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Philipp Melanchthon, Commentarii in Epistolam ad Romanos, 1540

Melanchthons Römerbriefkommentar aus dem Jahr 1540

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Einführung

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2.2 Das Verhältnis zwischen den beiden Straßburger Drucken einerseits und den beiden Wittenberger Drucken

andererseits ist unterschiedlich:

2.2.1 Str40-2 gibt sich auf dem Titelblatt expressis verbis als Neuausgabe zu erkennen: iam denuo … recogniti

& locupletati. Der Kommentar wurde vollständig neu gesetzt. Zahlreiche Marginalien wurden ergänzt

und etliche Druckversehen beseitigt. Darüber hinaus finden sich in einem Absatz des Argumentum in Str40-2

zwei Ergänzungen zum Text von Str40-1, die in Wit41-1 fehlen. 39

2.2.2 Demgegenüber ist das Verhältnis zwischen den beiden Wittenberger Drucken sehr viel komplexer. In

ihnen liegt von fol. 1r bis fol. 24v ein unterschiedlicher Satz vor, während von fol. 25r bis zum Ende ein und

derselbe Satz verwendet wurde. Damit ist natürlich noch nicht die Frage beantwortet, in welcher Reihenfolge

die beiden Drucke entstanden sind. Es gibt aber gute Gründe für die Annahme, dass Wit41-1 der ältere und

Wit41-2 der jüngere Druck ist. Dafür spricht, dass Wit41-2 auf fol. 1r–24v im Verhältnis zum Rest dieses

Druckes eine extrem überdurchschnittliche Zahl von Satzfehlern, wie z.B. fehlende oder verdrehte Buchstaben

(„n“ statt „u“ oder „b“ statt „d“ etc.), aufweist. Sie lassen den Schluss zu, dass der Setzer auf diesen Seiten

ganz offensichtlich unter großem Zeitdruck gearbeitet hat und dass dieser Teil von Wit41-2 unter anderen

Bedingungen entstanden ist als der Rest.

Über mögliche Gründe, die den partiellen Neusatz der Wittenberger Ausgabe des Kommentars verlangt

haben, kann man nur spekulieren. Weil der neugesetzte Text exakt die drei ersten 16seitigen Bögen (A bis C)

des Buches betrifft, ist es nicht ausgeschlossen, dass es eine physische Beschädigung oder gar Zerstörung des

Stehsatzes war, die einen Neusatz erforderlich gemacht hat. Vielleicht war der Stehsatz der ersten drei Bögen

inzwischen aber auch anderweitig verwendet worden, so dass er nicht mehr zur Verfügung stand, als man

den Kommentar nachdrucken wollte.

Der Setzer von Wit41-2 hat sich große Mühe gegeben, den Satz auch in dem neugesetzten Teil zeilenund

seitenidentisch mit Wit41-1 zu gestalten. Das gelingt ihm zwar nicht immer, doch ist nicht zu übersehen,

dass er in diesem Teil versucht hat, auf jeder Seite denselben Text mit demselben Layout unterzubringen

wie in Wit41-1. Aus alledem geht jedenfalls hervor, dass Wit41-2 nicht mehr sein wollte als ein unveränderter

Nachdruck der ersten Wittenberger Ausgabe. Gegenüber Wit41-1 will dieser Druck darum keine Neuauflage

des Kommentars sein, wie es Str40-2 gegenüber Str40-1 ist. Vielleicht wurde Wit41-2 sogar nicht noch

im Jahr 1541, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt gedruckt.

2.3 Der ebenfalls bei Crato Mylius erschienene Druck Str44 hat aus Wit41-1/2 den Textaustausch bei Röm

1,32 – 2,1.6 und 3,4c übernommen, nicht aber die Kommentierung von ἐφευρετὰς κακῶν in Röm 1,30. Auch

sonst finden sich in diesem Druck Eigentümlichkeiten sowohl der beiden anderen Straßburger Drucke als

auch der beiden Wittenberger Ausgaben. Hieraus kann man schließen, dass dieser Druck nicht nur Str40-2,

sondern auch Wit41-1 voraussetzt und den Versuch unternimmt, die Wittenberger und die Straßburger

Ausgaben miteinander zu harmonisieren. 40 Wenn Str40-1 und Str40-2 voneinander abweichen, steht Str44

immer auf der Seite von Str40-2. Offenbar verdankt sich Str44 dem Bestreben von Crato Mylius, die beiden

Konkurrenzausgaben zusammenzuführen und sich auf diese Weise auch die Wittenberger Ausgabe als

durchgesehene und verbesserte Neuauflage zu eigen zu machen.

2.4 In Str40-2, Wit41-1/2 und Str44 sind dem Kommentar umfangreiche Register beigegeben, die in allen

drei Ausgaben unterschiedlich ausfallen.

2.5 Die lateinischen Übersetzungen des Römerbrieftextes geben oft nicht die Übersetzung der Vulgata, sondern

die Erasmus-Übersetzung wieder. Wenn Melanchthon solche Übersetzungen zitiert, die in den ver-

39

Vgl. Argumentum, Anm. 374 und 376.

40

Wenn Str40-2 und Wit41-1 voneinander abweichen, folgt Str44 im Argumentum und im Kommentar zu Röm 1 in

aller Regel Str40-2, während sich das Verhältnis im Kommentar zu Röm 2–16 umkehrt: Hier steht Str44, wenn es

nicht um die Korrektur von offenkundigen Druckfehlern geht, konsequent auf der Seite von Wit41-1.

8. Juni 2021

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