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CHECK Berlin #2

Das männer* Gesundheitsmagazin

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trans*medizin<br />

Überlegungen zu einem<br />

ausgewogenen Lebens- und<br />

Ernährungsstil dazu.<br />

In dem Moment, wenn<br />

durch Hormonänderungen<br />

eventuell kardiovaskuläre<br />

Risiken steigen, zählen<br />

etwa Bewegung, Ernährung,<br />

Rauchentwöhnung essenziell<br />

zu risikoreduzierenden<br />

Möglichkeiten.<br />

In dem Moment, wenn man<br />

intensiver in sich reinhört,<br />

sich spürt, den eigenen<br />

Veränderungen nachgeht,<br />

sind grundsätzliche Anpassungen<br />

des Lebensstils<br />

und der Alltagsgewohnheiten<br />

hilfreich: nachhaltig<br />

Einkaufen (was auch immer<br />

das im Einzelnen bedeuten<br />

mag), selber Kochen, sich<br />

ausgewogen ernähren – die<br />

Implementation solch eines<br />

Lebensstils kann im Rahmen<br />

eines Transitionsprozesses<br />

hilfreich im Prozess<br />

der Selbsterkenntnis sein.<br />

In der Sprechstunde<br />

werden Nahrungsergänzungsmittel<br />

allerdings eher<br />

im Kontext von Bewegung/<br />

Training und weniger in<br />

Kombination mit Hormonen<br />

zur Sprache gebracht.<br />

Mentale und<br />

metaphysische<br />

Betrachtung<br />

Betrachtet man das Thema<br />

NEM und Hormone auf der<br />

mental- metaphysischen<br />

Ebene spielen plötzlich<br />

ganz andere Einflüsse eine<br />

Rolle: Wenn es Transmännern<br />

darum geht, durch<br />

Training, Proteinshakes und<br />

komplexe Vitaminprodukte<br />

optisch „männlicher“ zu<br />

wirken, also um die Zugehörigkeit<br />

zu einer Gruppe,<br />

hilft die Anpassung des<br />

Lifestyles beim Passing?<br />

Was bedeutet in dem Zusammenhang<br />

„männlich“<br />

und „weiblich“ überhaupt?<br />

Besteht im Gegenzug bei<br />

Transfrauen die Sorge, zu<br />

viele Muskeln zu haben, zu<br />

viel Raum einzunehmen<br />

oder Gewicht zu gewinnen?<br />

Hier darf man nicht vergessen,<br />

dass Muskulatur im<br />

Vergleich schwerer als eine<br />

äquivalente Portion Fettgewebe<br />

wiegt.<br />

Gymbuddies und die<br />

Kinesphäre<br />

Die Auseinandersetzung<br />

mit den Einflüssen von NEM,<br />

Fitness und Wellbeing kann<br />

Zugehörigkeit und Identifikation<br />

mit den eigenen<br />

„Gymbuddies“ erhöhen.<br />

Auch die aktivierenden<br />

Eigenschaften vom Testosteron<br />

können in diesem<br />

Rahmen freiwerdende Energien<br />

kanalisieren, um das<br />

Testosteron „sinnvoll“ zu<br />

nutzen. Gesundheit, Fitness<br />

und Beweglichkeit erweitern<br />

die eigene Kinesphäre:<br />

sich im Raum bewusst<br />

körperlich ausdehnen, ihn<br />

„Während der Transition kann viel Bewegung, gesundes,<br />

maßvolles Essen, ausreichend Schlaf und Ruhe<br />

unterstützend sein, sich Zeit zu nehmen, Veränderungen<br />

willkommen zu heißen und die eigene Transition zu genießen.“<br />

Alexander Hahne (Sexualpädagoge, Hamburg)<br />

mit dem eigenen Selbst<br />

einnehmen, ausschöpfen.<br />

Präsent zu sein im Raum,<br />

sich zugleich auf den eigenen<br />

Körper konzentrieren<br />

zu können und dabei mit<br />

anderen im Kontakt zu sein.<br />

Die Auseinandersetzung<br />

mit diesen Themen kann<br />

auch das Verständnis von<br />

Regeneration, dem Ausruhen<br />

und zur Ruhe zu<br />

kommen, schärfen, um die<br />

„innere Spannkraft“ und den<br />

Antrieb (wieder) zu gewinnen.<br />

Sie vermag bewusst<br />

eingesetzt auch das unge-<br />

duldige Gefühl der Wartezeit<br />

auf die Motivation „von<br />

der Stelle zukommen“ zu<br />

verringern und die Konzentrationsfähigkeit<br />

zu erhöhen.<br />

Geduld und Genuss<br />

Viel zu oft kann das<br />

Erreichte (noch) nicht geschätzt<br />

werden. Der Blick<br />

steht auf der Leerstelle,<br />

auf die Dinge, die (noch)<br />

fehlen oder zu viel sind, und<br />

einem Genießen des aktiv<br />

herbeigeführten, selbstwirksamen<br />

Prozesses mit<br />

dem schielenden Blick auf<br />

das unerreichbare Idealbild<br />

im Weg.<br />

Die Dokumentation des<br />

eigenen Transitionsprozesses<br />

kann hier Wertschätzung,<br />

Erinnerungskultur,<br />

Abschied, Trauer, Sehnsucht<br />

und auch Motivation selbstgesteckte<br />

Ziele zu erreichen,<br />

visualisiert erzeugen.<br />

Denn auch der ersehnte<br />

Schwierigkeiten, die bei der<br />

Sportstudionutzung auftauchen können, sollen<br />

folgend in einer Vision an einer idealisierten<br />

Fitnessstudionutzung verdeutlicht werden:<br />

• Ich werde an der Rezeption beim Anmelden<br />

nach meinem Namen und Pronomen gefragt,<br />

unabhängig von dem, was in meinen Ausweisen/Bankverbindung<br />

steht<br />

• Ich werde informiert, welche Umkleidemöglichkeiten,<br />

Duschen und WCs es gibt und<br />

gefragt, in welcher ich mich wohler fühle oder<br />

in welche ich gehen möchte<br />

• Es gibt Einzelumkleiden oder<br />

Einzelduschen für alle.<br />

„Rausch am Sport“ kann bei<br />

den alltäglichen Problemen<br />

wie dem Tragen von Bindern<br />

den Träger*innen wortwörtlich<br />

die Luft abschnüren.<br />

Es sind die Alltäglichkeiten<br />

wie das Rausfallen von BH-<br />

Einlagen beim Sport oder<br />

die Entscheidung, welche<br />

Umkleidekabine oder Toilette<br />

genutzt werden kann,<br />

welche immer wieder mit<br />

der unwegsamen Realität<br />

konfrontieren.<br />

Fitness und Rausch<br />

Ob mit oder ohne NEM,<br />

beim Fitness kann das Pumpen,<br />

um zu einer bestimmten<br />

ästhetikrelevanten<br />

Subkultur zu gehören, ein<br />

„Abfeiern“ einer trainierten<br />

männlichen Brust, zum<br />

Rausch führen, welcher die<br />

eigene Selbstwirksamkeit<br />

extrem motiviert.<br />

Der Kontext von NEM zur<br />

Transition liegt weniger in<br />

den Hormonen als vielmehr<br />

an der eigenen Körperwahrnehmung<br />

und den daran<br />

verknüpften un-/erreichbaren<br />

Erwartungen, die an<br />

hormonelle Veränderungen<br />

gestellt werden. Was nehme<br />

ich alles an meinem Körper<br />

wahr? Schaue ich von einer<br />

neutralen Erlebens- und<br />

Beobachtungsebene oder<br />

eher bewertenden defizitären<br />

Sichtweise? Sehe<br />

ich auf meinen Körper mit<br />

meinen eigenen Augen<br />

oder durch die Augen der<br />

anderen, und wie sie mich<br />

interpretieren?<br />

Autoren:<br />

Dr. Martin Viehweger<br />

Alexander Hahne<br />

• Die Trainer*innen<br />

geben keine idealen oder<br />

stereotypen Anleitungen<br />

oder „Komplimente“<br />

• Die Trainer*innen wissen um die Existenz<br />

von Bindern, BHs mit Einlagen, Tucking,<br />

Packern, Zweithaaren und beziehen das in die<br />

Übungsgestaltung mit ein<br />

• Die Trainer*innen intervenieren bei Sprüchen<br />

und schrägen Blicken anderer<br />

Sportstudio-Nutzer aktiv<br />

• Es hängt Bildmaterial etc. an den Wänden,<br />

die nicht nur weiße durchtrainierte, able-bodied,<br />

binäre cis Leute darstellen.<br />

• Es gibt sowas wie LGBTI*-Tage, vielleicht<br />

sogar eine Gymbuddie-Vermittlung?<br />

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