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IM KW 45

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Während die meisten Wirtschaftszweige<br />

während der<br />

Corona-Krise finanzielle Unterstützung<br />

erhalten, geraten<br />

Vereine und soziale Einrichtungen<br />

nicht allzu selten in<br />

Vergessenheit. Die Tierschützerin<br />

Manuela Prantl aus Wenns<br />

kämpft wie viele – um das<br />

Überleben ihrer Hilfsprojekte<br />

und ihres Tieraltersheims, das<br />

sie mit viel Herzblut betreibt.<br />

Von Mel Burger<br />

Verfüttern Hauskatzenbesitzer für<br />

gewöhnlich eine halbe Dose Nassfutter<br />

täglich, so lächelt Manuela Prantl als<br />

Betreiberin der „Tiroler Tierhoamat“<br />

bei dieser Frage: „Allein für die derzeit<br />

28 Katzen im Haus benötige ich eine<br />

komplette Lage an Dosenfutter und<br />

zusätzlich noch genug Trockenfutter.“<br />

Seit über 20 Jahren kümmert sich<br />

Prantl, die auch noch als Geschäftsführerin<br />

des Sozial- und Gesundheitssprengels<br />

Pitztal tätig ist, um alte,<br />

verwaiste und gefundene Katzen, die<br />

meist aus Gesundheitsgründen oder altersbedingt<br />

keinen anderen Platz mehr<br />

finden werden. Alles begann mit einer<br />

einzelnen alten, kranken Katze, die sie<br />

bei sich aufnahm – einfach nur, um zu<br />

helfen. Rasch, wie es in einem Dorf<br />

üblich ist, verbreitete sich die Nachricht<br />

und immer mehr Menschen aus<br />

der Umgebung brachten der Katzenliebhaberin<br />

alte oder kranke Tiere.<br />

ORGANISATION. Erste Priorität<br />

bei einem Neuzugang ist immer, das<br />

Tier zuerst kennenzulernen und sich<br />

dann um die Gebrechen zu kümmern.<br />

Oft bekommt Prantl ältere Tiere, dessen<br />

Besitzer verstorben sind oder in<br />

das Altersheim ziehen mussten. Auch<br />

verletzte Tiere und Streuner finden<br />

immer ein warmes Plätzchen bei der<br />

Wennerin, deren Privathaus und Garten<br />

zu einer Oase für verstoßene Tiere<br />

geworden ist. Betritt man das helle<br />

Haus von Prantl, wird diese zwar von<br />

einer Rasselbande an kleinen Hunden<br />

verfolgt, jedoch vermittelt das Eintreten<br />

nicht im Geringsten den Flair eines<br />

gewöhnlichen Tierheims. Erst vor wenigen<br />

Tagen erhielt sie anlässlich einer<br />

gewöhnlichen Kontrolle durch die Bezirkshauptmannschaft<br />

die Nachricht,<br />

dass ihr Tierheim in tadellosem Zustand<br />

ist – sowohl Örtlichkeit als auch<br />

Dokumentation betreffend – und ein<br />

ausgezeichneter Zustand der in Obhut<br />

genommenen Tiere festgestellt werden<br />

konnte. Elf Malteser, Chihuahuas und<br />

Entsorgt, verlassen – und gefunden<br />

Erstes Tiroler Tieraltersheim in Zeiten der Pandemie<br />

Viel Freude macht Manuela Prantl das neu renovierte, riesige sowie artgerechte Außengehege für ihre Samtpfoten, das<br />

hoffentlich dieses Jahr durch neue Drahtseilverstrebungen der Schneelast standhalten wird. <br />

RS-Fotos: Burger<br />

kleine Mischlinge wuseln zu ihren<br />

Füßen, während Prantl Besucher empfängt<br />

und im Haus herumführt. Tiergerüche<br />

oder Hundehaarverschmutzung<br />

– Fehlanzeige.<br />

WOHLFÜHLEN. Die Hunde<br />

sind entspannt untereinander, aber<br />

auch die Gäste werden begrüßt und<br />

man kommt einfach nicht herum,<br />

den freundlichen Vierbeinern die<br />

gewünschten Streicheleinheiten zu<br />

gewähren. Das ganze Haus vermittelt<br />

einen hellen, sauberen und freundlichen<br />

Eindruck: Auch ein Zeichen<br />

für die Disziplin, die bei so vielen Tieren<br />

in einem Haus unabdinglich ist.<br />

Bei einem kleinen Rundgang lässt sich<br />

von der Hausterrasse aus ein Blick auf<br />

das riesige, derzeit im Umbau befindliche<br />

Katzengehege auf der Hausseite<br />

werfen – wie auch auf einen Garten,<br />

der Hunden Auslauf und ihren neuesten<br />

Fundtieren, zwei ausgesetzte Legehennen,<br />

eine neue Heimat bietet.<br />

Im unteren Teil des Hauses befindet<br />

sich neben dem großen Katzenzimmer<br />

auch noch das bestens sortierte<br />

Futter- und Streulager. Die derzeit 28<br />

Katzen wohnen auf mehreren Zimmern,<br />

die mit einander verbunden<br />

sind und viele artgerechte Kletter- sowie<br />

Rückzugsmöglichkeiten bieten.<br />

Viele der Katzen kommen ungeniert<br />

auf die Besucher zu und fordern wie<br />

ihre Hundekollegen ihre Streicheleinheiten,<br />

wobei einzelne Neuzugänge<br />

erst ihren Platz finden müssen und<br />

noch nicht angefasst werden möchten.<br />

Manuela Prantl kennt jeden<br />

einzelnen Namen, jedes Alter (das<br />

sich meist über 15 Jahren befindet)<br />

und die Geschichte hinter allen ihren<br />

Schützlingen.<br />

ENDSTATION MIT HERZ. Für<br />

die meisten Tiere ist die „Tierhoamat“<br />

die letzte Station, da sie zu intensive<br />

Pflege benötigen oder einfach schon<br />

zu alt sind. Dennoch versucht Prantl,<br />

alle Tiere so gut wie möglich zu vermitteln.<br />

Wie andere Heime spürt aber<br />

auch Prantl die Auswirkungen der<br />

Pandemie. Wie schon vermutet, blieb<br />

der Ansturm auf Tiere, die während<br />

der Langeweile des ersten Lockdowns<br />

oftmals als Lückenbüßer herzuhalten<br />

haben, aus. Im Gegenteil – das Vermitteln<br />

der Tiere wird schwerer und<br />

schwerer, die finanziellen Hilfen und<br />

Futterspenden werden weniger und<br />

weniger. Zudem ist damit zu rechnen,<br />

das auch der zweite Lockdown<br />

seine Wunden hinterlassen wird. Wie<br />

viel ein Tier aber zurückgeben kann,<br />

erkennt jeder fühlende Mensch bei<br />

Manuela Prantl und beim Besuch der<br />

Hunde, der Katzen und auch der kleinen<br />

Herde an Eseln und Pferden, die<br />

allesamt immer den Kontakt zu den<br />

Besuchern suchen. Der Umbau des<br />

artgerechten Freigeheges stand zuletzt<br />

auch unter den negativen Auswirkungen<br />

von Corona-Pandemie, wobei<br />

dank des Mitarbeiters Bruno Perktold<br />

die Decke des Geheges schneelasttechnisch<br />

gestärkt, die Klettermöglichkeiten<br />

verändert und sicherer gemacht<br />

wurden. Ohne je müde zu werden,<br />

setzt sich Prantl übrigens auch für die<br />

Rehkitzrettung per Drohen ein und<br />

visiert bereits ein weiteres Projekt zur<br />

Tierhilfe an, das in Tarrenz schon in<br />

den Startlöchern steht. Wie viele andere<br />

Tierheime ist aber auch ihr Refugium<br />

auf Hilfe und Verständnis der<br />

Bevölkerung angewiesen und das auch<br />

in Zeiten eines weiteren Lockdowns:<br />

Prantl freut sich über jede kleine Hilfe,<br />

jede Patenschaft, jede Vermittlung<br />

einer ihrer Schützlinge. Unterstützen<br />

kann die kleine Farm von fünf Eseln,<br />

zwei ausgedienten Kutschpferden, elf<br />

kleinen Hunden, zwei Hennen und<br />

den derzeit 28 Katzen jeder – und aktuelle<br />

Informationen gibt’s auf www.<br />

katzenstation-oberland.com oder auf<br />

der Facebook-Seite „Manuelas Tierhoamat“.<br />

Aus zwei geretteten Eselchen wurden heuer schnell fünf, wobei auch diese, manchmal<br />

tatsächlich recht mürrischen Vierbeiner ihr Leben bei Manuela Prantl (l., im Bild<br />

mit Tieraromatologin und -energetikerin Daniela Zangerle) genießen und nicht von<br />

der Seite ihrer Retterin weichen.<br />

RUNDSCHAU Seite 36 4./5. November 2020

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