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gletscherderschweiz_west

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Von den heute rund 2000 Gletschern in den Schweizer Alpen machen die Firnflecken in der Anzahl etwa die

Hälfte aus, gefolgt von den Gletscherflecken mit etwa einem Viertel, den Gebirgsgletschern mit etwa einem

Sechstel sowie den bekannten, das Bild prägenden Talgletschern mit einem Anteil von nur etwa zwei Prozent.

Betrachtet man hingegen den Flächenanteil, so zeigt sich ein umgekehrtes Bild: Die Talgletscher umfassen über

die Hälfte der gesamtschweizerischen Vergletscherung, bei den Gebirgsgletschern liegt der Anteil bei einem

Drittel, bei den Gletscherflecken nur bei einem Zehntel. Die grosse Mehrheit der Firnflecken spielt flächenmässig

eine komplett untergeordnete Rolle.

«Buchhaltung» – Nähr- und Zehrgebiet, Gleichgewichtslinie, Massenbilanz

Während eines (Gletscher-)Haushaltsjahres – 1. Oktober bis 30. September des Folgejahres – überwiegt im

Nährgebiet (oder Akkumulationsgebiet) des Gletschers der Massenzuwachs, während im Zehrgebiet (Ablationsgebiet)

gesamthaft mehr Masse verloren geht als hinzu kommt (hauptsächlich durch Abschmelzung). Bei hoch

gelegenen Hängegletschern wird der im Nährgebiet angesammelte Massenüberschuss durch Eisabbrüche an

der Front abgebaut. Reicht die Gletscherzunge in einen See und bricht dort ab, so spricht man von Kalben, also

vom Abstossen von Eispaketen, die dann aufschwimmen. Dies ist zurzeit am Rhone- und am Gauligletscher zu

bestaunen (W 3 und W 5). Die Wärme des Seewassers beschleunigt dabei das Abschmelzen der Eis zungen (Thermoerosion).

Nähr- und Zehrgebiet werden am Ende des Haushaltsjahres durch die sogenannte Gleichgewichtslinie (GWL)

getrennt. Diese Linie, oft auch als «Gletscher-Schneegrenze» bezeichnet, repräsentiert diejenige Zone auf dem

Gletscher, wo sich Eiszuwachs und -abtrag die Waage halten, die Bilanz also gleich null ist. Im Spätsommer ist

die GWL aufgrund des Farbkontrastes zwischen dem meist helleren Schnee und dem ausgeaperten und meist

schuttführenden dunkleren Eis gut zu erkennen.

Die Höhenlage der Gleichgewichtslinie ist damit am Ende des Sommers stets ein Indiz für den aktuellen Ernährungszustand

des Gletschers. Bei einem Alpengletscher mit ausgeglichenem Massenhaushalt erscheint das Nährgebiet

in der Regel etwa doppelt so gross wie das Zehrgebiet. Je höher die Gleichgewichtslinie zu liegen kommt,

desto negativer fällt die Gesamtbilanz des Gletschers aus. Umgekehrt ist eine tiefgelegene GWL ein Zeichen für

ein positives Haushaltsjahr mit Massengewinn.

1) Ausgeglichener Massenhaushalt

2) Positiver Massenhaushalt

3) Negativer Massenhaushalt

Nährgebiet

Gleichgewichtslinie

Zehrgebiet

Eiszuwachs = Eisabtrag

--> Gletscher mittelfristig

stationär

Tief liegende Gleichgewichtslinie

--> deutlicher Massengewinn mit

mittelfristigem Vorstoss

Hoch liegende Gleichgewichtslinie

--> deutlicher Massenverlust mit

mittelfristigem Schwund

Drei verschiedene Ernährungszustände eines Modellgletschers (Maisch 1993, verändert)

Betrachtet man den Schweizer Alpenbogen in einer Übersicht, so stellt man fest, dass die regional über meh rere

Jahre gemittelte GWL in den niederschlagsreichen Regionen am Alpennord- und -südhang deutlich tiefer liegt

(auf 2500–2600 m ü. M.) als in den trockeneren inneralpinen Tälern (z. B. im Monte-Rosa-Gebiet auf über

3000 m ü. M.). Auch in der gletschergünstigen Nordexposition befindet sich die durchschnittliche GWL rund

300 m tiefer als in der strahlungszugewandten Südexposition.

Die Bestimmung der Massenbilanz kann mit verschiedenen Methoden oder Kombinationen davon erfolgen:

1. Auswertung von Schneeprofilen im Nährgebiet (zur Bestimmung des Massenzuwachses) und Messung der

Einsinkbeträge der Eisoberfläche an sogenannten Ablationspegeln (zur Bestimmung des Massenverlusts) im

Zehrgebiet

18 Faszination Gletscher

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