22.12.2012 Aufrufe

Einleitung - Österreichische Nationalbibliothek

Einleitung - Österreichische Nationalbibliothek

Einleitung - Österreichische Nationalbibliothek

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Einleitung</strong> ÖSTERREICHISCHE LITERATURZEITSCHRIFTEN 1945–1990<br />

http://www.onb.ac.at/oe-literaturzeitschriften<br />

das zweite Heft stellte sie auf die Probe: Fussenegger lehnte den Titel des „Scheiss-<br />

Gedichtes“ von Gerald Bisinger ab, das Bäcker vorgeschlagen hatte und auch von Kraus<br />

angenommen wurde, und bestand auf dem Abdruck eines „Votum separatum“ im selben Heft.<br />

In dieser Auseinandersetzung hatten sowohl Fussenegger als auch Bäcker mit dem Rücktritt<br />

gedroht; eine souveräne Haltung beanspruchte Wolfgang Kraus:<br />

Ich selbst bin durchaus dafür, daß man dem Autor, wenn er sich schon geweigert hat, den Titel<br />

auszutauschen, seinen Willen läßt und das Gedicht trotzdem druckt, da es gut ist. Ich möchte nur darauf<br />

hinweisen, daß weder die SPÖ noch die ÖVP in den Zeiten der Opposition das Parlament verlassen und<br />

gesprengt haben, wenn sie überstimmt wurden. Ich möchte daher auch meine beiden Mitherausgeber<br />

bitten, jetzt und in Zukunft die demokratischen Spielregeln einzuhalten und nicht gleich mit dem Austritt<br />

aus dem Herausgeberkollegium zu drohen, wenn sie überstimmt werden. 45<br />

„Die Rampe“ war (nicht despektierlich gemeint) ein Liebkind der oberösterreichischen<br />

Landesregierung. Beiträge wurden im Vergleich zu anderen Literaturzeitschriften sehr gut<br />

honoriert. Nicht alle Parteien hießen dieses Engagement gut. Besonders von Seiten der FPÖ<br />

kam immer wieder Kritik an der Zeitschrift und einzelnen Texten.<br />

Die vom politischen Auftraggeber gewünschte Reduktion der Beiträger(innen) auf solche mit<br />

oberösterreichischer Herkunft wurde schon vom ersten Herausgeberteam zurückgewiesen.<br />

Dennoch stammte der größte Teil der vertretenen Schriftsteller(innen) aus dem Bundesland,<br />

zuweilen wurde der Bezug auch auf etwas gezwungene Art hergestellt, wenn etwa Bäcker<br />

über Bisinger schrieb, er sei „zumindest als Volksschüler in die oberösterr. Landesfarben<br />

gehüllt“ worden. 46 „Die Rampe“ bot jedenfalls immer jungen Talenten aus Oberösterreich die<br />

Möglichkeit, sich mit ersten Texten vorzustellen, darunter viele, die später zu einiger<br />

Bekanntheit gelangen sollten.<br />

Als Verdienst kann der „Rampe“ insgesamt die Berücksichtigung von Textsorten wie<br />

Notizen, Fragmenten, Tagebuchauszügen, Miniaturen oder literarischen Experimenten<br />

angerechnet werden, obwohl gerade daran immer wieder Kritik geübt und der Zeitschrift<br />

„Blässe“ oder „Unzugänglichkeit“ vorgeworfen wurde. 47 Das Prinzip der Selbstverwaltung<br />

durch Literat(inn)en wurde erst in den 1990er Jahren zugunsten neuer<br />

Veröffentlichungsprinzipien aufgegeben, Sonderhefte stellten nun einzelne<br />

Schriftsteller(innen) vor, Hefte mit regionalem Schwerpunkt wechselten sich mit<br />

45<br />

Brief von Wolfgang Kraus an Karl Pömer vom 13. September 1975. Redaktionskorrespondenz der „Rampe“.<br />

Adalbert-Stifter-Haus, Linz.<br />

46<br />

Brief von Heimrad Bäcker an Karl Plömer vom 28. Mai 1975. Redaktionskorrespondenz der „Rampe“.<br />

Adalbert-Stifter-Haus, Linz.<br />

47<br />

Julius Stieber: „Die Rampe“ feiert. Versuch eines Resümees. In: Die Rampe. Selbstporträt 1975–1995. Linz<br />

1995, S. 9.<br />

48

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!