FRAGEN & ANTWORTENmit Dr. Klaudia StenggDr. Med. Univ. Klaudia Stengg weiß aus ihrer langjährigen Erfahrung natürlichganz genau, wo für Wanderer und Urlauber in den Bergen die gesundheitlichenGefahren lauern und wie man ihnen am besten aus dem Weg geht.84
Klaudia, was sind die häufigsten Ursachen,warum Wanderer bzw. Urlauber bei Direingeliefert werden?Im Winter sind es vor allem die Skiunfälle,im Sommer die Bike-Unfälle. Letzterebetreffen nicht nur Downhill-Biker, sondernauch Mountain-Biker, die individuellim Gelände unterwegs sind. In den letztenJahren bemerke ich erfreulicherweise,dass sowohl die Anzahl als auch dieSchwere der Ski- und Bike-Unfälle deutlichzurückgehen. Die Gründe dafür liegenin der verbesserten Ausrüstung, in erhöhterAchtsamkeit und in der Entschärfungvon gefährlichen Kurven und Geländegegebenheiten.Vorsorge auf allen Linien istalso sehr hilfreich.Darüber hinaus behandeln wir im Fachärztehausnatürlich auch Patienten mit anderenErkrankungen. Das geht vom banalenInfekt und infizierten Insektenstichen überallergische Reaktionen, Holzsplitter inHänden und Füßen bis zu schweren Herznotfällen.Wir sind für alles gerüstet.Welche Vorbereitungen sollte man treffen,bevor man auf den Berg geht?Ganz wichtig ist es, die Tour auf den persönlichenTrainingszustand hin zu planen.Und zwar so, dass man bei unvorhersehbarenEreignissen wie einem Wetterwechselnoch Restkapazitäten hat. Wer hier aufNummer sicher gehen will, konsultiert vorhereinen Sportmediziner. Von großer Bedeutungist auch das richtige Schuhwerk.Die Bergschuhe sollten vorher auf einerleichten Tour eingegangen werden. Siemüssen ganz genau passen, weshalb mansie nur im Sportfachhandel kaufen sollte.Dort gibt es auch die passende Funktionskleidung.Was in keinem Rucksack fehlensollte sind Sonnenschutz mit hohem Lichtschutzfaktor,ausreichend Flüssigkeit bzw.Elektrolytgetränke, eine gesunde Jause undeventuell ein Energieriegel für alle Fälle.Wie kann man sein eigenes Leistungslevelrichtig einschätzen?Ein Sportarzt oder Sportwissenschaftlerkann mittels Leistungsdiagnostik genauanalysieren, ob jemand fit genug für einegewünschte Tour ist. Die Leistungsdiagnostikumfasst immer einen Lactattest undeine genormte Belastung. Trainings-Appsund Pulsuhren definieren den Pulsbereich,in dem man trainieren bzw. sich bewegensoll. Sie bieten allerdings nur einen ungefährenAnhaltspunkt. Prinzipiell sollte manseine Belastung so wählen, dass man nebender Bewegung immer noch sprechenkann ohne außer Atem zu kommen.Wie viel Wasser braucht der Körper, wenn erim Sommer an seine Grenzen geht?Der Bedarf an Wasser ist unterschiedlichund hängt von verschiedenen Faktorenab. Zum Beispiel vom Energieumsatz, vonder Umgebungstemperatur und der Speisenzusammensetzung(z. B. Speisesalz).Grundsätzlich gilt, dass Jugendliche undErwachsene täglich zwischen 30 und 40ml Wasser pro kg Körpergewicht zu sichnehmen sollten. Eine Richtlinie für gesundeErwachsene ist außerdem: ca 1 mlWasser pro 1 kcal und pro Tag. Macht bei2.000 kcal also 2 Liter bei Erwachsenenpro Tag.Keinesfalls sollten gesunden Berggehereine Mindestmenge von 1,5 l unterschreiten.Für Menschen mit Herz- oder Nierenproblemengelten andere Werte, die manam besten mit dem Arzt bespricht.Wie sollte man sich vor, während und nachdem Sport richtig ernähren? Welche Nährstoffesind für den Körper beim Sport wichtig?Im Ausdauersport empfiehlt sich eine kohlenhydratreicheund fettarme Kost, die 55Prozent der täglichen Energiezufuhr überKohlenhydrate deckt. Weißmehlprodukteund Zucker bitte nur so wenig wie möglich.Besser sind langkettige Kohlenhydrate wiesie in Roggen, Gerste und Hafer, Hülsenfrüchten,Gemüse und Obst vorkommen.Sie sättigen lange anhaltend und spendenEnergie. Schnelle Kraftspender am Bergsind Trockenobst, Nüsse, Energieriegel,zuckerarme Vollkornkekse.Bei extremen Ausdauerleistungen verwendetder Körper auch Protein als Kraftquellen.Elektrolytverluste gleichen Elektrolytgetränkesehr gut aus.Wie kann man lästige Blasen an denFüßen vom Wandern umgehen?Sehr wichtig ist Form, Größe und Materialdes Schuhwerks. Qualitativ hochwertige,moderne Bergschuhe mit komplettemSchutz vor Durchnässung sind quasi einMuss. Denn in nassen Schuhen weichtdie Haut sofort auf, durch die Reibungentstehen dann sofort Blasen. Wie schonerwähnt, sollte man die Schuhe auf kürzerenTouren „einlaufen“, damit sie sich denFüßen individuell anpassen. Guter Tipp ausmeiner Jakobsweg-Erfahrung: am Morgendie „Gerlach-Fußcreme“ von Gehwohl dickauftragen und „Lurbel Track Ultra“-Trailrunning-Sockenanziehen! Dann habenBlasen keine Chance.Wie versorgt man Kratzer und Wundenam besten?Ein kleines Verbandset im Rucksack darfniemals fehlen. Allfällige Wunden mit demWund-Desinfektionsmittel desinfizierenund dann mit sterilen Wundauflagen abdecken.Bei größeren Wunden bitte immerzum Arzt.85