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Jahresrückblick Senftenberg 2020

Die vergangenen zwölf Monate im Süden des Landkreises OSL

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6<br />

JAHRESRÜCKBLICK <strong>2020</strong><br />

TV-Sendung in Russland<br />

sucht deutschen Retter<br />

Lebensretter 1945 überlebt ein russischesMädchen nur durch die Hilfedes DeutschenOttoHensel<br />

das KZ in Großkoschen. Mit einem Rundschau-Bericht beginnt im Februar eine Spurensuche. VonAenni Meißner<br />

DasFotozeigt Otto Hensel (r.), seine Schwester Erna und seine Frau Hedwig (l.) in den 1930er-Jahren.<br />

Mit dem Foto begann die Suche nach ihm.<br />

Foto:privat<br />

Otto Hensel rettet im<br />

Jahr 1945 im Großkoschener<br />

Außenlagerdes<br />

KZ Groß-Rosen<br />

einem russischen<br />

Mädchen das Leben. Mehr<br />

als 70 Jahre später sucht die Familie<br />

der mittlerweile verstorbenen<br />

Lukina EkaterinaAndrejewna<br />

über das russische Fernsehen<br />

nach den Nachfahren ihres Lebensretters.<br />

Einziger Anhaltspunkt ist ein<br />

Foto, auf dem Otto Hensel mit<br />

zwei Frauen zu sehen ist. Aufder<br />

Rückseite steht die Widmung:<br />

„Zur Erinnerung. Otto Hensel,<br />

<strong>Senftenberg</strong>, 20.Februar 1945“.<br />

Damit wenden sich Andrejewnas<br />

Angehörige2018andie russische<br />

Fernsehsendung „Schdi<br />

menja“, die im Auftrag von Zuschauern<br />

vermisste Menschen<br />

sucht.<br />

Im selben Jahr klingelt bei Autorin<br />

Renate Hensel aus <strong>Senftenberg</strong><br />

das Telefon. Anna Sledkova,die<br />

für die russische TV-Sendung<br />

in Deutschland nach Spuren<br />

sucht, ruft an. „Sie fragte<br />

mich, ob ich einen Otto Hensel<br />

kenne“, erzählt sie. Rund<br />

30 000 Menschen tragen diesen<br />

Nachnamen in Deutschland. Wie<br />

sie auf sie gekommen ist, kann<br />

sie sich nicht erklären.<br />

„Wahrscheinlich steht mein<br />

Name im Internet“, vermutetRenate<br />

Hensel. Eine Verwandtschaft<br />

besteht nicht, trotzdem<br />

lässt die Geschichte die 79-Jährige<br />

nicht mehr los. Sie forscht<br />

nach.<br />

Im Stadtarchiv <strong>Senftenberg</strong><br />

an die Geschichte erinnert. Sie<br />

nimmt erneut Kontakt zu Anna<br />

das Vergessen“ beschreibe diesen<br />

Fall besonders gut.<br />

findet sie keine Hinweise; dort Sledkova auf. Sie erfährt, dass Der Rundschau-Bericht<br />

verweist man sie nach Calau.<br />

Daraufhin rät sie Anna Sledkova,<br />

sich an das Einwohnermeldeamt<br />

zu wenden.Dannruhtdie<br />

Angelegenheit für eine Weile.<br />

Im Januar dieses Jahres wird<br />

die Nachfahren vonOtto Hensel<br />

noch immer nicht gefunden wurden.<br />

Die Autorin hofft, dass sich<br />

das ändert. Siezeigt sich tief bewegt<br />

davon, dass nach all den<br />

bringt Bewegung in die Spurensuche.<br />

Christoph Weiß aus Haar<br />

in Oberbayern kann es Ende Februar<br />

kaum glauben, als er ein<br />

Foto seines Onkels Otto Hensel<br />

im Internet entdeckt. „Auf dem<br />

Renate Hensel bei der Vernissage<br />

Jahren noch Verwandte von Bild ist links meine Tante Hedwig<br />

von„Meine jüdischen Eltern,<br />

meine polnischen Eltern“ wieder<br />

Anzeige<br />

KZ-Überlebenden auf Spurensuche<br />

gehen. Die Worte „Gegen (Ottos Frau damals) und in<br />

der Mitte meine Mutter Erna<br />

Weiß, OttosSchwester,zusehen.<br />

Rechts ist mein Onkel Otto –fotografiert<br />

hat das Bild mein Vater“,<br />

erklärteder 73-Jährige. Aufgenommen<br />

wurde eswährend<br />

Viel Glückund Gesundheit im neuenJahr!<br />

Für das entgegengebrachte Vertrauen im vergangenen Jahr einer Wandertour im Riesengebirge<br />

in den 30er-Jahren.<br />

sagen wir herzlichst Danke!<br />

Seine Eltern sind nach dem<br />

Krieg zwar nach Dresden und<br />

ANKE RICHTER<br />

später nach Bayreuth gegangen.<br />

Notarin<br />

„Doch als Kind warich regelmäßig<br />

01987 Schwarzheide ·Lauchhammerstraße 70<br />

Tel. 0357 52/ 70196·701 97<br />

info@notarin-richter-schwarzheide.de<br />

bei meinem Onkel Otto und<br />

meinen Großeltern in Brieskezu<br />

Besuch –bis 1961 die Mauer gebaut<br />

wurde“, berichtet der Neffe.<br />

Otto Hensel, der 1905 geborenwurde<br />

und in den1990er-Jahrenstarb,hat<br />

viele JahreinBrieske<br />

gelebt und gearbeitet –und<br />

dort auch einige Spuren hinterlassen,<br />

wie sich zeigt.<br />

DerAutorin RenateHenselhat<br />

dieGeschichtekeine Ruhe gelassen.<br />

Sie forschte nach. Foto:jag<br />

KZ Groß-Rosen<br />

und Außenlager<br />

Groß-Rosen wurde im August1940als<br />

einNebenlagerdes<br />

KZ Sachsenhausen<br />

errichtet.Esbefand sich<br />

etwa 60 Kilometer südwestlich<br />

vonBreslau nahe<br />

desOrtes Rogoznica. Im Mai<br />

1941 erhielt es denStatus<br />

eineseigenständigen Konzentrationslagers.Die<br />

Insassen<br />

mussten im nahen<br />

Granitsteinbrucharbeiten.<br />

Schätzungsweise<br />

125 000 Menschen waren<br />

dort interniert.Die größte<br />

Gruppe im Lagerbildeten<br />

Juden, Polen und Bürgerder<br />

ehemaligen Sowjetunion.<br />

Ungefähr 40 000 Menschen<br />

verloren in Groß-Rosenund<br />

in den Außenlagern ihr Leben.<br />

Rund 100 Nebenlager<br />

gehörten zum Stammlager,<br />

zwölf in derLausitz. Die wareninGroßkoschen,<br />

Weißwasser,Klein<br />

Radisch, Niesky,Görlitz,Kunnerwitz,<br />

Rennersdorf,Niederoderwitz,<br />

Zittau, Kamenz, Bautzen<br />

und Brandhofen/Spohla.<br />

Ende Januar 1945begannen<br />

die Nazismit derAuflösung<br />

desKZGroß-Rosenund seiner<br />

Außenlager.Die letzten<br />

Häftlingewurden im Mai<br />

1945von sowjetischen<br />

Truppen befreit.<br />

Denn es meldet sich auch die<br />

Ur-Brieskerin Margaritta Knobloch.<br />

„Ich kann mich an die Familie<br />

noch erinnern. Mit seiner<br />

zweiten Frau und ihren drei Kindern<br />

hat Otto Hensel am Markt<br />

über dem Konsum gewohnt“,erzählte<br />

sie. Und sie recherchierte<br />

weiter: Im Hauptbuch der<br />

Volksschule Grube Marga fand<br />

sie im Jahr 1958den Eintrag von<br />

der Einschulung von Hensels<br />

Tochter Barbara. Dort ist auch<br />

die damaligeberufliche Tätigkeit<br />

vonOtto Hensel genannt: Er war<br />

Fabrikmeister im Briesker Werk.<br />

Im Gespräch mit Peter Pohle,<br />

ebenfalls ein Briesker Urgestein,<br />

fand Margaritta Knobloch noch<br />

heraus, dass Otto Hensel auch<br />

beim Fußball im Ort aktiv war.<br />

In einer Broschüre zum 60-jährigen<br />

Bestehender BSG Aktivist<br />

Brieske/<strong>Senftenberg</strong> wurde er<br />

mehrfach als Spieler in den<br />

1930er-Jahren und später als<br />

Mannschaftsleiter benannt.

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