LE-6-2020
LOGISTIK express Journal 6/2020
LOGISTIK express Journal 6/2020
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hat, dass die österreichischen Händler sich<br />
der Themen Webshop und Internationalisierung<br />
angenommen haben. In Österreich<br />
haben die Händler immer schon in die Nachbarländer<br />
geblickt. Da ist sicher eine gewisse<br />
Offenheit gegeben, die sich nun verstärkt hat.<br />
Nestler: Bereuen sie den Markteinstieg in diesen<br />
schwierigen Zeiten?<br />
Birnstingl: Es gibt jetzt eine Aufbruchstimmung,<br />
die Themen Digitalisierung, neue Märkte,<br />
Wachstum etc. spielen eine Rolle. Von daher<br />
bin ich davon überzeugt, dass es der richtige<br />
Zeitpunkt für uns ist.<br />
Nestler: Gibt es ein Logistikprodukt, für das Seven<br />
Senders typisch ist oder dass es nur bei<br />
euch gibt?<br />
Hagemann: Meines Wissens sind wir einzigartig.<br />
Und zwar in der Art, wie wir die Supply<br />
Chain lösen. Seven Senders kann nicht bestehen<br />
mit dem Mehrheitsbesitz einer Postgesellschaft,<br />
denn wir stehen für grenzenlose Freiheit.<br />
Das heißt, man soll auf der letzten Meile<br />
jeden Carrier wählen können, den man will.<br />
Markus Jaklitsch: Seven Senders ist Venture<br />
Capital finanziert. Wie sieht es mit den Finanzen<br />
aus. Trifft man sich da und beschließt, wir<br />
schießen wieder ein paar Millionen zu?<br />
Jaklitsch: Sie haben Zalando als Kunden. Wie<br />
läuft das Geschäft?<br />
Hagemann: Zalando ist nicht unser Kunde,<br />
sondern unser Partner. Zalando ist eine Plattform<br />
und die Partner von Zalando sind unsere<br />
Kunden. Ein Händler, der über Zalando verkauft<br />
und der nicht die Logistik machen kann<br />
oder will, das sind unsere Kunden. Zalando<br />
pusht die Händler in gewisse Lieferkanäle.<br />
Das heißt, wenn ich als Händler in Hamburg<br />
über zalando.at verkaufen will, muss ich auf<br />
der letzten Meile auch einen bestimmten<br />
Carrier nehmen. Und genau da helfen wir<br />
den Händlern. Wir sind also das Logistik enabling<br />
für Händler, die auf Zalando verkaufen.<br />
Jaklitsch: Bestehen Überlegungen mit Amazon<br />
in Kontakt zu treten?<br />
Hagemann: Wir sehen Amazon als potenziellen<br />
neuen Wettbewerber auf der<br />
letzten Meile. Wir gehen sehr stark davon<br />
aus, dass Amazon zukünftig in unserem<br />
Letzte-Meile-Portfolio auftauchen wird<br />
als ganz normaler Dienstleister neben den<br />
Postdiensten. In UK ist das schon passiert.<br />
Jaklitsch: Wollt ihr auch stärker in den B2B-Bereich<br />
gehen?<br />
MARKUS JAKLITSCH<br />
HERAUSGEBER<br />
LOGISTIK EXPRESS<br />
Hagemann: So hemdsärmelig würde ich das<br />
nicht formulieren. Natürlich gibt es die regelmäßigen<br />
Board Meetings, in denen man die<br />
Lage bespricht. Unsere Finanzpartner sind bekannt,<br />
es gab im Juni 2019 die letzte Finanzierungsrunde<br />
und wir sind derzeit finanziell gut<br />
aufgestellt. Diese Mittel werden sicher auch<br />
2021 noch reichen und dann schauen wir<br />
weiter. In einem gewissen Maße sind wir auch<br />
glücklich darüber finanziell unabhängig von<br />
den Kapitalmärkten zu sein. Wenn man sich<br />
anschaut, wofür Onlinehändler Fremdkapital<br />
brauchen, dann sind das Marketingkosten<br />
und Working Capital. Das haben wir beides<br />
nicht.<br />
Wir sind in der Lage selbständig zu überleben.<br />
Wir sind so gepolt, dass wir nicht das Rennen<br />
um die größte Finanzierungsrunde bestreiten<br />
wollen. Am Ende gibt es aber immer einen<br />
trade-off zwischen sehr starkem Wachstum<br />
und darin kein Kapital aufzunehmen.<br />
Hagemann: Da stellt sich mir die Frage: Was ist<br />
B2B? Ich mache für mich gedanklich immer<br />
eine Matrix auf: Es gibt das schöne E-Commerce<br />
Standardpaket, das eine sehr schnelle<br />
und zuverlässige Laufzeit haben muss. Und<br />
auf dem anderen Ende der Skala gibt es ein<br />
time definite express B2B-Paket, das hochsensitiv<br />
ist – zum Beispiel Ersatzteilschrauben für<br />
einen Windpark im Norden von Schottland,<br />
die am nächsten Tag zwischen 10 und 10:30<br />
Uhr an dem Ort sein müssen. Und dazwischen<br />
gibt es natürlich ganz viel. Die Antwort lautet<br />
für uns: Wir schauen uns B2B an, aber nicht in<br />
den nächsten 12 bis 18 Monaten das time definite<br />
express B2B-Paket. B2B-Pakete aus dem<br />
E-Commerce oder vielleicht sogar aus der<br />
Industrie gerne, aber ehrlicherweise mit einer<br />
relativ humanen Laufzeitanforderung, dafür<br />
aber mit einer hohen Liefertreue. Das können<br />
wir uns schon vorstellen.<br />
Nestler/Jaklitsch: Danke für das Interview!