GSa156-Nov21
Identität und Persönlichkeitsentwicklung
Identität und Persönlichkeitsentwicklung
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aktuell … aus den Landesgruppen<br />
Berlin<br />
Kontakt: Diana König, vorstand@gsv-berlin.de<br />
www.gsv-berlin.de<br />
Berlin startet mit Schnelltests<br />
und Maskenpflicht<br />
Nach einer fast sechswöchigen<br />
Sommerpause<br />
starten Berlins Schulen in<br />
den Präsenzbetrieb, inmitten<br />
einer noch unbewältigten<br />
Pandemie, voller Erwartungen<br />
und Motivation, aber<br />
auch einer sogenannten<br />
Katerstimmung. Es bleiben<br />
die Fragen: Wo stehen wir?<br />
Wo stehen die Schüler und<br />
Schülerinnen?<br />
An allen Schulen gilt die<br />
sogenannte Präsenzpflicht;<br />
außerschulische Förderung,<br />
Betreuung und Ganztagsangebote<br />
finden in vollem<br />
Umfang statt. Auf den ersten<br />
Blick scheint ein normaler<br />
Schulbetrieb vollumfänglich<br />
möglich. Dennoch findet<br />
dieser Schulbetrieb weiterhin<br />
im Corona-Modus statt.<br />
Maskenpflicht, Mindestabstand,<br />
Luftfiltergeräte und<br />
regelmäßige Schnelltests<br />
eingebunden in den Schulalltag.<br />
Die Senatsverwaltung<br />
änderte ihren Stufenplan von<br />
vier auf drei Stufen. Dabei<br />
obliegt die Handhabung der<br />
entsprechenden Maßnahmen<br />
der jeweiligen Schule.<br />
An vielen Schulen fanden<br />
bauliche, ausstattungstechnische<br />
sowie personelle Veränderungen<br />
statt bis hin zum<br />
Novum. So wurden an einer<br />
Gesamtschule im Grundschulbetrieb<br />
in einer Klasse<br />
zwei Schülerinnen nach<br />
anderthalb Jahren außerhalb<br />
des Klassenverbandes wieder<br />
in die Lerngruppe eingeführt.<br />
Aus diesen Startbedingungen<br />
erwuchsen alsbald auch<br />
die größten Stolpersteine.<br />
Personelle und Präsenzbeschulungsdiskontinuitäten,<br />
Unterricht bei laufenden<br />
Baustellen, bildlichen wie<br />
wortwörtlichen, ein sich stets<br />
änderndes pandemisches<br />
Hygieneregularium und eine<br />
unbesetzte Stelle in der für<br />
diese Klasse zuständigen<br />
Schulsozialarbeit boten im<br />
Zusammenspiel mit den<br />
besonderen Bedarfen der<br />
Schülerinnen und Schüler<br />
der gesamten Schule<br />
tägliche Gelegenheiten des<br />
Stolperns, des Holperns<br />
und der Überforderung. Der<br />
Umgang mit Vorfällen von<br />
Gewalt, das lerngruppengerechte<br />
Unterrichten und die<br />
Elternarbeit wurden so in der<br />
Praxis den Ansprüchen und<br />
dem Standard, den junge<br />
Menschen verdienen, nur<br />
bedingt gerecht.<br />
Die Gewöhnung an die<br />
Regeln der pandemischen<br />
Beschulung waren eingeübt<br />
und funktionierten<br />
gerade so richtig gut, als die<br />
Senatsverwaltung für BJF<br />
beschloss, die Maskenpflicht<br />
für die ersten bis sechsten<br />
Jahrgänge aufzuheben. In<br />
einer in eine Gesamtschule<br />
integrierten Grundstufe ist<br />
dies ein ausgezeichnetes<br />
Beispiel für die mühsame,<br />
aber erfolgreiche Umsetzung<br />
einer behördlichen Vorgabe<br />
(Maskenpflicht), die<br />
durch eine Kehrtwende auf<br />
EntscheiderInnenebene zunichte<br />
macht, was geschafft<br />
worden ist, und eine stets<br />
sichtbare Unterschiedlichkeit<br />
und Abgrenzung in eine<br />
Gemeinschaftsschule trägt.<br />
Die Reintegration der beiden<br />
benannten Schülerinnen ist<br />
noch lange nicht abgeschlossen,<br />
doch zumindest gibt es<br />
eine Gesprächsebene mit<br />
Eltern, Kindern und Schule,<br />
auf der ver- und miteinander<br />
gehandelt wird. Auch der<br />
Präsenzunterricht ohne<br />
(physische) Schuldistanz in<br />
hohem Ausmaß ist bis zu den<br />
Herbstferien gelungen.<br />
Die größten Stolpersteine<br />
sind, dass das Schulsystem<br />
nicht auf die sich verändernden<br />
Bedürfnisse der Kinder<br />
und Eltern angepasst und<br />
zugeschnitten ist und sich zu<br />
langsam entwickelt.<br />
Dafür, dass wir inmitten eines<br />
stetigen Wechselmodus<br />
von Bedingungen Kindern<br />
Bildung zugänglich gemacht<br />
haben, können wir uns auf<br />
die Schulter klopfen. Es sind<br />
Dinge möglich geworden,<br />
welche bis dato nur mit<br />
einem immensen Aufwand<br />
an Bürokratie möglich<br />
gewesen wären. Wir haben<br />
es geschafft, einen Lernraum<br />
und andere digitale oder medienunterstützende<br />
Systeme<br />
aufzubauen.<br />
Wir brauchen so dringend<br />
wie möglich Personal,<br />
Menschen, die innovativ<br />
denken und handeln.<br />
Menschen, die Kraft haben,<br />
zu geben und eine wertschätzende<br />
Haltung.<br />
Im Hinblick auf den Gedanken<br />
der Inklusion brauchen<br />
wir unbedingt eine Doppelsteckung<br />
an Lehrkräften<br />
im Unterricht. Lehrerteams<br />
jenseits des Lehrerzimmers<br />
oder Beratungsraums.<br />
Nach zwei Monaten des<br />
Lehrens und Lernens zeigt<br />
sich, dass auch unter diesen<br />
Umständen Unterricht<br />
möglich ist und dass die<br />
Momente, in denen auch ein<br />
autokonstruktives Lernen in<br />
ruhiger Umgebung stattfinden<br />
kann, häufiger werden.<br />
Eine Variation der Sozialformen<br />
ist also auch unter stark<br />
erschwerten Bedingungen<br />
möglich; ebenso die gute<br />
Zusammenarbeit zwischen<br />
verschiedenen Ebenen des<br />
Schulpersonals, der Sozialarbeit<br />
und den Eltern; auch<br />
bei teils sehr konträren<br />
Ansichten oder Ansätzen.<br />
Das lässt ein wenig hoffen.<br />
Für den Landesverband:<br />
Diana König<br />
GS aktuell 156 • November 2021<br />
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