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Z - Das ZOAR-Magazin Ausgabe 1 2020

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BTHG<br />

Wie hoch ist der Regelsatz? Was ist die Eingliederungshilfemaßnahme?<br />

Noch hapert es bei der personenzentrierten<br />

Finanzierung der Eingliederungshilfemaßnahme.<br />

<strong>Das</strong> sind langjährige Prozesse. Man kann nicht<br />

von heute auf morgen ein Finanzierungssystem in der<br />

Gänze umstellen. Wir sind bei der Umsetzung des BTHG<br />

noch sehr am Anfang, was ich aber auch gar nicht<br />

negativ sehe. Wir müssen jetzt erstmal den Schritt<br />

schaffen, Fachleistung und Existenzsicherung sauber zu<br />

trennen, um dann die Fachleistung personenzentriert<br />

auszurichten. Damit es Menschen, auch mit hohem<br />

Unterstützungsbedarf, möglich gemacht wird, bei Bedarf<br />

außerhalb von besonderen Wohnformen zu leben.<br />

In welcher Weise hat die Corona-Pandemie die<br />

Reformschritte verzögert oder gar ganz verhindert?<br />

Volker Conrad: Auf verschiedenen Ebenen ist das ein<br />

deutlicher Einschnitt. Wenn Bewohner verselbstständigt<br />

werden sollen, einkaufen zu gehen, dann hat Corona<br />

da sehr viel an guter Entwicklung zunichte gemacht.<br />

Denn da Menschen mit Behinderung zumeist zu den<br />

Risikogruppen zählen, sind sie zum eigenen Schutz<br />

im geschützten Rahmen verblieben, und es sind,<br />

um bei diesem Beispiel zu bleiben, andere für sie<br />

einkaufen gegangen.<br />

Mit Blick auf den BTHG-Umsetzungsprozess sind viele<br />

Besprechungen aufgrund der Corona-Pandemie ausgefallen.<br />

<strong>Das</strong> verlangsamt den Prozess momentan deutlich.<br />

Es ist aber auch richtig, dass wir verantwortungsvoll mit<br />

der Pandemie umgehen. Der Mensch mit Behinderung<br />

hat verschiedene Lebensbereiche: Arbeit, das wurde ihm<br />

verwehrt beim ersten ‚Lockdown‘, Wohnen in der<br />

besonderen Wohnform und die Herkunftsfamilie.<br />

Und wenn sich das von heute auf morgen auf einen<br />

Lebensbereich reduziert, ist das natürlich eine sehr<br />

massive Einschränkung und Belastung. Es waren<br />

politische Entscheidungen, die getroffen wurden und<br />

die der Pandemie-Lage geschuldet waren und sind.<br />

Hätte man diese Maßnahmen nicht ergriffen, wäre die<br />

Situation für uns alle noch viel kritischer gewesen. Es ist<br />

ein Abwägen. Was ist im Moment wichtiger? Da sind wir<br />

wieder beim Thema Fürsorge und der Spannung<br />

zwischen Fürsorge und Selbstbestimmung. Corona<br />

geschuldet sind aktuell mehr die fürsorgenden Elemente<br />

in den Vordergrund gerückt. Wenn es dann einen Impf-<br />

Thomas Spintler; wohnt im Haus am Park, Zoar Heidesheim / er fühlt sich relativ<br />

fit und kann sich um vieles selbst kümmern. Gern gibt er auch mal Mitbewohnern<br />

Rat, Rentner zum Beispiel haben einen höheren Selbstbehalt, was dazu<br />

führt, dass ihnen monatlich etwas mehr Geld zur Verfügung steht. Andererseits<br />

hat er auch gern seine Ruhe und hält sich in seinem Zimmer auf. Während dem<br />

Corona-Lockdown haben Mitarbeiter für die Hausbewohner eingekauft. Zum<br />

Teil seien sie mit über dreißig Umschlägen mit Geld „losgezogen“. Thomas Spintler<br />

empfand Dankbarkeit dafür, obwohl er es eigentlich gewohnt ist, seine Wege selbst zu<br />

erledigen; eben auch, weil er so aktiv ist.<br />

„Ich finde, es war längst überfällig, uns mehr mitwirken und mitbestimmen zu lassen. Durch Corona ist<br />

vieles wieder verdrängt worden. Dinge haben sich verzögert oder liegen immer noch auf Eis. Rund um das<br />

BTHG gibt es eine Fülle an Informationen. Je nachdem, welche kognitive Einschränkung man hat, ist das<br />

alles mehr oder weniger gut zu verstehen. Jeder sollte in dem Rahmen, der ihm möglich ist und seinen<br />

Fähigkeiten entspricht, selbstbestimmt leben können. Teilhabe am beruflichen und gesellschaftlichen<br />

Leben ist auf jeden Fall sehr wichtig. Ich selbst sehe mich nicht als ausgegrenzt.“<br />

66 Zoar-<strong>Magazin</strong> 1 | <strong>2020</strong>

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