Philipp Melanchthon, Commentarii in Epistolam ad Romanos, 1540
Melanchthons Römerbriefkommentar aus dem Jahr 1540
Melanchthons Römerbriefkommentar aus dem Jahr 1540
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Widmungsbrief
22
praedicabunt. Horum preces et vobis et
Reipub. prodesse spero, qui suis votis commendant
vos et universam Ecclesiam Christo.
Ut enim Paulus bene precatur Onesiphoro
(Det ei Deus, ut misericordiam inveniat apud
Dominum in die illa 28 ) Sic pii omnes a Deo
petere debent, ut Evangelii hospites servet, ac
defendat. Porro quanta laus est, tribui vobis 29
hoc dulce {7} praeconium, quod de Philemone
scribit Paulus. ὅτι τὰ σπλάγχνα τῶν
ἁγίων ἀναπέπαυται διὰ ὑμῶν 30 . Hoc est verum
decus expetendum bonis Principibus,
quod cum tuemini frementibus ac indignantibus
31 Pontificibus ac Regibus, qui nunc plus
quam Neronianam saeviciam in pios exercent,
non dubitate Deum vos adversus illorum
rabiem atque immanitatem defensurum
esse.
Refutabunt etiam hi nostri libelli Sycophantas,
qui variis calumniis deformare causam
nostram student, ac vociferantur nos falsas
ac perniciosas opiniones serere. Adversus
hos apud omnes qui non sunt ἄθεοι, et apud
posteritatem hi libelli et similes testimonium
dicent, ex quibus liquet, nos multis articulis
doctrinae christianae lumen attulisse, qui
antea caligine opinionum falsarum et impiarum,
quas in Ecclesia vel supersticiosi homines,
vel improbi sparserant, obruti fuerunt.
Exposui publicas causas, prop{7v}ter quas
tuo nomini hunc commentarium dedicavi.
Privatae etiam multae sunt. vere enim amo,
ut multi norunt, excellens ingenium tuum, et,
ut ille sapiens poeta inquit, Iusticiaene prius
mirer bellive laborum 32 , Significans Principi.
viro utroque genere virtutum opus esse togatis
et bellicis. Ita cum videamus te magno
praesidio esse Reipub. propter utrunque genus
virtutum, Qualis stupor esset non accendi
nünftigen Menschen die wahre Lehre zu vermitteln. Ihretwegen
werden viele euch preisen, wie ja auch außer Frage
steht, dass sie dazu verpflichtet sind. Ich hoffe, dass ihre Gebete
euch und eurem Land nützen mögen, wenn sie euch und
die gesamte Kirche mit ihren Bitten Christus ans Herz legen.
Genauso wie Paulus herzlich für Onesiphorus gebetet hat:
„Gott gebe ihm, dass er Erbarmen finden möge beim Herrn
an jenem Tag“, so sind auch alle Frommen verpflichtet, Gott
darum zu bitten, dass er die Gastgeber des Evangeliums bewahrt
und verteidigt. Und dann: das Lob, das euch zukommt,
ist so groß wie das liebliche Ruhmeswort, das Paulus über
Philemon schreibt: „dass die Herzen der Heiligen durch euch
zur Ruhe gekommen sind.“ Das ist der wahre Schmuck, den
gute Fürsten begehren sollen. Da ihr es gegen die tobenden
und zornigen Bischöfe und Herrscher in Schutz nehmt, die
jetzt gegen die Frommen eine Grausamkeit entfalten, die die
neronische noch übertrifft, so zweifelt nicht daran, dass Gott
euch gegen ihre Wut und Wildheit verteidigen wird.
Diese unsere Schriften werden auch die Verleumder widerlegen,
die mit vielfältigen Verdrehungen danach streben,
unsere Sache zu entstellen, und herausschreien, dass wir falsche
und gefährliche Ansichten verbreiten. Diesen gegenüber
werden diese und ähnliche Schriften vor denen, die nicht
gottlos sind, und vor der Nachwelt Zeugnis ablegen und
deutlich machen, dass wir Aufklärung herbeigeführt haben
bei vielen Artikeln der christlichen Lehre, die vorher in der
Finsternis falscher und gottloser Ansichten verborgen gewesen
sind, die abergläubische und böswillige Menschen in der
Kirche verbreitet haben.
Ich habe die öffentlichen Anlässe beschrieben, deretwegen
ich diesen Kommentar deinem Namen zugeignet habe. Es
gibt aber auch viele persönliche Gründe: Wie viele wissen,
schätze ich deinen herausragenden Geist. Und wie jener kluge
Dichter zu sagen weiß: „Was soll ich mehr bewundern, die
Werke der Gerechtigkeit oder des Krieges?“ Er bringt damit
zum Ausdruck, dass ein fürstlicher Mann beide Arten von
Tugenden benötigt, die zivilen und die kriegerischen. Weil
wir sehen, dass du auf Grund beider Arten von Tugenden zu
einer großen Schutzmacht für das Gemeinwesen geworden
28
2Tim 1,18.
29
vobis Wit41-1/2, Str 44. – nobis Str40-1/2.
30
ὑμῶν Str40-1, Wit41-1/2, Str44.– σοῦ Str40-2 (wie in Phlm 7, der Quelle des Zitats)
31
In einem Brief an Johann Hesse aus dem Jahr 1521 hatte Melanchthon das Vorgehen Papst Leos X. gegen Luther
mit demselben Begriffspaar charakterisiert (MBW T 1, 126,9–10; vgl. auch Sueton, Vit. Caes. Claudius 9,1 über Caligula);
s. auch Argumentum, bei Anm. 365.
32
Vergil, Aeneis 11,126. – Die kritischen Vergil-Ausgaben lesen nicht belliue wie alle Drucke des Kommentars von
Str40-1 bis Peuc-1, sondern parallel zu iustitiaene am Anfang des Satzes belline. Es könnte darum auch sein, dass die
ursprünglichen Drucke des Kommentars n zu u verdreht haben, was dann von den späteren Ausgaben von Peuc-2
bis MBW T 9 als halbvokalisches u verstanden und nicht als -ne sondern -ve gelesen wurde, was ja auch einen guten
Sinn ergibt.
8. Juni 2021