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CHECK Berlin #2

Das männer* Gesundheitsmagazin

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sexuelle gesundheit<br />

TESTEN UND<br />

AUFKLÄREN<br />

Die PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe)<br />

hat vielen von uns ein neues Sexleben<br />

geschenkt. Doch nicht jeder kann so<br />

einfach Jahrzehnte der Angst und des<br />

Misstrauens einfach ungeschehen<br />

machen. Männer, die nach wie vor ein<br />

Kondom benutzen wollen – auch um<br />

sich etwa vor anderen Geschlechtskrankheiten<br />

schützen zu wollen<br />

– werden mittlerweile belächelt<br />

und ausgegrenzt. Dabei hat sich das<br />

Grundproblem nicht unbedingt geändert:<br />

Woher willst du wissen, ob der<br />

Kerl die Tabletten wirklich und auch<br />

korrekt eingenommen hat? Die PrEP<br />

im Kontext von sexueller Gesundheit<br />

bleibt aber enorm wichtig. Das findet<br />

auch Dr. Frank Reißmann von den<br />

Medios-Apotheken. Ein Faktencheck<br />

im Interview.<br />

Rückblickend, wie gut wurde<br />

in ihren Augen die PrEP<br />

angenommen?<br />

Sie wurde von Anfang an<br />

sehr gut angenommen,<br />

auch wenn es zunächst nur<br />

die Möglichkeit der verblisterten<br />

PrEP gab und nicht<br />

jeder den finanziellen Rückhalt<br />

für den Erwerb hatte.<br />

Der Checkpoint BLN<br />

schaffte es dann, dass<br />

<strong>Berlin</strong>pass-Inhaber die<br />

PrEP kostenlos bekommen<br />

konnten und die Schwulenberatung<br />

die Kosten übernahm.<br />

Glücklicherweise<br />

gibt es seit September 2019<br />

Dr. Frank Reißmann, Medios Apotheken<br />

die PrEPals Kassenleistung<br />

mit allen dazugehörenden<br />

Untersuchungen.<br />

Wie viel Beratung müssen<br />

Sie als Apotheker noch<br />

geben, wenn jemand mit<br />

einem Rezept zu Ihnen<br />

kommt?<br />

Die Beratung, gerade zu<br />

Beginn der PrEP, richtet<br />

sich im Zeitumfang ungefähr<br />

nach der Zeit, die ich<br />

auch benötige, um einen<br />

Patienten über eine neue<br />

ART aufzuklären. Wir haben<br />

heute den Vorteil, dass die<br />

meisten Patienten schon<br />

sehr gut von ihrem Arzt über<br />

die Einnahme der PrEP und<br />

alles, was dazu gehört, aufgeklärt<br />

sind. Aber doppelt<br />

hält bekanntlich besser. Für<br />

mich ist wichtig, dass alle<br />

Punkte zum Schutz vor HIV<br />

durch die PrEP verstanden<br />

wurden.<br />

Der Initiative Fast Track<br />

City, die HIV beenden will,<br />

hat sich auch das Land<br />

<strong>Berlin</strong> angeschlossen. Wie<br />

können wir alle dieses Vorhaben<br />

unterstützen?<br />

Die Fast-Track-City Initiative<br />

to End Aids ist in vielen<br />

Großstädten wie auch Paris<br />

und London aktiv und hat<br />

sich das 90-90-90-0 Ziel<br />

gesetzt: 90 Prozent wissen<br />

über ihre Erkrankung, 90<br />

Prozent haben Zugang<br />

zu einer antiretroviralen<br />

Therapie, 90 Prozent sind<br />

nach einem halben Jahr der<br />

Einnahme der ART unter der<br />

Nachweisgrenze und damit<br />

nicht mehr infektiös. Und es<br />

gibt 0 Prozent Diskriminierung<br />

und Stigmatisierung.<br />

<strong>Berlin</strong> ist im Juli 2016 beigetreten<br />

und das Ziel ist<br />

es, die Aids-Epidemien in<br />

Städten bis 2030 zu beenden.<br />

Für das Gelingen muss<br />

natürlich die Möglichkeit<br />

der Testung auf HIV für alle<br />

gegeben sein. Der HIV-<br />

Selbsttest, den man in jeder<br />

Apotheke erwerben kann,<br />

ist hier eine gute Möglichkeit,<br />

sich selbst zu testen<br />

und nach einem positiven<br />

Ergebnis einen HIV-Schwerpunktarzt<br />

aufzusuchen.<br />

Nach wie vor ist Aufklärung<br />

über HIV, beginnend in der<br />

Schule, sehr wichtig, um<br />

das Bewusstsein über eine<br />

Erkrankung zu schärfen.<br />

Hier muss noch sehr viel<br />

mehr erreicht werden.<br />

Es gibt Unterschiede bei<br />

der PrEP für Männer und<br />

der für Frauen. Bitte erläutern<br />

Sie kurz die wesentlichen<br />

Merkmale.<br />

Anders als im Darm ist die<br />

Situation in den Geweben<br />

des weiblichen Genitales.<br />

Während bei Männern der<br />

Schutz am zweiten Tag<br />

nach der Einnahme beginnt,<br />

tritt er bei Frauen erst am 7.<br />

Tag ein.<br />

Der Grund ist, dass sich<br />

der ausreichend hohe und<br />

damit schützende Wirkstoffspiegel<br />

in der Vagina<br />

der Frau sehr viel langsamer<br />

aufbaut. Falls die Frau<br />

vorhat, die PrEP abzusetzen,<br />

sollte sie noch mindestens<br />

sieben Tage (beim Mann<br />

zwei Tage) nach dem letzten<br />

Sex täglich eine Tablette<br />

einnehmen.<br />

Wann genau also ist die<br />

PrEP ein sicherer Schutz<br />

gegen HIV?<br />

Die PrEP ist ein sicherer<br />

Schutz, wenn erst dann mit<br />

dem Sex begonnen wird,<br />

wenn ein ausreichend hoher<br />

Wirkstoffspiegel im Darm<br />

bzw. der Vagina erreicht ist.<br />

Das wird wie erwähnt bei<br />

Frau und Mann unterschiedlich<br />

schnell erreicht. Auch<br />

die Art der Einnahme spielt<br />

eine Rolle: Die Einnahme<br />

mit Nahrung sorgt dafür,<br />

dass höhere Wirkstoffspiegel<br />

erreicht werden.<br />

Welche Gründe kann es<br />

geben, dass die PrEP für<br />

jemanden nicht geeignet<br />

ist? Das kann dann der Fall<br />

sein, wenn der HIV-Test<br />

positiv ist, die Niere nicht<br />

ausreichend gut arbeitet<br />

oder eine Erkrankung wie<br />

Hepatitis B vorliegt. Hier<br />

entscheidet dann der Arzt<br />

nach einem ausführlichen<br />

Vorgespräch bzw. den Voruntersuchungen.<br />

Es kann also zu Nebenwirkungen<br />

kommen?<br />

Häufige Nebenwirkungen<br />

wie Kopfschmerzen,<br />

Übelkeit und Schwindel<br />

bessern sich meist nach<br />

2-4 Wochen. Die Nierenleistung<br />

wird regelmäßig auf<br />

Störungen durch die PrEP<br />

untersucht.<br />

Vor anderen sexuell<br />

übertragbaren Krankheiten<br />

schützt die PrEP aber<br />

nicht?<br />

Bei der PrEP handelt es<br />

sich ja um 2 Substanzen.<br />

TDF und FTC. Beide Substanzen<br />

haben schon seit<br />

vielen Jahren in der HIV-<br />

Therapie ihren festen Platz<br />

und unterbrechen wirksam<br />

einen zentralen Schritt im<br />

Vermehrungsweg des Virus.<br />

Als PrEP eingenommen,<br />

verhindern diese beiden<br />

Substanzen die Ansteckung<br />

mit HIV. Vor anderen sexuell<br />

übertragbaren Krankheiten<br />

(STIs), wie z.B. Syphilis,<br />

Gonorrhoe oder Chlamydieninfektion,<br />

schützt sie<br />

jedoch nicht.<br />

Interview: Torsten Schwick<br />

20 <strong>CHECK</strong> | AUSGABE 2 <strong>CHECK</strong> | AUSGABE 2 21

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