LE-6-2020
LOGISTIK express Journal 6/2020
LOGISTIK express Journal 6/2020
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
LOGISTIK express 6/<strong>2020</strong> | S46<br />
Hagemann: Es geht um das Thema Flexibilität<br />
und gleichzeitig um Komplexität. Wir verstehen<br />
uns einerseits als Logistikunternehmen,<br />
andererseits aber auch sehr stark als Technologieprovider.<br />
Wenn sich jemand dem<br />
europäischen Markt als Onlineshop nähert,<br />
dann liegen da schon einmal die unterschiedlichsten<br />
Komplexitäten im Shop selber<br />
vor und mit der Steuer. Wenn man dann<br />
auch noch mit 15 verschiedenen Last-Mile-Carriern<br />
kooperieren muss, dann beginnt<br />
man Valium in der IT-Abteilung zu verteilen,<br />
wenn es darum geht, die unterschiedlichsten<br />
Label-Anforderungen zu platzieren.<br />
Dem Händler geht es darum, das Einkaufserlebnis<br />
seiner Kunden zu einem Konsumenten-Event<br />
zu gestalten. Wir sind hier stark<br />
eingebunden, indem wir zum Beispiel track<br />
und trace erledigen, was heute bereits Standard<br />
sein sollte. Andererseits sind wir in der<br />
Lage, die unterschiedlichsten Themen, wie<br />
etwa Buchhaltung, E-Mail-Aviso, Kaufabwicklung<br />
etc. anzubieten. Unser Angebot<br />
geht weit über die Frage wie hoch ist der<br />
Transportpreis und wer ist mein Carrier hinaus.<br />
Es geht sehr stark in die Technologiewelt hinein.<br />
Das entspricht natürlich dem Zahn der<br />
Zeit. Für uns gilt wiederum, dass wir das nicht<br />
selber programmieren müssen, sondern als<br />
third party zukaufen können. So können wir<br />
sehr schnell neue Märkte erschließen. Der<br />
Kunde kann einzelne Leistungen aus unserem<br />
Produktportfolio herauskaufen, aber es ist nie<br />
ein Zwang dahinter. Er ist also frei in seiner<br />
Carrierwahl und er ist frei darin, welche Zusatzleistungen<br />
er braucht.<br />
Nestler: Kommt es auch vor, dass Kunden<br />
nach Gesprächen mit ihnen den Carrier für<br />
die letzte Meile geändert haben?<br />
Hagemann: Durchaus! Die letzte Meile ist bei<br />
uns genau das, wofür wir stehen. Man kann<br />
die immer ändern. Die Stärke von Seven Senders<br />
hat man besonders mit Corona gut gesehen.<br />
In Frankreich ist die Post nach Ausbruch<br />
der Pandemie dort völlig eingebrochen. Es<br />
wurde über Tage und teilweise über Wochen<br />
hinweg allen E-Commerce-Händlern nur ein<br />
bis maximal zwei Anliefertage gegeben. Da<br />
gab es natürlich bei uns einen Ansturm von<br />
Anfragen zu einem Carrierswitch. Viele Onlinehändler<br />
hatten sich ja nicht mit Alternativen<br />
abgesichert, was einen Fallback-Carrier<br />
angeht. Da sind viele unserer Kunden zu GLS<br />
geswitcht, weil die ihr Netzwerk zu dieser Zeit<br />
besser in Griff hatten.<br />
Nestler: Wie hat sich ihr Geschäft beim ersten<br />
Aufflackern der Coronakrise entwickelt?<br />
Hagemann: Nach einem ersten Einknicken<br />
hat es sicher eine merkliche Zunahme der<br />
Volumina aus dem Onlinehandel gegeben.<br />
Die Menschen haben zu der Zeit einfach das<br />
gekauft, was sie zu dem Zeitpunkt brauchten<br />
oder haben wollten: Wir haben zum Beispiel<br />
Lkw-weise Brotbackmaschinen nach Italien<br />
geliefert. Es hat aber auch sehr viele Händler<br />
gegeben, denen es nicht so gut ging – etwa<br />
im Bereich Mode und Accessoires. Da haben<br />
sich die Konsumenten ganz einfach gesagt:<br />
Wenn ich nicht weiß, ob ich überhaupt auf<br />
Sommerurlaub fahren kann, warum soll ich<br />
mir ein neues Outfit dafür kaufen. Rückschauend<br />
betrachtet hat der Onlinehandel insgesamt<br />
klar von der Coronakrise profitiert. Man<br />
rechnet mit einem Sockel-Uplift in zweistelliger<br />
Prozenthöhe. Das heißt, wir gehen davon aus,<br />
dass der E-Commerce damit auf ein neues<br />
Plateau gehoben wurde und von dort aus<br />
weiterwachsen wird. Es wurden in dieser Zeit<br />
sicher auch neue Kunden gewonnen, die davor<br />
noch nicht online gekauft haben. Es gab<br />
also quasi einen Zeitsprung für den Onlinehandel.<br />
Nestler: Wie wird sich das Geschäftsjahr <strong>2020</strong><br />
vorausblickend entwickeln?<br />
Hagemann: Das laufende Geschäftsjahr wird<br />
am Ende sehr positiv ausfallen. Wir haben<br />
von Mehrverkäufen profitiert. Wir hatten aber<br />
auch Herausforderungen in einzelnen Geschäftsbeziehungen,<br />
was die Kontaktaufnahme<br />
betrifft. Es war sicher nicht das grandiose<br />
Jahr für den B2B-Geschäftsvertrieb. Auch wir<br />
mussten uns auf remote umstellen, so gesehen<br />
war es ein herausforderndes Jahr. Aber<br />
unterm Strich sind wir sehr zufrieden.<br />
Nestler: Herr Birnstingl, was sind die Pläne für<br />
Österreich?<br />
Birnstingl: Wir wollen beweisen, dass Österreich<br />
durchaus eine europäische Chance