BOLD THE MAGAZINE No.49
BEGEISTERUNG INTERVIEW: CHARLY HÜBNER | AMY MACDONALD IM GESPRÄCH | URBAN BOHEMIAN: LENA HOSCHEK | THIERRY MUGLER | ANDY WARHOL | SVEN MARQUARDT | PORSCHE DESIGN: GOOD DESIGN MUST BE HONEST | ROLAND HEILER IM INTERVIEW
BEGEISTERUNG
INTERVIEW: CHARLY HÜBNER | AMY MACDONALD IM GESPRÄCH | URBAN BOHEMIAN: LENA HOSCHEK | THIERRY MUGLER | ANDY WARHOL | SVEN MARQUARDT | PORSCHE DESIGN: GOOD DESIGN MUST BE HONEST | ROLAND HEILER IM INTERVIEW
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
32 // <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> ART / SEHENSWERT<br />
1948 in Straßburg geboren, zog Thierry<br />
Mugler Ende der 1960er Jahre nach<br />
Paris. 1973 kreierte er unter dem Namen<br />
Café de Paris seine erste Kollektion,<br />
sein eigenes Modeunternehmen Thierry<br />
Mugler wurde 1974 gegründet. Seit 1997<br />
ist der Kosmetikkonzern Clarins Fragrance<br />
Group alleiniger Eigentümer der<br />
Marke Thierry Mugler.<br />
Der als klassischer Balletttänzer ausgebildete<br />
Mugler revolutionierte die<br />
Mode, indem er den fließenden Bohemien-Looks<br />
der Hippie-Zeit futuristische<br />
und komplex konstruierte Schnitte<br />
sowie skulpturale oder elegante körperbetonte<br />
Silhouetten entgegensetzte.<br />
Muglers Style erscheint als eine raffinierte<br />
Melange von Hoch- und Populärkultur,<br />
in der die hochwertig veredelte Haute<br />
Couture und das schrille Drag-Show-<br />
Drama aufeinander treffen. Die plakativtheatralische<br />
Attitüde ist unverkennbar.<br />
Seine Neigung zum Futuristischen ließ<br />
Mugler mit avantgardistischen Techniken<br />
und Materialien experimentieren<br />
– darunter Plexi-Glas, PVC, Kunstpelz und<br />
Chrom. Mugler griff auch die Materialien<br />
der Fetisch- und Untergrundszenen<br />
wie Latex und Vinyl auf und verwandelte<br />
sie in moderne Klassiker. Die Kunsthistorikerin<br />
und Feministin Linda Nochlin<br />
charakterisierte Mugler daraufhin: „Er ist<br />
so extrem, dass diese Frauen keine Sexobjekte<br />
sind, sondern Sexsubjekte.“ Mit der<br />
Kreation von futuristischen, aerodynamischen<br />
und roboterhaften Looks, die übermenschliche<br />
Stärke ausstrahlen, lenkt<br />
Mugler den Blick auf das Verhältnis von<br />
Mensch und Maschine. Seine Cyborgs<br />
und karosserieverkleideten Geschöpfe<br />
sind Vorboten der transhumanen Revolution.<br />
Seine breiten, architektonischen<br />
Silhouetten haben die populäre Modegeschichte<br />
nachhaltig geprägt. Muglers<br />
Kreationen wurden in ihrer großen<br />
Pose von Bühnenkünstlern geliebt und<br />
von Stars wie Diana Ross, David Bowie,<br />
Lady Gaga, Céline Dion oder Beyoncé<br />
getragen. Mit seiner Vorliebe für theatralische<br />
Performances inszenierte Mugler<br />
einige der spektakulärsten Modenschauen<br />
seiner Zeit. Seine Modenschau<br />
in der Pariser Konzerthalle Zénith anlässlich<br />
des 10-jährigen Bestehens im Jahr<br />
1984 war öffentlich und, mit 6.000<br />
verkauften Eintrittskarten, ausverkauft.<br />
Mugler führte auch den Trend ein, die<br />
Stars bei Modenschauen selbst modeln<br />
zu lassen. Die bühnentaugliche Performance<br />
spiegelte sich auch direkt in<br />
verschiedenen Theateraufführungen und<br />
Shows wider: Mugler entwarf Kostüme<br />
für die Inszenierung der Comédie Française<br />
und bei dem Festival d’Avignon<br />
für die Aufführung von Shakespeares<br />
Macbeth sowie für die erfolgreiche<br />
Zumanity-Show des Cirque du Soleil.<br />
Muglers spektakuläre eigene Revue-<br />
Produktionen waren die „Mugler Follies“<br />
in Paris und „The Wyld – Nicht von dieser<br />
Welt“ im Berliner Friedrichstadt-Palast.<br />
„Meine einzig wahre Berufung ist die<br />
Bühne“, war Mugler überzeugt. Für ihn<br />
war klar, dass Mode in einem musikalischen<br />
und theatralischen Setting gezeigt<br />
werden und die Modenschau ein Spek-<br />
takel sein muss. Als Fotograf und Regisseur<br />
schuf der vielbegabte Mugler 1992<br />
den berühmten Videoclip „Too Funky“ mit<br />
dem britischen Sänger George Michael:<br />
Der Song wurde auf dem Charity-Album<br />
„Red Hot + Dance“ veröffentlicht, mit<br />
dem finanzielle Mittel für den Kampf<br />
gegen Aids eingeworben werden sollten<br />
– ein Anliegen, das sowohl der Sänger<br />
als auch der Designer aus vollem Herzen<br />
unterstützten.<br />
Zum ersten Mal wird das Werk des<br />
Modeschöpfers, Regisseurs, Fotografen<br />
und Parfümeurs Thierry Mugler in einer<br />
fulminant inszenierten Ausstellung in<br />
der Kunsthalle München präsentiert.<br />
Diese Ausstellung zeigt rund 150 Haute-<br />
Couture- und Prêt-à-porter-Outfits<br />
des visionären Couturiers, die größtenteils<br />
noch nie ausgestellt wurden,<br />
sowie nahezu unbekannte Entwurfszeichnungen<br />
und Archivmaterial. Etwa<br />
einhundert hochrangige Fotokunstwerke<br />
von Meistern der Modefotografie<br />
wie Helmut Newton, David LaChapelle,<br />
Ellen von Unwerth oder Pierre et Gilles<br />
geben der Ausstellung eine besondere<br />
zeithistorische und spektakuläre Würze.<br />
Die Ausstellung präsentiert die verschiedenen<br />
Aspekte von Muglers Schaffen in<br />
insgesamt acht Akten.<br />
Thierry Mugler – Couturissime<br />
Bis: 28. Februar 2021<br />
Kunsthalle München<br />
www.kunsthalle-muc.de