Ringelreih | #46 | August-September 2020

30 Betreut und gefördert
10 Jahre Waldkindergarten Brensbach
Aufwachsen mit der Natur
Betreut und gefördert
Ringelreih 2020 · 46
Heute ist mal ein richtiger Regentag.
In Bindfäden strömt das Nass vom
Himmel herunter. Ein Wetter, bei
dem niemand freiwillig nach draußen
geht. Wirklich niemand? Doch! Die
Waldfüchse tummeln sich auch heute
oben im Brensbacher Hinterwald.
Für sie könnte das Wetter optimaler nicht
sein. Denn am Wegesrand hat sich zwischen
Tannennadeln, Laub und Schlamm ein kleines
Bächlein gebildet. Drei, vier Jungs nehmen Anlauf
und springen – wusch! – mit Karacho und
Geschrei in die Matschepampe. Ihre Regenanzüge
triefen, ihre Wangen sind rot vor Eifer: Es
ist einfach ein perfekter Tag im Waldkindergarten
Brensbach.
Gegründet haben ihn zwei Freundinnen vor
genau zehn Jahren. Anke Lampert-Dölp und
Elena Kohler hatten damals selbst kleine
Kinder. Lampert-Dölp hatte zuvor bereits eine
Waldspielgruppe für ganz Kleine auf die Beine
gestellt, und war vom waldpädagogischen
Konzept fasziniert. Als die Kinder größer wurden,
wollten die beiden Mütter ein weiterführendes,
alternatives Kita-Angebot schaffen –
die „Brensbacher Waldfüchse“ waren geboren.
Mittlerweile wurde das Angebot sogar auf vier
Gruppen für Kinder von einem bis zwölf Jahre
erweitert.
Freiheit und Veränderung
erleben
„Es ist immer wieder so
schön, die Kinder da draußen
zu erleben“, sagt Anke Lampert-Dölp. Die
schlanke, hellblonde Frau steckt in robuster
Outdoor-Kleidung, die bereits einige Matschflecken
abbekommen hat: „Bei uns ist alles
sehr frei und offen“. Die Erzieherin ist überzeugt:
Die intensiven Erlebnisse in der Natur
fördern die körperliche, motorische und auch
die geistige Entwicklung. Im Wald erleben die
Kinder den Rhythmus der Natur ganz bewusst.
„Hier lernen die Kinder
auch, mit Veränderungen
umzugehen“,
erklärt sie. „Denn im
Wald ist jeder Tag anders.
Das, was ein Kind
gebaut hat, sieht am
nächsten Tag vielleicht
ganz anders aus.“
Der Waldtag: im Reich der Phantasie
Beim gemeinsamen Morgenkreis geht’s los.
Gemeinsam wird auch gefrühstückt und es gibt
einen Schlusskreis. Dazwischen ist Freispiel
angesagt. Das sei ganz wichtig. „Die Kinder
spielen zwar in Sichtnähe, können sich aber
im Wald ausbreiten und ihre Nischen suchen“,
so Lampert-Dölp. „Mir gefällt es am Eichhörnchenplatz
am besten“, sagt die kleine Charlotta,
der die rote Regenjacke am Körper klebt,
„Und am Brünnchenplatz können wir prima
am Brunnen planschen.“ „Also, ich finds hier
am schönsten“ ruft da Mats und zack, springt
er wieder rein in die Pfütze, sodass es in alle
Richtungen spritzt. Und wenn’s nicht regnet?
Fotos: © Natalie Frank
Fotos: © Natalie Frank