ST:A:R_16
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88 <strong>ST</strong>/A/R<br />
Buch XI - AUTO-<strong>ST</strong>AR<br />
Nr. <strong>16</strong>/2007<br />
Für <strong>ST</strong>/A/R gefahren in einem Hangar bei Paris: Nissan Mixim Concept Car<br />
X-BOX FÜR ANGEWANDTE<br />
Nissan<br />
Mühsam schält es sich in die Realität: Das momentan bestversicherte Nissan-Unikat scheint von<br />
weither aus einer virtuellen Paralellwelt zu uns durchgedrungen zu sein<br />
TEXT UND FOTOS: DAVID <strong>ST</strong>ARETZ<br />
Der Mixim wurde für folgendes Szenario entworfen:<br />
Autofahren, veraltete Technologie<br />
der Fortbewegung, muss künftig um seinen<br />
angestammten Stellenwert bangen. Nissans<br />
Antwort auf eine Zukunft der Konsolen-Racer und<br />
Stubenhocker: Eine geschlossene Medienstation,<br />
die sich per GameController (statt drögem Lenkrad)<br />
und Stealth-Design quasi subversiv als Auto<br />
entpuppt. Damit das nicht zu offenkundig wird,<br />
muss man die virtuelle Ebene so gut wie gar nicht<br />
verlassen, lästige Realität erscheint wie eingespielt<br />
auf dem oberen Teil der Panoramascheibe, deren<br />
unterer Teil sich in dramatischer Computeranimation<br />
auflöst.<br />
Damit weiter keine störenden Einflüsse aufkommen,<br />
wurde Mixim auf rein elektrischer Basis gehalten,<br />
wie das Kabel bezeugt, das zur Steckdose<br />
in diesem leerstehenden Hangar bei Nizza führt,<br />
wo das Concept Car, Star auf Nissans letztem IAA-<br />
Stand, ausgesuchten Medien vorgeführt wird.<br />
Auf drastische Weise führt uns das Schicksal klassische<br />
Schwächen der Antriebsart vor: Ein blöder<br />
Stromausfall gerade jetzt bewirkt, dass der Mixim<br />
nicht aufgeladen werden kann.<br />
Die beiden schlicht “Super Motor” genannten<br />
Antriebseinheiten, je eine für Vorder- und Hinterachse,<br />
stehen still, so lange die Lithium-Ionen-<br />
Batterien keinen Saft bekommen.<br />
Der Wagen, auf Micra-Basis aufgebaut, gefällt inzwischen<br />
durch gekonntes Design, allerdings am<br />
äußeren Rande der Realisierbarkeit (bloß nicht<br />
rechts über die Schulter schauend in Fließverkehr<br />
einordnen müssen!), wie schon die fehlenden<br />
Scheibenwischer verdeutlichen.<br />
Umso dramatischer schwingen auf Knopfdruck<br />
die beiden Flügeltüren auf, ein ewiger, wenig praxishinterfragter<br />
Symbolismus der Moderne.<br />
Ebenso modern wie unpraktisch: Dreiersitze, wobei<br />
der Fahrer eine vorgerückte Zentralposition<br />
innehat. Zwecks erleichtertem Aussteigen lassen<br />
sich Fahrersitz und linker Beifahrersitz zur Tür<br />
Monitor der Rückspiegelkamera<br />
hin schwenken. Das ist alles wunderbar weltfern<br />
und extracool, aber wirklich gelungen find ich die<br />
Heckleuchten wie flüssige Lava.<br />
Nett auch: das allgegenwärtige Rhomben-Thema,<br />
wie man es im Matrix-Lichtbereich und an der<br />
Flanke vorfindet.<br />
Die kühlgraue Lackfarbe unterstreicht einen gewissen<br />
Post-World-Charakter; der Mixim mit seinem<br />
nur aufs Notwendigste klaffenden Visier. Draußen<br />
regnet es. Ratlos stehen wir um das saftlose<br />
Auto herum, es ist alles gesagt. Draußen fährt ein<br />
Lieferwagen vorbei, hoffnungslos veraltete Technologie,<br />
und entschwindet in einer Gischtwolke.<br />
Wir haben Zeit. Die Zukunft kann warten.<br />
David Staretz – leider Stromausfall