GSa156-Nov21
Identität und Persönlichkeitsentwicklung
Identität und Persönlichkeitsentwicklung
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Thema: Identität und Persönlichkeitsentwicklung<br />
anderen wie ein Baum und wohl eine<br />
Insel sei. Sie verglichen die Formen der<br />
beiden Inseln auf den Landkarten und<br />
ein Kind erklärte, dass es 4 Himmelsrichtungen<br />
gibt, die es auch benennen<br />
konnte. Es brauchte keinen Impuls von<br />
mir zum Vorlesen dieser Namen. Als ich<br />
erklärte, was die italienischen Namen<br />
bedeuteten, fiel Marina ein, dass ihre<br />
Mutter Italienerin sei und sie selbst auch<br />
ein wenig Italienisch sprechen könne.<br />
Die Zwillinge Alexandros und Linos erzählten,<br />
dass ihre Eltern aus Griechenland<br />
seien und sie auch ein wenig Griechisch<br />
sprechen könnten. Das war der<br />
Anlass für die anderen Kinder aufzuzählen,<br />
welche Sprachen sie zu Hause noch<br />
sprechen würden. Nachdem ein Mädchen<br />
fragte, ob es ein arabisches Gebet<br />
sagen dürfte, knieten sich alle Kinder<br />
still hin und wir lauschten ruhig und<br />
gespannt. Schließlich stellten wir fest,<br />
dass es in der Gruppe der Kinder 10 verschiedene<br />
Sprachen zu Hause gab.<br />
Die Kinder wollten wissen, wie ich<br />
wohl auf diese Inseln gekommen sei. Ich<br />
versprach, es für sie als meine Feriengeschichte<br />
aufzuschreiben, und machte<br />
den Vorschlag, in einem Muschel- und<br />
Steinebuch alles zusammenzutragen, was<br />
uns dazu interessierte. Nachdem wir aus<br />
bunten Papieren ein Buch gefaltet und<br />
getackert hatten, wollten die Kinder ihre<br />
Muschel abzeichnen. Ich hatte Lupen dabei<br />
und eine große Schachtel mit wundervoll<br />
in Regenbogenfarben geordneten<br />
Buntstiften. Es wurde sehr still im<br />
Zimmer, als die Kinder ihre Muscheln<br />
zeichneten und dabei verschiedene Verfahren<br />
erprobten: Umfahren mit dem<br />
Stift, Abzeichnen durch Vergleichen mit<br />
dem Original oder auch Durchpausen,<br />
indem sie die Muschel unter das Papier<br />
legten. Sie überlegten, welcher Farbstift<br />
wohl der tatsächlichen Farbe der Muschel<br />
am nächsten käme und staunten<br />
über das „Glitzern“ im Inneren mancher<br />
Muscheln. Und schon war der Gedanke<br />
geboren, dass diese Muscheln etwas Besonderes<br />
erlebt haben mussten, bis ich<br />
sie gefunden hatte.<br />
Die Kinder begannen, ihre Muschelgeschichten<br />
zu schreiben. Hier zeigte sich<br />
nun die ganze Heterogenität. Während<br />
die einen Kinder einen Namen mit Hilfe<br />
der Anlauttabelle oder einen kurzen Satz<br />
für den Stein verschrifteten, schrieben andere<br />
Kinder eine lange Geschichte, ohne<br />
nur einmal vom Blatt aufzusehen.<br />
Der erste Tag der Sommerschule war<br />
schneller vorbei, als wir es uns vorstellen<br />
konnten. Nachdem ich alle Geschichten<br />
zu Hause gelesen hatte, schrieb ich<br />
sie in „Erwachsenenschrift“ mit dem PC<br />
in Schriftgröße 18 ab. Dabei kam mir ein<br />
Gedanke für den nächsten Tag.<br />
Dienstag in der Sommerschule<br />
Sorin und Josi brachten mit strahlenden<br />
Gesichtern ihre eigene Muschelsammlung<br />
mit. Diese legten sie auf<br />
ihrem Tisch aus und die anderen Kinder<br />
bestaunten die neuen Muschelformen,<br />
wollten deren Namen wissen und ich<br />
versprach, mich im Internet danach<br />
kundig zu machen. Die Kinder wollten<br />
zu Hause auch nachforschen. Sahira<br />
begann, die Muscheln nach der Form zu<br />
ordnen.<br />
Wieder im Sitzkreis packte ich die<br />
Geschichten in Erwachsenenschrift aus<br />
und fragte die Kinder, ob sie beim „Geschichten<br />
erraten“ mitmachen wollten.<br />
Bis auf Sorin, der kaum sprechen, lesen<br />
oder schreiben konnte, wollten alle<br />
mitmachen. So las jeweils ein Kind die<br />
Geschichte eines anderen Kindes vor<br />
und alle hörten genau zu, ob es sich um<br />
ihre Geschichte handeln konnte, um am<br />
Schluss das Rätsel zu lösen. Ich freute<br />
mich über ihr Schmunzeln, wenn sie<br />
es beim Vorlesen schon erraten hatten.<br />
Ich bat die Kinder, die Geschichte in Erwachsenenschrift<br />
neben ihre Kinderschrift<br />
ins Buch zu kleben.<br />
Am Vortag hatte ich den Kindern ja<br />
versprochen, ihnen auch meine Muschelgeschichte<br />
aus Elba mitzubringen.<br />
Diese hatte ich in einfachen Sätzen in<br />
Geschichten vorlesen<br />
Elbanamen lesen<br />
Muscheln ordnen<br />
Die bunte Muschel<br />
Das ist die Miesmuschel<br />
GS aktuell 156 • November 2021 19