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Kunst KULTUR JOKER 7

Ungeahnte Wahrnehmungserlebnisse

„Mit allen Sinnen. Französischer Impressionismus“ –

Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart

Eine Ausstellung mit rund

sechzig Gemälden französischer

Impressionisten in der Staatsgalerie

Stuttgart legt den Besuchenden

nahe, deren sinnliche

Wirkung zu erspüren. Unter den

Exponaten befinden sich Werke

von Berthe Morisot und Mary

Cassatt, zudem Klassiker von

Manet, Renoir, Degas, Monet,

Signac, Pissarro, Sisley, Caillebotte,

Jean-Louis Forain und

Paul Gauguin. All diese Künstler

haben seit den 1860er Jahren

die Malerei erneuert und dem

Betrachter ungeahnte Wahrnehmungserlebnisse

eröffnet,

indem Landschaften und alltägliche

Szenen atmosphärisch und

als lebendige Gegenwart erfasst

werden. Nicht etwa zeitenthoben

wurde gemalt, sondern meist direkt

vor dem Motiv und bevorzugt

im Freien. Eine Schlüsselrolle

kommt dabei dem Einsatz

von Farbe zu, die ihre Geltung

durch Opposition oder Nachbarschaft

zu anderen Farben erhält

und der gewohnten Zuordnung

widersprechen darf. Bewusst

werden auf der Bildfläche Licht

und Luft, Raum, Form und

Kontur in Striche und Tupfer

übersetzt und ins Skizzenhafte

aufgelöst, was den momentanen

visuellen Eindruck verstärkt;

zudem bleibt der Pinselduktus

sichtbar, die vibrierende Spur

des Handwerks. Damit wird dem

Auge des Betrachters Spielraum

gelassen, das Angedeutete zu

vollenden.

Angesichts dieser Gemälde

lässt sich der Geruch luftiger

Gärten imaginieren und Manets

Flieder riechen; das Gefühl einer

feucht-nassen Atmos-phäre stellt

sich beim Anblick von Pissaros

„Rouen, Platz der Republik bei

Regen“ ein und Alfred Sisleys

„Winter in Luveciennes“ lässt

einen nicht kalt. Erwärmend

wirkt hingegen die kräftige Sonne

über Paul Gauguins „Bretonischen

Heuerinnen“. Der Geschmack

und das Geräusch von

Meerwasser entströmt Eugène

Boudins „Strand von Trouville“.

Aus Claude Monets „Felder im

Frühling“ vermag sich eine flirrende

Stille zu übertragen und

Mary Cassatts Gemälde „Die

Lesende“ entströmt eine gespannte

Ruhe. Die Sinne sind

schließlich nicht von der physischen

Berührung abhängig, im

Pierre-Auguste Renoir „Das Gewächshaus“ um 1876, Leihgabe aus Privatbesitz

Foto: Staatsgalerie Stuttgart

Auge sitzen Tastempfindungen,

die ohne Hautkontakt affizieren

und die Gegenstandswelt synästhetisch

erfassen können. Das

ursprüngliche Ausstellungskonzept

hatte vorgesehen, dem

Publikum zusätzlich Reize zu

bieten, konkrete Anlässe zum

Riechen, Hören, Schmecken

und Fühlen, was die derzeit angeratene

C-Distanz jedoch vereitelt.

Doch Wirkung kann auch

die Lektüre des kleinen Buches

erzeugen, das die Schau begleitet,

es geht den vielen Aspekten

unserer multisensorischen

Welterfahrung und ästhetischen

Kompetenz nach. Ein immerwährendes

und unverwüstliches

Thema.

Mit allen Sinnen. Französischer

Impressionismus. Staatsgalerie

Stuttgart. Di-So 10-17,

Do 10-20 Uhr. Derzeit müssen

Zeitfenster gebucht werden:

www.staatsgalerie.de. Bis 4. Juli

2021 Cornelia Frenkel

27. März — 15. August 2021

AUFBRUCH ZUR AVANTGARDE

Impressionismus

in Russland

Karin Kneffel, Ohne Titel (Detail), 1996. Öl auf Leinwand, 710 × 240 cm. KfW Stiftung, Frankfurt am Main © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Alexej von Jawlensky, Andrei und Katja, 1905. Sammlung Iveta und Tamaz Manasherov, Moskau

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