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Ultrarunning<br />
Der fitteste<br />
Feuerwehrmann<br />
der Welt<br />
Andreas Michalitz, 52, Hauptbrandmeister aus Österreich,<br />
hält den Weltrekord im 100-Kilometer-Lauf – und zwar in<br />
voller Montur. Das heißt: Er muss 26 Kilo mitschleppen.<br />
Und das ist nicht seine einzige Bestleistung.<br />
Interview WOLFGANG WIESER<br />
Foto PHILIPP HORAK<br />
Seine Vorbereitung für die Weltrekorde<br />
absolvierte Hauptbrandmeister<br />
Andreas Michalitz in der Nacht:<br />
Warum? „Weil es seltsam aussieht,<br />
wenn du mit einem Feuerwehrhelm<br />
auf dem Kopf läufst.“ Tatsächlich näherte<br />
sich der Profi-Feuerwehrmann<br />
aus Wiener Neustadt in Niederösterreich<br />
seiner Rekordjagd Stück für<br />
Stück: Mal trug er den Helm, mal<br />
seine schweren Einsatzstiefel („Die<br />
sind fürs Laufen völlig ungeeignet“).<br />
Bis er schließlich in die komplette,<br />
26 Kilo schwere Montur schlüpfte.<br />
Das monatelange Training hat sich<br />
gelohnt. Heute hält er vier Weltrekorde:<br />
im 100-Kilometer-Lauf (im<br />
Einzel und im Team mit drei deutschen<br />
Kollegen), für zwölf Stunden<br />
am Laufband und im Treppensteigen<br />
– alles in voller Feuerwehr-Montur.<br />
the red bulletin: Du hältst auch<br />
den Weltrekord im Treppensteigen<br />
in voller Montur, konkret hast<br />
du 82.301 Stufen in 24 Stunden<br />
geschafft. Frage eins: Was heißt<br />
in voller Montur genau? Frage<br />
zwei: Ganz ehrlich, ist das nicht<br />
ein bisschen verrückt?<br />
Andreas Michalitz: Die zweite<br />
Frage kann ich kurz beantworten:<br />
Ja. Zur ersten Frage: Helm, Jacke,<br />
Handschuhe, Hose, Stiefel, Atemschutzgerät,<br />
Beil, eine Maske – alles<br />
in allem 26 Kilo schwer.<br />
Wie bist du überhaupt auf diese<br />
verrückte Idee gekommen?<br />
Den Treppenrekord hat vor mir Joey<br />
Kelly von der Kelly Family gehalten<br />
– allerdings ohne Montur. Ich wollte<br />
nur beweisen, wie fit du als Feuerwehrmann<br />
sein musst.<br />
Dieser Weltrekord ist nicht dein<br />
einziger, du hältst vier, einer davon<br />
ist der Weltrekord im 100-Kilometer-Lauf<br />
in Feuerwehr-Schutzausrüstung<br />
mit Atemschutz. Du<br />
hast dafür 15 Stunden, 11 Minuten<br />
und 10 Sekunden gebraucht. Was<br />
treibt dich zu solchen Leistungen?<br />
Das ist schwer zu sagen. Aber ich<br />
vermute, es ist die Motivation, etwas<br />
Besonderes zu schaffen, was sonst<br />
kaum jemand schafft. In Österreich<br />
bin ich mit diesen Extremeinsätzen<br />
eher ein Einzelkämpfer, in Deutschland<br />
sind viel mehr Feuerwehrkollegen<br />
dabei.<br />
Deine Vorbereitung?<br />
Ich laufe seit rund 20 Jahren täglich.<br />
Zwei-, dreimal in der Woche habe<br />
ich speziell für die Weltrekorde<br />
trainiert. Auf unterschiedlichen<br />
Strecken. Meistens in der Nacht,<br />
weil es seltsam aussieht, wenn du<br />
mit einem Feuerwehrhelm auf dem<br />
Kopf läufst. Das größte Problem waren<br />
die Schuhe, die schweren Stiefel<br />
sind fürs Laufen eigentlich völlig ungeeignet.<br />
Aber wenn du lange genug<br />
übst, haut auch das hin.<br />
Was haben die Feuerwehrkollegen<br />
dazu gesagt? Und deine Frau,<br />
deine Kinder?<br />
Die waren Feuer und Flamme und<br />
haben mich unterstützt. Meine Frau<br />
und mein Sohn betreuen mich auch,<br />
wenn ich an Extrem läufen teilnehme.<br />
Am Anfang deiner Laufbegeisterung<br />
stand ein Buch von Extremsportler<br />
Christian Schiester.<br />
In „Lauf ins Leben“ beschreibt er,<br />
wie er vom Kettenraucher zum Top-<br />
Sportler wurde. Es hat mich fasziniert,<br />
dass ein Antisportler all das<br />
schaffen kann.<br />
Bevor Christian mit dem Laufen<br />
begann, hatte er jeden Tag sechs<br />
Bier getrunken und 40 Zigaretten<br />
geraucht. Wie hat dein Sündenregister<br />
ausgesehen?<br />
Gegessen habe ich gerne, aber kaum<br />
Alkohol getrunken. Sportlich habe<br />
ich – außer ein bisschen Ski zu fahren<br />
– schlicht nichts gemacht.<br />
Sind diese Rekorde mehr als bloß<br />
ein Gag?<br />
Natürlich, sie sind so etwas wie eine<br />
Bestätigung meiner körperlichen,<br />
aber auch meiner mentalen Fitness.<br />
Wenn ich bei einem Einsatz auf<br />
der Autobahn auf 50 Grad heißem<br />
Asphalt stehe und im Schutzanzug<br />
arbeiten muss, ist es wichtig, nicht<br />
nur körperlich, sondern auch geistig<br />
fit zu sein.<br />
Wohin Andreas Michalitz gerade läuft:<br />
ultrarunning-michalitz.at<br />
38 THE RED BULLETIN