ST:A:R_16
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56 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch VII - FRANCE <strong>ST</strong>/A/R Nr. <strong>16</strong>/2007<br />
Chaix & Morel:<br />
Architektur der Leichtigkeit<br />
Foto: Eddie young / Atelier d’architecture Chaix & Morel et associés<br />
Bahnhofsviertel Luxemburg<br />
Das Atelier Chaix & Morel und Partner<br />
ist ein ein Ort aus Zink, Glas und guter<br />
Atmosphäre, gelegen in einem Hof der<br />
kleinen rue des Haies, hinter dem Boulevard de<br />
Charonne, im 20. Arrondissement, Paris. Was<br />
hier zählt ist die Qualität der Beziehungen: Die<br />
Projekte des Ateliers und die Einbindung aller<br />
Mitarbeiter in das Team -das schöne Buch von<br />
François Chaslin, Chaix & Morel, Années lumière...<br />
gibt davon einen Eindruck- unterstreichen das.<br />
Auch die Geduld, mit der Walter Grasmug, der<br />
österreichische Partner, mir die Geschichte<br />
des Ateliers und seine neuesten Projekte zu<br />
präsentieren, spricht für sich.<br />
Die Zusammenarbeit von Philippe Chaix und<br />
Jean-Paul Morel begann zu Begin der 1980er<br />
Jahre. Anlass war das Projekt für den Zenith,<br />
die Konzerthalle im pariser Parc de la Villette.<br />
Der Zenit war als vorübergehende Konstruktion<br />
geplant: mit seiner Textilbedeckung, seinen<br />
veränderlichen Räumen und seinen großzügigen<br />
Zugängen ist er eher ein technisches Werkzeug<br />
als ein Gebäude. Die Idee hatte Erfolg und<br />
verbreitete sich in verschiedenen Städten<br />
Frankreichs.<br />
Die Architekten nehmen eine einfache Form<br />
und eine Struktur anhand derer die Qualität<br />
des zu verwendenden Materials festgelegt<br />
wird und versuchen damit der Funktion des<br />
geplanten Gebäudes im Rahmen der gegebenen<br />
Umstände gerecht zu werden. Design wird zum<br />
Forschungsgebiet einer Dialektik zwischen Form,<br />
Struktur und Funktion. Chaix & Morel entwickeln<br />
Gebäude wie Möbel. Auf dem pariser Salon du<br />
meuble wurden sie 1996 zu den Kreativen des<br />
Jahres gewählt, Sie begründen eine Kontinuität<br />
zwischen Design und Architektur: Konzertsäle wie<br />
Stadien werden als reproduzierbare Prototypen<br />
gedacht, die sich dem Kontext anpassen.<br />
In den 1990er Jahren brachte das Atelier<br />
verschiedene wichtige und originelle Bauten<br />
hervor: Das Museum von Saint Romain -ein in<br />
die erforschte Landschaft der archäologischen<br />
Stätte integrierter Pfahlbau- oder die Universität<br />
für Brücken und Straßenbau sowie jene für<br />
geographische Wissenschaft. Die soziale Bedeutung<br />
dieser Projekte ist erheblich: eine Kontinuität<br />
zwischen Wissenschafts- und Lebensraum,<br />
zum einen Archiv, Forschungsbereich und<br />
Ausgrabungsstätte, zum anderen Empfang,<br />
Ausstellung, Versammlungsplatz und Cafeteria.<br />
Die die Nüchternheit der Formen und die der<br />
Foto: Xavier Testelin<br />
Stadium von Amiens bei Nacht<br />
Leichtigkeit der oft aufgehängten und sehr<br />
lichtreichen Gebäude gezollte Aufmerksamkeit,<br />
kennzeichnen eine um die Verbesserung<br />
der Qualität der Beziehung zwischen ihren<br />
Bewohnern, ihrer Aktivität und dem Ort bemühte<br />
Architektur.<br />
In diesem Geiste wurden auch das Stadium<br />
von Amiens und später das Stadium von Grenoble<br />
entworfen. Das Publikum und die Spieler befinden<br />
sich unter freiem Himmel, geschützt durch eine<br />
Schale aus Glas. Die transparente Konstruktion<br />
gibt Sicht auf die Landschaft, während das<br />
Stadium in der Nacht an eine leuchtende Muschel<br />
erinnert, nicht aber an einen geschlossenen<br />
Kochtopf. Im Entwurf des Volumen wurde ein<br />
Erweiterungsbalkon integriert: den 12.000 Plätzen<br />
des Stadiums fügt der Balkon 8.000 weitere hinzu.<br />
Neueste Projekte: das Hôtel Quai de Seine,<br />
ein Komplex der ein Übernachtungszentrum<br />
und eine Jugendherberge in sich vereint. Die<br />
Magasins généraux von la Villette, errichtet als<br />
Zwillingsbauten auf je einer Seite des Kanals.<br />
Die Silhouette und das Volumen der durch den<br />
Brand von 1991 vernichteten Gebäude sollte<br />
neu geschaffen werden. Chaix & Morel haben<br />
den Baukörper parallel zur Wasseroberfläche<br />
in vier Längsstreifen geteilt, und ein Viertel des<br />
Volumens geleert: der so entstandene Innenhof<br />
erlaubt die Ausrichtung der Zimmer in das Innere<br />
und verlängert die Allee längs des Kanalufers.<br />
Die Anpassung des Gebäudes an den Bauort und<br />
seine Helligkeit werden durch eine beigefarbene,<br />
netzartige Metallkonstruktion gewährleistet,<br />
die, an die Farbe des Zwillingsgebäudes<br />
erinnernd, dessen Form nachzeichnet, ohne<br />
sie abzuschließen, die Durchgänge der<br />
Feuerwehrstation bekleidet und das Licht filtert.<br />
Ein weiteres Projekt mit hoher<br />
städtebaulicher Spannweite: Die Neugestaltung<br />
des Bahnhofviertels von Luxemburg. Zwei im<br />
Stadtgeflecht durch enormen Gleiseinschnitte<br />
getrennte Räume waren zu verbinden. Eine<br />
grüne Fläche bringt Kontinuität: Sie schafft<br />
nicht nur neuen öffentlichen Raum, sondern<br />
verlängert auch die schon existierenden Strassen.<br />
Durch angrenzende Konstruktionen wird das<br />
Viertel ebenfalls aufgewertet. Projektziel ist es,<br />
die Entwicklung eines zentralen Stadtviertels<br />
vorherzusehen und zu begleiten.<br />
Konzerthalle Zenith in Paris<br />
Magasins généraux / Hôtel Quai de Seine am Canal de la Villette in Paris<br />
Text: Brigitte Bercoff<br />
Bibliographie : François Chaslin, Chaix et<br />
Morel, années lumière, Ante Prima, AAM<br />
éditions, 2006.<br />
Herzlichen Dank an Walter Grasmug<br />
und an Marion Brice für die freundliche<br />
Zusammenarbeit.<br />
Übersetzung Christian Denker<br />
Foto: Eddie young / Atelier d’architecture Chaix & Morel et associés Foto: Atelier d’architecture Chaix & Morel et associés<br />
Foto: Christian Richters<br />
Museum Saint Romain<br />
Stadium von Amiens bei Tag<br />
(Innenansicht)<br />
Foto: Christian Richters