strong>en kann ein Gründungsjahr zugewiesen<br />

wer<strong>de</strong>n. Trotz intensiver Recherche konnte diese Forschungslücke nicht ge-<br />

schlossen wer<strong>de</strong>n. 1925 existierten 37 Damenabteilungen, ein Jahr später<br />

bereits 69. 1939 kann von 475 Frauenabteilungen in Männerru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinen<br />

ausgegangen wer<strong>de</strong>n. Die Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereine wer<strong>de</strong>n ebenfalls auf-<br />

geführt.<br />

Deutsche Amazonenflotte 1894<br />

[Spreeclub] 1894<br />

Friedrichshagener Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club 1901<br />

Märkischer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein, Damenabteilung 1901<br />

Umbenennung in Berliner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club „Frigga“<br />

Berliner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein „Vorwärts“, Damenabteilung 1901<br />

Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Germania Leitmeritz, Damenabteilung 1904<br />

Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Gesellschaft 1907<br />

Berliner Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club „Frigga“ 1909<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund Berliner Lehrerinnen 1909<br />

Deutscher Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub, Berlin 1909<br />

Hamburger Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund 1909<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Kasseler Studienanstalt 1911<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Oberlyzeum Kassel 1912<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Oberlyzeum Bran<strong>de</strong>nburg 1912<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Han<strong>de</strong>ls- und Gewerbeschule Posen 1912<br />

Mädchenru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege <strong>de</strong>s Jung<strong>de</strong>utschlandbun<strong>de</strong>s, Berlin 1912<br />

Berliner Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club 1912<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Lyzeum Saarbrücken 1913<br />

Damen-Riege <strong>de</strong>s Guttempler RV, Berlin 1913<br />

Casseler Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein 1913<br />

Em<strong><strong>de</strong>r</strong> Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein 1913


Anhang 485<br />

1. Breslauer Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein „Cecilie“ 1914<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>abteilung RG „Wiking“ Leipzig 1914<br />

Mädchen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Berlin 1915<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Oberschule Berlin 1915<br />

Stu<strong>de</strong>ntinnen-Sport-Verein, Berlin 1915<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege II. Pflicht- und Wahlfortbildschule Berlin 1916<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Mariendorfer Lyzeum 1917<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund „Froh Volk“, Berlin 1917<br />

1. Mädchen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Riege Schöneberg 1917<br />

Dresdner Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein 1917<br />

Dresdner Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club 1918<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege <strong>de</strong>s Bran<strong>de</strong>nburger RK 1919<br />

Lübecker Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub 1919<br />

Danziger Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Bund 1919<br />

Berliner Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Geselllschaft „Löcknitz“ 1919<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Lyzeum Zehlendorf 1919<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Lyzeum Lichtenberg 1919<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Lyzeum Schöneberg 1919<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>abteilung <strong>de</strong>s TSV Höherer Mädchenschulen Spandau 1920<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Königin-Luisen-Schule Frie<strong>de</strong>nau 1921<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Gertrau<strong>de</strong>nschule Dahlem 1921<br />

Schülerinnenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Viktoria Luisen-Schule Wilmersdorf 1921<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege ehemaliger Schülerinnen <strong>de</strong>s Lyzeums Zehlendorf 1921<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege Studienanstalt Potsdam 1921<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>klub technischer Assistentinnen 1921<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub „Sport-Nixe“, Berlin 1921<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege „Dorothea“, Berlin 1921<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückertschule, Berlin 1922<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club 1923, Berlin 1923<br />

Schöneberger Mädchen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein 1924<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>abteilung <strong>de</strong>s Post-Sportvereins Berlin 1924<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club „Woglin<strong>de</strong>“, Berlin 1924<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Osnabrück 1924<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege ehemaliger Dorotheenschülerinnen, Berlin 1924


Anhang 486<br />

Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein Marienburg 1925<br />

2. Schöneberger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege 1924<br />

Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung 1925, Berlin 1925<br />

Hamburger Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club von 1925 1925<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club im Verband <strong><strong>de</strong>r</strong> weiblichen Han<strong>de</strong>ls- und Büro- 1925<br />

Angestellten Berlin<br />

Mag<strong>de</strong>burger Frauen-Verein 1926<br />

Schöneberger Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club 1926<br />

Schöneberger Mädchenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein 1926<br />

Marienburger Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein 1926<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein-Hameln 1926<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege Heinrich-Kleist-Schule, Frankfurt a.d.O. 1926<br />

Karlsruher Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein 1926<br />

Stettiner Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein 1927<br />

Stettiner Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein „Reichspost“ 1927<br />

Märkische Wassersport-Vereinigung, Berlin 1927<br />

Aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ischer Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub Universität zu Köln 1927<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>bund Jung-Volk, Lübeck 1927<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege <strong><strong>de</strong>r</strong> Ernestinnenschule, Lübeck 1927<br />

Cöpenicker Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club 1927<br />

Königsberger Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein 1927<br />

Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein „Freiweg“ Frankfurt a. M. 1927<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>riege „Walküre“, Berlin 1927<br />

Oberlyzeal-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>klub „Ravensberg“, Kiel 1928<br />

Mainzer Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung 1928 1928<br />

Damenru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Klub Flensburg 1928<br />

1. Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>club Hannover 1928<br />

Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein „Blocksberg“, Kiel 1929<br />

Hamburger Schülerinnen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein 1930<br />

Verein Bremer Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen von 1930 1930<br />

Kieler Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>klub 1931<br />

Düsseldorfer Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein 1931<br />

Hil<strong>de</strong>sheimer Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>klub 1932<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein ehemaliger Schülerinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückertschule, Berlin 1933


Anhang 487<br />

Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>gemeinschaft Elbing 1935<br />

Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Ostero<strong>de</strong> 1937<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen-Club Dres<strong>de</strong>nia 1938<br />

Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein Wien 1938<br />

Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club Wannsee 1947<br />

Die folgen<strong>de</strong>n Vereine wer<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Literatur genannt, können aber nicht<br />

datiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Schülerinnen RV „Wannsee“ am Stölpchensee<br />

Damen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Abteilung <strong>de</strong>s Postsport-Vereins Köln<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Club Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>schönewei<strong>de</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein „Deutsch-Krone“<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Abteilung <strong><strong>de</strong>r</strong> Darmstädter und Nationalbank<br />

Aka<strong><strong>de</strong>m</strong>ische Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>schaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Universität Leipzig (Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>verein)<br />

Frauen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verein <strong><strong>de</strong>r</strong> Berliner Gaswerke


Anhang 488<br />

Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plan<br />

Mitarbeit von Frauen im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband<br />

1. Frauen in Gremien<br />

In alle ehrenamtlichen Gremien, einschließlich <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s, sollen Frauen gewählt bzw. berufen<br />

wer<strong>de</strong>n. Soweit Frauen nicht vertreten sind, ist dieses zu begrün<strong>de</strong>n.<br />

2. Vertretung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen/Mitwirkung bei Besetzung<br />

Die in Gremien <strong>de</strong>s DRV mitwirken<strong>de</strong>n Frauen bzw. ein von ihnen gebil<strong>de</strong>ter <strong>Aus</strong>schuss (<strong>Aus</strong>schuss<br />

Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n) berät und vertritt die Belange <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns. Er wird bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Besetzung<br />

von Positionen und Gremien beteiligt und kann Vorschläge hierzu machen. Der <strong>Aus</strong>schuss<br />

wird einem Mitglied <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s zugeordnet. Der <strong>Aus</strong>schuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n wird über Entscheidungen<br />

<strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s unterrichtet.<br />

3. Besetzung von Positionen<br />

Bei gleichwertiger Eignung <strong>für</strong> eine Funktion sollen Frauen in Gremien, in <strong>de</strong>nen sie unterrepräsentiert<br />

sind, bevorzugt berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />

4. Einbindung in die Geschäftsstelle<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschäftsstelle <strong>de</strong>s DRV soll ein/e Mitarbeiter/in mit Fragen <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenarbeit betraut wer<strong>de</strong>n.<br />

5. Berücksichtigung frauenspezifischer Aspekte<br />

Bei Symposien, Arbeitstagungen, Arbeitskreisen usw. sollen Themen <strong>de</strong>s Sports von/<strong>für</strong> Frauen<br />

angemessen berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />

6. Leitung und Durchführung von Veranstaltungen<br />

Frauen wer<strong>de</strong>n als Referentinnen, Diskussionsleiterinnen, Tagungsleiterinnen,<br />

Lehrgangsleiterinnen und <strong>für</strong> ähnliche Aufgaben verstärkt eingesetzt.<br />

7. Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einstieg<br />

Zu Frauen, die aus beruflichen/familiären Grün<strong>de</strong>n ihre ehrenamtliche Mitarbeit unterbrochen<br />

haben, wird vom <strong>Aus</strong>schuss Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Kontakt aufrecht erhalten. Sie wer<strong>de</strong>n regelmäßig<br />

unformiert, zu Veranstaltungen eingela<strong>de</strong>n und <strong>für</strong> einzelne Aufgaben angesprochen, damit ihnen<br />

ein Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einstieg ermöglicht wird.<br />

8. Patenschaften<br />

Für Frauen, die neue Positionen übernehmen, wer<strong>de</strong>n Patenschaften von bereits länger mitarbeiten<strong>de</strong>n<br />

Frauen/Männern zum Erfahrungsaustausch und zur Hilfestellung bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Einarbeitung<br />

organisiert.<br />

9. Wissenschaftliche Forschung<br />

Der Vorstand und seine Gremien unterstützen weiterführen<strong>de</strong> wissenschaftliche Analysen <strong>für</strong> alle<br />

Bereiche im Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>n, sowie <strong><strong>de</strong>r</strong>en Umsetzung.<br />

10. Sprache<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Formulierung von Satzungen, Ordnungen, Regelwerken, Grundsatzerklärungen, Veröffentlichungen,<br />

Berichten usw. wird jeweils die weibliche und männliche bzw. neutrale Sprachform<br />

verwen<strong>de</strong>t.<br />

11. Ehrungen<br />

Frauen wer<strong>de</strong>n bei Ehrungen und <strong>Aus</strong>zeichnungen in gleicher Weise berücksichtigt wie Männer.<br />

12. Bildungsarbeit<br />

Um die Qualifikation, Kompetenz und Interessen von Mädchen und Frauen zu berücksichtigen,<br />

wer<strong>de</strong>n Bildungsangebote entwickelt.<br />

13. Mitarbeit von Leistungssportlerinnen<br />

Leistungssportlerinnen sollen gegen En<strong>de</strong> ihrer aktiven Laufbahn <strong>für</strong> eine Mitarbeit im Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport<br />

auf allen Ebenen geworben wer<strong>de</strong>n.<br />

14. Entlastung durch Aufgabenteilung<br />

Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Satzung sollen sachlich gebotenen Möglichkeiten einer Reduzierung von Arbeitsbelastung<br />

durch Aufgabenteilung genutzt, Ämterhäufungen vermie<strong>de</strong>n bzw. abgebaut wer<strong>de</strong>n.<br />

15. Erfolgskontrollen<br />

Verantwortlich <strong>für</strong> die Umsetzung und die Fortschreibung <strong>de</strong>s Frauenför<strong><strong>de</strong>r</strong>plans ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstand.<br />

Über Durchführung und Ergebnisse <strong>de</strong>s Plans wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorstand jeweils am Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag berichten.<br />

(Beschlossen auf <strong><strong>de</strong>m</strong> 49. <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1990. Eingearbeitete Ergänzungen beschlossen<br />

auf <strong><strong>de</strong>m</strong> 53. <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>tag 1997).


Lebenslauf<br />

Lebenslauf<br />

Name: Anne Hutmacher<br />

Geburtsdatum: 12. August 1974<br />

Geburtsort: Lingen/Ems<br />

Staatsangehörigkeit: <strong>de</strong>utsch<br />

Familienstand: ledig<br />

Schule<br />

1987-1994 Gymnasium Johanneum Lingen/Ems<br />

Hochschule<br />

1995-2001 Deutsche Sporthochschule Köln, Lehramtsstudium Sport-<br />

wissenschaft Sek. II und I<br />

1995-2001 Universität zu Köln, Lehramtsstudium Englisch Sek. II und I<br />

2005-2010 Promotionsstudium an <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Deutschen</strong> Sporthochschule Köln<br />

Beruf<br />

2002-2004 Referendariat Studienseminar Gummersbach<br />

seit April 2004<br />

Studienrätin am Albertus-Magnus-Gymnasium, Köln<br />

Köln, Juni 2010 ___________________<br />

Anne Hutmacher


Abstract<br />

Zusammenfassung<br />

Obwohl es zu Beginn <strong>de</strong>s 21. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts eine Selbstverständlichkeit sein<br />

sollte, dass Frauen und Männer in allen gesellschaftlichen Bereichen gleich-<br />

gestellt sind, suggeriert das „Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauen im Sport“ 2010 unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Mot-<br />

to „Frauen Gewinnen!“, dass dieser Prozess noch nicht abgeschlossen ist.<br />

Auch im <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, <strong><strong>de</strong>m</strong> ältesten <strong>de</strong>utschen Sportfachver-<br />

band, wird dieser lange Kampf um Anerkennung und Gleichberechtigung<br />

ersichtlich.<br />

Der Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport galt lange als „gentleman“-Sport, <strong><strong>de</strong>r</strong> mit Attributen wie Kraft,<br />

<strong>Aus</strong>dauer, Stärke und Männlichkeit assoziiert wur<strong>de</strong>. Der Deutsche Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-<br />

verband hemmte durch seine Einstellung und das Festhalten an tradierten<br />

Wertvorstellungen die Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns erheblich. Medizini-<br />

sche und ästhetische Vorurteile sowie gesellschaftliche Vorbehalte erschwer-<br />

ten <strong>de</strong>n Sportlerinnen <strong>de</strong>n Zugang zu dieser Sportart erheblich. Dabei<br />

datieren die ersten Versuche von Frauen auf das Jahr 1884, als die Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>in-<br />

nen mit „Rock und Riemen“ in viel zu schweren Booten das Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n aufnah-<br />

men. Anfänglich betrieben nur Frauen <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberschicht <strong>de</strong>n Sport: Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

war ihnen Mittel zum Zweck, um sich sportlich in einem abgegrenzten, ge-<br />

sellschaftlichen Umfeld zu betätigen. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> immer größer wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Zahl<br />

an Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen wuchs allerdings auch das Bedürfnis nach geeigneten Ver-<br />

gleichsmöglichkeiten im Wettkampfbereich, so dass bereits Anfang <strong>de</strong>s 20.<br />

Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts erste Regatten im Stil- und Rennru<strong><strong>de</strong>r</strong>n abgehalten wur<strong>de</strong>n. Mit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Gründung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong> Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verban<strong>de</strong>s wur<strong>de</strong> 1919 eine<br />

überregionale Dachorganisation geschaffen, die sich um die Belange <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>innen kümmerte.<br />

Neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Darstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> historischen Entwicklung <strong>de</strong>s Frauenru<strong><strong>de</strong>r</strong>ns wird<br />

<strong>de</strong>s Weiteren eine Einordnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage <strong>de</strong>s Selbstverständnisses <strong>de</strong>s<br />

<strong>de</strong>utschen Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sports und die Partizipation von Frauen vor 1945 sowie die<br />

Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau in Ost- und West<strong>de</strong>utschland in <strong>de</strong>n politischen und sozialge-<br />

schichtlichen Kontext vorgenommen. Die staatliche Teilung nach <strong><strong>de</strong>m</strong> Zwei-<br />

ten Weltkrieg be<strong>de</strong>utete <strong>für</strong> bei<strong>de</strong> <strong>de</strong>utschen Verbän<strong>de</strong> eine Forcierung <strong>de</strong>s<br />

Leistungssports im Kampf <strong><strong>de</strong>r</strong> Systeme. Der Blick auf die Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Frau im<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport ver<strong>de</strong>utlicht die unterschiedliche Frauenpolitik im Bereich <strong>de</strong>s<br />

Sports und fasst die sportlichen Ergebnisse bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Verbän<strong>de</strong> in einer verglei-


Abstract<br />

chen<strong>de</strong>n Leistungsbilanz zusammen. Im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>vereinigung lösten<br />

sich die ost<strong>de</strong>utschen Vereine auf und traten nach Auflösung <strong>de</strong>s <strong>Deutschen</strong><br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Sport-Verban<strong>de</strong>s <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband bei.<br />

Nach 160 Jahren Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>sport in Deutschland lagen und liegen Kontinuitäten<br />

und Brüche, Progression und Stagnation sowie Erfolg und Misserfolg häufig<br />

nah beieinan<strong><strong>de</strong>r</strong>. Diese sporthistorische Untersuchung vermag <strong>de</strong>n bisheri-<br />

gen Weg nachzeichnen, kann aber keine Prognose da<strong>für</strong> geben, wann im<br />

<strong>Deutschen</strong> Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband die Zeit <strong>für</strong> eine „Schlagfrau“ kommen wird.<br />

Abstract<br />

At the beginning of the 21 st century it should be assumed as a matter of<br />

course that women have equal rights and chances in society. However, 2010<br />

was <strong>de</strong>clared to be the year of “women in sports” in Germany: they were ap-<br />

proached to commit themselves to lea<strong><strong>de</strong>r</strong>ship. The slogan of the campaign<br />

(“Winning women!”) proves that the quest for gen<strong><strong>de</strong>r</strong> equity has not been<br />

accomplished yet. The history of the German Rowing Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>ation (Deutscher<br />

Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband) can be consi<strong><strong>de</strong>r</strong>ed as an example of the long struggle of<br />

women for recognition and equality.<br />

Rowing used to be known as a “gentleman-sports” which has commonly<br />

been associated with power, endurance, strength and manliness. The<br />

Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband impe<strong>de</strong>d the <strong>de</strong>velopment of women’s rowing in<br />

Germany due to its attitu<strong>de</strong> and maintenance of traditions. Although the first<br />

attempts of women in rowing boats were taken in 1884, it took a long time for<br />

oarswomen to overcome medical and aesthetic prejudices and beliefs. In the<br />

beginning of women’s rowing in Germany only ladies of the upper-class ex-<br />

perienced this sports. However, their predominant interest was to interact<br />

and socialise within their own class and they were not seriously interested in<br />

exerting physical efforts. As the number of oarswomen grew, many wanted to<br />

compete in regattas so the German Ladies Rowing Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>ation (Deutscher<br />

Damen-Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>-Verband) was foun<strong>de</strong>d in or<strong><strong>de</strong>r</strong> to organize competitions with<br />

regard to rules and regulations.<br />

The thesis focuses on the historical <strong>de</strong>velopment of women’s rowing on the<br />

one hand, and the role of women in society and sports on the other hand. It<br />

is necessary to differentiate the further <strong>de</strong>velopment in East and West Ger-


Abstract<br />

many as the division following the Second World War led to intensified state<br />

interest in top level sports as it served for the comparisons of both political<br />

systems. Hence, the role of women in top level sports in both countries is<br />

analysed accordingly.<br />

160 years of women’s rowing in Germany have revealed progression and<br />

success as well as stagnation and failure. This historical <strong>de</strong>velopment has<br />

left its traces within the Deutscher Ru<strong><strong>de</strong>r</strong>verband, however, it remains unpre-<br />

dictable to say how long it will take until the ol<strong>de</strong>st German sport fe<strong><strong>de</strong>r</strong>ation<br />

will be “stroked” by a woman.


Allzeit gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unter <strong><strong>de</strong>m</strong> Kiel.

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