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Bewegendes Unglück

Eine Gedenktafel und ein Gedächtniskreuz in der Nähe des Possenhofener Schloss erinnern an den

tragischen Tod zweier Primizianten vor 70 Jahren im Starnberger See

Am 22. Juni 1950 wurden Karl Schmid, geb. am 21. August

1921 aus Geisenhausen bei Vilsbiburg, und Wilhelm Ücker, geb. am

30. November 1920 aus Farchach bei Aufkirchen, mit weiteren 38

Mitbrüdern im Dom zu Freising von Michael Kardinal Faulhaber zum

Priester geweiht. Unter beträchtlichen Opfern der Familien wurde es

den jungen Männern ermöglicht, Theologie zu studieren, um den Weg

der Seelsorge einzuschlagen.

Seine feierliche Primiz zelebrierte Karl Schmid, der Beste aus

dem Priesterseminar, am 9. Juli 1950 in seiner Heimatgemeinde

Geisenhausen, sein Freund Wilhelm Ücker assistierte ihm. Von

allen Seiten strömten die Menschen in den Ort. Ein Festzug mit

Musikbegleitung sowie der Teilnahme aller Ortsvereine, viele Geistliche,

die Mutter, Geschwister und Verwandte begleiteten den Neupriester an

seinem großen Tag zur Kirche. Einige Tage darauf wollte er mit seiner

Mutter noch nach Rom reisen, bevor er in der Pfarrei St. Andreas in

München als Kaplan seine erste Stelle anzutreten gedachte.

Eine Woche später, am 16. Juli 1950, feierte der 29-jährige Wilhelm

Ücker, Bruder des späteren Bürgermeisters von Berg, Josef Ücker,

seine erste Messe in der Kirche Mariä Himmelfahrt in Aufkirchen.

Selten hat ein Ereignis so bewegt und eine so feierliche Stimmung über

den Ort gelegt. Die Häuser wurden festlich mit Girlanden, Teppichen

und Fahnen geschmückt, Häuserfronten heruntergeputzt, Zäune

Instand gesetzt, Straßen gesäubert. Über 3000 Gläubige hatten sich

in und um das Gotteshaus versammelt, um der Primiz des überaus

beliebten Gemeindemitgliedes beizuwohnen. Sein Freund Karl Schmid

stand als Diakon mit ihm am Altar. Als Leitspruch hatte Wilhelm Ücker

„Gott ist die Liebe‘“ gewählt. Sein Festprediger Andreas Sirtl gab ihm

die Worte „So oft du in deinem Leben wieder am Altar stehst, tue

es immer, als wäre es das erste und als wäre es das letzte Mal“ als

Ratschlag mit auf den Weg. Dass der Gottesdienst am nächsten Tag,

der als Gedenkfeier für den bereits verstorbenen Vater und weitere verstorbene

Angehörige abgehalten wurde, schon sein letzter Gottesdienst

sein sollte, konnte niemand wissen. Josef Ücker wollte in der darauffolgenden

Woche von seinem Bruder getraut werden. Die Übernahme

der ersten Pfarrgemeinde mit 6000 Seelen in Prien am Chiemsee war

zum 1. August geplant.

Die beiden Jungpriester mieteten sich am Montagnachmittag in

Leoni ein Boot, mit dem sie auf den See hinaus ruderten. Kurz vor

Possenhofen geschah dann das Unglück. Eine Augenzeugin, die zum

Unfallzeitpunkt auf einer Bank in der Nähe des Schlosses am Seeufer

saß, berichtete, dass die beiden jungen Männer das Boot von Leoni

herkommend, ungefähr 500 Meter vor dem Ufer gestoppt hätten. Ein

schwarzhaariger junger Mann sei aus dem Kahn ins Wasser gesprungen.

Der andere habe daraufhin das Boot noch eine kurze Strecke

weiter dem Ufer entgegen gerudert und sich dann ebenfalls ins Wasser

begeben. Das Ruderboot sei von der Strömung erfasst und gegen

das Possenhofener Ufer getrieben worden. Plötzlich habe der zuerst

ins Wasser gesprungene Schwimmer um Hilfe gerufen. Der andere

sei daraufhin dem Boot nachgeschwommen, nach einem erneuten

Hilfeschrei jedoch umgekehrt, um seinem Kameraden zu helfen. Der

Helfer erreichte seinen Freund und versuchte, ihn über Wasser zu

halten. Die beiden Männer umklammerten sich gegenseitig und gingen

unter fortgesetzten Hilferufen unter. Da beide gute Schwimmer waren,

bleibt die Unglücksursache rätselhaft. Das Boot mit der Kleidung

konnte geborgen werden. Die sofort eingeleitete Rettungsaktion durch

mehrere Ruderboote, die auf die Hilferufe hin herbeieilten, blieb leider

erfolglos. Von den beiden Männern fehlte jede Spur.

Markus Glas, der Inhaber der Bootswerft erklärte auf Befragung, dass

der See an der Unglücksstelle besonders tief sei (24 Meter) und wenig

Hoffnung bestünde, dass die zwei Verunglückten in nächster Zeit

gefunden werden könnten, da zudem eine starke Strömung die Toten

abgetrieben haben könnte. Recherchen ergaben, dass es sich bei dem

schwarzhaarigen Mann um den Primizianten Karl Schmid und bei dem

anderen Mann um Wilhelm Ücker handelte. Taucher suchten in den

folgenden Tagen rund um die Unglücksstelle den See ab - jedoch ohne

Erfolg.

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