Einleitung - Österreichische Nationalbibliothek
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<strong>Einleitung</strong> ÖSTERREICHISCHE LITERATURZEITSCHRIFTEN 1945–1990<br />
http://www.onb.ac.at/oe-literaturzeitschriften<br />
wieder eine alte war. 18 Literarische Weiterentwicklung wurde zu einer Sache, die vorerst im<br />
Verborgenen stattfand – ja manchmal im tatsächlichen Wortsinn „im Keller“. 19<br />
2.2. Die 1950er Jahre<br />
▲ Zum Anfang des Dokuments<br />
„JUGEND spricht zur JUGEND!“ 20 war im siebzehnten Heft des Jahrgangs 1946/47 im<br />
Mitteilungsblatt des „Theaters der Jugend“ (später „neue wege“; 1945–1988) zu lesen, ein<br />
folgenreicher Einschnitt, der für die Entwicklung der Nachwuchsschriftsteller(innen)<br />
insbesondere der 1950er Jahre prägend war. Das „Theater der Jugend“ hatte bald nach dem<br />
Krieg versucht, sich mit seiner Zielgruppe ins Einvernehmen zu setzen, indem es zur<br />
Meinungsäußerung eingeladen hatte. Zurück kam – und damit ist das „Theater der Jugend“<br />
ein soziologisches Biotop für die Stimmung nach dem Zweiten Weltkrieg – vor allem eine<br />
Resonanz: Kultur ist wichtig, bietet im bisher festgelegten Rahmen aber kaum handhabbare<br />
Hilfe im unsicheren Nachkriegsalltag. Exemplarisch für die Stimmung ist folgende<br />
Stellungnahme:<br />
Dann sagen Sie [die Vertreter des „Theaters der Jugend“; Anm. d. Verf.], wir sollen nicht nach dem<br />
„Zeitstück“ schreien. Odysseus war auch schon Heimkehrer wie wir, und die gute Schwester Antigone<br />
hat genau so für das Menschenrecht gekämpft, wie wir es sollten. Zugegeben! Nur, daß wir uns separat<br />
noch mit ganz eigenen Problemen herumzuschlagen haben. Unsere Schwestern nämlich außerdem mit<br />
dem Elend, wie sie sich Geld für Brot und Schuhe verdienen, und daß die meisten von ihnen nie einen<br />
Mann haben werden, weil die jungen Männer tot sind. Und wir – wie wir noch einen Platz zu leben finden<br />
in dem hinterlassenen Chaos – und wo – und wann.<br />
Ist unsere Not so bagatellmäßig gering, daß sie nicht auf die Bühne gebracht werden kann? Werden dort<br />
nur patentiert „ewige“ Konflikte zugelassen? 21<br />
Das „Theater der Jugend“ hatte mit seinem Aufruf ins Wespennest gestochen. Die direkte<br />
Ansprache an die Nachwuchsgeneration fand derartigen Anklang, dass „Jugend spricht zur<br />
18<br />
Es war keineswegs nur das wachsende Desinteresse an der internationalen Literatur, das bereits vor der<br />
Einstellung der „Europäischen Rundschau“ das markante Verschwinden von Zeitschriften ab 1947 (vgl. Abb. 5)<br />
verursachte. Eine wichtige Rolle spielten vielmehr die Währungsreform und die bereits erwähnte kritische<br />
Wirtschaftslage (vgl. dazu auch das im Kap. 4.1. behandelte Ende des „PLAN“).<br />
19<br />
Vgl. Im Keller. Der Untergrund des literarischen Aufbruchs um 1950. Hg. von Evelyne Polt-Heinzl u. Daniela<br />
Strigl. Wien: Sonderzahl 2006.<br />
20<br />
Vgl. Jugend spricht zur Jugend! In: Theater der Jugend 2 (1946/47), H. 17, S. 3.<br />
21<br />
Theater der Jugend 2 (1946/47), H. 16, S. [1].<br />
16