536 | gt!nfo Mai 2021
gt!nfo-Music-Award „Sound of 21“ powered by Sparkasse Gütersloh-Rietberg
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Von oben: 360 Grad-Rundumblick durch die Rundfenster.
Blick vom Wasserturm auf das Theater und die Stadthalle.
Bei seiner Inbetriebnahme 1888 hatte er mit 42 Metern
Höhe echte Größe in der Stadt. Die Martin-Luther-Kirche
gab es da zwar schon länger als ein Vierteljahrhundert, die
St. Pankratius-Kirche aber wurde erst zwei Jahre später
eingeweiht. Und an Funktürme, Windräder und in die Höhe
wachsende Rathäuser, Bürotürme und Theater dachte
seinerzeit noch niemand.
Nach nur rund 60 Jahren hatte der Wasserturm
Ende der 1940er-Jahre seinen Dienst als solcher
schon hinter sich. Ein neues Pumpwerk in Spexard
und eine Rohrdruckleitung machten ihn
überflüssig.
Zuvor speiste der Turm Gütersloher
Wohnungen und Häuser mit Trinkwasser
aus einem 310.000 Liter
fassenden, hoch oben installierten
Behälter. Der Wasserturm
lieferte so echte Lebensqualität;
die Selbstversorgung
der Gütersloher mit Wasser
aus verunreinigten Brunnen
entfiel.
Von außen ansehen kann den
Turm natürlich jeder. Die Innenansichten
bleiben aus Sicherheitsgründen
eine Ausnahme – zumindest
der Aufstieg über die zweite
Etage hinaus.
Kaum jemand kennt ihn von
innen
Der Gütersloher Wasserturm,
ein Hidden Place? Ja, das ist
er, weil wohl jeder von ihm
weiß, aber kaum einer ihn
wirklich kennt. Ein geheimnisvoller
Vertrauter. Ohne
ihn wäre die Stadt um
einen markanten, einzigartigen
Ort ärmer.
Insgesamt 181 Stufen und Leitersprossen braucht es,
bis man auf der oberen Plattform einen weiten 360
Grad-Rundumblick genießen kann. Den bulligen
Wasserbehälter hat man dabei ständig im Rücken. Die
Rundfenster sind mit Vorhängeschlössern gesichert, der
Turm ist trotzdem Aufenthaltsort von Vögeln, die Schlupflöcher
gefunden haben. Und er bietet Mobilfunktechnik
im Verborgenen einen Platz.
Die nachts blau leuchtenden Fenster haben eine beeindruckende
Wirkung. Die Technik dazu ist weniger spektakulär:
Profane Neonröhren sorgen für den Lichteffekt.
Die Beleuchtung hat eine dekorative Wirkung – und sie
ist vielleicht eine Reminiszenz an die Eigentümerin des
133 Jahre alten Bauwerks: Es ist nach wie vor im Besitz
der Stadtwerke Gütersloh.
Geweckt aus dem Dornröschenschlaf in den 90ern
Eine großzügige, private Spende des früheren Bertelsmann-Vorstandsvorsitzenden
Dr. Mark Wössner machte
1999 die Einrichtung eines Jugendtreffs auf der unteren
Ebene des Wasserturms möglich. Zuletzt wurde dort ein
Rock- und Pop-Musikprojekt durch die Bürgerstiftung
und die Musikschule initiiert.
Der Wasserturm hatte schon die unterschiedlichsten
Nachbarn: Die Stadtwerke hatten ihren Hauptsitz dort,
wo heute die AOK zuhause ist. Der städtische Bauhof
war dort angesiedelt, wo die Stadthalle gerade
ihren zweiten Frühling erlebt – ganz in weiß. Und schräg
gegenüber stand die Paul-Thöne-Halle. Seit 1949 wurde
hier Theater gespielt.
Heute spielt der Wasserturm mit dem neuen Theater
Gütersloh ein Spiel der Widersprüche und der Kontraste:
Das Theater braucht den Wasserturm, um sich mit seiner
kühlen, klaren Architektur anzulehnen an einen echten,
unverwechselbaren Gütersloher. Und der, der Turm, spiegelt
sich nachts in der großen Glasfassade des Theaters
und geht mit dem Haus eine spannende Verbindung ein.
Unterschiedlicher können beide nicht sein. Einig sind sie
sich in ihrer Funktion als zeitlose Wahrzeichen der Stadt
mit Strahlkraft in jeder Hinsicht. !
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