Darunter lebt das ewige Leben - Kirchenblatt
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Inhalt<br />
2 Standpunkt<br />
Gier, Habsucht und Börsenmoral<br />
3 Bischofskolumne<br />
Religionsfreiheit – konkret<br />
Aus Kirche und Welt<br />
4 Thema<br />
<strong>Darunter</strong> <strong>lebt</strong> <strong>das</strong> <strong>ewige</strong> <strong>Leben</strong><br />
6 Glauben und beten<br />
Der Gottesglaube<br />
Liturgischer Wochenkalender/<br />
Namenstage<br />
7 Kirche in den Medien<br />
8 Vermischtes<br />
Tipps und Hinweise<br />
9 Dekanatspfarreien<br />
30 Solothurn<br />
32 Jugendseite<br />
Erstkommunion-Kreuzworträtsel<br />
IMPRESSUM: <strong>Kirchenblatt</strong> für römischkatholische<br />
Pfarreien im Kanton Solothurn<br />
ISSN 1420-5149; ISSN 1420-5130.<br />
www.kirchenblatt.ch<br />
Erscheint alle 14 Tage<br />
Redaktion für den allgemeinen Teil («Mantel»):<br />
Urs C. Reinhardt (Leitung), Rehhubelstrasse 2, Postfach 26,<br />
4532 Feldbrunnen, Tel. (032) 622 66 68, Fax (032)<br />
621 12 88, E-Mail: urs.reinhardt@bluewin.ch /<br />
Heinz Bader, Katechet, 4710 Balsthal / Urban Fink,<br />
4501 Solothurn / Christiane Lubos, Solothurn<br />
(Jugendseite) / Franz Rüegger, Zeichenlehrer, 4500 Solothurn<br />
(Layout) / Pfarrer Mario Tosin, 2540 Grenchen.<br />
Verlag/Adressenverwaltung: Vogt-Schild Medien AG,<br />
Zuchwilerstrasse 21, 4501 Solothurn<br />
Tel. 032 624 76 88, Fax 032 624 75 08.<br />
Administration und Produktion: Vogt-Schild Druck AG,<br />
Gutenbergstrasse 1, 4552 Derendingen<br />
Tel. 058 330 11 58, Fax 058 330 11 78,<br />
E-Mail: kirchenblatt@vsdruck.ch<br />
2 KIRCHENBLATT 9 09<br />
Standpunkt<br />
Gier, Habsucht und Börsenmoral<br />
Es geschieht selten, <strong>das</strong>s eine Doktorarbeit nachgedruckt wird – schon gar<br />
nicht fast 75 Jahre nach ihrem Erscheinen. Bei der Dissertation «Grundzüge<br />
der Börsenmoral» von Oswald von Nell-Breuning (1890–1991) traf dies aber<br />
zu. Er hatte sie 1928 präsentiert, genau ein Jahr vor dem ersten grossen Börsencrash,<br />
der in den USA und in Europa verheerende wirtschaftliche, soziale,<br />
politische und gesellschaftliche Folgen zeitigte. 80 Jahre später erleben wir<br />
den zweiten grossen Börsencrash mit nicht minder verhängnisvollen Konsequenzen.<br />
Diese werden noch lange nicht ausgestanden sein. Immerhin schotten<br />
sich die wirtschaftlich dominierenden Staaten diesmal nicht hermetisch<br />
ab, sondern raufen sich zusammen. Sie wollen – so scheint es mindestens Anfang<br />
April – die Krise gemeinsam und «nachhaltig» meistern.<br />
Von Nell-Breuning verfolgte in seiner Doktorarbeit von 1928 wie in seinem<br />
ganzen <strong>Leben</strong>swerk <strong>das</strong>selbe Ziel: Die Marktwirtschaft und auch die Börse<br />
müssen in eine gesellschaftliche Rahmenordnung eingebettet sein. Es ging<br />
dem eminenten deutschen Gelehrten – er gehört mit dem Schweizer Dominikaner<br />
Arthur F. Utz zu den grossen Sozialethikern des 20. Jahrhunderts –<br />
stets darum, zwischen dem katholischen Glauben und den modernen Sozialwissenschaften<br />
eine Brücke zu schlagen. Sein erstes Meisterstück<br />
waren Entwurf und Ausarbeitung der berühmten Enzyklika «Quadragesimo<br />
anno» von Papst Pius XI. im Jahr 1931. (Die Ur-Sozialenzyklika «Rerum novarum»<br />
von 1891 hatten Professoren unserer Uni Freiburg konzipiert und geschrieben.)<br />
Später veröffentlichte von Nell-Breuning grundlegende Werke zur<br />
Unternehmens- und Gewerkschaftstheorie, zur Vermögensbildung in breiten<br />
Kreisen, zur Mitbestimmung sowie zum Verhältnis von Kirche und Staat.<br />
Von Nell-Breunings Dissertation ist heute so lesenswert und aktuell wie vor<br />
80 Jahren. Sie harrt aber – wie viele weitere seiner Schriften – der Umsetzung<br />
ins gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische <strong>Leben</strong>. Der Sozialethiker<br />
betont, die Kirche sei nicht generell gegen die kapitalistische Wirtschaftsordnung,<br />
wohl aber gegen ihre Auswüchse und Entartungen. Denn der Markt<br />
an sich sei ein verantwortetes Wirtschaftsgeschehen und damit letztlich Teil<br />
der guten Schöpfung. Wirtschaftliche Betätigung gepaart mit dem Ziel, Gewinn<br />
zu erzielen, sei weder ungeordnet noch naturwidrig. «Etwas anderes ist<br />
es mit der reinen Profitgier. Das abstrakte und verabsolutierte Gewinnstreben<br />
ist prinzipiell mass- und zügellos, prinzipiell antiökonomisch, asozial,<br />
egoistisch. Ob es die kapitalistische Sünde schlechthin ist, bleibt dahingestellt;<br />
gewiss ist es die Kapitalsünde der Habgier.» Die richtige Gesinnung des<br />
Börsenmannes sei es, im Dienst der Güterverteilung zu handeln – nicht einzig<br />
zur unmittelbaren Bedarfsbefriedigung.<br />
Eine zentrale Bedeutung misst von Nell-Breuning der «Zulassungsstelle zum<br />
Aktienhandel» zu. Ihre unmittelbare wirtschaftspolitische Aufgabe sei es, den<br />
Börsenhandel unsolider Papiere zu verhindern, «insbesondere auch eine<br />
Schädigung der vaterländischen Wirtschaft durch <strong>das</strong> Eindringen minderwertiger<br />
ausländischer Papiere, Exoten, zu verhüten». Das war vor der Krise<br />
von 1929 so dramatisch wie heute, 80 Jahre später …<br />
Ob von Nell-Breunings Leitplanken in der Zukunft besser bzw. überhaupt eingehalten<br />
werden? Bloss bis zum nächsten Mal? Sekundiert hat der deutsche<br />
Bundespräsident Horst Köhler in seiner Berliner Rede 2009: «Auch Banken<br />
können nur dauerhaft Wertschöpfung erbringen, wenn sie sich als Teil der<br />
ganzen Gesellschaft sehen und von ihr getragen werden… Was vielen abhanden<br />
gekommen ist, <strong>das</strong> ist die Haltung: So etwas tut man nicht. Bis<br />
heute warten wir auf eine angemessene Selbstkritik der Verantwortlichen.<br />
Von einer angemessenen Selbstbeteiligung für den angerichteten Schaden<br />
ganz zu schweigen.»<br />
Wie lange müssen wir in der Schweiz auf Selbstkritik und Wiedergutmachung<br />
der Verantwortlichen warten?<br />
Mit freundlichen Grüssen Urs C. Reinhardt