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TE KW 39

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Außergewöhnlicher Bergsommer<br />

Die Corona-Pandemie bescherte der Bergrettung Tirol einen besonderen Bergsommer mit deutlich mehr Einsätzen<br />

Immer dann, wenn andere an ihre Grenzen stoßen, sind sie<br />

zur Stelle: Die rund 4.200 ehrenamtlichen Helfer der Bergrettung<br />

Tirol. Für gewöhnlich absolvieren sie jährlich in etwa 2.000<br />

Einsätze. In diesem Jahr sind es wesentlich mehr. Im Frühjahr<br />

sowie im Sommer hatte die Bergrettung, vermutlich aufgrund<br />

der Pandemie, eine erhöhte Anzahl an Einsätzen zu verzeichnen.<br />

Zurückzuführen sei dies darauf, dass die Berge noch stärker<br />

frequentiert wurden als gewöhnlich, berichtet Gregor Franke im<br />

RUNDSCHAU-Gespräch.<br />

Von Beatrice Hackl<br />

„Bereits während des Lockdowns<br />

ist die Zahl der Einsätze angestiegen,<br />

was für uns mit rund 40 Einsätzen<br />

im Monat einherging. Nach dem<br />

Lockdown hat sich die Situation bis<br />

Juni kurzzeitig beruhigt. Seither ist<br />

die Zahl der Einsätze aber rasant<br />

gestiegen. „Bisher wurden wir im<br />

Sommer an Wochenenden zu rund<br />

15 bis 20 Einsätzen gerufen. Dieser<br />

Sommer hebt sich deutlich von den<br />

Werten der Vorjahre ab. Wir haben<br />

sogar richtige Rekordtage erlebt,<br />

an denen wir zu 35 bis 37 Einsätze<br />

pro Tag absolviert haben. Auf einen<br />

ganzen Monat gesehen kommen wir<br />

normalerweise auf 300 Einsätze. In<br />

den vergangenen Monaten mussten<br />

Tanz und gute Laune in Seefeld<br />

„Jerusalema“-Challenge: Zu diesem Song tanzt die halbe Welt<br />

Lebenslust und Lebensfreude trotz schwerer Zeiten: Zum mitreisenden Rhythmus<br />

des südafrikanischen Liedes „Jerusalema“ wird rund um den Globus getanzt – so<br />

auch auf der Rosshütte in Seefeld.<br />

Foto: Holzknecht<br />

wir aber stets 400 Einsäte und mehr<br />

bewältigen. Unsere Einsatzkräfte<br />

mussten in diesem Sommer somit<br />

monatlich über 100 Einsätze mehr<br />

als im Durchschnitt absolvieren“,<br />

berichtet Bergretter Gregor Franke,<br />

der zudem in der Geschäftsstelle<br />

der Landesleitung tätig ist, über den<br />

außergewöhnlichen Bergsommer.<br />

Nicht berücksichtigt wurden in dieser<br />

Schilderung jene Einsätze bei denen<br />

die Bergrettung zwar alarmiert<br />

wurde, aber schlussendlich der Hubschrauber<br />

ausrücken musste.<br />

WOCHENTAGE STÄRKER<br />

FREQUENTIERT. Selbstverständlich<br />

unterliege die Anzahl der Einsätze<br />

auch diversen Schwankungen,<br />

die sowohl dem Wetter als auch den<br />

(eci) Tanzen im Sinne der Lebenslust:<br />

Conny van de Voorde<br />

lud im Rahmen der „Jerusalema<br />

Challenge“ nach Seefeld auf die<br />

Rosshütte ein, um sich gemeinsam<br />

zu bewegen und zu tanzen. Zu den<br />

Rhythmen des südafrikanischen<br />

Liedes „Jerusalema“ wurde aber<br />

nicht nur in Seefeld getanzt – aktuell<br />

beteiligt sich die halbe Welt an<br />

der Challenge, mit dem Ziel auch<br />

in diesen schwierigen Zeiten pure<br />

Lebenslust zu spüren und gute Laune<br />

zu verbreiten. Ein Bestreben,<br />

das den zahlreichen Teilnehmern<br />

in Seefeld inmitten der beeindruckenden<br />

Bergkulisse sicher gelungen<br />

sein dürfte.<br />

Dieser Sommer war für die Bergretter besonders arbeitsintensiv. Rund 400 Mal<br />

standen sie pro Monat im Einsatz.<br />

Wochentagen geschuldet seien, lässt<br />

Franke wissen. Das für gewöhnlich<br />

auftretende Gefälle zwischen Wochenenden,<br />

Feiertagen und normalen<br />

Wochentagen sei in diesem<br />

Sommer kaum zum Tragen gekommen.<br />

„Auffallend war, dass die Einsatzzahlen<br />

auch während der Werktage<br />

durchgängig waren. Es haben<br />

sich in diesem Jahr einfach deutlich<br />

mehr Menschen auch unter Woche<br />

in den Bergen bewegt – sei es aufgrund<br />

von Kurzarbeit oder weil sie<br />

ihren Urlaub in diesem Jahr zuhause<br />

verbracht haben. Und da mehr los<br />

war auf den Bergen, ist natürlich<br />

auch mehr passiert“, verdeutlicht<br />

Bergretter Franke den Ausnahmezustand<br />

der 2020 auf den Bergen Tirols<br />

vorherrschte. Für ihn und seine Kollegen<br />

bot dieser Sommer kaum Luft<br />

zum Verschnaufen.<br />

Das kann auch Sepp Gspan, der<br />

Stv.-Bezirksleiter in Axams, bestätigen:<br />

„Hinter uns liegt ein einsatzreicher<br />

Sommer und viele der<br />

Einsätze waren zudem sehr fordernd.“<br />

Der Großraum Innsbruck<br />

und das Mittelgebirge zählen neben<br />

dem Ötztal, dem Zillertal und dem<br />

Großraum Lienz zu den größten<br />

Hotspots. Hier sei immer relativ<br />

viel los. Diesen Sommer mischten<br />

sich auf den Bergen hauptächlich<br />

Touristen aus Deutschland, Holland<br />

und Belgien unter die Einheimischen.<br />

„Auch auf der Rosshütte<br />

war in den vergangenen Monaten<br />

auffallend viel los, was wiederum<br />

für uns mit außergewöhnlich vielen<br />

Einsätzen einherging. Zahlreiche<br />

Besucher sind mit der Bahn nach<br />

oben gefahren und haben sich dann<br />

beispielsweise auf dem Rückweg<br />

den Knöchel verstaucht“, berichtet<br />

Bergretter Gregor Franke ist zudem in<br />

der Geschäftsstelle der Landesleitung<br />

Tirol tätig.<br />

Fotos: Bergrettung Tirol<br />

Peter Hilkenmeier von der Bergrettung<br />

Seefeld.<br />

LAUERNDE GEFAHREN.<br />

Eine schlechte Tourenplanung, Erschöpfung<br />

und leichte Verletzungen<br />

seien die häufigsten Ursachen für<br />

einen Notruf. Der Bergretter betont<br />

in diesem Zusammenhang, dass<br />

Unfällen die unterschiedlichsten<br />

Ursachen zugrunde liegen können<br />

und nicht zwangsläufig auf Unerfahrenheit<br />

oder eine unzureichende<br />

Ausrüstung zurückzuführen seien.<br />

„Klettersteige erfreuen sich besonderer<br />

Beliebtheit. Daraus ist ein regelrechter<br />

Boom geworden, und wir<br />

konnten durchaus schon beobachten,<br />

dass die Leute war bestens ausgerüstet<br />

waren aber in Einzelfällen<br />

nicht mit der richtigen Handhabung<br />

vertraut waren – ein hohes Risiko“,<br />

weiß Franke, weshalb die Bergrettung<br />

an Unerfahrene den klaren Appell<br />

richtet, sich an einen Bergführer<br />

zu wenden bzw. Kurse des Alpenvereins<br />

zu besuchen.<br />

RUNDSCHAU Seite 10 23./24. September 2020

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