Z - Das ZOAR-Magazin Ausgabe 1 2020
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BTHG<br />
Wie es zum Beispiel Hans Michael<br />
Eberle, Leiter des Bereichs Teilhabe,<br />
Pflege und Senioren der Stadt<br />
Ludwigshafen, erklärt, ist eine<br />
Bilanzierung der Entwicklungsschritte<br />
bislang noch gar nicht<br />
möglich, „da wir uns noch mitten in<br />
der Umsetzung befinden“. Schließlich<br />
sei dieses Thema an Komplexität<br />
kaum zu überbieten. Der Begriff<br />
„Systemwechsel“ sei da durchaus<br />
angebracht. „Der Systemwechsel<br />
muss in den Köpfen aller beteiligten<br />
Menschen geschehen“, sagte<br />
Referatsleiter Hans Michael Eberle<br />
im Interview. „Gesetzliche Vorgaben<br />
können lediglich Rahmenbedingungen<br />
vorgeben.“<br />
Neue Eingliederungshilfe<br />
Die Vergütung durch Pauschalen<br />
sowie die Trennung zwischen<br />
ambulant, teilstationär und stationär<br />
gibt es seit diesem Jahr nicht mehr.<br />
Schwerpunkte des Wandels liegen<br />
vor allem in der Umsetzung von<br />
mehr Teilhabe; letztlich eine ganz<br />
selbstverständliche Teilhabe<br />
beeinträchtigter Menschen in den<br />
Bereichen Arbeit, Wohnen und<br />
Freizeit. Zum Selbstverständnis der<br />
neuen Eingliederungshilfe gehören<br />
Personenzentrierung, Umsetzung<br />
des Wunsch- und Wahlrechts (zum<br />
Beispiel Wohnform und -ort sowie<br />
passende Assistenz) und Mitwirkung<br />
und Mitbestimmung in Gremien.<br />
Unter diesem Fokus steht zum einen<br />
die Weiterentwicklung der Angebote<br />
der Werkstätten für Menschen mit<br />
Beeinträchtigung und zum anderen<br />
die Weiterentwicklung der Assistenzleistungen<br />
im Bereich Wohnen. <strong>Das</strong><br />
Ziel ist überall gleich: mehr Raum<br />
schaffen für Persönlichkeitsentwicklung<br />
und Eigenständigkeit.<br />
In diesem Zusammenhang startete<br />
im September 2017 das Projekt<br />
„WIR sind alle BUNT“, aus dem sich<br />
„WIR gestalten ZUKUNFT“ (Leitung:<br />
Anja Seepe; Anm. d. Red.) entwickelte,<br />
mit einem großen Kick-Off, in dessen<br />
Rahmen Austausch und Begegnung<br />
stattfanden. In verschiedenen<br />
Arbeitsgruppen wurden die Kernthemen<br />
„Wie wollen wir wohnen“,<br />
„Wie wollen wir miteinander<br />
umgehen“, „Wie wollen wir arbeiten“<br />
und „Partnerschaft und Zweisamkeit“<br />
erarbeitet. Ziel war ein<br />
Aktionsplan, der im September 2019<br />
verabschiedet wurde. Dieser enthält<br />
sowohl Maßgaben zur Kommunikation,<br />
um eine Haltungsänderung<br />
deutlich zu machen als auch<br />
konkrete Maßnahmen zur Partizipation.<br />
Außerdem gibt der Aktionsplan<br />
konkrete Handlungsanweisungen für<br />
den respektvollen Umgang miteinander,<br />
so sollte zum Beispiel vor<br />
Betreten eines Zimmers angeklopft<br />
werden. Weil es hierbei um eine<br />
veränderte Haltung und einen<br />
Umgang auf Augenhöhe geht, ist<br />
das „WIR“-Projekt bei Zoar eng mit<br />
einer erfolgreichen Umsetzung des<br />
BTHG verknüpft.<br />
Decken sich Theorie und Wirklichkeit?<br />
In den Informationsveranstaltungen 2019 erhielten die Leistungsanbieter häufig die Rückmeldung von<br />
den Angehörigen sowie gesetzlichen Betreuern und Betroffenen, dass dieses neue System komplexer und<br />
komplizierter ist als das vorherige. Mehr Aufwand. So, wie es war, war es doch gut, so die Äußerung vieler.<br />
Wo ist unser Mehrwert durch das Bundesteilhabegesetz? Viele wünschten sich zwar schon lange einen<br />
individuelleren, personenzentrierten Ansatz, sind aber trotzdem der Meinung, dass das System dafür<br />
nicht in der Gänze hätte reformiert werden müssen.<br />
<strong>Das</strong> BTHG sieht auch vor, dass der Klient prozessbegleitend einbezogen wird. Zu Beginn steht der Beratungsprozess,<br />
dann die Bedarfsermittlung, dann werden Ziele formuliert, zum Beispiel „Ich möchte lernen mit<br />
dem Bus, mit dem Zug zu fahren“, „Ich möchte einmal die Woche einkaufen gehen“, „Ich möchte einen<br />
Putzplan erstellen“. Gemeinsam werden die Ziele festgelegt. Was sind Deine Ziele? Wo sind Deine<br />
Problemlagen? Wo stehst Du im Moment und welche Unterstützung brauchst Du, um Dein Ziel zu<br />
erreichen? Danach sollte sich die Unterstützung orientieren. Im nächsten Schritt wird überlegt, wer diese<br />
Unterstützung anbieten kann. Erst dann kommt der Leistungsanbieter ins Spiel. Die Leistung, die finanziert<br />
werden soll, ist nun festgelegt. Aus der Vielzahl von Leistungsanbietern wählt der behinderte Mensch mit<br />
Unterstützung des Trägers der Eingliederungshilfe einen Anbieter aus.<br />
Zoar-<strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2020</strong><br />
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