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Christkatholisch_2020-22

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Christkatholisch 22/1/2020 Hintergrund

3

Religionspolitik im Wandel

Offen gegenüber allen

Religionen

Editorial

David Leutwyler ist seit Anfang 2020 Beauftragter für kirchliche und

religiöse Angelegenheiten des Kantons Bern. Im Zuge des neuen Landeskirchengesetzes

ist für ihn auch die Finanzierung von Leistungen

von privatrechtlich organisierten Religionsgemeinschaften denkbar.

Daniel Pfenning

Liebe Leserin, lieber Leser

David Leutwyler, was sind Ihre Aufgaben

und Ziele?

Das neue Landeskirchengesetz und der

Auftrag des Regierungsrates zur Erarbeitung

eines religionspolitischen Monitorings

geben die Aufgaben meines Amtes vor: die

politischen Geschäfte in kirchlichen und religiösen

Angelegenheiten vorbereiten; die

kantonalen Amtsstellen in Religionsfragen

unterstützen; die öffentlich-rechtlich anerkannten

Religionsgemeinschaften stärken;

die Leistungen der privatrechtlich organisierten

Religionsgemeinschaften erfassen

und abklären, wo eine Gleichbehandlung

mit den Landeskirchen angezeigt ist; und

die Religionspolitik so gestalten, dass sie

auch von areligiösen und konfessionslosen

Menschen mitgetragen wird. Letztlich geht

es darum, für alle faire staatliche Rahmenbedingungen

zu schaffen. Um diese Aufgaben

möglichst gut wahrnehmen zu können,

ist es für mich wichtig, die

Religionsgemeinschaften des Kantons Bern

besser kennenzulernen.

Die Direktion für Inneres und Justiz

des Kantons Bern hat angekündigt,

zu diesem Zweck ein religionspolitisches

Monitoring durchzuführen.

Was ist damit gemeint?

Gute Politik setzt voraus, dass die Anliegen

der Bürgerinnen und Bürger bekannt sind.

Ein Monitoring liefert die Grundlage, um

daraus Massnahmen abzuleiten, wie die

Religionspolitik des Kantons Bern in Zukunft

gestaltet werden soll. Erste Massnahmen

sind die Kontaktaufnahme und die

Erarbeitung einer digitalen Landkarte der

Religionen, welche die Vielfalt der existierenden

Religionsgemeinschaften sichtbar

machen soll. Ziel ist auch, die Religionsgemeinschaften

und die Leistungen zu beschreiben,

die sie im Interesse der gesamten

Gesellschaft erbringen. Damit hängt

die Prüfung von Ungleichbehandlungen

zusammen, die in der «Religionspolitischen

Auslegeordnung für den Kanton Bern» von

2017 kritisiert wurden.

Wollen Sie mit allen privatrechtlich

organisierten Religionsgemeinschaften

ein Netzwerk aufbauen? Auch

mit fundamentalistischen Religionsgemeinschaften

wie der Scientology-

Kirche oder dem Islamischen Zentralrat

Schweiz?

Soweit sich die Religionsgemeinschaften

im Rahmen der Rechtsordnung und der

Verfassung bewegen, möchte ich Gesprächsbereitschaft

signalisieren. Austausch

und gegenseitiges Kennenlernen

wirken der Entwicklung von Parallelgesellschaften

entgegen und tragen damit zur

Wahrung des sozialen Friedens bei.

Viele muslimische Vereine wissen

nicht, was der Staat mit dem religionspolitischen

Monitoring bezweckt.

Sie denken, sie stünden unter

Generalverdacht und sollten

überwacht werden. Wie wollen Sie

aufklären und Vertrauen schaffen?

Das religionspolitische Monitoring soll zu

mehr Sichtbarkeit und einem besseren gegenseitigen

Verständnis beitragen. Aus

meinen Erfahrungen in der interreligiösen

Zusammenarbeit habe ich gelernt, dass

persönliche Begegnungen unverzichtbar

sind, um Vertrauen zu schaffen.

In einigen Kantonen gibt es bereits

runde Tische der Religionen, an einigen

ist auch der Staat beteiligt. Wäre

ein solches Gremium auch im Kanton

Bern möglich?

Ja, wir denken an interreligiöse Zusammenkünfte

zu religionspolitischen Handlungs-

Ein Wandel wird in vielerlei

Hinsicht thematisiert in dieser

Ausgabe. So schreibt unsere

Synodalratspräsidentin eine

hoffnungsvolle Neujahrsbotschaft

mit Bezug auf die mannigfaltigen

Auswirkungen der

Pandemie. Querdenken als Rezept

für 2021? Wer weiss... ein

Ansatz, welcher Tradition hat

in unserer Kirche.

Quer gedacht wird auch hinsichtlich

der wandelbaren Auffassung

von staatlicher Verortung

der Landeskirchen. Wie

genau, das erfahren wir von

David Leutwyler in seinem Interview

zum Vorhaben eines

religiösen Monitorings im Kanton

Bern.

Auch der Umgang mit weihnachtlichen

Traditionen unterliegt,

ganz besonders in diesem

Jahr, einem gewissen Wandel.

Darüber berichtet Lenz Kirchhofer

in seinem Bibelwort.

Das Faszinierendste am Wandel

finde ich die Wandelnden

selbst. Gerade 2020 wurden wir

intensiv und oft unsanft zum

Wandel aufgefordert. Mitunter

erfolgte er sprunghaft, bald

hierhin, bald dorthin. Und wir

eilten mit, so gut es ging. Doch

wir können das. Es zeichnet uns

als biologische Spezies aus, dass

wir wandelbar sind. Und auch

wenn wir mal hastig hinterhereilen,

es liegt an uns, den Wandel

zu steuern. Darauf vertraue

ich auch für 2021. In diesem Sinne

wünsche ich uns allen ein

frohes neues Jahr.

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