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Oberpfälzer Küche<br />
Süße Maultaschen<br />
Die berühmte Köchin Marie Schandri vom<br />
Regensburger "Goldenen Kreuz" am<br />
Haidplatz, einer ehemals berühmten<br />
Nobelabsteige und viel gepriesener<br />
Gourmet-Tempel in der Zeit, als Regensburg<br />
einst die stolze und hochfrequentierte<br />
Freie Reichsstadt war -<br />
Treffpunkt von Hoher Politik und massiger<br />
Wirtschaft - eben diese Herrschaftsköchin<br />
hatte vielleicht gar keine Ahnung, wie<br />
feudal und mächtig das einfache Volk<br />
draußen vor den Stadtmauern sich<br />
verköstigte, wenn auch anders als im<br />
noblen Schlemmerlokal der Stadt. Sie<br />
kannte die Maultasche vielleicht, hat sie<br />
aber in ihrem Kochbuch nicht für<br />
erwähnenswert gehalten. Stattdessen hat<br />
sie dem feudalen österreichischmonarchischen<br />
Apfelstrudel in ihrem<br />
einzigartigen Kochbuch den Vorzug<br />
gegeben.<br />
Gott sei dank hat unsere Maultasche<br />
dieses Stadtmauerblümchendasein abgelegt<br />
und prangt selbstbewusst aus<br />
mancher Speisekarte der gehobenen<br />
Kategorien unserer Gastronomie. Der<br />
Ursprung dieser Geschmacksnervenexplosion<br />
war, zurückgehend von den<br />
Schwaben über die Römer - China -<br />
jawohl - China! Dieser chinesische<br />
Exportschlager namens "Jiaozi" brauchte<br />
zwar rund 2000 Jahre, um sich hier in<br />
bayerischen Landen (speziell Oberpfalz<br />
und Schwaben) einzunisten, auszubreiten<br />
und jetzt als traditionell einheimisches<br />
Hauptessen oder als<br />
Dessertvariation ihren festen Platz im<br />
Speiseplan zu haben.<br />
Zutaten Teig:<br />
500 g Weizenmehl (Type 405)<br />
3 Eier<br />
1 TL Haselnussöl<br />
½ Fläsche Buttervanille<br />
1 Prise Salz<br />
½ geriebene Zitronenschale<br />
30 g Puderzucker<br />
¼ l Milch<br />
Rindsschmalz (Butterschmalz) zum<br />
Einpinseln<br />
Zutaten Füllung:<br />
1,5 kg 1,5 kg Früchte: Äpfel, Zwetschgen<br />
oder Aprikosen. Oder Apfel und<br />
Zwetschgen. Oder Rhabarber oder<br />
warum auch nicht: Birnen. Auf jeden Fall<br />
keine Orangen.<br />
Zucker<br />
Zitronensaft<br />
Fruchtlikör<br />
Magerquark<br />
Zutaten Bratreine:<br />
Fett zum Ausbuttern<br />
Semmelbrösel<br />
125 g Butter zum Einpinseln<br />
Zucker zum Überstreuen<br />
2 Eier<br />
220 ml Sahne<br />
50 g zerlassene Butter<br />
Zubereitung:<br />
Teig: Aus den o.a. Zutaten einen nicht zu<br />
festen (eher noch weichen) Teig kneten.<br />
In Frischhaltefolie verpacken und eine<br />
halbe Stunde ruhen lassen.<br />
In der Zwischenzeit die Fruchtfüllung<br />
vorbereiten:<br />
Die Früchte nicht zu klein schneiden. Die<br />
Hälfte davon andünsten, erkalten lassen<br />
und dann mit der rohen Hälfte mischen.<br />
Nach Bedarf zuckern und mit Zitrone<br />
säuern. Vielleicht mit einem Gläschen<br />
eines der Frucht entsprechendem Likörs<br />
abschmecken.<br />
Den ausgeruhten, sich angenehm<br />
anfühlenden geschmeidigen und leicht<br />
duftenden Teig aus seiner Frischhaltefolienzwangsjacke<br />
befreien und auf dem<br />
bemehlten Brett zu einer etwa 15 cm<br />
langen Wurscht rollen. In etwa zehn gleich<br />
dicke Teigtaler schneiden. Aufgereiht an<br />
der Stirnseite des Mehlbrettls wird die<br />
Geschichte schon langsam poetisch.<br />
Mit dem Nudelwalker jeden Taler ausrollen.<br />
Walken, mehlen, walken, mehlen -<br />
umdrehen - walken, mehlen und wieder<br />
walken und wieder mehlen, bis der teigige<br />
Goldtaler ein dünner runder feiner<br />
Pfannakuchen ist, den man vorsichtig<br />
zum leichten Antrocknen legt.<br />
Derweilen ist am Herd die Butter geschmolzen.<br />
Sollte sie leicht (!) angebrannt<br />
sein, kann das durchaus ein Tüpfelchen<br />
für den Hochgenuß der Maultaschen<br />
herhalten.<br />
Die ausgewalkten,<br />
goldgelben, dünnen<br />
und schon ein bisserl<br />
angetrockneten Teigfladen<br />
kommen wieder<br />
aufs Brett und werden<br />
schön satt mit dem<br />
köstlichen leicht nussigen<br />
Rindsschmalz<br />
(Butterschmalz) bestrichen<br />
- die Maultaschen<br />
lohnen es mit einem wahren<br />
Feuerwerk an Hochgenüssen. Die erkaltete,<br />
voll, rund und kräftig schmeckende<br />
Fruchtmasse (mmmmh), die kalte Frucht-<br />
Quark- Mischung also (mit oder ohne<br />
Weinbierln), wird mit dem Löffel<br />
halbzentimeter dick auf den Fladen<br />
gestrichen, wobei ein 2 cm freier Rand<br />
ringsum frei bleiben soll. Der rechte und<br />
linke Rand wird dann über die Masse<br />
eingeschlagen, leicht angedrückt und<br />
anschließend von oben ebenfalls<br />
eingeschlagen. Andrücken und vorsichtig<br />
rollen.<br />
Jetzt haben wir eine MAULTASCHE -<br />
jawohl, eine Maultasche, bei der man sich<br />
fragt: Wo ist das Maul und wo die Tasche?<br />
Ja ja es stimmt, man kann es nicht<br />
erkennen, aber wir legen diese Maultasche<br />
in die vorher gut ausgebutterte<br />
(vom Butterschmalz beim Walken) wenn<br />
möglich eiserne Bratreine, wischen sie<br />
noch mal mit dem Butterschmalz ab, die<br />
nächste Maultasche wird gefüllt, gerollt,<br />
gelegt, die Dritte gefüllt, gerollt, gelegt, die<br />
4., die 5., ...<br />
Die Bratreine ist nun voll mit butterglänzenden<br />
aufgewölbten, in Reih und<br />
Glied liegenden voluminös prallen<br />
Fruchtstrudeln, die darauf warten, mit<br />
glitzernden Zuckerkristallen bestreut und<br />
mit Milch begossen zu werden. Nun ab in<br />
den vorgeheizten Backofen, den sie<br />
goldbraun glänzend nach etwa 30 Minuten<br />
wieder verlassen. - Die Maultaschen<br />
sind immer noch nicht fertig.<br />
Anrichten:<br />
Zum Finale geben wir noch mal etwa 50 g<br />
zerlaufene heiße Butter und etwa 200 ml<br />
Sahne, die mit 2 Eiern verquirlt ist<br />
("Royal") über die fast fertig gebackene<br />
Süßspeise.<br />
Schieben das ganze nochmals ins 180<br />
Grad heiße Backrohr und lassen dieser<br />
Köstlichkeit noch 7 Minuten Zeit, um<br />
grandios zu vollenden.<br />
Es ist wohl kein Maul zu erkennen, aber<br />
sie schmecken göttlich, unsere Maultaschen.<br />
Man könnte sie auch mit einer Kugel Eis<br />
oder mit Mousse au Chocolat oder oder<br />
oder ... servieren.