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AUGENBLICK, BITTE!

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Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit dem Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e. V. (BVA) entstanden.<br />

Welche Risikofaktoren bei einem<br />

Offenwinkelglaukom zu berücksichtigen<br />

sind, hat die Deutsche Ophthalmologische<br />

Gesellschaft (DOG) unter<br />

Mitwirkung des BVA in einer Leitlinie<br />

zusammengefasst, die auf der Internetseite<br />

der Arbeitsgemeinschaft der<br />

Wissenschaftlichen Medizinischen<br />

Fachgesellschaften zu finden ist:<br />

Bewertung von Risikofaktoren für das<br />

Auftreten des Offenwinkelglaukoms,<br />

S2e-Leitlinie, Registernummer 045-<br />

015, https://www.awmf.org/leitlinien/<br />

detail/ll/045-015.html.<br />

Messung des<br />

Augeninnendrucks<br />

Weitere<br />

Informationen:<br />

augeninfo.de<br />

Glaukom-Check –<br />

Damit man den Durchblick behält<br />

Kann man blind werden, ohne es zu merken? Leider ja. Beim Glaukom,<br />

umgangssprachlich auch als Grüner Star bezeichnet, gehen schleichend<br />

über Jahre hinweg Fasern des Sehnervs zugrunde. Die Folge sind Ausfälle<br />

im Gesichtsfeld – zuerst am Rand, dann weiter zum Zentrum hin<br />

fortschreitend. Unbehandelt führt das Glaukom zur Erblindung.<br />

Text Jeanette Prautzsch<br />

Die Betroffenen selbst bemerken<br />

die Krankheit sehr lange<br />

nicht. Denn über sogenannte<br />

„Fill-in-Effekte“ erzeugt das<br />

Gehirn keine schwarzen Flecken im<br />

Gesichtsfeld. Der fehlende Seheindruck<br />

wird passend zur wahrgenommenen<br />

Umgebung aufgefüllt. So meint man,<br />

im Auto sitzend, die ganze Straße mit<br />

Bordstein und Gehweg zu überblicken.<br />

Das Kind, das von der Seite auf die Fahrbahn<br />

läuft, nimmt man nicht wahr. Erst<br />

wenn es schon mitten auf der Straße<br />

ist, taucht es „wie aus dem Nichts“ im<br />

Gesichtsfeld auf. Bis die Betroffenen<br />

selbst bemerken, dass mit ihren Augen<br />

etwas nicht in Ordnung ist, ist bereits<br />

der größte Teil des Sehnervs unwiederbringlich<br />

geschädigt worden. In<br />

Deutschland gibt es gut 920.000 Menschen,<br />

die vom Glaukom betroffen sind.<br />

Das Risiko steigt mit dem Alter<br />

Das Risiko, an einem Glaukom zu<br />

erkranken, steigt mit zunehmendem<br />

Alter. Deshalb empfehlen Augenärztinnen<br />

und Augenärzte allen Personen ab<br />

dem Alter von 40 Jahren regelmäßige<br />

Früherkennungsuntersuchungen. Sie<br />

sind rechtlich verpflichtet, darüber<br />

aufzuklären und dies auch zu dokumentieren.<br />

Denn mit einem Glaukom-Check<br />

lassen sich krankhafte Veränderungen<br />

rechtzeitig erkennen – noch bevor<br />

das Sehvermögen eingeschränkt ist.<br />

Bei einer frühen Diagnose kann das<br />

Fortschreiten des Glaukoms mit einer<br />

Behandlung aufgehalten werden, sodass<br />

das Sehvermögen erhalten bleibt.<br />

Untersuchung des Sehnervs und<br />

Augeninnendruckmessung<br />

Zum Glaukomscreening gehören eine<br />

gezielte Untersuchung des Sehnervs<br />

und eine Messung des Augeninnendrucks.<br />

Unter Umständen ist es auch<br />

sinnvoll, die Hornhautdicke zu messen.<br />

Wenn sich dabei kein Glaukomverdacht<br />

ergibt, folgt der Rat, die Untersuchung<br />

je nach Alter und vorliegenden Risikofaktoren<br />

in ein bis fünf Jahren<br />

zu wiederholen. Liegt dagegen ein<br />

auffälliger Befund vor, dann stehen<br />

weitere diagnostische Maßnahmen wie<br />

die Untersuchung des Gesichtsfelds an.<br />

Unter Umständen sind auch Kontrolluntersuchungen<br />

in kürzeren Abständen<br />

sinnvoll. Ist die Glaukom-Diagnose<br />

gesichert, dann wird die Behandlung<br />

eingeleitet. Meist ist eine Therapie mit<br />

Augentropfen, die den Augeninnendruck<br />

senken, ausreichend. In schwereren<br />

Fällen kann ein Lasereingriff<br />

oder eine Operation notwendig sein.<br />

Das Glaukom ist eine chronische<br />

Krankheit. Das bedeutet, dass die Therapie<br />

dauerhaft fortgesetzt und immer<br />

wieder auf ihren Erfolg hin kontrolliert<br />

werden muss.<br />

Keine Kostenübernahme durch die<br />

Krankenkassen<br />

Die Krankenkassen übernehmen die<br />

Kosten für die Glaukomfrüherkennung<br />

nicht. Augenärzte bieten sie ihren<br />

Patienten deshalb als Individuelle<br />

Gesundheitsleistung an, die privat bezahlt<br />

werden muss. Seit Jahren sehen<br />

sie sich immer wieder Diffamierungen<br />

Dr. Peter Heinz<br />

1. Vorsitzender<br />

des BVA<br />

vonseiten der Verbraucherschützer<br />

und des Medizinischen Dienstes der<br />

Krankenkassen ausgesetzt. Diese bezweifeln,<br />

dass es für den Glaukom-<br />

Check eine stichhaltige medizinische<br />

Begründung gibt. Dabei heißt es in der<br />

Leitlinie des International Council of<br />

Ophthalmology zum Glaukom: „Die<br />

meisten Patienten mit Offenwinkelglaukom<br />

und Engwinkelglaukom sind<br />

sich dessen nicht bewusst, dass sie an<br />

einer das Sehvermögen bedrohenden<br />

Krankheit leiden. Ein bevölkerungsweites<br />

Massen-Screening wird derzeit<br />

nicht empfohlen. Doch alle Patienten,<br />

die zu einer Augenuntersuchung kommen,<br />

sollten eine Untersuchung erhalten,<br />

um ein Glaukom auszuschließen,<br />

und bei ihnen sollte das Vorliegen von<br />

Risikofaktoren für ein Glaukom geklärt<br />

werden. Glaukompatienten sollten<br />

angehalten werden, ihre Geschwister,<br />

Eltern und Kinder darüber<br />

zu informieren, dass sie ein erhöhtes<br />

Glaukomrisiko haben und dass sie<br />

regelmäßig untersucht werden sollten.“<br />

Dies entspricht dem Vorgehen,<br />

das der Berufsverband der Augenärzte<br />

Deutschlands e. V. (BVA) seit Jahren<br />

empfiehlt und das jüngst sogar vom<br />

Bundesgerichtshof (BGH) als korrekt<br />

bestätigt wurde.<br />

Bestätigung durch den Bundesgerichtshof<br />

Die von der Verbraucherzentrale<br />

kritisierte Formulierung „Ich habe<br />

die Patienteninformation zur Früherkennung<br />

des Grünen Stars (Glaukom)<br />

gelesen und wurde darüber aufgeklärt,<br />

dass trotz des Fehlens typischer<br />

Beschwerden eine Früherkennungsuntersuchung<br />

ärztlich geboten ist“<br />

weicht nicht von Rechtsvorschriften<br />

ab, so der BGH, der in einer Pressemitteilung<br />

schrieb: „Das vom Beklagten<br />

empfohlene Informationsblatt unterrichtet<br />

die Patienten über das Risiko<br />

eines symptomlosen Glaukoms und<br />

über die Möglichkeit einer (auf eigene<br />

Kosten durchzuführenden) Früherkennungsuntersuchung.<br />

Die streitige<br />

Klausel dient der Dokumentation der<br />

hierüber erfolgten Aufklärung und der<br />

Entscheidung des Patienten, ob er die<br />

angeratene Untersuchung vornehmen<br />

lassen möchte.“<br />

Dr. Peter Heinz: Das Sehvermögen der<br />

Patienten steht an erster Stelle<br />

„Die Gesundheit und das gute Sehvermögen<br />

der Patientinnen und Patienten<br />

stehen für die deutsche Augenärzteschaft<br />

an erster Stelle“, betont Dr. Peter<br />

Heinz, der 1. Vorsitzende des BVA. „Der<br />

BGH hat nun klargestellt, dass es<br />

augenärztlich geboten ist, die Glaukomfrüherkennung<br />

anzubieten, auch wenn<br />

die gesetzlichen Krankenkassen die<br />

Kosten für diese Untersuchung nicht<br />

übernehmen. Ich hoffe, dass dies den<br />

Diffamierungen der vergangenen Jahre<br />

ein Ende setzt“, so Dr. Heinz.

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