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Magazin K.

Das Magazin für Kunst, Kultur und Literatur

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Christian von Ditfurth;

Terrorland

Es ist ganz ganz großes Kino, das Christian von

Ditfurth mit seinen Thrillern liefert. Doof nur

(da mag auch der sechste Band seine de-Bodt-Reihe

hegelianisch noch so gepimpt sein): Er muss, so

gebieten es die Gesetze des (auch:Buch-) Marktes,

immer noch eins draufsatteln, noch spektakulärer

werden. Und weil der Autor, seiner tiefsitzenden

linken Sozialisation zum Trotz, ein erfolgreicher

sein will (Klappentext: „lebt als freier

Autor in Berlin und der Bretagne“), folgt

er eben den Gesetzen des Marktes. Und

konstruiert sein neues Plot noch ein bisserl

großmächtiger und abenteuerlicher

als die letzten fünf, in denen es ja auch

schon um Weltverschwörung und, zum

Beispiel, um Anschläge auf Merkel und

Putin mitten in Berlin ging.

In „Terrorland“ geht es nun, größer

wäre nur noch Gott himself, um den

US-amerikanischen Präsident, der

hier Dump heißt und ein narzistischer

Idiot (und gut getroffen) ist. Und

um den russischen Geheimdienst,

der vor nix zurückschreckt und

nun einen höchstrangigen Agenten

im Weißen Haus platziert haben soll. Und um,

explizit, die mögliche Anstiftung zum „Dritten

Weltkrieg“ respektive um den „Weltuntergang“.

50

Mehr geht nun wirklich nicht . . .Und in bewährter

solistischer Bravour klärt der Berliner Kommissar

Eugen de Bodt auf knapp 450 Seiten die verwickelt

verwackelte Chose. Er tut das mit weltgeistigen

Eingebungen und einer (fast schon penetranter)

Vielzahl von Hegel- und Nietzsche-Zitaten. Und

der soziale Solitär tut das mit der bekannten

und geschätzten Statisterie – unter anderem

seinem undurchschaubar-unverbrüchlichen

Freundespärchen vom Moskauer Geheimdienst

und der Pariser Polizei und seinem diabolischweltkriminellen

Gegenspieler.

Aber das Geschehen driftet bisweilen (etwa

bei der Schein-Ermordung Dumps im

Bundeskanzleramt) ins absurd Unglaubwürdige

und haltlos Konstruierte – jenseits aller

Wahrscheinlichkeit. Da mag die Kanzlerin im Roman

noch so sehr auf de Bodts Seite stehen . . . Gewiss:

Die Handlung ist wieder atemberaubend kühn

konstruiert – das macht in Deutschland Ditfurth

keiner nach. Aber so sehr man ihn für seine unfassbar

mutig in die politische Realität eingetackerte

Fantasie und seine lakonische,

effektvoll reduzierte Sprache schätzt

(und auch weiß um seine Fähigkeit

zu souveräner Selbstironie in seinen

anderen Romanreihen) – hier

überzieht er. Und wirkt „Terrorland“

überambitioniert, überreizt und kalt.

Wem der Autorennamen übrigens

bekannt vorkommt: Der gelernte

Historiker ist Bruder der

grünradikalfeministischen Jutta

(ohne „von“) und Sohn von Hoimar,

den ältere Semester noch vom ZDF-

Bildungsfernsehen der 70er Jahre

kennen.

Zurück zu den Anfängen und

simplify your plot, mag man von

Ditfurth wünschen. Er muss mit seinen Thriller-

Bestsellern nicht den kapitalistischen Gesetzen des

ewigen Wachstums folgen.

al

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