Taxi Times DACH - 2. Quartal 2021
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TAXI INTERNATIONAL<br />
Fahrer-Proteste in<br />
den Niederlanden:<br />
„Uber, wir sind keine<br />
Algorithmen, wir<br />
sind echte Menschen!“<br />
(Text auf<br />
den Transparenten<br />
im rechten Bild).<br />
UBER SCHEUT<br />
VERANTWORTUNG<br />
GEGENÜBER FAHRERN<br />
In immer mehr Ländern muss sich Uber vor Gerichten verantworten,<br />
weil seine Fahrer eigentlich als Angestellte eingestuft werden<br />
müssten. Das hat auch eine hohe politische Relevanz.<br />
Protest gegen Uber in Barcelona.<br />
Derzeit wird weltweit darüber debattiert,<br />
wie die Rechte der Arbeitnehmer<br />
in der Gig Economy geschützt<br />
werden können. Die Europäische Kommission<br />
hat eine öffentliche Konsultationsphase<br />
zu möglichen EU-weiten Vorschriften<br />
eröffnet.<br />
In diesem Zusammenhang ist ein kürzlich<br />
begonnener Prozess in den Niederlanden<br />
ein wichtiger Baustein gegen die<br />
Lobbymaßnahmen auf europäischer Ebene.<br />
Kläger ist die größte Gewerkschaft der Niederlande,<br />
die FNV. Sie verlangt, dass die<br />
etwa 4.000 Uber-Fahrer des Landes als<br />
Arbeitnehmer eingestuft und nach dem<br />
nationalen <strong>Taxi</strong>tarifvertrag bezahlt werden<br />
und zudem von den üblichen Sozialvorteilen<br />
profitieren.<br />
Bisher fahren die Fahrer als „Scheinselbstständige“<br />
für einen Arbeitgeber: Uber.<br />
Das Unternehmen wird nicht müde, immer<br />
wieder weltweit sein Mantra zu wiederholen,<br />
dass Fahrer am liebsten zeitlich flexibel<br />
als Freiberufler arbeiten möchten, und<br />
ignoriert ein Urteil des Europäischen<br />
Gerichtshofs vom Dezember 2017, das den<br />
Konzern als Personenbeförderer einstuft.<br />
Uber gibt sich noch immer als technische<br />
Plattform aus, die lediglich Kunden mit<br />
Fahrern zusammenbringe.<br />
Die Amsterdamer Klage folgt auf eine<br />
Reihe ähnlicher Klagen und politischer<br />
Entscheidungen. In Großbritannien wurde<br />
Uber im Februar in einem Berufungsverfahren<br />
verurteilt und seine Fahrer als<br />
„Worker“ eingestuft, eine Kategorie zwischen<br />
Selbstständigen und Angestellten.<br />
In Frankreich war Ähnliches bereits ein<br />
Jahr zuvor passiert. Auch in Spanien wurden<br />
Uber-Fahrer nach einer gerichtlichen<br />
Anordnung als Arbeitnehmer eingestuft.<br />
In Deutschland verlor Uber bereits eine<br />
Reihe von Gerichtsverfahren. Hier gilt der<br />
Fahrtenvermittler seit Dezember 2019 als<br />
genehmigungspflichtig (AZ 3-08 O 44/19,<br />
bestätigt durch OLG Frankfurt am Main,<br />
Urteil vom 20.5.<strong>2021</strong>, AZ 6 U 18/20).<br />
SPANIEN ALS VORREITER<br />
Als eines der ersten Gesetze in Europa in<br />
Bezug auf die Rechte von Arbeitnehmern<br />
in der Gig Economy hat die spanische<br />
Regierung im Mai als Folge eines Urteil<br />
des Obersten Gerichtshofs von 2020 eine<br />
Verordnung erlassen, wonach Gig-Unternehmer<br />
ihre selbstständigen Partner als<br />
Arbeitnehmer einstufen müssen. Die spanischen<br />
Unternehmen haben bis August Zeit,<br />
sich umzustellen. Nach Berechnungen des<br />
Arbeitsministeriums wurden bereits fast<br />
17.000 Fahrer ohne Vertrag identifiziert.<br />
Arbeitsministerin Yolanda Díaz kommentierte<br />
die Entscheidung: „Die heute verabschiedete<br />
Verordnung (…) bringt uns an die<br />
Spitze eines technologischen Wandels, der<br />
die Rechte der Arbeitnehmer nicht hinter<br />
sich lassen kann.“ Ein Uber-Sprecher kritisierte:<br />
„Diese Regelung wird Tausenden<br />
von Gig-Arbeitern, die Apps flexibel nutzen,<br />
direkt schaden. Sie haben zuvor erklärt,<br />
dass sie nicht als Angestellte eingestuft werden<br />
wollen.“ Adigital, ein Branchenverband<br />
von Gig-Unternehmen wie Deliveroo, meint:<br />
„Das heute vom Kabinett genehmigte Dekret<br />
ist ein schwerer Schlag für die Zukunft der<br />
digitalen Wirtschaft in Spanien.“<br />
Das Urteil lässt Fragen offen – und eine<br />
Reihe von Klagen erwarten. Viele Gig-<br />
Unternehmen suchen bereits nach neuen<br />
Geschäftsmodellen, die es ihnen ermöglichen,<br />
profitabel zu bleiben. Einige stellen<br />
neuerdings Mitarbeiter über Personalfirmen<br />
ein. Andere wie etwa Just-Eat (Take<br />
Away’s spanisches Pendant) arbeiten wiederum<br />
gesetzeskonform mit Arbeitnehmern.<br />
<br />
wf<br />
Uber-Fahrer als<br />
Arbeitnehmer:<br />
eine Übersicht<br />
über die weltweiten<br />
juristischen<br />
Einschätzungen.<br />
FOTOS: FNV, Elite-<strong>Taxi</strong><br />
24 <strong>2.</strong> QUARTAL <strong>2021</strong> TAXI