536 | gt!nfo Mai 2021
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Auch Oppositionsparteien stellen uns vor große Herausforderungen.
Die AfD zum Beispiel verlangt uns besonders differenziertes Denken
ab, auch wenn sie selbst undifferenziert über Flüchtlinge und Coronamaßnahmen
urteilt. Alice Weidel sagte in der Talkshow von Markus
Lanz, dass die AfD keine Nähe zu Querdenkern habe und dass 40
AfD-Abgeordnete bei der ersten Querdenker-Demo nur waren,
um herauszubekommen, was die Gedanken und Forderungen der
Querdenker seien. Warum AfD-Abgeordnete im Parlament Querdenker-T-Shirts
tragen, Querdenker einladen, damit sie im Bundestag
andere Abgeordnete belästigen können und sie sich verstärkt um
Wähler aus dieser Szene bemühen, erklärte sie nicht. Die These, dass
die AfD keine Nähe zu Denkern hat, wäre überzeugender gewesen.
Alice Weidel, die wohl unsympathischste gebürtige Harsewinkelerin,
setzt differenziertes Denken nur da ein, wo es ihre kruden Theorien
unterstützt.
Wir alle lieben Klischees über Politiker*innen und Parteien
Grüne predigen Enthaltsamkeit, fliegen aber in den Ferien zum Ökocamp
auf Sizilien. Die Salonsozialistin Sahra Wagenknecht predigt
seit Jahren einen realmöglichen Sozialismus, während sie beim
regelmäßigem Hummer-Futtern mit ihrem Partner Oskar Lafontaine
abgelichtet wurde.
Die Regierungsparteien erwarten in Pandemiezeiten vom Wahlvolk
solidarisches Handeln, während sich CDU-Abgeordnete mit Maskenprovisionen
eigennützig die Taschen füllten. Olaf Scholz, Hüter der
Finanzen, kann sich an ein Treffen mit der Warburg-Bank, bei der es um
den Verzicht auf 47 Millionen Euro Steuern ging, nicht erinnern. Als Mann
der Zahlen glaubt er, dass man mit 14 Prozent Kanzler werden kann.
Die FDP bestätigt als Ausnahme die Regel. Sie steht für neoliberalen
Hedonismus und lebt ihn auch. „Wasser predigen und Wein“ trinken
ist ein Vorurteil, das vielen Polikern zurecht entgegengebracht wird.
Dabei wusste schon Jesus, wie dieses Problem zu lösen ist. Er verwandelte
Wasser in Wein, wodurch Volk und Volksvertreter kurzfristig
wieder dasselbe trinken konnten. Eine Logik, die auch Christian
Lindner gefallen würde. Wein für alle, die ihn sich leisten
können, während er im Promi-Restaurant Borchers in
Berlin Gesinnungsfreunde umarmt, ohne Maske versteht
sich, dafür mit Videobeweis.
Als Meister des differenzierten Denkens hat sich in den
vergangenen Monaten Peter Altmaier erwiesen. Nicht
nur, dass er der Kulturszene beigebracht hat, dass die
Bezeichnung von Wirtschaftshilfen mit Begriffen wie
„Novemberhilfe“ und „Dezemberhilfe“ zwar den Monat
bezeichnen, aber nicht das Jahr, in dem sie ausgezahlt
werden. Er ist auch der erste Minister, der soweit
differenzieren kann, dass er heute das Kippen eines
Klimaschutzgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht
als Erfolg feiert, das er selbst vor eineinhalb Jahren
verabschiedet und somit verursacht hat. Peter hat sich
wahrscheinlich schon in der Schule bedankt, wenn er
zum Nachsitzen verdonnert wurde, weil er seine Hausaufgaben
mal wieder nicht gemacht hatte.
Söder erlaubt Open Air-Veranstaltungen in Bayern, damit
er nicht nur bei Umfragen sondern künftig auch bei
der Anzahl der Wahlkampfveranstaltungen vor Laschet
liegt. Man kann den lustigen rheinischen Politzwerg
Laschet sympathischer als „Narziss und Goldmund“
Söder finden und trotzdem als Kanzlerkandidat nicht für
geeigneter halten. Zu der Überzeugung, dass der Parteivorsitzende
zwingend auch Kanzlerkandidat sein muss,
mussten einige erst gezwungen werden.
Wenn Anne Will einen Gesprächsgast nicht mag, sieht
sie aus wie Lord Voldemort. Als sie Anna-Lena Baerbock
interviewte, hatte man kurzzeitig Angst, sie würde
sie gegen Ende der Sendung auffressen. Das wäre eine
kurze Kandidatur gewesen. Mit ihrer These, Baerbock
sei nur Kanzlerkandidatin der Grünen geworden, weil sie
eine Frau ist, warf sie die Frage auf, ob sie seit einigen
Illustrationen: Shutterstock
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