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CHECK Berlin #2

Das männer* Gesundheitsmagazin

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community<br />

SCHÖNE NEUE WELT<br />

Corona hat uns vor allem eines klargemacht: Auch eine Vollkasko-Mentalität schützt nicht<br />

vor großen Veränderungen. Ob global oder im Community-Mikrokosmos <strong>Berlin</strong>: Das Leben,<br />

wie wir es kannten, ist vorbei.<br />

Eben noch geplant, Siedlungen<br />

auf dem Mars zu errichten<br />

und jetzt Klopapier<br />

horten. Der Schock war<br />

groß, das Angebot an Alternativen<br />

klein. Zwar hat das<br />

Horten aufgehört, aber noch<br />

immer tragen wir Mundschutzmasken<br />

und harren<br />

der Dinge. Da im Zuge des<br />

Lockdowns nach wie vor die<br />

Clubs und Bars mit ihren<br />

Tanzflächen und beruhigten<br />

Gasträumen geschlossen<br />

sind, hat sich ein Teil der feiernden<br />

und sexuellen Aktivitäten<br />

ins Freie verlagert. In<br />

der Hasenheide etwa legen<br />

DJs im Dunklen für tanzfreudige<br />

Nachbarn auf. Bier<br />

bringt irgendjemand mit und<br />

es kostet nur einen Euro.<br />

Sehen kann man sich kaum,<br />

denn große Lichtanlagen<br />

lassen sich schwer tragen.<br />

Aber das ist auch nicht<br />

wichtig. Das Feeling ist gut<br />

und nur selten kommt die<br />

Polizei mit Taschenlampen<br />

und erinnert freundlich an<br />

das Abstandsgebot. Nicht<br />

unweit von der Parkdisco<br />

cruisen und vögeln die Gays<br />

in den Büschen. Dieses<br />

Szenario spielt sich derzeit<br />

in wohl allen größeren<br />

Hauptstadtgrünanlagen<br />

ab. Im Tiergarten, so sagt<br />

man, ist nachts mehr los als<br />

tagsüber auf dem Ku’damm.<br />

Der Ruf der Wildnis<br />

Haben wir überhaupt noch<br />

Angst vor Corona? Oder sind<br />

wir schon wieder eingepackt<br />

in das Rundum-Sorglos-Paket,<br />

das wir Leben<br />

nennen? Mir wird schon<br />

nichts passieren. Wenn ich<br />

an COVID-19 erkranke, gibt<br />

es bestimmt genügend<br />

Betten und Beatmungsgeräte.<br />

Wenn ich einen Tripper<br />

bekomme, nehme ich<br />

Antibiotika. Und wenn die<br />

Erde brennt, wird sie schon<br />

jemand löschen.<br />

Oder steckt hinter dem<br />

kollektiven Folgen des Rufes<br />

der Wildnis etwas ganz<br />

anderes? Treffen wir uns<br />

nachts im Grünen, weil wir<br />

nicht allein sein wollen? Wir<br />

brauchen körperliche und<br />

seelische Nähe und vermissen<br />

die Welt, wie sie war.<br />

Den meisten ist das klar,<br />

aber es sei an dieser Stelle<br />

für die Millenials und die<br />

Kinder der Woke-Generation<br />

formuliert: Es war nicht so<br />

toll! Für die Meisten von uns<br />

war es verdammt stressig<br />

und nur die Wenigsten<br />

konnten ständig durch die<br />

Welt reisen und tolle Selfies<br />

posten. Die Realität, die ihr,<br />

seitdem ihr Smartphones<br />

haben dürft, gesehen habt,<br />

war nicht die Wirklichkeit.<br />

Aber ob wir nun aus reiner<br />

Geilheit oder tieferliegenden<br />

Bedürfnissen nach<br />

Kontakt uns nachts draußen<br />

rumtreiben, ist einerlei.<br />

Hauptsache, man bleibt bei<br />

Sinnen.<br />

Es gibt nichts Gutes,<br />

außer man tut es<br />

Der Trip in die Natur ist<br />

immer auch eine Begegnung<br />

mit sich selbst. Hier<br />

findet man Ruhe und ist auf<br />

seine Instinkte angewiesen.<br />

Und diese zu schärfen ist<br />

allemal gesund.<br />

Gesundheit spielt sich<br />

auf so vielen Ebenen ab:<br />

Beziehungen können krank<br />

sein, genau wie das Klima<br />

auf Arbeit. Psychische oder<br />

körperliche Schmerzen sind<br />

oft der beste Indikator dafür,<br />

Krankenkassen können bei Vermittlung in therapeutische<br />

Angebote helfen. Eine Liste von <strong>Berlin</strong>er Ärzten und Institutionen,<br />

die Erfahrung mit LSBTIQ* haben findest du ab Seite 82,<br />

Telefonnummern der Seelsorge auf Seite 62.<br />

dass etwas nicht stimmt.<br />

Wenn du in dieser schwierigen<br />

Zeit Angst, Depressionen<br />

oder Wut verspürst,<br />

dann ist das grundsätzlich<br />

nicht falsch. Es ist sogar<br />

normal. Was nicht normal<br />

ist, ist diese Gefühle zu<br />

ignorieren. Rufe einen<br />

Freund oder die Nummer<br />

der Seelsorge an, wenn<br />

es dir schlecht geht. Gehe<br />

gegen systematischen<br />

Rassismus demonstrieren<br />

und unterschreibe etliche<br />

Petitionen, wenn du wütend<br />

bist. Lasse dich auf HIV und<br />

STI’s testen, wenn du Sex<br />

haben willst. Sprecht miteinander!<br />

Im Moment sollte<br />

die Devise lauten: Es gibt<br />

nichts Gutes, außer man tut<br />

es. Jetzt kann wirklich jeder<br />

dazu beitragen, dass aus<br />

der zwangsweisen Veränderung,<br />

die Corona darstellt,<br />

auch gute Änderungen<br />

entstehen. Wir wollen eine<br />

schöne neue Welt. Doch<br />

sind wir auch bereit, sie<br />

selbst zu gestalten? (ts)<br />

6 <strong>CHECK</strong> | AUSGABE 2 <strong>CHECK</strong> | AUSGABE 2 7

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