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Lykische Grabarchitektur Vom Holz zum Stein ?

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Die Deutung lykischer <strong>Grabarchitektur</strong> soll fehlende Bausteine im Mosaik der<br />

lykischen Gesellschaft, ihrem diesseitigen Leben und ihrem „Leben“ über den Tod<br />

hinaus durch ein Gedankenexperiment ergänzen. Dabei werden architektonische<br />

Räume als das Ergebnis der materiellen Notwendigkeiten verstanden, sofern sie als<br />

solche konzipiert waren – „form follows function“ 13 . Die Vorstellung von Architektur<br />

als umbautem Raum, der entsprechende Nutzungen aufnimmt, läßt sich durch<br />

Vermutungen festigen und durch Gedankenexperimente zu baulicher Realität<br />

verdichten, obgleich sich die Vorgehensweise – gerade auf Grund ihrer stofflichen<br />

Greifbarkeit und damit An-Greifbarkeit – Blößen gibt, denen das rein geschriebene<br />

Wort leicht ausweichen kann 14 .<br />

1.1. Thema: <strong>Grabarchitektur</strong> in Limyra – eine verlorene <strong>Holz</strong>bauweise<br />

Nekropolen aus <strong>Stein</strong><br />

Im gebirgigen Lykien im Südwesten der Türkei sind aus antiker Zeit rund 70 Orte<br />

unterschiedlicher Größe bekannt, die von Lykiern besiedelt, vielleicht sogar erbaut<br />

wurden. Texte und Inschriften, aber auch historische Baudenkmäler geben erstmals<br />

ab dem 7. Jhd. v. Chr. Hinweise auf Städte in Lykien 15 . Als Hinweise auf das Leben<br />

in antiker Zeit sind die in Fels gemeißelten Totenstädte der Nachwelt erhalten<br />

geblieben. Durch die persische Eroberung ab 540 v. Chr. breitete sich die "Idee des<br />

Grabhauses" über ganz Anatolien aus; 16 so kommt sie auch nach Lykien. In<br />

unmittelbarer Nähe zu den Wohnorten wurden große Nekropolen systematisch und<br />

vermutlich mit Blickbezug zu den Siedlungen angelegt.<br />

Das Bauprogramm der Nekropolen umfaßt in den Fels geschlagene Fassaden sowie<br />

freistehende Grabbauten unterschiedlicher Größe und Ausarbeitung, deren<br />

Formensprache, gestalterische Vielfalt und Ausdruck an Baudetails von einem<br />

großen formalen Reichtum zeugen. Die <strong>Grabarchitektur</strong> zeigt steinerne Baudetails,<br />

die hölzerne Ursprungsbauten nahelegen. In dem Maße, wie die formale<br />

Gestaltungskraft der vermutlich in <strong>Stein</strong> nachgebildeten <strong>Holz</strong>konstruktionen in den<br />

Nekropolen abnimmt, wird das Programm der Verzierungen von Grabhäusern<br />

erweitert. Ab dem 4. Jhd. v. Chr. wird die lykische Formensprache der<br />

Grabhausarchitektur schrittweise mit griechischen 17 und teilweise auch persischen<br />

Gestaltungselementen 18 angereichert, teils überlagert und gelegentlich sogar von<br />

diesen vollständig verdrängt.<br />

In den neun Nekropolen von Limyra wurden oberirdisch und im wesentlichen ohne<br />

Grabung ca. 400 Felsgräber gefunden, katalogisiert und beschrieben. 19 Die 15<br />

13<br />

L. Sullivan, A tall office building artistically considered (1896); Bauweltfundamente 5, 1963, 144-149<br />

14<br />

Eine gute Beschreibung des Sich-Näherns an eine vergangene Realität mit Hilfe von Indizien findet<br />

sich bei M: Houellebeque, Elementarteilchen (1998) 73: „Man kann eine logisch in sich stimmige<br />

Geschichte definieren, von der man allerdings nicht sagen kann, ob sie wahr ist; sie läßt sich nur ohne<br />

Widerspruch vertreten.“<br />

15<br />

Hinweise zur Geschichte Lykiens finden sich in Kurzform in F. Kolb, B. Kupke, Lykien, Geschichte<br />

Lykiens im Altertum (1992); F. Kolb, B. Kupke, Lykien AW 20, 1989, Sondernummer 1991<br />

16<br />

M. Waelkens, Das Totenhaus Kleinasien, AW 4, 1980<br />

17<br />

Siehe dazu insbesondere Kapitel 2 „Die Nekropolen“ und 5 „Analyse der <strong>Stein</strong>- und <strong>Holz</strong>bauten –<br />

Dimension und Proportion“<br />

18<br />

Siehe z.B. Relief an den Gräbern P II / 19, P II / 105 und Astodantheorie in Z. Kuban, Ein Astodan in<br />

Limyra, in F. Blakolmer (Hrsg.) Fremde Zeiten (1996) 133-141<br />

19<br />

Unveröffentlichte Unterlagen von K. Schulz, demnächst in Kuban, Nekropolen<br />

5

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