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Philipp Melanchthon, Commentarii in Epistolam ad Romanos, 1540

Melanchthons Römerbriefkommentar aus dem Jahr 1540

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Widmungsbrief

20

inquit Ora{5}toris vocem cum lege congruere

debere 15 , Ita in Ecclesia inprimis flagiciosum

est dissentire interpretem ab autore. Etsi autem

de summa rerum non dubito me vera,

consentanea Paulo et utilia dixisse, tamen

quia nobis in his nostris aerumnis non tantum

ocii conceditur, ut perpolire ea, quae in

scholis commentamur, possimus, saepe nostrae

enarrationes sunt tenuiores, quam ut

magnitudini causae respondeant. Et interdum

omnibus λεληθότως excidunt improprie

aut intempestive dicta. Quare et de hoc scripto,

et de ceteris quae edidi 16 , libenter permitto

iudicium Ecclesiis nostris, ac praecipue Ecclesiae

Vuittebergensi. Nam has sentio esse

Christi Ecclesias, quarum iudicium defugere

nemo debet.

Magna profecto res est, et quae ad communem

Ecclesiae salutem pertinet, illustrare

hanc Epistolam Pauli. Quare probo etiam ceterorum

studia, qui edunt Commentarios, qui

tamen non pugnant cum autore, sed ut dicitur

{5v} ποτὶ σπάρτον τὸν λίθον προσαρμόζουσι

17 . Verum ad pios Principes pertinebat

efficere, ut in aliqua Synodo communiter

et accurate disputatis sententiis ederetur 18

integer et perpetuus commentarius in hanc

Epistolam, et gravi autoritate commendaretur

Ecclesiis ac posteritati, ut genuina sententia

conservaretur. Hac de re honestius erat Episcopis

cogitare, quam moliri bellum civile et

infinitum, vastationem horribilem Ecclesiarum,

parricidia piorum, ac facere impia et execranda

foedera ad delendam coelestem

doctrinam, ad defensionem tyrannidis suae et

suarum libidinum. Quid enim agant et conentur

pontifices, ne ipsi quidem dissimulant,

sed hi cum sint hostes Christi, non possunt

animos ad moderata aut honesta consilia

flectere.

Aeschines sagt, dass das, was der Redner sagt, mit dem Gesetz

konform gehen muss, so ist es gerade in der Kirche ein Skandal,

wenn der Interpret etwas anderes sagt als der Autor.

Auch wenn ich zwar in Bezug auf das große Ganze nicht daran

zweifele, dass das, was ich gesagt habe, wahr ist, mit dem

von Paulus Gemeinten übereinstimmt und was taugt, bleiben

unsere Erläuterungen trotzdem oftmals hinter der Bedeutung

der Sache zurück, weil uns in diesen unseren Bedrängnissen

keinerlei Muße vergönnt ist, um das, was wir in den Vorlesungen

erklären, detailliert ausarbeiten zu können. Mitunter

reißen unsere Erläuterungen auch für alle unsichtbar einzelne

Worte in unangemessener oder unangebrachter Weise aus

dem Zusammenhang. Darum lege ich diese Schrift und die

anderen Schriften, die ich veröffentlicht habe, unseren Kirchen,

und in Sonderheit der in Wittenberg, gerne zur Beurteilung

vor. Ich bin nämlich der Meinung, dass dies die Kirchen

Christi sind, deren Urteil niemand scheuen muss.

Diesen Paulusbrief zu erklären, ist selbstverständlich eine

großartige Sache, denn es geht dabei um das Gemeinwohl der

Kirche. Aus diesem Grunde begrüße ich auch die Bemühungen

anderer, die Kommentare veröffentlichen, ohne dabei

mit dem Autor zu streiten, sondern, wie man sagt, „den Stein

an der Schnur ausrichten.“ Es ist eigentlich Aufgabe der

frommen Fürsten gewesen, dafür zu sorgen, dass in einer

Versammlung sowie nach einem gemeinschaftlichen und

eingehenden Austausch der Meinungen, ein unverfälschter

und bleibend verbindlicher Kommentar zu diesem Brief hervorgebracht

und mit gewichtiger Autorität den Kirchen und

der Nachwelt übergeben wird, damit dessen eigentlicher Inhalt

erhalten bleibt. Ein solches Vorhaben in Erwägung zu

ziehen, wäre für die Bischöfe ehrenvoller gewesen, als einen

endlosen Bürgerkrieg hervorzurufen, eine schreckliche Verwüstung

der Kirchen und ein Verbrechen an den Frommen,

sowie gottlose und verabscheuungswürdige Bündnisse zu

schließen, um die himmlische Lehre zu zerstören und ihre

eigene Tyrannei und Lüsternheit zu verteidigen. Denn was sie

treiben und worauf sie aus sind, verhehlen die Bischöfe ja

durchaus nicht. Doch weil sie Feinde Christi sind, können sie

ihre Herzen nicht maßvollen und ehrbaren Beschlüssen zuwenden.

15

Aeschines, Ctesiph. 16: χρὴ γάρ ... τὸ αὐτὸ φθέγγεσθαι τὸν ῥήτορα καὶ τὸν νόμον („denn es ist erforderlich, dass

der Redner und das Gesetz dasselbe sagen“). Vgl auch MBW T 9, 2336 Anm. Q 69f (S. 30).

16

edidi Wit41-1/2, Bas41, Str 44. – aedidi Str40-1/2.

17

Basilius v. Caesarea, Leg. Gent. (ed. F. Boulenger, Saint Basile. Aux jeunes gens sur la manière de tirer profit des

lettres Helléniques, Paris 1935 = 1965, 41–61, Abschn. 4, Zl. 53–54) und die Scholien zu den Argonautica des Apollonius

von Rhodos (ed. C. Wendel, Scholia in Apollonium Rhodium vetera, Berlin 1935, S. 230,1) zitieren übereinstimmend

als „dorisches Sprichwort“: τòν λίθον ποτὶ τὰν σπάρτον ἄγειν („den Stein an die Schnur legen“).

18

ederetur Wit41-1/2, Bas41, Str 44. – aederetur Str40-1/2.

8. Juni 2021

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