gletscherderschweiz_west
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Obermoräne; typische Beispiele sind Unteraargletscher W 4.1, Glacier de Zinal W 21 und Zmuttgletscher W 24.1).
Die Verweildauer oder Transportzeit einzelner Eis- oder Gesteinspartikel kann in Alpengletschern je nachdem 100
bis mehrere 1000 Jahre betragen.
Beim Gornergletscher (W 25) kommt das für alpine Verhältnisse extrem kalte Eis vom Colle Gnifetti (4452 m
ü. M., bis etwa –14°C) mit seinen vielen Lufteinschlüssen als typisch weisses Gletschereis erst wieder an der
Zunge zum Vorschein. Hat das Eis hingegen nur wenig Lufteinschlüsse und ist es kaum verschmutzt, zeigt es mit
zunehmender Mächtigkeit eine bläuliche Farbe.
Der Spannung erlegen – Gletscherspalten
Gletscherspalten sind spektakulär, faszinierend und die augenfälligsten Oberflächenstrukturen eines Gletschers.
Ein Blick in ihre gähnende Tiefe ist atemberaubend und hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck, manchmal gar
ein Schaudern.
Gletscher reissen dann auf, wenn sich der Talquerschnitt abrupt verändert oder ein unregelmässiges Felsbett zu
Geschwindigkeitsunterschieden innerhalb des Eises und somit zu Spannungen an der Gletscheroberfläche führt.
Spalten bilden sich immer senkrecht zur maximalen Zugspannung.
Reibung am Gletscherrand
Randspalten
Querdehnung
Längspalten
Entstehung von Gletscherspalten
(Jost & Maisch 2006, verändert)
Zugspannung
Querspalten
Quer- und Zugspannung
Séracs
(Eistürme)
Grosse Spaltenzonen findet man insbesondere am
Übergang von flachen zu steilen Abschnitten, je
abrupter, desto zerrissener (z. B. Triftgletscher
W 2, Glacier du Trient W 15.2, Glacier de Moiry
W 20 und Riedgletscher W 27). Unterhalb dieser
Eisfälle schliessen sich die Spalten wieder, im anschliessenden
flacheren, spaltenarmen Abschnitt
bilden sich häufig sogenannte Ogiven aus (z. B. am
Glacier de Moiry W 20.1 und am Turtmanngletscher
W 23). Diese Ogiven widerspiegeln, ähnlich den
Jahrringen von Bäumen, den jahreszeitlichen Bildungsrhythmus:
Wellen-Ogiven entstehen dadurch,
dass im Sommer die Ablation (Schmelzung) in der
aufgerissenen Oberfläche erhöht ist (später ein
«Wellental»), während das Eis, das den Eisfall im
Winter passiert, vom Schnee geschützt wird (später
ein «Wellenberg»).
Als Folge der grösseren Fliessgeschwindigkeit in
der Mitte des Eisstroms weisen die Wellen konzentrische,
talwärts ausgebuchtete, konvexe Bogenformen auf. Band-Ogiven hingegen zeigen die Unterschiede in
der Firnschichtung auf: Bei den dunklen Bändern handelt es sich jeweils um die ursprünglich im Sommer abgelagerten,
mit Aerosolen angereicherten Schichten (Luftverschmutzung, Blütenstaub etc.), während die hellen
Bereiche den ehemaligen winterlichen Schneezuwachs dokumentieren.
Gletscherspalten können durchaus beachtliche Tiefen von gegen 30 m aufweisen. Da das Eis aber durch sein
Eigengewicht mit zunehmender Tiefe plastisch wird, reichen diese nicht bis ans Gletscherbett. Für Bergsteigende
besonders heimtückisch sind nur gering mit Schnee (Schneebrücken) überdeckte, versteckte Spalten. Darum
sind Gletscherquerungen nur mit Hochtourenausrüstung (Seil, Pickel etc.) zu unternehmen.
Die Spalten lassen sich je nach Lage und Richtung kategorisieren: Der Bergschrund bildet die oberste Spalte, als
Übergang zwischen den am Untergrund festgefrorenen Firnschichten und dem sich hangabwärts bewegenden
Eis. Querspalten, die senkrecht zur Fliessrichtung stehen, entstehen dort, wo sich der Gletscher über eine Felsstufe
wälzt. Längsspalten, in Fliessrichtung angeordnet, findet man an Stellen, an denen sich der Gletscher
ausweitet. Kreuzen sich Quer- und Längsspalten, können sich Eistürme, sogenannte Séracs, bilden. Randspalten
öffnen sich infolge von Geschwindigkeitsunterschieden durch Reibung am Gletscherrand. Radialspalten hingegen
entstehen häufig an der Gletscherzunge, wo sich das Eis nach allen Seiten frei ausbreiten kann.
20 Faszination Gletscher