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akzent Magazin April '21 BO

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KULTUR 69<br />

Der Krieg in fernen Ländern kommt<br />

in diesen Bildern nicht vor. Claudio<br />

Hils zeigt das Kriegsgeschehen vor<br />

der Haustür: Kulissen für den Häuserkampf,<br />

Verhörräume zur Vorbereitung<br />

auf die psychische Belastung einer<br />

möglichen Gefangenschaft, blutverschmierte<br />

Puppen zum Üben von Notfallmedizin.<br />

Nüchtern dokumentiert<br />

der Fotograf die Infrastruktur und Strategien,<br />

mit der sich Soldaten auf Bedrohung,<br />

Krieg und humanitäre Einsätze<br />

vorbereiten. Ein ambivalentes Thema:<br />

Es geht um Gewalt und um den Schutz<br />

vor Gewalt. Menschen sind auf diesen<br />

Bildern fast nie zu sehen. Diese sichtbare<br />

Stille ist beabsichtigt: „Dadurch<br />

entsteht eine Lücke, die beim Betrachter<br />

einen Denkprozess auslöst und die<br />

er mit eigenen Erfahrungen auffüllt“,<br />

erklärt Claudio Hils.<br />

Der 59-Jährige stammt aus Mengen,<br />

hat visuelle Kommunikation in<br />

Essen studiert, sieht seine Wurzeln im<br />

politisch-sozialen Journalismus und arbeitet<br />

seit 1993 als Fotograf und Kommunikationsdesigner.<br />

Die Liste seiner<br />

eigenen und kuratierten Ausstellungen<br />

ist lang. Parallel dazu hatte er diverse<br />

Lehraufträge an Hochschulen im Inund<br />

Ausland. Seit 2008 ist der Professor<br />

für Fotografie und Gestaltung an der<br />

Fachhochschule Vorarlberg. Seit etwa<br />

20 Jahren lebt er wieder in Mengen.<br />

Einst eine verbotene Zone<br />

Hier ist ihm schon als Jugendlicher das<br />

nahegelegene US-Sondermunitionslager<br />

Mottschieß aufgefallen. „Wenn<br />

man nachts durch den Wald fuhr,<br />

konnte man die Beleuchtung sehen. Es<br />

war eine verbotene Zone, in der atomare<br />

Sprengköpfe gelagert wurden“, erinnert<br />

er sich. Heute stehen viele dieser<br />

Bunkeranlagen leer, aber die ehemalige<br />

Hauptwache wird vom Kommando<br />

Spezialkräfte (KSK) für militärische<br />

Ausbildungszwecke genutzt. Ein Teil<br />

der Aufnahmen für sein Projekt „Heimatfront<br />

– Bühnenbilder des Krieges“<br />

ist hier entstanden. Fotografiert hat<br />

Claudio Hils auch in der Staufer-Kaserne<br />

Pfullendorf, im ehemaligen Sondermunitionslager<br />

Inneringen sowie<br />

auf dem Truppenübungsplatz, in den<br />

Brandübungsanlagen und im Sanitätsunterstützungszentrum<br />

in Stetten am<br />

Kalten Markt. Ergänzt hat er seine<br />

Fotos realer Militäreinrichtungen mit<br />

virtuellen Bildern aus der Übungssoftware<br />

der Bundeswehr. Über fünf Jahre<br />

erstreckte sich dieses Fotoprojekt.<br />

Bizarre Bilderwelten<br />

Mit dem Themenspektrum Gewalt,<br />

Terror und Militär hat sich Claudio Hils<br />

schon in früheren Jahren befasst. So<br />

fotografierte er vor mehr als 20 Jahren<br />

auf dem Truppenübungsplatz Senne in<br />

Nordrhein-Westfalen für sein Projekt<br />

„Red Land, Blue Land“. Wenige Jahre<br />

später dokumentierte er in „Archive_Belfast“<br />

Spuren, die die jahrelange<br />

Gewalt in der nordirischen Hauptstadt<br />

hinterlassen hat. „Wenn ich Krisenoder<br />

Bedrohungssituationen zeige,<br />

dann wird kein Bild dabei herauskommen,<br />

das eine heile Welt suggeriert.<br />

Trotzdem sind die Bilder auch schön“,<br />

sagt er. „Ich fühle mich in diesen bizarren<br />

Bilderwelten wohl. Es geht mir<br />

darum, komplexe Sachverhalte visuell<br />

spannend und seriell darzustellen.“<br />

Letzteres gilt beispielsweise auch für<br />

seine anderen Projekte, z.B. die japanischen<br />

Lebenswelten in „Tokyo Urban<br />

Space“ (1999), den Prozess der deutschen<br />

Wiedervereinigung in „Neuland.<br />

1989 – 1999“ sowie für den Wandel des<br />

ländlichen Raumes in „abseits“ (2012).<br />

Für die Ausstellung „Heimatfront –<br />

Bühnenbilder eines Krieges“ ist Claudio<br />

Hils eine Kooperation mit dem<br />

Kunstmuseum Thurgau und der Kreisgalerie<br />

im Schloss Meßkirch eingegangen.<br />

Ob die geplanten Ausstellungszeiten<br />

eingehalten werden können, hängt<br />

von der Entwicklung der Corona-Pandemie<br />

ab.<br />

bis 18.04.<br />

Kunstmuseum Thurgau<br />

Kartause Ittingen<br />

CH-8532 Warth<br />

www.kunstmuseum.tg.ch<br />

01.07.–01.10.<br />

Kreisgalerie Schloss Meßkirch<br />

Kirchstr. 7<br />

D-88605 Meßkirch<br />

www.schloss-messkirch.de<br />

www.claudio-hils.com<br />

Foto: © Claudio Hils<br />

Foto: © Kunstmuseum Thurgau/Stefanie Hoch

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