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Sechsämtermagazin Februar 2020

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abbrechen wollte, den stach sie mit ihrem<br />

Stachel. Einmal geschah es, dass die<br />

Königin selber in ihren Garten ging und die<br />

schöne Blume sah, worüber sie sich so<br />

verwunderte, dass sie sie abbrechen<br />

wollte. Aber Bienchen kam und stach sie<br />

so stark in die Hand, dass sie die Rose<br />

musste fahren lassen, doch hatte sie<br />

schon ein wenig eingerissen. Da sah sie,<br />

dass Blut aus dem Stängel quoll, ließ eine<br />

Fee kommen, damit sie die Blume<br />

entzauberte. Da erkannte die Königin ihre<br />

Tochter wieder und war von Herzen froh<br />

und vergnügt. Es wurde aber eine große<br />

Hochzeit angestellt, eine Menge Gäste<br />

gebeten, die kamen in prächtigen<br />

Kleidern, tausend Lichter flimmerten im<br />

Saal, und es wurde gespielt und getanzt<br />

bis zum hellen Tag.<br />

"Bist du auch auf der Hochzeit gewesen?"<br />

- "Jawohl, bin drauf gewesen:<br />

mein Kopfputz war von Butter, da kam ich<br />

in die Sonne,<br />

und er ist mir abgeschmolzen;<br />

mein Kleid war von Spinnweb, da kam ich<br />

durch Dornen,<br />

die rissen es mir ab;<br />

meine Pantoffel waren von Glas, da trat ich<br />

auf einen Stein,<br />

da sprangen sie entzwei.“<br />

Hurleburlebutz<br />

Ein König verirrte sich auf der Jagd, da trat<br />

ein kleines weißes Männchen vor ihn:<br />

"Herr König, wenn Ihr mir Eure jüngste<br />

Tochter geben wollt, so will ich Euch<br />

wieder aus dem Wald führen." Der König<br />

sagte es in seiner Angst zu, das Männchen<br />

brachte ihn auf den Weg, nahm dann<br />

Abschied und rief noch nach: "In acht<br />

Tagen komm ich und hol meine Braut."<br />

Daheim aber war der König traurig über<br />

sein Versprechen, denn die jüngste<br />

Tochter hatte er am liebsten; das sahen<br />

ihm die Prinzessinnen an und wollten<br />

wissen, was ihm Kummer mache. Da mußt<br />

er's endlich gestehen, er habe die jüngste<br />

von ihnen einem kleinen weißen<br />

Waldmännchen versprochen, und das<br />

komme in acht Tagen und hole sie ab. Sie<br />

sprachen aber, er solle gutes Muts sein,<br />

das Männchen wollten sie schon anführen.<br />

Darnach, als der Tag kam, kleideten sie<br />

eine Kuhhirtstochter mit ihren Kleidern an,<br />

setzten sie in ihre Stube und befahlen ihr:<br />

"Wenn jemand kommt und will dich<br />

abholen, so gehst du mit!" Sie selber aber<br />

gingen alle aus dem Hause fort. Kaum<br />

waren sie weg, so kam ein Fuchs in das<br />

Schloß und sagte zu dem Mädchen: "Setz<br />

dich auf meinen rauhen Schwanz, Hurleburlebutz!<br />

hinaus in den Wald!" Das<br />

Mädchen setzte sich dem Fuchs auf den<br />

Schwanz, und so trug er es hinaus in den<br />

Wald; wie sie aber auf einen schönen<br />

grünen Platz kamen, wo die Sonne recht<br />

hell und warm schien, sagte der Fuchs:<br />

"Steig ab und laus mich!" Das Mädchen<br />

gehorchte, der Fuchs legte seinen Kopf<br />

auf ihren Schoß und ward gelaust; bei der<br />

Arbeit sprach das Mädchen: "Gestern um<br />

die Zeit war's doch schöner in dem Wald!" -<br />

"Wie bist du in den Wald gekommen?"<br />

fragte der Fuchs. "Ei, da hab ich mit<br />

meinem Vater die Kühe gehütet." - "Also<br />

bist du nicht die Prinzessin! Setz dich auf<br />

meinen rauhen Schwanz, Hurleburlebutz!<br />

zurück in das Schloß!" Da trug sie der<br />

Fuchs zurück und sagte zum König: "Du<br />

hast mich betrogen, das ist eine Kuhhirtstochter,<br />

in acht Tagen komm ich<br />

wieder und hol mir deine." Am achten Tage<br />

aber kleideten die Prinzessinnen eine<br />

Gänsehirtstochter prächtig an, setzten sie<br />

hin und gingen fort. Da kam der Fuchs<br />

wieder und sprach: "Setz dich auf meinen<br />

rauhen Schwanz, Hurleburlebutz! hinaus<br />

in den Wald!" Wie sie in dem Wald auf den<br />

sonnigen Platz kamen, sagte der Fuchs<br />

wieder: "Steig ab und laus mich!" Und als<br />

das Mädchen den Fuchs lauste, seufzte es<br />

und sprach: "Wo mögen jetzt meine Gänse<br />

sein!" - "Was weißt du von Gänsen?" - "Ei,<br />

die hab ich alle Tage mit meinem Vater auf<br />

die Wiesen getrieben." - "Also bist du nicht<br />

des Königs Tochter! Setz dich auf meinen<br />

rauhen Schwanz, Hurleburlebutz! zurück<br />

in das Schloß!" Der Fuchs trug sie zurück<br />

und sagte zum König: "Du hast mich wieder<br />

betrogen, das ist eine Gänsehirtstochter,<br />

in acht Tagen komm ich noch<br />

einmal, und wenn du mir dann deine<br />

Tochter nicht gibst, so soll dir's übel<br />

gehen." Dem König ward Angst, und wie<br />

der Fuchs wieder kam, gab er ihm die<br />

Prinzessin. "Setz dich auf meinen rauhen<br />

Schwanz, Hurleburlebutz! hinaus in den<br />

Wald!" Da mußte sie auf dem Schwanz<br />

des Fuchses hinausreiten, und als sie auf<br />

den Platz im Sonnenschein kamen, sprach<br />

er auch zu ihr: "Steig ab und laus mich!" Als<br />

er ihr aber seinen Kopf auf den Schoß<br />

legte, fing die Prinzessin an zu weinen und<br />

sagte: "Ich bin eines Königs Tochter und<br />

soll einen Fuchs lausen, saß ich jetzt<br />

daheim in meiner Kammer, so könnt ich<br />

meine Blumen im Garten sehen!" Da hörte<br />

der Fuchs, daß er die rechte Braut hatte,<br />

verwandelte sich in das kleine weiße<br />

Männchen, und das war nun ihr Mann, bei<br />

dem mußt sie in einer kleinen Hütte<br />

wohnen, ihm kochen und nähen, und es<br />

dauerte eine gute Zeit. Das Männchen<br />

aber tat ihr alles zuliebe.<br />

Einmal sagte das Männchen zu ihr: "Ich<br />

muß fortgehen, aber es werden bald drei<br />

weiße Tauben geflogen kommen, die<br />

werden ganz niedrig über die Erde<br />

hinstreifen, davon fang die mittelste, und<br />

wenn du sie hast, schneid ihr gleich den<br />

Kopf ab, hüt dich aber, daß du keine<br />

andere ergreifst als die mittelste, sonst<br />

entsteht ein groß Unglück daraus." Das<br />

Männchen ging fort; es dauerte auch nicht<br />

lang, so kamen drei weiße Tauben dahergeflogen.<br />

Die Prinzessin gab acht, ergriff<br />

die mittelste, nahm ein Messer und schnitt<br />

ihr den Kopf ab. Kaum aber lag der auf<br />

dem Boden, so stand ein schöner junger<br />

Prinz vor ihr und sprach: "Mich hat eine<br />

Fee verzaubert, sieben Jahr lang sollt ich<br />

meine Gestalt verlieren und sodann als<br />

eine Taube an meiner Gemahlin<br />

vorbeifliegen, zwischen zwei andern, da<br />

müsse sie mich fangen und mir den Kopf<br />

abhauen, und fange sie mich nicht oder<br />

eine unrechte und ich sei einmal<br />

vorbeigeflogen, so sei alles vorbei und<br />

keine Erlösung mehr möglich; darum hab<br />

ich dich gebeten, ja recht achtzuhaben,<br />

denn ich bin das graue Männlein und du<br />

meine Gemahlin." Da war die Prinzessin<br />

vergnügt, und sie gingen zusammen zu<br />

ihrem Vater, und als der starb, erbten sie<br />

das Reich.<br />

Blaubart<br />

In einem Walde lebte ein Mann, der hatte<br />

drei Söhne und eine schöne Tochter.<br />

Einmal kam ein goldener Wagen mit sechs<br />

Pferden und einer Menge Bedienten<br />

angefahren, hielt vor dem Haus still, und<br />

ein König stieg aus und bat den Mann, er<br />

möchte ihm seine Tochter zur Gemahlin<br />

geben. Der Mann war froh, dass seiner<br />

Tochter ein solches Glück widerfuhr, und<br />

sagte gleich ja; es war auch an dem Freier<br />

gar nichts auszusetzen, als dass er einen<br />

ganz blauen Bart hatte, so dass man einen<br />

kleinen Schrecken kriegte, sooft man ihn<br />

ansah.<br />

Das Mädchen erschrak auch anfangs<br />

davor und scheute sich, ihn zu heiraten,<br />

aber auf Zureden ihres Vaters willigte es<br />

endlich ein. Doch weil es so eine Angst<br />

fühlte, ging es erst zu seinen drei Brüdern,<br />

nahm sie allein und sagte: "Liebe Brüder,<br />

wenn ihr mich schreien hört, wo ihr auch<br />

seid, so lasst alles stehen und liegen und<br />

kommt mir zu Hülfe." Das versprachen ihm<br />

die Brüder und küssten es. "Leb wohl, liebe<br />

Schwester, wenn wir deine Stimme hören,<br />

springen wir auf unsere Pferde und sind<br />

bald bei dir." Darauf setzte es sich in den<br />

Wagen zu dem Blaubart und fuhr mit ihm<br />

fort. Wie es in sein Schloss kam, war alles<br />

prächtig, und was die Königin nur<br />

wünschte, das geschah, und sie wären<br />

recht glücklich gewesen, wenn sie sich nur<br />

an den blauen Bart des Königs hätte<br />

gewöhnen können, aber immer, wenn sie<br />

den sah, erschrak sie innerlich davor.<br />

Nachdem das einige Zeit gewährt, sprach<br />

er: "Ich muss eine große Reise machen, da<br />

hast du die Schlüssel zu dem ganzen<br />

Schloss, du kannst überall aufschließen<br />

und alles besehen, nur die Kammer, wozu<br />

dieser kleine goldene Schlüssel gehört,<br />

verbiet ich dir; schließt du die auf, so ist<br />

dein Leben verfallen."<br />

Sie nahm die Schlüssel, versprach ihm zu<br />

gehorchen, und als er fort war, schloss sie<br />

nacheinander die Türen auf und sah so viel<br />

Reichtümer und Herrlichkeiten, dass sie<br />

meinte, aus der ganzen Welt wären sie<br />

hier zusammengebracht. Es war nun<br />

nichts mehr übrig als die verbotene

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