Darunter lebt das ewige Leben - Kirchenblatt
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Thema<br />
4 KIRCHENBLATT 9 09<br />
ULRIKE WOLITZ<br />
«Ich gestehe: Ich habe einen<br />
Geheim-Code. Es ist ein Name.<br />
Der öffnet die Türe, öffnet sie<br />
mir ins dreifarbene Meer. Ein<br />
Name, der jemand ist. Wer ihn<br />
kennt, sagt es nicht laut. Aber<br />
<strong>das</strong> gibt es im Christentum.»<br />
In ihrer Autobiografie «Das<br />
dreifarbene Meer», die im April<br />
zu ihrem 90. Geburtstag erscheinen<br />
wird, gibt Silja Walter<br />
ihren «Geheim-Code» zu erkennen.<br />
Ulrike Wolitz (1961) war nach dem Studium<br />
Grundschullehramt und Theologie an der Universität<br />
Eichstätt und mehrjähriger Lehrtätigkeit<br />
von 1992 bis 1998 wissenschaftliche Assistentin<br />
am Lehrstuhl für Dogmatik bei Prof. M. Seybold,<br />
Eichstätt. Sie promovierte zum Dr. theol. mit der<br />
These «Der neue Mensch. Theologische Grundlinien<br />
im Werk Silja Walters».<br />
Redaktionelle Leiterin der Silja-Walter-Gesamtausgabe.<br />
Seit 2002 Sekretärin des Bischofs von Basel.<br />
Veröffentlichung von Gedichten und Büchern,<br />
z. B. «Von Schwelle zu SchwelIe» (Topos);<br />
«Kleines Messbuch für Kinder» (Benno),<br />
«Jona» (Paulusverlag).<br />
<strong>Darunter</strong> <strong>lebt</strong> <strong>das</strong> <strong>ewige</strong> <strong>Leben</strong><br />
Zum 90. Geburtstag von Silja Walter<br />
Vielen ist Silja Walter bekannt als jene<br />
schreibende Benediktinerin im Kloster<br />
Fahr bei Zürich, die hinter den Klostermauern<br />
ihren Gesang anhebt: «Jemand<br />
muss zuhause sein – Herr – wenn du<br />
kommst… Jemand muss dich kommen<br />
sehen»; sie ist bekannt als eine Dichterin,<br />
deren Worte glühen vor dem brennenden<br />
Dornbusch der Gegenwart Gottes;<br />
bekannt als eine Frau, die unbeirrbar<br />
«den Tod überdauernd» durch die Leere<br />
des offenen Grabes hindurchglaubt und<br />
«singende – springende – Gräber» sieht,<br />
einen herrlichen Kosmos «voll Auferstehung<br />
– und Tanz»; bekannt als eine Zeugin,<br />
in deren Gedichten und Texten der<br />
Auferstandene quasi durch die ängstlich<br />
verschlossene Türe des Redens von Gott<br />
hereinkommt und auf die Versammelten<br />
mit seinem Wort zutritt.<br />
Aber nicht immer ist alles schon voll Auferstehung<br />
und Tanz. Auch die andere Erfahrung<br />
gibt es, die Frage: «Wo ist Er?»<br />
In der 13. Station ihres Solothurner Meditationsweges<br />
(GA IX 563-564) sieht<br />
Silja Walter in dieser Frage «Wo ist Er?»<br />
die Frage der Menschheit versammelt,<br />
die fassungslos in die Leere des offenen<br />
Grabes schaut. Die Dichterin solidarisiert<br />
sich mit den Menschen, die vor dem leeren<br />
Grab wie vor den Linnen der Abwesenheit<br />
Gottes stehen, für die <strong>das</strong><br />
«Nicht-da – sein Kleid» ist und die ihn<br />
nur «in der Leere» stehen sehen. In einem<br />
Gedicht schrieb sie vor etwa 30 Jahren:<br />
«Abwesenheit ist – dein Wesen –<br />
darin finde ich Dich – Die Nägel – meiner<br />
Sehnsucht – bluten vom Kratzen – an<br />
den Eismeeren – der Welt» (GA VIII 91).<br />
Im biblischen Bericht über <strong>das</strong> österlich<br />
leere Grab kann sie die Erfahrung der<br />
Abwesenheit Gottes in ein poetisches<br />
Bild bringen. Selbst die Nicht-da-Erfahrung<br />
ist für sie bereits ein Ort der Gotteserfahrung.<br />
Da schaut wer,<br />
– schaut lange,<br />
die Menschheit<br />
schaut –<br />
schaut immer wieder<br />
betroffen.<br />
Das Grab steht offen<br />
und leer.<br />
Wo ist Er?<br />
Frage des Menschen,<br />
der Schöpfung,<br />
von Stern und Getier:<br />
Sehen mich an:<br />
– Wo dann,<br />
wenn nicht hier?<br />
Fragen sich all die Zeiten<br />
daher:<br />
Wer ist der?<br />
Er steht in der Leere.<br />
Die ist sein Gewand.<br />
Das Nicht-da<br />
sein Kleid.<br />
Da steht er darin<br />
Überall<br />
Über die Welt hin.<br />
Der vom Tod erstand,<br />
ist da,<br />
wo du bist,<br />
wo ich bin.<br />
Der Christos,<br />
der Kyrios, Gott.<br />
Und er spricht:<br />
Fürchtet euch nicht –<br />
Ich lebe!<br />
Das leere Grab und der Kosmos voll Auferstehung<br />
gehören zusammen. Daher fanden<br />
sich im <strong>Leben</strong> Silja Walters auch beides,<br />
die Frage «Wo ist er?» wie auch der<br />
Kosmos voll Auferstehung und Tanz, der<br />
Zuspruch: Fürchtet euch nicht. Das Ringen<br />
zwischen Tod und <strong>Leben</strong>, wie es die Ostersequenz<br />
besingt, hat sie von früh an miter<strong>lebt</strong>.<br />
Vielleicht zum ersten Mal, als eine