Einleitung - Österreichische Nationalbibliothek
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<strong>Einleitung</strong> ÖSTERREICHISCHE LITERATURZEITSCHRIFTEN 1945–1990<br />
http://www.onb.ac.at/oe-literaturzeitschriften<br />
obwohl Niederösterreich mit St. Pölten eine vergleichsweise wenig pulsierende Metropole<br />
hat(te), entwickelten sich gerade hier Ende der 1960er und zu Beginn der 1970er Jahre zwei<br />
äußerst beständige und über die Landesgrenze hinaus einflussreiche Periodika, nämlich „das<br />
pult“ (1968–1985) und das „Podium“ (seit 1971).<br />
Während die Gründung des „Podium“ auf die Initiative des Literaturkreises Podium im<br />
Schloss Neulengbach und vor allem auf das starke Triumvirat Alfred Gesswein, Wilhelm<br />
Szabo und Alois Vogel zurückgeht, kann als eigentlicher Motor des „pults“ – trotz der<br />
Mitverantwortung von Peter Barech und Dieter Parzer – Klaus Sandler angesehen werden.<br />
Abb. 14: Das letzte Heft des<br />
„pult“ (Nr. 74), das dem<br />
Andenken Klaus Sandlers<br />
gewidmet war.<br />
Die ersten Hefte des „pults“, die von den Verantwortlichen selbst<br />
später nicht in die Jahrgangszählung aufgenommen wurden,<br />
hatten vorwiegend experimentellen Charakter und wurden<br />
hauptsächlich von den Redaktionsmitgliedern gefüllt. Doch bald<br />
entwickelte sich die Zeitschrift – mitunter in verschieden<br />
gewichteten Phasen – zu einem wichtigen Treffpunkt sowohl für<br />
die Avantgarde als auch für junge Autor(inn)en. Neben H.C.<br />
Artmann, Heimrad Bäcker, Raoul Hausmann und Ernst Jandl<br />
fanden sich bald z. B. Manfred Chobot, Alois Eder, Marianne<br />
Gruber, Peter Henisch und Heidi Pataki ein. Auffallend dabei ist<br />
allerdings, dass sich mit wenigen Ausnahmen (vor allem den<br />
Redaktionsmitgliedern) kaum Stammautor(inn)en etablierten. Es<br />
dominierte Vielstimmigkeit. Mit dem Tod Sandlers 1985 stellte<br />
„das pult“ das Erscheinen ein. Die Zeitschrift sollte sein Lebenswerk und gleichzeitig<br />
Denkmal sein (vgl. Abb. 14).<br />
Weniger Interesse an avantgardistischen Bestrebungen als „das pult“ zeigte das „Podium“.<br />
Dessen Stoßrichtung zielte vielmehr auf eine Distanzierung von ehemals nationalsozialistisch<br />
belasteten Schriftsteller(inne)n, die damals nach wie vor im „Niederösterreichischen<br />
Bildungs- und Heimatwerk, Arbeitsgemeinschaft Literatur“ aktiv waren. In den Worten Alois<br />
Vogels:<br />
Es muß Ende der sechziger Jahre gewesen sein, als er [Wilhelm Szabo, Anm. d. Verf.] mich ansprach und<br />
fragte, ob wir nicht gemeinsam eine Gruppe niederösterreichischer Autoren sammeln sollten, die nicht,<br />
wie viele der damals im Heimatwerk Vereinten, von der Vergangenheit, also dem NS-Regime, irgendwie<br />
belastet waren. 43<br />
43 Alois Vogel: 25 Jahre Literaturkreis PODIUM. In: Podium (1996), H. 100, S. 2–5, hier S. 2.<br />
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