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akzent – DAS GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN www.akzent-magazin.com
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SEELEUTE 13<br />
Die Firma Liebherr in Lindenberg, neben der ich<br />
aufgewachsen bin, war in meiner Kindheit ein<br />
Angstthema. Die Erwachsenen sagten „die stellen<br />
Kriegsflugzeuge her. Wenn es wieder einen Krieg<br />
gibt, fallen uns die Bomben zuerst auf den Kopf.“<br />
Nun sitze ich Lothar Höfler gegenüber.<br />
Der 79-Jährige widmet seinen Lebensabend der<br />
Information der Öffentlichkeit über die Rüstungsindustrie<br />
am Bodensee. 2010 hat er die Initiative<br />
„Keine Waffen vom Bodensee“ mitgegründet.<br />
TEXT & PORTÄTFOTO: SUSI DONNER<br />
<strong>akzent</strong>: Herr Höfler, sehe ich, wie<br />
stark Friedrichshafen im Zweiten Weltkrieg<br />
zerbombt wurde, beschleicht<br />
mich das Gefühl, dass die Ängste meiner<br />
Kindheit berechtigt waren.<br />
Lothar Höfler: Ja, und sie sind es<br />
bis heute. Dass es Friedrichshafen traf –<br />
und wieder treffen würde – ist logisch.<br />
Denn im Vergleich zur Bevölkerung, die<br />
nicht unbedingt weiß, wo welche Rüstungsfirmen<br />
sind und welche Kriegsgüter<br />
sie genau herstellen, wissen es die<br />
möglichen Feinde genau.<br />
<strong>akzent</strong>: Sie haben 15 Jahre als Ingenieur<br />
bei Liebherr in der Rüstungsindustrie<br />
gearbeitet.<br />
Lothar Höfler: Ich suchte nach meinem<br />
Maschinenbaustudium 1967 eine<br />
Stelle, die „irgendwie“ mit Flugzeugen<br />
zu tun hatte, und landete eher zufällig<br />
in Lindenberg bei Liebherr Aerotechnik.<br />
Die Firma und speziell die Entwicklungsabteilung<br />
befanden sich noch<br />
im Aufbau. Es war eine spannende Zeit<br />
für einen jungen, technikbegeisterten<br />
Ingenieur – ich war damals 26 Jahre alt.<br />
Wir waren eine kleine neue Abteilung<br />
und hatten viele Freiheiten.<br />
<strong>akzent</strong>: Wann und warum setzte<br />
Ihr Umdenken ein?<br />
Lothar Höfler: 1972 veröffentlichte<br />
der Club of Rome das Buch „Die Grenzen<br />
des Wachstums“. Ein Bericht zur<br />
Lage der Menschheit. Die Besorgnis<br />
erregenden Entwicklungen waren damals<br />
bereits erkennbar. Das Buch war<br />
für mich eine Offenbarung. Infolge<br />
habe ich Kontakte in die Friedensbewegung<br />
und in die Anti-Atomkraftbewegung<br />
geknüpft. War bei Friedens-<br />
Demonstrationen dabei und 1979<br />
Mitgründer der Grünen im Landkreis<br />
Lindau. Natürlich war die Mitarbeit an<br />
Geräten für die Rüstung zunehmend<br />
nicht mehr vereinbar mit meinen neuen<br />
Interessen. 1980 bin ich bei Liebherr<br />
ausgeschieden und begann mein<br />
neues Leben in der Selbständigkeit mit<br />
alternativen Energien.<br />
<strong>akzent</strong>: 2010 waren Sie Mitbegründer<br />
der Initiative „Keine Waffen vom<br />
Bodensee“, die 2014 zum Verein wurde.<br />
Was tut der Verein?<br />
Lothar Höfler: Unser Verein möchte<br />
der Entwicklung und Wiedererstarkung<br />
der Rüstungsindustrie am Bodensee<br />
nicht tatenlos zusehen. Wir leisten<br />
Friedens- und Aufklärungsarbeit nach<br />
dem Motto „Den Opfern eine Stimme;<br />
den Tätern Name und Gesicht“, der<br />
bundesweiten Aktion Aufschrei Stoppt<br />
den Waffenhandel. Die Täter, die Lieferanten<br />
der Waffen und des Kriegsmaterials,<br />
sitzen auch direkt vor unserer<br />
eigenen Haustüre. Sie, die Firmen, ihre<br />
Produkte und ihre verantwortlichen<br />
Leitungen, wollen wir mit ihren Namen<br />
und Gesichtern öffentlich machen. Das<br />
ist hart und kann unangenehm sein für<br />
beide Seiten.<br />
<strong>akzent</strong>: Wieso entwickelte sich gerade<br />
in der idyllischen Bodenseeregion<br />
die Rüstungsindustrie so mächtig?<br />
Lothar Höfler: Ferdinand Graf von<br />
Zeppelin ist nicht nur der Vater des Zeppelinbaus.<br />
Er ist auch der Gründer der<br />
heutigen Rüstungsindustrie am Bodensee.<br />
Er baute im 1. Weltkrieg schon an<br />
die hundert Kriegszeppeline. Das Projekt<br />
Zeppelin war von Beginn an kein<br />
Zivilprojekt wie viele Menschen glauben.<br />
Der absolute Höhepunkt der Rüstungsindustrie<br />
am Bodensee war mit<br />
dem 2. Weltkrieg erreicht, was Friedrichshafen<br />
mit seiner nahezu völligen<br />
Zerstörung büßte. Leider haben die Täter<br />
und Profiteure daraus nichts gelernt.<br />
Die verantwortlichen Macher in den<br />
Betrieben und Verwaltungen sind auf<br />
Arbeitsplätze, hohe Steuern, ihr persönliches<br />
Einkommen, Macht, Ruhm,<br />
Einfluss und Prestige aus, das ist der<br />
Antrieb auch der bösen Tat. Wir können<br />
sagen, dass in der Bodenseeregion<br />
wieder eines der größten Rüstungscluster<br />
in Deutschland entstanden ist. Und<br />
so haben wir eine kriegerische Idylle<br />
am schönen Bodensee.<br />
<strong>akzent</strong>: Wie begegnen Sie dem<br />
Spruch: „Wenn wir’s nicht machen,<br />
machen’s die anderen“?<br />
Lothar Höfler: Wir versuchen, den<br />
Menschen klarzumachen, dass mit ihrer<br />
(todsicheren) Arbeit und mit den<br />
von ihnen produzierten Waffen und<br />
Dienstleistungen anderswo in der Welt<br />
Menschen und deren Heimat vernichtet<br />
werden, dass anderswo Menschen mit<br />
Hunger, Elend, Tod und Vertreibung<br />
für unser Einkommen, Wohlstand, Gesundheit<br />
und Sicherheit bezahlen.<br />
<strong>akzent</strong>: Was können wir selbst tun,<br />
damit keine tödlichen Waffen mehr<br />
vom Bodensee ausgehen?<br />
Lothar Höfler: Es gibt nur einen<br />
Weg: sich entziehen. Als moralische<br />
und verantwortungsbewusste Menschen,<br />
Eltern, Vorbilder für andere<br />
können wir uns nicht an der Herstellung<br />
von Mitteln zum Töten anderer<br />
Menschen beteiligen.<br />
www.keinewaffenvombodensee.de<br />
Das vollständige Interview ist unter<br />
www.<strong>akzent</strong>-magazin.com nachzulesen.<br />
INTERNATIONALER <strong>BO</strong>DENSEE FRIEDENSWEG<br />
Am 5. <strong>April</strong> findet der Internationale Bodensee Friedens weg<br />
statt. Start ist um 14.30 Uhr am Bahnhofplatz Überlingen.<br />
www.bodensee-friedensweg.org