Jahresrückblick Senftenberg 2020

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20 JAHRESRÜCKBLICK 2020 DDR-Zwangsarbeiter redetKlartext Kampf der Opfer Im Menschenrechtszentrum Cottbus schildern ehemaligeStrafgefangene ihreHaftgeschichten Mitte September voreiner internationalen Jury.Darunter ein Mann aus Lauchhammer. VonKathleen Weser Die Schicksale der Zwangsarbeiter in politischer DDR-Haft sind erschütternd, die seelischen Narben tief –der Kampfgeist trotzdem ungebrochen. Denn das erlittene Unrecht ist zwar greifbar, aber selbst drei Jahrzehntenach dem Ende der Diktatur des Sozialismus auf deutschem Boden noch immer nicht vorbei. Ein ebenso gnadenlos hartes wie bewegendes Tribunal tagte im September im Menschenrechtszentrum Cottbus. Experten einer internationalen Jury befragten Zeitzeugen und verfolgtenein Ziel: festzustellen, ob die Arbeit der politischen Gefangenen im Knast die internationalverbrieftenDefinitionen von verbotener Zwangsarbeit und Ausbeutung erfüllen. Denn die Opfer warten noch immer darauf,entschädigt zu werden –für DergebürtigeLauchhammeraner Ralf Steeg (59) musste alsHäftling im VEB Metalldrücker Halle die ruinierte Gesundheit und Zwangsarbeit leisten. Er warals 16-Jähriger wegenRepublikflucht in den Vorzeige-Jugendknastder DDR den Vermögensentzug. in Halle gekommen. Foto:Frank Hammerschmidt Belastende Erinnerung Im Zeugenstand sagteauch Ralf Steeg (59) aus Berlin aus. Der Diplom-Ingenieurfür Landschaftsarchitekturund Umweltplanung ist in Lauchhammergeboren und aufgewachsen.Als der Ausreiseantrag der Eltern schon mehrere Jahre lang immer wieder abgelehnt wird, versucht er,aus der DDR zu fliehen. Steeg wird in Böhmen nur wenige Meter vor dem Grenzzaun erwischt. Mit einer Zange imGepäck, um den Anzeige 2 21 Seeadlerstraße 2 01968 Senftenberg ☎ 03573 810154 Ein neues Jahr heißt neue Hoffnung, neues Licht, neue Gedanken und neue Wege zum Ziel. Einen guten Start ins neue Jahr wünscht das Team der Ergotherapie Doreen Handte allen Patienten, Ärzten und Einrichtungen. Danke für Ihr Vertrauen. Am Schillerplatz 1 01987 Schwarzheide ☎ 035752 500130 www.ergotherapie-handte.de Draht zu durchtrennen. Das bringtden Schüler der ErweitertenOberschule (EOS) mit 16 Jahren „wegen schwerer bewaffneter Republikflucht“ ins Gefängnis: ins Jugendhaus Halle. Der Knast heißt zwar „Frohe Zukunft“. Aber der Eindruck, „dass hier fröhlich Tischtennis gespielt wurde, ist falsch“, berichteteRalf Steeg. Vielmehr sei Halle eines „der brutalsten Gefängnisse der DDR“ gewesen. Mit acht Stunden am Tagteilweiserwahnsinnig stupider Zwangsarbeit. Ralf Steeg, selbst an das triste Einheitsgrau gewöhnt, wundert sich hier zwar über die schneeweißen Werkstücke mit der AufschriftSvit, die er im Akkord zusammenfügen muss. Aber erst nach seinem Freikauf für Devisen entdeckt er in einem Westberliner Möbelgeschäft die Leuchtemit dem merkwürdigen Namen. Und erbegreift: Er hat im Knast für Ikea geschuftet. „Die Norm warhoch, und ich habe sie nie geschafft“, erzählte er. Das wird bestraft. Mit Marschieren bis zum Umfallen oder exzessivem Putzen. Besonders gemein: der erzwungene Entengang durch das Treppenhaus bis zur völligen Erschöpfung. Und auch das System der Selbsterziehung, also der Häftlinge untereinander,funktioniert. Denn bei nicht erfüllter Arbeitsnorm einzelner Strafgefangener wird die Gruppe bestraft. Mit Einkaufsentzug und Besuchssperre. Mithäftlinge leben ihren Frust darüber mit Aggressionen aus. Ralf Steeg ist zu seiner Zeit der jüngste politische Häftling im Jugendhaus Halle, einer von zwei unter Kriminellen. Die haben teilweise schon seit dem Kleinkind-Alter mehrere DDR-Heime durchlaufen, sind verroht und terrorisieren die Mithäftlinge. In der Knasthierarchie stehen „die Politischen“ ganz unten. Misshandlungen und sexuelleÜbergriffegehören zur Tagesordnung. Die friedliche Revolutionund die Wiedervereinigung Deutschlands stimmten Ralf Steeg zehn Jahrenach seinem Freikauf alles andere als froh. „Mein bester Freund hatte der Stasi übermich berichtet. In Lauchhammer hatten sich nach dem Ausreiseantrag alle von uns abgewandt.“ Mit Grauen habe er gedacht, dass „all diese rückgratlosen Leute in den Westen“ kommen Cottbuser Erklärung zur DDR-Zwangsarbeit DasTribunal „Zwangsarbeit in politischer DDR-Haft“, das die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft in Deutschland im Menschenrechtszentrum Cottbusveranstaltet hat,richteteeineErklärung an Politik und Wirtschaft. Die Jury,die international anerkannteExperten fürMenschenrechtevereint hat,stellte im Ergebnis derAnhörung von 14 ehemaligenpolitischen Häftlingen der DDR fest:Die „Merkmale verbotener Zwangsarbeitund Ausbeutung nach international anerkannten Definitionen“ sind in Bezugauf politische Gefangene der dürfen. Kontakt in die verlassene alte Heimat hat Steeg nicht. „Die schönenErinnerungen, wie die alte Baumallee in Bockwitz, das Kopfsteinpflaster und der Friedhof sind verschwunden. Auch das ist für mich enttäuschend“, sagte er. Lange hat Ralf Steeg nicht über seine Haftzeit sprechen können.Das geht vielen der ehemaligen politischen Strafgefangenen der DDR so. Denn Zwangsarbeit und Schikane in der Hafthattennur ein Ziel: den Häftlingen die Würde zu nehmen. Die menschenverachtende Ausbeutung der Häftlinge hat Politik und Wirtschaft bisher nicht zurAnerkennung und Entschädigung desUnrechts veranlasst. Viele gesundheitlich angeschlagene Opfer scheitern an den Versorgungsämtern und kämpfensich bis heute durch die Instanzen der Gerichte –oft erfolglos. Denn sie sind in der Beweispflicht. Ohne Unterlagen und Zeugen. West-Firmen verdienten Die untergegangene DDR scheffelte kräftig Devisen mit Exportschlagern wie Billigmöbeln. Vorallem aber haben bundesdeutsche Versandhäuser vonder Zwangsarbeit im Knast profitiert. Aus der Haftanstalt Cottbus, der Pentacon-Halle,kamen demnach 200000 Fotoapparate, aus dem berüchtigten Frauengefängnis Hohenecketwa100 Millionen Feinstrumpfhosen für Aldi, Karstadt und Woolworth. SED-Diktaturerfüllt. Ausder Werteordnung des Grundgesetzesder BundesrepublikDeutschland undArtikel 17des Einigungsvertrages (Rehabilitierung der Opfer politisch motivierterStrafverfolgung) ergebe sich„einerechtliche Verpflichtung zur dauerhaftenAufarbeitungdes SED-Unrechtsund zur Schaffung angemessener Entschädigungsregelungen“. Gefordert wirdein eigenständiger Fonds, in denauch Nutznießer politischer Zwangsarbeit einzahlen sollen.Ikeahatte zumCottbuserTribunal auf Twitterdie Bereitschaftdazuerklärt.
JAHRESRÜCKBLICK 2020 21 Bombe istentschärft Alarmbereitschaft Eine auf dem BASF-Gelände in Schwarzheide gefundene 250-Kilogramm-Weltkriegsbombe istEnde Oktober erfolgreich entschärftworden. Dabei gabeseine Schreck-Sekunde. VonAndrea Budich Es sind dramatische Stunden anjenem letzten Oktobersonntag in Schwarzheide: Während die Einwohner am Frühstückstisch die warmen Sonntagsbrötchen genießenund andere noch schnell mit ihrem Hund Gassi gehen, halten die 160 Einsatzkräfte in den beiden Krisenstäben und an den 15 Sicherungsposten des Sperrkreises die Luft an. Auch wenn auf den ersten Blick Schwarzheide in den ganz normalen Wochenendmodus geschaltet hatte, befand sich die Chemiestadtandiesem Sonntag doch im Ausnahmezustand. Der Luftraum warandiesemTag gesperrt, A13und Landesstraße waren abgeriegelt. Aufdem BASF-Werksgelände warendie Sicherheitsvorkehrungenenorm erhöht worden. Funkstreifenwagen der Polizei standen an allen strategisch wichtigen Punkten in der Stadt, die Feuerwehr-Löschzüge aus Schwarzheide, Ruhland, Ortrand, Lauchhammer und Schipkau hatten Position bezogen. In der Stadt herrschte höchste Alarmbereitschaft. Weltkriegsbome istAuslöser Auslöser fürden Alarm wareine 250Kilogramm schwere amerikanische Weltkriegsbombe, die bei Bauarbeiten auf dem Werksgelände derBASF am 8. Oktober gefunden wurde. Ein beim Aufprallstark lädierter Blindgänger, der auch nach 75 Jahren noch Siehaben die Bombeentschärft: EnricoSchnick, UweZierdt und Ronald Schulze(v.l.). Foto:Kampfmittelbeseitigungsdienst zerstörerische Kraft hätte. Die Einwohner bekamennochetwas Aufschub,die Bombenentschärfung wurde auf Ende Oktober verschoben. Dann zog sich die Entschärfung indie Länge. Erst musste ein Bagger die Fundgrube rund um die Bombe freilegen. Dann war der Einsatz einer ferngesteuerten Wasserschneidemaschine beim Krisenstabder Stadt im Gespräch. Dabei schneidet ein Roboter per Wasserstrahl den Zünder aus dem Blindgänger. Für die drei Spezialisten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KMBD) des Landes Brandenburg eine heikle Mission. Ihre Aufgabe ist lebensgefährlich und die Last der Verantwortung sehr hoch. Sprengmeister EnricoSchnick (39) machtesich mit seinen Helfern daran, mit ruhiger Hand, professionell und hochkonzentrierterstden Heckzünder und dann noch den stark beschädigten Kopfzünder mit der Hand auszubauen. Einen gruseligen Moment durchlebten die 160Einsatzkräfte an diesem Oktobersonntag,als mitteninder hochsensiblen Entschärfungsphase der Bombe plötzlich die Sirenen lautstark Alarm schlugen. Nach einer Minute gab Einsatz-Abschnittsleiter Tom Elfering Entwarnung. Auf der Bundesstraße 169 hatte es einen Autounfall gegeben. „Das hatte zum Glück nichts mit der Bomben-Entschärfung zu tun“, sagte Elfering. Mit den Löschzügen aus Schwarzheide-Ost und -West hielt er mit vier Einsatzfahrzeugen und 20 Kameraden auf dem Penny-Parkplatz während der heiklen Entschärfungsphase die Stellung, um im Fall der Fälle sofort einsatzbereit zu sein. Die Kampfmittelbeseitiger schafftenestatsächlich: Siebautenvor Ort die Zünder der Weltkriegsbombe aus und machten diese unschädlich. Wenig später war die Bombe bereits von Schwarzheide aus auf dem Weg zum Cottbuser Zwischenlager des Kampfmittelbeseitigungsdienstes. Punkt 11.08Uhr gab Sprengmeister Enrico Schnick dann Entwarnung. Um 11.27Uhr setzten die Sirenen der Stadt Schwarzheide endlich den erlösenden Entwarnungston ab. Währenddessen hatte sich auf der Autobahn und auf den Umleitungspisten bis nach Senftenbergund Ortrand ordentlich was zusammengebraut. Die Sonntags-Ausflügler aus Sachsen und Berlin, die den sonnigen Oktobertag nutzen wollten,hattendie Bombe nicht auf dem Plan. Der Stau auf der A13war gegen elf Uhr auf sieben Kilometer Länge angewachsen. Stau auf A13und Umgehung Und auch auf der Umgehungsstreckeder L60zwischen Senftenberg und Hörlitz war alles dicht: Die Autofahrer wollten zur Anschlussstelle Klettwitz, um auf der A13weiter Richtung Berlin zu kommen. Aber nichts ging an diesem Tagmehr. Dass der von der Stadt Schwarzheide in der Vorwoche eilends hergerichtete Not- Sprengplatz mit Hunderten Big Bags amnördlichen Rand des Flugplatzes Schwarzheide/ Schipkau nach der geglückten Entschärfung nicht mehr ins Spiel gebracht werden musste, darüber zeigtesich Schwarzheides Bürgermeister Christoph Schmidt (parteilos) erleichtert. Ob es allerdingsnach fünf Bombenentschärfungen in seiner zwölfjährigenAmtszeit sein letzter Bomben-Alarm war, das ist eher unwahrscheinlich. Beifünf Angriffswellen im letzten Kriegsjahr wurden unzählige Bomben auf Schwarzheide abgeworfen. Schmidt: „Das Thema bleibt also aktuell in der Stadt.“ Anzeigen Mit diesemNeujahrsgrußmöchten wir uns bei unseren Mietern und Geschäftspartnern für die vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanken. Wirwünschen Ihnen und Ihren Familienfür das Jahr 2021 viel Glück und Erfolg. BleibenSie gesund! 035752 7844 Ruhlander Str. 65 a info@wbg-schwarzheide.de 01987 Schwarzheide www.wbg-schwarzheide.de Zum Jahreswechsel DANKE für Ihr Vertrauen und Ihre Treue. Zum neuen Jahr Gesundheit, Glück, Erfolg und weitere gute Zusammenarbeit wünschen wir allen unseren Kunden, Freunden und Bekannten.
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