Einleitung - Österreichische Nationalbibliothek
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<strong>Einleitung</strong> ÖSTERREICHISCHE LITERATURZEITSCHRIFTEN 1945–1990<br />
http://www.onb.ac.at/oe-literaturzeitschriften<br />
3. Durch die Regionen<br />
Bundesländeranalysen sind vor allem der Gefahr ausgesetzt, dass Ortsangaben zwangsläufig<br />
einer regionalen oder gar provinziellen Ausrichtung zugesprochen werden. Während die<br />
Bundeshauptstadt Wien mit ihrem reichhaltigen und komplexen (hier nicht im Detail<br />
analysierten, da immer wieder im Gesamtkontext berücksichtigten) Angebot und ihrem<br />
eindeutigen Anspruch als österreichische Metropole kaum hinterfragt wird, scheint man bei<br />
Analysen der anderen Bundesländer allzu rasch verleitet, regionale Besonderheiten<br />
auszumachen. Dass dem nicht so ist und dass z. B. vor allem die Avantgarde nicht<br />
zwangsläufig an Wien gebunden ist, beweisen die Grazer „manuskripte“ (ab 1960) seit fünf<br />
Dezennien, zeigte Heimrad Bäcker mit den „neuen texten“ (1968–1991) in Linz oder „das<br />
pult“ (1968–1985) in Niederösterreich über Jahre, demonstrierten aber auch kleinste Periodika<br />
wie die „edition 62“ (1962–1963, Maria Saal und Klagenfurt) oder die „ansichten“ (1964–<br />
1965) in Innsbruck.<br />
Nichtdestotrotz gibt es die andere Seite – die regionalen, oft an der geographischen Peripherie<br />
gelegenen, mehr oder weniger der Heimatliteratur verpflichteten Periodika. Und es gibt sie in<br />
jedem Bundesland. Besonders Zeitschriften regionaler Literaturvereine und -verbände, auch<br />
kleinster Kreise und Zirkel, wollen ihrer Heimatregion ein literarisches Gesicht, einen eigenen<br />
literarischen Glanz verleihen und verfallen dabei vielfach einer allzu engen und flachen<br />
Ausrichtung. Doch unabhängig von qualitativen oder gar geschmäcklerischen Wertungen<br />
haben diese Periodika ihre Berechtigung und sind vor allem für einen Blick auf das gesamte<br />
literarische Feld Österreichs wichtig. Dabei ist es auch erstaunlich, wie viele dieser<br />
Zeitschriften auf private Initiativen zurückgehen, gleichsam Hobby eines Einzelnen oder<br />
kleiner Gruppierungen waren – wenngleich dieser individuelle Impuls der<br />
Zeitschriftenlandschaft per se eingeschrieben ist, und viele Periodika sich nur dem ungemein<br />
motivierten Einsatz von Einzelpersonen verdanken. Deren Engagement darf auf rein<br />
regionaler Ebene nicht unterschätzt werden, wie zum Beispiel der Literaturkreis Kapfenberg<br />
mit seiner Zeitschrift „Reibeisen“ (seit 1983), wo man sich immerhin auch auf die in<br />
Kapfenberg geborenen Schriftsteller(innen) wie Michael Scharang, Hannelore Valencak und<br />
Herbert Zinkl berufen konnte. Man denke aber auch an die hektographierten „publikationen<br />
einer wiener gruppe junger autoren“ (1951–1957), die heute zweifellos zu den wichtigsten<br />
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