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Einleitung - Österreichische Nationalbibliothek

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<strong>Einleitung</strong> ÖSTERREICHISCHE LITERATURZEITSCHRIFTEN 1945–1990<br />

http://www.onb.ac.at/oe-literaturzeitschriften<br />

junge Autor(inn)en wie Jeannie Ebner und Herbert Eisenreich veröffentlichte. Und auch die<br />

„neue generation“ (1950–1965), der Nachfolger des „strom“ (1945–1949), stand z. B. Jandl<br />

und Elfriede Gerstl für vereinzelte Abdrucke offen, richtete sich aber dann doch mehr an der<br />

Linie Herbert Eisenreichs aus, der gegen Ende der 1950er Jahre in der Zeitschrift „Die<br />

österreichischen Blätter“ (1957–1958) Heimito von Doderer oder Albert Gütersloh zu den<br />

Leitfiguren für junge Autor(inn)en erklärte.<br />

Nach dem Ende der „Entnazifizierung“ 1949 dauerte es nicht lange, ehe 1953 mit dem<br />

wiederbelebten „Eckartboten“ eine ausgesprochen revisionistische, später rechtsextreme und<br />

teils neonazistische Kulturzeitschrift erschien. Neben einer Unzahl teils schwer belasteter<br />

Literat(inn)en veröffentlichten hier aber auch Schriftsteller(innen) wie Christine Busta 29 und<br />

Franz Kießling, die damit wenig Sensibilität für ihr publizistisches Umfeld bewiesen. Die Re-<br />

Integration früherer Nationalsozialist(inn)en lässt sich auch in „Mein DBG-Buch“ (1953–<br />

1964) beobachten, der Kundenzeitschrift der „Deutschen Buchgemeinschaft Wien“.<br />

Am repräsentativsten für die Literatur der 1950er Jahre war zweifellos „Wort in der Zeit“<br />

(1955–1966), nicht zuletzt weil der Herausgeber Rudolf Henz (ein ehemaliger Austrofaschist)<br />

sich genau dieses Ziel gesetzt hatte. Aus seiner programmatischen Eröffnung soll hier zitiert<br />

werden, waren die darin angesprochenen Eckpunkte doch nicht nur für den Nachfolger<br />

„Literatur und Kritik“ (seit 1966), sondern auch für eine ganze Reihe späterer<br />

Zeitschriftengründungen maßgeblich, indem sie in Teilen oder fast deckungsgleich in die<br />

jeweiligen Programmatiken übernommen wurden.<br />

Wenn wir uns aber in unserer neuen Zeitschrift Österreich in den Vordergrund stellen, dann wollen wir<br />

uns damit weder einengen noch absondern. Wenn wir Österreich sagen, dann denken wir geistig Europa<br />

mit, so wie wir es seit Jahrhunderten gewohnt sind. Wir wollen auch in dieser Monatsschrift die Tür<br />

weit offen halten und alles Gute einlassen, aber es wäre sinnlos und überflüssig, aus der<br />

österreichischen Dichtung nur herauszustellen, was einem verwaschenen Allerweltsgeschmack<br />

entspricht. Nur wenn wir, auf die Qualität und Lauterkeit des Strebens bedacht, unsere besten Autoren<br />

herausstellen in ihrer Eigenart und Besonderheit, dienen wir damit auch dem europäischen Schrifttum.<br />

Daß wir in „Wort in der Zeit“ sowohl bei den Gesamtdarstellungen einzelner Autoren als auch im<br />

kritischen Teil vor allem jenen Werken nachspüren werden, in denen unsere Zeit Gestalt und Form<br />

wird, ist genau so selbstverständlich, wie daß wir dem literarischen Nachwuchs unsere besondere<br />

Aufmerksamkeit widmen werden, wobei es für uns gleichgültig ist, ob das echte Talent aus dieser oder<br />

jener Gruppe kommt. 30<br />

29 Die sich nach dem Krieg (in der Nähe der Sozialdemokratie) liberal gebende Busta stellte ihre<br />

Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zwar vor allem anhand des Aspektes „Schuld“ dar,<br />

unterschlug dabei jedoch auch ihre eigenen Verwicklungen (vgl. dazu Annette Steinsiek, Ursula A. Schneider:<br />

Schuld und Schreiben, Trauer und Tröstung, Pan und „Plan“. Der Nachlaß Christine Bustas und seine<br />

Perspektiven für die Forschung. In: Christine Busta. Texte und Materialien. Hg. von Michael Hansel. Wien:<br />

Sonderzahl 2008, S. 160–196).<br />

30 Rudolf Henz: Vorwort des Herausgebers. In: Wort in der Zeit 1 (1955), H. 1, S. 2.<br />

20

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