Philipp Melanchthon, Commentarii in Epistolam ad Romanos, 1540
Melanchthons Römerbriefkommentar aus dem Jahr 1540
Melanchthons Römerbriefkommentar aus dem Jahr 1540
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Argumentum
34
nisi accederet fides, mens oppressa terroribus
rueret in aeternam mortem, Sicut Saul, Iudas,
perierunt, cum non erigerent se fide et agnitione
misericordiae inter terrores. Et hoc vult
dictum Pauli de lege. Lex iram efficit 47 , id est,
incutit horribiles terrores, quales saepe describuntur
in psalmis Et Ezechias inquit. Sicut
Leo contrivit omnia ossa mea. 48 Adferrent
igitur hi pavores exitium et aeternam mortem,
nisi accederet fides paulatim erigens animos,
intuens in promissiones Christi, atque
ita Christum apprehendens. Haec certamina
quanta sint monent psalmi. Quomodo videmus
luctantem secum Davidem, cum clamitat.
Domine ne in fu{16v}rore 49 arguas me,
Miserere mei Domine. Quoniam non est in
morte qui memor sit tui, neque in inferno qui
laudet te. Non abiicias me inter damnatos,
qui uruntur horribili et aeterno odio tui, et tibi
maledicunt. Ne in hunc coetum hostium
tuorum abiiciar. 50 Et psalmo xli. Quare tristis
es anima mea, et quare conturbas me? Spera
in Deum, quoniam adhuc laudabo eum. 51
De his tantis certaminibus hic quoque Paulus
concionatur, nec tantum litigat de suilla
carne, aut similibus ritibus. Clamitat omnes
esse sub peccato. 52 Haec sententia de terroribus
concionatur, Deinde monstrat Christum,
inquit nos gratis fide iustificari etc. 53 Et
ut sciamus eum loqui non de ociosis cogitationibus,
sed de fide luctante cum pavoribus,
inquit. Iustificati fide pacem habemus, Item,
accessum ad Deum etc. 54 Item, fide agnoscimus
nos diligi a Deo. Cum igitur adeo apte ad
reliquam scripturam propheticam haec Pauli
dicta congruant, quae perversitas est aliam
sententiam Paulo affingere? Sed pergo.
Cum haec sententia, quam recitavi de conversione
hominis, et iustificatione, perspicua
et {17} plana sit, et in vita usum habeat, et sit
rata et immutabilis sententia Evangelii, pate-
dienen. Im Gegenteil: wenn nicht der Glaube hinzukommt,
stürzt das Gemüt, das von Schrecken niedergedrückt wird, in
den ewigen Tod. So gingen Saul und Judas zugrunde, weil sie
sich in ihren Schrecken nicht durch den Glauben und die Erkenntnis
des Erbarmens aufrichteten. Eben das will das paulinische
Wort über das Gesetz sagen: „Das Gesetz bewirkt den
Zorn“, das heißt, es ruft furchtbare Schrecken hervor, wie sie
oft in den Psalmen beschrieben werden und wie Hiskia sagt:
„Wie ein Löwe hat er alle meine Knochen zerbrochen.“ Diese
Ängste führen darum in den Untergang und in den ewigen
Tod, wenn nicht der Glaube sich einfindet und die Herzen
allmählich aufrichtet, indem er auf die Verheißungen Christi
schaut und so Christus annimmt. Die Psalmen erinnern daran,
wie zahlreich diese Kämpfe sind. So sehen wir auch David
mit sich selbst ringen, wenn er ausruft: „Herr, strafe mich
nicht im Zorn. Erbarme dich meiner, Herr, denn im Tod gibt
es keinen, der deiner gedenkt, und in der Unterwelt keinen,
der dich lobt. Wirf mich nicht hinab zu den Verdammten, die
verbrannt werden durch deinen fürchterlichen und ewigen
Hass und dich verfluchen. Lass mich nicht hinabgeworfen
werden in die Versammlung deiner Feinde.“ Und Ps. 41:
„Warum bist du so traurig, meine Seele, und warum verwirrst
du mich? Hoffe auf Gott, denn ich werde ihn wieder preisen.“
Über diese großen Kämpfe spricht auch Paulus. Er streitet
nicht lediglich über das Essen von Schweinefleisch oder ähnliche
Gebräuche. Er betont, dass alle unter der Sünde sind.
Dieser Satz bezieht sich auf die Schrecken; danach macht er
Christus sichtbar und erklärt, dass wir aus Glauben gerechtfertigt
werden usw. Und damit wir wissen, dass er nicht über
belanglose Meinungen spricht, sondern über den Glauben,
der mit den Ängsten ringt, sagt er: „Da wir aus Glauben gerechtfertigt
sind, haben wir Frieden“; ebenso „Zugang zu
Gott“ usw. Ebenso: Im Glauben erkennen wir, dass wir von
Gott geliebt werden. Weil diese Worte des Paulus so sehr mit
der übrigen prophetischen Schrift übereinstimmen – was für
eine Torheit ist es, ihm eine andere Meinung anzudichten!
Aber ich fahre fort
Weil diese Feststellung zur Bekehrung und Rechtfertigung
des Menschen, die ich dargestellt habe, unmissverständlich
ist, nützlich für das Leben sowie die feststehende und unveränderliche
Grundaussage des Evangeliums, die bereits den
47
Röm 4,15.
48
Jes 38,13.
49
in furore Wit41-1/2. – in furore tuo Str40-1/2, Str 44.
50
Partiell aus Ps Vulg. 6,2.6.
51
Ps Vulg. 41,6.12.
52
Röm 3,9.23.
53
Röm 3,22.26.28.30.
54
Röm 5,1–2.
8. Juni 2021